vorgehend
Landgericht Köln, 29 S 102/09, 15.10.2009
Amtsgericht Köln, 215 C 36/08, 15.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 2/10
Verkündet am:
10. Juni 2011
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auch bei der Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels aufgrund einer in der Teilungserklärung
enthaltenen Öffnungsklausel steht den Wohnungseigentümern ein
weiter Gestaltungsspielraum zu.
BGH, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR 2/10 - LG Köln
AG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juni 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15. Oktober 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentumsanlage besteht zumindest aus 97 Eigentumswohnungen und einer Teileigentumseinheit. § 6 Abs. 4 der Teilungserklärung (TE) lautet: "Die Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnungsabschlusstüren, der Außenfenster und anderer Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand erforderlich sind, sowie von Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, obliegt, auch wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume befinden, dem Wohnungs- bzw. Teileigentümer insoweit, als sie infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Eigentümer, seinen Angehörigen oder Personen , denen er die Wohnung oder einzelne Räume überlassen hat, notwendig werden."
2
Nach § 12 Abs. 1 TE gehören zu den Betriebskosten u.a. die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung, soweit diese gemäß § 6 TE den Wohnungseigentümern obliegen. § 12 Abs. 2 TE lautet auszugsweise: "Soweit nicht in dieser Teilungserklärung etwas anderes bestimmt ist, bemißt sich der auf jeden Wohnungs- und Teileigentümer entfallende Anteil an den im vorstehenden Absatz bezeichneten Kosten nach dem Verhältnis der im Grundbuch einzutragenden Miteigentumsanteile … Die Eigentümer können mit 2/3 Mehrheit einen anderen Kostenverteilungsschlüssel beschließen."
3
In der Praxis nahmen die Wohnungseigentümer den Austausch der Außenfenster in eigener Regie und auf eigene Kosten vor. Die zur Legitimierung dieses Vorgehens auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. Mai 2003 zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 10 beschlossene Regelung wurde jedoch rechtskräftig für ungültig erklärt.
4
Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 15. Mai 2008 fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 9 "in Ausübung der Öffnungsklausel gemäß § 12 Abs. 2 der Teilungserklärung" folgenden Beschluss: "Mit sofortiger Wirkung (ab heute) werden die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster und Balkontüren der Wohnungen von demjenigen Eigentümer getragen, der Eigentümer der jeweiligen Wohnung ist, zu dem die Fenster und Balkontüren gehören … Die vorstehende Regelung ist nur eine Kostentragungsregelung. Die Zuständigkeit für die Instandhaltungsmaßnahme selbst, deren Durchführung und Umsetzung sowie Entscheidung über die Durchsetzung verbleibt bei der Wohnungseigentümergemeinschaft."
5
In dem Beschluss heißt es ferner, der sachliche Grund für die Änderung der Kostenverteilung liege darin, dass die Fensterelemente dem unmittelbaren Zugriff und dem Gebrauch des jeweiligen Wohnungseigentümers bzw. Wohnungsnutzers unterlägen. In der Vergangenheit sei die Kostenverteilung ebenfalls so gehandhabt worden, so dass durch die jetzige Beschlussfassung Konti- nuität sichergestellt werde. Der Beschluss wurde mit 49 Ja- und 3-Neinstimmen bei 1 Enthaltung gefasst.
6
Die gegen diesen Beschluss erhobene Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht hat den Beschluss für ungültig erklärt. Mit der zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Kläger ist nach Einlegung dieses Rechtsmittels verstorben. Seine Erben, die nunmehrigen Kläger, beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht meint, es könne offen bleiben, ob der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst worden sei. Er sei jedenfalls deshalb für ungültig zu erklären, weil für die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels kein sachlicher Grund bestanden habe. Ein solcher könne nicht in der Sanktionierung einer der Teilungserklärung entgegenstehenden Handhabung gesehen werden. Auch im Übrigen sei kein sachlicher Grund ersichtlich. Nach wie vor beschließe die Wohnungseigentümergemeinschaft über den Austausch der Fenster, und zwar auch dann, wenn es um die Herbeiführung einer besseren Wärmedämmung oder einer einheitlichen Fassadengestaltung gehe. Dies zeige , dass der für die Regelung ins Feld geführte Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit der Sondereigentümer für den Erhaltungszustand nicht tragfähig sei.

II.

8
Der Revision bleibt der Erfolg versagt. Das Berufungsgericht hat den angefochtenen Beschluss jedenfalls im Ergebnis zu Recht für ungültig erklärt.
9
1. Allerdings erscheint es zumindest zweifelhaft, ob die hierfür gegebene Begründung einer rechtlichen Überprüfung standhält.
10
a) Die Novellierung des Wohnungseigentumsrechts hat dazu geführt, dass den Wohnungseigentümern nunmehr bei der Änderung oder der Durchbrechung von Umlageschlüsseln aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Das gilt auch für die Verteilung von Instandsetzungskosten, bei der den Wohnungseigentümern ebenfalls ein nur eingeschränkt überprüfbares Gestaltungsermessen zusteht (Senat, Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 164/09, Rn. 13, zu § 16 Abs. 4 WEG).
11
b) Soweit das Berufungsgericht auf das Erfordernis eines sachlichen Grundes abhebt, ist zwar den Materialien zu entnehmen, dass die Änderung von Umlageschlüsseln an dieses Kriterium geknüpft sein soll (BT-Drucks. 16/887 S. 23 zu § 16 Abs. 3 WEG); auch der Bundesgerichtshof hat zum früheren Recht die Änderung eines Umlageschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel davon abhängig gemacht, dass sachliche Gründe vorliegen (Urteil vom 27. Juni 1985 - VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137, 143). Er hat jedoch bereits entschieden, dass dies unter der Geltung des jetzigen Rechts nur noch bedeutet, dass sowohl das "Ob" als auch das "Wie" der Änderung nicht willkürlich sein dürfen und dass es sich hierbei um einen rechtlichen Gesichtspunkt handelt, der bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen ist, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 162/10, juris Rn. 8 f.). Da die gesetzlichen Öffnungsklauseln nach § 16 Abs. 3 und 4 WEG auch bei der Änderung von Verteilungsschlüsseln anwendbar sind, die vor dem Inkrafttreten der genannten Regelungen getroffen worden sind (§ 16 Abs. 5 WEG; vgl. auch Senat, Urteil vom 9. Juli 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654; Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298), strahlt die von dem Gesetzgeber intendierte Erweiterung des Gestaltungsspielraums auch auf Öffnungsklauseln aus, die unter der Geltung des früheren Rechts vereinbart oder in eine Teilungserklärung aufgenommen worden sind. Das hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet. Auch hat es nicht in den Blick genommen, dass die Neuregelung die unpraktikable Abgrenzung und den vielfach problematischen Nachweis vermeidet, ob Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen "infolge unsachgemäßer Behandlung" erforderlich geworden sind (§ 12 Abs. 1 TE). Letztlich braucht jedoch die Frage, ob sich die Neuregelung innerhalb des eingeräumten Gestaltungsspielraumes hält, nicht entschieden zu werden, weil die für eine Abänderung des Schlüssels notwendige Mehrheit nicht erreicht worden ist.
12
2. § 12 Abs. 2 TE setzt für die Änderung eine 2/3-Mehrheit voraus. Da der Bezugspunkt der qualifizierten Mehrheit nicht konkretisiert wird, ist die Klausel vor dem Hintergrund der mit baulichen Veränderungen typischerweise einhergehenden erheblichen finanziellen Folgen nächstliegend dahin auszulegen, dass die Abänderung eine 2/3-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer erfordert (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 162/10, aaO). Dieses Quorum ist hier schon deshalb nicht erreicht, weil der Änderung nur 49 Wohnungseigentümer zugestimmt haben, die Wohnungseigentümergemeinschaft aber aus zumindest 97 Eigentumswohnungen und einer Teileigentumseinheit besteht.
13
3. Auch unter dem Blickwinkel der Regelung des § 16 Abs. 4 WEG kann die beschlossene Änderung keinen Bestand haben, weil sie nicht lediglich einen Einzelfall betrifft.

III.

14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 15.05.2009 - 215 C 36/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 15.10.2009 - 29 S 102/09 -

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(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

13
aa) Diese Anforderung verfehlt ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung nicht schon dann, wenn diese den Gebrauch oder die Möglichkeiten des Gebrauchs nicht (mehr oder weniger) exakt abbildet. Die Wohnungseigentümer haben bei der Bestimmung des abweichenden Kostenverteilungsmaßstabs nämlich, worüber Einigkeit besteht, ein Gestaltungsermessen (Becker in Bärmann, WEG, 10., Aufl., § 16 Rdn. 124; Niedenführ in Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 16 Rdn. 92; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 117). Das ergibt sich aus der Formulierung der Vorschrift. Da- nach muss der von den Wohnungseigentümern beschlossene abweichende Verteilungsmaßstab dem Gebrauch oder den Gebrauchsmöglichkeiten nicht "entsprechen", sondern ihnen "nur" Rechnung tragen. Diesen Begriff hat der Gesetzgeber bewusst deshalb gewählt, um den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einzuräumen, neben Gebrauch und Gebrauchsmöglichkeiten auch andere Kriterien einfließen zu lassen (Begründung des Entwurfs der WEGNovelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 24 r. Sp.). Die Wohnungseigentümer überschreiten ihren Gestaltungsspielraum, wenn der beschlossene abweichende Verteilungsmaßstab nicht durch den in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG bestimmten Gebrauchsmaßstab, sondern durch andere Kriterien bestimmt wird.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

8
bb) Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist (Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299). Der neue Umlageschlüssel muss lediglich den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Die Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (BT-Drucks. 16/887 S. 23). Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt (Senat, aaO, mwN). Zwar ist den Materialien zu entnehmen, dass eine Änderung des Umlageschlüssels darüber hinaus an das Vorliegen eines sachlichen Grundes geknüpft sein soll (BT-Drucks. aaO); auch der Bundesgerichtshof hat zum früheren Recht die Änderung eines Umlageschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel davon abhängig gemacht , dass sachliche Gründe vorliegen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 1985 - VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137, 143). Unter der Geltung des nunmehrigen § 16 Abs. 3 WEG bedeutet dies jedoch nur, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen (vgl. BT-Drucks., aaO; LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 2009, 884 f.; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 83; Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rn. 23; vgl. auch Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299; aA Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rn. 39; Schmid, ZMR 2010, 259; jeweils mwN.). Anderenfalls würde die durch § 16 Abs. 3 WEG erst ermöglichte Entscheidungsfreiheit ohne Not wieder eingeschränkt. Das aber will das Gesetz - was auch die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG nahe legt - gerade verhindern (vgl. auch Riecke/Schmid/Elzer, aaO, mwN.). Dann aber ist es lediglich eine Frage der dogmatischen Konstruktion, ob man das Willkürverbot als eigenständige Änderungsvoraussetzung formuliert oder - was der Senat für vorzugswürdig erachtet - als ein Kriterium auffasst, bei dessen Vorliegen eine ordnungsgemäße Verwaltung zu verneinen ist.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 202/09 Verkündet am:
9. Juli 2010
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch ein durch Vereinbarung festgelegter Umlageschlüssel kann durch
Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG geändert werden.

b) Die Abänderung eines Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG muss
transparent gestaltet werden; hierfür genügt es nicht, dass einer Abrechnung
oder einem Wirtschaftsplan lediglich der neue Schlüssel zugrunde gelegt
wird.

c) Eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG
entspricht in der Regel nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

d) § 16 Abs. 4 WEG weist den Wohnungseigentümern nicht die Kompetenz zu,
einen die Ansammlung von Instandhaltungsrücklagen betreffenden Verteilungsschlüssel
zu ändern.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2010 - V ZR 202/09 - LG Koblenz
AG Montabaur
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 27. Oktober 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 7. Juli 2007 waren von 68 Mitgliedern 53 anwesend bzw. vertreten, was Miteigentumsanteilen von 8.455/10.000 entspricht. Einstimmig wurden folgende - von dem Kläger angefochtene - Beschlüsse gefasst: über die "Entlastung des Beirats für das Wirtschaftsjahr 2006" (TOP 3), über die "Zustimmung zur Abrechnung 2006 und zur Fälligkeit der Guthaben / Nachzahlung zum 31.7.2007" (TOP 4), über die "Entlastung der Verwaltung für das Geschäftsjahr 2007" (TOP 5) sowie über den "Wirtschaftsplan 2007" (TOP 11). In dem zuletzt genannten Beschluss heißt es, der Wirtschaftsplan gelte rückwirkend ab Januar 2007 und behalte seine Gültigkeit, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen werde. Entgegen § 14 der aus dem Jahr 1971 stammenden Teilungserklärung, wonach die Kosten des ge- meinschaftlichen Eigentums nach den Bestimmungen des § 16 WEG (a.F.) umzulegen sind, wird seit Jahren ein hiervon abweichender Umlageschlüssel zugrunde gelegt. Danach werden die sog. Gebäudezuführungsrücklage, Hausmeister und Sach- und Haftpflichtversicherung nach "Miteigentumsanteilen ohne Motel" und die Position "Verwalterhonorar" nach Einheiten abgerechnet. Auch der für das Jahr 2007 beschlossene Wirtschaftsplan beruht auf diesem - in der Vergangenheit mehrfach gerichtlich beanstandeten - Umlageschlüssel.
2
Vor dem Hintergrund der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes streiten die Parteien vor allem darüber, ob wirksam eine von dem in der Teilungserklärung bestimmten Schlüssel abweichende Regelung beschlossen worden ist. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt. Mit der zugelassenen Revision möchten die Beklagten eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die zu TOP 4 und 11 gefassten Beschlüsse entsprächen nicht den Maßstäben einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Das stehe auch einer Entlastung der Verwalterin und des Beirats entgegen. Zwar könnten die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 3 und 4 WEG in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung auch noch in der Versammlung, in der über die Genehmigung der Jahresgesamtabrechnung und der Einzelabrechnungen entschieden werde, einen abweichenden Umlageschlüssel be- schließen. Die schlichte Zugrundelegung des von der Teilungserklärung abweichenden Verteilungsschlüssels habe jedoch nicht zu einer Änderung des vereinbarten Schlüssels geführt. Erforderlich sei ein nur für die Zukunft wirkender sog. Vorschaltbeschluss, an dem es hier fehle. Davon abgesehen stelle es eine unzulässige Rückwirkung dar, wenn - wie hier am 7. Juli 2007 - eine anderweitige Regelung schon für das laufende Jahr und dessen Wirtschaftsplan gelten solle.

II.

4
Die Revision ist unbegründet.
5
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berufung des Klägers nicht im Hinblick auf die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzulässig. Der nach dem Interesse nur des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils zu bemessende Wert des Beschwerdegegenstandes (vgl. nur Senat, BGHZ 119, 216, 218; Beschl. v. 14. Februar 1973, V ZR 179/72, NJW 1973, 654; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 49a Rdn. 1) übersteigt 600 €.
6
Durch die erstinstanzliche Abweisung der Klage war der Kläger mit Blick auf die Anfechtung der zu TOP 4 und 11 ergangenen Beschlüsse - wovon auch die Revision im Ansatz ausgeht - zumindest in Höhe von insgesamt 166,22 € beschwert. Es ist zwar richtig, dass dieser Wert - anders als bei der Ermittlung des Streitwerts - keiner Erhöhung nach § 49a GKG zugänglich ist. Aus den Erwägungen zum Kostenstreitwert in dem Berufungsurteil ergibt sich jedoch, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der die Verwalterin und den Beirat entlastenden Beschlüsse (TOP 3 und 5) "mangels wertmäßiger Fassbarkeit" im Wege der Schätzung einen Wert von jeweils 300 € angenommen hat. Das ist nicht zu beanstanden und führt dazu, dass bei der gebotenen Addition der Werte (§ 5 ZPO) die Berufungssumme überschritten ist. Hinzu kommt, dass der Wert des Beschwerdegegentandes wegen der zu TOP 11 beschlossenen Wirkung des Wirtschaftplanes 2007 auch für die Zukunft nicht allein mit der Beschwer des Klägers im Wirtschaftsjahr 2007 bemessen werden darf, sondern wegen der Zukunftswirkung des Beschlusses angemessen zu erhöhen ist. Dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Berufung nicht ausdrücklich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erörtert hat, ist entgegen der Auffassung der Revision sowohl unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) als auch unter dem des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 6 ZPO unschädlich. Aus den Ausführungen zum Kostenstreitwert wird hinreichend deutlich, von welchen Erwägungen sich das Berufungsgericht bei der Bejahung der Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat leiten lassen.
7
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt.
8
a) Die nicht auf dem von der Teilungserklärung vorgegebenen Abrechnungsschlüssel beruhende Abrechnung 2006 (TOP 4) entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.
9
aa) Allerdings eröffnet nunmehr § 16 Abs. 3 WEG den Wohnungseigentümern bei Betriebs- und Verwaltungskosten die Möglichkeit, auch einen durch Vereinbarung festgelegten Umlageschlüssel durch einen Mehrheitsbeschluss zu ändern. Das ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung, der lediglich den in § 16 Abs. 2 WEG normierten dispositiven gesetzlichen Umlageschlüssel der Abänderung zu unterwerfen scheint. Dass auch vereinbarte Abrechnungsschlüssel der Abänderung nach § 16 Abs. 3 WEG unterliegen , geht jedoch klar aus den Gesetzesmaterialen (Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 16/887 S. 24; vgl. auch S. 21 und 25; zu § 16 Abs. 4 WEG vgl. Senat, Urt. v. 18. Juni 2010, V ZR 164/09, zur Veröffentlichung vorgesehen) hervor und wird vor diesem Hintergrund auch durch die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG bestätigt (vgl. auch Becker in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 16 Rdn. 75; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 32; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rdn. 59; jeweils m.w.N.). Dass von der Beschlusskompetenz rückwirkende Regelungen ausgenommen sein sollen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Eine solche Einschränkung widerspräche auch der im Gesetzgebungsverfahren betonten Stärkung der Privatautonomie der Wohnungseigentümer (vgl. BT-Drucks., aaO, S. 22 f.). Davon zu trennen ist die - nicht die Beschlusskompetenz betreffende - Frage, ob eine solche Regelung einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (vgl. Senat, BGHZ 145, 158, 169). Das ist hier nicht der Fall.
10
(1) Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine der mietrechtlichen Vorschrift des § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB vergleichbare Einschränkung, wonach der Vermieter einen neuen Umlageschlüssel durch einseitige Erklärung nur vor Beginn eines Abrechnungszeitraumes festlegen kann. Den Materialien ist zwar zu entnehmen, dass sich der Gesetzgeber bei den Fragen, was unter Betriebskosten zu verstehen ist und ob den Wohnungseigentümern die Befugnis zustehen soll, darüber zu befinden, ob verbrauchsabhängig abzurechnen ist, an den Regelungen der §§ 556 Abs. 1, 556a Abs. 2 Satz 1 BGB orientiert hat (BTDrucks. 16/887 S. 22 f.). Auf das in § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB normierte Rückwirkungsverbot hat er jedoch gerade keinen Bezug genommen. Für die hier in Rede stehenden Kosten besteht auch im Übrigen - anders als etwa bei Heizund Warmwasserkosten nach § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizkostenVO - kein striktes Rückwirkungsverbot.
11
(2) Das ändert allerdings nichts daran, dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die bis zu einer Änderung des Vertei- lungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden (bisherigen ) Schlüssel umgelegt werden (ähnlich Riecke/Schmid/Elzer, aaO, § 16 Rdn. 86; Schmid, ZMR 2010, 259, 260). Erst recht führt dieser Vertrauensschutzgedanke dazu, dass in der Regel nicht in bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume rückwirkend eingegriffen werden darf. Eine Abweichung hiervon kommt nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht , etwa wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt (vgl. auch OLG Hamm ZMR 2007, 293, 295; Riecke/Schmid/Elzer, aaO, Rdn. 86a). Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen solcher Ausnahmetatbestände sind bei der Beschlussmängelklage die beklagten Wohnungseigentümer. Anders verhält es sich dagegen bei noch laufenden Zeiträumen, wenn sich bei typisierender Betrachtung kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat, etwa wenn für das laufende Wirtschaftsjahr kein auf der Grundlage des alten Schlüssels aufbauender Wirtschaftsplan beschlossen worden ist und die Abrechnung noch in der Schwebe ist. Allein der Umstand, dass Vorschüsse auf der Grundlage des alten Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, vermag kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen (vgl. auch Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 104).
12
Gemessen an diesen Grundsätzen kann eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüssels für das bereits abgelaufene Wirtschaftsjahr 2006 keinen Bestand haben. Besondere Umstände, die eine solche Rückwirkung ausnahmsweise zulassen würden, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil wird der grundsätzlich bestehende Vertrauensschutz vorliegend noch dadurch verstärkt, dass die Abänderungsmöglichkeit durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG erst am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist.
13
bb) Sollte der Beschluss, wozu Feststellungen fehlen, auch die Verteilung von unter § 16 Abs. 4 WEG fallende Kosten betreffen, ergäbe sich unbeschadet der Frage, ob eine Einzelfallregelung im Sinne der genannten Norm getroffen worden ist, nichts anderes. Auch insoweit widerspräche die angeordnete Rückwirkung jedenfalls den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.
14
b) Ebenfalls zu Recht beanstandet hat das Berufungsgericht den Beschluss über den Wirtschaftsplan 2007 (TOP 11).
15
aa) Einer wirksamen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zur Ansammlung der sog. Gebäudezuführungsrücklage steht bereits entgegen, dass die Regelung nicht lediglich einen Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG betrifft. Der angefochtene Beschluss regelt nicht nur eine einzelne Maßnahme und erschöpft sich nicht in deren Vollzug (Senat, Urt. v. 18. Juni 2010, V ZR 164/09, zur Veröffentlichung vorgesehen), weil Instandhaltungsrückstellungen nicht für eine einzige Maßnahme, sondern für den zukünftigen - noch nicht konkret vorhersehbaren - Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gebildet werden. Dass es sich hier anders verhält, ist nicht ersichtlich. Eine schon nach dem Inhalt des Beschlusses über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig (so etwa Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 116; Timme /Bonifacio, WEG, § 16 Rdn. 165; jeweils m.w.N.; vgl. auch BT-Drucks. 16/887 S. 24). Das nötigt indessen nicht dazu, die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Ungültigerklärung abzuändern (vgl. Senat, BGHZ 182, 307, 314 ff.).
16
bb) Die Änderung des bisherigen, die Betriebs- und Verwaltungskosten betreffenden Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG scheitert daran, dass die aufgrund der Fortgeltungsklausel auch für künftige Fälle maßgebliche Ab- änderung nicht transparent gestaltet worden ist. Der neue Schlüssel liegt dem Wirtschaftsplan lediglich zugrunde. Nicht aber geht aus dem Beschluss selbst ausdrücklich hervor, dass der von der Teilungserklärung vorgegebene Schlüssel geändert worden ist. Das führt zur Anfechtbarkeit der Neuregelung (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2004, 848 f.; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 37). Derart weitreichende Änderungen müssen transparent gestaltet werden. Zwar muss schon aus der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung - woran es hier ebenfalls fehlt - hervorgehen, dass der Kostenverteilungsschlüssel Gegenstand der Beschlussfassung sein soll (§ 23 Abs. 2 WEG). Das macht eine ausdrückliche Regelung über die Änderung des Verteilungsmaßstabes jedoch nicht entbehrlich. Wirksame Beschlüsse binden auch Sondernachfolger (§ 10 Abs. 4 WEG). Erwerbsinteressenten kann zwar angesonnen werden , die Teilungserklärung, die von den Wohnungseigentümern getroffenen Vereinbarungen und die gefassten Beschlüsse einzusehen, nicht aber, dass sie überprüfen, ob der in Wirtschaftsplänen und Abrechnungen zugrunde gelegte Schlüssel dem bislang geltenden Schlüssel entspricht. Daher muss die Neuregelung des Kostenverteilungsschlüssels so gestaltet werden, dass sie einem verständigen und unbefangenen Leser bei der Durchsicht der Beschlusssammlung ohne weiteres auffallen muss. Diesen Anforderungen wird der zu TOP 11 gefasste Beschluss nicht gerecht.
17
c) Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Beschlüsse zu TOP 3 und 5 über die Entlastung der Verwaltung und des Verwaltungsbeirats für ungültig erklärt hat. Die Entlastung der Verwaltung widerspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn eine fehlerhafte Abrechnung (dazu Senat, BGHZ 156, 19, 30; Urt. v. 4. Dezember 2009, V ZR 44/09, NZM 2010, 243, 245) oder ein mangelhafter Wirtschaftsplan vorgelegt worden ist. So verhält es sich hier. Für die Entlastung des Verwaltungsbeirats gilt nichts anderes (vgl. Senat, Urt. v. 4. Dezember 2009, V ZR 44/09, aaO).

III.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Montabaur, Entscheidung vom 21.04.2009 - 5 C 359/07-WEG- -
LG Koblenz, Entscheidung vom 27.10.2009 - 2 S 33/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 221/09 Verkündet am:
16. Juli 2010
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WEG § 16 Abs. 5; HeizkostenVO § 10
Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer, Heizkosten ausschließlich nach
Verbrauch abzurechnen, kann durch Mehrheitsbeschluss geändert werden.
WEG § 16 Abs. 3; HeizkostenVO § 12 Abs. 6
Ob eine Änderung des Verteilungsschlüssels für Heizkosten mit der Heizkostenverordnung
vereinbar ist, bestimmt sich nach der Fassung der Verordnung, welche bei
erstmaliger Geltung des neuen Schlüssels in Kraft ist.
BGH, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09 - LG Dessau-Roßlau
AG Magdeburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Klein und Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 5. November 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger wendet sich gegen einen von der Eigentümerversammlung am 26. August 2008 gefassten Beschluss, durch den der Verteilungsschlüssel für die Heizkosten dahin geändert wurde, dass diese ab dem 1. Januar 2009 zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche abzurechnen sind.
2
Die Gemeinschaftsordnung, die bestimmt, dass der Verteilungsschlüssel mit drei Vierteln aller Stimmen geändert werden kann, sah ursprünglich eine Verteilung der Heizkosten je zur Hälfte nach Verbrauch und nach Wohnfläche vor. Ende 1999 hatte die Eigentümerversammlung einstimmig beschlossen, die Heizkosten zu 100 % nach Verbrauch zu verteilen.
3
Der Beschluss vom 26. August 2008 ist von dem Amtsgericht für ungültig erklärt worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Beschlussanfechtung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, die Änderung des Verteilungsschlüssels habe gemäß § 16 Abs. 3 WEG mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Es komme deshalb nicht darauf an, ob das in der Gemeinschaftsordnung bestimmte Quorum von drei Vierteln aller Stimmen erreicht sei. § 6 Abs. 4 HeizkostenVO in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Fassung, wonach der Verteilungsschlüssel nur bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeiträumen nach dessen erstmaliger Bestimmung geändert werden könne, stehe dem Mehrheitsbeschluss nicht entgegen, da diese Beschränkung in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung der Heizkostenverordnung nicht mehr enthalten sei. Inhaltlich komme es deshalb nur darauf an, ob der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Das sei hier der Fall, insbesondere führe die neue Verteilung nicht zu einer groben Benachteiligung einzelner Eigentümer.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht zunächst an, dass der Verteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss geändert werden konnte.
7
a) Nach § 16 Abs. 3 WEG können Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, statt nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 2 WEG) nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder einem anderen Maßstab verteilt werden. Die genannte Vorschrift begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer , den Verteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss abweichend von dem in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten Maßstab, aber auch abweichend von einem durch die Wohnungseigentümer vereinbarten oder beschlossenen Verteilungsschlüssel zu regeln (vgl. Senat, Urt. v. 9. Juli 2010, V ZR 202/09 - zur Veröffentlichung bestimmt - sowie Bärmann/Becker, WEG, 10. Aufl., § 16 Rdn. 103; Timme/Bonifacio, WEG, § 16 Rdn. 151).
8
Diese Beschlusskompetenz kann durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden (§ 16 Abs. 5 WEG). Entgegenstehende Bestimmungen in Gemeinschaftsordnungen sind unwirksam; das gilt auch dann, wenn sie, wie hier, bei Inkrafttreten der Neufassung von § 16 WEG am 1. Juli 2007 (Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007, BGBl I 2007, S. 370) bereits bestanden haben (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 25).
9
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschlusskompetenz der Mehrheit nicht deshalb eingeschränkt, weil die Wohnungseigentümer 1999 einstimmig eine rein verbrauchsabhängige Verteilung der Heizkosten beschlossen hatten. Selbst wenn dies als eine rechtsgeschäftliche Bestimmung im Sinne von § 10 HeizkostenVO anzusehen sein sollte, folgt daraus nicht, dass eine Änderung dieses Maßstabes wiederum einen einstimmig gefassten Beschluss erforderte.
10
Nach § 10 HeizkostenVO bleiben rechtsgeschäftliche Bestimmungen unberührt , welche höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 HeizkostenVO genannten Höchstsätze von 70 vom Hundert vorsehen. Damit wird der Privatautonomie Vorrang vor den Vorschriften der Heizkostenordnung insoweit eingeräumt , als deren Ziel, Nutzer zu einem sparsamen Gebrauch von Energie anzuhalten , durch eine Vereinbarung zwischen dem Gebäudeeigentümer und den Nutzern übererfüllt worden ist (vgl. Lammel, HeizkostenVO, 3. Aufl., § 10 Rdn. 2). Auch die Vereinbarung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche rechtsgeschäftliche Bestimmung geändert werden kann, unterliegt grundsätzlich der Privatautonomie.
11
Dies gilt jedoch nicht für eine von Wohnungseigentümern getroffene rechtsgeschäftliche Bestimmung. Zwar entspricht das Verhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu den einzelnen Wohnungseigentümern nach der Konzeption der Heizkostenverordnung dem Verhältnis von Gebäudeeigentümer und Nutzer (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 HeizkostenVO). Die Privatautonomie der Wohnungseigentümer wird aber durch § 16 Abs. 5 WEG begrenzt. Da die Befugnis der Mehrheit, die Verteilung der Heizkosten im Rahmen von § 16 Abs. 3 WEG zu bestimmen und - ggf. wiederholt - zu ändern, nicht durch Vereinbarungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden darf, ist die Festlegung eines Verteilungsschlüssels, welcher nur einstimmig geändert werden kann, nach § 16 Abs. 5 WEG unzulässig.
12
2. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass die Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HeizkostenVO a.F., wonach der Verteilungsschlüssel nur bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeiträumen nach seiner erstmaligen Bestimmung geändert werden kann, der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses nicht entgegensteht. In der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung ist die Heizkostenabrechnung nur noch auf Abrechnungszeiträume anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2009 begonnen haben (§ 12 Abs. 6 HeizkostenVO ). Für später beginnende Abrechnungszeiträume gilt dagegen die Neufassung der Verordnung, in der eine entsprechende Beschränkung fehlt. Diese Fassung ist hier maßgeblich, da die Änderung des Verteilungsschlüssels mit Wirkung für den am 1. Januar 2009 beginnenden Abrechnungszeitraum beschlossen worden ist. Dass sie im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht in Kraft getreten war, ist unerheblich. Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, Beschlüsse, die künftige Abrechnungszeiträume betreffen, an den dann geltenden Gesetzen und Verordnungen auszurichten; soweit zwingende Vorschriften in Rede stehen, sind sie nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung hierzu auch verpflichtet (vgl. Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 3 HeizkostenVO Rdn. 3 und 16; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 16 Rdn. 56). Dabei kann offen bleiben, ob der hier angefochtene Beschluss mit Blick auf die beabsichtigte Neuregelung der Heizkostenordnung gefasst worden ist. Maßgeblich ist, dass sein Inhalt mit dem für den betroffenen Abrechnungszeitraum geltenden Recht vereinbar ist; ob dies beabsichtigt war oder eher auf einem Zufall beruht, ist unerheblich.
13
3. Frei von Rechtsfehlern ist schließlich die Annahme des Berufungsgerichts , dass die beschlossene Änderung des Verteilungsschlüssels ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Das gilt sowohl für das "Ob" als auch für das "Wie" der Änderung.
14
a) Dahinstehen kann, ob die Änderung eines durch Beschluss festgelegten Kostenverteilungsschlüssels (sog. Zweitbeschluss) nur ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, wenn ein sachlicher Grund für die Bestimmung eines neuen Abrechnungsmaßstabs besteht, und ob damit - was angesichts der von dem Gesetzgeber betonten Stärkung der Mehrheit der Wohnungseigentümer allerdings zweifelhaft erscheint (vgl. Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 16 Rdn. 84 so- wie BT-Drucks. 16/887 S. 23 li.Sp. unten) - mehr als das Verbot einer willkürlichen Änderung angesprochen ist. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenVO, welche (nur) die Änderung eines nach den §§ 6 bis 9 HeizkostenVO gewählten Abrechnungsmaßstabes von dem Vorliegen eines sachgerechten Grundes abhängig macht, vorliegend einschlägig ist.
15
Die Aufgabe eines Verteilungsschlüssels, welcher nicht der Heizkostenverordnung entspricht, ist nämlich in aller Regel, und so auch hier, als sachgerecht anzusehen. Soweit der darin bestimmte verbrauchsabhängig abzurechnende Kostenanteil geringer ist als vorgeschrieben, folgt dies schon daraus, dass der Abrechnungsmaßstab gegen die - auch innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beachtende (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 2 HeizkostenVO ) - Heizkostenverordnung verstößt und damit nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ein verbrauchsabhängig abzurechnender Kostenanteil von mehr als 70 % begegnet Zweifeln im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit. Denn der von der Heizkostenverordnung vorgesehene Festkostenansatz von mindestens 30 % beruht auf der Annahme, dass bis zu 30 % der Gesamtkosten unabhängig vom individuellen Verbrauchsverhalten entstehen; zudem werden durch einen solchen Festanteil Vor- und Nachteile einzelner Nutzer nivelliert , welche sich aus der Lage ihrer Wohnung im Haus ergeben (vgl. Kreuzberg /Wien, Handbuch der Heizkostenabrechnung, 7. Aufl., S. 205). Der Wunsch der Mehrheit, diese Umstände künftig zu berücksichtigen, stellt einen sachgerechten Grund für die Änderung des Verteilungsschlüssels dar.
16
b) Auch das "Wie" der Änderung, also die Wahl des neuen Verteilungsschlüssels , entspricht hier ordnungsgemäßer Verwaltung.
17
Bei Änderungen des Umlageschlüssels im Wege des § 16 Abs. 3 WEG ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Die Wohnungseigentümer dürfen jeden nach der Heizkostenverordnung zulässigen Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteilung Einzelner führt (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 23). Dabei sind an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen zu stellen, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabs zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder anderen Wohnungseigentümers auswirkt (Bärmann/Becker, WEG, 10. Aufl., § 16 Rdn. 96). Die hier beschlossene Abrechnung zu 70 % nach Verbrauch und 30 % nach Wohnfläche ist ein von der Heizkostenverordnung vorgesehener Maßstab und demnach nicht zu beanstanden. Dass er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls zu einer unbilligen Verteilung der Heizkosten führen könnte, wird von dem Kläger nicht geltend gemacht.

IV.

18
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke zugleich für RiBGH Dr. Klein, der wegen Urlaubs verhindert ist zu unterschreiben.
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Magdeburg, Entscheidung vom 13.03.2009 - 162 C 2925/08 -
LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 05.11.2009 - 5 S 69/09 -
8
bb) Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist (Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299). Der neue Umlageschlüssel muss lediglich den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Die Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (BT-Drucks. 16/887 S. 23). Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt (Senat, aaO, mwN). Zwar ist den Materialien zu entnehmen, dass eine Änderung des Umlageschlüssels darüber hinaus an das Vorliegen eines sachlichen Grundes geknüpft sein soll (BT-Drucks. aaO); auch der Bundesgerichtshof hat zum früheren Recht die Änderung eines Umlageschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel davon abhängig gemacht , dass sachliche Gründe vorliegen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 1985 - VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137, 143). Unter der Geltung des nunmehrigen § 16 Abs. 3 WEG bedeutet dies jedoch nur, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen (vgl. BT-Drucks., aaO; LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 2009, 884 f.; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 83; Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rn. 23; vgl. auch Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299; aA Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rn. 39; Schmid, ZMR 2010, 259; jeweils mwN.). Anderenfalls würde die durch § 16 Abs. 3 WEG erst ermöglichte Entscheidungsfreiheit ohne Not wieder eingeschränkt. Das aber will das Gesetz - was auch die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG nahe legt - gerade verhindern (vgl. auch Riecke/Schmid/Elzer, aaO, mwN.). Dann aber ist es lediglich eine Frage der dogmatischen Konstruktion, ob man das Willkürverbot als eigenständige Änderungsvoraussetzung formuliert oder - was der Senat für vorzugswürdig erachtet - als ein Kriterium auffasst, bei dessen Vorliegen eine ordnungsgemäße Verwaltung zu verneinen ist.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)