vorgehend
Landgericht Stuttgart, 34 O 17/08, 23.05.2008
Oberlandesgericht Stuttgart, 10 U 97/08, 24.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 255/08 Verkündet am:
10. September 2009
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, Fb, 157 C, Ge, Hb
Belässt es der Bieter in einem vergaberechtlichen Verhandlungsverfahren nach
§ 3 b Nr. 1 c) VOB/A im Rahmen von Verhandlungen mit dem Auftraggeber über die
durch eine Zuschlagsverzögerung bedingte Anpassung seines Angebots hinsichtlich
der Bauzeit bei der Ankündigung von verzögerungsbedingten Mehrvergütungsansprüchen
, so ist eine tatrichterliche Auslegung nicht zu beanstanden, die darin lediglich
den Vorbehalt der Durchsetzung möglicher vertraglicher Ansprüche, nicht jedoch
eine Abstandnahme von dem abgegebenen Angebot sieht.
BGB § 313; VOB/B § 2 Nr. 5
Vertragliche Ansprüche können bei einer solchen Auslegung ausgeschlossen sein,
wenn der Bieter die bestehende Möglichkeit nicht genutzt hat, den Abschluss des
Vertrages von einer Anpassung des Preises für die durch die Bauzeitverschiebung
entstandenen Mehrkosten abhängig zu machen.
BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 255/08 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. August 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Kuffer, Bauner, Dr. Eick und Leupertz

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. November 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht aus einem Bauvertrag mit der Beklagten Mehrkosten für Stahl geltend, die durch eine Verschiebung der Bauzeit infolge einer Zuschlagsverzögerung eingetreten sein sollen.
2
Die Beklagte beauftragte die ARGE N.U. nach Durchführung eines Vergabeverfahrens mit Bauleistungen im Zusammenhang mit der Tieferlegung von Bahnanlagen in N.-U. Die ARGE, die im Vergabeverfahren als Bietergemeinschaft aufgetreten war, bestand ursprünglich aus der Klägerin und der M. GmbH & Co. KG. Nach Beginn der Bauarbeiten schied die M. GmbH & Co. KG aus der ARGE aus.
3
Die Bauleistungen wurden im August 2003 europaweit im Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A ausgeschrieben. Nach den Vorgaben der Beklagten in einer der Bietergemeinschaft (im Folgenden: Klägerin) übersandten Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 8. August 2003 endete die Zuschlags - und Bindefrist am 19. März 2004; die voraussichtliche Ausführungszeit sollte im Winter 2003/2004 beginnen und im Sommer 2007 enden. Zugleich mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe erhielt die Klägerin die Vergabeunterlagen , zu denen die Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten gehören. Dort sind unter Ziffer 9. lit. a) als Termin für den Beginn der Arbeiten auf der Baustelle der 24. November 2003 und als Fertigstellungstermin der 24. Oktober 2007 angegeben. Auf dieser Grundlage gab die Klägerin am 1. Oktober 2003 ein erstes Angebot mit einer nach den Vergabeunterlagen vorgesehenen Bindefrist von sechs Monaten ab.
4
In einem Aufklärungsgespräch am 11. November 2003 legten die Parteien unter anderem fest, dass die angebotenen Preise als Festpreise bis zum Bauzeitende gelten sollten. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die vorbereitenden Arbeiten nach Vergabe zum 12. Dezember 2003, die eigentlichen Bauarbeiten Anfang Januar 2004 beginnen und am 13. November 2007 fertiggestellt sein sollten. Mit Rücksicht auf die Ergebnisse dieses Aufklärungsgesprächs gab die Klägerin unter dem 19. November 2003 ein modifiziertes Angebot ab und unterbreitete der Beklagten nach einem weiteren Aufklärungsgespräch am 28. November 2003 unter dem 4. Dezember 2003 ein abermals überarbeitetes Angebot. Änderungen betreffend die Bauzeit und die hier interessierenden Baupreise enthielten diese Angebote nicht. In einem dritten Aufklärungsgespräch am 22. Dezember 2003 legten die Parteien als Ausführungs -/Planungsbeginn den 17. Dezember 2003 und für den Baubeginn auf der Baustelle den 19. Januar 2004 fest. Darüber hinaus sollte dem Bieter ein entsprechend überarbeiteter Bauablaufplan übergeben werden.
5
Wegen eines von einem Mitbieter eingeleiteten vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens verzögerte sich der für Dezember 2003 vorgesehene Zuschlag. Deshalb verabredeten die Parteien nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in einer Besprechung am 2. März 2004 einen neuen Bauablaufplan, mit dem u.a. der Vertragstermin für den Beginn der Bauleistung auf der Baustelle auf den 15. März 2004 verschoben wurde. Demgegenüber sollte die bereits nach den Vereinbarungen vom 11. November 2003 am 13. November 2007 endende Vertragsfrist für die Fertigstellung der Bauleistungen durch eine Änderung und Optimierung des Bauablaufs eingehalten werden. Für den durch die Verschiebung der Bauzeit und die Optimierung des Bauablaufs bedingten Mehraufwand (ausgenommen bauablaufbedingte Massenänderungen und Mehrkosten für zusätzliche Maßnahmen der Wasserhaltung) versprach die Beklagte der Klägerin eine Zusatzvergütung von pauschal 250.000 €. Abschließend sind im Verhandlungsprotokoll unter Ziffer 4. folgende Erklärungen der Parteien wiedergegeben: "Die ARGE macht darauf aufmerksam, dass durch die verzögerte Vergabe im Hinblick auf den ursprünglich vorgesehenen Baubeginn eine erhebliche Preiserhöhung im Bereich der Materialkosten Stahl eingetreten ist und kündigt hieraus resultierende Mehrkosten an. Der AG weist diese Mehrkostenforderung mit Blick auf die Preisbindung aus dem Angebot des AN zurück."
6
Unter dem 8. März 2004 erteilt die Beklagte der ARGE auf der Grundlage der Angebote vom 1. Oktober 2003, 19. November 2003 und 4. Dezember 2003 sowie ihrer Vertragsbedingungen den Auftrag zur Ausführung der ausgeschriebenen Bauleistungen zu einem Gesamtnettopreis von 65.478.318,94 €. Dem Auftragsschreiben beigefügt waren u.a. die Protokolle über die oben genannten Aufklärungs-/Vergabegespräche, die zudem nach den Unterschriften der Repräsentanten der Beklagten auf Seite 3 des Auftragsschreibens gesondert als "Anhänge" aufgeführt sind. Mit Schreiben vom 18. März 2004 erklärte die Klägerin ihr "Einverständnis mit dem Inhalt des Auftragsschreibens nebst Anlagen und Anhängen sowie der Angebote vom 01.10.03, 19.11.03 und 04.12.03."
7
Die Klägerin macht eine in ihrer Abschlagsrechnung Nr. 33 vom 4. September 2007 als Nachtrag ausgewiesene Mehrvergütung in Höhe von 3.805.462,30 € geltend, die sie mit einer explosionsartigen Erhöhung der Stahlpreise in der Zeit zwischen dem ursprünglich festgelegten und dem tatsächlichen Baubeginn begründet. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klageanliegen weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist nicht begründet.

I.

9
Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Mehrvergütungsanspruch für Stahlpreiserhöhungen nicht für gerechtfertigt erachtet. Die Klägerin sei an die von ihr angebotenen Preise gebunden, weil sie die von der Beklagten in der Ausschreibung vorgesehene Bindefrist von sechs Monaten durch ihre entsprechenden Erklärungen im Angebot vom 1. Oktober 2003 wirksam akzeptiert habe. Allerdings sei die Angebotsbindung in dem von der Beklagten gewählten Verhandlungsverfahren dadurch eingeschränkt gewesen , dass die Parteien entsprechend dem Sinn und Zweck dieses Verfahrens über den Inhalt jenes Angebots verhandelt und dieses mehrfach abgeändert und ergänzt hätten. Der darin zu Tage tretende Widerspruch zwischen Angebotsbindung und Verhandlungsverfahren sei dadurch aufzulösen, dass die Be- klagte als Auftraggeber gemäß dem Ergebnis der Verhandlungen und nach ihren Vorgaben auf die Bindung hinsichtlich einzelner Punkte des Angebots verzichtet und die Klägerin im Rahmen dieses Verzichts von der ihr so eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, ihr Angebot zu modifizieren.
10
Der Vertrag zwischen der Beklagten und der ARGE sei durch das Auftragsschreiben der Beklagten vom 8. März 2004 mit dem sich aus den Angeboten der Klägerin vom 1. Oktober, 19. November und 4. Dezember 2003 sowie aus dem protokollierten Ergebnis der Besprechung vom 2. März 2004 ergebenden Inhalt zustande gekommen. Gegenstand dieser rechtsgeschäftlichen Einigung seien demnach die von der Klägerin in ihren Angeboten genannten Preise und die in der Besprechung am 2. März 2004 getroffenen Abreden zum Bauablauf und zur Bauzeit.
11
Aus den unter Ziffer 4. des Verhandlungsprotokolls über die Besprechung am 2. März 2004 niedergelegten Erklärungen könne die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die im Verlauf der Besprechung getroffenen Vereinbarungen zu einem geänderten Bauablauf nebst Entschädigung und zur Bauzeit seien zu einem Teil ihres Vertragsangebots geworden, welches sie nicht von einer Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von Mehrkosten für Stahl abhängig gemacht habe. Hinsichtlich der Materialkosten für Stahl sei sie an ihr ursprüngliches Angebot gebunden gewesen, weil die Beklagte einer Erstattung dieser Mehrkosten ausdrücklich widersprochen und deshalb insoweit nicht auf die Bindungswirkung verzichtet habe.
12
Eine Erstattung der geltend gemachten Mehrvergütung für erhöhte Stahlpreise könne die Klägerin grundsätzlich nur kraft rechtsgeschäftlicher Einigung mit der Beklagten beanspruchen. Zu einer solchen Einigung sei es mit Rücksicht auf den Widerspruch der Beklagten gegen die von der Klägerin angekündigten Mehrforderungen nicht gekommen. Weil die Klägerin nicht ver- pflichtet gewesen sei, ihr Angebot hinsichtlich Bauablauf und -zeit ohne Berücksichtigung ausreichend bestimmter Mehrkosten für Stahl zu modifizieren, sei es ihr eigenes Verhandlungsversäumnis gewesen, keine Zustimmung der Beklagten zur Vergütung preissteigerungsbedingter Mehrkosten erwirkt zu haben. Für die Folgen dieses Versäumnisses habe die Beklagte nicht einzustehen.
13
Auch die Verhandlungen und Gespräche, welche die Parteien nach dem Vertragsschluss über die Stahlpreiserhöhungen geführt hätten, hätten nicht zu einer Abänderung des geschlossenen Vertrages geführt. Ebenso wenig sei aus dem vorgetragenen Inhalt dieser Gespräche der Schluss zu ziehen, dass die Parteien beim Vertragsschluss übereinstimmend die Stahlpreise ausgeklammert hätten. Vielmehr habe es sich insoweit um Nachverhandlungen über bereits vertraglich festgelegte Preise gehandelt, die durch die zwischen den Parteien streitige Zweifelsfrage hinsichtlich des Umfangs der Bindungswirkung des Angebots motiviert gewesen seien.
14
Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B stehe der Klägerin nicht zu, weil keine nach Vertragsschluss eingetretene Änderung der Preisgrundlagen vorliege. Insbesondere sei der Vertrag mit den tatsächlich für die Bauausführung maßgeblichen Ausführungsfristen geschlossen worden. Auch eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB sei vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, weil die Parteien den Vertrag mit dem festgestellten Inhalt in Kenntnis der Stahlpreiserhöhungen geschlossen hätten.
15
Schließlich rechtfertige sich die Klageforderung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung durch die Vorgabe einer überlangen Bindefrist von Seiten der Beklagten. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr sei durch das Verlangen einer über den ursprünglichen Termin für den Baubeginn hinausgehenden Bindefrist unter Verstoß gegen § 9 Abs. 2 VOB/A ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt worden. Denn die Klägerin habe die lange Bindefrist gekannt und sich in ihrem Angebot zu eigen gemacht.

II.

16
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
17
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Bezahlung der geltend gemachten Mehrkosten für Stahl nicht zu. Diese Mehrkosten sind von den vertraglichen Preisabsprachen der Parteien nicht umfasst (dazu unten 1.). Die Voraussetzungen für eine Anpassung der Vertragspreise liegen nicht vor (dazu unten 2.).
18
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Vertrag durch das Auftragsschreiben der Beklagten vom 8. März 2004 mit dem sich aus den schriftlichen Angeboten der Klägerin und den im Protokoll über die Besprechung am 2. März 2004 niedergelegten Vereinbarungen zum Bauablauf und zur Bauzeit ergebenden Inhalt zustande gekommen ist. Zu diesem Ergebnis gelangt es im Wege der Auslegung der wechselseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie lässt keinen Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 156; Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Urteil vom 28. Oktober 1997 - XI ZR 260/96, BGHZ 137, 69, 72; Urteil vom 31. Oktober 1995 - XI ZR 6/95, BGHZ 131, 136, 138).
19
a) Zu Recht hebt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt hervor, dass die Beklagte für die in Rede stehende Vergabe das Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A (2002) gewählt hat. Sinn und Zweck dieses Verfahrens ist es, dem Auftraggeber die Möglichkeit zu eröffnen, mit den Bietern über deren (Eingangs-) Angebote und die Vertragspreise (OLG Frankfurt, VergabeR 2001, 299, 302; OLG Celle, VergabeR 2002, 299, 301) zu verhandeln, um - ggf. durch Anpassung und Fortschreibung bereits abgegebener Angebote (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Juli 2006 - Verg 21/06, dokumentiert bei IBR-online 2007, 99) - das entsprechend den Anforderungen der Vergabeunterlagen wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln (Kapellmann/MesserschmidtStickler , VOB Teile A und B, 2. Aufl., § 3 a VOB/A Rdn. 65 m.w.N.). Dementsprechend findet § 24 VOB/A für das Verhandlungsverfahren keine Anwendung (Ingenstau/Korbion/Müller-Wrede, VOB Teile A und B, 16. Aufl., § 3 a VOB/A Rdn. 31; Beck’scher VOB-Komm./Jasper, 2. Aufl., Teil A § 24 Rdn. 9; Kapellmann/Messerschmidt-Stickler; VOB Teile A und B, 2. Aufl., § 3 a VOB/A Rdn. 65; VK-Bund, Beschluss vom 10. Dezember 2002, VK 1-93/02, S. 26, n.v.), so dass eine Änderung des Angebots, anders als in den Fällen einer öffentlichen Ausschreibung (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131, 1135 = NZBau 2009, 370 = ZfBR 2009, 574 Tz. 39), grundsätzlich möglich ist. Allerdings hat der Auftraggeber die allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung zu beachten (BGH, Urteil vom 1. August 2006 - X ZR 115/04, VergabeR 2007, 73, 75 Tz. 14 = NZBau 2006, 797, 798 = ZfBR 2007, 40, 41).
20
b) Die Revision wendet sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Vertrag sei mit den von der Klägerin in ihren schriftlichen Angeboten genannten Preisen zustande gekommen. Sie bringt hiergegen im Wesentlichen vor, die Klägerin habe am 2. März 2004 durch die Ankündigung von Mehrkosten hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, die Bauleistungen wegen der Verschiebung des Baubeginns nicht zu den von ihr zuvor angebotenen Baupreisen, sondern nur unter Zubilligung einer zusätzlichen Vergütung für eben jene Mehr- kosten erbringen zu wollen. Allenfalls mit diesem Inhalt habe die Klägerin in Ansehung der Vereinbarungen vom 2. März 2004 ein abermals modifiziertes Vertragsangebot abgegeben. Einen Vertrag unter Verzicht auf die Bezahlung dieser Mehrkosten habe sie jedenfalls nicht geschlossen. Mit diesen Erwägungen dringt die Revision nicht durch.
21
aa) Die Klägerin hat ihre Leistungen auf der Grundlage der ihr von der Beklagten übersandten Vergabeunterlagen unter dem 1. Oktober 2003 angeboten und dieses Angebot in Ansehung der in mehreren Aufklärungs-/Vergabegesprächen mit der Beklagten getroffenen Abreden zunächst zweimal, nämlich am 19. November 2003 und am 4. Dezember 2003 modifiziert. Dadurch ist, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Auslegungsgrundsätze annimmt, das ursprüngliche Vertragsangebot der Klägerin entsprechend dem Sinn und Zweck des vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens inhaltlich teilweise abgeändert und im Übrigen fortgeschrieben worden. Demgegenüber beinhalteten die nach Maßgabe der beiderseits unterzeichneten Gesprächsprotokolle getroffenen Abreden über die Ausgestaltung und Anpassung des Eingangsangebots der Klägerin (noch) keine rechtsgeschäftliche Einigung über den Abschluss des in Aussicht genommenen Bauvertrages. Dieser sollte vielmehr erst durch die Erteilung des Zuschlags und die damit verbundene Annahme des im Verhandlungswege modifizierten Vertragsangebots der Klägerin zustande kommen.
22
Mit der Abgabe des ergänzenden Angebots vom 4. Dezember 2003 waren die Verhandlungen der Parteien nicht abgeschlossen. Sie wurden wegen der durch ein Nachprüfungsverfahren bedingten Verzögerung der Vergabe am 2. März 2004 mit dem sich aus dem von beiden Parteien unterzeichneten Besprechungsprotokoll ergebenden Ergebnis fortgesetzt. Ziel jener Besprechung war es, das bisherige Vertragsangebot der Klägerin mit den durch das Verhandlungsverfahren eröffneten Möglichkeiten den veränderten Umständen anzupassen. Zu diesem Zweck haben die Parteien einen neuen Termin für den Baube- ginn und unter Beibehaltung des Fertigstellungstermins einen beschleunigten Bauablauf gegen Zahlung einer Zusatzvergütung von 250.000 € verabredet. Schon daraus folgt, dass die Erwägung der Revision nicht zutrifft, die Beklagte habe die Bauzeitverschiebung angeordnet und solcherart von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch gemacht. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist jedenfalls die Sichtweise des Berufungsgerichts, wonach die Klägerin die Verkürzung der Bauzeit gegen Zahlung einer Mehrvergütung im Verhandlungswege akzeptiert und auf diese Weise ihr Vertragsangebot in eben diesem Sinne ein weiteres Mal modifiziert hat.
23
bb) Weitere, über die Zusage einer zusätzlichen Vergütung von 250.000 € für Beschleunigungsmaßnahmen hinausgehende und vom Angebot abweichende Preisvereinbarungen haben die Parteien am 2. März 2004 nicht getroffen. Daraus folgert das Berufungsgericht im Rahmen der Auslegung, die Klägerin habe die Vertragsleistungen trotz der Bauzeitverschiebung zu den in ihrem ursprünglichen Vertragsangebot genannten Preisen angeboten. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
24
(1) Die Klägerin meint, aus ihrer im Besprechungsprotokoll vom 4./11. März 2004 unter Ziffer 4. wiedergegebenen Ankündigung stahlpreisabhängiger Mehrkosten eine Abstandnahme von den Preisen für die durch Stahlpreiserhöhungen beeinflussten Leistungspositionen ihres Ausgangsangebots ableiten zu können. Demgegenüber hat das Berufungsgericht die rechtsgeschäftliche Aussage jener Ankündigung auf die Erklärung der Klägerin beschränkt gesehen, sich die Geltendmachung von Mehrvergütungsansprüchen wegen der Erhöhung von Stahlpreisen vorbehalten zu wollen. Dieses Verständnis hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
25
Es findet eine ausreichende Grundlage im Wortlaut der oben genannten Erklärung, die, wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt, keinen Bezug zu den Preisen des Ausgangsangebots erkennen lässt, sondern sich auf die Anmeldung von (darüber hinausgehenden) Mehrkosten beschränkt.
26
Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem im Rahmen der Auslegung berücksichtigt, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Beteiligten im Vergabeverfahren regelmäßig so auszulegen und zu verstehen sind, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen (BGH, Urteil vom 11. November 1993 - VII ZR 47/93, BGHZ 124, 64; BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131, 1135 = NZBau 2009, 370 = ZfBR 2009, 574). Dem widerspräche es, wenn die Mehrkostenankündigung von der Beklagten in dem ihr von der Klägerin beigegebenen Sinn hätte verstanden werden müssen. Notwendige Konsequenz dessen wäre es nämlich gewesen, dass deren Vertragsangebot teilweise unbepreist gewesen wäre. Das wiederum wäre vergaberechtlich bedenklich, weil die auch im Verhandlungsverfahren gemäß § 97 Abs. 1 GWB erforderliche Transparenz in aller Regel konkrete Preisangaben des Bieters voraussetzt (für das förmliche Vergabeverfahren unter Hinweis auf § 15 VOB/A: BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131, 1135 = NZBau 2009, 370 = ZfBR 2009, 574; vgl. insoweit auch §§ 5, 6 VOB/A). Nur dann kann sein Angebot mit denen anderer Bieter verglichen und in angemessener Weise bewertet werden.
27
(2) Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, dass die Klägerin ein Interesse an der Bildung eines neuen Preises hat, jedoch darauf hingewiesen, dass die Klägerin es versäumt habe, ihre im Verhandlungsverfahren bestehende Möglichkeit zu nutzen, die von der Beklagten geforderte Änderung des Vertrages davon abhängig zu machen, dass diese die Mehrkosten übernimmt. Das vom Berufungsgericht angenommene Verständnis der Erklärungen im Protokoll vom 4. März 2004 läuft darauf hinaus, dass die Klägerin den Vertrag ungeachtet der fehlenden Zustimmung der Beklagten zu einer Preisanpassung wegen der Stahlmehrkosten hat schließen und damit auch das Risiko hat übernehmen wollen, dass sie auf der Grundlage dieses Vertrages die Mehrkostenansprüche werde durchsetzen können. Ein solches Verständnis ist möglich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin sich mit Blick insbesondere auf die vergütungsrelevanten Regelungen in § 642 BGB bzw. in § 2 Nr. 5 VOB/B lediglich einen Mehrvergütungsanspruch vorbehalten, nicht hingegen ihr Preisangebot für die betroffenen Leistungspositionen insgesamt zurückziehen wollte. Sie hat, was diesem Verständnis entsprechen würde, diese Mehrvergütung in ihrer Abrechnung gesondert als Nachtrag ausgewiesen und in Höhe der Klageforderung auf die ursprünglichen Vertragspreise aufgeschlagen. Alles das hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise in Betracht gezogen.
28
(3) Unzutreffend ist die Auffassung der Revision, das Verhalten der Klägerin entspreche den in der Literatur vorgeschlagenen Handlungsweisen, um vergütungsrechtliche Nachteile zu vermeiden. Sie beruht ersichtlich auf den in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fällen, in denen der Auftraggeber in einem förmlichen Vergabeverfahren den Zuschlag mit einer gegenüber dem Vertragsangebot des Bieters veränderten Bauzeit erteilt, ohne die Angebotspreise anzupassen. Dann kann es sich um eine Annahme unter Änderungen und damit gemäß § 150 Abs. 2 BGB um ein neues Angebot des Auftraggebers handeln (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131, 1134 f. = NZBau 2009, 370 = ZfBR 2009, 574 Tz. 33 m.w.N.), welches der Bieter konkludent dadurch annehmen kann, dass er die Arbeiten kommentarlos aufnimmt. Will er in einer solchen Konstellation den Verlust etwaiger Mehrvergütungsansprüche vermeiden, muss er diese vor Baubeginn ankündigen, um seinem Handeln den Erklärungswert einer rechtsgeschäftlichen Annahme des (neuen) Angebots ohne Abänderung zu nehmen (vgl. zum Ganzen: Kniffka /Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 5. Teil, Rdn. 102). Hier liegen die Dinge anders. Vorliegend geht es nicht um den Rechtsverlust durch widerspruchslose Annahme eines Vertragsangebots, sondern um die Auslegung eines Angebots, dessen Inhalt die anbietende Partei im Wesentlichen frei bestimmen konnte.
29
cc) Auf die vergaberechtlich begründete Bindung der Klägerin an ihr ursprüngliches Angebot und die von der Revision angegriffenen Erwägungen des Berufungsurteils zu den Auswirkungen des Verhandlungsverfahrens auf diese Bindung kommt es nicht an. Die Klägerin hat ihre Leistungen trotz des veränderten Bauablaufs und der Verschiebung des Baubeginns weiterhin zu den ursprünglich genannten Preisen angeboten. Ob sie sich zuvor wirksam an diese Preise gebunden hatte, ist für die Auslegung ebenso wenig von Belang wie der von der Revision hervorgehobene Umstand, dass die Beklagte den Mehrvergütungsansprüchen der Klägerin (nur) unter Hinweis auf die angebliche Bindungswirkung des Angebots widersprochen hat.
30
dd) Die von der Revision gegen die Auslegung des Berufungsgerichts erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
31
c) Die Beklagte hat das Vertragsangebot der Klägerin durch ihr Auftragsschreiben vom 8. März 2004 ohne Änderung angenommen. Die dahin gehenden Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht zu beanstanden. Danach haben die Parteien auch für die von Stahlpreiserhöhungen betroffenen Leistungspositionen eine Vergütung vereinbart, die den im Ausgangsangebot genannten Preisen entspricht.
32
2. Es kann dahin stehen, ob die Klägerin durch die Vereinbarungen vom 2. März 2004 mit der Geltendmachung einer nachträglichen Anpassung der vertraglichen Preise an die angeblich erhöhten Stahlbeschaffungskosten ausgeschlossen ist. Ein dahin gehender Preisanpassungsanspruch steht der Klägerin ohnehin aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Deshalb kommt es für die Entscheidung auf den von der Revision dargestellten Gang und den Inhalt der nach Vertragsschluss zwischen den Parteien geführten Nachtragsverhandlungen ebenfalls nicht an.
33
a) Eine Preisanpassung nach den vom Senat im Urteil vom 11. Mai 2009 (VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131 = NZBau 2009, 370 = ZfBR 2009, 574) entwickelten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung kommt mangels Regelungslücke im Vertrag nicht in Betracht. Die Parteien haben einen Vertrag mit den für die tatsächliche Bauzeit maßgeblichen Terminen und Fristen geschlossen und auch die Vergütung geregelt. Dass sie sich über eventuelle verzögerungsbedingte Mehrvergütungsansprüche nicht haben einigen können, beruht auf ihren rechtsgeschäftlichen Entscheidungen und kann nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung korrigiert werden (vgl. BGH, aaO). Eine Vereinbarung darüber, dass der Vertrag nach seinem Abschluss im Hinblick auf die erhöhten Stahlpreise angepasst wird, kommt angesichts des Widerspruchs der Beklagten ebenfalls nicht in Betracht.
34
b) Eine Anpassung der Vertragspreise für Stahl kann nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B abgeleitet werden. § 2 Nr. 5 VOB/B setzt eine Änderung des Bauentwurfs oder eine sonstige Anordnung des Auftraggebers voraus, die den bereits geschlossenen Vertrag abändert. Daran fehlt es hier.
35
c) Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zu Recht stellt das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf ab, dass die Parteien den Vertrag in Kenntnis der Stahlpreisentwicklung und damit in Kenntnis der für eventuelle Mehrvergütungsansprüche maßgeblichen Umstände geschlossen haben. Dabei unterlagen sie weder einem gemeinsamen Irrtum über die für den Vertragsschluss maßgeblichen Preisgrund- lagen (§ 313 Abs. 2 BGB), noch haben sich diese nach dem Vertragsschluss bzw. zu einem Zeitpunkt geändert, in dem die Klägerin nicht mehr über den Inhalt ihrer vertragsbildenden Erklärungen disponieren konnte (§ 313 Abs. 1 BGB).

III.

36
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Kuffer Bauner Eick Leupertz
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.05.2008 - 34 O 17/08 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.11.2008 - 10 U 97/08 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 150 Verspätete und abändernde Annahme


(1) Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag. (2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 642 Mitwirkung des Bestellers


(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen. (2) Die Höhe d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2002 - I ZR 304/99

bei uns veröffentlicht am 07.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 304/99 Verkündet am: 7. Februar 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk : ja BGHZ : ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 44/00

bei uns veröffentlicht am 26.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 44/00 Verkündet am: 26. September 2002 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Aug. 2006 - X ZR 115/04

bei uns veröffentlicht am 01.08.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 115/04 Verkündet am: 1. August 2006 Potsch Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2009 - VII ZR 255/08.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2010 - VII ZR 201/08

bei uns veröffentlicht am 25.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 201/08 Verkündet am: 25. November 2010 Schick, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2010 - VII ZR 213/08

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 213/08 Verkündet am: 22. Juli 2010 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2010 - VII ZR 129/09

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 129/09 Verkündet am: 22. Juli 2010 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2015 - VII ZR 220/14

bei uns veröffentlicht am 25.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR220/14 Verkündet am: 25. Juni 2015 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 44/00 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Anwalts-Hotline
UWG §§ 1, 3; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 2
Der durch den Anruf bei einer Anwalts-Hotline zustande kommende Beratungsvertrag
wird im Zweifel mit dem den Anruf entgegennehmenden Rechtsanwalt geschlossen
und nicht mit dem – zur Rechtsberatung nicht befugten – Unternehmen,
das den Beratungsdienst organisiert und bewirbt.
BRAGO § 3 Abs. 1, § 20 Abs. 1; BRAO § 43a Abs. 4, § 49b Abs. 3 Satz 1 und
Abs. 4 Satz 2
Der Rechtsanwalt, der sich an einer Anwalts-Hotline beteiligt, verstößt damit nicht
gegen berufsrechtliche Verbote. Insbesondere ist die Vereinbarung einer nach
Gesprächsminuten berechneten Zeitvergütung, die entweder zu einer Gebührenunterschreitung
oder gelegentlich auch zu einer Gebührenüberschreitung führt,
nicht generell berufswidrig. Mit der Beteiligung an der Anwalts-Hotline ist auch
nicht notwendig ein Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen
(§ 43a Abs. 4 BRAO), gegen das Provisionsverbot (§ 49b Abs. 3 Satz 1
BRAO) oder gegen das Verbot der Abtretung von Gebührenansprüchen (§ 49b
Abs. 4 Satz 2 BRAO) verbunden.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 – I ZR 44/00 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Januar 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 18. August 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte – bislang Beklagte zu 1, inzwischen jedoch alleinige Beklagte, nachdem die Beklagte zu 2 auf sie verschmolzen worden ist – unterhält Telefonanschlüsse , über die Interessenten gegen Entgelt eine anwaltliche Rechtsberatung erhalten können. Im Dezember 1997 warb sie für diesen Dienst mit einem Werbeschreiben, dessen wesentlicher Inhalt im folgenden wiedergegeben ist:
Rechtsanwälte helfen anonym und sofort – ohne vorherige Terminvereinbarung “INFOGENIE!RECHT“ STARTET RECHTSBERATUNGSHOTLINE FÜR JEDERMANN Rechtsfragen müssen nicht unbedingt in einer Kanzlei besprochen werden. Oft hilft schon ein kurzes Telefonat mit einem Rechtsanwalt, um die eigene Rechtssicherheit in einem konkreten Fall deutlich zu verbessern. Berlin, den 18.12.1997: Unter der bundeseinheitlichen Rufnummer 0190/873-240 bis 0190/873-249 stellt InfoGenie!Recht ab 3. Januar 1998 den telefonischen Direktkontakt her zu Rechtsanwälten mit vorselektierten Interessenschwerpunkten. Was sich hinter dem ungewöhnlichen Namen InfoGenie!Recht verbirgt, ist eine Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme zu Rechtsanwälten für Ratsuchende mit Rechtsfragen, die mit folgenden Vorteilen verbunden ist: · Zeitersparnis: in vielen Fällen bleibt der Gang zum Anwalt erspart, und es ist dar- über hinaus sofort ein Rechtsanwalt greifbar, zu dessen Interessenschwerpunkten das jeweilige Sachgebiet zählt. · Flexibilität: die Rechtsanwälte sind auch außerhalb der normalen Geschäftszeiten ohne Voranmeldung erreichbar. · Garantierte Anonymität: nur wenn für die anwaltlichen Leistungen eine Rechnung benötigt wird oder wenn dem Rechtsanwalt Unterlagen mit einer Adresse zugeschickt werden, wird dem Anwalt bekannt, wer der Ratsuchende ist. Eine Beratung kann auch völlig anonym erfolgen. Die Anwälte stehen an sieben Tagen in der Woche jeweils von 7 bis 24 Uhr zur Verfügung ... [Es folgen zehn verschiedene Telefonnummern, jeweils eine für allgemeine Rechtsfragen , Verkehrsrecht, Ehe- und Familienrecht, Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht, Erbrecht, Sozialrecht, Grundstücks-, Bau- und Nachbarrecht, Verwaltungsrecht sowie Wirtschafts- und Vertragsrecht] Der Anruf bei InfoGenie!Recht kostet stets 3,60 DM pro Minute. In diesem Preis enthalten sind auch die kompletten Beratungsgebühren des jeweiligen Anwalts. Weitere Kosten entstehen dem Anrufer nicht. Die Gesprächsgebühren werden von der Deutschen Telekom zusammen mit der Telefonrechnung erhoben. Die Beklagte leitet die Anrufe, die über die im Werbeschreiben angegebenen 0190er-Telefonnummern bei ihr eingehen, unmittelbar an mit ihr vertraglich verbundene Rechtsanwälte weiter. Die Deutsche Telekom stellt dem Inhaber des Anschlusses , von dem aus der Anruf erfolgt, mit der Telefonrechnung den aus der Werbung ersichtlichen Preis von 3,60 DM pro Minute (später 3,63 DM pro Minute) in Rechnung. Hiervon zahlt die Deutsche Telekom 2,48 DM an die Beklagte aus. Die auf diese Weise von der Telekom eingenommenen Beträge leitet die Beklagte je nach Gesprächsaufkommen an die beteiligten Rechtsanwälte weiter, von denen sie ihrerseits eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhält.
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltskammer, hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie ist der Ansicht, die Beklagte biete eine unzulässige Rechtsberatung an. Außerdem verstießen die an dem telefonischen Rechtsberatungsdienst beteiligten Rechtsanwälte gegen ihre Berufspflichten nach der Bundesrechtsanwaltsordnung sowie gegen die für sie geltende Gebührenordnung. Die Beklagte hafte insoweit als Störerin. Darüber hinaus sei die Werbung teilweise irreführend.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht (LG Berlin CR 1999, 369) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht (GRUR-RR 2001, 16 = CR 2000, 221) die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen ,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Herstellung der telefonischen Verbindung zu Rechtsanwälten anzubieten und/oder zu vermitteln und in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß eine Beratung auch völlig anonym erfolgen könne und/oder daß der Anruf bei der Beklagten stets einen sodann benannten Betrag pro Minute koste, in welchem Preis auch die kompletten Beratungsgebühren des jeweiligen Anwalts enthalten seien und/oder „(die Beklagte) startet Rechtsberatungshotline für jedermann. Rechtsfragen müssen nicht unbedingt in einer Kanzlei besprochen werden. Oft hilft schon ein kurzes Telefonat mit einem Rechtsanwalt, um die eigene Rechtssicherheit in einem konkreten Fall deutlich zu verbessern“, insbesondere, wenn dies jeweils wie in dem beanstandeten Werbeschreiben geschieht.
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem beanstandeten Angebot einen Verstoß der Beklagten gegen Art. 1 § 1 RBerG gesehen und der Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Beratungsvertrag komme jedenfalls auch zwischen dem Anrufer und der Beklagten als der Betreiberin der Hotline zustande. Die Beklagte preise die Beratung an und nenne den Preis, während der beteiligte Rechtsanwalt zunächst nicht bekannt sei und nach der Vorstellung des Publikums auch ein Angestellter der Beklagten sein könne. Der durch die Werbung informierte Anrufer richte sich in erster Linie an die Beklagte, die mit ihrem Namen und ihrer Adresse für die Art und den Inhalt der Dienstleistung einstehe. Auch eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG im Lichte des Art. 12 GG gebiete keine andere Beurteilung. Die angebotene Dienstleistung stelle nicht lediglich eine kaufmännische Hilfeleistung dar.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils. Das von der Klägerin beanstandete Verhalten stellt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als wettbewerbswidrig dar.
1. Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1998 – I ZR 4/96, GRUR 1998, 835, 836 = WRP 1998, 729 – Zweigstellenverbot).
2. In dem beanstandeten Verhalten der Beklagten liegt kein Angebot einer verbotenen Rechtsberatung. Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG bejaht.
Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Anrufer schließe mit der Beklagten als Betreiberin des telefonischen Rechtsberatungsdienstes einen Vertrag über die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Zwar knüpft die Frage, mit wem der Beratungsvertrag zustande kommt, an eine Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien an. Ihre Beantwortung ist daher im Grundsatz dem Tatrichter vorbehalten. Die tatrichterliche Auslegung ist jedoch für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGHZ 131, 136, 138; 137, 69, 72; BGH, Urt. v. 5.3.1998 – I ZR 250/95, GRUR 1998, 673, 676 – Popmusikproduzenten; Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221 – Rücktrittsfrist; BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 – Unikatrahmen , jeweils m.w.N.). Diesem Maßstab wird die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gerecht.

a) Die beanstandete Werbung lädt den Ratsuchenden dazu ein, mit seinem Anruf das Angebot zum Abschluß eines Beratungsvertrags abzugeben. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob sich dieses Angebot in der vorliegenden Fallkonstellation unmittelbar an den Rechtsanwalt richtet, der sich nach dem Wählen einer der zehn beworbenen Telefonnummern meldet, oder ob Adressat dieses Angebots die Beklagte als die Betreiberin des Beratungsdienstes ist. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, der auf Rechtsberatung gerichtete Vertrag komme mit dem Betreiber der Hotline zustande (OLG München [6. ZS] NJW 2000, 1651; LG Mönchengladbach MDR 1999, 1030; LG Oldenburg
NdsRpfl. 2000, 12; LG München MMR 2000, 119; Diekötter, Die Zulässigkeit der Rechtsberatung über Telefonmehrwertdienste [2001], S. 33 ff.; Metz, MMR 1999, 447, 448; Berger, NJW 1999, 1353, 1354), geht die Gegenansicht davon aus, der Betreiber schulde nur eine Vermittlung, Partner der auf die Rechtsberatung gerichteten Geschäftsbesorgung sei dagegen allein der angerufene Rechtsanwalt (OLG München [29. ZS] NJW 1999, 150 und GRUR-RR 2001, 12; LG Erfurt JZ 1998, 527; Henssler, EWiR 1998, 993, 994; Kleine-Cosack, EWiR 1998, 995, 996; ders., NJ 2000, 336; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 533; Schmittmann, K&R 1999, 309; Zuck, BRAK-Mitt. 2001, 105, 108; Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 51; Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 2 f.; vgl. auch Grunewald, ZIP 2000, 2005; Demmel/Skrobotz, CR 1999, 561, 564).

b) Mit wem der Beratungsvertrag zustande kommt, hängt in erster Linie davon ab, an wen der ratsuchende Anrufer die auf den Abschluß eines Beratungsvertrags zielende Willenserklärung richtet (§§ 133, 157 BGB). Allerdings sind der Erforschung des Willens des Anrufers Grenzen gesetzt, weil es ihm in der Regel nicht bewußt sein wird, daß er mit dem Anruf ein Angebot zum Abschluß eines Vertrages abgibt. Noch weniger wird er sich mit der Frage befassen, ob sich dieses Angebot an die Beklagte oder an den beratenden Rechtsanwalt richtet. Die objektiven Umstände erlauben keine eindeutige Aussage, sprechen aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eher für ein Angebot gegenüber dem Rechtsanwalt, der den Anruf entgegennimmt.
Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht darauf verwiesen, daß der Anrufer zunächst in erster Linie die Beklagte im Auge haben wird, deren Name und deren Adresse ihm aus der Werbung bekannt sind, während er den Namen des beratenden Rechtsanwalts in der Regel erst zu Beginn des Telefongesprächs erfährt. Auch der von der Beklagten verwendete Werbetext mag den Eindruck erwecken , als komme der Beratungsvertrag mit der Beklagten als der Betreiberin des Beratungsdienstes zustande. Denn sie preist die Beratung in der Anzeige wie
eine eigene Leistung an und spricht davon, daß der Anruf bei ihr stets 3,60 DM pro Minute koste.
Der Text der Anzeige ist jedoch – worauf die Revision zutreffend hinweist – nicht eindeutig: Die Werbung kann auch so verstanden werden, daß die Beklagte den Kontakt zu den Anwälten lediglich vermittelt; denn sie kündigt dort an, daß sie „den telefonischen Direktkontakt ... zu Rechtsanwälten mit vorselektierten Interessenschwerpunkten“ herstelle. Sie erweckt damit nicht den Eindruck, als seien die Rechtsanwälte als ihre Erfüllungsgehilfen tätig und erbrächten eine von ihr geschuldete Beratungsleistung. Für ein Vertragsangebot gegenüber dem Rechtsanwalt spricht ferner, daß sich der Anrufer unmittelbar an ihn wendet; allein mit ihm wird eine telefonische Gesprächsverbindung hergestellt. Unter diesen Umständen liegt es nahe, daß der Anruf dem anwaltlichen Gesprächspartner als Adressaten seiner Willenserklärung gilt.

c) Die Würdigung des Berufungsgerichts wird aber vor allem – worauf die Revision zutreffend hinweist – dem Grundsatz nicht gerecht, daß der Wille der vertragschließenden Parteien im Zweifel auf eine den Vertragszweck nicht gefährdende Gestaltung gerichtet ist.
Ein Geschäftsbesorgungsvertrag, mit dem ein Vertragspartner eine unzulässige Rechtsberatung verspricht, wäre nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (BGHZ 37, 258, 261; BGH, Urt. v. 7.5.1992 – IX ZR 151/91, NJW-RR 1992, 1110, 1115; Urt. v. 30.9.1999 – IX ZR 139/98, NJW 2000, 69, 70). Wäre im Streitfall das Angebot des Anrufers auf einen Vertragsschluß mit der Beklagten gerichtet, wäre daher der Vertragszweck gefährdet. Denn der Vertrag mit der Beklagten wäre auf eine nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG unzulässige Rechtsberatung gerichtet. Dem könnte nicht entgegengehalten werden , ein solcher Vertrag tangiere den Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes nicht, weil die Beratungsleistung ausschließlich durch Rechtsanwälte erfolge, de-
ren Berufstätigkeit durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt wird (Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG; dazu eingehend Diekötter aaO S. 65 ff.). Dieses Gesetz enthält eine ausdrückliche Sonderregelung für den Fall, daß die von Rechtsanwälten erbrachte Rechtsberatung von einer Kapitalgesellschaft geschuldet wird: Nach Einführung der Regelung über die Rechtsanwaltsgesellschaft in §§ 59c ff. BRAO ist in Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG klargestellt worden, daß das Verbot der Rechtsberatung nicht für eine solche Gesellschaft gilt. Damit ist aber zugleich zum Ausdruck gebracht worden , daß diese Ausnahme vom Verbot des Art. 1 § 1 RBerG nur unter bestimmten , in der Person der Beklagten nicht vorliegenden Voraussetzungen gilt.
In aller Regel wollen die Vertragschließenden eine derartige, von ihrem Willen unabhängige Gefährdung des Vertragszwecks nicht in Kauf nehmen. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der auf eine Rechtsbesorgung und eine sich daraus ergebende treuhänderische Geldverwaltung gerichtet ist, im Zweifel nur mit den Rechtsanwälten, nicht mit den Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern einer Sozietät zustande kommt, der Personen aus verschiedenen Berufen angehören, weil andernfalls wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz die Gefahr der Nichtigkeit des geschlossenen Vertrages bestünde (BGH, Urt. v. 16.12.1999 – IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333, 1335). Dieser Gesichtspunkt kommt auch im Streitfall zum Tragen: Ist den Umständen nicht eindeutig zu entnehmen, an welchen von zwei möglichen Adressaten sich das Angebot zum Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrags richtet, ist nur die Auslegung nach beiden Seiten interessengerecht, die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrags vermeidet. Auf den Streitfall bezogen bedeutet dies, daß bei verständiger Würdigung in dem Anruf – in Ermangelung eines erkennbaren entgegenstehenden Willens des Anrufers – das Angebot zum Abschluß eines Beratungsvertrags mit dem jeweils sich meldenden Rechtsanwalt zu den in der Werbung im einzelnen wiedergegebenen Bedingungen liegt.
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Grün- den als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Die Beklagte kann insbesondere nicht als Störerin für berufsrechtliche Verstöße derjenigen Rechtsanwälte in Anspruch genommen werden, mit denen die Anrufer Beratungsverträge schließen. Zwar birgt das von der Beklagten entwickelte System gewisse Risiken für ein berufswidriges Verhalten der beteiligten Rechtsanwälte. Dies führt indessen nicht dazu, daß der Beklagten die Werbung für den Beratungsdienst und ihre Vermittlungsleistung schlechthin untersagt werden könnten. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei den einzelnen in Rede stehenden Verboten um wettbewerbsbezogene Normen handelt mit der Folge, daß ein Verstoß gegen eine solche Norm grundsätzlich zugleich als wettbewerbswidriges Verhalten beanstandet werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2000 – I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

a) Mit dem von der Beklagten organisierten Rechtsberatungsdienst sind nicht notwendig unzulässige Gebührenunter- oder -überschreitungen verbunden.
aa) Die telefonische Beratung wird im allgemeinen den Gebührentatbestand des § 20 BRAGO erfüllen. Nach dieser Bestimmung erhält der Rechtsanwalt für einen mündlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr in Höhe von einem Zehntel bis zehn Zehnteln der vollen – streitwertabhängigen – Gebühr (§ 20 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Im Falle einer Erstberatung darf diese Gebühr jedoch 180 rsteigen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 BRAGO), was – bei Zugrundelegung einer Mittelgebühr von fünf Zehnteln – ab einem Gegenstandswert von mehr als 6.000 iner betragsmäßigen Begrenzung des Gebührenanspruchs führt.
Der Anrufer, der sich an einen der von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte wendet, erklärt sich durch seinen Anruf mit der Vereinbarung einer Zeitvergütung einverstanden. Darin, daß sich diese Zeitvergütung nicht an den Bemes-
sungskriterien orientiert, die die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) kennt, liegt kein berufsrechtlicher Verstoß. Mit der Zeitvergütung, die heute in vielen Bereichen der anwaltlichen Tätigkeit üblich ist, wählen die Parteien des Anwaltsvertrages bewußt eine Berechnungsweise, die sich von der streitwertabhängigen Berechnung vollständig löst. Dies ist für sich genommen weder bei der üblichen Zeitvergütung noch im Streitfall zu beanstanden (vgl. Römermann/ Funke, MDR 2001, 1, 5; a.A. Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 53).
bb) Nach der Gebührenordnung liegt die Mittelgebühr (5/10) mindestens bei ! " !)( * + , - . 12,50 $# % % & ' n- !) 0/ 1 / 5.6 7 98- ;:< = >.@?A B.6 standswert von 1.500 ' % 243 ' des beanstandeten Beratungsdienstes vereinbarte Vergütung in Höhe von 2,48 DM pro Minute – die restlichen 1,12 DM sind die an die Deutsche Telekom fließenden Telefongebühren – die gesetzlichen Gebühren häufig unterschreiten wird. Eine solche Gebührenunterschreitung ist dem Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten indessen nicht verwehrt (§ 49b Abs. 1 BRAO i.V. mit § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO). Zwar empfiehlt das Gesetz für den Fall der Gebührenunterschreitung eine schriftliche Vereinbarung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 BRAGO); das Nichtbefolgen dieser Empfehlung stellt jedoch kein berufswidriges Verhalten dar (vgl. Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 5 f.; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534; a.A. Berger, NJW 1999, 1353, 1356).
cc) Anders als für den Fall der Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren sieht das Gesetz für den Fall der Gebührenüberschreitung an sich zwingend die Schriftform vor (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Doch stellt auch die Nichtbeachtung dieser Form nicht notwendig ein berufswidriges und damit zugleich nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten dar. Denn das Gesetz nimmt auch die nicht schriftlich fixierte Gebührenüberschreitung hin, wenn der Mandant die höhere Vergütung freiwillig und ohne Vorbehalt zahlt; in diesem Fall ist die Rückforderung ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Freiwilligkeit setzt allerdings voraus,
daß der Mandant von der Gebührenüberschreitung Kenntnis hat; er muß wissen, daß er mehr zahlt, als ohne besondere Vereinbarung nach dem Gesetz zu zahlen wäre (vgl. OLG Frankfurt GRUR 1999, 358 = WRP 1999, 110; AnwGH NordrheinWestfalen NJW-RR 1999, 1582; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 3 Rdn. 22; N. Schneider in Gebauer/Schneider, BRAGO, § 3 Rdn. 83; Gerold/ Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 3 Rdn. 7; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534 f.; Diekötter aaO S. 181 m.w.N.); dagegen braucht ihm die Unklagbarkeit der Forderung nicht bekannt zu sein (Fraunholz in Riedel/Sußbauer aaO; N. Schneider in Gebauer/Schneider aaO; Gerold/Madert aaO). Ungeachtet der Wirksamkeit der getroffenen Gebührenvereinbarung kann es auch generell unlauter sein, wenn der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart, ohne auf den Umstand der Gebührenüberschreitung hinzuweisen (§ 1 UWG i.V. mit § 352 StGB).
Wie groß bei der von der Beklagten beworbenen telefonischen Beratung die Gefahr einer dem Anrufer verborgen bleibenden Gebührenüberschreitung ist, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Sie besteht jedenfalls nicht regelmäßig. Denn bei Gesprächen, die nicht länger als zehn Minuten dauern, wird – legt man den Gebührenanteil des Rechtsanwalts von 2,48 DM zugrunde – auch bei geringsten Gegenstandswerten die Mittelgebühr nach § 20 BRAGO noch nicht überschritten; bei , >!) < ; DCE F G 8 !H I !J K L einem Gegenstandswert von 1.500 esprächen erreicht, die länger als vierzig Minuten dauern. Unter diesen Umständen kann die Gefahr, daß es zu einer unzulässigen Gebührenüberschreitung kommt, kein generelles Verbot der von der Beklagten beworbenen Dienstleistung rechtfertigen (vgl. Grunewald, ZIP 2000, 2005, 2009; Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 6 f.; a.A. Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 52 f.; Metz, MMR 1999, 447, 450; Büring/ Edenfeld, MDR 1999, 532, 534 f.; OLG Frankfurt GRUR 1999, 358; AnwGH Nordrhein -Westfalen NJW-RR 1999, 1582). Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die vermittelten Rechtsanwälte es unterlassen, auf eine mögliche Gebührenüberschreitung – wie geboten – hinzuweisen. Ein solcher
Hinweis kann beispielsweise in allgemeiner Form mit Hilfe einer Bandansage vor dem Zustandekommen des Gesprächs erfolgen und durch eine individuelle Belehrung konkretisiert werden, wenn sich im Laufe des Gesprächs abzeichnet, daß bei Fortsetzung des Gesprächs die über die Telefonrechnung eingezogene Anwaltsvergütung die gesetzlichen Gebühren übersteigen wird.
dd) Gegenüber dem telefonischen Beratungsdienst kann auch nicht eingewandt werden, der vermittelte Rechtsanwalt nehme die Vergütung auch in Fällen ein, in denen er sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sehe, den erbetenen Rechtsrat zu erteilen. Es ist einem Rechtsanwalt nicht verwehrt, mit dem Mandanten eine Zeitvergütung für ein Beratungsgespräch von angemessener Dauer auch für den Fall zu vereinbaren, daß sich der konkrete Sachverhalt nicht für eine telefonische Auskunft eignet oder es sich empfiehlt, sich hierfür an einen Anwalt mit speziellen Kenntnissen und Erfahrungen zu wenden (vgl. Grunewald, ZIP 2000, 2005, 2009).

b) Die von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte verstoßen auch nicht gegen das Verbot der Abtretung anwaltlicher Honorarforderungen (§ 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO; dazu ausführlich Berger, NJW 1999, 1353, 1355 f.; Römermann/ Funke, MDR 2001, 1, 7 f.).
Es ist – worauf die Revision mit Recht hinweist – nicht ersichtlich, daß die Deutsche Telekom, die bei dem Anrufer nach Inanspruchnahme der Beratungsleistung die Gebühren in Höhe von 3,60 bzw. 3,63 DM geltend macht, damit eine ihr von dem vermittelten Rechtsanwalt abgetretene Gebührenforderung einzieht. Der Anrufer, der den telefonischen Beratungsdienst über die 0190er-Nummer in Anspruch nimmt, schuldet der Deutschen Telekom die Gebühren für diesen Telefonmehrwertdienst unabhängig von dem mit dem Rechtsanwalt geschlossenen Beratungsvertrag. Der bestehende Gebührenanspruch bedarf bei dieser Abwicklung nicht der Abtretung; er stellt lediglich den Rechtsgrund für das Behaltendürfen
des Gebührenanteils dar, der dem Rechtsanwalt über die Deutsche Telekom und die Beklagte zugeflossen ist. Durch die gewählte Abwicklung wird das gesetzliche Abtretungsverbot auch nicht umgangen. Die gesetzliche Bestimmung dient der Durchsetzung des Verschwiegenheitsgebots, das durch eine Abtretung anwaltlicher Gebührenforderungen gefährdet wird. Im Zuge der telefonischen Rechtsberatung im Rahmen eines Mehrwertdienstes offenbart der Rechtsanwalt keinerlei Umstände, die der Verschwiegenheit unterliegen. Der Deutschen Telekom und der Beklagten wird – für den Anrufer von Anfang an erkennbar – nicht mehr als der Umstand bekannt, daß ein Telefongespräch stattgefunden hat.

c) Die Gefahr einer Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO) vermag das ausgesprochene Verbot ebenfalls nicht zu rechtfertigen (ebenso Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 4). Daß es zu Interessenkonflikten kommen kann, stellt keine Besonderheit der telefonischen Beratung über eine 0190er-Nummer dar. Die Gefahr eines solchen Konflikts ist mit der anwaltlichen Tätigkeit stets verbunden; sie hat mit der Bildung immer größerer Sozietäten mit einer Vielzahl von Partnern und angestellten Anwälten erheblich zugenommen. Es handelt sich daher nicht etwa um ein Risiko, das gerade mit der telefonischen Rechtsberatung über einen Mehrwertdienst verbunden ist. Im Gegenteil werden derartige Konflikte eher selten auftauchen, weil die von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte Anrufe aus dem gesamten Bundesgebiet entgegennehmen. Die Chance, daß der betreffende Rechtsanwalt in einem Konflikt um rechtliche Beratung gebeten wird, in dem er zufällig bereits die Gegenseite vertritt oder vertreten hat, ist daher ungleich geringer als bei herkömmlichen Mandantenbeziehungen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, weshalb sich die vermittelten Anwälte nicht auch in dieser Hinsicht berufsrechtskonform verhalten sollten. Beispielsweise wird ein Rechtsanwalt, der ständig eine größere Wohnungsbaugesellschaft vertritt, bei Anrufern, die von ihm in einer Mietsache Rat erbitten, zunächst klären, ob es sich zufällig um einen
Mieter der Mandantin handelt. Tut er dies nicht, kann die Klägerin gegen ihn vorgehen.
Die Gefahr eines Interessenkonflikts wird auch nicht dadurch nennenswert erhöht, daß es den Anrufern für den Regelfall ermöglicht wird, anonym zu bleiben. Im allgemeinen wird der Rechtsanwalt, der den Anruf entgegennimmt, mit wenigen Fragen zuverlässig ermitteln können, ob die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht. Soweit er für diese Klärung ausnahmsweise den Namen des Anrufers benötigt , muß er – wenn er die Beratung fortsetzen möchte – auf der Nennung des Namens bestehen. Das beantragte generelle Verbot ist mit diesem Sachverhalt nicht zu begründen. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß in der Vergangenheit Interessenkonflikte aufgrund der zugesagten Anonymität unerkannt geblieben wären. Der Hinweis auf die mögliche Anonymität rechtfertigt auch kein Verbot der beanstandeten Werbung unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG. Allein die entfernte Möglichkeit, daß der Anwalt zur Vermeidung eines Interessenkonflikts auf der Nennung des Namens bestehen muß, führt nicht zu einer relevanten Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise.

d) Der Rechtsanwalt, der sich an dem telefonischen Beratungsdienst beteiligt , schuldet der Beklagten ein Entgelt für die von ihr erbrachte Vermittlungsleistung. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung handelt es sich hierbei nicht um eine nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verbotene Provision (so auch Grunewald , ZIP 2000, 2005, 2007; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 533; Römermann /Funke, MDR 2001, 1, 7; a.A. Schmittmann, K&R 1999, 309 f.). Die fragliche Vergütung wird nämlich unabhängig davon geschuldet, ob und wie viele Ratsuchende in der fraglichen Zeit anrufen. Die erfolgsunabhängige Vergütung ist daher mit der Raummiete, mit den Kosten der Telefonanlage oder mit den Kosten für einen Anwaltssuchdienst im Internet vergleichbar.

e) Die teilweise im Schrifttum erhobenen Bedenken hinsichtlich der Qualität der telefonischen Rechtsberatung über eine gebührenpflichtige Telefonnummer (vgl. Hartung, AnwBl. 1999, 768 f.; König, AnwBl. 1999, 25, 26; Schmittmann, K&R 1999, 309, 311) sind für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich. Zwar ist nicht zu verkennen, daß eine telefonische Beratung, wie sie die Beklagte vermittelt, das Risiko birgt, daß sich der befragte Anwalt dazu verleiten läßt, ohne genügende Kenntnis des Sachverhalts und ohne hinreichende Prüfung der Rechtslage eine Antwort zu geben. Auch ist es – nicht zuletzt im Hinblick auf die in Rede stehende Werbung – nicht auszuschließen, daß der Anrufer zuweilen mehr als nur einen Rat oder eine Auskunft, sondern vielmehr die rechtliche Lösung eines Problems erwarten wird, die der befragte Anwalt ohne präzise Kenntnis des Sachverhalts, ohne Studium eines Schriftwechsels und ohne weitere rechtliche Nachforschungen nicht leisten kann (vgl. auch Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534). Es handelt sich hierbei jedoch nicht um Gefahren, die nur für diese Form der Beratung typisch sind, sondern auch bei anderen Formen anwaltlicher Beratung auftreten können, etwa bei einer herkömmlichen telefonischen Beratung oder bei der von den Anwaltvereinen organisierten Rechtsberatung. Hier wie dort kann den Bedenken gegenüber der Qualität der Rechtsberatung – unabhängig davon, ob sie sich im Einzelfall als berechtigt erweisen – nicht mit einem generellen wettbewerbsrechtlichen Verbot begegnet werden.
Auch für diese neue Form der Rechtsberatung gilt, daß sie sich im Wettbewerb zu bewähren haben wird. Dies wird ihr nicht gelingen, wenn die Erwartungen , die die Anrufer in einen solchen Dienst setzen, regelmäßig – wie von der Klägerin vermutet – enttäuscht werden. Die über einen Mehrwertdienst finanzierte telefonische Beratung kann sich aber auch als eine sinnvolle Erweiterung des Angebots anwaltlicher Dienstleistungen erweisen, weil sie dem Ratsuchenden einen einfachen Weg weist, wie er bei von vornherein überschaubaren Kosten einen einfachen Rechtsrat oder eine einfache Rechtsauskunft erhalten kann (vgl. Ant-
wort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage, BT-Drucks. 14/3959, S. 10 f.). Es ist nicht zu verkennen, daß in der Bevölkerung ein Bedarf an einer spontanen telefonischen Beratung über Rechtsfragen des Alltags besteht, der möglicherweise mit Hilfe eines Beratungsdienstes der hier in Rede stehenden Art befriedigt werden kann.
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Beru- fung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 304/99 Verkündet am:
7. Februar 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Unikatrahmen

a) Eine Bearbeitung eines geschützten Werkes der bildenden Kunst kann ausnahmsweise
auch dann gegeben sein, wenn dieses unverändert in ein neues
"Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daß es als dessen Teil erscheint.

b) Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen
des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig
voraus, daß das Werk selbst verändert wird. Der Vertrieb von Kunstdrucken
eines Gemäldes in von dritter Hand bemalten Rahmen verletzt das
Urheberpersönlichkeitsrecht, wenn Bild und Rahmen von unbefangenen Betrachtern
ohne weiteres als ein "Gesamtkunstwerk" des Urhebers des Originalwerkes
angesehen werden können.

c) Zur Frage der Bemessung des Schadensersatzanspruchs wegen rechtswidriger
Verwertung der Bearbeitung und wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts
in einem solchen Fall.

d) Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 2
UrhG auf Herausgabe des Verletzergewinns sind Ersatzzahlungen, die der
Verletzer deshalb an seine Abnehmer geleistet hat, weil diese am Weitervertrieb
der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - I ZR 304/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Schluûurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 10. Dezember 1998 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.746,51 ? (= 128.589,-- DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der - am 19. Februar 2000 verstorbene - Kläger, ein bekannter Künstler, hat die Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" geschaffen. Die Beklagte vertrieb Kunstdrucke dieser Bilder in Rahmen, die nach den aufgemalten Motiven jeweils in besonderer Weise den Bildern angepaût waren. Die Beklagte war zwar befugt, die Kunstdrucke als solche zu vertreiben, besaû aber nicht die Zustimmung des Klägers für den Vertrieb der Kunstdrucke in den von Dritten gestalteten Rahmen.
Auf die Stufenklage des Klägers hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil vom 2. Oktober 1997 verurteilt, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen anzubieten oder zu verbreiten, deren Bemalung sich - wie im damaligen Tenor abgebildet - als Fortsetzung und Vergröûerung der Werke darstelle, sowie dazu, Auskunft darüber zu erteilen, welcher Umsatz und welcher Gewinn mit diesen Werken einschlieûlich der Bildrahmen erzielt worden sei (LG Frankfurt am Main ZUM-RD 1998, 344). Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Nach Vergleichsverhandlungen, die sich an das landgerichtliche Teilurteil anschlossen, unterbreitete der anwaltliche Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 9. Februar 1998 ein Vergleichsangebot, das von der Beklagten - vertreten durch ihre Rechtsanwältin - durch Unterzeichnung des Schreibens angenommen wurde. Die Vereinbarung hat in ihren Abschnitten 1 bis 4 folgenden Wortlaut:

"1. Ihre Mandantschaft [Beklagte] verpflichtet sich bei Meidung einer Vertragsstrafe von DM 12.000,00, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder 'Hundertwasser-Haus in Wien' und 'Die vier Einsamkeiten' des Künstlers Friedensreich Hundertwasser in Bildrahmen anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder anbieten zu lassen und/oder vertreiben zu lassen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 11 U 51/97) sind. 2. Ihre Mandantschaft erteilt unserer Mandantschaft zu unseren Händen eingehend bis zum 27.2.1998 schriftliche Auskunft,
a) welcher Gewinn mit den in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen erzielt worden ist. Bei der Ermittlung des Gewinns werden Schadensersatzzahlungen Ihrer Mandantschaft an ihre Abnehmer wegen der Verbreitung der streitgegenständlichen Bilder nicht berücksichtigt. Diese Auskunft kann von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden, dessen Kosten Ihre Mandantschaft trägt, wenn die Feststellungen des Wirtschaftsprüfers um mehr als 5 % von der erteilten Auskunft abweichen,
b) über Namen und Anschrift der jeweiligen gewerblichen Abnehmer der von Ihrer Mandantschaft vertriebenen Werke inklusive der Bildrahmen gemäû vorstehender Ziff. 1,
c) über die Stückzahl der verkauften in Ziff. 1 bezeichneten Werke inklusive Bildrahmen. 3. Von dem nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn bezahlt Ihre Mandantschaft 50 % an unsere Mandantschaft innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zahlungsaufforderung. 4. Ihre Mandantschaft nimmt die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 11 U 51/97 bis zum 20.2.1998 zurück und erkennt hiermit das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 2.10.1997, Az. 2/3 O 166/97, als verbindliche Regelung an. Ebenso verzichtet Ihre Mandantschaft im Hinblick auf die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt vom
6.3.1997, Az. 2-03 O 110/97, auf das Recht des Widerspruchs gemäû § 924 ZPO und der Rechtsbehelfe nach §§ 926, 927 ZPO." Aufgrund dieses Vergleichs hat die Beklagte ihre Berufung gegen das landgerichtliche Teilurteil zurückgenommen. Die Auskunftserteilung der Beklagten ergab, daû sie 1.220 Kunstdrucke in bemalten Rahmen verkauft hatte. Der Gewinn aus dem Verkauf von Bild und Rahmen betrug danach jeweils 232,48 DM, wobei auf den Rahmen als solchen ein Gewinn von 19,-- DM entfiel. Entsprechend ihrer eigenen Auslegung des auûergerichtlichen Vergleichs zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag von insgesamt 11.590,-- DM.
Der Kläger ist der Ansicht, der auûergerichtliche Vergleich sei dahin zu verstehen, daû die Schadensersatzpflicht der Beklagten nach dem Gewinn zu bemessen sei, der durch die Veräuûerung der Bilder in den Rahmen erzielt worden sei. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung (einschlieûlich einer Überzahlung von 1.633,80 DM) schulde die Beklagte deshalb noch 128.589,-- DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 128.589,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Beklagte legt den Vergleich demgegenüber dahin aus, daû sich ihre Schadensersatzpflicht nur nach dem Gewinn bemesse, der durch die Verwendung der bemalten Rahmen als solcher erzielt worden sei, da die Veräuûerung
der Kunstdrucke selbst nicht rechtswidrig gewesen sei. Den danach geschuldeten Betrag habe sie bereits gezahlt.
Das Landgericht hat durch Schluûurteil vom 10. Dezember 1998 die Zahlungsklage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg.
A. Der Tod des Klägers hat nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens geführt (§§ 239, 246 Abs. 1 ZPO).
B. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû dem Kläger aufgrund der Vergleichsvereinbarung lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 11.590,-- DM zugestanden habe, den die Beklagte jedoch durch Zahlung erfüllt habe.
Nach dem Vergleich habe der zu leistende Schadensersatz nicht nach dem Gesamtgewinn aus dem Verkauf der Bilder in bemalten Rahmen berech-
net werden sollen, sondern nur nach dem Gewinn, der auf die bemalten Rahmen entfallen sei.
Gegen diese Auslegung spreche zwar der Wortlaut der Vereinbarungen über die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung und Unterlassung in den Nrn. 1 und 2 des Vergleichs, auf die bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes in der Nr. 3 verwiesen werde. Welche Handlungen Gegenstand dieser Verpflichtungen seien, werde aber dadurch klargestellt, daû in Nr. 1 des Vergleichs auf den Gegenstand des - bei Vertragsschluû noch bei dem Berufungsgericht anhängigen - Berufungsverfahrens über das landgerichtliche Teilurteil Bezug genommen werde.
Die Parteien hätten zudem von Anfang an, wie auch in der Vorkorrespondenz der beteiligten Rechtsanwälte deutlich geworden sei, lediglich über die Rechtmäûigkeit der Verwendung von bemalten Rahmen gestritten. Es könne deshalb nicht angenommen werden, daû sich die Beklagte zu einer Zahlung habe verpflichten wollen, die um mehr als das Zehnfache über dem zusätzlichen Gewinn liege, der mit den bemalten Rahmen erzielt worden sei.
Die Auslegung, daû der Schadensersatz nur nach dem Gewinn aus dem Verkauf der bemalten Rahmen zu berechnen sei, folge auch aus Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, daû sich die Beklagte nur auf eine Zahlungsverpflichtung habe einlassen können und wollen, die der gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 UrhG entsprochen habe. In seinem inzwischen rechtskräftigen Teilurteil habe das Landgericht zwar zu Recht angenommen, daû die Bemalung der Rahmen, die jeweils das Bild des Klägers gewissermaûen fortgesetzt habe, eine Bearbeitung im
Sinne des § 23 UrhG gewesen sei, die mangels Zustimmung des Klägers dessen Urheberrecht verletzt habe. Die Verletzungshandlung liege aber nicht in dem Vertrieb der Bilder des Klägers, sondern nur in der Verwendung der besonders gestalteten Rahmen. Deshalb sei auch nur der mit den Rahmen erzielte Gewinn herauszugeben, weil nur dieser auf der eigentlichen Verletzungshandlung beruhe. In dem Schriftwechsel vor und nach Abschluû des Vergleichs habe auch der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers die Auffassung vertreten, es sei - entsprechend der Rechtslage - der kausal durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn herauszugeben. Die Beklagte habe deshalb davon ausgehen können, daû der Schadensersatz wie vom Gesetz vorgesehen berechnet werden solle.
Die Nr. 2 des Vergleichs lasse ebenfalls nicht erkennen, daû die Beklagte verpflichtet sein sollte, abweichend vom gesetzlichen Normalfall den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen hälftig an den Kläger abzuführen. Dafür spreche auch die darin getroffene Regelung, daû Schadensersatzzahlungen der Beklagten an ihre Abnehmer, denen der Weitervertrieb der Bilder untersagt war, den Gewinn nicht mindern sollten, obwohl solche Zahlungen an sich abzugsfähig gewesen wären.
C. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
I. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf
Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoû gegen Verfahrensvorschriften auûer acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 213/98, WM 2001, 1379, 1381; Urt. v. 29.3.2001 - I ZR 312/98, NJW-RR 2001, 1612, 1614). Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1003 = WM 2000, 1643; Urt. v. 12.12.2000 - XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 f.; Urt. v. 12.12.2001 - IV ZR 47/01, ZIP 2002, 226, 227). So liegt der Fall hier.
1. Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099; Urt. v. 17.1.2001 - VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370, 371 = WM 2001, 1031 m.w.N.).
Der Wortlaut des von den Parteien durch ihre Rechtsanwälte geschlossenen Vergleichs ist hier - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - eindeutig. Nach Nr. 1 der Vereinbarung betrifft die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main waren. Nach Nr. 2 sollte sich die schriftliche Auskunft auf den Gewinn beziehen, der mit den "in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen" erzielt worden ist. Von dem "nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn" sollte die Beklagte gemäû Nr. 3 der Vereinbarung die Hälfte an den Kläger bezahlen. Nach dem Vertragswortlaut kann danach kein Zweifel bestehen, daû sich die Höhe des Schadensersatzes nach
dem Gesamtgewinn aus dem Vertrieb der Reproduktionen in den Bildrahmen richten sollte.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist aber auch eine Auslegung entgegen einem an sich eindeutigen Wortlaut nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1987 - IVa ZR 22/86, NJW-RR 1988, 159, 160 = WM 1987, 1501; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 7, jeweils m.w.N.), wobei allerdings die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daû die Parteien mit der Formulierung ihrer Vereinbarung einen vom klaren Wortlaut abweichenden Sinn verbunden haben, bei dem liegt, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2000 - II ZR 34/99, NJW 2001, 144, 145; Urt. v. 13.11.2000 - II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421 = WM 2001, 169). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daû die Parteien ihrer Vergleichsvereinbarung einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beigelegt haben, ist aber nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Auslegung entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht damit begründet werden, daû in seiner Nr. 1 auf den Gegenstand des damals noch vor dem Berufungsgericht anhängigen Berufungsverfahrens verwiesen wird. Dieses Verfahren hatte - wie das Berufungsgericht selbst dargelegt hat - den Vertrieb der Reproduktionen in bemalten Unikatrahmen zum Gegenstand. Der Unterlassungsanspruch bezog sich demnach auf die Verbindung der Bilder mit den von anderer Hand gestalteten Rahmen. Der Kläger hatte in diesem Verfahren - wie im übrigen bereits in der Abmahnung - betont, daû die Rechtsverletzung seiner Ansicht nach in der rechtswidrigen Bearbeitung und Entstellung seiner Werke liege. Der Streit der Parteien ging daher nicht nur um die Verletzung von Rechten
des Klägers durch die Rahmengestaltungen, sondern jedenfalls auch um die Verletzung von Rechten an seinen Werken durch die Verwendung der Rahmen für den Vertrieb von Kunstdrucken dieser Werke. Diese Bestimmung des Verletzungsgegenstandes im damaligen Berufungsverfahren spricht deshalb nicht für, sondern gegen die Ansicht, daû der Schadensersatz nur nach dem auf die bemalten Rahmen entfallenden Gewinn berechnet werden sollte.

b) Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vergleichsurkunde spricht zwar eine Vermutung (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, GRUR 2001, 1164, 1165 = WRP 2001, 931 - buendgens; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 17, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist aber im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, daû auch Umstände auûerhalb der Urkunde für die Auslegung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 - IX ZR 358/00, NJW 2001, 3327, 3328 m.w.N.). Obwohl für die Auslegung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866, 868 = WRP 2000, 1306 - Programmfehlerbeseitigung ), können dabei auch Umstände aus Vorverhandlungen herangezogen werden, falls eine vom objektiven Erklärungsinhalt abweichende Willensübereinstimmung noch bei Abschluû des Vertrages bestand (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1997 - V ZR 285/95, NJW 1997, 1231, 1232; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 8). Solche Umstände, die gegen eine Auslegung des Vergleichs nach seinem Wortlaut sprechen könnten, liegen hier aber - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor.
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Januar 1998 hat die Beklagte angeboten, die Hälfte des Gewinns aus dem Vertrieb der Rahmen an den Kläger abzufüh-
ren. Für die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägervertreter habe mit seinem Schreiben vom 9. Februar 1998 (so richtig statt 13.2.1998) diesen Vergleichsvorschlag aufgegriffen und auch aus seiner eigenen Sicht lediglich geringfügig abgeändert, fehlt eine tragfähige Grundlage. Das Schreiben vom 9. Februar 1998 nimmt nicht auf den Vergleichsvorschlag vom 20. Januar 1998 Bezug, sondern auf ein im Verfahren nicht vorgelegtes Schreiben vom 6. Februar 1998, über dessen Inhalt nichts vorgetragen worden ist. Das Berufungsgericht hat zudem übergangen, daû der Klägervertreter bereits mit Schreiben vom 26. Januar 1998 auf das Vergleichsangebot geantwortet hatte. In diesem war der Gewinn, der hälftig an den Kläger herausgegeben werden sollte, bereits mit denselben Worten umschrieben wie später im Vergleich. Darin lag jedenfalls eine unübersehbare Absage an die Bestimmung des herauszugebenden Gewinns in dem Angebot der Beklagten. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich auf die Gewinndefinition der Beklagten geeinigt, weil sich der Kläger in seinem Vergleichsangebot vom 9. Februar 1998 mit dieser einverstanden erklärt habe, fehlt somit eine Grundlage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daû in diesem Schreiben davon die Rede ist, es werde eine "gegen Ihren Vorschlag etwas ergänzte" Vereinbarung angeboten. Über Art und Umfang der "Ergänzung" war damit nichts Entscheidendes gesagt; der Klägervertreter konnte vielmehr davon ausgehen , daû sein geändertes Vergleichsangebot von der Gegenseite eingehend geprüft werde. Aus der maûgeblichen Sicht des Klägers hat die Beklagte danach mit der Annahme des Vergleichsangebots ihren noch im Schreiben vom 20. Januar 1998 vertretenen Standpunkt, wie der Verletzergewinn zu berechnen sei, aufgegeben.
Das Berufungsgericht durfte allerdings auch nachvertragliche Äuûerungen der Parteien für die Auslegung der Vergleichsvereinbarung als Indiz heranziehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - VIII ZR 329/98, ZIP 2000, 1385, 1389 = WM 2000, 1648 m.w.N.). Es hat jedoch das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 12. Juni 1998 unzutreffend gewürdigt. In diesem Schreiben wird zwar eingangs dargelegt, es bestehe Einigkeit mit der Gegenseite , daû der kausal durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn hälftig an den Kläger zu zahlen sei. Unmittelbar anschlieûend wird aber dargelegt, daû sich dieser Gewinn "aus dem Verkaufspreis des Bildes in dem bemalten Bildrahmen abzüglich der dafür anfallenden Kosten" errechne.

c) Das Berufungsgericht hat weiterhin im Ansatz zutreffend bei seiner Auslegung berücksichtigt, daû die Parteien darin übereinstimmten, es solle entsprechend der Regelung in § 97 Abs. 1 UrhG der durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn hälftig herausgegeben werden. Das Berufungsgericht hat aber die Rechtslage unzutreffend beurteilt und deshalb bei seiner Entscheidung auch den Auslegungsgrundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 91/99, WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urt. v. 7.11.2001 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 14, jeweils m.w.N.) verletzt.
Gegenstand des Vergleichs waren rechtshängige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Urheberrechtsverletzungen in zweifacher Hinsicht: Zum einen wegen rechtswidriger Verwertung von Bearbeitungen der Werke des Klägers ohne dessen Einwilligung, zum anderen wegen der Beeinträchtigung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte.

(1) Für die Beurteilung der Frage, ob diese Schadensersatzansprüche dem Grunde nach bestanden, war für die Parteien das zuvor ergangene - damals noch nicht rechtskräftige - Teilurteil des Landgerichts vom 2. Oktober 1997 eine maûgebliche Grundlage.
aa) Das Landgericht hat in seinem Teilurteil angenommen, daû der Vertrieb von Kunstdrucken der Werke "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in den von dritter Hand gestalteten Rahmen ohne Einwilligung des Klägers eine rechtswidrige Verwertung von Bearbeitungen war (§ 23 UrhG).
Das Landgericht hat dazu ausgeführt, daû die Wesenszüge der Originale in den Bemalungen in der Weise durchschimmerten, daû sich die Bilder nach dem Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters zumindest teilweise über den Bildrand hinaus in den Rahmen fortsetzten. Bei dem Bild "Die vier Einsamkeiten" befinde sich in der Bildmitte eine wasserartige blaue Fläche mit schwarzen, wellenförmigen Linien, in die baumartige, schwarz-weiû gehaltene Figuren eingesetzt seien. Diese Farben und Figuren fänden sich auch - in gleicher Höhe wie im Bild - auf dem rechten und dem linken Teil des Rahmens. Rechteckige Kästchen im unteren Bildteil, die teils einfarbig, teils mehrfarbig ausgemalt seien, entsprächen ähnlichen Kästchen im unteren Rahmenteil. Auf diesem sei - wie unten im Bild - ein Gelbton vorherrschend.
Für das Bild "Hundertwasser-Haus in Wien" gelte Entsprechendes. Hier setze sich die in einem Weiûton gehaltene Fläche im linken unteren Teil des
Bildes in den Rahmen hinein fort, so daû der Eindruck einer viel gröûeren fre ien Straûenfläche als auf dem Bild selbst entstehe. Zwei Gebäuden mit Zwiebeltürmen , die auf dem Bild zu sehen seien, entspreche auf dem linken Rahmenteil ein weiteres Gebäude mit einem Zwiebelturm.
Ein unvoreingenommener Betrachter könne auf den Gedanken kommen, der Kläger selbst habe auch die Rahmen der beiden Bilder gemalt. Die Bilder seien von der Beklagten ersichtlich in den Zusammenhang von "Gesamtkunstwerken" gestellt worden.
Aus dieser Beurteilung des Landgerichts, der das Berufungsgericht zugestimmt hat, ergibt sich, daû dem Kläger gegen die Beklagte wegen des Vertriebs seiner Bilder in den von dritter Hand bemalten Rahmen Ansprüche aus § 97 Abs. 1, § 23 Satz 1 UrhG zustanden.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG kann auch dann vorliegen, wenn das abhängige Werk das benutzte - wie dies hier der Fall ist - als solches unverändert wiedergibt. Das urheberrechtlich geschützte Werk ist die persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Es ist ein Immaterialgut, das im Werkstück lediglich konkretisiert wird (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 10). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob für die Bearbeitung das Original oder ein sonstiges Werkstück in seiner Substanz verändert wurde. Bei einer Übernahme eines Werkes ohne jede Änderung wird allerdings regelmäûig eine Umgestaltung des Werkes zu verneinen sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion; vgl. auch Schricker/Loewenheim aaO § 23 Rdn. 6; Ahlberg in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 23
Rdn. 11). Eine Bearbeitung ist aber dann anzunehmen, wenn ein geschütztes Werk in ein neues "Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daû es als dessen Teil erscheint. Dies ist bei Zugrundelegung der Feststellungen des Landgerichts hier der Fall. Nach diesen sind Bild und Rahmen in den beiden Fällen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, schon deshalb nach dem Gesamteindruck ein einheitliches Ganzes, weil die Ausgestaltung der Rahmen jeweils eine Bearbeitung eigenschöpferischer Elemente der Bilder ist.
bb) Aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ging weiter zweifelsfrei hervor, daû die Verwendung von Rahmen, deren Bemalung als Erweiterung der Bilder wirke, die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an den betroffenen Werken "Die vier Einsamkeiten" und "Hundertwasser-Haus in Wien" verletzt hat (§ 14 UrhG).
Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig voraus, daû das Werk selbst verändert wird. Es genügt, wenn die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk - ohne inhaltliche Änderung des Werkes - durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.1981 - I ZR 137/79, GRUR 1982, 107, 109 f. - Kirchen-Innenraumgestaltung; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.10.1998 - I ZR 104/96, GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; vgl. weiter v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 14 Rdn. 8; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21, 23 ff.; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 14 Rdn. 8 f.; Federle, Der Schutz der Werkintegrität gegenüber dem vertraglich Nutzungsberechtigten im deutschen und USamerikanischen Recht, 1998, S. 41 f.). Eine derartige Beeinträchtigung ist je-
denfalls dann anzunehmen, wenn - wie hier - ein geschütztes Werk mit Zutaten von dritter Hand zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigt wird, das unbefangene Betrachter ohne weiteres insgesamt als Werk des Urhebers des Originalwerkes ansehen können. Durch ein solches Vorgehen wird das wesentliche Interesse des Urhebers verletzt, sich und seinem Werk nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1988 - I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 108 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung). Unerheblich ist dabei, ob die Umgestaltung der Werke durch ihre Erweiterung zu "Gesamtkunstwerken" aus Bild und Rahmen künstlerisch gelungen ist (vgl. BGH GRUR 1989, 106, 107 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21 m.w.N.).
(2) Die Schadensersatzansprüche des Klägers richteten sich gemäû § 97 Abs. 1 UrhG jeweils - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bei einem Verlangen von Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns nicht nur auf den Gewinn aus dem Verkauf der von dritter Hand bemalten Rahmen, sondern auf den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen.
aa) Wegen der rechtswidrigen Verwertung einer Bearbeitung kann Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns nur insoweit verlangt werden, als der Gewinn auf der unbefugten Benutzung des geschützten Gutes beruht (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 f. - Videolizenzvertrag; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 174 m.w.N.). Im Streitfall steht jedoch - wie dargelegt - nicht nur eine rechtswidrige Verwertung von Rahmen, die in Bearbeitung der Werke des Klägers gestaltet sind, in Re-
de. Es geht vielmehr auch um eine rechtswidrige Verwertung der benutzten Werke selbst, die nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung der Vorinstanzen durch ihre Einbeziehung in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen bearbeitet worden sind. Dabei ist es nach der Lebenserfahrung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - sehr wahrscheinlich, daû der Gewinn der Beklagten dadurch mitverursacht worden ist, daû der Verkauf der Kunstdrucke, der als solcher zulässig gewesen wäre, durch die Einbeziehung der Bilder in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen wesentlich gefördert worden ist. Ein in dieser Weise erzielter Gewinn war im Fall einer Schadensersatzpflicht neben dem Gewinn aus dem Verkauf der Rahmen als solcher herauszugeben (vgl. dazu auch - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II; vgl. weiter Schrikker /Wild aaO § 97 Rdn. 67; Delahaye, GRUR 1986, 217, 218 m.w.N.). Die Höhe des durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinnanteils hätte gegebenenfalls geschätzt werden können (vgl. dazu - zum Wettbewerbsrecht - BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II).
bb) Ein Schadensersatz wegen der Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an seinen Werken war bei der Bemessung nach dem Verletzergewinn ebenfalls auf der Grundlage des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu ermitteln.
Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts als eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts (§§ 12 ff. UrhG) verpflichtet gemäû § 97 Abs. 1 UrhG zum Ersatz des dadurch entstandenen materiellen Schadens. Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann auch Schadensersatz in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangt werden (vgl. v. Gamm aaO
§ 97 Rdn. 4, 36; Schricker/Wild aaO § 97 Rdn. 2; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 46; Hertin in Fromm/Nordemann aaO § 97 Rdn. 3). Dabei war hier davon auszugehen, daû die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers nicht nur durch den Verkauf der Rahmen als solcher, sondern durch den Verkauf der Bilder in den Rahmen verletzt worden sind. Dementsprechend ging es im Streitfall bei der vergleichsweisen Regelung des Schadensersatzanspruchs um die Schätzung, welcher Anteil des Gewinns gegebenenfalls aufgrund dieser Rechtsverletzung erzielt worden ist. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie für die rechtswidrige Verwertung der Bilder in den Rahmen als Bearbeitungen der Werke des Klägers.
cc) Die Regelung in Nr. 2 des Vergleichs, daû die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, bei der Ermittlung des Gewinns Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer abzuziehen, spricht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht dagegen, daû sich die Parteien darauf geeinigt haben, den Schadensersatz anhand des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu bemessen. Eine solche vertragliche Regelung steht vielmehr auch in Einklang mit der sich aus § 97 Abs. 1 UrhG ergebenden Rechtslage.
Die Leistung von Schadensersatz soll den Verletzer nicht so stellen, als habe er rechtmäûig gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1993 - I ZR 148/91, GRUR 1993, 899, 901 - Dia-Duplikate); auch seine Abnehmer werden dadurch nicht in eine Lage versetzt, als hätten sie ihre Vereinbarungen mit einem Berechtigten getroffen. Mit Schadensersatzzahlungen an seine Abnehmer erledigt der Verletzer demgemäû nur eigene Angelegenheiten. Bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns wird fingiert, daû der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutz-
rechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. BGHZ 145, 366, 372 - Gemeinkostenanteil). Dieser Gewinn wäre jedoch nicht durch Schadensersatzzahlungen an die Abnehmer geschmälert worden. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Gedanken, daû der Verletzer letztlich so zu behandeln ist, als habe er in angemaûter Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB gehandelt mit der Folge, daû er Ersatz seiner Aufwendungen gemäû § 687 Abs. 2 Satz 2, § 684 Satz 1 BGB nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen kann (vgl. BGHZ 145, 366, 371 f., 374 - Gemeinkostenanteil). Für Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer dafür, daû diese gehindert sind, die erworbenen Kunstdrucke in den bemalten Rahmen weiterzuveräuûern, hätte die Beklagte aber nicht Aufwendungsersatz verlangen können, weil der Kläger durch solche Zahlungen nicht bereichert worden ist.
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann danach keine Rede davon sein, daû sich die Beklagte bei einer Auslegung des Vergleichs im Sinne des Klägervorbringens zur Erstattung eines Betrages verpflichtet hätte, der den nach § 97 Abs. 1 UrhG zu leistenden Schadensersatz um mehr als das Zehnfache überstiegen hätte. Der Vereinbarung, daû nur die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen herauszugeben sei, liegt vielmehr der Sache nach schon eine Schätzung zugrunde, in welchem Umfang dieser Gewinn auf die Rechtsverletzungen zurückzuführen ist, sowie die Berücksichtigung einer Restunsicherheit hinsichtlich der Feststellung der Rechtsverletzungen selbst, die sich daraus ergab, daû das landgerichtliche Teilurteil bei Abschluû des Vergleichs noch nicht rechtskräftig geworden war. Der Abschluû des Vergleichs war danach auch bei seiner Auslegung entspre-
chend seinem Wortlaut eine für beide Seiten sinnvolle Regelung, um das Verfahren in einer Zeit und Kosten sparenden Weise zu beenden.
3. Die Auslegung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daû der von den Parteien geschlossene Vergleich über die Höhe des Schadensersatzes entsprechend dem Wortlaut der Vereinbarung auszulegen ist. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Die Verfahrensrüge der Revision des Klägers, das Berufungsgericht habe sein Beweisangebot übergangen, seinen anwaltlichen Vertreter zum Inhalt der Vergleichsverhandlungen als Zeugen zu vernehmen , hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
II. Die Berechnung des Schadensersatzes auf der Grundlage der Auskunft der Beklagten ist unstreitig. Der Zinsanspruch ist gemäû § 288 BGB a.F. begründet. Die Beklagte wurde vom Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 1998 unter Fristsetzung bis zum 2. Juni 1998 zur Zahlung aufgefordert und befindet sich demgemäû seit Ablauf dieser Frist in Verzug.
D. Auf die Revision des Klägers war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf seine Berufung das Schluûurteil des Landgerichts abzuändern. Der Zahlungsklage war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 115/04 Verkündet am:
1. August 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GWB § 97 Abs. 1, 2; VOB/A §§ 21 Nr. 1 Abs. 2, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b

a) Die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen für die Angebote sind auch im Verhandlungsverfahren
verbindlich, solange sie nicht vom Auftraggeber transparent
und diskriminierungsfrei gegenüber allen noch in die Verhandlungen einbezogenen
Bietern aufgegeben oder geändert worden sind (Fortführung von Sen.Urt. v.
08.09.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644; v. 16.12.2003 - X ZR 282/02,
NJW 2004, 2165).

b) Angebote, die eine für die Bieter unzumutbare Vorgabe nicht erfüllen, dürfen nicht
ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss kommt danach nicht in Betracht, soweit
die Ausschreibungsbedingungen eine technisch unmögliche Leistung verlangen
(Fortführung von Sen.Beschl. v. 18.02.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293,
295 f.).

c) Werden an den Inhalt der Angebote unerfüllbare Anforderungen gestellt, so muss
die Vergabestelle die Ausschreibung entweder gemäß § 26 Nr. 1 VOB/A aufheben
oder diskriminierungsfrei die Leistungsbeschreibung soweit ändern, wie es erforderlich
ist, um die unerfüllbaren Anforderungen zu beseitigen.
BGB § 276 Fa; VOB/A § 25 Nr. 3

d) Für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines
Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter
ist entscheidend, ob dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung
der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle
gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag erteilt werden
musste (Fortführung von Sen.Urt. v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, NZBau 2003, 168;
Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165).
VOB/A § 25 Nr. 3

e) Bei einer Ausschreibung mit Leistungsprogramm ist es jedenfalls dann unzulässig,
die Preise der Angebote mittels einer Mengenkorrektur zum Zweck der Wertung
vergleichbar zu machen, wenn ein Einfluss der angebotenen Mengen auf die Angebotsbewertung
nicht transparent gemacht worden ist.
BGH, Urt. v. 1. August 2006 - X ZR 115/04 - OLG Köln
LG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 1. Juli 2004 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt das beklagte Klinikum auf entgangenen Gewinn wegen Nichterteilung des Auftrags für die Ersatzbeschaffung der Ver- und Entsorgungsanlage (AWT-Anlage) für die medizinischen Einrichtungen der Universität K. in Anspruch.

2
Das Staatliche Bauamt K. I als Vergabestelle schrieb diesen Auftrag im August 1997 europaweit im offenen Verfahren aus. In der "Aufforderung zur Abgabe eines Angebots" waren als Kriterien für die Auftragserteilung unter anderem Preis und Qualität genannt. Der Aufforderung war eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm beigefügt, in der es unter "0.2.1 Pauschalfestpreis" heißt: "Im Rahmen dieses Vertrages ist zum vereinbarten Pauschalpreis in der vereinbarten Zeit eine betrieblich und technisch, nach den Regeln der Technik und nach den baufachlichen Bestimmungen einwandfrei funktionierende Anlage betriebsfertig herzustellen, einzubauen und in Betrieb zu nehmen."
3
Auf diese Ausschreibung gaben außer der Klägerin nur die Unternehmen V. (VA) und D. Angebote ab. Die Angebotssumme aller drei Angebote überstieg jeweils die für die Maßnahme genehmigten Finanzmittel etwa um das Doppelte. Die Vergabestelle hob daraufhin die Ausschreibung auf. Darüber wurden die Bieter mit dem Hinweis informiert, dass nun ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werde.
4
In dem Verhandlungsverfahren wurden die drei Bieter aufgefordert, ihre Angebote bei unveränderter Transportaufgabenstellung anhand ihrer fabrikatsspezifischen Besonderheiten zu optimieren und die Anlagenkosten zu minimieren. Ein verändertes Leistungsprogramm wurde nicht erstellt. VA legte ein zweites Angebot mit einer Angebotssumme von 24.237.643,-- DM vor. Das zweite Angebot der Klägerin endete mit einer Angebotssumme von 22.977.414,-- DM, das des dritten Bieters D. mit einem Betrag von 26.145.825,-- DM.

5
Die Vergabestelle hatte die Streithelferin mit der Prüfung der Angebote beauftragt. Die Bewertung der Streithelferin vom 4. Dezember 1997 schloss für die Klägerin und VA jeweils mit dem Fazit: "Unter der Voraussetzung, dass die FTS-spezifischen Forderungen von allen Gewerken erbracht werden, erfüllt das angebotene FTSSystem die gestellten Logistikaufgaben und kann daher empfohlen werden."
6
Hinsichtlich des Angebots von D. kam die Streithelferin zu dem Ergebnis , dass dieses in weiten Teilen nicht den im Leistungsprogramm definierten Anforderungen entspreche.
7
Wegen der Unterschiede zwischen den angebotenen Konzepten der beteiligten Bieter "normierte" die Streithelferin die Angebote zwecks Vergleichbarkeit. Ausgangspunkt waren dafür Mengenansätze, die die Streithelferin aufgrund einer überarbeiteten Planung selbst ermittelt hatte. Soweit die von ihr ermittelten Mengen von den angebotenen Mengen der Bieter abwichen, hat die Streithelferin die Mengendifferenz zu den von dem jeweiligen Bieter angegebenen Einzelpreisen bei den einzelnen Ausschreibungspositionen aus dem Angebotspreis heraus- oder ihm hinzugerechnet. Dies hatte zur Folge, dass sich das Angebot von VA geringfügig, dasjenige der Klägerin hingegen deutlich verteuerte. Daraufhin sprach sich die Streithelferin in ihrer abschließenden Vergabeempfehlung für eine Auftragserteilung an VA aus. Unter dem 16. Dezember 1997 erteilte die Vergabestelle der VA den Auftrag.
8
Die auf Ersatz des infolge Nichterteilung des Auftrags entgangenen Gewinns in Höhe von 1.793.310,26 € gerichtete Klage hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens dem Grunde nach als gerechtfertigt angesehen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


9
Die Revision hat Erfolg. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz auf positives Interesse nicht.
10
I. Das Berufungsgericht geht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats davon aus, dass einem Bieter ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns zustehen kann, wenn er den Auftrag bei ordnungsgemäßer Vergabe hätte erhalten müssen und wenn der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich an einen anderen Bieter vergeben worden ist (vgl. Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644; Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165). Das Berufungsgericht meint, das Angebot der Klägerin sei demjenigen von VA mindestens gleichwertig, so dass dem Angebotspreis maßgebliche Bedeutung zukomme. Die von der Streithelferin vorgenommene "Normierung" der Angebote für den Preisvergleich sei nicht zulässig, weil die Vergabe zu einem Pauschalpreis ausgeschrieben worden sei und infolgedessen der Auftragnehmer das Mengenermittlungsrisiko trage. Bei ordnungsgemäßer Durch- führung des Vergabeverfahrens hätte deshalb der Klägerin der Auftrag erteilt werden müssen.
11
II. Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass das Angebot der Klägerin von den Vorgaben der Ausschreibung abweichen kann und nach ständiger Rechtsprechung des Senats gegebenenfalls hätte ausgeschlossen werden müssen. Das Berufungsgericht hätte der Klägerin nicht dem Grunde nach positives Interesse zusprechen dürfen, ohne zuvor die Ausschreibungskonformität ihres Angebots zu prüfen. Anlass zu dieser Prüfung bestand nach dem für die Revision maßgeblichen Sachverhalt unter zwei Aspekten, die jeder für sich gegebenenfalls zu einem Ausschluss des Angebots der Klägerin und zur Abweisung ihrer Schadensersatzklage führen können.
12
1. Der Beklagte hat sowohl vor dem Landgericht wie auch vor dem Berufungsgericht unter Beweisantritt vorgetragen, die Ausschreibung habe ausdrücklich gefordert, dass eine Beendigung der aktuellen Transportaufträge durch die FTS-Fahrzeuge trotz Ausfalls der kompletten Dispositionsebene, also des Rechnersystems, gewährleistet sein müsse; dies sei bei der von der Klägerin gewählten Lösung nach deren Angaben nicht möglich gewesen. Da der Beklagte das auch schon in erster Instanz vorgetragen hatte, stand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO der Berücksichtigung dieses Vorbringens nicht entgegen. Sofern es den Ausschluss des Angebots der Klägerin nicht schon wegen Fehlen des Pauschalfestpreises für geboten hielt (dazu unten 2.), hätte das Berufungsgericht deshalb eigene Feststellungen zu der Frage treffen müssen, ob die FTS-Fahrzeuge im Angebot der Klägerin in der Lage sind, ihre Transportaufträge auch bei Rechnerausfall zu beenden. Denn sollte dies nicht der Fall sein, wiche das Angebot der Klägerin von einer zwingenden Anforderung des Leistungsprogramms ab.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es eine gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen, wenn das Angebot eines Bieters eine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses nicht einhält. Eine solche Abweichung führt - jedenfalls in der Regel - zwingend zum Ausschluss des Angebots von der Wertung gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A (vgl. nur Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634; Beschl. v. 18.02.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 295 f.; zuletzt Urt. v. 24.05.2005 - X ZR 243/02, NZBau 2005, 703). Bei einer funktionalen Ausschreibung tritt an die Stelle des Leistungsverzeichnisses das Leistungsprogramm. Eine Abweichung von dessen verbindlichen Vorgaben stellt nicht anders als eine Abweichung vom Leistungsverzeichnis eine Änderung an den Verdingungsunterlagen dar.
14
Die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Behandlung unvollständiger oder geänderter Angebote gelten auch im Verhandlungsverfahren. Zwar ist gemäß § 3a Nr. 1 lit. c VOB/A Wesensmerkmal des Verhandlungsverfahrens, dass der Auftraggeber mit den Bietern über den Auftragsinhalt verhandelt. Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot als tragende Grundlagen des Vergaberechts verlangen aber, dass die Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen an die Angebote auch im Verhandlung sverfahren verbindlich sind, solange sie nicht vom Auftraggeber transparent und diskriminierungsfrei gegenüber allen noch in die Verhandlungen einbezogenen Bietern aufgegeben oder geändert werden. Für eine Änderung der Anforderungen der Ausschreibung in Bezug auf das Verhalten der FTS-Fahrzeuge bei Rechnerausfall ist auf der Grund- lage des für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts nichts ersichtlich.
15
Der zwingende Ausschlussgrund der Abweichung von den Verdingungsunterlagen ist im Schadensersatzprozess unabhängig davon zu berücksichtigen , ob sich der Auftraggeber im Vergabeverfahren darauf berufen hat (Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 85/97).
16
b) Das Berufungsgericht wird daher der Klägerin den begehrten Schadensersatz nicht zusprechen können, ohne Feststellungen zum Inhalt der Ausschreibung bezüglich der Fähigkeit der FTS-Fahrzeuge, ihre Transportaufträge bei Rechnerausfall zu beenden, sowie dazu zu treffen, ob das Angebot der Klägerin gegebenenfalls diesen Anforderungen entsprach. Allerdings hat der gerichtliche Sachverständige in seinem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Gutachten die Anforderung zur Beendigung der Fahraufträge bei Rechnerausfall für eine "eigentlich unerfüllbare Forderung" gehalten (GA II 507). War diese Vorgabe der Ausschreibung tatsächlich objektiv nicht erfüllbar, wäre sie für die Bieter unzumutbar mit der Folge, dass Angebote, die sie nicht einhalten, nicht ausgeschlossen werden dürften (vgl. Sen.Beschl. v. 18.02.2003, aaO, 296). Dennoch könnte dann der Klägerin der begehrte Schadensersatz zu versagen sein, wenn sie die Unerfüllbarkeit der Anforderung zur Beendigung der Fahraufträge hätte erkennen müssen. Als Folge davon hätte bei ihr schon vor Abgabe ihres Angebots kein schutzwürdiges Vertrauen mehr darauf bestanden, dass der Beklagte seine für das Leistungsprogramm bestehenden vergaberechtlichen Bindungen einhalten werde. Mangels schutzwürdigen Vertrauens käme dann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht in Betracht (Sen. in st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 124, 64, 70; Urt. v. 12.06.2001 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698).

17
Sollte es sich bei der Anforderung zur Beendigung der Fahraufträge um eine unerfüllbare Forderung gehandelt haben, begegnet das Ersatzverlangen der Klägerin darüber hinaus einem weiteren Bedenken. In diesem Fall hätte der Beklagte das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne Weiteres durch Zuschlag beenden dürfen. Er hätte entweder die Ausschreibung gemäß § 26 Nr. 1 VOB/A aufheben oder diskriminierungsfrei das Leistungsprogramm, soweit zur Beseitigung unerfüllbarer Anforderungen erforderlich, ändern und den Bietern angemessene Gelegenheit zur Abgabe neuer Angebote auf der Basis des veränderten Leistungsprogramms geben müssen. In beiden Fällen wäre aber ungewiss , ob die Klägerin danach den Zuschlag erhalten musste, so dass ihr dann auch aus diesem Grund der eingeklagte Schadensersatz nicht zustehen könnte.
18
2. Das Angebot der Klägerin könnte auch unter einem anderen Aspekt zwingend auszuschließen sein. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die von keiner Partei in Zweifel gezogen werden, hatten die Bieter das ausgeschriebene Leistungsprogramm zu einem Pauschalpreis anzubieten. Die Revision macht jedoch geltend, der Sachverständige habe ausgeführt, dass sich sowohl die Klägerin als auch VA vorbehalten hätten, erst durch eine Simulation in der Feinplanungsphase die genaue Anzahl der benötigten FTSFahrzeuge zu ermitteln und dann eine Gutschrift oder einen Nachtrag zu erstellen. Die Revision meint zwar, es handele sich insoweit um nicht von dem Pauschalpreis erfasste Zusatzarbeiten. Dafür gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt. Vielmehr war die für die betrieblichen Anforderungen des Beklagten erforderliche Anzahl der FTS-Fahrzeuge notwendiger Bestandteil des nachgefragten Leistungsprogramms. Danach war zum vereinbarten Pauschalpreis in der vereinbarten Zeit eine betrieblich und technisch, nach den Regeln der Technik und nach den baufachlichen Bestimmungen einwandfrei funktionierende Anlage betriebsfertig herzustellen, einzubauen und in Betrieb zu nehmen. Das ist ohne die erforderliche Zahl von FTS-Fahrzeugen nicht möglich.
19
Das Berufungsgericht wird daher, sofern es die Klage nicht mangels Erfüllung der Anforderung zur Beendigung der Transportaufträge bei Rechnerausfall abweist, klären müssen, ob die Klägerin zu dem geforderten Pauschalpreis angeboten hat oder ob sie diese Anforderung der Ausschreibung wegen eines Preisvorbehalts hinsichtlich der Zahl der benötigten FTS-Fahrzeuge nicht erfüllt hat. Sollte die Klägerin keinen Pauschalpreis angeboten haben, wäre ihr Angebot zwingend auszuschließen. Es ist nichts dafür dargetan, dass die Angabe eines Pauschalpreises den Bietern im vorliegenden Fall unzumutbar war. Denn sie hätten etwa versuchen können, die benötigte Anzahl der FTS-Fahrzeuge durch Simulationen und Informationsanfragen an den Beklagten zu ermitteln, oder sie hätten in ihr Angebot die erforderlichen Sicherheitsmargen hinsichtlich der Zahl der benötigten Fahrzeuge einkalkulieren können.
20
III. 1. Sollte die Klägerin in schutzwürdiger Weise auf die Einhaltung der VOB/A durch den Beklagten vertraut haben und ihr Angebot nicht auszuschließen sein, so wäre auf der Grundlage des für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts der Klage ohne Weiteres stattzugeben, ohne dass es auf die von den Parteien erörterten Fragen der Angebotsbewertung ankäme. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts steht fest, dass gemäß Ausschreibung ein Hot-stand-by-Rechner gefordert war, VA jedoch (anders als die Klägerin) lediglich einen Cold-stand-by-Rechner angeboten hatte. Das Berufungsgericht erwähnt auch, dass die Streithelferin schon in ihrer ursprünglichen Auswertung bemerkte, dass das Leitstandkonzept von VA mit dem Angebot eines Cold-stand-by-Rechners nicht den gestellten Anforderungen entsprach.
Da das Angebot des dritten Bieters D. laut Angebotsauswertung in weiten Teilen nicht die im Leistungsprogramm definierten Anforderungen erfüllte, wäre in diesem Fall allein das Angebot der Klägerin zu werten gewesen. Nachdem der ausgeschriebene Auftrag jedoch VA erteilt worden ist, wäre der Klägerin dann Schadensersatz in Form des positiven Interesses zuzusprechen, sofern ihr eigenes Angebot gewertet werden durfte und der Beklagte bei ihr schutzwürdiges Vertrauen auf die Einhaltung der VOB/A verletzt hat.
21
2. Im Hinblick auf die vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsansichten hält der Senat noch folgende Hinweise für angezeigt:
22
a) Hinsichtlich der Position "1.3.10 Zusatzfördersysteme" meint das Berufungsgericht , die Vergabestelle hätte die Klägerin vor einer abschließenden Entscheidung über die Auftragserteilung darauf hinweisen müssen, dass sie beabsichtige, bei dieser Ausschreibungsposition höhere Anforderungen als nach dem Leistungsprogramm zu stellen. Da dies unterlassen worden sei, hätte die Beklagte die Angebote von VA und der Klägerin insoweit gleich bewerten müssen. Das Leistungsprogramm formuliert zur Position 1.3.10 indes nur Mindestanforderungen. Höhere Leistungen konnten deshalb im Rahmen der qualitativen Bewertung grundsätzlich positiv berücksichtigt werden. Die Qualität der Angebote war in der Aufforderung zur Angebotsabgabe als Vergabekriterium genannt. Der Beklagte hat zu Position 1.3.10 auf eine größere Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Systems von VA infolge redundanter Sicherheitssysteme verwiesen. Allerdings kann die höhere Qualität einer Leistung nur dann wertungsrelevant werden, wenn die angebotene Leistung den Anforderungen der Ausschreibung entspricht und sich nicht als Aliud darstellt. Denn anderenfalls läge eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen vor, die jedenfalls bei einem Hauptangebot zum Ausschluss von der Wertung führen müsste.

23
b) Das Berufungsgericht meint, dass die von der Streithelferin für die Vergabestelle vorgenommene "Normierung" der Angebote zwecks Vergleichbarkeit vergaberechtlich unzulässig war. Das überzeugt im Ergebnis, jedoch nicht in allen Teilen der Begründung.
24
Das Berufungsgericht hebt entscheidend auf den Charakter der Vergabe als funktionale Ausschreibung mit Pauschalpreis ab, bei der nach Auftragserteilung Mengenänderungen nicht zu Preisänderungen führten. Die Frage, ob es aufgrund der Art des ausgeschriebenen Vertrags nach dessen Abschluss zu Preisänderungen kommen kann, ist jedoch zu unterscheiden von der Frage, welchem Angebot der Zuschlag gebührt. Auch bei einer funktionalen Ausschreibung mit Pauschalpreis kann es geboten sein, qualitativ unterschiedliche Angebote auf angemessene Weise vergleichbar zu machen. Das ist der Fall, wenn der Preis nicht alleiniges Vergabekriterium ist, sondern etwa auch die Qualität der Leistung. Der Auftraggeber ist dann nicht gehindert, den Zuschlag auf ein ausschreibungskonformes, qualitativ besseres Angebot mit höherem Preis zu erteilen. Um eine objektive Bewertung der Angebote sicher zu stellen, ist es in diesem Fall eine zulässige Methode, Qualitätsunterschiede in geeigneter Weise zu bepreisen und in Form von Zuschlägen oder Abschlägen auf den Angebotspreis zu berücksichtigen.
25
Die im vorliegenden Fall für die Vergabestelle vorgenommene "Normierung" ist jedoch vergaberechtlich unzulässig, weil in intransparenter Weise Preisanpassungen allein auf der Grundlage den Bietern nicht offen gelegter Vergleichszahlen für die nachgefragten Mengen von Systemkomponenten erfolgten. Bei einer Ausschreibung mit Leistungsprogramm ist es jedenfalls dann unzulässig, die Preise der Angebote mittels einer Mengenkorrektur zum Zweck der Wertung vergleichbar zu machen, wenn ein Einfluss der angebotenen Mengen auf die Angebotsbewertung von der Vergabestelle nicht transparent gemacht worden ist. Das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass bei einer solchen Ausschreibung der Bieter das Mengenermittlungsrisiko trägt, weil er für die Erfüllung der Anforderungen des Leistungsprogramms einzustehen hat. Sollte der nach dem Leistungsprogramm geschuldete Erfolg mit den angebotenen Mengen nicht zu erreichen sein, wäre der erfolgreiche Bieter zur Lieferung der benötigten Menge verpflichtet, ohne dafür eine Anpassung der Vergütung verlangen zu können. Eine zulässige qualitative Bewertung der Angebote kann in der für die Vergabestelle vorgenommenen "Normierung" der Angebote nicht erkannt werden. Eine unterschiedliche Qualität der Angebote wurde vorliegend gerade nicht bepreist.
26
c) Nach Auffassung des Berufungsgerichts muss sich die Vergabestelle an der ursprünglich für sie von der Streithelferin vorgenommenen Angebotsbewertung im Schadensersatzprozess festhalten lassen. Das trifft nicht zu. Zwar ist es, wie der Senat wiederholt entschieden hat, unzulässig, nachträglich weitere Vergabekriterien einzuführen (vgl. Sen.Urt. v. 17.02.1999 - X ZR 101/97, NJW 2000, 137, 139; Urt. v. 03.06.2004 - X ZR 30/03, NZBau 2004, 517). Jedoch ist für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter Voraussetzung, dass dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums (vgl. Sen.Urt. v. 06.02.2002 - X ZR 185/99, NJW 2002, 1952, 1954) der Zuschlag erteilt werden musste. Der Vergabestelle ist es nicht verwehrt, sich im Prozess auf die objektiv richtige Bewertung zu berufen.
27
d) Zutreffend hält das Berufungsgericht das Verhandlungsverfahren der Vergabestelle für mangelhaft, weil der Ablauf der Verhandlungen den Bietern nicht mitgeteilt und insbesondere nicht offen gelegt wurde, bis zu welchem Zeitpunkt die Vergabestelle Änderungen akzeptieren werde. Das ist mit dem vergaberechtlichen Transparenzgebot, das auch schon vor Inkrafttreten des § 97 GWB n.F. zu beachten war, unvereinbar.
28
IV. Der Rechtsstreit ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, übertragen ist.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Mühlens Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 17.12.2002 - 5 O 520/99 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.07.2004 - 18 U 12/03 -

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.

(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

(1) Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.

(2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)