vorgehend
Landgericht Neuruppin, 2 O 152/04, 22.09.2005
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 5 U 136/05, 26.06.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 141/08
Verkündet am:
23. Oktober 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Rahmen der Abwägung, ob ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung
eines fremden Grundstücks aus § 1004 Abs. 1 BGB nach § 275 Abs. 2 BGB ausgeschlossen
ist, kommt Kosten, die ohne die Inanspruchnahme des fremden Grundstücks
entstanden wären, nur eingeschränkte Bedeutung zu.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2009 - V ZR 141/08 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und das Urteil der 2.Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 22. September 2005 insoweit abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, die in dem dem Urteil beigefügten Lageplan mit A, B, C, D, E, F markierte Fläche des Flurstücks 172/17 der Flur 4 der Gemarkung O. von den Holzbarrieren und der Bepflasterung zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Dr. K. war Eigentümer des Grundstücks W. Straße 51e bis 51g in O. . Das Grundstück ist in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit einem für Angehörige der sowjetischen Armee als Unterkunft bestimmten Wohnblock bebaut worden. 1996 erwarb die Beklagte ein angrenzendes Grundstück. Auf diesem steht unter anderem der parallel zur gemeinsamen Grenze der Grundstücke zum selben Zweck errichtete Block W. Straße 53a bis 53d.
2
Die Beklagte sanierte das Gebäude. Für die Pflasterung der Zufahrt und eine Holzabtrennung nahm sie dabei auf eine Länge von rund 70 m und eine Breite von etwa 4,5 m das Grundstück von Dr. K. in Anspruch.
3
2002 erwarb die Klägerin das Grundstück W. Straße 51e bis 51g. Mit der Klage verlangt sie von der Beklagten die Beseitigung der Pflasterung und der Holzabtrennung und die Herausgabe ihres Grundstücks in geräumtem Zustand, soweit dieses für die Pflasterung und die Holzabtrennung in Anspruch genommen wird. Die Beklagte hat widerklagend die Bestellung einer Dienstbarkeit an dem Grundstück der Klägerin beantragt, die sie zu dessen Nutzung in dem praktizierten Umfang berechtigen soll.
4
Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Die hiergegen von beiden Parteien eingelegten Berufungen sind ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:



I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse die Nutzung ihres Grundstücks als Weg durch die Beklagte dulden. Den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen stehe der in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommende allgemeine Grundsatz entgegen, nach welchem Beseitigung nicht verlangt werden könne, wenn sie zu unzumutbarem Aufwand führe. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück der Klägerin schon zu Zeiten der DDR als Zugang zu dem Wohnblock auf dem Grundstück der Beklagten gedient habe und die Beklagte bei der Pflasterung des Wegs darauf vertrauen durfte, dass Dr. K. die Inanspruchnahme seines Grundstücks gestatte. Insoweit habe die Beklagten weder grob fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt.
6
Die Fläche vor dem Wohnblock auf dem Grundstück der Beklagten reiche zwar für einen Zugang zu den Eingängen des Wohnblocks hin. Sie sei aber zu schmal, um auch die für die Feuerwehr notwendigen Stellflächen aufzunehmen. Die Verlegung dieser Flächen auf die Rückseite des Gebäudes führe nach dem Vortrag der Klägerin zu einem Aufwand von knapp 9.000 €, nach dem Vortrag der Beklagten zu einem solchen von etwa 100.000 €. Darüber hinaus müssten nach der Behauptung der Beklagten die Fenster auf der Rückseite des Wohnblocks vergrößert werden, um den Rettungsanforderungen zu genügen; dort wachsende Birken müssten gefällt werden. Der Weg auf der Vorderseite des Blocks müsste neu angelegt, das Einbahnstraßensystem auf dem Grundstück der Beklagten geändert, für die Fahrzeuge der Bewohner des Blocks und den Anlieferverkehr müssten neue Wege angelegt werden.
7
Gemessen an dem hiermit verbundenen Aufwand seien die Nachteile gering , die die Klägerin durch die Nutzung des Grundstücksstreifens seitens der Beklagten erleide. Der Streifen sei nicht bebaubar. Die Entfernung zwischen dem Streifen und dem Wohnblock W. Str. 51e bis 51g betrage etwa 60 Meter, ein konkretes Nutzungskonzept für die Wegefläche habe die Klägerin nicht vorgetragen.

II.


8
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Die Klage ist nach §§ 1004 Abs. 1, 985 BGB begründet. Der Eigentümer einer Sache kann mit dieser grundsätzlich nach Belieben verfahren und Dritte von jeder Einwirkung auf sein Eigentum ausschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Soweit das Eigentum beeinträchtigt wird, kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB); wird dem Eigentümer der Besitz vorenthalten, kann er Herausgabe verlangen (§ 985 BGB). Die Rechte aus dem Eigentum haben nur insoweit zurückzutreten, als das Gesetz oder Rechte Dritter der Ausübung der Rechte aus dem Eigentum entgegenstehen (§§ 903 Satz 1, 1004 Abs. 2, 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). So verhält es sich hier nicht.
10
1. Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB ist nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Eigentümer die Beeinträchtigung dulden muss. So verhält es sich nicht, wenn ein früherer Eigentümer die Beeinträchtigung gestattet hat. Dessen Gestattung ist für den Beseitigungsanspruch des Rechtsnachfolgers in das Eigentum ohne Bedeutung (Senat, BGHZ 66, 37, 39 m.w.N.). Der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks kann von demjeni- gen, der eine von seinem Rechtsvorgänger gestattete Einrichtung weiterhin nutzt, die Beseitigung der Einrichtung verlangen (Senat, Urt. v. 29. Februar 2008, V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827). Entsprechend verhält es sich bei der Beendigung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses, für dessen Dauer der Eigentümer eine Beeinträchtigung hinnehmen muss (Senat, BGHZ 41, 393, 395, BGH, BGHZ 110, 313, 315; OGHZ 2, 170, 174). Dasselbe gilt für das Erlöschen von Duldungspflichten aus dem öffentlichen Recht (Senat, BGHZ 40, 18, 20; BGH, BGHZ 125, 56, 63). Erlischt eine Dienstbarkeit oder wird sie aufgehoben , liegt es nicht anders. Der Eigentümer ist zur Duldung nur so lange verpflichtet , wie das Recht besteht, durch das der Anspruch aus dem Eigentum beschränkt wird (MünchKomm-BGB/Baldus, 5. Aufl., § 1004 Rdn. 102; Palandt /Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 1004 Rdn. 34; Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rdn. 239; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 197).
11
Ein Recht der Beklagten, aufgrund dessen die Klägerin den Gebrauch des von der Beklagten in Anspruch genommenen Streifens ihres Grundstücks hinzunehmen hätte, besteht nicht. Die Klägerin braucht die Inanspruchnahme ihres Grundstücks auch nicht deshalb zu dulden, weil es zu Zeiten der DDR als Zugang zu dem Gebäude W. Straße 51a bis 51d gedient hat. Dies kann zur Folge gehabt haben, dass der Beklagten gemäß § 116 Abs. 1 SachenRBerG ein Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit an dem Grundstück der Klägerin zustand, aufgrund dessen die Beklagte das Grundstück in dem Umfang nutzen durfte, in welchem es bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 als Zugang zu dem Gebäude W. Straße 51a bis 51d genutzt wurde. Ein solcher Anspruch hätte die Beklagte berechtigt, den Weg in diesem Umfang weiterhin zu nutzen und die zur Unterhaltung des Wegs notwendigen Maßnahmen durchzuführen, § 1020 Satz 2 BGB.
12
Ein früher etwa bestehender Anspruch der Beklagten auf Bestellung einer Dienstbarkeit an dem Grundstück der Klägerin ist indessen nach §§ 116 Abs. 2, 111 Abs. 2 SachenRBerG erloschen, wie das Berufungsgericht im Rahmen der Entscheidung über die Widerklage ausgeführt hat. Die Rechtskraft der Entscheidung über den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch führt zugleich dazu, dass der Klägerin die Geltendmachung der erhobenen Ansprüche auch nicht unter dem Gesichtspunkt des „dolo petit ...“ verwehrt ist.
13
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts steht den Ansprüchen der Klägerin auch nicht der in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommende Grundsatz entgegen, nach welchem ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung eines Grundstücks nicht erfüllt werden muss, wenn die Erfüllung für den Schuldner nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist (hierzu Senat, BGHZ 62, 388, 391; Urt. v. 21. Dezember 1973, V ZR 107/72, MDR 1974, 571; Urt. v. 10. Dezember 1976, V ZR 263/74, WM 1977, 536, 537).
14
a) Diese Rechtsprechung ist, wie der Senat entschieden hat, dadurch überholt, dass in das Bürgerliche Gesetzbuch in Gestalt von § 275 Abs. 2 BGB eine Regelung aufgenommen worden ist, die dem in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz entspricht und in unmittelbarer Anwendung zum Ausschluss von Ansprüchen aus § 1004 Abs. 1 BGB führen kann (Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, NJW 2008, 3122, 3123; Urt. v. 18. Juli 2008, V ZR 171/07, NJW 2008, 3123, 3124).
15
Das Urteil vom 30. Mai 2008 hat in der juristischen Literatur Zustimmung (Palandt/Bassenge, aaO, § 1004 Rdn. 47; M. Stürner, jurisPR-BGHZivilR 16/2008 Anm. 1), aber auch Ablehnung (Gsell LMK 2008 Nr. 266937; Kolbe, NJW 2008, 3618 ff.) gefunden. Die ablehnenden Stellungnahmen greifen auf die Meinung von Picker zurück, nach welcher der in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommende Grundsatz auf die Ansprüche aus §§ 985, 1004 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet (Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch , S. 162 f.; ders. AcP 1976, 28, 53 ff.; ders. Festschrift H. Lange, 625, 660 ff.; ders. Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, 693, 718 ff.; ferner ders. Festschrift Bydlinski, 269 ff.). Dieser Auffassung ist der Senat nicht gefolgt (Senat , BGHZ 62, 388, 391; 143, 1, 6; Urt. v. 10. März 2006, V ZR 48/05, NJWRR 2006, 960, 962). Die durch § 275 Abs. 2 BGB erfolgte Regelung des in der Vergangenheit § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB entnommenen allgemeinen Grundsatzes gibt zu einer Änderung der ständigen Rechtsprechung keinen Anlass. Die von Gsell weiter aufgeworfene Frage, ob der Ausschluss von Ansprüchen aus dem Eigentum durch § 275 Abs. 2 BGB zur Folge hat, dass der Eigentümer eine Beeinträchtigung ohne einen Anspruch auf Ausgleich hinzunehmen hat, brauchte weder im Urteil vom 30. Mai 2008 entschieden zu werden noch stellt sich diese Frage in dem vorliegenden Fall.
16
b) Der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der Pflasterung, der Holzabtrennung und Herausgabe des Grundstückstreifens ist nicht nach § 275 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
17
aa) Bei der Beantwortung der Frage, ob der Schuldner dem Gläubiger mit Erfolg entgegenhalten kann, dass der zur Erfüllung des Anspruchs notwendige Aufwand in einem Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht, ist von dem "Inhalt des Schuldverhältnisses" auszugehen. Dies sind für die Ansprüche aus §§ 1004 Abs. 1, 985 BGB die Vorschriften des Sachenrechts und die aus diesen folgenden Wertungen.
18
Diese beschränken den Abwehr- und der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB durch die in §§ 904 ff. BGB bestimmten Regelungen. Der Anspruch aus dem Eigentum greift hiernach grundsätzlich nur soweit nicht Platz, als es an einem Ausschließungsinteresse des Eigentümers fehlt (vgl. §§ 905 Satz 2, 906 Abs. 1 BGB) oder das Interesse des Eigentümers aufgrund besonderer Umstände hinter das Interesse desjenigen zurückzutreten hat, der das Eigentum beeinträchtigt (vgl. §§ 904, 906 Abs. 2, 912, 917 BGB).
19
§ 912 Abs. 1 BGB kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden, dass nur vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten zu Lasten eines auf Beseitigung einer Pflasterung in Anspruch genommenen Nachbarn zu berücksichtigen sei. § 912 Abs. 1 BGB findet auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien keine Anwendung. Die Beschränkung der Rechte des Eigentümers eines Grundstücks durch § 912 Abs. 1 BGB erfolgt, weil die Beseitigung eines Überbaus in der Regel zur Folge hat, dass ein Gebäude und damit ein erheblicher Wert nicht erhalten werden kann (Senat, BGHZ 39, 5, 11). Darum geht es nicht, wenn Nachbarn um den Bestand der Pflasterung eines Wegs, die über die Grundstücksgrenze hinausgeht, oder um die Beseitigung einer Holzabtrennung streiten.
20
bb) Das schließt es jedoch nicht aus, dass Aufwand zur Beseitigung einer Störung, der außer Verhältnis zu dem Interesse des Eigentümers an der Beseitigung steht, im Ausnahmefall dazu führen kann, dass ein Beseitigungsanspruch nach den Geboten von Treu und Glauben nicht durchgesetzt werden kann.
21
(1) Soweit ein Nachbar geltend macht, die Unverhältnismäßigkeit beruhe auf Kosten, die er nicht vermeiden könne, um die Bewirtschaftung seines Grundstücks in der bisherigen Weise aufrecht zu erhalten, muss im Rahmen der von § 275 Abs. 2 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden, dass die Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks grundsätzlich nicht dazu dienen kann, Aufwendungen zu ersparen, die sonst notwendig sind. So verhält es sich vorliegend mit den Kosten für die Anlage von Stellplätzen und einer Zufahrt für die Feuerwehr auf dem Grundstück der Beklagten, den Kosten für die Vergrößerung der Fenster auf der Rückseite des Wohnblocks, den mit dem Fällen der Birken, einer hierdurch möglicherweise notwendigen Ersatzbepflanzung und den für die Anlage neuer Wege auf dem Grundstück der Beklagten verbundenen Kosten. Diese Kosten wären der Beklagte im Wesentlichen auch dann erwachsen , wenn sie im Rahmen der Sanierung des Wohnblocks das Grundstück der Klägerin nicht in Anspruch genommen hätte.
22
(2) Des Weiteren ist zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat, § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB.
23
Dass die Beklagte bei der Inanspruchnahme des Grundstücks von Dr. K. davon ausgehen durfte, Dr. K. habe dies gestattet, wirkt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht zugunsten der Beklagten.
24
Bei der Inanspruchnahme des Grundstücks W. Str. 53e bis 53g durch die Beklagte sprach nichts dafür, dass die Pflasterung des Grundstücksstreifens ohne die Bestellung einer Dienstbarkeit oder ohne einen schuldrechtlichen Vertrag, in den ein Erwerber des Grundstücks eintreten würde, von diesem hingenommen würde. Dass die Klägerin, ein gewerbliches Wohnungs- unternehmen, insoweit einem Irrtum unterlegen sein könnte, ist nicht ersichtlich, wäre im Übrigen aber auch unerheblich.
25
(3) Die Beklagte greift durch die Nutzung des Grundstücks der Klägerin in die der Klägerin zustehende Befugnis zur Disposition über ihr Eigentum ein. Der Eingriff widerspricht dem Inhalt des Eigentumsrechts. Die Klägerin kann grundsätzlich die Beseitigung des hierdurch eingetretenen Zustands verlangen. Ein besonderes Interesse an der Störungsfreiheit ihres Grundstücks braucht sie nicht darzulegen.
26
(4) Damit aber kann die zu § 275 Abs. 2 BGB gebotene Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin an der Erfüllung der von ihr erhobenen Ansprüche und dem hiermit für die Beklagte verbundenen Aufwand unter Berücksichtigung des Vertretenmüssens der eingetretenen Situation nach den Geboten von Treu und Glauben nicht dazu führen, dass die Klägerin die Beseitigung der Pflasterung ihres Grundstücks und der Holzabtrennung und die Herausgabe ihres Grundstücks nicht verlangen könnte. Das kann der Senat entscheiden, weil auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten eine andere Entscheidung ausgeschlossen und weiteres Vorbringen der Beklagten nicht zu erwarten ist.

IV.


27
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Roth Czub

Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 22.09.2005 - 2 O 152/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 26.06.2008 - 5 U 136/05 -

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 31/07 Verkündet am:
29. Februar 2008
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gestattet der Eigentümer eine von dem Nachbargrundstück ausgehende Störung,
bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht.
BGH, Urt. v. 29. Februar 2008 - V ZR 31/07 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11. Januar 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung des die Stützmauer betreffenden Hilfsantrags gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das an eine im Eigentum der Beklagten stehende Privatstraße grenzt. Die Straße liegt über dem Bodenniveau des klägerischen Grundstücks und ist mit Betonsteinen gepflastert. Sie schließt unmittelbar an eine sich auf dem Grundstück der Kläger befindliche, etwa 50 cm hohe Mauer an.
2
Mit der Behauptung, die Mauer halte aus statischen Gründen den von der Privatstraße ausgehenden Druck nicht aus und drohe deshalb einzustürzen, verlangen die Kläger von den Beklagten, die Straße abzustützen.
3
Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Kläger aus § 1004 BGB scheitere daran, dass die frühere Eigentümerin ihres Grundstücks mit dem Anbau der Privatstraße an die Gartenmauer einverstanden gewesen sei. Diese Zustimmung müssten sich die Kläger als Rechtsnachfolger entgegenhalten lassen.

II.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht zwar an, dass die Beklagten nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung der behaupteten Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger in Anspruch genommen werden können. Die Beklagten sind als Zustandsstörer passivlegitimiert, da die – für das Revisionsverfahren zu unterstellende – Störung von ihrem Grundstück ausgeht und die Eigentumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf ihren Willen zurückzuführen ist (vgl. zu diesem Erfordernis: Senat, Urt. v. 1. Dezember 2006, V ZR 112/06, NJW 2007, 432, Rdn. 14 m.w.N.). Letzteres folgt daraus, dass die Beklagten für den baulichen Zustand der von ihnen unterhaltenen und benutzten Straße verantwortlich sind (Rechtsgedanke des § 907 BGB), ohne dass es darauf ankommt, welchen eigenen Beitrag sie hierzu geleistet haben und ob sie den störenden Zustand der Straße bei Erwerb des Grundstücks kannten (vgl. Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659, 660; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232).
7
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB sei ausgeschlossen, weil die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Kläger damit einverstanden war, dass die Privatstraße unmittelbar an die Gartenmauer herangebaut wurde. Gestattet der Eigentümer einen bestimmten Störungszustand, bindet dies seinen Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht (Senat, BGHZ 66, 37, 39; BGHZ 60, 119, 122; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1004, Rdn. 36; MünchKomm-BGB/ Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 65 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 198 m.w.N.). Denn hierbei handelt es sich – wenn eine dingliche Belastung des Grundstücks unterbleibt – um eine schuldrechtlich vereinbarte, also lediglich zwischen den Beteiligten wirkende, Duldungspflicht oder sogar nur um eine gefälligkeitshalber erteilte, je nach den Umständen widerrufliche Erlaubnis.
8
Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks eine schuldrechtliche Duldungsverpflichtung seines Rechtsvorgängers übernommen hat. Ein Übernahmewille des Erwerbers kann aber nicht unterstellt werden, vielmehr muss er deutlich zum Ausdruck gekommen sein (vgl. Staudinger/Gursky, aaO). Vorliegend ist dafür nichts ersichtlich.

III.

9
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben, soweit der die Stützmauer betreffende Hilfsantrag abgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die notwendigen Feststellungen zu der von den Klägern behaupteten Eigentumsbeeinträchtigung treffen kann. Zugleich erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf einen sachdienlichen Antrag hinzuwirken (vgl. zum Klageantrag bei § 1004 BGB: Senat, BGHZ 67, 252, 253; Staudinger /Gursky, aaO, Rdn. 236 m.w.N.). Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 31.07.2006 - 4 O 3256/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 11.01.2007 - 14 U 75/06 -

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert.

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 184/07 Verkündet am:
30. Mai 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die in § 275 Abs. 2 BGB bestimmte Einrede kann auch gegen einen Beseitigungsanspruch
aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erhoben werden.
BGH, Urt. v. 30. Mai 2008 - V ZR 184/07 - OLG Bremen
LG Bremen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandegerichts in Bremen vom 12. September 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Teilurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
P. B. war Eigentümer des Grundstücks P. straße in B. (Stammgrundstück); der Beklagte war Eigentümer des Nachbargrundstücks P. straße . 1973 errichtete B. auf dem rückwärtigen Teil seines Grundstücks ein einstöckiges, als Supermarkt nutzbares Gebäude. In den Bau bezog er eine mehr als 42 qm große Teilfläche des Grundstücks des Beklagten ein, die ihm der Beklagte mit Vertrag vom 11. Januar 1973 hierzu auf die Dauer von 20 Jahren mit Verlängerungsoption währungsgesichert vermietet hatte. Später teilte B. das Stammgrundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Die als Supermarkt genutzten Teileigentumseinheiten verkaufte er an G. Z. , der an seiner Stelle in den Mietvertrag mit dem Beklagten eintrat. Für die Überlassung der Teilfläche hatte Z. schließlich monatlich 418 DM zu zahlen.
2
1998 verkaufte Z. die Teileigentumseinheiten an die Kläger. Den Überbau und den Mietvertrag mit dem Beklagten offenbarte er nicht. Die Kläger zahlten zunächst für Z. ; einen Eintritt in den Mietvertrag anstelle von Z. lehnten sie jedoch ab. Daraufhin kündigte der Beklagte vorsorglich den Mietvertrag. Das Eigentum an dem Grundstück übertrug er unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs seinen Kindern. Gegen die Kläger erwirkte er ein Urteil auf Herausgabe des für den Überbau genutzten Teils (Vorprozess; Senat, BGHZ 157, 301 ff.) des Grundstücks P. straße (im Folgenden: Grundstück des Beklagten).
3
Die Kläger haben beantragt, festzustellen, für die Nutzung des Grundstücks des Beklagten monatlich 100 € bezahlen zu müssen. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte Widerklage auf Zahlung eines höheren Betrags erhoben hatte. Im Wege der Widerklage hat der Beklagte von den Klägern darüber hinaus die Räumung des Grundstücks durch Beseitigung des Überbaus verlangt.
4
Das Landgericht hat dem Räumungsverlangen durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht die Widerklage insoweit abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht verneint einen Räumungsanspruch des Beklagten. Es meint, aufgrund der Beendigung des Vertrages vom 11. Januar 1973 müsse der Beklagte den Überbau auf dem Grundstück nicht mehr dulden. Ob die Kläger gegenüber dem Beklagten anerkannt hätten, zur Beseitigung des Überbaus verpflichtet zu sein, könne dahingestellt bleiben. Ein Anerkenntnis schließe die Kläger nur mit solchen Einwendungen aus, die sie gekannt oder mit denen sie gerechnet hätten. Daran fehle es bei den Abbruchkosten von rund 90.000 €. Deren Höhe hätten die Kläger erst durch das von dem Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten erfahren. Über diese Kosten hinaus hätten die Kläger bei einem Abriss des Überbaus weitere Nachteile seitens der Mieterin des Supermarkts zu erwarten. Das stehe außer Verhältnis zu dem Interesse des Beklagten an der Beseitigung des Überbaus. Dieses sei auf der Grundlage des Wertes der in Anspruch genommenen Fläche des Grundstücks allenfalls mit 19.360 € anzunehmen. Das Missverhältnis schließe den Anspruch des Beklagten aus, von den Klägern den Abriss verlangen zu können.

II.

6
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Kläger sind gemäß §§ 1065, 1004 Abs. 1 BGB verpflichtet, den als Supermarkt genutzten Gebäudeteil auf dem Grundstück des Beklagten zu beseitigen.
7
1. Wird die Überschreitung der Grundstücksgrenze zur Bebauung eines Grundstücks von dem Eigentümer des angrenzenden Grundstücks gestattet, ist der Überbau rechtmäßig. Er ist wesentlicher Bestandteil des auf dem Stamm- grundstück errichteten Gebäudes (Senat, BGHZ 62, 141, 145; 157, 301, 304). Wird das Stammgrundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt, entsteht an den tragenden Teilen des Gebäudes Miteigentum. Zu den tragenden Teilen gehören insbesondere die Außenmauern eines Gebäudes. Das gilt auch insoweit, als diese nur das Sondereigentum eines einzelnen Wohnungs- oder Teileigentümers umschließen (Senat, BGHZ 50, 56, 59 ff.). Soweit sich die Außenmauern des von B. errichteten Gebäudes auf dem Grundstück des Beklagten befinden, sind die Kläger zu deren Beseitigung rechtlich daher nur in der Lage, wenn die übrigen Miteigentümer der Beseitigung durch die Kläger zustimmen. Das behauptet der Beklagte, Festsstellungen hierzu sind nicht getroffen.
8
Solcher Feststellungen bedarf es auch nicht. Das Schreiben des Klägers an den Beklagten und dessen Bevollmächtigten vom 21. Januar 2004 bedeutet ein deklaratorisches Anerkenntnis der Verpflichtung der Kläger zum Abriss des Überbaus. Zu dieser Feststellung ist der Senat in der Lage, weil weiteres Vorbringen insoweit nicht in Betracht kommt.
9
In dem Schreiben des Klägers, der im vorliegenden Rechtsstreit ebenso wie im Vorprozess die Klägerin und sich selbst als Rechtsanwalt vertreten hat, heißt es:
10
"Die Lage stellt sich nunmehr wie folgt dar: Räumungsvollstreckung aus dem vorhandenen Titel scheidet aus, weil wir nicht Gewahrsaminhaber sind und die Firma P. nicht herausgabebereit ist. … Zu Gunsten von Herrn W. bestehen gleichsam parallel die Ansprüche auf Herausgabe und auf Beseitigung. Den Herausgabeanspruch hat er geltend gemacht und insoweit obsiegt. Nunmehr geht es um den Beseitigungsanspruch. Mit diesem obsiegt er gleichermaßen, weil - wie gesagt - beide Ansprüche gleich laufen. Meine Ehefrau und ich sehen nach der BGHE keine hinreichenden Chancen, den Beseitigungsanspruch abzu- wehren. Somit ist dieserhalb ein weiterer Rechtsstreit nicht erforderlich. Wir erkennen den Anspruch an und werden bei dessen Geltendmachung das Erforderliche veranlassen. …"
11
Das bedeutet schon dem Wortlaut nach das Anerkenntnis des mit der Widerklage von dem Beklagten geltend gemachten Anspruchs. Anlass des Schreibens war das Urteil des Senats im Vorprozess vom 16. Januar 2004. Ziel der Erklärung war es, die in dem Vorprozess nicht entschiedene Frage der Verpflichtung zum Abriss des Überbaus der Ungewissheit zu entziehen, die Pflicht endgültig festzulegen und so einen Rechtsstreit um diesen Anspruch zu vermeiden.
12
Auch ohne ausdrückliche Erklärung der Annahme durch den Beklagten, § 151 Abs.1 BGB, sind die Kläger daher nach dem Sinn und Zweck ihrer Erklärung mit der Berufung auf sämtliche Einwendungen und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen, die ihnen bei Abgabe der Erklärung vom 21. Januar 2004 bekannt waren oder mit denen sie rechneten (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 66, 250, 254; 69, 328, 331). Hierzu gehört der Einwand, zum Abriss des Überbaus nicht in der Lage zu sein, weil einzelne Miteigentümer Teile eines gemeinschaftlichen Gebäudes nicht ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer abreißen dürfen und ohne diese daher nicht zum Abriss verurteilt werden können. Die Kläger haben durch ih r Anerkenntnis die Verpflichtung übernommen, das Einverständnis der übrigen Miteigentümer zum Abriss des Überbaus herbeizuführen.
13
2. Ebenso liegt es, soweit das Berufungsgericht meint, die Kläger würden bei einer Kündigung des Mietvertrags über den Supermarkt aus Anlass des Abrisses des Überbaus Schäden erleiden, die bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen zu berücksichtigen seien.
14
3. Etwas anderes gilt nur für die Kosten des Abrisses. Diese sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit etwa 90.000 € anzunehmen. Mit Kosten in auch nur annähernd dieser Höhe haben die Kläger bis zu den im vorliegenden Rechtsstreit getroffenen Feststellungen des Sachverständigen nicht gerechnet. Sie haben diese Kosten im Vorprozess vielmehr mit knapp 25.000 € und damit weit unter ihrer tatsächlichen Höhe angenommen.
15
a) Das Verhältnis zwischen diesen Kosten und dem Interesse des Beklagten an dem Abriss schließt den Anspruch des Beklagten entgegen der Meinung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung jedoch nicht aus.
16
Die Rechtsprechung hat den Anspruch auf Beseitigung aus § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB auf der Grundlage des in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Unzumutbarkeit als ausgeschlossen angesehen, wenn die Beseitigung mit Aufwendungen verbunden ist, die in keiner vertretbaren Relation zu dem Nachteil des Beeinträchtigten stehen (vgl. statt aller Senat, BGHZ 143,1, 6 m.w.N.).
17
Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat den Rückgriff auf den in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz zur Beschränkung des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB überflüssig gemacht. Die Beschränkung folgt nunmehr aus § 275 BGB. Die Vorschrift findet auf alle Leistungspflichten Anwendungen, gleichgültig ob diese auf einem Vertrag, auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis oder allgemein auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen (Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl. § 275 Rdn. 2; MünchKomm -BGB/Ernst, 5. Aufl., § 275 Rdn. 12; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 275 Rdn. 2; ferner OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 1024, 1025). Dies war Absicht des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Die Begründung des Gesetzesvorschlags verweist zum Anwendungsbereich von § 275 Abs. 2 BGB ausdrücklich auf Leistungsansprüche aus dem Sachenrecht und führt aus, die Begrenzung derartiger Ansprüche sei bisher § 251 Abs. 2 BGB entnommen worden. Hierzu ist auf das Urteil des Senats, BGHZ 62, 388 ff., ausdrücklich Bezug genommen (BT-Drucks. 14/6040, S. 130).
18
b) Ob die festgestellte Diskrepanz zwischen dem Interesse des Beklagten an der Beseitigung des Überbaus und dem hierzu notwendigen Aufwand hinreichend ist, den Klägern eine Einrede gegen von dem Beklagten geltend gemachten Abrissanspruch zu eröffnen, kann dahin gestellt bleiben. Die Einrede scheitert nämlich schon an dem in § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz.
19
Nach diesem hängt das Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB auch davon ab, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. So verhält es sich bei den Klägern. Auch diese Feststellung kann der Senat treffen.
20
Der Beklagte hat die Einbeziehung seines Grundstücks in das Bauvorhaben für die Dauer des Bestehens eines Mietverhältnisses geduldet. Der Überbau war daher grundsätzlich nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu beseitigen, § 546 BGB, § 556 BGB a.F. Zu der von den Klägern anerkannten Verpflichtung ist es nur deshalb gekommen, weil sie bei dem Erwerb des Teileigentums der Ausdehnung des Gebäudes auf das Grundstück des Beklagten keine Beachtung geschenkt und so den Mangel des ihnen von Z. verkauften Teileigentums nicht erkannt haben. Soweit Z. den Klägern deshalb verantwortlich ist, ist seine Inanspruchnahme nach Behauptung der Kläger aussichtslos, weil Z. insolvent ist. Das liegt außerhalb des Risikobereichs des Beklagten.
21
Auch nach der Aufdeckung des Rechtsmangels hatten die Kläger es in der Hand, die Verpflichtung zur Beseitigung des Überbaus zu vermeiden oder dadurch aufzuschieben, dass sie die von Z. dem Beklagten geschuldete Miete weiter bezahlten oder das Angebot des Beklagten annahmen, anstelle von Z. in den Vertrag vom 11. Januar 1973 einzutreten. Statt dies zu tun, haben sie dem Beklagten mit ihrem Verhalten Anlass gegeben, den Mietvertrag zu kündigen, und damit die Situation geschaffen, deren Folgen sie als wirtschaftlich unzumutbar ansehen. Damit aber schließt die im Rahmen von § 275 Abs. 2 BGB gebotene Wertung des Verhaltens der Kläger es aus, ihnen das Recht zu eröffnen, die geschuldete Leistung zu verweigern.

III.

22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 17.04.2007 - 8 O 1570/04 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 12.09.2007 - 1 U 29/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 171/07 Verkündet am:
18. Juli 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 28. September 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 6. Oktober 1983 kaufte der Kläger von seinem damaligen Nachbarn eine von dessen Grundstück abzutrennende Teilfläche , auf dem sich ein damals zu Wohnzwecken genutztes Hinterhaus befand. In dem Grundstückskaufvertrag bewilligte und beantragte der Verkäufer die Eintragung einer Wegerechtsdienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des verkauften Grundstücks auf dem von der Straße aus links neben dem damaligen Vorderhaus belegenen Gang. Der Vertrag wurde vollzogen.
2
Nach dem Auszug des Mieters im Jahre 1984 wurde das Hinterhaus auf dem von dem Kläger erworbenen Grundstück nicht mehr genutzt und verfällt seitdem. Das eingetragene Wegerecht wurde seit dieser Zeit ebenfalls nicht mehr ausgeübt.
3
Der Beklagte, der Eigentümer des anderen Nachbargrundstücks (Flurstück 316/76) war, erwarb in der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss vom 30. Juni 2004 das vordere Grundstück (Flurstück 75/2). In dem Zuschlagsbeschluss ist darauf hingewiesen, dass das in Abteilung II Nr. 12 eingetragene Recht bestehen bleibt. Der Beklagte begann in den Monaten August /September 2005 das erworbene Grundstück mit einem Erweiterungsbau für seinen Kinobetrieb unter Einbeziehung der für das Wegerecht genutzten Fläche zu bebauen. Nach Fertigstellung des Rohbaus verlangte der Kläger im 1. Dezember 2005 den Rückbau im Bereich des Wegerechts. Anschließende Vergleichsgespräche scheiterten.
4
Das Amtsgericht hat der Klage auf Beseitigung der Bebauung auf der Wegerechtsfläche stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers auf Beseitigung der die Ausübung des Wegerechts hindernden Bebauung nach §§ 1027, 1004 BGB.
6
Der Kläger sei nicht nach § 912 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Überbau des Weges durch den Neubau des Beklagten zu dulden. Der Beklagte habe den Nachweis fehlender grober Fahrlässigkeit nicht geführt. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass in dem Zuschlagsbeschluss, mit dem der Beklagte das dienende Grundstück vor dem Beginn der Baumaßnahmen erworben habe, auf das Bestehenbleiben des in Abteilung II Nr. 12 eingetragenen Rechts hingewiesen worden sei. Dem Beklagten, der ein erfahrener Geschäftsmann sei, habe klar sein müssen, dass er sich wegen der Bedeutung dieses Hinweises des Vollstreckungsgerichts, z.B. durch eine Einsicht in das Grundbuch, hätte erkundigen müssen. Es möge zwar sein, dass er sich darum nicht weiter gekümmert habe. Darin liege aber eine Missachtung der im Verkehr üblichen Sorgfalt in einem besonders schweren Maße, weil er einfache und nahe liegende Überlegungen nicht angestellt habe.
7
Der Kläger sei auch nicht deshalb zur Duldung des Überbaus verpflichtet , weil dessen Beseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Ein solcher Einwand sei nur für den sog. Eigengrenzüberbau anerkannt, wenn also der Überbauende zunächst auch Eigentümer des überbauten Grundstücks gewesen sei. Eine Verallgemeinerung dieser Grundsätze widerspreche der Wertung des § 912 Abs. 1 BGB, weil sie die den Anwendungsbereich der Norm einschränkenden Tatbestandsmerkmale obsolet mache, wenn der Berechtigte einen Überbau auch dann hinnehmen müsse, wenn dem Überbauer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last falle.
8
Das Begehren des Klägers auf Beseitigung des Überbaus stelle weder eine Schikane (§ 226 BGB) noch einen Rechtsmissbrauch dar (§ 242 BGB). Der Kläger verfolge ein schutzwürdiges Interesse, da der Zugang zu dem herrschenden Grundstück sonst nur durch die Garage auf dem im Eigentum des Klägers stehenden Nachbargrundstück möglich wäre.

II.

9
Das hält nicht in allen Punkten rechtlicher Nachprüfung stand.
10
1. Unbegründet ist allerdings der Einwand der Revision, dass dem Kläger der ihm von dem Berufungsgericht zuerkannte Anspruch nach §§ 1027, 1004 BGB schon deshalb nicht zustehen könne, weil die Grunddienstbarkeit wegen Wegfalles des Vorteiles für das herrschende Grundstück erloschen sei.
11
Die Belastung eines Grundstücks mit einer Grunddienstbarkeit setzt zwar nach § 1019 Satz 1 BGB voraus, dass diese einen Vorteil für die Benutzung des herrschenden Grundstücks bietet. Eine Grunddienstbarkeit erlischt daher, wenn infolge Veränderung eines der betroffenen Grundstücke ihre Ausübung dauernd ausgeschlossen ist oder der Vorteil für das herrschende Grundstück infolge grundlegender Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder der rechtlichen Grundlage objektiv und endgültig wegfällt (Senat, Urt. v. 24. Februar 1984, V ZR 177/82, NJW 1984, 2157, 2158; Urt. v. 20. Mai 1988, V ZR 29/87, NJWRR 1988, 1229, 1230; Urt. v. 15. Januar 1999, V ZR 163/96, VIZ 1999, 225, 226 - std. Rspr.). Diese Voraussetzungen liegen aber deshalb nicht vor, weil das herrschende Grundstück ohne das Wegerecht keine Verbindung zur öffentlichen Straße hätte und nur über das benachbarte Grundstück des Klägers durch ein Bauwerk (Garage) hindurch erreichbar wäre. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass dann, wenn bereits jeder brauchbare Weg, der zu einem Grundstück führt, für dessen Zweck vorteilhaft ist (vgl. RGZ 169, 180, 183; OLG Koblenz DNotZ 1999, 511, 512), von einem Wegfall des Vorteils nicht gesprochen werden kann, wenn das Grundstück nur über das Wegerecht mit einer öffentlichen Straße verbunden ist und bei einem Wegfall der Grunddienstbarkeit ein sog. gefangenes Grundstück entstünde.
12
Die Hinweise der Revision auf das öffentliche Baurecht vermögen demgegenüber den Vorteil einer Wegerechtsdienstbarkeit für ein Grundstück, dem eine andere Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, nicht zu beseitigen. Eine Grunddienstbarkeit gibt nämlich dem Berechtigten eine auf dem Privat- recht beruhende Rechtsstellung, die von etwaigen öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkungen für das herrschende Grundstück grundsätzlich unabhängig ist und deshalb nicht schon dann wegfällt, wenn dessen Nutzungsmöglichkeiten durch baurechtliche Vorschriften oder bauplanerische Feststetzungen (hier durch die von dem Beklagten vorgetragene nunmehrige Unzulässigkeit einer Nutzung des herrschenden Grundstücks zu Wohnzwecken) beschränkt werden oder ganz wegfallen (vgl. Senat, Urt. v. 7. April 1967, V ZR 14/65, NJW 1967, 1609, 1610).
13
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht eine Duldungspflicht des Klägers gemäß § 1004 Abs. 2 BGB nach den Vorschriften über den Überbau (§§ 912 ff. BGB) verneint hat.
14
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 912 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, wenn ein Überbau zwar nicht das Eigentum, aber ein anderes Recht des Nachbarn (wie eine Grunddienstbarkeit) beeinträchtigt (Senat, BGHZ 39, 5, 8 ff.; 42, 63, 68). Soweit die Revision meint, dass das Berufungsgericht die Unkenntnis des Beklagten von dem Wegerecht zu Unrecht als grob fahrlässig angesehen habe, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
15
Die Entscheidung, ob ein vorwerfbares Verhalten als grob fahrlässig zu bewerten ist, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Tatrichter vorbehalten, der im Einzelfall unter Würdigung aller Umstände nach seinem pflichtgemäßen Ermessen darüber zu befinden hat. Seine Wertung ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen, sofern er nicht den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder ihr fehlerhaft gewonnene Feststellungen zugrunde gelegt hat (BGHZ 89, 153, 160; 145, 337, 340). Das ist hier nicht der Fall.
16
Die von der Revision benannten, von dem Berufungsgericht angeblich übergangenen Umstände sind für die tatrichterliche Beurteilung, auf die der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gestützt wird, unerheblich, weil der Beklagte das Grundstück selbst ersteigert hat und in dem Termin auf das bestehen bleibende Recht hingewiesen worden ist. Die Nichtbeachtung eines solchen Hinweises trägt die tatrichterliche Würdigung einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung des Wegerechts des Klägers durch den Beklagten. Subjektive Besonderheiten (wie geringe Geschäftsgewandtheit und Kenntnisse), die im Einzelfall im Sinne einer Entlastung vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ins Gewicht fallen können (BGHZ 119, 147, 149), liegen nach der Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte ein erfahrender Geschäftsmann ist, nicht vor. Soweit die Revision schließlich auf den Vortrag des Beklagten verweist, dass dieser von anderer Seite - insbesondere seinem Architekten - nicht auf das der geplanten Bebauung entgegenstehende Wegerecht hingewiesen worden sei, ist das für die Feststellung einer grob fahrlässigen Unkenntnis schon deshalb ohne Bedeutung , weil das Berufungsgericht auf die eigenen Kenntnisse des Beklagten abgestellt hat.
17
3. Erfolg hat das Rechtsmittel jedoch deshalb, weil das Berufungsgericht das auf die Entscheidung des Senats (BGHZ 62, 388, 391 = NJW 1974, 1552 ff.) gestützte Vorbringen des Beklagten zur Unverhältnismäßigkeit des für die Beseitigung der Störung erforderlichen Aufwands mit der rechtsfehlerhaften Begründung zurückgewiesen hat, dass eine solche Einrede nur für den hier nicht vorliegenden Fall eines Eigengrenzüberbaus in Betracht komme.
18
a) Das Berufungsgericht hat die ständige Rechtsprechung des Senats übersehen, nach der die Geltendmachung von Ansprüchen auf Beseitigung - unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage - unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit begrenzt ist (Senat, BGHZ 143, 1, 6; Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 140/86, NJW 1988, 699, 700), was sich nunmehr aus § 275 Abs. 2 BGB ergibt (Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, Rdn. 17; OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 1024, 1025; zur weiteren Begründung hierzu wird auf das Urteil des Senats vom 30. Mai 2008 (V ZR 184/07 - zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.
19
Die Vorschrift findet auf alle Leistungspflichten Anwendung, gleichgültig ob diese auf einem Vertrag, auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis oder allgemein auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen (Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, aaO). Eine solche Zumutbarkeitsgrenze auch gegenüber einem auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützten Beseitigungsverlangen hat der Senat schon auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechts analog § 251 Abs. 2 BGB bejaht (vgl. BGHZ 62, 388, 391; Urt. v. 10. Dezember 1976, V ZR 263/74, WM 1977, 536, 537; Urt. v. 16. März 1979, V ZR 38/75, WM 1979, 644, 647). Seitdem der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsform in § 275 Abs. 2 BGB einen allgemeinen Rechtssatz mit diesem Inhalt bestimmt hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 130), findet die Senatsrechtsprechung hierin ihre Bestätigung.
20
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird das Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 2 BGB nicht durch die Regelung in § 912 Abs. 1 BGB verdrängt. Die Vorschriften betreffen verschiedene Gegenstände, nämlich die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des Beseitigungsanspruchs. Aus § 912 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich eine Duldungspflicht des Nachbarn nach § 1004 Abs. 2 BGB. Liegen deren Voraussetzungen vor, hat der Nachbar weder einen Anspruch auf Beseitigung noch auf Schadensersatz (vgl. Senat BGHZ 97, 292, 295; 156, 170, 172). § 275 Abs. 2 BGB begründet dagegen eine Einrede gegenüber dem Beseitigungsanspruch. Wird die Einrede erhoben und liegen deren Voraussetzungen vor, kann der Nachbar seinen An- spruch auf Beseitigung des Überbaus zwar nicht durchsetzen; seine anderen Ansprüche wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Rechtsverletzung bleiben aber davon unberührt (vgl. Senat, BGHZ 156, 170, 172).

III.

21
Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif.
22
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - eine Abwägung zwischen den Vorteilen, die eine Durchsetzung des Anspruches aus der Grunddienstbarkeit für das herrschende Grundstück des Klägers hätte, und den dafür erforderlichen Aufwendungen des Beklagten durch den zumindest teilweisen Abriss des Kinoneubaus auf dem dienenden Grundstück unterlassen. Das ist nachzuholen.
23
Zwar wird die nach § 275 Abs. 1 Satz 1 BGB gebotene Abwägung bei einem Anspruch auf Beseitigung eines grob fahrlässig (und erst recht eines vorsätzlich ) errichteten Überbaus in der Regel dazu führen, dass die Einrede zu versagen ist (vgl. Senat, Urt. v. 24. April 1970, V ZR 97/67, NJW 1970, 1180, 1181), was sich daraus ergibt, dass nach § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB bei der Bestimmung des Maßes der zumutbaren Anstrengungen auch das Verschulden des Schuldners berücksichtigt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, Rdn. 19).
24
Anders kann es aber auch unter Berücksichtigung des erheblichen Verschuldens des Überbauenden sein, wenn der Nachbar unter vorwerfbarer Verletzung seiner Obliegenheit nach § 254 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 912 Abs. 1 BGB, den Eigentümer vor ungewöhnlich hohen Schäden durch die Zerstörung der mit dem Überbau geschaffenen Werte zu bewahren, mit dem Verlangen auf Besei- tigung zuwartet und dadurch selbst wesentlich zu dem Missverhältnis zwischen den Vorteilen für ihn und Aufwendungen des Eigentümers für den Abriss des Neubaus beiträgt. Unter diesen Voraussetzungen kann die unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vorzunehmende Abwägung dazu führen, dass der Eigentümer die Erfüllung des Anspruchs des Nachbarn auf Beseitigung des Überbaus verweigern darf.
25
Da diese Umstände von dem Beklagten zwar vorgetragen worden sind, das Berufungsgericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Krüger RiBGH Dr. Klein ist Ri'inBGH Dr. Stresemann infolge Urlaubs an der ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Der Vorsitzende Der Vorsitzende Krüger Krüger Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Rendsburg, Entscheidung vom 31.07.2006 - 11 C 136/06 -
LG Kiel, Entscheidung vom 28.09.2007 - 8 S 101/06 -

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 48/05 Verkündet am:
10. März 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beruhte die Mitbenutzung eines Grundstücks durch den Nachbarn zu DDR-Zeiten
auf einer vor dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs am 1. Januar 1976 getroffenen
schuldrechtlichen Vereinbarung und war der Grundstückseigentümer daraus auch
während der Geltungsdauer des Zivilgesetzbuchs zur Duldung der Mitbenutzung
verpflichtet, ist für einen Bereinigungsanspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG
kein Raum. In diesem Fall fehlt es an einer Bereinigungslage, weil die Mitbenutzung
zivilrechtlich abgesichert war.
BGH, Urt. v. 10. März 2006 - V ZR 48/05 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Chemnitz. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 19. Februar 1934 gestattete der damalige Eigentümer des jetzt den Klägern gehörenden Grundstücks dem seinerzeitigen Eigentümer des heute der Beklagten gehörenden Grundstücks und dessen Rechtsnachfolgern, die "Spül- und Abortfallwässer" über sein Grundstück abzuführen. Seitdem verläuft von dem Grundstück der Beklagten eine unterirdische Abwasserleitung u.a. durch den Gartenteil des Grundstücks der Kläger. Dort mündet sie in einen Sammelschacht, in den auch die Kläger ihr Abwasser ein- leiten; von dem Schacht wird das Abwasser in die öffentliche Kanalisation abgeleitet. Eine dingliche Sicherung des Leitungsrechts erfolgte nicht.
2
Die Kläger, die ihr Grundstück nach 1990 von dem Erben desjenigen Eigentümers erworben haben, der im Jahr 1934 seinem Nachbarn die Verlegung der Abwasserleitung gestattet hat, verlangen von der Beklagten die Beseitigung der Leitung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger , mit der sie hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung von 22.000 € beantragt haben, ist erfolglos geblieben.
3
Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts müssen die Kläger das Vorhandensein und die Benutzung der Leitung dulden, weil der Beklagten ein Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück der Kläger zustehe. Die Einigung der früheren Grundstückseigentümer sei als Vereinbarung zur Mitbenutzung des Grundstücks der Kläger im Sinne des § 321 ZGB anzusehen, die bereits bei dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs der DDR am 1. Januar 1976 bestanden habe und nach § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB fortbestehe. Ein solches Mitbenutzungsrecht berechtige und verpflichte die Rechtsnachfolger der Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks auch dann, wenn es nicht in dem Grundbuch eingetragen sei. Nach Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB gelte es als Recht an dem belasteten Grundstück.
5
Den von den Klägern hilfsweise gestellten Zahlungsantrag hält das Berufungsgericht für unbegründet, weil es dafür keine gesetzliche Grundlage gebe.
6
Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


7
1. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, dass der Beklagten nach Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB aufgrund eines Mitbenutzungsrechts (§ 321 Abs. 1 ZGB) ein Recht an dem Grundstück der Kläger zustehe.
8
a) Die Annahme, dass die im Jahr 1934 zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien getroffene Vereinbarung mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs der DDR am 1. Januar 1976 (§ 1 EGZGB) ein Mitbenutzungsrecht im Sinne von § 321 Abs. 1 ZGB für den Eigentümer des heute der Beklagten gehörenden Grundstücks begründet habe, begegnet rechtlichen Bedenken. Aus § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB, auf welche Norm sich das Berufungsgericht für seine Ansicht stützt, ergibt sich das nicht. Nach dieser Vorschrift war für das Bestehen der vor dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs begründeten Rechte und Pflichten das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht maßgebend. Das spricht dafür, dass für das Nutzungsrecht auf der einen Seite und für die Duldungspflicht auf der anderen Seite die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch in dem Zeitraum maßgeblich blieben, in welchem das Zivilgesetzbuch der DDR galt. Allerdings war nach § 2 Abs. 2 Satz 1 EGZGB das Zivilgesetzbuch auf alle bei seinem Inkrafttreten bestehenden Zivilrechtsverhältnisse anzuwenden. Daraus kann geschlossen werden, dass sich der Inhalt eines unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgeschlossenen Vertrags, der - wie hier - auf eine dauernde Gebrauchsüberlassung gerichtet war, ab dem 1. Januar 1976 aus den entsprechenden Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs ergab, so dass hier ein Mitbenutzungsrecht im Sinne von § 321 Abs. 1 ZGB entstanden wäre (so OG-DDR NJ 1989, 80, 81).
9
b) Es kann indes offen bleiben, ob zu DDR-Zeiten auf das hier maßgebliche Rechtsverhältnis die Vorschriften des Zivilgesetzbuchs oder die des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden waren. Denn in beiden Fällen hat die Beklagte kein Recht an dem Grundstück der Kläger erlangt.
10
aa) Wenn die Vereinbarung aus dem Jahr 1934 als Gestattungsvertrag (§ 305 BGB a.F.) weiter galt, kann der Beklagten kein Recht an dem Grundstück der Kläger zustehen. Denn eine dingliche Sicherung des Leitungsrechts durch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit unterblieb.
11
bb) Entstand aufgrund der Vereinbarung ein Mitbenutzungsrecht (§ 321 Abs. 1 ZGB), steht der Beklagten jetzt ebenfalls kein Recht an dem Grundstück der Kläger zu. Die Revision rügt nämlich mit Erfolg, dass das Berufungsgericht § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG übersehen hat. Nach dieser Vorschrift erlischt ein nicht in dem Grundbuch eingetragenes Mitbenutzungsrecht mit dem Ablauf des 31. Dezember 1995, wenn nicht der Eigentümer vorher in notariell beurkundeter oder beglaubigter Form das Bestehen des Rechts anerkannt und seine Eintragung bewilligt oder der Inhaber des Rechts von dem Eigentümer die Abgabe dieser Erklärungen in einer zur Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB a.F. geeigneten Weise verlangt hat. Die Frist ist durch § 13 Abs. 1 SachenR-DV bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005, längstens jedoch bis zu dem Tag verlängert worden, seit dem der öffentliche Glaube des Grundbuchs für die in Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB bezeichneten Mitbenutzungsrechte wieder in vollem Umfang gilt. Nach der letzten Änderung des Art. 233 § 5 Abs. 2 EGBGB durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Eigentumsfristengesetzes vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2493) ist der öffentliche Glaube des Grundbuchs mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 in vollem Umfang wiederhergestellt; denn seit dem 1. Januar 2001 gelten die in Art. 233 § 5 Abs. 2 EGBGB bestimmten Ausnahmen von dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht mehr. Die Beklagte hätte deshalb bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 von den Klägern die formgerechte Anerkennung und die Bewilligung der Eintragung des - nach Ansicht des Berufungsgerichts bestehenden - Mitbenutzungsrechts erreichen oder die Bewilligung der Eintragung in einer zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Form, insbesondere durch die Erhebung einer Klage, verlangen müssen (vgl. Senat, Urt. v. 28. März 2003, V ZR 271/02, WM 2003, 1911 f.). Das ist nicht geschehen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat zwar im Jahr 1999 die Verurteilung der Kläger zur Duldung des Betretens und der Benutzung des Grundstücks zum Zweck der Reparatur und Unterhaltung der Abwasserleitung verlangt. Aber diese Klage war auf §§ 19, 21 SächsNRG, hilfsweise auf ein Notleitungsrecht nach § 917 BGB und auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis , gestützt. Das alles setzte voraus, dass der Beklagten kein Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück der Kläger zustand. Die Klage war deshalb nicht geeignet , die Verjährung eines Anspruchs auf Bewilligung der Eintragung eines bestehenden Mitbenutzungsrechts im Sinne von § 209 BGB a.F. zu unterbrechen (vgl. Senat, Urt. v. 28. März 2003, V ZR 271/02, WM 2003, 1911, 1912). Ein etwaiges Mitbenutzungsrecht der Beklagten wäre deshalb mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 erloschen.
12
2. Die Beklagte hat an dem Grundstück der Kläger auch kein Besitzrecht nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a EGBGB. Es fehlt an der dafür notwendigen Bereinigungslage nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.
13
a) Das Besitzmoratorium nach Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB ist nicht auf die sogenannten hängenden Fälle beschränkt, in denen die Nutzungsberechtigung zu DDR-Zeiten nicht den Vorschriften entsprechend abgesichert oder jedenfalls zweifelhaft war; vielmehr besteht es in dem Umfang, in welchem der Besitzer von dem Grundstückseigentümer nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz die Übertragung des Eigentums oder die Belastung des Grundstücks verlangen kann, bis zum Abschluss der Bereinigung (Senat, Urt. v. 25. Juli 2003, V ZR 2/03, VIZ 2004, 38, 39 m.w.N.). Die Beklagte kann jedoch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG nicht die Belastung des Grundstücks der Kläger mit einer Dienstbarkeit zur dinglichen Absicherung des Leitungsrechts verlangen.
14
b) Falls aufgrund der Vereinbarung aus dem Jahr 1934 am 1. Januar 1976 kein Mitbenutzungsrecht im Sinne von § 321 Abs. 1 ZGB begründet wurde , scheidet ein solcher Anspruch der Beklagten aus. Zwar wäre dies grundsätzlich ein Fall von § 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG. Danach kann der Mitbenutzer von dem Grundstückseigentümer die Bestellung einer Dienstbarkeit verlangen , wenn - neben anderen Voraussetzungen - ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB nicht begründet wurde. Aber gleichwohl fehlte es hier an einer Bereinigungslage.
15
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 22. Oktober 2004, V ZR 70/04, ZOV 2005, 29 m.w.N.) sind nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken im Beitrittsgebiet auftreten, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen, sondern nur solche Sachverhalte, bei denen die Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte, aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDRtypischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde; entscheidend ist deshalb der Umstand, dass der Mitbenutzung zu DDR-Zeiten ein zumindest faktischer Schutz zukam.
16
bb) Ein solches lediglich de facto respektiertes Nutzungsverhältnis liegt hier nicht vor. Die Inanspruchnahme des heute den Klägern gehörenden Grundstücks für die Abwasserleitung des Nachbargrundstücks erfolgte aufgrund der im Jahr 1934 zwischen den Voreigentümern getroffenen Vereinbarung. Sie berechtigte und verpflichtete auch die Rechtsnachfolger der Vertragsschließenden , die zu DDR-Zeiten Grundstückseigentümer waren. Für die Rechtsnachfolger des Eigentümers, zu dessen Gunsten die Vereinbarung getroffen wurde, folgt dies aus § 328 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB bzw. aus § 441 ZGB i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 EGZGB; denn die Vereinbarung ist insoweit ein Vertrag zugunsten Dritter, weil die damaligen Eigentümer vereinbart hatten, dass nicht nur der seinerzeitige Eigentümer des heute den Beklagten gehörenden Grundstücks, sondern auch seine Rechtsnachfolger zu der Ableitung der Abwässer über das Nachbargrundstück berechtigt sein sollten. Die Rechtsnachfolger des Eigentümers, der die Benutzung seines Grundstücks für die Verlegung der Abwasserleitung gestattete, waren bis zu der Übertragung des Eigentums auf die Kläger nach 1990 als seine Erben seit 1978 nach § 409 ZGB an die von ihm eingeräumte Gestattung gebunden. Somit war die Mitbenutzung des Grundstücks der Kläger auch zu DDR-Zeiten zivilrechtlich gesi- chert. Ein DDR-typisches Vollzugsdefizit, welches zu einer Bereinigungslage führt, ist im Hinblick auf die rechtliche Sicherung nicht zu erkennen.
17
c) Aus demselben Grund fehlt es auch an einem Bereinigungsanspruch der Beklagten, wenn am 1. Januar 1976 ein Mitbenutzungsrecht im Sinne von § 321 Abs. 1 ZGB entstanden und mit Ablauf des 31. Dezember 2000 erloschen ist. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob dem von § 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG erfassten Fall, dass kein Mitbenutzungsrecht begründet wurde, der Fall gleichsteht, dass zwar ein Mitbenutzungsrecht bestand, dieses aber später deshalb erlosch, weil weder der Berechtigte noch der Verpflichtete innerhalb der gesetzlichen Frist die Eintragung des Rechts in das Grundbuch herbeigeführt hat.
18
3. Eine schuldrechtliche Pflicht der Kläger, die Inanspruchnahme ihres Grundstücks für die Abwasserleitung zu dulden, ergibt sich nicht aus der Vereinbarung vom 19. Februar 1934. Sie haben ihr Grundstück von dem Erben desjenigen Voreigentümers erworben, der seinerzeit die Verlegung der Leitung gestattet hat. An diese Gestattung sind die Kläger nicht gebunden; denn schuldrechtliche Vereinbarungen begründen Rechte und Pflichten grundsätzlich nur für die Vertragsschließenden, nicht für ihre Rechtsnachfolger (vgl. Senat, Urt. v. 11. April 1975, V ZR 220/73, DNotZ 1976, 18, 19). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt zugunsten der Kläger nicht etwa deshalb, weil der damalige Grundstückseigentümer erklärt hat, dass die Vereinbarung auch für seine Rechtsnachfolger gelten solle. Einen solchen Vertrag zu Lasten Dritter kennt die Rechtsordnung, für die das Bürgerliche Gesetzbuch maßgeblich ist, nicht (siehe nur BGHZ 78, 369, 374 f.).
19
4. Da sich das Berufungsurteil weder aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO) noch die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es hat nämlich - von seinem Standpunkt aus konsequent - bisher nicht geprüft, ob die Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 1, 29 SächsNRG vorliegen. Das muss es nachholen.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 27.01.2004 - 8 O 4861/02 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2005 - 11 U 373/04 -

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

Der Eigentümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung eines anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist. Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.