Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2018 - X ZR 16/17

bei uns veröffentlicht am27.11.2018
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 24/15, 17.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 16/17 Verkündet am:
27. November 2018
Zöller
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Scheinwerferbelüftungssystem
PatG § 14; EPÜ Art. 69
Bei der Auslegung eines Patentanspruchs ist zu berücksichtigen, dass sich ein
Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen
sucht. Wird in der Beschreibung ein bekannter Stand der Technik
mit dem Oberbegriff eines Patentanspruchs gleichgesetzt, ist den Merkmalen
des kennzeichnenden Teils im Zweifel kein Verständnis beizumessen, demzufolge
diese sich in demjenigen Stand der Technik wiederfinden, von dem sie
sich gerade unterscheiden sollen.
BGH, Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17 - Bundespatentgericht
ECLI:DE:BGH:2018:271118UXZR16.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 17. Januar 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des europäischen Patents 764 811 (Streitpatents ), das am 19. September 1996 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 19. September 1995 angemeldet worden und während des erstinstanzlichen Verfahrens durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent umfasst sieben Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache lautet: Appareil d'éclairage ou de signalisation pour véhicule automobile, comportant un dispositif de ventilation défini conjointement par des premiers aménagements formés sur un boîtier (100) de l'appareil et par des seconds aménagements formés sur un bouchon (200) monté sur le boîtier, le dispositif définissant un trajet sinueux de ventilation de l'espace intérieur de l'appareil, ce trajet sinueux comprenant une double entrée d'air en partie inférieure, comportant deux ouvertures d'entrée (216a, 216b) en vis-à-vis et un passage d'entrée (T1) s'étendant sensiblement transversalement à la direction générale allant d'une entrée d'air à l'autre, caractérisé en ce que le trajet sinueux est défini conjointement par des parties du boîtier et par des parties du bouchon, en ce que ledit trajet sinueux constitue une chicane à deux changements de direction (T1, T2, T3) s'étendant sensiblement vers le haut à partir de ladite double entrée d'air, et en ce qu' un passage (T3, 1201) de communication entre la chicane et l'espace intérieur de l'appareil est défini au moins partiellement entre des pattes (210a, 210b) de montage élastique du bouchon sur le boîtier.
2
Die von der Beklagten in einem Verletzungsrechtsstreit in Anspruch genommene Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
3
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin eine Nichtigerklärung des Streitpatents im vollen Umfang begehrt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent ferner in der Fassung von zwei Hilfsanträgen.

Entscheidungsgründe:


4
I. Die Nichtigkeitsklage ist nach Erlöschen des Streitpatents infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer weiterhin zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass eine Nichtigerklärung des Streitpatents der im Verletzungsprozess unterlegenen Klägerin die Möglichkeit eröffnete, im Wege der Restitutionsklage gegen ihre Verurteilung vorzugehen (BGH, Urteil vom 15. November 2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316 [zu I.] - Koksofentür).
5
II. Das Streitpatent betrifft Beleuchtungs- und Signalgebungsvorrichtungen in Kraftfahrzeugen, insbesondere Scheinwerfer mit einem Belüftungssystem.
6
1. Mit solchen Belüftungssystemen soll der Innenraum des Scheinwerfers einerseits belüftet und andererseits verhindert werden, dass Wasser, Staub oder Schmutz eindringen kann. Dabei soll auch das Eindringen von Wasser in die vorderen Scheinwerfergehäuse bei Hochdruckwäschen - beispielsweise im Motorraum eines Fahrzeugs - vermieden werden. Hierzu sieht die französische Patentanmeldung 2 626 060 (NK5), wie das Streitpatent erläutert (Abs. 4), einen gewundenen Belüftungsweg vor. Ähnliches gilt für die amerikanische Patentschrift 5 010 453 (NK6), deren Belüftungssystem indessen nach der Streitpatentschrift nur eine begrenzte Wirksamkeit hat, weil es nur gering gewundene Luftwege aufweist. Auch ist die auf das Scheinwerfergehäuse aufgesteckte Kappe, wie das Streitpatent bemängelt, nicht gründlich befestigt und kann sich im Laufe der Zeit zufällig lösen.
7
2. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Sperreffekt eines solchen Belüftungssystems und die Befestigung der Kappe zu verbessern.
8
3. Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor (in eckigen Klammern die Gliederung des Patentgerichts): Beleuchtungs- oder Signalgebungsvorrichtung für Kraftfahrzeuge mit einem Belüftungssystem, 1. das gemeinsam durch erste, an einem Gehäuse (100) der Vorrichtung ausgebildete Einrichtungen und durch zweite, an einer am Gehäuse angebrachten Kappe (200) ausgebildete Einrichtungen gebildet ist, [M2] 2. das einen gewundenen Weg (trajet sinueux) zur Belüftung des Innenraums der Vorrichtung bildet, der [M3] 2.1 seinerseits durch Gehäuse- und Kappenteile gemeinsam gebildet wird [M6], 2.2 im unteren Teil einen zweifachen Lufteintritt (une double entrée d'air) umfasst, 2.2.1 dessen zwei Eintrittsöffnungen (216a, 216b) einander gegenüber liegen und [M4] 2.2.2 der einen Eintrittskanal (T1) umfasst, der sich im Wesentlichen quer zu der allgemeinen Richtung erstreckt, die von einem Lufteintritt zum anderen verläuft, sowie [M5] 2.3 ein Labyrinth (une chicane) mit zweifacher Richtungsänderung ausbildet (T1, T2, T3), [M7] 2.3.1 das von dem zweifachen Lufteintritt ausgehend im Wesentlichen nach oben verläuft und [M8] 2.4 einen Verbindungskanal (T3, 1201) umfasst 2.4.1 zwischen Labyrinth und Innenraum der Vorrichtung [M9], 2.4.2 der wenigstens teilweise zwischen Klammern (pattes 210a, 210b) zur elastischen Montage der Kappe am Gehäuse gebildet (défini) ist. [M10]
9
Ein Ausführungsbeispiel für den Gegenstand des Streitpatents wird in den nachfolgenden Figuren 2, 3, 4 und 6 des Streitpatents gezeigt. Figur 2 zeigt das Gehäuse (100). Die Figuren 3 und 4 zeigen die Kappe einmal von der Seite und einmal in einem vertikalen Schnitt; Figur 3 zeigt zusätzlich ein Schaumstoffelement (300), welches für die Beurteilung des Streitfalls jedoch ohne Bedeutung ist. Figur 6 zeigt die Kappe im montierten Zustand auf dem Gehäuse (mit einem roten Pfeil ist nachträglich der Weg für einen Luftstrom eingezeichnet).
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4. Der Patentanspruch bedarf im Hinblick auf einige Merkmale näherer Erörterung.
11
a) Das Patentgericht hat angenommen, gemäß Merkmal 2.2 umfasse der untere Teil des gewundenen Wegs zwei Lufteintritte, die eindeutig voneinander unterscheidbar sein müssten. Nur so könnten sie als einander gegenüber liegend angesehen werden. Maßgeblich sei die technisch funktionelle Bedeutung des Merkmals im Hinblick auf die hierdurch bedingten Strömungseigenschaften.
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Dem ist zuzustimmen. Die Definition als zwei einander gegenüber liegende Öffnungen setzt voraus, dass es sich um Öffnungen handelt und folglich die um die Öffnungen herum angeordneten Bauteile in diesem Bereich eine Abschottung bewirken. Weiterhin müssen die Öffnungen eine solche Form und Position aufweisen, dass sie in Relation zueinander als "einander gegenüber liegend" beschrieben werden können. Eine im Wesentlichen den gesamten Umfang eines Bandes in einem dreidimensionalen Körper umfassende Öffnung, die lediglich durch zwei kurze Stege unterbrochen ist, gäbe weder eine Unterscheidbarkeit von zwei Öffnungen noch eine Positionierung zu erkennen, die als "einander gegenüber liegend" beschrieben werden könnte.
13
b) Das Patentgericht sieht als einen Eintrittskanal im Sinne des Merkmals 2.2.2 solche Luftwege an, die quer zur allgemeinen Richtung orientiert sind, die von einem Lufteintritt zum anderen verläuft, wobei es nicht auf eine bestimmte Raumrichtung ankomme.
14
Auch dem ist beizutreten. Für das Merkmal 2.2.2 ist die Achse zu ermitteln , in der die beiden Lufteintritte gemäß 2.2.1 einander gegenüber liegen. Der Eintrittskanal liegt quer zu dieser Achse.
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c) Zu dem gewundenen Weg erläutert das Patentgericht weiterhin, dieser verlaufe von den beiden Lufteintritten im Wesentlichen nach oben und bilde mit Hilfe von Hindernissen oder Blockaden, welche den direkten Weg ver- sperrten, ein Labyrinth mit zweifacher Richtungsänderung. Es müssten deshalb zwei Hindernisse oder Blockaden vorgesehen sein und umgangen werden. Die beiden Richtungsänderungen müssten nicht jeweils zu einer Richtungsumkehr im Sinne einer 180-Grad-Drehung führen. Dass das Ausführungsbeispiel zu Figur 6 des Streitpatents solche Richtungsumkehrungen zeige, erlaube nicht, den im Patentanspruch 1 verwendeten Begriff einer "Richtungsänderung" ausschließlich in diesem Sinne zu verstehen. Das Ausführungsbeispiel stelle nur eine Konkretisierung der allgemeineren Lehre des Patentanspruchs 1 dar, welche nur eine Richtungsänderung fordere, ohne hierfür einen bestimmten Winkel zu spezifizieren. Eine Verbesserung des Sperreffekts gegenüber einem Flüssigkeitseintritt ergebe sich bereits mit zwei Richtungsänderungen auch dann, wenn diese nicht jeweils eine Richtungsumkehr bewirkten.
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Für die Entscheidung des Patentnichtigkeitsstreits kann offenbleiben, ob nur eine Richtungsumkehr entsprechend dem Ausführungsbeispiel eine Richtungsänderung im Sinne von Merkmal 2.3 darstellt. Das erfindungsgemäße Labyrinth in einem gewundenen Weg, das näher am Wortlaut des Patentanspruchs in der Verfahrenssprache auch als Schikane bezeichnet werden könnte , setzt jedenfalls nicht nur voraus, dass Hindernisse vorgesehen sind und umgangen werden müssen, sondern auch, dass dem Luftstrom durch seitliche Begrenzungen überhaupt ein Weg vorgegeben wird, indem die seitlichen Begrenzungen durch Abweichungen von einer geraden Linie dem Luftweg eine andere Richtung vorgeben. Soweit solche seitlichen Begrenzungen fehlen oder zunächst lediglich einen größeren Raum begrenzen, der sich im weiteren Verlauf des Luftwegs auf einen geringeren Querschnitt verjüngt, führt dies zu keiner Richtungsänderung im Sinne eines Labyrinths oder einer Schikane. Insoweit kommt es für das Vorliegen eines Labyrinths nicht nur auf die Luftströmung an, sondern in erster Linie auf die Wege, die dem Luftstrom zur Umgehung von Hindernissen vorgegeben sind.
17
d) Dem Patentgericht ist weiterhin zuzustimmen, dass das Labyrinth erst jenseits des zweifachen Lufteintritts hinter dem Eintrittskanal gebildet wird.
18
aa) Gemäß Merkmal 2.2.2 ist mit dem sich quer zur Achse der Lufteintrittsöffnungen erstreckenden Verlauf des Eintrittskanals bereits eine Richtungsänderung für den Luftweg vorgesehen. Das Streitpatent erläutert zu dem Ausführungsbeispiel zu Figur 6, dass diese "besonders gut" zwei Richtungsänderungen zeige (Streitpatent, Sp. 4 Z. 10 bis 18). Damit sind die Richtungsänderungen von Abschnitt T1 zu Abschnitt T2 sowie von Abschnitt T2 zu T3 gemeint ; nicht umfasst ist die Richtungsänderung, die sich gemäß Merkmal 2.2.2 im Eintrittskanal von den Lufteintrittsöffnungen hin zum Abschnitt T1, dem Eintrittskanal , erstreckt. Das Labyrinth geht gemäß Merkmal 2.3.1 von dem in der Merkmalsgruppe 2.2 beschriebenen zweifachen Lufteintritt aus (… une chicane à deux changements de direction (T1, T2, T3) s'étendant sensiblement vers le haut à partir de ladite double entrée d'air …), der nicht nur aus den beiden Ein- trittsöffnungen (Merkmal 2.2.1), sondern auch aus dem sich daran anschließenden Eintrittskanal (passage d’entrée, Merkmal 2.2.2) besteht.
19
bb) Diese Auslegung entspricht zudem dem Grundsatz, dass sich ein Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen sucht. Wird in der Beschreibung ein bekannter Stand der Technik mit dem Oberbegriff eines Patentanspruchs gleichgesetzt, ist den Merkmalen des kennzeichnenden Teils im Zweifel kein Verständnis beizumessen, demzufolge diese sich in demjenigen Stand der Technik wiederfinden, von dem sie sich gerade unterscheiden sollen (vgl. High Court of England and Wales [Jacob J.], RPC 1995, 705 - Beloit Technologies Inc. v. Valmet Paper Machinery Inc., [auszugsweise GRUR Int. 1997, 373 f.]; Benkard/Scharen, PatG, 11. Aufl., § 14 Rn. 61).
20
Das Streitpatent nimmt - wie ausgeführt - für die Beschreibung des Standes der Technik Bezug auf die Entgegenhaltung NK5 und bezeichnet die darin offenbarte Vorrichtung als eine solche, die dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 (den Merkmalen 1, 2, 2.2 bis 2.2.2) entspricht (Streitpatent, Abs. 4 Sp. 1 Z. 20 bis 22). Der - u.a. - aus der NK5 bekannte gewundene Weg soll zur Erzielung eines besseren Sperreffekts durch die Ausbildung des erfindungsge- mäßen Labyrinths (der Schikane) weiterentwickelt werden. NK5 zeigt (siehe dazu unten Rn. 29) eine Richtungsänderung von den beiden Lufteintrittsöffnungen hin zum dazu quer liegenden Eintrittskanal gemäß Merkmal 2.2.2 sowie eine weitere Richtungsänderung mit einem Winkel von 90 Grad. Eine Einbeziehung der Richtungsänderung zwischen Lufteintrittsöffnungen und Eintrittskanal gemäß Merkmal 2.2.2 in die Anzahl der Richtungsänderungen gemäß Merkmal 2.3 führte folglich - jedenfalls dann, wenn mit dem Patentgericht keine weitergehenden Anforderungen an den Winkel der Richtungsänderung gestellt werden - dazu, dass auch NK5 ein Labyrinth mit zweifacher Richtungsänderung (Merkmal 2.3) verwirklichte und das Merkmal mithin die angestrebte Verbesserung des gewundenen Wegs gegenüber diesem Stand der Technik nicht zum Ausdruck brächte.
21
e) Das Patentgericht führt zur Merkmalsgruppe 2.4 aus, zwischen den zur Montage der Kappe am Gehäuse ausgebildeten Klammern befinde sich zumindest ein Teil des Verbindungskanals, so dass die Begrenzung des Verbindungskanals zumindest zum Teil durch die Klammern selbst erfolge. Es würden mehrere Klammern beansprucht, wofür jedoch bereits eine Mehrzahl an Klammerarmen ausreichten, die eine Klammerwirkung hervorriefen. Die verschiedenen Teile könnten einstückig miteinander verbunden sein. Die Klammern müssten eine elastische Funktionalität zum Arretieren aufweisen; ein Hintergreifen sei nicht gefordert.
22
Auch dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand. Die Klammerwirkung muss insbesondere eine Arretierung in der Richtung bewirken, von der aus die Kappe auf das Gehäuse montiert wird. Weiterhin müssen die Klammern Teil des Verbindungskanals sein, denn Patentanspruch 1 bestimmt insoweit, dass der Verbindungskanal zumindest teilweise durch den Raum zwi- schen den Klammern "definiert" wird ("… est défini au moins partiellement entre des pattes …").
23
III. Das Patentgericht hat den Gegenstand des so ausgelegten Patentanspruchs für patentfähig erachtet. Die erfindungsgemäße Lehre sei gegenüber der NK5, der NK6 und der internationalen Patentanmeldung 95/02783 (NK8) neu; sie sei dem Fachmann durch die genannten Entgegenhaltungen auch nicht nahegelegt.
24
Die NK5 zeige eine Beleuchtungsvorrichtung für Kraftfahrzeuge mit einem Belüftungssystem, das die Merkmalsgruppen 1 bis 2.2 offenbare. Der gewundene Weg verlaufe entsprechend Merkmal 2.3.1 im Wesentlichen nach oben; auch weise die NK5 einen Verbindungskanal entsprechend den Merkmalen 2.4 und 2.4.1 auf. Der gewundene Weg bilde jedoch kein Labyrinth mit zwei Richtungsänderungen, sondern weise nur eine Richtungsänderung auf. Ferner seien keine Klammern vorgesehen, zwischen denen ein Verbindungskanal ausgebildet sei; es sei lediglich eine einzelne elastische Rastnase offenbart. Eine Weiterbildung mit den Merkmalen 2.3 und 2.4.2 sei nicht nahegelegt, weil es sich bei der NK5 um eine abgeschlossene, gut funktionierende Lösung handele.
25
Auch aus der NK6 sei eine Beleuchtungsvorrichtung mit einem Belüftungssystem mit den Merkmalsgruppen 1 bis 2.2 bekannt. Die Schrift zeige auch die Merkmalsgruppe 2.3, weil der gewundene Weg ein Labyrinth mit nach oben verlaufender, zweifacher Richtungsänderung offenbare; die beiden Richtungsänderungen verliefen einmal um etwa 45 Grad nach links und anschließend um etwa 45 sowie um 90 Grad nach rechts. Schließlich zeige die NK5 auch einen Verbindungskanal entsprechend den Merkmalen 2.4 und 2.4.1. Es seien jedoch keine Klammern vorgesehen, wie sie von Merkmal 2.4.2 beansprucht würden, und es sei auch nicht erkennbar, was den Fachmann zu einer dahingehenden Weiterbildung bewogen haben sollte.
26
Das Belüftungssystem der in der NK8 offenbarten Beleuchtungsvorrichtung für Kraftfahrzeuge sei gemeinsam durch erste, an einem Gehäuse und zweite, an einer am Gehäuse angebrachten Kappe ausgebildete Einrich- tungen gebildet (Merkmal 1). Weiterhin bildeten Gehäuse und Kappenteile gemeinsam einen gewundenen Weg zur Belüftung des Innenraums der Vorrichtung (Merkmal 2.1). Der gewundene Weg weise auch einen Eintrittskanal auf, der dem Merkmal 2.2.2 entspreche. Dabei bilde der gesamte Bereich oberhalb des untersten Arms der Kappe einen weitgehend rundherum offenen Lufteintritt, weshalb nicht zwei, sich gegenüberliegende Eintrittsöffnungen vorhanden seien. Allerdings offenbare die NK8 die Vorteile einer zweifachen Richtungsänderung (Merkmal 2.4.1). Die Luft könne zwar ohne Richtungsumkehr am unteren Ende des gewundenen Weges beim Eintritt nach oben strömen, jedoch nicht ohne Richtungsänderung. Deshalb erfolge bereits im Eintrittskanal eine Richtungsänderung , an welche sich weiter oben zwischen den horizontalen und vertikalen Wänden eine zweite Richtungsänderung anschließe. Das Labyrinth verlaufe auch im Wesentlichen nach oben. Es gebe einen Verbindungskanal zwischen dem Labyrinth und dem Innenraum der Vorrichtung (Merkmal 2.5), der jedoch ausschließlich durch das Gehäuse und nicht auch unter Mitwirkung von zur Kappe gehörenden Klammern gebildet sei; Klammern seien nicht offenbart. Der Fachmann sei nicht zu einer Ausbildung mit mehreren Klammern zur elastischen Montage veranlasst gewesen, da sich dadurch keine Verbesserung des Halts der Kappe erreichen ließe.
27
IV. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand. Der Gegenstand des Streitpatents ist patentfähig, denn er ist neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
28
1. Die NK5 offenbart den Gegenstand des Streitpatents nicht vollständig.
29
Sie zeigt ein dem Merkmal 1 entsprechendes Belüftungssystem, das sich aus der Montage einer Kappe an einem Gehäuse ergibt und dabei einen gewundenen Weg zur Belüftung des Innenraums bildet; die in den nachfolgenden Figuren 2 und 3 der NK5 nachträglich hinzugefügten roten Pfeile beschreiben den Luftweg.


30
Die beiden Eintrittsöffnungen (30, 31) stehen einander gegenüber (Merkmal 2.2.1) und bilden einen Eintrittskanal (nach oben gerichteter Pfeil der rechten Figur), der sich im Wesentlichen quer zu der Achse zwischen den beiden Eintrittsöffnungen erstreckt (Merkmal 2.2.2). Der gewundene Weg verläuft zwar im Wesentlichen durch die Kappe (20). Er wird aber am unteren Rand der Austrittsöffnung auch durch das Gehäuse (17) gebildet. Auch wenn hierdurch nur ein kleiner Teil des Luftwegs durch das Gehäuse beeinflusst wird, entspricht dies gleichwohl dem Merkmal 2.1.
31
Der Luftweg verläuft im Wesentlichen nach oben (Merkmal 2.3.1). Er bildet jedoch, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat und sich aus den vorstehenden Ausführungen zu Merkmal 2.3 (Rn. 18) ergibt, kein Labyrinth mit einer zweifachen Richtungsänderung, sondern weist hinter dem zweifachen Lufteintritt nur eine einzige Richtungsänderung um 90 Grad auf.
32
Der Luftweg zum Innenraum der Beleuchtungsvorrichtung umfasst - entlang der in der linken Figur gezeigten horizontalen Achse (28) - einen Verbindungskanal (Merkmal 2.4). In einem Teil dieses Verbindungskanals ist in dem mit Zeichnungen beschriebenen Ausführungsbeispiel der NK5 ein Haken (27) zur Montage der Kappe am Gehäuse vorgesehen. Obdie Beanspruchung einer Vorrichtung mit mindestens einem elastischen Haken (27) ("les moyens de retenue sont constitués d'au moins un crochet élastique (27)") in Patentanspruch 2 dem Fachmann eindeutig und unmittelbar auch eine Variante mit mehr als einem Haken offenbart, kann offen bleiben; jedenfalls definierten auch zwei Haken nicht teilweise den Verbindungskanal, sondern lägen vielmehr im Innenraum der Vorrichtung (entgegen Merkmal 2.4.2).
33
2. Ebenso wenig offenbart die NK6 den Gegenstand des Streitpatents.
34
NK6 zeigt - entsprechend ihren nachfolgenden Figuren 2 bis 4 - ein Belüftungssystem für Fahrzeugbeleuchtungsvorrichtungen, das aus einem Gehäuseteil und einer Kappe gemeinsam gebildet ist (Merkmal 1) und einen gewundenen Weg zur Belüftung des Innenraums der Leuchte aufweist (Merkmal

2).



35
Der in Figur 4 vollständig und in Figur 2 teilweise gezeigte T-förmige Kanal (32) weist mit den rechts und links liegenden Auslegern der horizontalen Linie des T zwei Öffnungen auf, die sich entsprechend den der Figur 4 hinzugefügten beiden roten Pfeilen gegenüber liegen (Merkmal 2.2.1) und zu einem Kanal hin verlaufen, der sich im Wesentlichen quer zu dieser Richtung zwischen den beiden Öffnungen erstreckt (Merkmal 2.2.2). Die Beschreibung weist diesen Öffnungen die Eignung zu, sowohl einen Lufteintritt als auch einen Luftaustritt zu ermöglichen (NK6, Sp. 3 Z. 1 bis 9).
36
Der gewundene Weg wird sowohl durch die Deckenwand (42), die geneigte Wand (48) und die Rückwand (50) der Kappe als auch durch den rohrförmigen Vorsprung (34) des Gehäuses (12) gebildet (Merkmal 2.3) und bildet einen Luftweg, der von den beiden Luftöffnungen aus im Wesentlichen nach oben verläuft (Merkmal 2.3.1).
37
Entgegen der Auffassung des Patentgerichts weist der für ein Labyrinth im Sinne des Merkmals 2.3 in Frage kommende Luftweg nur eine Richtungsänderung auf. Hierbei handelt es sich um die entlang der Rückwand (50) der Kappe verlaufende Wendung des Luftstroms, die auch das Patentgericht als eine Richtungsänderung um 45 und sodann um 90 Grad nach rechts auffasst. Die weitere vom Patentgericht als eine Richtungsänderung gewertete Abweichung von einem gradlinig verlaufenden Luftstrom von 45 Grad nach links im Bereich der Luftöffnung (40) gehört zum Eintrittskanal (32) und damit nicht zu demjenigen Teil des Luftwegs, in dem das Streitpatent ein Labyrinth mit einer zweifachen Richtungsänderung vorsieht. Da die in NK6 gezeigte Vorrichtung nur an den Enden der horizontalen Linie des T-förmigen Kanals einander gegenüber liegende Luftöffnungen aufweist, kommt als Beginn eines erfindungsgemäßen Labyrinths nur der Schnittpunkt der horizontalen Linie mit der vertikalen Linie des T-förmigen Kanals in Frage. Von diesem Punkt aus offenbart die NK6 nur eine einzige Richtungsänderung.
38
Die NK6 offenbart weiterhin entsprechend Merkmal 2.4 einen Verbindungskanal zum Innenraum der Beleuchtungsvorrichtung entlang dem rohrförmigen Vorsprung (34) des Gehäuses (12). Dieser ist jedoch ausschließlich reibschlüssig mit der Luftöffnung (38) der Kappe abgedichtet (NK6, Sp. 3 Z. 25 bis 31); Merkmal 2.4.2 entsprechende Klammern sieht die NK6 nicht vor.
39
3. Schließlich nimmt auch die NK8 den Gegenstand des Streitpatents nicht vorweg.
40
a) Die NK8 zeigt einen Lüftungsdurchgang für eine Lampenbaugruppe in Kraftfahrzeugen, der aus einem Gehäuse und einer daran angebrachten Kappe entsprechend den nachfolgenden Figuren 3 und 4 gemeinsam gebildet wird (Merkmal 1).


41
b) Das System weist einen Eintrittskanal zwischen den beiden Wänden (24) auf, der dem in der NK8 als Schlitz (26) bezeichneten Raum entspricht. Dieser Eintrittskanal erstreckt sich zumindest entlang der Stirnwand (28) im Wesentlichen quer zu der Richtung, die der Ebene der Lufteintrittsöffnungen entspricht (Merkmal 2.2.2). Wie das Patentgericht zutreffend festgestellt hat, weist das in der NK8 offenbarte System jedoch keine zwei Lufteintritte im Sinne des Merkmals 2.2 auf, deren Eintrittsöffnungen einander gegenüber liegen. Vielmehr handelt es sich um eine einzige, ringförmige Öffnung, die nur durch die schmalen Stege links und rechts der Öffnung (48) unterbrochen wird.
42
c) Das System zeigt einen gewundenen Weg zur Belüftung des Innenraums der Lampenbaugruppe, der durch Gehäuse und Kappenteil gemeinsam gebildet wird (Merkmal 2.1). Der sich daraus ergebende Luftweg ist im Wesentlichen nach oben gerichtet (Merkmal 2.3.1).
43
d) In der Kammer 30 vollzieht dieser Weg eineRichtungsänderung. Zu Unrecht jedoch hat das Patentgericht in diesem Luftweg ein Labyrinth mit einer zweifachen Richtungsänderung im Sinne des Merkmals 2.3 erkannt, und ohne Erfolg verficht die Berufung mit der nachfolgenden, auf der Basis der Figur 3 der NK8 erstellten Zeichnung die Auffassung, die erste Richtungsänderung finde bereits beim Übergang vom Eintrittskanal (T1) zu dem als Zwischenkanal T2 bezeichneten Teil des Luftweges statt.


44
Abgesehen davon, dass nicht zwingend von einem Luftstrom quer zur Achse der Eintrittsöffnung auszugehen ist, wie er der oben dargestellten, von der Klägerin ergänzten Figur 3 der NK8 zu entnehmen ist, sondern der Luftstrom entsprechend der nebenstehenden, nachträglich vom Senat durch rote Pfeile ergänzten Figur 3 der NK8 jedenfalls teilweise auf gerader Linie in die Kammer 30 eintreten kann, beachtet diese Schlussfolgerung nicht das Verständnis, welches dem Begriff eines Labyrinths im Sinne des Streitpatents zugrunde liegt. Dieser setzt, wie ausgeführt (Rn. 16), voraus, dass der Luftweg nach allen Seiten durch Gehäuse- und Kappenteile umschlossen ist und sich eine Richtungsänderung nicht nur aus einer Verjüngung seines Querschnitts ergibt. Nach diesem Verständnis beginnt eine Richtungsänderung des von der NK8 gezeigten Luftwegs erst am Über- gang vom Schlitz (26) zur Kammer 30; diese stellt die einzige von der NK8 gezeigte Richtungsänderung im Sinne des Streitpatents dar. Der Raum im Schlitz 26 definiert mithin den Eintrittskanal, der sich bis zum Übergang zur Kammer 30 hin verjüngt, ohne dass es auf den konkreten Strömungsverlauf ankäme.
45
e) Zum Innenraum der Lampenbaugruppe führt entsprechend der oben wiedergegebenen, von der Klägerin ergänzten Figur 3 der NK8 ein Verbindungskanal (Merkmal 2.5).
46
f) Die NK8 offenbart keine Klammern im Sinne des Merkmals 2.5.1. Die teilzylindrische Wand (22) der Kappe der NK8 sitzt zwar in einer Schiebepassung auf dem rohrförmigen Abschnitt 12 (NK8, S. 4 Abs. 3) und umfasst damit den rohrförmigen Abschnitt fest in radialer Richtung. Merkmal 2.5.1 setzt indessen eine arretierende Fixierung (auch) in axialer Richtung voraus, wenn wie bei einer Vorrichtung entsprechend der NK8 der Verbindungskanal durch einen rohrförmigen Tubus gebildet wird und die Kappe zur Montage auf das Gehäuse auf diesen Tubus in axialer Richtung geschoben wird. Eine solche Arretierung ist der NK8 nicht zu entnehmen. Die Kappe wird allein reibschlüssig im Wege einer Schiebepassung auf dem rohrförmigen Tubus des Gehäuses gehalten.
47
4. Der Gegenstand des Streitpatents beruht auf erfinderischer Tätigkeit , denn die Erfindung hat sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
48
a) Eine Weiterentwicklung des Luftwegs der NK5 zu einem Labyrinth mit zweifacher Richtungsänderung entsprechend Merkmal 2.3 lag nicht nahe.
49
Ein solches Labyrinth wird, wie ausgeführt, weder von der NK6 noch von der NK8 offenbart. Zwar gibt es mit der japanischen Offenlegungsschrift Hei 7-230708 (NK9) im Stand der Technik ein Belüftungssystem für Beleuchtungseinrichtungen , das einen Luftweg mit zweifacher Richtungsänderung zeigt.
Aus der Offenbarung eines solchen Labyrinths folgt indessen nicht, dass für eine solche Maßnahme entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu einem das Naheliegen indizierenden Standardrepertoire (vgl. dazu BGH, Urteile vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem; vom 26. September 2017 - X ZR 109/15, GRUR 2018, 509 Rn. 113 - Spinfrequenz; vom 27. März 2018 - X ZR 59/16, GRUR 2018, 716 Rn. 29 - Kinderbett) keiner konkreten Anregung bedürfte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan oder zu erkennen, dass dem Fachmann eine solche Führung eines Luftwegs als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel bekannt gewesen wäre.
50
Von der Berufung ist auch nicht dargetan, was dem Fachmann Veranlassung geben könnte, ein Belüftungssystem entsprechend der NK5 mit einem Labyrinth entsprechend der NK9 zu kombinieren. Die NK5 verfolgt das Konzept, mit einem relativ langen Verbindungskanal und einem relativ langen Kanal zwischen den Eintrittsöffnungen eine größere Distanz zum Innenraum der Beleuchtungsvorrichtung zu erzielen, damit Staub und Feuchtigkeit davon ferngehalten werden. Die NK5 nutzt hierfür zwar auch eine Richtungsänderung; diese ist aber mit einer einzigen Änderung des Luftwegs mit einem Winkel von 90 Grad eher schwach ausgebildet. Die NK9 wiederum hält den Verbindungskanal und den Kanal zwischen den Eintrittsöffnungen eher kurz und bedarf deshalb eines Labyrinths mit zweifacher Richtungsumkehrung, um eine ähnliche Distanz zwischen den unteren Eintrittsöffnungen und dem Innenraum der Beleuchtungsvorrichtung zu erzielen. Beide Vorrichtungen erreichen das Ziel folglich auf unterschiedlichen Wegen. Der Einschätzung des Patentgerichts in seinem qualifizierten Hinweis ist beizutreten, dass für den Fachmann kein Anlass bestand, aus diesen beiden Konzepten eine Verbesserung im Wege der Kombination der NK9 mit einer der anderen Entgegenhaltungen zu entwickeln.
51
b) Ebenso wenig ist die NK6 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents weiterzuentwickeln.

52
Insoweit kann offenbleiben, ob es nahelag, den in der NK6 gezeigten Luftweg mit einer Richtungsänderung zu einem Labyrinth mit einer weiteren Richtungsänderung zu ergänzen. Der Fachmann hatte jedenfalls keine Veranlassung , ein der NK6 entsprechendes Belüftungssystem mit Klammern zu arretieren , die einen Teil eines Verbindungskanals zwischen dem Labyrinth und dem Innenraum der Beleuchtungsvorrichtung bilden (Merkmal 2.4.2).
53
Dabei mag die Verwendung von Klammern für den Fachmann als zur Verbesserung der Fixierung der Kappe auf dem Gehäuse zweckmäßig erkennbar gewesen sein. Es ist im Stand der Technik indessen kein Hinweis und keine Anregung dafür zu erkennen, diese Klammern so anzuordnen, dass sie zugleich einen Teil des Verbindungskanals bilden. Die Anordnung einer einzelnen Klammer in der NK5 bietet hierfür ebenso wenig eine Anregung wie der übrige Stand der Technik.
54
c) Schließlich war auch ausgehend von der NK8 eine Weiterentwicklung des Belüftungssystems zur Lehre des Streitpatents nicht naheliegend.
55
aa) Es fehlt bereits an einer Anregung, einen Lufteintritt mit zwei einander gegenüber liegenden, voneinander unterscheidbaren Eintrittsöffnungen entsprechend dem Merkmal 2.2.1 vorzusehen und diese Öffnungen so anzuordnen , dass ihre Achse entsprechend Merkmal 2.2.2 im Wesentlichen quer zur Richtung des Eintrittskanals verläuft. Die NK5 ist hierfür kein geeignetes Vorbild , weil sie mit einem länglichen Kanal zwischen den beiden Eintrittsöffnungen auf einem anderen Konzept beruht.
56
bb) Weiterhin bestand für den Fachmann ebenso wenig wie bei der NK6 Anlass, die Kappe der NK8 mit Klammern so zu arretieren, dass diese Klammern zumindest einen Teil des Verbindungskanals zum Innenraum der Lampenbaugruppe definieren.

57
Soweit die Berufung mit der nachfolgenden Abbildung eine Weiterbildung der NK8 darzustellen versucht, führte diese nicht zu einem Belüftungssystem mit dem Merkmal 2.4.2. Die Klägerin meint, der Fachmann ließe aus der teilzylindrischen Wand (22) einen in der Zeichnung als "Deckenwand" bezeichneten, grau gefärbten Abschnitt Weg, so dass die rot gefärbten Abschnitte dieser Wand als Seitenwände verblieben. Unabhängig von der Frage , ob solche Seitenwände als Klammern anzusehen wären, die eine Arretierung bewirkten, bildeten die Seitenwände keinen Teil des Verbindungskanals; dieser wird ausschließlich von dem rohrförmigen Abschnitt (12) gebildet.
58
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski Hoffmann Kober-Dehm

Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.01.2017 - 4 Ni 24/15 (EP) -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2014 - X ZR 139/10

bei uns veröffentlicht am 11.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 139/10 Verkündet am: 11. März 2014 Beširović Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2005 - X ZR 17/02

bei uns veröffentlicht am 15.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 17/02 Verkündet am: 15. November 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein

Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2018 - X ZR 59/16

bei uns veröffentlicht am 27.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 59/16 Verkündet am: 27. März 2018 Füllsack Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

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Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/02 Verkündet am:
15. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Koksofentür
PatG (1981) §§ 81, 14, 21 Abs. 1 Nr. 4, 38

a) Das nach Erlöschen des Streitpatents erforderliche besondere eigene
Rechtsschutzbedürfnis des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des
Streitpatents ist nach rechtskräftiger Verurteilung des Nichtigkeitsklägers in
einem Verletzungsrechtsstreit jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Nichtigkeitskläger
für den Fall der Nichtigerklärung des Streitpatents eine Restitutionsklage
in Betracht zieht.

b) Bezugszeichen im Patentanspruch schränken den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel
ein.

c) Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren ist
es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle
der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch
aufgenommen werden.
BGH, Urt. v. 15. November 2005 - X ZR 17/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 8. November 2001 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 23. Juni 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika angemeldeten deutschen Patents 29 25 730 (Streitpatents), das eine "Koksofentür" betrifft, drei Patentansprüche umfasste und inzwischen nach Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Koksofentür mit einem der Türleibung der Ofenkammer zugekehrten , vom Türrahmen kragarmartig vorspringenden Dich- tungselement, dessen zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist[,] und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß der Spannrahmen aus einer am Türrahmen befestigten und von diesem kragarmartig vorspringenden Federmembran (20) besteht, die über ihre zur Dichtfläche hin abgewinkelte Außenkante (44) mit dem Dichtungselement (30) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden, ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelten Abschnitt (52) verbunden ist."
2
Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin ist von der Beklagten wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen und durch rechtskräftig gewordenes Grundurteil des Landgerichts Düsseldorf auf eine Schadensersatzklage hin verurteilt worden. Sie hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Gegenstand des Streitpatents sei eine Dichtung für eine Koksofentür, die aus zwei Teilen bestehe, nämlich einem um die Tür herumführenden kragenartig vorspringenden Dichtungselement und einer Vorrichtung zur Erzeugung einer elastischen Kraft. Dabei sei aus der ursprünglich offenbarten Dichtungsvorrichtung mit einem schneidkantenartigen Dichtungselement und einer Stützvorrichtung eine Dichtvorrichtung geworden, die lediglich noch das schneidkantenartige Dichtungselement sowie eine kragarmartig vorspringende Federmembran vorsehe, womit das Stützglied völlig entfallen sei.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Patentinhaberin, die beantragt, un- ter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Prof. W. im Auftrag des Se- hat nats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bundespatentgerichts zur Abweisung der Klage.
7
I. Allerdings ist die Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall auch nach Erlöschen des Streitpatents infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer weiterhin zulässig. In diesem Fall ist zwar ein besonderes, eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Nichtigerklärung des abgelaufenen Patents erforderlich (st. Rspr.; zuletzt Sen.Urt. v. 22.02.2005 - X ZR 148/00, Umdruck S. 6; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 2. Aufl. 2005, Rdn. 120, je m.w.N.). Dieses kann aber bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Nichtigkeitsklägers im Verletzungsstreit vorliegen, weil eine Nichtigerklärung des angegriffenen Patents der im Verletzungsprozess unterlegenen Partei die Möglichkeit eröffnen würde, im Wege der Restitutionsklage gegen ihre Verurteilung vorzugehen (vgl. BPatGE 33, 240 = GRUR 1993, 732; Keukenschrijver, aaO; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, Rdn. 46 zu § 81; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl. 2005, Rdn. 42 zu § 81 PatG). Nachdem die Nichtigkeitsklägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie für den Fall der Nichtigerklärung die Durchführung eines Restitutionsverfahrens in Betracht ziehe, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage ohne weiteres zu bejahen.
8
II. Der Senat vermag aber der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht beizutreten, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund greife durch, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (§ 22 Abs. 1 PatG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG; "unzulässige Erweiterung", sachlich übereinstimmend mit § 13 Abs. 1 Nr. 4 PatG 1978; Art. XI § 3 Abs. 5 IntPatÜG; vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 21, 22 PatG 1981 BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer).
9
1. Das Streitpatent schützt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür mit einem vorspringenden Dichtungselement und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, wobei der Spannrahmen aus einer Federmembran (20) besteht, in besonderer Ausgestaltung. Diese Abdichtung kommt im Wesentlichen allein mit mechanischen Mitteln aus. Damit soll eine Abdichtung geschaffen werden, die in ihrer Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit mindestens das Ergebnis anderer, z.B. aus der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 vorbekannter Einrichtungen erreicht (vgl. die Angaben zur "Aufgabe" in der Beschreibung des Streitpatents Sp. 3 Z. 46-52). In der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 ist eine mit einer Sperrgasdichtung ausgestattete Koksofentür beschrieben, bei der ein Dichtungselement mit seiner äußeren, als Schneide ausgebildeten Kante gegen eine Dichtungsfläche der Türleibung mittels einer von Druckzylindern gebildeten Spannvorrichtung gedrückt wird. Diese Druckzylinder drücken dabei starre Schienen gegen die als Zackenkante ausgebildete Schneidkante.
10
2. Das Streitpatent stellt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür unter Schutz, bei der
(1)
das Dichtungselement (1.1) der Türleibung der Ofenkammer zugekehrt ist, (1.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (1.3) seine zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist,
(2)
miteiner Spannvorrichtung, (2.1) die bei Verriegelung der Tür die Dichtungsschneide belastet (2.2) über einen Spannrahmen, wobei
(3)
der Spannrahmen aus einer Federmembran besteht, die (3.1) am Türrahmen befestigt ist, (3.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (3.3) eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenkante aufweist, wobei
(4)
diese Außenkante verbunden ist (4.1) mit dem Dichtungselement, (4.2) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden Abschnitt, (4.2.1) der ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelt ist.
11
3. Dabei hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die Formulierung in Patentanspruch 1, der Spannrahmen "bestehe" aus einer Federmembran, nicht in dem Sinn zu verstehen ist, dass die Federmembran notwendig das einzige Element des Spannrahmens sein solle. Das Wort "besteht" ist hier jedenfalls auch in dem Sinn verwendet, dass der Spannrahmen neben der Federmembran noch weitere Elemente aufweisen kann, wie dies etwa die ein Ausführungsbeispiel wiedergebende Figur 10 der Zeichnungen des Streitpatents zeigt, insbesondere die dort dargestellten Abschnitte 44 und 46. Im Übrigen schränken die Bezugszeichen im Patentanspruch den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel ein (vgl. EPA - techn. Beschwerdekammer - T 237/84 ABl. EPA 1987, 309; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl. 1993, Rdn. 14 zu § 14 PatG; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rdn. 53 zu § 14; Schulte, aaO Rdn. 142 zu § 34; so schon zum früheren Recht BGH, Urt. v. 30.10.1962 - I ZR 46/61, GRUR 1963, 563, 564 - Aufhängevorrichtung). Die Nennung von Bezugszeichen im Patentanspruch 1 des Streitpatents führt daher nicht zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patents auf Ausgestaltungen, die den Darstellungen entsprechen , in denen diese Bezugszeichen verwendet werden.
12
4. Eine erfindungsgemäße Ausgestaltung wird in den jeweils verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 (Darstellung einer Vorderansicht der Tür auf der Stoßrichtungsseite), 7 (Schnitt bei 7-7 in Fig. 1), 8 (Schnitt entlang 8-8 in Fig. 7) und 10 (Schnitt entlang 10-10 in Fig. 8) des Streitpatents gezeigt: Fig. 1
13
Hier bezeichnen die Bezugszeichen 14 die Koksofenwand mit den Türleibungen 12 und der mit Feuerfeststeinen ausgekleideten Koksofentür. Der Türkörper weist die Grundplatte 32, das Hauptrahmenschweißstück 34, die Seitenplatten 36 und 38 und die Bodenplatte 40 auf. Das Stützglied 42 ist im Ausführungsbeispiel in die drei Abschnitte 48, 50, 52 aufgeteilt. Die Spannvorrichtung übt Druck auf die Schneide 52 aus, die gegen die Leibung 12 gedrückt wird.


14
Die Federmembran ist mit dem Befestigungsabschnitt 46 am Türrahmen befestigt. Der weitere Abschnitt 44 ist in Richtung Leibung abgewinkelt und an seinem Ende mit der Dichtungskante 52 verbunden.
15
III. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass sich der in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Gegenstand nicht den Anmeldeunterlagen entnehmen lasse, und dass Patentanspruch 1 des Streitpatents damit unzulässig erweitert sei. Der geschützte Gegenstand unterscheide sich von dem ursprünglich offenbarten durch die Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4. Denn die Dichtungsvorrichtung 18 für die Koksofentür 10 bestehe nach der ursprünglichen Offenbarung aus einem dichtenden Schneideelement (schneidkantenartiges Dichtungselement oder Schneidkantenelement) 30 und einer Stütz- oder Trägervorrichtung (Stützglied, Dichtungskantenträgerelement ) 42. Dabei beständen das Schneideelement 30 aus den Teilabschnitten 48, 50 und 52 und die Stütz- oder Trägervorrichtung 42 aus den Abschnitten 44 und 46, wie sich aus der ursprünglichen Beschreibung Seiten 7/8, dem ursprünglichen Schutzanspruch 1, aus der Beschreibung Seite 8 Abs. 3, Seite 11 Abs. 2 bis Seite 12 und der Figur 10 der Zeichnungen ergebe. Die Funktion , die das Stützelement 42 haben solle, werde im Schutzanspruch 1 der Anmeldung damit beschrieben, dass auf das schneidkantenartige Dichtungselement 30 eine gleichmäßige Vorspannung ausgeübt werden solle. Das für die Stützvorrichtung zu verwendende Material sei nicht beschrieben. Die aus elastischem , federndem Material hergestellte Membran 20, die einen Teil der Stützvorrichtung 42 überdecke, könne zusätzlich zur Erhöhung der Vorspannung verwendet werden, wie sich aus den Schutzansprüchen 2 und 5 der Anmeldeunterlagen sowie aus Seite 8 Abs. 3 und Seite 17 Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung ergebe. Eine solche Dichtungsvorrichtung sei auch in Figur 10 dargestellt. Aus den Hervorhebungen der physikalischen Eigenschaften der Membran, die nach den Schutzansprüchen 4 und 5 sowie der Beschreibung Seite 17 2. Absatz der ursprünglichen Unterlagen eine Blattfeder oder Membran sein solle, die nach Seite 8 Abs. 3 der ursprünglichen Unterlagen aus elastischem , federndem Material hergestellt sei und unmittelbar einen Teil der Stützvorrichtung überdecke, leite der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus, ab, dass das Stützelement 42 andere physikalische Werkstoff- eigenschaften aufweise als die fakultative, zusätzlich einsetzbare Membran. Der Fachmann werde deshalb auf eine relativ starre Konstruktion der aus dem Schneidelement 30 und der fest mit diesem verbundenen Stützvorrichtung 42 bestehenden, durch eine zusätzliche Federmembran zu verstärkenden Dichtvorrrichtung 18 schließen. Nach Patentanspruch 1 des erteilten Patents entfalle demgegenüber die ursprünglich zwingend notwendige, relativ starre Stütz- und Trägervorrichtung 42 mit den Abschnitten 44 und 46. Die ursprüngliche Stützvorrichtung 42 werde - was aus den ursprünglichen Unterlagen wegen der dort verwendeten unterschiedlichen Begriffe "Stützvorrichtung" und "Membran" nicht herleitbar sei - durch die Federmembran aus einem elastischen, federnden Material ersetzt.
16
IV. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als unzutreffend.
17
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist durch die Anmeldung offenbart , was sich aus der Sicht des Fachmanns des betreffenden Gebiets der Technik ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschließt. Zur Feststellung, ob der Nichtigkeitsgrund der "unzulässigen Erweiterung" vorliegt, ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist dabei die durch die Patentansprüche definierte Lehre (vgl. Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn). Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass dabei den in der Anmeldung bezeichneten Patentansprüchen eine gleich hervorragende Bedeutung zukommt. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, wie die Beklagte ihr Schutzbegehren später interpretiert hat, worauf die Klägerin nunmehr schriftsätzlich abgestellt hat. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung aus der Sicht eines Fachmanns erkennen ließ, der von den ursprünglichen Unterlagen abweichende Lösungsvorschlag des Patents solle von vornherein vom Schutzbegehren umfasst werden (vgl. zuletzt Sen.Urt. v.
05.07.2005 - X ZR 30/02 - Einkaufswagen II, Umdruck S. 7 f., zur Veröffentlichung vorgesehen, m.w.N.), d.h. als zur Erfindung gehörend ("gehörig") offenbart sein (vgl. Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 562 f.).
18
2. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Lehre ist durch die ursprünglichen Unterlagen der Patentanmeldung ausreichend als zur Erfindung gehörend offenbart. Auch die Merkmalsgruppen 3 und 4 seines Patentanspruchs 1 stellen nämlich allenfalls Konkretisierungen und Einschränkungen dieser allgemeinen Lehre im Sinn des in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen und zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiels und nicht zugleich auch eine Erstreckung auf einen nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Gegenstand dar.
19
a) Eine allgemeine Beschreibung dessen, was durch die Erfindung geleistet werden soll, findet sich zunächst auf Seite 7/8 der Anmeldungsunterlagen. Danach weist die Koksofentür einen Hauptrahmen und eine Dichtungsvorrichtung auf, die auf dem Hauptrahmen angeordnet ist und einen dichten, gleichmäßigen und nicht festhaftenden Sitz zwischen dem Hauptrahmen und der zugehörigen Ofentürleibung gewährleistet. Die Dichtungsvorrichtung enthält dabei ein dichtendes Schneidelement, das auf dem Hauptrahmen so angeordnet ist, dass es sich entlang der zugehörigen Türleibung erstreckt, und ferner eine Stütz- oder Trägervorrichtung, die am Hauptrahmen der Tür angeordnet ist und eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausübt. Die Trägeranordnung (d.h. die Trägervorrichtung ) weist dabei ein Dichtungskantenträgerelement auf, das am Hauptrahmen befestigt ist und von diesem vorspringt und mit dem dichtenden Schneidelement in der Nähe seines freien Endes verbunden ist. Das dichtende Schneidelement ist so angeordnet, dass es mit der zugehörigen Türleibung unter einem Winkel in Verbindung tritt, den die Anmeldeunterlagen mit beispiels- weise etwa 25° beziffern. Bei Verriegelung der Tür am Ofen wird die Dichtungskante gegen die Türleibung gedrückt, um die gewünschte Dichtung zu erzielen.
20
b) Innerhalb dieser allgemeinen Lehre hält sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des erteilten Patents.
21
aa) Die vom Bundespatentgericht als nicht offenbart angesehene Elastizität der Federmembran (20) ist in der ursprünglichen Beschreibung Seite 7 f. nicht angesprochen. Daher stellt sie zunächst eine Einschränkung gegenüber der ursprünglich offenbarten Lehre dar. Die zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4 sind jedoch in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies folgt insbesondere aus der ursprünglich eingereichten Figur 10 und der Beschreibung, namentlich Seite 11. Diese Figur zeigt die Federmembran (nach der ursprünglichen Beschreibung Seiten 11, 13, 16, 17 "Membran"; Seiten 17, 19, 20 "Feder", "Blattfeder") (20), die über den Abschnitt 46 und das Abstandsstück 26 am Türrahmen 16 (mit der Grundplatte 32; vgl. ursprüngliche Unterlagen S. 11) befestigt ist. Dass die Federmembran zusammen mit den weiteren Abschnitten 44 und 46 kragarmartig vom Türrahmen vorspringt und eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenfläche aufweist, ist unmittelbar der Figur 10 jedenfalls dann zu entnehmen, wenn man die Membran 20 und die Abschnitte 44 und 46 als Einheit ansieht, was sich aus der Figur 10 allerdings nicht unmittelbar ergibt. Für einen Fachmann, einen Diplomingenieur des Maschinenbaus, folgt die Möglichkeit , diese Teile als Einheit auszubilden, nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jedoch aus der ursprünglichen Offenbarung , wo es heißt, dass das Schneidelement so auf dem Hauptrahmen angeordnet ist, dass eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausgeübt wird (S. 7 3. Abs.). Darüber , dass sich die Merkmale der Merkmalsgruppe 4 unmittelbar der Figur 10 entnehmen lassen, besteht kein Streit; der Senat ist hiervon auch überzeugt.

22
Darauf, ob sich Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung auch im Übrigen an das in den Figuren dargestellte Ausführungsbeispiel und an dessen Beschreibung auf Seite 10 ff. der Anmeldeunterlagen hält, kommt es für die Beurteilung der Erweiterung nicht an. Denn der Patentinhaber ist nicht gehalten, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufzunehmen , um eine zulässige Beschränkung herbeizuführen (Sen.Urt. v. 21.10.2003 - X ZR 220/99, Umdruck S. 21, unter Hinweis auf Sen.Beschl. v. 23.01.1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126= GRUR 1990, 432, 433 - Spleißkammer). Hierzu bestand vorliegend schon deshalb kein Anlass, weil die Offenbarung auf Seite 7 f. der ursprünglichen Unterlagen einen allgemeineren Gegenstand betraf. Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren wäre es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufgenommen werden (vgl. Senat - Spleißkammer aaO).
23
bb) Eine Einschränkung des Inhalts, dass die ursprünglichen Unterlagen das Dichtelement als starres Element offenbarten, wie sie das Bundespatentgericht in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellt hat, ist der ursprünglichen Offenbarung auf Seite 7 f. nicht zu entnehmen. Die Frage, ob das Ausführungsbeispiel ein starres Element betrifft, beschränkt den Offenbarungsgehalt der weiter gefassten ursprünglichen Unterlagen nicht. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und bei seiner Anhörung nachdrücklich bestätigt hat, geht eine Differenzierung zwischen einem aus den Teilen mit den Bezugszeichen 46, 44 und 48 gebildeten festen Rahmen und einem federelastischen Element an der technischen Wirklichkeit vorbei. Mit Blick auf den Zweck der Vorrichtung müsse sich auch der Rahmen auf Grund der aufgewendeten Kräfte verformen, um eine hinreichende Abdichtung zu gewährleisten und bei Wegnahme der Kräfte in seinen Ausgangszustand zurück- kehren; der Sachverständige hat dies überzeugend als einen Vorgang der Elastizität im Gegensatz zu einer zu dauerhaften Veränderungen führenden Verformung bezeichnet.
24
Diesen erkennbar von Sachkunde getragenen Folgerungen des gerichtlichen Sachverständigen tritt der Senat bei. Auch sie entziehen der allein die Annahme der Erweiterung tragenden Feststellung des Bundespatentgerichts die Grundlage, dass die Dichtungsvorrichtung 18 nach den ursprünglich eingereichten Unterlagen eine relativ starre Konstruktion darstelle, während nach Patentanspruch 1 des erteilten Streitpatents die Dichtungsvorrichtung nicht mehr starr sei.
25
cc) Die Frage, ob auch eine Ausführungsform, bei der die Federmembran (20) mit dem Abschnitt 46 in einem einzigen Teil zusammenfällt, eine Benutzung des Streitpatents darstellt, betrifft allein die Prüfung der Patentverletzung und ist im Nichtigkeitsverfahren nicht zu erörtern.
26
V. Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehe, sind in der Berufungsverhandlung nicht mehr geltend gemacht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.
27
Sie folgen insbesondere nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass der Begriff "Spannrahmen" in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten sei. Die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt nämlich - anders als die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals - dann keine unzulässige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst offenbart war.
28
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2001 - 3 Ni 39/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 139/10 Verkündet am:
11. März 2014
Beširović
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Farbversorgungssystem
EPÜ Art. 56
Gehört eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine
Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art
nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs, kann
Veranlassung zu ihrer Heranziehung bereits dann bestehen, wenn sich die
Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als
objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar
sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit
Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen.
BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 11. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Hoffmann, die Richterin Schuster, den
Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 8. November 2010 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 796 665 (Streitpatents), das am 18. März 1997 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 18. März 1996 angemeldet wurde. Patentanspruch 1, dem die Patentansprüche 2 bis 10 nachgeordnet sind, lautet: "Verfahren zur Farbversorgung einer Beschichtungsanlage für die Serienbeschichtung von Werkstücken, insbesondere Fahrzeugkarossen, wobei auswechselbar an einer Sprühvorrichtung montierbare oder mit ihr verbindbare Behälter (2, 42) mit Beschichtungsmaterial wählbarer Farbe an einer Befüllstelle (4) bereitgestellt oder gefüllt werden, während sie von der Sprühvorrichtung abgekoppelt und getrennt sind, wobei die Behälter von der Befüllstelle zu einer davon entfernten Übergabestelle (10) transportiert werden, von wo sie anschließend der Sprühvorrichtung zugeführt werden, und wobei die Behälter nach Gebrauch zu der Übergabestelle zurückgebracht und von dort zu der Befüllstelle zurücktransportiert werden."
2
Patentanspruch 11, dem Patentansprüche 12 bis 41 nachgeordnet sind, betrifft eine Vorrichtung (ein System) zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1.
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter, hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit ihrem ersten Hilfsantrag durch Streichung der Wörter "bereitgestellt oder" in den Patentansprüchen 1 und 11 sowie mit ihrem zweiten Hilfsantrag durch die Hinzufügung von Merkmalen aus den Patentansprüchen 15 und 27 in den Patentansprüchen 1 und 11.
4
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. J. D. , Hochschule E. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System von Einrichtungen zur Farbversorgung einer Beschichtungsanlage für die Serienbeschichtung von Werkstücken.
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1. Sprühvorrichtungen zum Beschichten von Werkstücken, insbesondere von Fahrzeugkarossen, werden entweder direkt aus Leitungen oder aus einem in der Nähe der Sprühvorrichtung angeordneten Behälter mit Farbe versorgt. Für das Beschichten kommen insbesondere auch elektrostatische Auftragssysteme in Betracht, wobei jedoch elektrisch leitende Beschichtungsmaterialien Probleme bereiten können, wenn das Material direkt über Schläuche mit der Sprühvorrichtung verbunden ist. Das im Streitpatent unter Bezugnahme auf die europäische Patentschrift 274 322 (Anl. K2) als Stand der Technik beschriebene System vermeidet solche Probleme, indem die Sprühvorrichtung mit auswechselbaren Farbbehältern in einer Sprühkabine von einem Lackierroboter getragen ist und sich Zapfstellen in der Sprühkabine befinden, von denen der Lackierroboter die mit Farbe befüllten Farbbehälter nach Bedarf abholt. Dafür hat der Roboter, so bemängelt die Streitpatentschrift, zum Ankoppeln der Behälter an den Zapfstellen aufwendig gesteuerte Bewegungen durchzuführen (Abs. 2).
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Nach dem Streitpatent war es im Stand der Technik ebenfalls bekannt , einen Lackierroboter mit auswechselbar am Roboterarm montierbaren Behältern dadurch mit der für eine Karosse benötigten Farbmenge zu versorgen, dass befüllte Behälter nacheinander auf einem Förderband zu einer Übergabestelle transportiert werden, wo sie von einem Hilfsroboter entnommen und dem Lackierroboter übergeben werden (Abs. 3).
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2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Gegenstand des Streitpatents das Problem zugrunde, beim Befüllen der Farbbehälter die Verluste möglichst gering zu halten, den Beschichtungsvorgang insgesamt möglichst verzögerungsfrei zu gestalten und dabei vorzugsweise mit einem möglichst geringen Steuerungsaufwand auszukommen.
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Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sowie gemäß den beiden Hilfsanträgen ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich - im Wesentlichen mit dem Patentgericht - wie folgt gliedern lassen (durchgestrichene Wörter befinden sich nur in der erteilten Fassung, kursiv gesetzte Merkmale befinden sich allein in der Fassung gemäß Hilfsantrag II): 1 Das Verfahren dient der Farbversorgung einer Anlage zur Serienbeschichtung von Werkstücken. 2 Es sind auswechselbar an einer Sprühvorrichtung montierbare oder mit ihr verbindbare Behälter (2, 42) vorgesehen , die 2.1 - von der Sprühvorrichtung abgekoppelt und getrennt - an einer Befüllstelle (4) mit Beschichtungsmaterial wählbarer Farbe bereitgestellt oder gefüllt werden, 2.2 von der Befüllstelle zu einer davon entfernten Übergabestelle (10) transportiert werden, 2.3 anschließend von der Übergabestelle (10) der Sprühvorrichtung zugeführt werden, 2.4 nach Gebrauch zu der Übergabestelle zurückgebracht werden und 2.5 von der Übergabestelle zu der Befüllstelle zurücktransportiert werden. 3 Eine Vorrichtung führt die Behälter an der Befüllstelle einer von mindestens einer Versorgungsleitung gespeisten Einrichtung zu und ist dabei in der Lage, gleichzeitig mindestens zwei Behälter zu halten. 4 Eine Linearbewegungsvorrichtung kuppelt den Behälter an der Befüllstelle längs einer geradlinigen Bahn mit der von mindestens einer Versorgungseinrichtung gespeisten Einrichtung.
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Patentanspruch 11 ist auf ein Farbversorgungssystem gerichtet, dessen Merkmale in der Sache im Wesentlichen mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 übereinstimmen; zur Erfüllung der Transportfunktion dient eine Transportvorrichtung, mit der die Behälter von einer Befüllstelle (4) zu einer von der Befüllstelle entfernten Übergabestelle transportierbar sind (vgl. Merkmal 2.2), von wo der jeweils ausgewählte Behälter der Sprühvorrichtung zugeführt (vgl. Merkmal 2.3) und nach Gebrauch zu der Befüllstelle zurücktransportiert wird (vgl. Merkmal 2.5), wobei die Behälter während der Materialentnahme bei der Beschichtung von den Versorgungseinrichtungen getrennt sind und beim Befüllen von der Sprühvorrichtung abgekoppelt und entfernt sind (vgl. Merkmal 2.1).
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Ein Ausführungsbeispiel des patentgemäßen Gegenstands zeigt die nachfolgende Figur 1 des Streitpatents:
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3. Zwei Merkmale bedürfen einer kurzen Erläuterung:
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a) Die Befüllstelle (Merkmale 2.1, 2.2 und 2.5) bezeichnet in den Patentansprüchen 1 und 11 in der Fassung des erteilten Patents nicht zwingend die Stelle, an der die Behälter mit Farbe befüllt werden. Gemeint ist damit vielmehr die Stelle, ab der die Transportvorrichtung einen (wieder -)befüllten Behälter transportiert, sei es, dass der Behälter an dieser Stelle mit Farbe befüllt wird oder sei es, dass der Behälter dort nur von der Transportvorrichtung aufgenommen wurde, nachdem er an einer anderen Stelle befüllt und auf andere Weise zu dieser Befüllstelle verbracht wurde. Das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren bringt eine solche Bestückung mit bereits befüllten Behältern (Abs. 11 aE und Figur 1) in Merkmal 1.2 mit der Alternative eines (bloßen) Bereitstellens der Behälter zum Ausdruck. Wie die eigentliche Befüllung der Lackbehälter erfolgt, lassen die Patentansprüche 1 und 11 offen; sie kann auch manuell erfolgen (Abs. 41).
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b) Offen lässt das Streitpatent auch die Ausgestaltung der Transportvorrichtung , die für den Transport der Behälter von der Befüllstelle zur Übergabestelle und zurück sorgt (Merkmale 2.2 und 2.5). Beschrieben und in Figur 1 gezeigt wird etwa ein drehbares Magazin; Figur 4 zeigt einen Band- oder Kettenförderer (Abs. 32). Die Beschreibung erläutert, dass der Transport "in Sonderfällen auch manuell, gegebenenfalls auf dem (in Figur 5) dargestellten Wagen" erfolgen könne (Abs. 37 aE), der wiederum auch manuell beladen werden kann (Abs. 41).
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II. Das Patentgericht hat den Gegenstand des Streitpatents für nicht patentfähig erachtet, weil er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, und dies wie folgt begründet:
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Aus der japanischen Offenlegungsschrift Sho 60-1220773 (Anl. K3 - vorgelegt in deutscher Übersetzung) sei ein Verfahren zur Farbversorgung einer Beschichtungsanlage bekannt gewesen, das für die Serienbeschichtung vorgesehen sei (Merkmal 1). Die K3 ziele ähnlich wie das Streitpatent auf die Schaffung eines Farbversorgungssystems ab, das einen sparsamen Umgang sowohl mit Lack als auch mit Verdünner und eine Verkürzung der Farbwechselzeit ermögliche. Hierfür verwende die K3 anstelle langer Schläuche einen Lackmaterialbehälter, der sich am Arm des Lackierroboters hinter der Spritzpistole abnehmbar anordnen lasse (Merkmal 2).
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Zur Vermeidung langer Zuführschläuche schlage die K3 vor, außerhalb des Lackierbereichs eine Vorrichtung zur Zuführung von Lackmaterialbehältern anzuordnen, die sich gemäß dem gezeigten Ausführungsbeispiel aus einem Fördersystem für mehrere Behälter, nämlich einem Band- oder Kettenförderer (Merkmal 2.2) und einem Roboter zum Behälterwechsel , zusammensetze. Der Roboter sei dazu bestimmt, den Behälter zu greifen, der mit dem vorher festgelegten Lackmaterial gefüllt sei, und an den Arm des Lackierroboters zu stecken (Merkmal 2.3); entspre- chend Merkmal 2.1 seien die Behälter beim Befüllen mit wählbarer Farbe von der Sprühvorrichtung getrennt.
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Gemäß den weiteren Ausführungen der K3 solle der Behälterwechselroboter den Behälter wieder vom Roboterarm entfernen und auf den Förderer zurückbringen. Folglich würden die Behälter nach Gebrauch entsprechend den Merkmalen 2.4 und 2.5 zur Übergabestelle zurückgebracht und von dort zurücktransportiert.
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Eine Befüllstelle zur Befüllung oder Bereitstellung der Behälter mit Beschichtungsmaterial und die in Patentanspruch 11 erwähnten Versorgungseinrichtungen für Beschichtungsmaterial unterschiedlicher Farbe seien in dem Ausführungsbeispiel der K3 nicht ausdrücklich beschrieben. Eine entsprechende Ausgestaltung habe für den Fachmann, einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit besonderen Kenntnissen und Erfahrung auf dem Gebiet der Materialbeschichtung insbesondere mittels Sprühvorrichtungen und elektrostatischen Aufbringungsverfahren , jedoch nahegelegen. Die K3 erwähne zum Hintergrund der dort beschriebenen Erfindung Farbwechselventile, die es ermöglichen, mehrere Lackmaterialien von unterschiedlicher Farbe selektiv der Spritzpistole zuzuführen. Ohne eine Versorgungseinrichtung könne kein Farbmaterial zu solchen Ventilen gelangen. Dies spreche dafür, dass auch eine Befüllstelle für die Behälter vorhanden sei, um diese mit Beschichtungsmaterial wählbarer Farbe befüllen zu können. Weiterhin werde eine solche Befüllstelle durch die Angabe in der Beschreibung der K3 nahegelegt , dass der Behälter nur mit der für eine Karosserie erforderlichen Lackmenge befüllt werden müsse, wenn Beschichtungsobjekte gleicher Form wie zum Beispiel Fahrzeugkarosserien nacheinander unter entsprechendem Wechsel mit unterschiedlichen Lackschichten beschichtet werden sollen.
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Auch die Ausgestaltung nach den weiteren Merkmalen der Unteransprüche habe für den Fachmann nahegelegen.
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III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand. Der Gegenstand des Streitpatents ist weder in der erteilten Fassung des Streitpatents noch in der Fassung eines der beiden Hilfsanträge patentfähig.
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1. Die technische Lehre der Patentansprüche 1 und 11 beruht sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung gemäß Hilfsantrag I nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Zur Begründung kann insoweit auf die zutreffende und eingehende Begründung des angegriffenen Urteils und die Ausführungen im schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen verwiesen werden; auch die Beklagte hat am Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Zweifel gezogen, dass der Fachmann bei einem Verfahren zur Farbversorgung einer Beschichtungsanlage , wie es in der vom Patentgericht herangezogenen Entgegenhaltung K3 offenbart wird, naheliegenderweise eine Befüllstelle vorgesehen hätte, an der die Behälter mit Beschichtungsmaterial wählbarer Farbe befüllt und von dort mittels einer Transportvorrichtung zu den Lackiereinrichtungen transportiert werden.
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2. Die Patentansprüche 1 und 11 erweisen sich auch in ihrer Fassung gemäß Hilfsantrag II, mit dem in zulässiger Weise beschränkende Merkmale aus den Unteransprüchen 15 und 27 in die beiden Hauptansprüche einbezogen werden, nicht als rechtsbeständig.
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a) Mit Merkmal 3 werden das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 11 dahin konkretisiert, dass die beim Zuführen der Behälter an oder von der Befüllstelle zu einer von mindestens einer Versorgungsleitung gespeisten Einrichtung (Farbversorgungseinrichtung ) eingesetzte Vorrichtung gleichzeitig zwei Behälter hal- ten kann. Eine solche Handlungsweise war dem vom Patentgericht zutreffend definierten Fachmann gleichfalls nahegelegt.
25
In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich. Vielmehr können auch Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleuten , die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben und auch nichttechnische Vorgaben eine Rolle spielen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - X ZB 6/10, GRUR 2012, 378 = BlPMZ 2012, 260 - Installiereinrichtung

II).

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Es steht daher der Annahme, der Fachmann habe Anlass gehabt, bei der Ausgestaltung einer Anlage zur Serienbeschichtung von Werkstücken in Übereinstimmung mit Merkmal 3 verfahren, nicht notwendigerweise entgegen, dass die Klägerin ein Vorbild hierfür auf dem Gebiet der Beschichtungsanlagen nicht hat aufzeigen können. Gehört eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs, kann Veranlassung zu ihrer Heranziehung vielmehr bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl.
zu ärztlichen Standardmaßnahmen BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 5/13, juris Rn. 38 - Kollagenase I).
27
So verhält es sich hier. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (Seite 28) und in seiner Anhörung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das parallele Zuführen von zwei Behältern zur Farbversorgungseinrichtung ebenso wie das Zuführen eines befüllten Behälters zur Transporteinrichtung in einem Vorgang zusammen mit dem Zuführen eines leeren Behälters zur Farbversorgungseinrichtung eine Verfahrensweise betrifft, die der Grundidee nach dem Fachmann als Mittel bekannt war, um ein Handhabungsverfahren oder -system effizienter und damit objektiv zweckmäßiger zu gestalten und auf diese Weise zu optimieren. Das parallele Handhaben von zwei Objekten statt einem zählt damit zum allgemeinen Fachwissen des hier berufenen Ingenieurs im Sinne eines "Standardrepertoires", auf das er regelmäßig bei der Weiterentwicklung vorhandener Anlagen insbesondere dann zurückgreifen kann und zurückzugreifen Anlass hat, wenn es ihm um möglichst effektive, effiziente und zeitsparende Abläufe zu tun sein muss.
28
Diese Feststellung wird von den Entgegenhaltungen der Klägerin gestützt, die insbesondere in der US-amerikanischen Patentschrift 3 242 568 (Anl. E6) - dort vor allem in den Figuren 7 bis 21 -, aber auch in der deutschen Offenlegungsschrift 1 652 699 (Anl. E5) - dort Figuren 12 bis 12F - und der internationalen Patentanmeldung 91/18135 (Anl. E4) - dort Figuren 6 und 14 - eine parallele Handhabung der gleichzeitigen Entnahme und Zuführung von Objekten belegen. Sie zeigen damit zugleich , dass eine solche Ausgestaltung eines automatisierten Vorgangs dem Fachmann als eine objektiv zweckmäßige Zeitoptimierung von Handhabungsvorgängen im Maschinenbau allgemein bekannt war, ohne dass es darauf ankäme, ob der Fachmann die betreffenden, außerhalb des technischen Gebiets des Streitpatents liegenden Entgegenhaltungen für konkrete Überlegungen zu einer Weiterentwicklung einer Farbbeschichtungsanlage insbesondere für Fahrzeugkarosserien heranziehen würde.
29
Da Umstände, die das parallele Halten von zwei Behältern bei deren Zuführung zur Farbversorgungseinrichtung als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen ließen, weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen wurden und das Streitpatent im Übrigen auch keine Hinweise zur Überwindung derartiger Probleme enthält, ist es nicht zu beanstanden, dass das Patentgericht einen Anlass für den Fachmann bejaht hat, das im Übrigen nahegelegte Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und das System nach Patentanspruch 11 entsprechend Merkmal 3 auszugestalten. Damit konnte der Fachmann insbesondere , wie in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen erörtert, den Zeittakt für den Transport und die Befüllung der Behälter so optimieren, dass zwei Lackierroboter von derselben Transportvorrichtung mit befüllten Behältern versorgt werden können.
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b) Ebenso lag es nahe, entsprechend Merkmal 4 die Behälter an der Befüllstelle mittels einer Linearbewegungsvorrichtung längs einer geradlinigen Bahn mit einer Farbversorgungseinrichtung zu kuppeln.
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Entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts waren Linearbewegungsvorrichtungen dem Fachmann insbesondere durch sein Studium und aus der Fachliteratur allgemein als Standardwerkzeuge bekannt, um definierte lineare Bewegungen durchzuführen. Um Handlungsbewegungen möglichst auf ein Minimum zu reduzieren und damit Zeit zu sparen, war es objektiv zweckmäßig, eine geradlinige Bahn vorzusehen und hierfür Linearbewegungsvorrichtungen einzusetzen. Da hierfür keine Schwierigkeiten oder Hindernisse bei der Anwendung an einer Transportvorrichtung nebst Behältern und Farbversorgungseinrichtungen entsprechend dem Gegenstand des Streitpatents ersichtlich waren, bot es sich dem Fachmann deshalb an, diesen Gegenstand entsprechend dem Merkmal 4 zu gestalten.
32
c) Da beide Merkmale 3 und 4 jeweils für sich genommen objektiv zweckmäßig mit Standardmitteln den Gegenstand des Streitpatents ergänzen und sich auch aus ihrer Kombination keine Hinderungsgründe ergeben , lag ein entsprechendes Vorgehen auch in der Kombination beider Merkmale für den Fachmann nahe.
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d) Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 11 beruhen folglich auch in der Fassung des Hilfsantrags II nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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3. Schließlich sind auch die Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 10 und 12 bis 41 sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung der beiden Hilfsanträge nicht patentfähig.
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Zur Begründung kann insoweit zunächst auf die zutreffende und sorgfältige Begründung des angegriffenen Urteils sowie hinsichtlich der Patentansprüche 15 und 27 ergänzend auf die vorstehenden Ausführungen zu den Merkmalen 3 und 4 verwiesen werden.
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Zu Unteranspruch 25, dem gemäß bei einer Beschichtungsanlage entsprechend den vorangehenden Ansprüchen die Behälter an der Übergabestelle wahlweise mindestens zwei von einander getrennten Sprühvorrichtungen , mithin Lackierrobotern, zugeführt werden können, ist im Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung zu ergänzen, dass ein solches paralleles Vorgehen dem allgemeinen verfahrens- und systemtechnischen Optimierungsbestreben des Fachmanns entsprach. Es gehörte zu seinem allgemeinen Fachwissen und -können, Verfahrensschritte und -komponenten nach Möglichkeit in einer Weise und in einer Anzahl miteinander zu verknüpfen, dass keine Komponente unnötige Still- standszeiten aufweist. Wenn eine Komponente bei den von ihr zu vollziehenden Verfahrensschritten aufgrund der für sie maßgeblichen Leistungskapazität mit mehr als einer anderen Komponente in Interaktion treten kann, hat der Fachmann - jedenfalls bei einem zeitkritischen Verfahren wie dem Lackieren von Fahrzeugkarossen - grundsätzlich Anlass, ein solches paralleles Interagieren zur Erhöhung der Effizienz des Systems auch vorzusehen (vgl. Sachverständigengutachten Seite 28 unten). Die Anhörung des Sachverständigen hat hierzu bestätigt, dass die Transportvorrichtung und die Befüllung der Behälter bei einer Bestückungsanlage entsprechend dem Gegenstand des Streitpatents es gestatten, jedenfalls zwei Lackierroboter an nur einer Übergabestelle der Transportvorrichtung mit befüllten Behältern zu versorgen. Die Beschreibung des Streitpatents und der Vortrag der Beklagten lassen auch keine Schwierigkeiten erkennen , die hierfür zu überwinden gewesen wären. Für den Fachmann lag ein solches paralleles Interagieren an der Übergabestelle der Transportvorrichtung daher nahe und erforderte keine erfinderische Tätigkeit.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Hoffmann Schuster Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2010 - 4 Ni 101/08 (EU) -
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Über die fehlende Anregung hilft auch nicht der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz hinweg, dass Veranlassung zur Heranziehung einer technischen Lösung, die als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns gehört, bereits dann bestehen kann, wenn es für die Anwendung dieser Lösung zwar kein konkretes Vorbild gibt, die Nutzung ihrer Funktionalität in dem betreffenden Zusammenhang sich aber als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände festzustellen sind, die eine Anwendung als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem; Urteil vom 26. September 2017 - X ZR 109/15, Mitt. 2018, 21 Rn. 113 - Spinfrequenz). Zwar mögen die in erster Instanz vorgelegten Schriften belegen, dass die Positionierung und Befestigung einer Stoffbahn durch Einführen in ein als Trag- und Halteschiene ausgebildetes Rohr im Sinne dieser Rechtsprechung als ein vielfältig anwendbares Mittel zum allgemeinen Fachwissen gehörte. Die generelle Eignung eines zum allgemeinen Fachwissen zählenden Lösungsmittels kann aber nur dann als Veranlassung zu ihrer Heranziehung genügen, wenn für den Fachmann ohne weiteres erkennbar ist, dass eine technische Ausgangslage besteht, in der sich der Einsatz des betreffenden Lösungsmittels als objektiv zweckmäßig darstellt. Als hinreichender Anlass zu ihrer Anwendung könnte das Wissen des Fachmanns um die "Schlüsselschlitzmethode" daher nur dann genügen , wenn ihm die grundsätzliche Möglichkeit vor Augen stand, die Bettpfosten selbst als Halte- und Befestigungsmittel für die - hierzu auf Positionierstäbe aufzuziehende - Stoffbespannung auszugestalten. Denn nur dann hätte er auf die "Schlüsselschlitzmethode" als ein ihm zur Verfügung stehendes generelles Mittel zur Ausgestaltung eines solchen Trag- und Haltemittels zurückgreifen können. An dieser Voraussetzung fehlt es indessen nach den Vorbildern, die sich für den Fachmann aus der NK9 und dem dort referierten Stand der Technik auf dem Gebiet der stoffbespannten Kinderbetten ergaben.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)