Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2018 - VIII ZR 336/18

bei uns veröffentlicht am19.12.2018
vorgehend
Amtsgericht Charlottenburg, 215 C 173/12, 10.04.2013
Landgericht Berlin, 57 S 161/13 WEG, 08.10.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 336/18 Verkündet am:
19. Dezember 2018
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:191218UVIIIZR336.18.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Dr. Schmidt

für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 9. November 2016 wird aufgehoben. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 57 des Landgerichts Berlin vom 8. Oktober 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - mit Ausnahme der durch die Säumnis veranlassten Kosten, die die Beklagte zu tragen hat -, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, ein regionales Energieversorgungsunternehmen, versorgte die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft auf der Grundlage des Sondertarifs "Vario" seit dem 1. Mai 2001 leitungsgebunden mit Erdgas. Die dem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten unter anderem folgende Bestimmungen: "§ 1 Geltungsbereich […] 2. […] Die Vorschriften der AVBGasV gelten, soweit diese AGB nichts anderes vorsehen, für Kunden mit Sonderpreiskonditionen bzgl. der Preisangebote "G. -Vario" […] ergänzend. § 2 Vertragsabschluss und Vertragsbeendigung […] 2. Kündigungen haben schriftlich zu erfolgen. 3. Alle notwendigen Erklärungen können elektronisch unter Zuhilfenahme einer digitalen Signatur abgegeben werden, sobald und soweit hierzu gesetzliche Regelungen vorliegen. […]"
2
Nachdem die Klägerin Anfang November 2006 eine zum 1. Januar 2007 geänderte Tarifstruktur im Internet und in der Berliner Tagespresse veröffentlicht hatte, teilte sie der Beklagten - für die nach der neuen Tarifstruktur bei ei- ner Mindestabnahmemenge von 96.000 kWh/Jahr ein Preis von 0,0470 €/kWh galt - mit Schreiben vom 11. November 2006, das inhaltsgleich an eine Vielzahl von Sonderkunden versandt wurde, unter anderem folgendes mit: "Alles wird einfacher - das neue G. -Preissystem Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen für die Erdgasversorgung von Haushaltskunden in Deutschland grundlegend geändert, um für mehr Wettbewerb und bessere Verbraucherrechte zu sorgen. In Folge dieser Gesetzesänderungen müssen wir Ihren Erdgaslieferungsvertrag zu den bisherigen Bedingungen zum 31.12.2006 beenden. Aber keine Sorge, wir versorgen Sie übergangslos ab 01.01.2007 in gewohnter Zuverlässigkeit auf Basis unseres neuen Preisangebots "G. -Komfort", das alle neuen gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt. Sie haben dadurch viele Vorteile: Mit der neu eingeführten "Bestabrechnung" werden Sie immer in der günstigsten G. -Komfort- Preisvariante abgerechnet. Durch die freie Wahl des Zahlungswegs und ohne Mindestvertragslaufzeit bleiben Sie jederzeit flexibel. Was ändert sich am Preis? Zum 01.01.2007 hat der Gesetzgeber eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 % auf 19 % beschlossen. Nur aus diesem Grund zahlen Sie für den G. -Komfort im Vergleich zu Ihrem bisherigen Preisangebot etwas mehr. Mit anderen Worten: Ohne die Mehrwertsteuererhöhung wäre Ihr Preis gleich geblieben. Was müssen Sie jetzt tun? Nichts - Ihre Vertragsumstellung funktioniert automatisch. Sollten Sie uns eine Einzugsermächtigung erteilt haben, werden wir diese weiterhin nutzen. Gibt es noch ein anderes Preisangebot? Ja - der neue "G. -Online" verbindet ein reines Internet-Angebot unseres Online-Services mit einem attraktiven Festpreis. Nach kurzer Registrierung unter www. .de können Sie sich für den G. - Online entscheiden. [… ]. Mit besten Grüßen Ihre G. A. P. H. W. Vorstand Vertrieb und Technik Leiter Handel/Vertrieb"
3
Das Schreiben trägt vor den gedruckten Namen zwei Unterschriften.
4
Die Beklagte bezog ab dem 1. Januar 2007 weiterhin Gas von der Klägerin. Mit Schreiben vom 22. November 2007 teilte sie der Klägerin mit, dass sie mit der Umstellung auf das neue G. -Komfort-Angebot ab 1. Januar 2007 keinesfalls einer - im Übrigen von ihr als unbillig beanstandeten - Preiserhöhung zustimme. In der Folgezeit glich die Beklagte die von der Klägerin geforderten Abschlagszahlungen nicht in voller Höhe aus.
5
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Vertragsverhältnis mit der Beklagten aufgrund des als Änderungskündigung zu wertenden Schreibens vom 11. November 2006 zum 1. Januar 2007 in ein Tarifkundenverhältnis überführt worden sei, da die Beklagte auch nach der Beendigung des Sonderkundenvertrags zum 31. Dezember 2006 weiterhin Gas von ihr bezogen habe. Sie berechnete für den Zeitraum vom 21. April 2010 bis zum 27. April 2011 einen Zah- lungsrückstand der Beklagten in Höhe von insgesamt 4.548,05 €.Hierbei legte sie für den Zeitraum vom 21. April 2010 bis zum 30. September 2010 einen Ar- beitspreis von 0,042 €/kWh und für die Zeiträume vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. Dezember 2010 sowie vom 1. Januar 2011 bis zum 27. April 2011 einen Arbeitspreis von jeweils 0,049 €/kWh zu Grunde.
6
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 4.548,05 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die gegen sie gerichtete erstinstanzliche Verurteilung (nur) in Höhe von 4.144,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiterverfolgt, hat der Senat durch Versäumnisurteil vom 9. November 2016 zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Entscheidungsgründe:

7
Das Versäumnisurteil des Senats ist nach § 555 Abs. 1 Satz 1, § 343 Satz 2 ZPO aufzuheben, da die Revision der Beklagten nach Sachprüfung Erfolg hat.

I.

8
Das Berufungsgericht hat, soweit es das klagezusprechende Urteil des Amtsgerichts gebilligt hat, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die Klage sei in Höhe von 4.144,45 € aus § 433 Abs. 2 BGB begründet. Der ursprünglich zwischen den Parteien bestehende Normsonderkundenvertrag sei durch das Schreiben der Klägerin vom 11. November 2006 wirksam zum 31. Dezember 2006 gekündigt worden. Da es an eine Vielzahl an Kunden gerichtet sei, sei das Schreiben nach seinem erkennbaren Sinn einheitlich auszulegen. Diese aus der Sicht eines objektiven Empfängers vorzunehmende Auslegung ergebe, dass der Wille der Klägerin, den seit dem Jahr 2001 bestehenden (Sonderkunden-)Vertrag zum 31. Dezember 2006 zu beenden, für einen verständigen und redlichen Kunden eindeutig erkennbar sei.
10
Die mit der Regelung des § 2 Nr. 2 der AGB der Klägerin vereinbarte Schriftform sei im Schreiben vom 11. November 2006 eingehalten worden. Denn das Schreiben trage den jeweiligen individuellen Namenszug der in der Unterschriftszeile genannten Personen, die für den Inhalt des Schreibens Verantwortung übernommen hätten. Selbst wenn es sich hierbei nicht um Originalunterschriften , sondern um Vervielfältigungen gehandelt haben sollte, ändere das nichts; auch in diesem Fall sei die Schriftform eingehalten worden. Denn gemäß § 127 Abs. 1 BGB gelte die Vorschrift des § 126 BGB nur im Zweifel. Vorrangig sei die Auslegung, welche Anforderungen die Parteien an die gewählte Schriftform hätten stellen wollen. Diese Auslegung führe zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Parteien für die Wahrung der Schriftform keine eigenhändigen Unterschriften der Vertreter der Klägerin für erforderlich gehalten hätten. Da es für die Kündigung der Klägerin im Massenverkehr mit ihren Kunden ersichtlich darum gegangen sei, die Kündigung eindeutig und endgültig gegenüber den Kunden zu erklären, die Schriftform mithin Dokumentations- und Beweiszwecken habe dienen sollen, führe die Auslegung der Schriftformklausel dazu, dass bei der massenhaften Versendung von Briefen an die Kunden eine eigenhändige Unterschrift der Mitarbeiter der Klägerin nicht erforderlich sei.
11
Das schriftliche Angebot der Klägerin auf Neubegründung eines Gaslieferungsvertrags zum 1. Januar 2007 habe die Beklagte durch den kommentarlosen weiteren Gasbezug von der Klägerin ab diesem Zeitpunkt angenommen. Zu diesem Zeitpunkt habe nach den Tarifbedingungen ein Arbeitspreis von 0,047 €/kWh gegolten, der zum vereinbarten Preis geworden sei und an dem sich die Klägerin auch für den streitgegenständlichen Zeitraum festhalten lassen müsse. Denn unabhängig davon, ob das Vertragsverhältnis ab 1. Januar 2007 als Sonderkundenvertrag oder Tarifkundenvertrag einzuordnen sei, stehe der Klägerin kein Preiserhöhungsrecht zu, da § 5 GasGVV wegen Intransparenz ein Preiserhöhungsrecht nicht mehr entnommen werden könne. Eine Billigkeitsüberprüfung dieses Preises finde nicht mehr statt, da es sich um einen vereinbarten Preis handele. Soweit die Klägerin zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums (21. April 2010 bis 27. April 2011) für einige Monate (21. April 2010 bis 30. September 2010) nur einen - gegenüber dem vereinbarten Preis von 0,047 €/kWh - geringeren Arbeitspreis von 0,042 €/kWh verlangt habe , gelte allerdings zugunsten der Beklagten dieser niedrigere Preis. Im sich daran anschließenden Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 27. April 2011 stehe der Klägerin in Ermangelung eines Preisänderungsrechts zwar nicht der verlangte Arbeitspreis von 0,049 €/kWh zu; die Klägerin habe aber in diesem Zeitraum den zu Vertragsbeginn vereinbarten Preis von 0,047€/kWh verlangen dürfen, denn insoweit stelle sich ihre Forderung nicht als Preiserhöhung, sondern als Wiedergeltendmachung des vereinbarten Preises dar.

II.

12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass der zwischen den Parteien bestehende Sonderkundenvertrag durch die Kündigung der Klägerin vom 11. November 2006 zum 31. Dezember 2006 beendet und zum 1. Januar 2007 ein Grundversorgungsvertrag geschlossen wurde. Von Rechtsirrtum beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe, nachdem sie den Arbeitspreis für Gaslieferungen zwischenzeitlich auf 0,042 €/kWh abgesenkt hatte, auch ohne ein ihr zustehendes Preisänderungsrecht danach wieder auf den zu Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreis von 0,047 €/kWh zurückkehren dürfen.
13
1. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen sind vom Senat in dem dasselbe Rechtsverhältnis der Parteien betreffenden Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, NJW 2016, 3713), das den Lieferzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 20. April 2010 zum Gegenstand hatte, entschieden worden. Diese Rechtsauffassung hat der Senat mit dem einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Urteil vom 9. November 2016 (VIII ZR 246/15, NJW-RR 2017, 432) bestätigt. Hieran hält der Senat fest.
14
a) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006, die der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
15
Das Berufungsgericht hat dem Schreiben vom 11. November 2006 rechtsfehlerfrei den für einen verständigen und redlichen Kunden erkennbaren Willen der Klägerin zur Kündigung des Sonderkundenvertrags mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 entnommen (vgl. Senatsurteile vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO Rn. 17 ff.; vom 9. November 2016 - VIII ZR 246/15, aaO Rn. 15). Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen Kündigungswillen fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts in seine Betrachtung einbezogen, jedenfalls aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben gezogen, trifft dies aus den vom Senat im Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO) angeführten Gründen nicht zu.
16
b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Schreiben der Klägerin vom 11. November 2006 die nach § 2 Abs. 2, 3 der von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für eine wirksame Kündigung einzuhaltende Schriftform auch wahrt, wenn es sich - wovon revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten auszugehen ist - bei den Unterschriften der Verantwortlichen der Klägerin nicht um Originale handelt. Auch insoweit wird auf das Senatsurteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO Rn. 23 ff.) verwiesen, in dem sich der Senat mit den gegen diese Beurteilung gerichteten Argumenten der Revision, die im Streitfall in gleicher Weise vorgebracht werden, im Einzelnen auseinandergesetzt hat.
17
c) Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen , dass zwischen den Parteien auch nach der am 31. Dezember 2006 erfolgten Beendigung des Sonderkundenvertrags ein Gasversorgungsvertrag bestand, der die Grundlage der vom Berufungsgericht angenommenen Zahlungsverpflichtung der Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum darstellt. Denn wie der Senat im Urteil vom 27. April 2016 ausgeführt hat (VIII ZR 46/15, aaO Rn. 30), hat die Beklagte, indem sie von der Klägerin ab dem 1. Januar 2007 weiter Gas bezog, das für sie als solches erkennbare Angebot der Klägerin, sie zu dem G. -Komfort-Tarif zu versorgen, durch schlüssiges Verhalten angenommen. Damit ist zwischen den Parteien ab dem 1. Januar 2007 ein Tarifkundenverhältnis begründet und der zu Vertragsbeginn geltende Preis von 0,047 €/kWh zum vereinbarten Preis geworden, der einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO; vom 9. November 2016 - VIII ZR 246/15, aaO Rn. 17; jeweils mwN).
18
2. Hinsichtlich des Lieferzeitraums vom 1. Oktober 2010 bis zum 27. April 2011 ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, soweit es die Höhe des mit der Klage verlangten Lieferentgelts anbetrifft, indes nicht frei von Rechtsfehlern.
19
a) Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass sich die Klägerin bei ihrer zum 1. Oktober 2010 vorgenommenen Preiserhöhung von 0,042 €/kWh auf 0,049 €/kWh nicht auf § 5 Abs. 2 GasGVV in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391; im Folgenden GasGVV aF) stützen konnte. Denn dieser Vorschrift kann, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, ein Preisänderungsrecht des Gasgrundversorgers nicht (mehr) entnommen werden (grundlegend: Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 33; VIII ZR 13/12, juris Rn. 35; siehe ferner: Senatsurteile vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 208/12, EnWZ 2016, 166 Rn. 14; vom 6. April 2016 - VIII ZR 236/10, NJW-RR 2016, 1190 Rn. 21).
20
b) Wie der Senat in diesen Urteilen weiter entschieden hat, steht dem Gasversorger in der Grundversorgung von Haushaltskunden bei - wie auch hier - auf unbestimmte Dauer angelegten Lieferungsverträgen ein Preisänderungsrecht (nur) in engen Grenzen zu. Denn aus der gebotenen und an dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichtenden ergänzenden Auslegung (§§ 157, 133 BGB) eines auf unbestimmte Dauer an- gelegten Energielieferungsvertrags ergibt sich, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und er verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der nach dieser Maßgabe berechtigterweise erhöhte Preis wird zum vereinbarten Preis (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 71, 80, 84, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 73, 82, 86; vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 208/12, aaO Rn. 22 f.; siehe ferner auch: Senatsurteile vom 6. April 2016 - VIII ZR 71/10, NJW 2016, 3589 Rn. 15, und VIII ZR 324/12, juris Rn. 19). Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe von (Bezugs )Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung eines (zusätzlichen) Gewinns dienen, werden von dem Preisänderungsrecht hingegen nicht erfasst (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 85, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 87).
21
c) Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen geht das Berufungsgericht zu Unrecht davon aus, die Klägerin habe ab 1. Oktober 2010 für den Rest des streitgegenständlichen Zeitraums jedenfalls den zu Vertragsbeginn vereinbarten Preis von 0,047 €/kWh verlangen dürfen. Die Revision rügt vielmehr zu Recht, dass es für eine vom Berufungsgericht ohne nähere Begründung angenommene "Wiedergeltendmachung" des zu Vertragsbeginn vereinbarten Preises ab 1. Oktober 2010 an einer Rechtsgrundlage fehlt. Vielmehr kann ein Energieversorger, der den Arbeitspreis in der Grundversorgung unter den zuvor geltenden Preis absenkt, eine Erhöhung dieses (abgesenkten) Preises nur unter Wahrung der oben beschriebenen Voraussetzungen verlangen (vgl. Senatsurteil vom 9. November 2016 - VIII ZR 246/15, aaO Rn. 21).
22
d) Dies bedeutet für den Streitfall Folgendes:
23
Zu Beginn des hier streitgegenständlichen Lieferzeitraums vom 21. April 2010 bis zum 27. April 2011 galt für G. -Komfort-Kunden aufgrund einer vorher in der Tagespresse angekündigten und am 1. April 2009 erfolgten Preissenkung ein unter dem zu Vertragsbeginn (1. Januar 2007) vereinbartenPreis (0,047 €/kWh) liegender Arbeitspreis von 0,042 €/kWh, den die Klägerin gegen- über der Beklagten auch bis zum 30. September 2010 abrechnete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
24
Anders liegt es jedoch bei dem weiteren Zeitraum ab dem 1. Oktober 2010, für den das Berufungsgericht der Klägerin einen Arbeitspreis von 0,047 €/kWh zugebilligt hat, weil es darin- zu Unrecht - eine Preiserhöhung nicht gesehen hat. Feststellungen dazu, ob eine Erhöhung von 0,042 €/kWh auf 0,047 €/kWh nach den obendargestellten - nach Erlass des Berufungsurteils entwickelten - Grundsätzen des Senats berechtigt war, hat das Berufungsgericht dementsprechend nicht getroffen. Dies wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - nachzuholen sein.
25
3. Soweit die Revision - ohne nähere Begründung - meint, dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) sei das Verfahren gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Vorabentscheidung über die Frage vorzulegen, "ob Zusatzgewinne des Versorgers aufgrund des sogenannten Preissockels mit dem Recht des Kunden auf Energie zu einem günstigen beziehungsweise angemessenen Preis kollidieren (§ 1 EnWG; Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2003/55 i.V.m. dem Anhang A lit. g; Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73 i.V.m. dem Anhang A lit. g) und ob die Parteien gesetzwidrige Preisregelungen vereinbaren können, die zur Bereicherung des Versorgers führen und aus seiner Sicht dieser Bereicherung dienen, hilfsweise das Verfahren in analoger Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen, bis die EU-Kommission in dem Verfahren CHAP 201401145 die Frage beantwortet hat, ob Zusatzgewinne des Versorgers aufgrund des sogenannten Preissockels mit dem Recht des Kunden auf Energie zu einem günstigen beziehungsweise angemessenen Preis kollidieren (§ 1 EnWG; Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2003/55 i.V.m. dem Anhang A lit. g; Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73 i.V.m. dem Anhang A lit. g)", vermag die Revision bezüglich der von ihr angestrebten Überprüfung des sogenannten Preissockels weder in ihren schriftsätzlichen Ausführungen noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einen Anknüpfungspunkt in Bestimmungen der von ihr genannten Richtlinien zu benennen oder gar eine konkrete vom Gerichtshof zu beantwortende Frage zur Auslegung bestimmter Vorschriften dieser Richtlinien zu formulieren. Ein solcher Anknüpfungspunkt ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen hat das Berufungsgericht Feststellungen zu "Zusatzgewinnen aufgrund des sogenannten Preissockels" nicht getroffen; übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.
26
Auch besteht kein Anlass, das Verfahren in analoger Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen, bis der Gerichtshof "die ihm durch den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Lingen vom 21. Juni 2018 (4 C 1/18) gestellten Fragen" beantwortet hat. Soweit das Amtsgericht Lingen in der Ziffer 1 des Tenors seines Vorlagebeschlusses die Rechtsprechung des Senats zur ergänzenden Vertragsauslegung eines Tarifkundenvertrags (Senatsurteile vom 28. Oktober

2015

- VIII ZR 158/11, aaO Rn. 66 ff.; VIII ZR 13/12, aaO Rn. 68 ff.) zum Gegenstand einer Vorlagefrage macht, wird auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 6. April 2016 (VIII ZR 71/10, aaO Rn. 37 ff.) verwiesen. Soweit der Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Lingen die Frage der direkten Anwendung der von der Revision herangezogenen Richtlinien zum Gegenstand hat, fehlt es jedenfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Klägerin ein
"kommunales Unternehmen" wäre, auf das die Richtlinien direkt anwendbar sein könnte (vgl. hierzu Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 63 f., und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 65 f.; vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 208/12, aaO Rn. 21, und VIII ZR 236/12, EnWZ 2016, 224 Rn. 21). Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision auch hier nicht auf.

III.

27
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da eine abschließende Endscheidung nicht in Betracht kommt, ist die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Dr. Schmidt
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 10.04.2013 - 215 C 173/12 -
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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2015 - VIII ZR 208/12

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 208/12 Verkündet am: 9. Dezember 2015 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:091215UVIIIZR208.12.0 D

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Okt. 2015 - VIII ZR 158/11

bei uns veröffentlicht am 28.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 158/11 Verkündet am: 28. Oktober 2015 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BG

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Okt. 2015 - VIII ZR 13/12

bei uns veröffentlicht am 28.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 13/12 Verkündet am: 28. Oktober 2015 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2018 - VIII ZR 336/18.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2020 - VIII ZR 385/18

bei uns veröffentlicht am 29.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 385/18 Verkündet am: 29. Januar 2020 Reiter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2020 - VIII ZR 80/18

bei uns veröffentlicht am 29.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 80/18 Verkündet am: 29. Januar 2020 Reiter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2020 - VIII ZR 75/19

bei uns veröffentlicht am 29.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 75/19 Verkündet am: 29. Januar 2020 Reiter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Referenzen

(1) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(2) Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.

(3) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

(1) Die Vorschriften des § 126, des § 126a oder des § 126b gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form.

(2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.

(3) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten elektronischen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, auch eine andere als die in § 126a bestimmte elektronische Signatur und bei einem Vertrag der Austausch von Angebots- und Annahmeerklärung, die jeweils mit einer elektronischen Signatur versehen sind. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126a entsprechende elektronische Signierung oder, wenn diese einer der Parteien nicht möglich ist, eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.

(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.

(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.

17
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006 ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
15
Das Berufungsgericht hat dem Schreiben vom 11. November 2006 rechtsfehlerfrei den für einen verständigen und redlichen Kunden der Klägerin erkennbaren Willen zur Kündigung des Sonderkundenvertrags mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 entnommen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO Rn. 17 ff.). Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen Kündigungswillen fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts in die Betrachtung einbezogen, jedenfalls aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben gezogen, trifft dies aus den vom Senat im Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO) angeführten Gründen nicht zu.
17
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006 ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
15
Das Berufungsgericht hat dem Schreiben vom 11. November 2006 rechtsfehlerfrei den für einen verständigen und redlichen Kunden der Klägerin erkennbaren Willen zur Kündigung des Sonderkundenvertrags mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 entnommen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO Rn. 17 ff.). Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen Kündigungswillen fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts in die Betrachtung einbezogen, jedenfalls aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben gezogen, trifft dies aus den vom Senat im Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO) angeführten Gründen nicht zu.
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1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006 ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

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1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006 ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
15
Das Berufungsgericht hat dem Schreiben vom 11. November 2006 rechtsfehlerfrei den für einen verständigen und redlichen Kunden der Klägerin erkennbaren Willen zur Kündigung des Sonderkundenvertrags mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 entnommen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO Rn. 17 ff.). Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen Kündigungswillen fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts in die Betrachtung einbezogen, jedenfalls aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben gezogen, trifft dies aus den vom Senat im Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO) angeführten Gründen nicht zu.

(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.

(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.

(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.

33
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
35
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
14
Das Berufungsgericht hat den Gaslieferungsvertrag der Parteien zwar zutreffend als Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) angesehen. Auch war die Klägerin - anders als der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen hat - nicht schon gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV beziehungsweise seit dem 8. November 2006 - gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2931; im Folgenden: GasGVV aF) zu einer Erhöhung des Arbeitspreises berechtigt. Denn diesen Vorschriften kann, wie der Senat in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 (VIII ZR 158/11, ZIP 2015, 2226 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt], und VIII ZR 13/12, juris) im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11, C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) entschieden hat, ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Energieversorgers jedenfalls für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 nicht (mehr) entnommen werden.
21
(1) Denn wie der Senat in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 (VIII ZR 158/11, aaO Rn. 21 ff., insbesondere Rn. 33, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 23 ff., insbesondere Rn. 35; bestätigt durch Senatsurteile vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 208/12, aaO Rn. 14, 18, VIII ZR 236/12, aaO Rn. 14, 18, und VIII ZR 330/12, aaO Rn. 21) - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, kann an der vorbezeichneten Rechtsprechung nach dem auf Vorlage des Senats ergangenen Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, aaO - Schulz und Egbringhoff) für die - hier maßgebliche - Zeit ab dem 1. Juli 2004 - dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Gas-Richtlinie 2003/55/EG - nicht festgehalten werden, da die genannten Vorschriften der Gasgrundversorgungsverordnungen nicht mit den Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie 2003/55/EG vereinbar sind.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

33
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
35
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
14
Das Berufungsgericht hat den Gaslieferungsvertrag der Parteien zwar zutreffend als Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) angesehen. Auch war die Klägerin - anders als der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen hat - nicht schon gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV beziehungsweise seit dem 8. November 2006 - gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2931; im Folgenden: GasGVV aF) zu einer Erhöhung des Arbeitspreises berechtigt. Denn diesen Vorschriften kann, wie der Senat in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 (VIII ZR 158/11, ZIP 2015, 2226 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt], und VIII ZR 13/12, juris) im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11, C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) entschieden hat, ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Energieversorgers jedenfalls für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 nicht (mehr) entnommen werden.
15
Jedoch ergibt sich nach den vom Senat in den beiden vorbezeichneten Urteilen vom 28. Oktober 2015 entwickelten Grundsätzen aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Gaslieferungsvertrages der Parteien, dass die Klägerin berechtigt ist, Steigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Laufzeit des Vertrages an die Beklagte weiterzugeben, und dass sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und die wirksame Ausübung dieses Preisänderungsrechts an keine weiteren als an die in den Gasversorgungsverordnungen genannten Voraussetzungen geknüpft ist (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 66 ff., 83, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 68 ff., 85).
19
a) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in den Urteilen vom 28. Oktober 2015 (VIII ZR 158/11, aaO Rn. 66 ff., und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 68 ff.) für Gaslieferungsverträge entschieden hat, steht dem Gasversorger in der Grundversorgung von Haushaltskunden bei - wie hier - auf unbestimmte Dauer angelegten Lieferungsverträgen ein Preisänderungsrecht (nur) in engen Grenzen zu. Denn aus der gebotenen und an dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichtenden ergänzenden Auslegung (§§ 157, 133 BGB) eines auf unbestimmte Dauer angelegten Energielieferungsvertrags ergibt sich, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und er verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der nach dieser Maßgabe berechtigterweise erhöhte Preis wird zum vereinbarten Preis (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 84, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 86; vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 236/12, aaO, und VIII ZR 208/12, aaO; jeweils Rn. 22 f.). Anders als es das Berufungsgericht offenbar annimmt, werden von dem Preisänderungsrecht Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung eines (zusätzlichen) Gewinns dienen, nicht erfasst (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 85, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 87).
33
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
35
c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
15
Das Berufungsgericht hat dem Schreiben vom 11. November 2006 rechtsfehlerfrei den für einen verständigen und redlichen Kunden der Klägerin erkennbaren Willen zur Kündigung des Sonderkundenvertrags mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 entnommen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 46/15, aaO Rn. 17 ff.). Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen Kündigungswillen fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts in die Betrachtung einbezogen, jedenfalls aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben gezogen, trifft dies aus den vom Senat im Urteil vom 27. April 2016 (VIII ZR 46/15, aaO) angeführten Gründen nicht zu.

(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.

(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.

(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.

(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,

1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken,
2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen,
3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und
4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.

(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.

(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.

(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,

1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken,
2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen,
3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und
4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

15
Jedoch ergibt sich nach den vom Senat in den beiden vorbezeichneten Urteilen vom 28. Oktober 2015 entwickelten Grundsätzen aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Gaslieferungsvertrages der Parteien, dass die Klägerin berechtigt ist, Steigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Laufzeit des Vertrages an die Beklagte weiterzugeben, und dass sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und die wirksame Ausübung dieses Preisänderungsrechts an keine weiteren als an die in den Gasversorgungsverordnungen genannten Voraussetzungen geknüpft ist (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 66 ff., 83, und VIII ZR 13/12, aaO Rn. 68 ff., 85).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.