Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2005 - X ZR 81/01

bei uns veröffentlicht am22.11.2005
vorgehend
Landgericht Hamburg, 3, 5 O 120/98
Hanseatisches Oberlandesgericht, 3 U 219/98, 01.03.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 81/01 Verkündet am:
22. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stapeltrockner
PatG § 14; EPÜ Art. 69

a) Die Prüfung, ob eine angegriffene Ausführungsform das der Erfindung
zugrunde liegende Problem mit gleichwirkenden Mitteln löst, erfordert die
Ermittlung des Sinngehalts des Patentanspruchs und der Wirkungen, die
mit den anspruchsgemäßen Merkmalen - je für sich und in ihrer Gesamtheit
- erzielt werden, sowie die tatrichterliche Feststellung, ob und gegebenenfalls
mit welchen konkreten, vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden
Mitteln diese Wirkungen von der angegriffenen Ausführungsform
erreicht werden.

b) Es ist eine Rechtsfrage, ob die Überlegungen, die der Fachmann anstellen
muss, um eine abweichende Ausführungsform als gleichwirkend aufzufinden
, derart am Sinngehalt des Patentanspruchs orientiert sind, dass der
Fachmann die abweichende Ausführungsform als gleichwertige Lösung in
Betracht zog.
BGH, Urt. v. 22. November 2005 - X ZR 81/01 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 1. März 2001 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch. Die Klägerin ist aufgrund eines Vertrags vom 28. November/4. Dezember 1996 Lizenznehmerin der B. , die der Klägerin außerdem ihre Schadensersatz - und Auskunftsansprüche gegen die Beklagte abgetreten hat. Zu den im Lizenzvertrag aufgeführten Patenten gehört auch das inzwischen infolge des Ablaufs der Schutzdauer erloschene europäische Patent 0 049 737 (Klagepatent ), das am 4. Juli 1981 angemeldet und u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist. Verfahrenssprache ist Englisch. Das Klagepatent betrifft "Method and apparatus of treating a plurality of planar articles". Die Patentansprüche 1-3 befassen sich mit dem patentgemäßen Verfahren ; Patentanspruch 4, der die patentgemäße Vorrichtung betrifft, lautet: "Apparatus for exposing and drying a stack of planar articles (23) in abutting face-to-face contact characterized by a plurality of guide members (31, 32) defining a path (14, 24) having a series of connected reversing curves, said guide members (31, 32) presenting said path with a plurality of smooth parallel guide surface for confining said stack of articles (23) to travel therethrough; by means to engage and push said stack through said path (14, 24); and by means (16) to direct air to said path (14, 24) at the outer portions of said curves."
2
Die Beklagte vertreibt Fertigungsstraßen für die Blechverarbeitung und bringt unterschiedliche Industrieöfen zum Trocknen von Dosendeckeln auf den Markt, die von der C. GmbH in D. produziert werden. In der Angebotspalette der Beklagten befindet sich u.a. ein Trocknungsofen mit der Modellnummer D… , bei dem Dosendeckel auf zwei parallelen Trocknungswegen in einem kurvenförmigen Verlauf durch den Luftstrom geführt werden. Die auf zwei grobgliedrigen Förderketten angeordneten Deckel werden von diesen durch den Ofen gezogen. Dabei werden die Deckel einzeln von einem Magneten auf die sich bewegende Kette mit einem Abstand von ca. 0,4 mm auf der Grundfläche aufgesetzt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Förderketten und die Anordnung der Dosendeckel.


3
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin sei lediglich einfache Lizenznehmerin und insoweit aufgrund eigener Ansprüche nicht aktivlegitimiert. Eine "hinreichende Prozessführungsbefugnis" der Klägerin ergebe sich auch nicht aus der mit nachgelassenen Schriftsatz eingereichten "Prozessstandschaftserklärung". Diese setze die Klägerin nicht wirksam in die Lage, Rechte der B. im eigenen Namen geltend zu machen.
4
Das Berufungsgericht hat, nachdem die Klägerin eine weitere Ermächtigung zur Prozessführung vorgelegt hatte, die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B. durch die zu unterlassenden Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
5
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht angreift. Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht.
7
I. 1. Mit der Rüge, das Berufungsurteil könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht zu Unrecht selbst in der Sache entschieden habe, hat die Revision keinen Erfolg. Das Berufungsgericht konnte jedenfalls von einer Zurückverweisung absehen und selbst entscheiden, wenn es dies für sachdienlich hielt (§ 540 ZPO a.F.). Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit rechtsfehlerfrei bejaht. Der Senat hat die von der Revision hiergegen erhobenen Rügen geprüft und nicht für durchgreifend erachtet.
8
2. Soweit die Revision rügt, dass der Tenor des Berufungsurteils von Patentanspruch 4 in mehreren Punkten abweiche, greift diese Rüge ebenfalls nicht durch. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der Tenor eines Verletzungsurteils nicht aus der Wiedergabe der Patentansprüche bestehen kann, sondern die Mittel, aus denen sich die Benutzung des Patentanspruchs ergeben soll, im Klageantrag und der ihm entsprechenden Urteilsformel so konkret bezeichnet werden müssen, dass die Urteilsformel die Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden kann (BGHZ 162, 365 - Blasfolienherstellung

).


9
II. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Patentverletzung nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
10
1. Das Klagepatent betrifft ein Gerät zum Behandeln einer Anzahl ebener Gegenstände. Patentanspruch 4 bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Exponieren und Trocknen eines Stapels ebener Gegenstände, die Seite an Seite liegen.
11
Die Klagepatentschrift (Sp. 1 Z. 48 - Sp. 2 Z. 17) schildert es als Problem bei der Herstellung von Getränkedosen, das Dichtungsmittel, das auf den mit Flansch versehenen Deckel aufgebracht ist, um den Deckel später auf den Dosenkörper aufzubringen, zu härten oder zu trocknen. Die Dosendeckel werden, damit sie besser zu handhaben sind, nach dem Aufbringen des Dichtungsmittels zu säulenartigen Stapeln zusammengefasst und in diesen Stapeln zum nächsten Arbeitsvorgang transportiert. Werden solche Stapel gebildet, so ist es nach der Beschreibung des Klagepatents schwierig, Luftströme oder Wärme so auf die Dosendeckel zu lenken, dass das Trocknen des am Umfang des Dosendeckels aufgebrachten Dichtungsmittels beschleunigt wird. Bei der Verwendung herkömmlicher Dichtungsmittel auf Lösungsbasis verdampfe selbst in gestapeltem Zustand das Dichtungsmittel verhältnismäßig leicht. Bei den vermehrt nachgefragten lösungsmittelfreien Dichtungsmitteln auf Wasserbasis dauere der Trocknungsvorgang jedoch wesentlich länger, nämlich bis zu zehn Tagen.
12
Das Klagepatent stellt die Nachteile dar, die bei Einsatz solcher Dichtungsmittel auftreten (Sp. 2 Z. 18 ff.). Das Erreichen von praktikablen Trocknungszeiten für Dichtungsmittel auf Wasserbasis mache bisher das Entstapeln der Deckel erforderlich, um damit die Luftströme direkt auf das Dichtungsmittel auftreffen und dieses wirksam trocknen zu lassen. Nach dem Klagepatent sollen diese Nachteile vermieden werden, indem die gestapelten Deckel beim Durchlaufen von Kurven mit entgegengesetzten Richtungen aufgefächert werden , hierdurch die abgedeckte Oberfläche der gestapelten Gegenstände freigelegt wird und damit der gesamte Deckelumfang und das darauf aufgetragene Dichtungsmittel durch den Heißluftstrom erreichbar wird (Sp. 2 Z. 28 f.).
13
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Wesen der Erfindung bestehe darin, dass die ebenen Gegenstände, z.B. Dosendeckel, nicht einzeln (etwa separat in Kammern), sondern in einem - mehr oder weniger - geschlossenen Verband durch den Trocknungsofen geführt würden und der kurvenförmige Verlauf der Strecke zwangsläufig eine Auffächerung der Deckel an der jeweiligen Außenseite der Krümmung bewirke, wobei bis dahin durch das Aneinanderstoßen der Deckel verdeckte äußere Bereiche der Oberfläche freigelegt würden, weil sich dort Berührungspunkte/-flächen der teilweise aneinander stoßenden Deckel verschöben und damit auch an diesen Stellen bislang verdeckte Bereiche der Dichtungsmasse nunmehr für den Heißluftstrom zugänglich gemacht würden.

14
3. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Berufungsgericht gehe bei dieser Auslegung des Klagepatents weit über das Offenbarte hinaus. Das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Vorrichtung nach dem Klagepatent um einen starren, Kraft übertragenden Deckelstapel handele, der mit Hilfe von glatten parallelen Führungsteilen, die auf den Deckel begrenzend und Kurven bildend einwirkten, über den Weg durch den Trocknungsofen geschoben würden. Das Berufungsgericht habe diese erfindungswesentlichen Merkmale außer Acht gelassen. Dies zeige auch, dass das Berufungsgericht nicht in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Feststellungen ohne Zuziehung eines Sachverständigen aufgrund eigener Sachkunde zu treffen.
15
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, zunächst der Befassung mit dem technischen Sinngehalt, den der vom Klagepatent angesprochene Fachmann mit den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und mit den Patentansprüchen in ihrer Gesamtheit verbindet (BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse). Diese Ermittlung kann sich gegebenenfalls auf die zwischen den Parteien streitigen Merkmale konzentrieren. Auch dann darf jedoch der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden, da Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGHZ 159, 221, 226 - Drehzahlermittlung).
16
Das angefochtene Urteil genügt diesen Anforderungen nicht. Die Ausführungen des Berufungsgerichts beschränken sich letztlich auf die Auseinandersetzung mit den Einwänden der Beklagten. Das Berufungsgericht hat nicht den Sinngehalt ermittelt, der sich aus der Sicht eines Fachmanns aus dem Klagepa- tent in seiner Gesamtheit ergibt. Der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs ist aber nicht nur der Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs eines Klagepatents (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 03.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I).
17
Erst wenn diese Grundlage ermittelt ist, kann sachgerecht geprüft werden , ob die angegriffene Ausführungsform das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse einen Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, sowie schließlich, ob die Überlegungen, die ein Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGHZ 150, 149, 153, 154 - Schneidmesser I).
18
Die Ermittlung des technischen Sinngehalts des Klagepatents kann der Senat selbst vornehmen. Wie ein Patent auszulegen und ob ein Patentanspruch im Instanzenzug richtig erkannt und in seinem Inhalt verstanden worden ist, ist eine Rechtsfrage (BGHZ 160, 204, 213 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung

).


19
5. Die Merkmalsgliederung - als bloßes Hilfsmittel für die Beurteilung eines Eingriffs in das geschützte Recht – kann der Senat selbstständig vornehmen. Er gliedert die Vorrichtung nach Patentanspruch 4 wie folgt: 1. Die Vorrichtung dient zum Exponieren und Trocknen von ebenen Gegenständen.
2. Die Gegenstände bilden einen Stapel und liegen Seite an Seite aneinander an (in abutting face-to-face contact).
3. Eine Mehrzahl von Führungsteilen bildet einen Weg mit einer Folge von untereinander verbundenen, sich umkehrenden Krümmungen.
4. Die Führungsteile bilden den Weg mit einer Mehrzahl von glatten parallelen Führungsflächen, die dem Stapel die Bewegung durch diese aufzwingen (for confining said stack to travel therethrough

).


5. Die Vorrichtung verfügt über Mittel, die auf den Stapel einwirken und ihn durch den Weg schieben.
6. Auf den äußeren Krümmungen wird Luft gegen den Weg gelenkt.
20
Das Klagepatent gibt in Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Behandeln des größeren Teils der aneinanderstoßenden Flächen einer Mehrzahl von ebenen Gegenständen an, die Seite an Seite (in face-to-face contact) zueinander stehen. Die Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 48 f. nennt insbesondere Dosendeckel von Getränkebehältern als solche Gegenstände und zeigt als Fig. 6 einen solchen typischen Deckel. Ein derartiger Deckel weist einen Flansch und eine Wölbung auf, die ein Aneinanderliegen über die gesamte Fläche ausschließen. Daher bedeutet "abutting face-to-face contact" im Sinne des Klagepatents ein Aneinanderliegen mit einer Berührung der Flächen benachbarter Gegenstände an einigen Stellen. Diese Gegenstände sollen entlang eines gewünschten Wegs gefördert (pushed) werden und zwar in der Weise, dass jeder der Gegenstände seine Bewegungskraft (motive force) vom Kontakt mit dem ihm folgenden Gegenstand erhält und seinerseits Bewegungskraft auf den ihm vorhergehenden Gegenstand durch den Kontakt mit diesem überträgt (Sp. 2 Z. 43-48). Damit geben Patentanspruch 1 für das Verfahren und entsprechend auch Patentanspruch 4 für die patentgemäße Vorrichtung an, dass das Fördern der Gegenstände über den gewünschten Weg mittels Schub erfolgen soll, der durch den Kontakt "face-to-face" vom im Stapel letzten der Gegenstände auf die vorhergehenden weitergegeben wird. Damit enthält der Begriff "Stapel" (stack) ebener Gegenstände im Patentanspruch 4 eine andere Bedeutung, als das Berufungsgericht (BU 19 unten/20 oben) sie ihm beigemessen hat. Der Begriff dient nicht nur der Abgrenzung von den nach dem Stand der Technik bekannten Anlagen, bei denen die zu trocknenden Deckel einzeln und etwa durch Fördertaschen getrennt - also ohne gegenseitige Berührung - durch den Trockenofen transportiert werden. Er gibt vielmehr zusammen mit den zuvor erörterten Merkmalen die Art und Weise an, in der das Fördern der Gegenstände durch den Trocknungsofen erfolgen soll. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschreibung ausdrücklich bekannte Verfahren und Vorrichtungen, bei denen eine Vereinzelung der Deckel erfolgt, als nachteilig, vor allem aufgrund ihrer Komplexität und hohen Kosten, verwirft (Sp. 2 Z. 18-27). Anhaltspunkte für andere Mittel zur Förderung der Dosendeckel durch den Trocknungsofen finden sich in der Klagepatentschrift nicht. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt und die Parteien haben nicht dargelegt, dass das allgemeine Wissen eines Fachmanns, der sich mit der Lehre des Klagepatents auseinandersetzte, diesen andere Möglichkeiten der Beförderung mit derselben Wirkung als vom Wortsinn des Patentanspruchs umfasst erkennen ließ. Zu der Auffächerung der geschobenen Deckelstapel ist dem Patentanspruch 4 des Klagepatents weiter zu entnehmen, dass diese mittels der Führungsteile erreicht werden soll. Diese sollen einen Weg mit sich umkehrenden Krümmungen bilden, und über ihn soll der Stapel von Gegenständen gefördert werden, wobei die glatten parallelen Führungsflächen dem Stapel die Bewegungsrichtung vorgeben. Bei der Art der Förderung der Stapel kommt diesen Führungsteilen besondere Bedeutung zu. Erst sie gewährleisten die geordnete Fortbewegung über den gewünschten Weg. Ohne sie würde schon das Fördern des Stapels Schwierigkeiten bereiten, erst recht wäre das Auffächern in der Weise, dass der größere Teil jedes der in dem Stapel befindlichen Gegenstände dem Behandlungsmedium exponiert ist, ausgeschlossen.
21
6. Legt man diese Auslegung zugrunde, so genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts zur angegriffenen Ausführungsform nicht für die Beurteilung , ob eine Verletzung des Klagepatents vorliegt. Das Berufungsgericht hat zunächst schon nicht festgestellt, wie die angegriffene Ausführungsform im Einzelnen beschaffen ist. Dies hat grundsätzlich die Klägerin darzulegen, wobei ihr allerdings nach Treu und Glauben Beweiserleichterungen zugute kommen können , wenn und soweit sie Tatsachen nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwernissen spezifizieren kann, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar ist (Sen.Urt. v. 30.09.2003 - X ZR 114/00, GRUR 2004, 268 f. - Blasenfreie Gummibahn II). Das Berufungsgericht hat sodann aufgrund entsprechenden Parteivortrags Feststellungen dazu zu treffen, wie die angegriffene Ausführungsform beschaffen ist und worin die Unterschiede zu einer dem Wortsinn des Patentanspruchs entsprechenden Lösung bestehen.
22
Erst im Anschluss daran kann festgestellt werden, ob die angegriffene Ausführungsform, wie das Berufungsgericht angenommen hat, das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst. Dazu sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich , die in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden können. Das Berufungsgericht wird bei der Nachholung dieser Feststellungen zu beachten haben, dass Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne Erzielung der erfindungsgemäßen Wirkungen bedeutet. Die Frage der Gleichwirkung kann deshalb nicht allein aufgrund eines Einzelvergleichs der Wirkung entschieden werden, die einerseits einem einzelnen oder mehreren einzelnen Merkmalen des Patentanspruchs zukommt, andererseits mit der statt dessen bei einer beanstandeten Ausführung vorhandenen Ausgestaltung erreicht werden kann. Entscheidend ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrunde liegenden Problems bereitstellen. Es ist deshalb nötig, den Patentanspruch einer Untersuchung daraufhin zu unterziehen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrunde liegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (Sen.Urt. v. 28.06.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005,1006 - Bratgeschirr).
23
Sofern das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäßen Wirkungen erzielt, wird es weiter zu prüfen haben, ob seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigten, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I). War auch dies der Fall, wird das Berufungsgericht der Frage nachzugehen haben, ob die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen musste, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zog (BGHZ 150, 149, 154). Bei dieser Frage handelt es sich allerdings um eine Rechtsfrage, die der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglich ist. Sie hängt jedoch entscheidend von den zunächst in der Tatsacheninstanz zu klärenden tatsächlichen Grundlagen ab, die das Berufungsgericht nunmehr zu ermitteln haben wird.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.08.1998 - 315 O 120/98 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.03.2001 - 3 U 219/98 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

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Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

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Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 114/00 Verkündet am:
30. September 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Blasenfreie Gummibahn II
Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben kann sich eine Verpflichtung der
beweisbelasteten Partei ergeben, dem Gegner gewisse Informationen zur Erleichterung
seiner Beweisführung zu bieten, wozu namentlich die Spezifizierung
von Tatsachen gehören kann, wenn und soweit diese der mit der Beweisführung
belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen
zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne
weiteres möglich als auch zumutbar erscheint. Dieser Grundsatz findet auch im
Patentverletzungsprozeß Anwendung.
BGH, Urt. v. 30. September 2003 - X ZR 114/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 30. September 2003 durch den Richter Prof. Dr. Jestaedt als
Vorsitzenden, die Richter Scharen und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens
und den Richter Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 11. Mai 2000 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem am 13. September 1990 angemeldeten, u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 433 563 (Klagepatent). Das Klagepatent betrifft ein "Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien, kalandrierten Gummibahn". Es umfaßt drei Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautete in der erteilten Fassung:
"Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien, kalandrierten Gummibahn, in dem man der noch ungehärteten Gummimasse, vor der Vulkanisation, eine Fraktion vulkanisierten, zerkleinerten Materials mit unregelmäßiger Grundstruktur in räumlich gleichmäßiger Verteilung beimischt, wobei man eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm wählt bei einer Dosierung von 1-4 Gew. %, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht, und wobei man anschließend das Gemisch ausvulkanisiert."
Die Beklagte hat das Klagepatent mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen. In diesem Verfahren hat der erkennende Senat durch Urteil vom 24. September 2003 das Klagepatent dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß sein Patentanspruch 1 die folgende Fassung erhalten hat, auf die sich die Patentansprüche 2 und 3 zurückbeziehen:
"1. Verfahren zur Herstellung einer Gummibahn mit folgenden Verfahrensschritten:
- der noch ungehärteten Gummimasse wird vor der Vulkanisation eine Fraktion vulkanisierten, zerkleinerten Materials mit unregelmäßiger Grundstruktur in räumlich gleichmäßiger Verteilung beigemischt, die eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm in einer Menge von 1-4 Gew. %, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht aufweist,
- das so erhaltene Gemisch wird kalandriert
- und anschließend ausvulkanisiert,
- so daß die so hergestellte Gummibahn blasenfrei ist."
Die Beklagten bringen unter der Bezeichnung "M. -P. " Bodenbeläge in verschiedenen Ausführungsvarianten in den Verkehr, u.a. unter der Bezeichnung "M. -Pu. ". Die Klägerin behauptet, daß dieser Bodenbelag nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden sei. Bei dem Bodenbelag der Beklagten sei eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm gewählt worden und eine Dosierung von 1-4 Gew. % bezogen auf das Gesamtmischungsverhältnis. Sie trägt außerdem vor, ihre Analysen des angegriffenen Bodenbelages hätten ergeben, daß (nur) mindestens 65 Gew. % des Einstreukorns eine Partikelgröße von 0,6 mm bis 0,8 mm habe und höchstens 35 Gew. % außerhalb dieses Bereichs liege, wobei die Größe dieser Partikel im Bereich bis zu 1,8 mm und unterhalb von 0,6 mm betrage, und die mindestens 65 Gew. % von Partikeln mit einer Größe von 0,7 mm ± 0,1 mm einen Mengenanteil von mindestens 1,2 Gew. % und höchstens 2 Gew. % bezogen auf das Gesamtgewicht und die beigemischten Partikel insgesamt nicht über 4 Gew. % bezogen auf das Gesamtgewicht ausmachten.
Die Beklagten haben demgegenüber geltend gemacht, daß die von ihnen als Ausgangsstoff eingesetzte "noch ungehärtete" Gummimasse aufgrund ihrer Mischung und ihres Herstellungsvorganges nicht zur Blasenbildung neige. Dem hier in Rede stehenden Produkt "M. -Pu. " würden vulkanisierte, zerkleinerte Kautschukpartikel lediglich aus optischen Gründen zur Erzeugung eines bestimmten Erscheinungsbildes des fertigen Belages beigefügt.
Das Landgericht hat die Klage, mit der die Klägerin von den Beklagten Unterlassung und Rechnungslegung sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten verlangt, abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie weiterhin ihr Klageziel verfolgt. Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien kalandrierten Gummibahn. Das Klagepatent bezeichnet es als üblich, zur Herstellung von Elastomer-Bahnenwerkstoffen und von bahnenförmigen Dichtungsmaterialien im Kalandrierverfahren einen Rohling entsprechender Dicke herzustellen und diesen sodann einem kontinuierlichen Vulkanisationsprozeß zu unterziehen. Dabei entstehe jedoch kein blasenfreier Rohling, weil sich im Kalandrierverfahren vorgebildete Blasen in der Rohlingsbahn im Fertigerzeugnis nachteilig bemerkbar machten; insbesondere träten Ausschuß und Fehlerstellen auf, die bei Flachdichtungen die Funktionsfähigkeit gefährdeten. Durch das Klagepatent soll demgegenüber ein Verfahren zur Verfügung gestellt werden , mit dem ohne sonstige Qualitätsverluste blasenfreie kalandrierte Gummibahnen hergestellt werden können (Beschreibung S. 2 Z. 24-27).

Der im Nichtigkeitsverfahren neugefaßte Patentanspruch 1 läßt sich wie folgt gliedern:
(1) Der noch ungehärtete Gummimasse wird beigemischt
(1.1) eine Fraktion vulkanisierten Materials
(1.2) in räumlich gleichmäßiger Verteilung
(1.3) in einer Dosierung von 1-4 Gew.% , bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht.
(2) Das beigemischte vulkanisierte Material
(2.1) ist zerkleinert,
(2.1.1) weist eine Partikelgröße von 0,7 mm ± 0,1 mm auf und
(2.2) hat eine unregelmäßige Grundstruktur.
(3) Das so erhaltene Gemisch
(3.1) wird kalandriert
(3.2) und anschließend ausvulkanisiert,
(3.3) so daß die hergestellte Gummibahn blasenfrei ist.

II. Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung des Klagepatents auf das Beispiel 1 und den in Patentanspruch 1 gegebenen Hinweis abgestellt, daß die hergestellte Gummibahn blasenfrei sein solle; in Verbindung mit den Ausführungen in der Klagepatentschrift S. 2 Z. 12-16, wonach die Anzahl und Größe der störenden Blasen verknüpft sei mit Art und Mischungszusammensetzung sowie Viskosität der herzustellenden Bahnen, wobei dem Hersteller durch entsprechende Anforderungen Grenzen gesetzt seien, die technischer, optischer oder auch wirtschaftlicher Natur sein könnten, führe dies den Fachmann zu dem Verständnis, daß es sich bei der in Merkmal 1 genannten noch ungehärteten Gummimasse als Ausgangsmaterial des erfindungsgemäßen Verfahrens zwingend um eine solche Gummimasse handeln müsse, die aufgrund ihrer Art und Mischungszusammensetzung an sich, d.h. ohne weitere Maßnahmen zur Blasenbildung neige.
Die Fassung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents durch den erkennenden Senat unterscheidet sich von derjenigen des erteilten Patents dadurch, daß sie weitere Angaben zu Merkmalen der anspruchsgemäßen Problemlösung macht. Sie enthält den weiteren Verfahrensschritt des Kalandrierens des Gemischs vor dem Ausvulkanisieren sowie eine Festlegung dahin, daß das Verfahrenserzeugnis , die Gummibahn, infolge der Durchführung des Verfahrens blasenfrei ist. Mit der Formulierung "so daß" im Zusammenhang mit der Beschreibung des durch das patentgemäße Verfahren zu erhaltenden Erzeugnisses wird danach zum Ausdruck gebracht, daß das Erzeugnis maßgeblich zumindest auch auf diesen Maßnahmen beruhen muß, d.h. daß die weiteren Maßnahmen jedenfalls im Sinne nicht hinweg zu denkender Bedingungen für die Blasenfreiheit mitursächlich sein müssen.
Diese neue Fassung ist für die Bestimmung des Schutzbereichs maßgeblich. Sowohl für die Prüfung der Patentfähigkeit als auch als Grundlage für die Schutzbereichsbestimmung ist der Patentanspruch so zu deuten, wie ihn der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (Sen.Urt. v. 7.11.2000 - X ZR 145/98, GRUR 2001, 232, 233 - Brieflocher m.w.N.). Maßgeblich ist danach, welchen Begriffsinhalt das Patent bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln einem vorgeschlagenen Merkmal zuweist (Sen.Urt. v. 4.11.1997 - X ZR 18/95 - Sämaschine ; Bausch, Nichtigkeitssprechung in Patentsachen I S. 424, 428).
Nach diesen Grundsätzen ist die Auslegung von Patentanspruch 1, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, im Ergebnis, gemessen an der Fassung, die der Patentanspruch 1 im Urteil des Senats vom 24. September 2003 gefunden hat, jedenfalls insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, als Patentanspruch 1 voraussetzt, daß das Verfahrenserzeugnis , die Gummibahn, zumindest auch infolge der Durchführung des vorgeschlagenen Verfahrens blasenfrei ist und daß die in Patentanspruch 1 vorgesehenen Maßnahmen zumindest (mit)ursächlich für das Ergebnis, die blasenfreie, kalandrierte Gummibahn sein müssen. Daraus folgt umgekehrt, daß Verfahrenserzeugnisse , die ohne Anwendung dieser Maßnahmen blasenfrei sind, nicht in den Gegenstand von Patentanspruch 1 des Klagepatents fallen.
III. Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, dem Vorbringen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, daß der von den Beklagten unter der Bezeichnung "M. -Pu. " vertriebene Bodenbelag nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden sei. Es fehle an einer substantiierten Darlegung der Klägerin, daß der angegriffene Bodenbelag als Ausgangsmateri-
al eine noch ungehärtete Gummimasse im Sinne der Erfindung beinhalte, die nach ihrer Art und Zusammensetzung beim anschließenden Kalandrieren und Vulkanisieren zur Blasenbildung neige. Die Klägerin habe dies zwar pauschal unter Sachverständigenbeweis behauptet, es fehle jedoch jeglicher konkrete Sachvortrag der Klägerin dazu, wie denn die bei dem angegriffenen Bodenbelag als Ausgangsmaterial eingesetzte ungehärtete Gummimasse im einzelnen zusammengesetzt und wie sie hergestellt worden sei. Der Umstand, daß bei der Herstellung des angegriffenen Produkts der ungehärteten Gummimasse noch eine Fraktion vulkanisierten zerkleinerten Materials beigemischt worden sei, zwinge nicht zu der Annahme, daß dies nur deshalb erfolgt sein könne, um "Blasenfreiheit" zu erreichen. Dieses Ergebnis könne auch auf andere Weise erreicht werden und es gebe auch andere sinnvolle Gründe der Beimischung einer solchen Fraktion, beispielsweise könne eine solche Beimischung erfolgen, weil aus optischen Gründen ein bestimmtes Erscheinungsbild erzeugt werden solle.
Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt hat.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Bodenbelag der Beklagten, der unstreitig aus kalandriertem Synthesekautschuk besteht und bei dem vor dem Kalandrieren der ungehärteten Gummimasse vulkanisiertes, zerkleinertes Material in gleichmäßiger Verteilung beigemischt worden ist und der nach dem Kalandrieren ausvulkanisiert worden ist, sei in einem Verfahren hergestellt worden , bei dem von allen Merkmalen des Klagepatents Gebrauch gemacht worden sei. Damit ist der Tatbestand einer Patentverletzung schlüssig dargelegt worden. Wenn die Beklagten demgegenüber geltend machen wollten, zwar werde das Verfahrenserzeugnis "blasenfreie Gummibahn" erreicht, es würden
auch die in Patentanspruch 1 vorgesehenen Maßnahmen durchgeführt, diese seien aber für die Blasenfreiheit, die aufgrund anderer Gegebenheiten erzielt werde, nicht (mit)ursächlich, sondern dienten anderen Zwecken, so war es ihre Sache, hierzu näher vorzutragen.
Zwar hat im Verletzungsprozeß - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 139 Abs. 3 PatG, dessen Voraussetzungen hier nicht festgestellt sind - der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen. Die Klägerin hatte jedoch unter Beweisantritt ausdrücklich vorgetragen , daß das von den Beklagten verwendete Ausgangsmaterial eine ungehärtete Gummimasse im Sinne des Anspruchs 1 des Klagepatents darstellt, d.h. daß dieses zur Blasenbildung neige. Weiterer Vortrag dazu war jedenfalls nach den auch im Prozeßrecht zu beachtenden Grundsätzen von Treu und Glauben von der Klägerin als der grundsätzlich beweisbelasteten Partei nicht zu verlangen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß sich unter bestimmten Voraussetzungen bei Beachtung dieser Grundsätze eine Verpflichtung der nicht beweisbelasteten Partei ergeben kann, dem Gegner gewisse Informationen zur Erleichterung seiner Beweisführung zu bieten, wozu namentlich die Spezifierung von Tatsachen gehören kann, wenn und soweit diese der mit der Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (vgl. Urt. v. 27.1.1994 - I ZR 326/91, GRUR 1995, 693, 697 - Indizienkette m.w.N. auf die st. Rspr.). Diese Grundsätze finden auch im Patentverletzungsverfahren Anwendung.
Jedenfalls danach ist es der Klägerin nicht zuzumuten, den Vortrag der Beklagten, das von ihnen eingesetzte Ausgangsmaterial entspreche schon
nicht demjenigen des Klagepatents, zu widerlegen. Den Beklagten als Herstel- lern des Produkts war es ohne weiteres möglich anzugeben, wodurch sich von ihnen eingesetztes Ausgangsmaterial von demjenigen des Klagepatents unterscheide. Die Klägerin konnte Angaben dazu nur aufgrund aufwendiger Materialanalysen machen. Das Berufungsgericht durfte danach den Vortrag der Klägerin , daß das von den Beklagten verwendete Ausgangsmaterial eine ungehärtete Gummimasse im Sinne des Merkmals 2 des Anspruchs 1 des Klagepatents darstelle, nicht als unsubstantiiert zurückweisen und die Benutzung dieses Merkmals nicht von vornherein verneinen.
Das Berufungsgericht wird dies nunmehr zu prüfen und weiter Feststellungen dazu zu treffen haben, ob eine Benutzung der übrigen Merkmale des neuen Patentanspruchs 1 des Klagepatents zu bejahen ist.
Jestaedt Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 128/98 Verkündet am:
28. Juni 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Bratgeschirr
EPÜ Art. 69 Abs. 1, PatG 1981 § 14
Im Rahmen der Prüfung, ob eine abgewandelte Ausführungsform der patentierten
Lösung gleichwirkend ist, ist eine Untersuchung erforderlich, welche von
den einzelnen Wirkungen, die mit den Merkmalen des Patentanspruchs erzielt
werden können, zur Lösung des ihm zugrundeliegenden Problems patentgemäß
zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte
Lösung und stellt die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung
dar.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - X ZR 128/98 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 24. Juni 1998 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Inhaber eines deutschen und eines mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents.
Anspruch 1 des deutschen Patents ..., das auf einer Anmeldung vom 2. März 1988 beruht, lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis in untere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, und dann ein Antihaftlack (56) in obere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) eingebracht wird."
Bei der Anmeldung des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten europäischen Patents ..., das neben Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht auch einen Haushaltsgegenstand mit einer Antihaftschicht betrifft, ist die Priorität der vorgenannten Anmeldung in Anspruch genommen worden. Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis die Poren der unteren Lagen (20, 21, 22) der Hartstoffschicht bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, so daß zumindest die unterste Lage (20) mit dem Einbrennlack (55) ausgefüllt ist, und dann die Poren der oberen Lagen (21, 22, 23) der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack (56) ausgefüllt werden."
Der Beklagte zu 2 vertrieb zunächst im Rahmen eines einzelkaufmännischen Unternehmens Brat- und Kochgeschirre einer dänischen Herstellerin in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 1. Januar 1994 erfolgt der Vertrieb durch die mit Gesellschaftsvertrag vom 26. Oktober 1993 gegründete und am 9. Dezember 1993 im Handelsregister eingetragene Beklagte zu 1, deren Mitgeschäftsführer der Beklagte zu 2 ist und die ihre Produkte als "schnittfest, kratzfest, langlebig" bewirbt. Der Kläger hat die Beklagten deshalb wegen Verletzung beider Patente auf Unterlassung und Rechnungslegung gerichtlich in Anspruch genommen und ferner Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten beantragt.
Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigengutachten die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat diese Verurteilung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und dem Antrag, die landgerichtliche Verurteilung wiederherzustellen. Die Beklagten sind diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Um die relativ große Empfindlichkeit der eigentlichen Antihaftschicht von Haushaltsgegenständen gegen Kratz- und Schnittbelastungen zu verringern, sei es bekannt gewesen, die Oberfläche der Haushaltsgegenstände zunächst mit einer porösen keramischen Hartstoffschicht zu versehen und erst darauf die Antihaftschicht anzubringen , und zwar so, daß sie die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Täler ausfülle und die Spitzen ihrer Körner noch mit einer dünnen Schicht überdecke. Dieses Verfahren habe den Nachteil, daß die relativ zähflüssige Antihaftschicht die poröse Struktur der darunter angebrachten Hartstoffschicht nicht vollständig ausfüllen könne. In die im unteren Bereich verbleibenden Freiräume könne bei längerem Gebrauch, insbesondere bei Überhitzung, Fett eindringen, was zu ästhetischen Beeinträchtigungen durch Fleckenbildung führe. Hiervon ausgehend solle die Erfindung nach beiden Klagepatenten den Stand der Technik so weiterbilden, daß die optische Qualität der Oberfläche erhalten bleibe und gleichzeitig die Belastbarkeit der Beschichtung noch weiter erhöht werde.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; sie beruhen auf entsprechenden Angaben in den Klagepatentschriften.
2. Den jeweiligen Ansprüchen 1 beider Klagepatente hat das Berufungsgericht entnommen, daß sie ein inhaltlich übereinstimmendes Verfahren lehrten. Dies lasse sich beim deutschen Patent wie folgt gliedern:
1. Die Oberfläche des Haushaltsgegenstandes wird durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht versehen.
2. Die Hartstoffschicht wird dann mit einer Antihaftschicht versehen.
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis in unteren Lagen der Hartstoffschicht ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau.
4. Danach wird ein Antihaftlack in obere Lagen der Hartstoffschicht eingebracht.
In Anspruch 1 des europäischen Patents seien die Merkmale 3 und 4 wie folgt formuliert:
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden zunächst die Poren der unteren Lagen der Hartstoffschicht mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau, so daß zumindest die unterste Lage mit dem Einbrennlack ausgefüllt ist.
4. Dann werden die Poren der oberen Lagen der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack ausgefüllt.
Auch diese Feststellungen beruhen nicht auf einem Rechtsfehler; die Aufgliederungen werden auch vom Kläger im Rahmen der Begründung seines Rechtsmittels verwendet; auch der Kläger geht davon aus, daß die Ansprüche 1 beider Klageschutzrechte inhaltsgleich seien; die Revisionserwiderung erinnert insoweit nichts. Im weiteren Verfahren wird allerdings Art. II § 8 Abs. 1 IntPatÜG zu berücksichtigen sein.
3. a) Bei der Beantwortung der Frage nach der Verletzung der Klagepatente ist das Berufungsgericht auf die von ihm aufgegliederten Merkmale 1 bis 3 b nicht eingegangen. Es hat gemeint, es könne ihre Benutzung dahinstehen lassen, weil bei der Herstellung der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre Merkmal 4 weder wortlautgemäß noch gleichwirkend verwirklicht werde. Dieses Merkmal verstehe der Fachmann dahin, daß nach dem teilweisen Ausfüllen der in der Hartstoffschicht befindlichen, als Poren bezeichneten Hohlräume der Antihaftlack in den oberen Bereich dieser Hohlräume und damit in die Hartstoffschicht selbst eingebracht werde. Für den fachkundigen Leser der Patentschriften sei ohne weiteres ersichtlich, daß durch das Eindringen des Antihaftlacks in Hohlräume der Hartstoffschicht und die dadurch erreichte innige Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht eine besondere Stabilität der Beschichtung erreicht werde, die zur Lösung der den Klagepatenten zugrundeliegenden Teilaufgabe, die Belastbarkeit der Schicht noch
weiter zu erhöhen, wesentlich beitrage. Die von dem vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Dr. W. in seinem Analysebericht vom 17. Oktober 1996 getroffenen Feststellungen zu einer von den Beklagten vertriebenen Bratpfanne ergäben jedoch, daß bei der dort untersuchten Beschichtung die in der Hartstoffschicht vorhandenen Risse vollständig mit dünnflüssigem Lack ausgefüllt seien und eine aus diesem Lack (Basislack oder Versiegelungslack) bestehende Schicht die Keramikschicht vollständig überdecke. An keiner Stelle habe sich ein Eindringen des nachträglich aufgebrachten Antihaftlacks auch nur in den obersten Bereich der Hartstoffschicht gefunden. Eine diesem Eindringen gleichende Wirkung ergebe sich nicht dadurch, daß die Antihaftschicht an verschiedenen Stellen in den dünnflüssigen, die Hartstoffschicht vollständig überziehenden Lack eingedrungen sei und so den oberen Bereich der an der Oberfläche der Hartstoffschicht befindlichen Täler ausgefüllt habe. Denn das bloße Vorhandensein von Antihaftlack in Teilbereichen der auf der Oberfläche der Hartstoffschicht festzustellenden, flachwelligen Täler bewirke eine vergleichbar stabile Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht nicht.
Diese Würdigung bekämpft die Revision mit Erfolg. Jedenfalls die Feststellung , die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre der Beklagten seien nicht nach einem dem patentgemäßen gleichwirkenden Verfahren hergestellt, ist nicht frei von Rechtsirrtum.

b) Bei Beachtung des gemäß Art. 164 Abs. 1 EPÜ als Bestandteil dieses Übereinkommens zu berücksichtigenden Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ, dessen Grundsätze auch für das deutsche Recht maßgeblich sein sollen (BT-Drucks. 7/3712, 30; BGHZ 98, 12 - Formstein), beschränkt sich der
Schutzbereich eines Verfahrenspatents nicht auf Verfahren, die in jeder Hinsicht die Anweisungen verwirklichen, die der betreffende Anspruch des Patents nach seinem Inhalt vorschreibt. Auch abgewandelte Verfahren werden regelmäßig umfaßt, wenn ihre Ausgestaltung die gleiche oder im wesentlichen gleiche Wirkung hat und vom Fachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Patentansprüche, d.h. an der darin unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, als Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems aufgefunden werden konnte (zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ: BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse, m.w.N.; zum inhaltsgleichen § 14 PatG: Sen.Urt. v. 18.05.1999 - X ZR 156/97, GRUR 1999, 977, 981 - Räumschild, m.w.N.). Die Zugehörigkeit zum Schutzbereich eines Patentanspruchs kann deshalb regelmäßig nur nach einem Vergleich der geschützten Lehre und der streitigen Ausgestaltung verneint werden, der seinerseits zweierlei voraussetzt: Zum einen müssen die Wirkungen erkannt sein, die nach der im Patentanspruch bezeichneten, geschützten Lehre vorausgesetzt werden. Zum anderen bedarf es der Kenntnis der tatsächlichen Beschaffenheit des angeblichen Verletzungsgegenstandes und seiner Wirkungen. Die hierzu nötigen Feststellungen hat der Tatrichter zu treffen.

c) Was die Beschaffenheit der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre anbelangt, ist diese Feststellung nicht prozeßordnungsgemäß getroffen.
Wie infolge des bei der Produktion der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre angewandten Verfahrens die Verbindung von Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, läßt sich durch einen einfachen Augenschein der von den Beklagten ver-
triebenen Erzeugnisse nicht feststellen. Ein Gutachten hierüber fehlt. Der erstinstanzlich hinzugezogene gerichtliche Sachverständige hat sich zu dieser Frage nicht geäußert. Für die Verfasser der von dem Kläger vorgelegten Privatgutachten trifft dies ebenfalls zu. Verläßliche Erkenntnisse hätte das Berufungsgericht deshalb allenfalls aus den Abbildungen gewinnen können, die im Rahmen der Begutachtungen mittels Rasterelektronenmikroskopie der Beschichtung der beanstandeten Brat- und Kochgeschirre erstellt und als Bestandteil der Gutachten zu den Gerichtsakten gereicht worden sind. Dem angefochtenen Urteil läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß das Berufungsgericht diese Abbildungen im Hinblick auf die von ihm für wesentlich gehaltene Frage der Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht untersucht und seine Zweifel an einer stabilen Verbindung zwischen diesen beiden Schichten hieraus abgeleitet hat. Auch auf Parteivortrag, der sich über diese Verbindung verhält, verweist das Berufungsgericht nicht. Seine Feststellung hierzu beschränkt sich damit auf eine bloße Behauptung. Dies ist - wie die Revision zu Recht rügt - keine Auseinandersetzung mit dem streitigen Prozeßstoff, wie sie § 286 ZPO voraussetzt. Eine sachgerechte Beantwortung der Frage, wie bei den mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirren die Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, erfordert vielmehr weitere Untersuchungen. Diese wird das Berufungsgericht einem Sachverständigen übertragen müssen.
4. Bei der erneuten Befassung mit der Verletzungsfrage wird es auch nicht angehen, sich im Hinblick auf die patentgemäßen Wirkungen wiederum letztlich nur für das Merkmal 4 und seine Wirkung zu interessieren. Ebensowenig wie die bloße Übereinstimmung im Leistungsergebnis ausreicht (Sen.Urt. v. 06.11.1990 - X ZR 55/89, GRUR 1991, 444, 446 - Autowaschvorrichtung,
m.w.N.), kann die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne nicht allein aufgrund eines Einzelvergleichs der Wirkung entschieden werden, die einerseits einem einzelnen oder mehreren einzelnen Merkmalen eines Patentanspruchs zukommt, andererseits mit der statt dessen bei einer beanstandeten Ausführung vorhandenen Ausgestaltung erreicht werden kann. Entscheidend ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrundeliegenden Problems bereitstellen. Nur so ist gewährleistet, daß trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich die Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfaßt werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 06.11.1990, aaO). Es ist deshalb nötig, den Patentanspruch einer Untersuchung daraufhin zu unterziehen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrundeliegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar.
Eine Ausführung, die anstelle eines oder mehrerer im Patentanspruch genannter Merkmale eine abweichende Gestaltung nutzt, muß sie freilich nicht in völliger Identität erreichen. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn im wesentlichen, also in einem praktisch noch erheblichen Maße, die Wirkungen des Patents erzielt werden (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 914 - Spannschraube, m.w.N.). Diese Möglichkeit verbietet es, in Fällen, in denen immerhin von einer teilweisen Übereinstimmung in den Wirkungen ausgegangen werden muß, oh-
ne weiteres die erforderliche Gleichwirkung zu verneinen. Das kann nur nach Analyse der patentgemäßen Wirkungen und einer sich hieran orientierenden Gewichtung des bei der beanstandeten Ausführung festgestellten Defizits geschehen. Diese Untersuchung wird deshalb nachzuholen sein. Denn mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist zugunsten des Klägers anzunehmen, daß das mit der Klage beanstandete Brat- und Kochgeschirr in seiner optischen Erscheinung nicht durch Fleckenbildung beeinträchtigt wird, deshalb gerade den am Stand der Technik bemängelten Nachteil vermeidet und mithin jedenfalls insoweit einem patentgemäß hergestellten Erzeugnis gleicht.
5. Die hiernach erforderliche Untersuchung ihrerseits setzt eine Auslegung des Patentanspruchs, von dessen Lehre angeblich Gebrauch gemacht worden sein soll, daraufhin voraus, welcher Sinn ihm nach dem Offenbarungsgehalt der Patentansprüche unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen als den patenteigenen Auslegungshilfen zukommt (vgl. Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube). Den Vorrang der Ermittlung des dem Anspruchswortlaut beizumessenden Sinns auch dann, wenn eine Patentverletzung durch eine abgewandelte Ausgestaltung zu prüfen ist, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont (BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 17.02.1999 - X ZR 22/97, GRUR 1999, 914 - Kontaktfederblock). Sie trägt der in Art. 69 Abs. 1 EPÜ wie in § 14 PatG zum Ausdruck kommenden zentralen Bedeutung des Inhalts der Patentansprüche für den Schutzbereich Rechnung. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube).
Ohne eine Befassung mit der Frage, wie der Fachmann die Lehre nach Anspruch 1 des europäischen Patents versteht, wird deshalb auch der vom Berufungsgericht heranzuziehende Sachverständige die an ihn zu richtenden Beweisfragen nicht beantworten können. Die sachverständigen Ä ußerungen hierzu können möglicherweise auch Einfluß auf die vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil dargelegte Meinung haben, die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre seien keine Erzeugnisse, die nach einem Verfahren hergestellt seien, das von dem sinnvoll verstandenen Wortlaut des Anspruchs 1 der Klagepatente Gebrauch mache. Da bereits im Stand der Technik die Antihaftschicht die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Vertiefungen nach oben abdeckte, erscheint es insbesondere nicht ausgeschlossen, daß der Fachmann mit Merkmal 4 keine weitere Funktion als die verbindet, auch nach Durchführung des patentgemäßen Verfahrens die bereits bekannten Antihafteigenschaften zu gewährleisten. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die zu der Feststellung des Fehlens einer wortsinngemäßen
Benutzung von Anspruch 1 des europäischen Patents geführt haben, werden mithin ebenfalls zu überprüfen sein; die Berechtigung der gegen diese Feststellung vorgebrachten Rügen der Revision kann deshalb dahinstehen.
Rogge Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens