Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2000 - VII ZR 82/98
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt den beklagten Ingenieur auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Planung eines Wintergartens und unzureichender Bauaufsicht in Anspruch. Der Kläger ließ ab 1985 an sein Haus einen Wintergarten anbauen. Er beauftragte den Beklagten mit der Erstellung der Statik. Inwieweit der Beklagte darüber hinaus beauftragt war, ist streitig.Nach Fertigstellung des Wintergartens im Jahr 1986 zeigten sich alsbald Mängel. Im Traufbereich drang wiederholt Wasser ein. Bis zum Jahr 1994 kam es zu mehreren Mängelrügen, die der Beklagte für den Kläger gegenüber den an der Ausführung beteiligten Unternehmen schriftlich erhob. Diese versuchten daraufhin erfolglos, die Mängel nachzubessern. Dem Kläger wurde 1994 mitgeteilt , daß das ausführende Unternehmen nicht mehr existiere. Im Jahr 1995 war die Holzkonstruktion teilweise verfault. Der Kläger ließ den Wintergarten sanieren. Danach gab er ein Privatgutachten zur Schadensursache in Auftrag, das zum Ergebnis kam, daß eine Fehlkonstruktion vorliege, weil die schrägen Glasscheiben im Traufbereich nicht über die senkrechten Scheiben hinausragend ausgeführt worden seien. Auf der Grundlage dieses Gutachtens verlangt der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen der für die Mängelbeseitigung und die Begutachtung aufgewandten Kosten in Höhe von 106.538,53 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er seinen Klagantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.I.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich eine Haftung des Beklagten für die mangelbedingten Schäden nicht aus fehlerhafter Planung der Traufenkonstruktion. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Kläger habe nicht bewiesen, daß er den Beklagten über die Statik hinaus mit weiteren Planungsleistungen beauftragt habe. 2. Die gegen diese tatrichterliche Feststellung und Würdigung erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).II.
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht auch eine Haftung des Beklagten nach § 635 BGB wegen verletzter Bauaufsichtspflicht ablehnt. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe die Bauleitung nicht nur in Bezug auf die Statik, sondern umfassend übernommen. Ein im Rahmen der Bauüberwachung festzustellender Mangel verpflichte den Architekten, den Unternehmer zur Mangelbeseitigung aufzufordern, notfalls unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung. Diese Verpflichtung habe der Beklagte erfüllt. Daß er sich damit möglicherweise in Verzug befunden habe , führe nicht zur Haftung. Allein der Kläger habe die Entscheidung treffen müssen, den ausführenden Unternehmer zur endgültigen Schadensbeseitigung bzw. zum Schadensersatz heranzuziehen. Der Beklagte habe dem Kläger ge-raten, einen Gutachter einzuschalten. Wenn der Kläger diesem Rat schon im Jahr 1992 gefolgt wäre, dann hätte er den Unternehmer veranlassen können, die Glasscheiben auszuwechseln. Statt dessen habe der Kläger zugewartet und erst im Jahr 1994 erfolgreich die Feststellung der Mangelursache veranlaßt. Eine zusätzliche frühere Rüge hätte nach allem am Geschehensablauf nichts geändert. 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Auszugehen ist von der Feststellung des Berufungsgerichts, wonach der Kläger den Beklagten mit der uneingeschränkten Bauaufsicht beauftragt hat.
b) Diese Pflicht zur Bauüberwachung hat der Beklagte verletzt. Er haftet deshalb nach § 635 BGB für die Schäden, die dem Kläger infolge der pflichtwidrig nicht verhinderten Mängel der Dachkonstruktion im Traufenbereich entstanden sind. Mit seiner gegenteiligen Auffassung verkennt das Berufungsgericht die Reichweite der Bauüberwachungspflicht. Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt , hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, daß der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Er muß die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist er zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1994 - VII ZR 20/93, BauR 1994, 392, 393 = ZfBR 1994, 131 m.w.N.). Das gilt in besonderem Maße dann, wenn das Bauwerk nicht nach einer eigenen Planung
des Auftragnehmers, sondern nach den Vorgaben eines Dritten ausgeführt wird (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 7. Aufl., § 15 Rdn. 203). Demnach war der Beklagte verpflichtet, die Traufe des Glasdachs, die ein besonders schadensträchtiges Detail darstellt, bereits während ihrer Ausführung im Jahr 1986 daraufhin zu überprüfen, ob sie einen ausreichenden Schutz gegen eindringendes Wasser bewirken konnte. Für das Revisionsverfahren ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts der Vortrag des Klägers zu unterstellen, daß das Glasdach im Traufbereich fehlerhaft ausgeführt war. Das hätte der Beklagte bei fachgerechter Überprüfung schon während der Errichtung des Wintergartens erkennen müssen. Er hätte alsdann den Unternehmer zur fehlerfreien Ausführung der Dachkonstruktion veranlassen müssen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß der Beklagte diese Überprüfung pflichtwidrig versäumt hat.
c) Auf die Frage, ob es der Beklagte auch nach dem Auftreten des Wassereintritts und den entsprechenden Beanstandungen des Klägers vertragswidrig versäumt hat, die Mängelursachen hinreichend festzustellen und geeignete Maßnahmen zur Mängelbeseitigung zu veranlassen, kommt es nicht an. 3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 563 ZPO), weil die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift. Der Ablauf der Verjährungsfrist von 5 Jahren (§ 638 BGB) kann nicht festgestellt werden. Die Verjährungsfrist für die gegen einen Architekten oder Ingenieur gerichteten Gewährleistungsansprüche beginnt erst mit Abnahme seiner Werkleistung oder mit der abnahmereifen Herstellung sämtlicher geschuldeter Leistungen einschließlich einer etwa vereinbarten Objektbetreuung
während der Gewährleistungszeit zu laufen (BGH, Urteil vom 10. Februar 1994 - VII ZR 20/93, BGHZ 125, 111 = BauR 1994, 392, 393 = ZfBR 1994, 131; Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 190/97, BauR 1999, 934 = NJW 1999, 2112 = ZfBR 1999, 202). Die dazu erforderlichen Feststellungen sind nicht getroffen. Im übrigen wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger auf die Möglichkeit eines Anspruchs wegen fehlerhafter Bauaufsicht hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1996 - VII ZR 85/95, BauR 1996, 418 = NJW 1996, 1278 = ZfBR 1996, 155).
Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt
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(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.
(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.