vorgehend
Landgericht Hamburg, 303 O 345/15, 04.10.2016
Hanseatisches Oberlandesgericht, 1 U 230/16, 11.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 170/18
Verkündet am:
31. Oktober 2019
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der unter Vorlage von Zahlungsaufstellungen gehaltene Vortrag des Insolvenzverwalters
, der Schuldner habe Sozialversicherungsbeiträge nicht nur an den beklagten
Anfechtungsgegner, sondern auch an weitere Sozialversicherungsträger erst nach
der Beauftragung des Hauptzollamtes mit der Vollstreckung beglichen, reicht aus, um
die Voraussetzungen für eine Zurechnung des Wissens des Hauptzollamtes zu
schaffen; nähere Darlegungen zur Person des Erstellers der Listen und zu den Informationsquellen
sind keine Schlüssigkeitsvoraussetzungen (Ergänzung zu BGH,
Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262).
BGH, Urteil vom 31. Oktober 2019 - IX ZR 170/18 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2019:311019UIXZR170.18.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Röhl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 11. Mai 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 13. März 2014 am 14. April 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der

T.

GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenversicherung , bei der Mitarbeiter der Schuldnerin versichert waren.
2
In der Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2012 erfolgten die Beitragszahlungen der Schuldnerin an die Beklagte jeweils nur mit Verzögerung. Den Beitrag für Juni zahlte die Schuldnerin mit einer Verzögerung von zwei Monaten und einer Woche. Die Beiträge von Juli 2011 bis Dezember 2012 beglich die Schuldnerin jeweils ein bis eineinhalb Monate verspätet. Für die Einziehung der Beiträge Juli, August, September und November 2011 sowie Januar bis Mai und Juli bis Dezember 2012 erteilte die Beklagte jeweils Vollstreckungsaufträge an das Hauptzollamt . Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber weiteren Einzugsstellen war ähnlich. Auch an die T. , die

B.

und die D. erfolgten Zahlungen in der zweiten Jahreshälfte 2011 und im gesamten Jahr 2012 jeweils nur mit etwa zweimonatiger Verzögerung und es wurden Vollstreckungsaufträge an das Hauptzollamt
erteilt.
3
Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung auf Rückgewähr von 33 Beitragszahlungen aus dem Zeitraum 9. September 2011 bis 26. Februar 2014 in einer Gesamthöhe von 81.460,29 € in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und zur Zurückverweisung.

I.


5
Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Berufung des Klägers mit folgenden Erwägungen begründet:
6
Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückgewähr der Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte aus § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 oder § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu, weil die Voraussetzungen für eine Anfechtung nicht vorlägen. Das Landgericht sei mit zutreffender Begründung davon ausgegangen , dass eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin auf Seiten der Beklagten zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten nicht festgestellt werden könne oder diese Kenntnis zu vermuten sei, weil die Beklagte wusste, dass der Schuldnerin Zahlungsunfähigkeit drohte und die vorgenommenen Rechtshandlungen die Gläubiger benachteiligten. Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit und zum Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bedürfe es deshalb nicht. Die Kenntnisse der Beklagten hinsichtlich der Liquiditätslage der Schuldnerin beschränkten sich auf deren Zahlungsverhalten ihr und dem Hauptzollamt gegenüber. Zwar deute die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen , die bei Fälligkeit nicht ausgeglichen werden würden, typischerweise auf die Zahlungsunfähigkeit hin. Eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen sei deshalb geeignet, eine Zahlungseinstellung nahezulegen. Die Schuldnerin sei aber über einen Zeitraum von 17 Monaten hinweg jeweils nur kurzfristig mit Zahlungen von zwei Monatsbeiträgen in Rückstand gewesen. Ab Januar 2013 habe sie wieder pünktlich gezahlt. Dies lege die Annahme eines nur vorübergehend bestehenden Liquiditätsengpasses nahe. Insoweit hätte ein zwei Monate übersteigender Rückstand für den Monat Juni 2011 die Beklagte auch nicht misstrauisch machen müssen.
7
Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber anderen Krankenkassen liefere keine Indizien für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, weil der Kläger nicht darlege, woher die Beklagte Kenntnis von dem entsprechenden Zahlungsverhalten haben sollte. Eine Zurechnung des Wissens des Hauptzollamts komme nicht in Betracht. Soweit der Kläger Zahlungsübersichten vorgelegt habe, die den Vermerk "über HZA" auswiesen, habe er trotz Bestreitens der Beklagten nicht erklärt, woher die Zahlungsübersichten stammten und wer die Übersichten erstellt habe. Dem Bestreiten setze er nur die Vorlage von Vollstreckungsankündigungen entgegen, bezüglich derer jedoch unklar sei, ob die Schuldnerin erst auf Vollstreckungsdruck oder schon früher gezahlt habe. Die Ankündigungen könnten auch ins Leere gegangen sein.

II.


8
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Anfechtung der von der Schuldnerin ab 9. September 2011 an die Beklagte erbrachten Beitragszahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO und - soweit es die Zahlungen in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung betrifft - gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht verneint werden.
9
1. Auf den Streitfall findet § 133 InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) Anwendung , weil das Insolvenzverfahren am 14. April 2014 und damit vor dem 5. April 2017 eröffnet wurde (vgl. Art. 103j Abs. 1 EGInsO). Die angefochtenen Zahlungen aus der Zeit von September 2011 bis Februar 2014 liegen innerhalb des Zeitraums von zehn Jahren gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO vor dem Antrag vom 13. März 2014, auf den das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Nach den revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Feststellungen hat die Schuldnerin selbst die Zahlungen an die Beklagte vorgenommen, so dass Rechtshandlungen der Schuldnerin gegeben sind. Damit liegt auch eine Gläubigerbenachteiligung vor, die dann gegeben ist, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat, wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2018 - IX ZR 229/17, ZInsO 2019, 321 Rn. 11; vom 12. September 2019 - IX ZR 264/18, ZInsO 2019, 2159 Rn. 21).
10
2. Soweit § 133 Abs. 1 InsO die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen und deren Vorsatz, ihre übrigen Gläubiger zu benachteiligen, voraussetzt, sind die Voraussetzungen nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt zu unterstellen. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung ausschließlich auf das Fehlen der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung, nämlich die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin auf Seiten der Beklagten bei Empfang der Zahlungen der Schuldnerin, gestützt. Eine solche Kenntnis, so führt das Berufungsgericht aus, sei auch nicht zu vermuten, weil die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte und die vorgenommenen Rechtshandlungen die Gläubiger benachteiligten. Es hat damit offengelassen, ob die Schuldnerin bei Vornahme der angefochtenen Zahlungen bereits zahlungsunfähig war und demgemäß mit Benachteiligungsvorsatz handelte.
11
3. Die Würdigung des Berufungsgerichts, das vom Kläger dargelegte Zahlungsverhalten gegenüber anderen Krankenkassen liefere keine Indizien für die Beurteilung der Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, kann keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat insoweit überspannte Anforderungen an die Darlegungen des Klägers zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin gestellt. Soweit es den Kläger für beweisfällig gehalten hat, hätte es hierauf zumindest hinweisen müssen.
12
a) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden können, weil es sich um innere , dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, ZInsO 2013, 2213 Rn. 14). Insoweit gilt, dass die Anforderungen an die subjektiven Voraussetzungen nicht überspannt werden dürfen. Deshalb muss sich der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht gerade auf die später tatsächlich eingetretene Benachteiligung bezogen haben. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass der Anfechtungsgegner alle Umstände, aus denen sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ergibt, im Einzelnen kennt. Vielmehr reicht es aus, wenn er im Allgemeinen von dem Benachteiligungsvorsatz gewusst hat. Deshalb muss der Anfechtungsgegner auch die Rechtshandlung, welche die Gläubigerbenachteiligung ausgelöst hat, nicht in allen Einzelheiten kennen (BGH, Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 19). Ausreichendes Indiz kann etwa eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise sein, bei der Verbindlichkeiten des Schuldners ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und sich der Gläubiger den Umständen nach bewusst ist, dass es bei dem gewerblichen Schuldner noch weitere Gläu- biger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 19 mwN).
13
b) Besonderes Gewicht für den Nachweis einer Zahlungseinstellung kommt dem Beweisanzeichen der Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen zu, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit (§ 266a StGB) bis zuletzt entrichtet werden. Eine mehrmonatige - nicht notwendig sechsmonatige - Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist geeignet, eine Zahlungseinstellung nahezulegen (BGH, Beschluss vom 13. April 2006 - IX ZB 118/04, ZIP 2006, 1056 Rn. 14; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZInsO 2006, 827 Rn. 6; Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZInsO 2013, 2434 Rn. 13; vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 20). Entrichtet der Schuldner die Sozialversicherungsbeiträge fortlaufend mit einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten und erstreckt sich dieses Verhalten über einen Zeitraum von rund elf Monaten, entbehrt die Annahme eines lediglich vorübergehenden Liquiditätsengpasses einer tatsächlichen Grundlage (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 20). Neben dem Beitragsrückstand treten weitere auf eine Zahlungseinstellung deutende Indizien hinzu, wenn der Sozialversicherungsträger Beitragszahlungen des Schuldners nur unter Anwendung von Vollstreckungsdruck erwirken kann, was die kritische Liquiditätslage der Schuldnerin unterstreicht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 21).
14
Bedient sich der Sozialversicherungsträger bei der Vollstreckung seiner Bescheide nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Buchst. b VwVG, § 249 Abs. 1 Satz 3 AO, § 1 Nr. 3 FVG des Hauptzollamtes, sind ihm zudem bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO dessen Kenntnisse über von weiteren Einzugsstellen wegen Beitragsrückständen gegen die Schuldnerin betriebenen Vollstreckungsverfahren entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2013 - IX ZR 115/12, ZInsO 2013, 608 Rn. 4 ff; Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 23). Aus dem gemäß § 5 Abs. 1 VwVG anzuwendenden § 252 AO folgt eine gesetzliche Fiktion, nach der Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs die Vollstreckungsbehörde wird, die mit der Vollstreckung beauftragt ist. Eine Wissenszurechnung findet auch statt, soweit es um das Wissen des Hauptzollamts geht, wonach der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlte (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 23).
15
c) Gemessen an diesen Grundsätzen schöpft die Würdigung des Berufungsgerichts den Sachverhalt nicht aus. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an den Vortrag des Klägers zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin gemäß § 133 Abs. 1 InsO überspannt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin in dem für die Anfechtung relevanten Zeitraum nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht auszuschließen.
16
aa) Das Berufungsgericht hat letztlich nur das Zahlungsverhalten der Schuldnerin im Verhältnis zur Beklagten gewürdigt. Soweit der Kläger dargelegt und mittels Zahlungsaufstellungen und Ablichtungen von Vollstreckungsankündigungen belegt hat, dass die Schuldnerin auch gegenüber weiteren Sozialversicherungsträgern entsprechend verfahren ist und über weit mehr als ein Jahr hinweg nur mit Verzögerung geleistet hat, hat es diesen Vortrag außer Betracht gelassen, weil eine Überprüfung nicht möglich sei, denn der Kläger habe nicht erklärt, wer die Übersichten erstellt habe und woher die in ihnen enthaltenen Informationen stammten. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vortrag des Klägers überspannt.
17
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 8; Urteil vom 15. März 2016 - II ZR 114/15, ZIP 2016, 1376 Rn. 18; vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16, BGHZ 217, 129 Rn.

9).


18
Die Darlegungen des Klägers zum Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber anderen Sozialversicherungsträgern und zu Zahlungen unter Vollstreckungsdruck , die der Kläger in der Berufungsbegründung weiter erläutert hat, nachdem das Landgericht sie wegen fehlender Substantiierung zurückgewiesen hatte, sind als Beweisanzeichen zur Darlegung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 InsO - die entsprechend den vorstehenden Ausführungen regelmäßig nur mittels des Vortrages von Indizien dargestellt werden können - geeignet. Aus ihnen ergibt sich, welches Zahlungsverhalten die Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern an den Tag gelegt hat und dass es Zahlungen unter Vollstreckungsdruck gegeben hat. Der Darstellung, wer die Übersichten gefertigt hat und woher die erhaltenen Informationen stammten, bedurfte es dazu nicht. Sie ist unerheblich, wenn es um die Frage geht, ob das Beweisanzeichen der dauerhaften verzögerten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und der Zahlung unter Vollstreckungsdruck verwirklicht ist.
19
(2) Zwar meint das Berufungsgericht, im Hinblick auf die Zurechnung des Wissens des Hauptzollamtes komme es entscheidend darauf an, dass der Kläger nicht dargelegt habe, von welcher Person die Übersichten über das Zah- lungsverhalten der Schuldnerin gegenüber den drei weiteren Einzugsstellen gefertigt seien und woher die entsprechenden Informationen stammten. Auch dies trifft jedoch nicht zu. Die vom Berufungsgericht aufgeworfenen Fragen sind für die Zurechnung des Wissens der Einzugsstelle unerheblich. Entscheidend ist, dass sich nach der Darstellung des Klägers auch andere Einzugsstellen mit Vollstreckungsaufträgen an das Hauptzollamt gewandt haben, wobei es für die Zurechnung des Wissens des Hauptzollamtes ausreicht, dass der Schuldner daraufhin zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat. Lagen entsprechende Aufträge vor und sind damit die Forderungen der Einzugsstellen auf das Hauptzollamt übergegangen, muss sich die Beklagte, die sich selbst auch des Hauptzollamtes bedient hat, dessen Wissen zurechnen lassen. Weitere Tatsachen über die Beauftragung des Hauptzollamtes hinaus durch die verschiedenen Sozialversicherungsträger brauchte der Kläger nicht vorzutragen, um sein Vorbringen zur Wissenszurechnung schlüssig zu machen.
20
bb) Selbst wenn die Ansicht des Berufungsgerichts zuträfe, der Kläger hätte nicht nur die Tatsachen vortragen müssen, die ein anerkanntes Beweisanzeichen im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ausfüllen, ob der Anfechtungsgegner Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte, unterliegt die Entscheidung der Aufhebung. In diesem Fall hätte das Berufungsgericht den Kläger jedenfalls darauf hinweisen müssen, dass dieser seinen Vortrag zum Zahlungsverhalten der weiteren beteiligten Sozialversicherungsträger unter Beweis zu stellen und zu den vorgelegten Aufstellungen den jeweiligen Verfasser und die dazu gehörigen Informationsquellen mitzuteilen und unter Beweis zu stellen habe. Dies folgt aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der es dem Gericht im Hinblick auf die Hinweispflicht aus § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO aufgibt, darauf hinzuwirken, dass sich die Parteien rechtzei- tig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere auch ungenügende Angaben zu vorgetragenen Tatsachen ergänzen.
21
(1) Ausgeschlossen war der Kläger mit neuem Vortrag zu diesen Gesichtspunkten entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht. Nachdem das Landgericht in erster Instanz den Vortrag zur Vollstreckung weiterer Gläubiger über das Hauptzollamt für unsubstantiiert gehalten und sich geweigert hatte, die nur jeweils eine Seite umfassenden drei Anlagen zum Zahlungsverhalten gegenüber anderen Kassen zur Kenntnis zu nehmen, musste der Kläger nicht mit einer Zurückweisung seines Vortrags mangels Beweisantritts in zweiter Instanz rechnen. Ein Hinweis auf weiterbestehende Zweifel des Berufungsgerichts an der Substanz des Vorbringens nach Erläuterung der Anlagen in der Berufungsbegründung war nicht erfolgt. Der Kläger musste deshalb auch nicht in Rechnung stellen, sein schon in erster Instanz schlüssiger, vom Landgericht aber für unsubstantiiert gehaltener Vortrag könnte nunmehr wegen fehlender Beweisantritte zurückgewiesen werden. Das nicht weiter motivierte Bestreiten der Beklagten gab dem Kläger - anders als die Revisionsbeklagte meint - keinen Anlass, neben den bereits vorgelegten Urkunden Zeugenbeweis für seinen Vortrag zum dauerhaften Zahlungsverzug gegenüber den weiteren Sozialversicherungsträgern und zu deren Vollstreckungen über das Hauptzollamt anzutreten.
22
(2) Aus der Revisionsschrift ergibt sich, dass der Kläger auf Hinweis entsprechenden Beweis hätte antreten können und angetreten hätte. Dort hat der Kläger als mögliche Zeugen für die Behauptung, die Angaben in den Auflistungen des Zahlungsverhaltens der weiteren Sozialversicherungsträger stammten aus der Buchhaltung der Schuldnerin und gäben die Zahlungswege - auch über das Hauptzollamt - zuverlässig wieder, den mit der Auswertung der Buchhal- tung beauftragten Steuerberater D. , den mit der Auswertung der Geschäftsunterlagen beauftragten Rechtsanwalt Dr. W. und den damaligen Geschäftsführer der Schuldnerin benannt.
23
4. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht verneinten Anfechtbarkeit der im Dreimonatszeitraum erfolgten Zahlungen gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO gilt entsprechend den vorstehenden Ausführungen, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben kann, weil Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit und zu deren Kenntnis auf Seiten der Beklagten fehlen. Insoweit weist der Senat für das weitere Verfahren nur vorsorglich darauf hin, dass es im Fall der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit für den Zeitraum ab September 2011 nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht darauf ankommt, ob die Schuldnerin zu einem späteren Zeitpunkt ihre Beiträge wieder pünktlich bei Fälligkeit entrichtet hat. Eine einmal festgestellte Zahlungsunfähigkeit entfällt nur dann wieder, wenn der Schuldner seine Zahlungen allgemein - nicht nur dem Anfechtungsgegner gegenüber - wiederaufgenommen hat. Im Übrigen wirkt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners fort. Für eine Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit sind nicht nur die vereinbarten Zahlungen gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, sondern der Schuldner muss zumindest auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen. Die Wiederaufnahme der Zahlungen gegenüber allen Gläubigern hat der Anfechtungsgegner als derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGH, Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15, ZInsO 2016, 2474 Rn. 25 mwN).

III.


24
Auf die begründete Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die wiedereröffnete mündliche Verhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , die erforderlichen Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit und zu einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sowie dessen Kenntnis auf Seiten der Beklagten zu treffen.
Kayser Lohmann Pape
Möhring Röhl
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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05

bei uns veröffentlicht am 13.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 238/05 vom 13. Juni 2006 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 14 Abs.1, § 17 Abs. 2 Satz 2 a) Befindet sich der Schuldner mit fälligen Gesamtsozialvers

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2013 - IX ZR 49/13

bei uns veröffentlicht am 07.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 49/13 Verkündet am: 7. November 2013 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 130 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2018 - IX ZR 229/17

bei uns veröffentlicht am 15.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 229/17 Verkündet am: 15. November 2018 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 129 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2017 - II ZR 88/16

bei uns veröffentlicht am 19.12.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 88/16 Verkündet am: 19. Dezember 2017 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Nov. 2016 - IX ZR 65/15

bei uns veröffentlicht am 17.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 65/15 Verkündet am: 17. November 2016 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2016 - II ZR 114/15

bei uns veröffentlicht am 15.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 114/15 Verkündet am: 15. März 2016 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2015 - IX ZR 95/14

bei uns veröffentlicht am 07.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR95/14 Verkündet am: 7. Mai 2015 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 Werden S

Referenzen

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 5. April 2017 eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

(2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Herausgabe von Nutzungen unterliegen vor dem 5. April 2017 den bis dahin geltenden Vorschriften. Für die Zeit ab dem 5. April 2017 ist auf diese Ansprüche § 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzordnung in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung anzuwenden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

11
a) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat (BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 20; vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, NZI 2009, 644 Rn. 25), wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Hand- lung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 78 f; vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 25; vom 25. Januar 2018 - IX ZR 299/16, WM 2018, 328 Rn. 9 mwN). Hingegen fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung, wenn der Schuldner nur einen möglichen Erwerb unterlässt. Dieses Unterlassen ist nicht anfechtbar , weil es nicht zu einer Minderung des Schuldnervermögens führt, sondern lediglich dessen Mehrung verhindert (BGH, Urteil vom 2. April 2009 - IX ZR 236/07, WM 2009, 1042 Rn. 15; vom 19. Juli 2018 - IX ZR 307/16, ZIP 2018, 1601 Rn. 15 mwN).
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aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat, wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 15. November 2018 - IX ZR 229/17, NZI 2019, 333 Rn. 11). An einer Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn die Zahlungen aus insolvenzfreiem Vermögen des Schuldners erfolgten. Befriedigt der Schuldner einen Gläubiger durch eine Verfügung über unpfändbare Gegenstände, ist diese Verfügung mangels Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar, weil diese Gegenstände von vornherein nicht zur Insolvenzmasse im Sinne der §§ 35, 36 InsO gehören (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - IX ZR 145/15, NZI 2016, 584 Rn. 17 mwN). Deshalb werden die Gläubiger nicht benachteiligt, wenn der Schuldner für das Konto, über das die angefochtenen Zahlungen erfolgten, einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 850k Abs. 1 ZPO in der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung gestellt und das Vollstreckungsgericht die Pfändung des Guthabens aufgehoben hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, NZI 2014, 863 Rn. 14 f) oder wenn er die angefochtenen Zahlungen aus dem unpfändbaren Guthaben eines Pfändungsschutzkontos gemäß § 850k Abs. 1 ZPO in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung erbracht hat. Bei Bargeldzahlungen kommt eine Unpfändbarkeit nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO in Betracht (BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaO).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.
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a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtungkönnen - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Insoweit kommt den Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der Inkongruenz einer von ihm erbrachten Leistung besondere Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 18; vom 8. März 2012 - IX ZR 51/11, WM 2012, 857 Rn. 41). Sind bei- de Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet, kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden, weil der Schuldner weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15 mwN). Ebenso bildet eine inkongruente Deckung, bei welcher der Schuldner anderes oder mehr leistet als geschuldet, wegen der ihr innewohnenden Begünstigungstendenz ein Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten , als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 13).
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aa) Schon eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise, die sich hier spätestens seit Anfang des Jahres 2008 im Verhältnis zu der Beklagten ausgeprägt hat, kann Indizwirkung für eine Zahlungseinstellung haben (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 12). Eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes ist in der Regel anzunehmen, wenn - wie im Streitfall - die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es bei dem gewerblich tätigen Schuldner noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 29).

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

14
2. In der Sache selbst wird das Insolvenzgericht zum einen erneut prüfen müssen, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig ist (§ 17 Abs. 1 InsO). Die Überzeugung von der Zahlungsunfähigkeit kann nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO auch mittelbar durch Indizien gewonnen werden. Hierfür genügt regelmäßig eine Zahlungseinstellung, die sich wiederum aus den Umständen ergeben kann. Dazu gehören konkludente Verhaltensweisen des Schuldners wie die Schließung seines Geschäftsbetriebes ohne ordnungsgemäße Abwicklung, die Flucht vor seinen Gläubigern, die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen oder Löhnen an mehr als einem Zahltermin hintereinander oder die Häufung von Pfändungen oder sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. HKInsO /Kirchhof, aaO § 17 Rn. 32, 34, 37). Bei der Feststellung des Eröffnungsgrundes reicht ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus (vgl. OLG Stuttgart NZI 1999, 491, 492; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 26 Rn. 56 a; HK-InsO/Kirchhof, § 16 Rn. 9).
6
a) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit ist im Insolvenzrecht (§§ 17, 129 ff InsO, § 64 GmbHG) einheitlich zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, WM 2005, 1468, 1469, z.V.b. in BGHZ 163, 134). Nach den hierzu vom Senat entwickelten Grundsätzen liegt keine Zahlungsstockung, sondern Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne vor, wenn die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners 10 vom Hundert überschreitet, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, aaO S. 1469 ff). Die Zahlungsunfähigkeit kann, wie § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO verdeutlicht, nicht nur im Wege der Ermittlung der Unterdeckung für einen bestimmten Zeitraum, sondern auch mit Hilfe von Indiztatsachen festgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, WM 2003, 400, 402). Nach der Rechtsprechung des Senats stellt bei Anwendung dieser Methode die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dar, welches für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spricht, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit gemäß § 266a StGB bis zuletzt bedient werden (BGHZ 149, 178, 187; BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; ebenso: OLG Dresden ZInsO 2000, 560, 561; OLG Celle NZI 2000, 214, 216; zustimmend : Braun/Kind, InsO, 2. Aufl. § 14 Rn. 23; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 14 Rn. 77; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 34; Pape in Kübler/Prütting, InsO § 14 Rn. 52). Die strafbewehrte Sanktion lässt das Vorliegen einer bloßen Zahlungsunwilligkeit als unwahrscheinlich erscheinen, insbesondere bei einer monatelangen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Fehlen gegenläufige Indizien, die etwa in einem Bestreiten der nichterfüllten Forderungen des Sozialversicherungsträgers liegen können, reicht dieses starke Indiz für sich genommen aus, um den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit jedenfalls als wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Dies ist in dieser Phase des Eröffnungsverfahrens ausreichend.
13
(1) Die Kenntnis der Beklagten von der Liquiditätslage der Schuldnerin beschränkte sich auf den Umstand, dass diese über eine Dauer von zehn Monaten die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge jeweils um drei bis vier Wochen verspätet gezahlt hatte. Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266a StGB) ein Beweisanzeichen , das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 15 mwN; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30). In Fällen einer verspäteten Zahlung wird angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, WM 2006, 1631 Rn. 6; Beschluss vom 24. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 2). Eine solche Gestaltung war vorliegend nicht gegeben, weil die Sozialversicherungsbeiträge lediglich mit einer Verzögerung von jeweils drei bis vier Wochen beglichen wurden.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

(1) Die Finanzbehörden können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dies gilt auch für Steueranmeldungen (§ 168). Vollstreckungsbehörden sind die Finanzämter und die Hauptzollämter sowie die Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist; § 328 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Zur Vorbereitung der Vollstreckung können die Finanzbehörden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermitteln. Die Finanzbehörde darf ihr bekannte, nach § 30 geschützte Daten, die sie bei der Vollstreckung wegen Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden darf, auch bei der Vollstreckung wegen anderer Geldleistungen als Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden.

(3) Zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen können die Vollstreckungsbehörden Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung stellen. § 757a Absatz 5 der Zivilprozessordnung ist dabei nicht anzuwenden.

Bundesfinanzbehörden sind

1.
als oberste Behörde:das Bundesministerium der Finanzen;
2.
als Oberbehörden:das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion;
3.
als örtliche Behörden:die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen (Zollämter) und die Zollfahndungsämter.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

4
1. Die Frage, ob der Einzugsstelle bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO Kenntnisse des Sachbearbeiters des Hauptzollamts, dessen sich die Stelle bei der Vollstreckung ihrer Bescheide nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Buchst. b VwVG, § 249 Abs. 1 Satz 3 AO, § 1 Nr. 4 FVG bedient hat, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen sind, ist ohne weiteres zu bejahen und bedarf keiner grundsätzlichen Klärung (vgl. OLG München, ZIP 1992, 787, 788 f; Bornheimer in Pape/Uhländer, InsO, § 130 Rn. 52; FK-InsO/Dauernheim, 7. Aufl., § 130 Rn. 54; HmbKomm-InsO/ Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 130 Rn. 38; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 51; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 130 Rn. 148; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 130 Rn. 63). Die Beschwerde benennt keine Gegenstimmen, welche die Zurechenbarkeit des Wissens des Sachbearbeiters der zuständigen Vollstreckungsstelle in Zweifel ziehen.

(1) Das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz richten sich im Falle des § 4 nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 77, 249 bis 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 317, 318 Abs. 1 bis 4, §§ 319 bis 327).

(2) Wird die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

Im Vollstreckungsverfahren gilt die Körperschaft als Gläubigerin der zu vollstreckenden Ansprüche, der die Vollstreckungsbehörde angehört.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

8
b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
18
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substanziierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 8).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 88/16 Verkündet am:
19. Dezember 2017
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Einen vom Insolvenzverwalter zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO aufgestellten Liquiditätsstatus, der auf den
Angaben aus der Buchhaltung des Schuldners beruht, kann der Geschäftsführer
nicht mit der pauschalen Behauptung bestreiten, die Buchhaltung sei nicht ordnungsgemäß
geführt worden. Er hat vielmehr im Einzelnen vorzutragen und ggf.
zu beweisen, welche der in den Liquiditätsstatus eingestellten Verbindlichkeiten
trotz entsprechender Verbuchung zu den angegebenen Zeitpunkten nicht fällig
und eingefordert gewesen sein sollen.

b) Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO anhand
einer Liquiditätsbilanz sind auch die innerhalb von drei Wochen nach dem
Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II)
einzubeziehen.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
ECLI:DE:BGH:2017:191217UIIZR88.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Wöstmann, Sunder und Dr. Bernau sowie die Richterin Grüneberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. März 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 13. Februar 2009 am 1. Mai 2009 eröffnet wurde. Er nimmt den Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 64 Satz 1 GmbHG auf Ersatz von 4.725.195,81 € nebst Zinsen wegen Zahlungen, die im Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 8. Januar 2009 vom Konto der Schuldnerin bei der D. Bank veranlasst wurden, in Anspruch. Der Klä- ger behauptet, die Schuldnerin sei spätestens seit dem 1. Dezember 2008 zahlungsunfähig gewesen.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Kläger habe die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 nicht dargetan. Die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit richte sich auch im Rahmen von § 64 GmbHG nach § 17 Abs. 2 InsO. Der Kläger habe jedoch weder eine Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO noch eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO substantiiert vorgetragen. Der von ihm anhand der Buchhaltungsunterlagen der Schuldnerin erstellte und mehrfach korrigierte Liquiditätsstatus, in dem der Kläger zuletzt zum 1. Dezember 2008 fällige Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 3.517.275,91 € gegenüber verfügbaren Mitteln in Höhe von 67.454,43 € ausgewiesen habe, reiche für die Darlegung einer Zahlungsunfähigkeit zum Stichtag nicht aus. Dabei könne offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers überhaupt dem Maßstab im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2007 (IX ZR 210/04, ZIP 2007, 1913 Rn. 4 ff.) genüge. Jedenfalls hätten der Beklagte und seine Streithelferin die Richtigkeit der Buchhaltung und damit des darauf beruhenden Liquiditätsstatus substantiiert bestritten, soweit dieser fällige Verbindlichkeiten von mehr als 505.112,89 € ausweise. Die Streithelferin habe im Einzelnen dargelegt, dass von den in der klägerischen Auflistung aufgeführten 519 Rechnungsposten lediglich 99 Positionen mit Rechnungen unterlegt worden seien. Diese stimmten lediglich in drei Positionen mit den in der klägerischen Tabelle enthaltenen Posten überein, woraus folge, dass diese Tabelle zu 99 % unzutreffend sei. Der Beklagte habe darüber hinaus dargelegt, dass ausweislich der einzelnen Buchhaltungskonten zahlreiche Verbindlichkeiten bereits längst bezahlt und zahlreiche angebliche Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien. Nach den von ihm im Einzelnen in einer "korrigierten Kreditorentabelle" dargelegten Ergebnissen seiner Auswertung seien zum 1. Dezember 2008 nur Verbindlichkeiten in Höhe von 505.112,89 € belegt. Diesem Vorbringen sei der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Den damit schlüssig dargelegten Verbindlichkeiten zum Stichtag in Höhe von lediglich 505.112,89 € stünden unstreitig liquide Mittel in Höhe von 67.454,43 € gegenüber. Außerdem sei ein Anspruch der Schuldnerin gegen eine Schwestergesellschaft aus einem täglich kündbaren Darlehen in Höhe von 752.179,62 € zu berücksichtigen, das die Schuldnerin jederzeit, jedenfalls binnen drei Wochen hätte fällig stellen können. Dass dies tatsächlich erst mit Wirkung vom 27. Januar 2009 erfolgt sei, sei unschädlich.
6
Die Voraussetzungen einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin habe der Kläger ebenfalls nicht dargetan. Die schlüssig dargelegten Stichtagsverbindlichkeiten von nur 505.112,89 € seien im Verhältnis zum Betrag der im Dreiwochenzeitraum beglichenen Altschulden nicht als wesentlich anzusehen. Bezüglich der nach Behauptung des Klägers bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichenen Forderungen habe der Beklagte zu einem Großteil deren fehlende Fälligkeit im Sinne von § 17 InsO dargelegt; der danach verbleibende Restbetrag sei im Verhältnis zu den weiteren Geldeingängen und Zahlungen im Drei- wochenzeitraum so gering, dass daraus nicht auf eine Zahlungseinstellung geschlossen werden könne.
7
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an den Vortrag des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO überspannt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 nach dem derzeitigen Sachund Streitstand nicht auszuschließen.
8
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht dargetan, überspannt die Anforderungen an den Vortrag des Klägers.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 5; Urteil vom 15. März 2016 - II ZR 114/15, ZIP 2016, 1376 Rn. 18).
10
Für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, etwa in Form einer Liquiditätsbilanz. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach regelmäßig auszugehen, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquidi- tätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 145; Beschluss vom 27. Juli 2006 - IX ZB 204/04, BGHZ 169, 17 Rn. 16; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 27 f.; Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 19).
11
b) Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen.
12
aa) Der Kläger hat die nach seiner Behauptung am Stichtag verfügbaren Mittel und fälligen Verbindlichkeiten mit Schriftsatz vom 6. März 2015 in einer Liquiditätsbilanz tabellarisch unter Angabe der der elektronischen Buchhaltung der Schuldnerin hierzu entnommenen Daten (Kontoart, -nummer und -bezeichnung, Buchsaldo sowie Betrag) chronologisch nach Kontonummern aufgelistet. Außerdem hat er mit Schriftsatz vom 24. November 2014 zu den Stichtagsverbindlichkeiten Ausdrucke der jeweiligen Einzelbuchhaltungskonten in entsprechender Reihenfolge und - soweit vorhanden - Rechnungen vorgelegt.
13
Zu den in den folgenden drei Wochen zu verzeichnenden Geldeingängen hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 24. November 2014, 6. März 2015 und 11. September 2015 unter Darlegung der Bankkonten im Einzelnen vorgetragen. Die innerhalb dieses Zeitraums nach seiner Behauptung fällig werdenden Verbindlichkeiten hat er wiederum mit Schriftsatz vom 6. März 2015 in einer auf der Buchhaltung der Schuldnerin basierenden Tabelle alphabetisch nach Kontobezeichnung (jeweils unter Angabe von Kontonummer und -bezeichnung, Belegdatum und -nummer, Buchungstext, Rechnungsbetrag und Fälligkeitsdatum) aufgeführt. Zusätzlich hat er eine chronologische Tabelle der täglich fällig werdenden Gesamtbeträge einschließlich der nicht in der Buchhaltung erfassten Kosten vorgelegt und auch hierzu die Vorlage der Einzelbuchhaltungskonten angeboten.
14
Dass dabei in der Auflistung der am Stichtag fälligen Verbindlichkeiten in der Liquiditätsbilanz - anders als bei der Auflistung der anschließend fällig werdenden Verbindlichkeiten - das eingebuchte Belegdatum, die Belegnummer und das Fälligkeitsdatum nicht angegeben wurden, ist unschädlich, da sich die erforderlichen Angaben den vorgelegten Einzelbuchhaltungskonten entnehmen lassen. Die notwendigen Informationen über den jeweiligen Anspruch liegen damit vor, ohne dass es der zusätzlichen Angabe des Rechtsgrunds zu den einzelnen Verbindlichkeiten oder ihrer Fälligkeit bedurfte.
15
bb) Die Vorlage einer Rechnung war für die schlüssige Behauptung der Fälligkeit der jeweiligen Forderung nicht erforderlich.
16
Zwar setzt Fälligkeit einer Forderung im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO über die Fälligkeit nach § 271 BGB eine Gläubigerhandlung voraus, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt (sog. "ernsthaftes Einfordern"). Die Übersendung einer Rechnung ist hierfür ausreichend , aber nicht erforderlich. Das Merkmal des "ernsthaften Einforderns" dient lediglich dem Zweck, solche Forderungen auszunehmen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 17 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 26. Februar 2013 - II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 12 mwN).
17
Danach ist hier bereits aufgrund der entsprechenden Einbuchung der jeweiligen Verbindlichkeit in der Buchhaltung der Schuldnerin auch ohne Vorlage einer Rechnung von einem ernsthaften Einfordern der Gläubiger auszugehen.
Die vom Kläger behaupteten Verbindlichkeiten sind in der Buchhaltung der Schuldnerin eingepflegt und als (spätestens) zum Stichtag fällig ausgewiesen. Im Verhältnis zu dem für die ordnungsgemäße Rechnungslegung zuständigen Geschäftsführer kann die Gesellschaft - und damit hier auch der Kläger - davon ausgehen, dass der Geschäftsführer die Bücher so geführt hat oder durch Angestellte hat führen lassen, dass sie ein richtiges und vollständiges Bild von allen Geschäftsvorfällen vermitteln, die im Betrieb angefallen sind. Stützt sich die Gesellschaft im Prozess gegen ihren Geschäftsführer auf vorhandene Buchungen und Buchungsunterlagen, obliegt es daher dem Geschäftsführer, eine etwaige Unrichtigkeit der Buchhaltung darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 - II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25).
18
c) Anders als vom Berufungsgericht angenommen war der Kläger auch nicht aufgrund des Bestreitens des Beklagten und seiner Streithelferin zu einer weiteren Substantiierung seines Vortrags gehalten.
19
aa) Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers gemäß § 138 Abs. 2 ZPO das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag darüber hinaus substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen. Je detaillierter der Vortrag der darlegungsbelasteten Partei ist, desto höher ist die Erklärungslast des Gegners gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Liegt danach hinreichender Gegenvortrag der nicht darlegungsbelasteten Partei vor, ist es wiederum Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Partei, ihren Sachvortrag zu ergänzen und näher aufzugliedern (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, WM 1999, 1034, 1035; Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 11; Urteil vom 20. Mai 2015 - IV ZR 127/14, VersR 2016, 133 Rn. 17).
20
bb) Nach diesen Maßstäben hätte es hier angesichts des detaillierten Vortrags des Klägers eines konkreten und substantiierten Bestreitens der von ihm aufgestellten Liquiditätsbilanz und der Auflistung der fällig werdenden Verbindlichkeiten durch den Beklagten oder seine Streithelferin bedurft. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist indes nicht zu entnehmen, dass ihr Vorbringen bislang diesen Anforderungen genügt.
21
(1) Der pauschale Einwand, die vom Kläger zugrunde gelegte Buchhaltung der Schuldnerin sei unrichtig, da der Beklagte bzw. seine Mitarbeiter der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung gemäß §§ 238, 239 HGB, § 41 GmbHG in der Endphase der werbenden Tätigkeit der Schuldnerin nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen seien, genügt nicht.
22
(aa) Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es dem Beklagten nicht von vorneherein verwehrt ist, sich auf die Unrichtigkeit der - von ihm nach §§ 238, 239 HGB, § 41 GmbHG zu verantwortenden - Buchhaltung zu berufen. Aus der Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen, ergibt sich keine unwiderlegbare Vermutung zu seinen Lasten dahin, der Inhalt einer Buchung gebe die Rechtswirklichkeit zutreffend wieder (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 - II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25).
23
(bb) Der Beklagte kann sich als Geschäftsführer jedoch nicht auf die Behauptung beschränken, die Buchhaltung sei im fraglichen Zeitraum nicht mehr ordnungsgemäß geführt worden. Da der Geschäftsführer mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen Gesellschaft aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, ist er vielmehr gehalten, im Einzelnen substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen, welche der in der Buchhaltung vorhandenen Buchungen in welcher Hinsicht unrichtig sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 229/11, ZIP 2014, 168 Rn. 17 zum Bestreiten der Werte einer Handelsbilanz ; BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 30; Beschluss vom 26. Februar 2013 - II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 14). Dem Beklagten oblag es daher, im Einzelnen vorzutragen und ggf. zu beweisen , welche der vom Kläger in die Liquiditätsbilanz eingestellten Verbindlichkeiten konkret nicht bestanden haben oder nicht fällig gewesen sein sollen.
24
Mit der Auferlegung dieser Darlegungs- und Beweislast wird von dem beklagten Geschäftsführer nichts Unmögliches verlangt. Denn er ist berechtigt, zum Zwecke seiner Beweisführung Einsicht in die Buchhaltung der Gesellschaft zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 - II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25). Dass sich die Buchhaltungsunterlagen der Schuldnerin hier beim Kläger befinden, vermag den Beklagten - anders als vom Berufungsgericht angenommen - daher nicht zu entlasten. Insbesondere ist nicht dargetan oder ersichtlich , dass der Kläger dem Beklagten die Einsicht und Auswertung der bei ihm befindlichen Unterlagen verwehrt hätte.
25
(cc) Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht angeführten Umstand, dass die Buchhaltung unstreitig nicht von dem Beklagten selbst sondern von seinen Mitarbeitern geführt wurde. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, eine eigene Kenntnis von den Buchungsvorgängen über die vorhandenen Unterlagen hinaus könne von ihm im Hinblick auf die Delegation der Buchführung und insbesondere in Anbetracht des inzwischen verstrichenen Zeitraums nicht erwartet werden. Als Geschäftsführer war der Beklagte zwar nach § 41 GmbHG nicht zur eigenhändigen Buchführung verpflichtet, sondern durfte die technische Buchführung auch auf Unternehmensangehörige delegieren. Das enthebt ihn aber nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen.
26
Auch der Einwand, eine Verletzung der ihm obliegenden Auswahl-, Einweisungs - und Überwachungspflicht durch den Beklagten sei weder vorgetragen noch festgestellt, trägt nicht. Ob dem Beklagten eine Verletzung seiner Pflichten aus § 41 GmbHG vorzuwerfen ist oder nicht, ändert nichts an der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, da die Buchungsvorgänge unabhängig davon im Verhältnis zum Kläger grundsätzlich allein im Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich des Beklagten als Geschäftsführer lagen.
27
(2) Den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein hinreichend konkretes und substantiiertes Bestreiten des Beklagten und seiner Streithelferin nicht zu entnehmen.
28
Der vom Berufungsgericht angeführte Einwand der Streithelferin, von den 519 vom Kläger als zum Stichtag 1. Dezember 2008 fällig angegebenen Verbindlichkeiten seien lediglich 99 Positionen mit Rechnungen unterlegt, von denen wiederum nur drei mit den in der Tabelle des Klägers angegebenen Positionen übereinstimmten, und ein Vergleich der behaupteten Verbindlichkeiten mit den vorgelegten Rechnungen ergebe, dass lediglich ein Betrag von 1.128.656,03 € durch Rechnungen belegt sei, ist kein substantiiertes Bestreiten. Ob und inwieweit die Angaben des Klägers durch Rechnungen unterlegt sind, ist für die Schlüssigkeit und Substantiierung seines Vorbringens ohne Relevanz. Der Kläger ist nicht gehalten, das Entstehen und die Fälligkeit der Verbindlichkeiten durch Vorlage von Rechnungen zu belegen, sondern kann sich insoweit auf die entsprechenden Daten der Buchhaltung des Beklagten stützen. Es ist vielmehr Sache des Beklagten, darzulegen, dass die einzelnen Verbindlichkei- ten entgegen der Buchungen nicht fällig waren, und dies ggf. durch Vorlage von Rechnungen oder auf andere Weise zu beweisen.
29
Ein ausreichendes Bestreiten ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Einwand des Beklagten, ausweislich der einzelnen Buchungskonten im Anlagenkonvolut K 26 seien zahlreiche Verbindlichkeiten bereits längst bezahlt und zudem zahlreiche angebliche Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden, so dass sich nach der von ihm erstellten "korrigierten Kreditorentabelle" lediglich belegte Verbindlichkeiten in Höhe von 505.112,89 € ergäben. Dieser pauschalen Angabe ist nicht zu entnehmen, welche Verbindlichkeiten im Einzelnen trotz entsprechender Verbuchung nicht (mehr) bestanden haben oder aufgrund einer Stundungsabrede noch nicht fällig gewesen sein sollen. Eine solche Konkretisierung ergibt sich auch nicht aus der generellen Bezugnahme des Berufungsgerichts auf die gesamte "korrigierte Kreditorentabelle" des Beklagten , zumal darin ein Großteil der Verbindlichkeiten lediglich mit der - als solche unzureichenden (s.o.) - Begründung "Rechnung fehlt" auf Null herabgesetzt wurden.
30
Der vom Berufungsgericht danach vorgenommene Rückschluss von "zahlreichen" - nicht im Einzelnen festgestellten - Unrichtigkeiten auf eine Entkräftung des gesamten klägerischen Vorbringens, soweit dieser fällige Verbindlichkeiten über 505.112,89 € behauptet, ist nicht zulässig. Erforderlich wäre vielmehr eine konkrete Feststellung des Berufungsgerichts zu jeder einzelnen vom Kläger behaupteten Verbindlichkeit, ob diese nach der Darlegung des Beklagten als fällige Verbindlichkeit in die Liquiditätsbilanz einzustellen ist oder nicht, und sich danach insgesamt nur noch eine Liquiditätslücke von unter 10 % ergibt. Hierzu bedürfte es konkreten Vortrags des Beklagten oder der Streithelferin dazu, welche Forderungen in der Bilanz des Klägers nicht bestehen oder nicht fällig gewesen sein sollen. Soweit mit dem Einwand fehlender Rechnun- gen die Fälligkeit der Verbindlichkeiten bestritten werden sollte, müsste im Einzelnen dargelegt und - je nach Stellungnahme des Klägers - ggf. bewiesen werden, warum die jeweilige Verbindlichkeit nicht fällig oder ernsthaft eingefordert gewesen sein soll. Gleiches gilt für den Vortrag des Beklagten, zahlreiche Forderungen seien bereits bezahlt gewesen, der konkret in Bezug auf die jeweilige Verbindlichkeit näher dargelegt und ggf. bewiesen werden müsste.
31
2. Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich. Nach dem Vortrag des Klägers zu den Verbindlichkeiten und verfügbaren Mitteln der Schuldnerin lag zum Stichtag 1. Dezember 2008 Zahlungsunfähigkeit vor, da bei der hierfür vorzunehmenden Liquiditätsbetrachtung nicht nur die am Stichtag bereits fälligen, sondern auch die in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
32
a) Zahlungsunfähigkeit und nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen und die Liquiditätslücke auf unter 10 % zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138 ff.; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 37).
33
Diese Beurteilung ist allein anhand objektiver Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28). In die zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit aufzustellende Liquiditätsbilanz sind auf der Aktivseite neben den verfügbaren Zahlungsmitteln (sog. Aktiva I) die innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel (sog. Aktiva II) einzubeziehen und zu den am Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog.
Passiva I) sowie den innerhalb von drei Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) in Beziehung zu setzen.
34
b) Auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden Verbindlichkeiten (Passiva II) sind bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen.
35
aa) Die Einbeziehung der Passiva II in die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur umstritten.
36
(1) Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs sind in der Liquiditätsbilanz zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (vgl. Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138 ff.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, ZIP 2009, 1235 Rn. 37, in BGHZ 181, 132 insoweit nicht abgedruckt; Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8; Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 19; Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 15; Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, ZIP 2015, 437 Rn. 13; Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZIP 2015, 585 Rn. 18). Die fehlende Erwähnung der innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten könnte zwar dafür sprechen, dass sie nach Auffassung des IX. Zivilsenats nicht zu berücksichtigen sind. Eine klare Aussage in diesem Sinne ist seiner bisherigen Rechtsprechung indes - sei es in tragenden Erwägungen oder in einem obiter dictum - nicht zu entnehmen.
37
Auch der II. Zivilsenat hat die Frage bislang offen gelassen (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2010 - II ZR 130/09, juris; Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 31).
38
Nach einer Entscheidung des 1. Strafsenats (Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, ZIP 2013, 2469 Rn. 14) ist bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zur Abgrenzung von einer bloßen Zahlungsstockung eine Prognose zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit binnen drei Wochen durch eine Finanzplanrechnung vorzunehmen , in die die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage einzustellen, mithin zu berücksichtigen sind. Der 3. Strafsenat (Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, ZinsO 2015, 2021 Rn. 17) und der 2. Strafsenat (Beschluss vom 16. Mai 2017 - 2 StR 169/15, ZinsO 2017, 1364 Rn. 30) haben wiederum ausgeführt, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit sei in der Regel durch Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel vorzunehmen, ohne sich zur Berücksichtigung der innerhalb von drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten zu äußern.
39
(2) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Hamburg, BeckRS 2009, 25496) und in der Literatur wird die Einbeziehung der Verbindlichkeiten , die erst innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag entstehen, unter Berufung auf die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats teilweise abgelehnt (G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158 ff.; Becker/Jansen/Müller, DStR 2009, 1660, 1661; Bruns, EWiR 2005, 767, 768).
40
Der weit überwiegende Teil des Schrifttums spricht sich jedoch für eine Einbeziehung der im Dreiwochenzeitraum fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten aus (vgl. nur Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., vor § 64 Rn. 19; Arnold in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 17 InsO Rn. 6; Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 64 Rn. 48; MünchKommInsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 19 f.; Gehrlein in Gehrlein/ Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., vor § 64 Rn. 9; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., vor § 64 Rn. 15; KK-InsO/Hess, § 17 Rn. 39; Kadenbach in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 3. Aufl., § 17 Rn. 18; Kleindiek in Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 64 Rn. 13; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn. 85; Mönning/Gutheil in Nerlich/Römermann, InsO, Stand: August 2014, § 17 Rn. 36; MünchKommGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 64 Rn. 15; M. Schmidt-Leithoff/Schneider, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., vor § 64 Rn. 105; HambKommInsO/Schröder, 6. Aufl., § 17 Rn. 16; Bork, ZIP 2008, 1749, 1751 ff.; Frystatzki, NZI 2010, 389, 390 f.; Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2299 ff.; Hölzle, ZIP 2007, 613, 615; Krauß, ZinsO 2016, 2361, 2362 ff.; Pape, WM 2008, 1949, 1952; Plagens/Wilkens, ZinsO 2010, 2107, 2114 ff.; Weber/Küting/Eichenlaub, GmbHR 2014, 1009, 1010 f.; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 172 ff.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 151 ff.; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 105 ff.; Kayser, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Insolvenzrecht , 6. Aufl., Kapitel I A.II.1. Rn. 16; ähnlich auch K. Schmidt in K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 17 Rn. 23, 25, 29).
41
bb) Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung, dass die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten des Schuldners bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO in Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung zu berücksichtigen sind.
42
(1) Der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist insoweit unergiebig. Ihm ist bereits nicht zu entnehmen, ob bei der Beurteilung der Liquidität überhaupt künftige Entwicklungen einzubeziehen sind. Vielmehr könnte die Vorschrift rein wortlautmäßig auch im Sinne einer bloßen Stichtagsbetrachtung verstanden werden, bei der weder künftige Verpflichtungen noch erst künftig zur Verfügung stehende Mittel zu berücksichtigen sind (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2299; Graf-Schlicker/Bremen, InsO, 4. Aufl., § 17 Rn. 16 a.E.). Dann würde es bereits eine einseitige Abweichung vom Wortlaut der Vorschrift zu Gunsten des Schuldners darstellen, wollte man bei der Liquiditätsbewertung nur die künftig verfügbaren Mittel einbeziehen (vgl. Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit , 2012, S. 173; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 110; aA G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158).
43
(2) Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Begriff der Zahlungsunfähigkeit nicht rein stichtagsbezogen zu verstehen ist. Vielmehr ist auch die zeitliche Dauer einer etwaigen Liquiditätslücke zu berücksichtigen, um die Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 114). Nach Auffassung des Gesetzgebers braucht im Gesetz nicht besonders zum Ausdruck gebracht werden, dass eine vorübergehende Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit begründe, da es sich von selbst verstehe, dass ein Schuldner, dem in einem bestimmten Zeitpunkt liquide Mittel fehlen, der sich die Liquidität aber kurzfristig wieder beschaffen könne, im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO (damals § 21 InsO-E) in der Lage sei, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Einer näheren Definition der Zahlungsunfähigkeit in zeitlicher Hinsicht - ebenso wie hinsichtlich ihrer Größenordnung - hat der Gesetzgeber sich nach der weiteren Gesetzesbegründung bewusst enthalten , um einer übermäßig einschränkenden Auslegung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit , etwa durch Annahme einer bloßen Zahlungsstockung auch bei einer über Wochen oder gar Monate fortbestehenden Illiquidität, entgegenzuwirken (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 114). Damit hat er erst Recht auch nicht danach differenziert , ob die Zahlungsunfähigkeit unter Einbeziehung künftiger Liquiditätszuflüsse und/oder künftig fällig werdender Verbindlichkeiten zu bestimmen ist (vgl. Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 173; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 110).
44
(3) Systematisch führt die Einbeziehung der im Dreiwochenzeitraum anfallenden weiteren Verbindlichkeiten zu keinen Abgrenzungsproblemen gegenüber der drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO.
45
Zwar erfolgt die Prüfung der eingetretenen und der drohenden Zahlungsunfähigkeit damit anhand derselben Kriterien, da bei Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 Abs. 2 InsO nach allgemeiner Meinung entsprechend dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch erst künftig fällig werdende Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 114 f.; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 Rn. 10; Urteil vom 22. Mai 2014 - IX ZR 95/13, ZIP 2014, 1289 Rn. 33; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 18 Rn. 43 ff.). Der Unterschied besteht jedoch darin, dass eingetretene Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn der Schuldner eine bereits am Stichtag vorhandene Liquiditätslücke von 10 % oder mehr nicht innerhalb von drei Wochen schließen kann, während eine solche Liquiditätslücke bei drohender Zahlungsunfähigkeit noch nicht besteht, sondern unter Berücksichtigung des weiteren Verlaufs voraussichtlich (erst künftig) eintreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10; Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 11).
46
Damit verbleibt auch bei Berücksichtigung der Passiva II im Rahmen des § 17 InsO ein davon abgrenzbarer Anwendungsbereich des § 18 InsO in der Zeit vor und nach Ablauf des dreiwöchigen Prognosezeitraums. Ist der Schuldner innerhalb dieses Prognosezeitraums nicht in der Lage, seine Liquiditätslücke zu schließen, ist er am Stichtag bereits zahlungsunfähig, so dass sich die Frage einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht mehr stellt. Ergibt die Liquiditätsprüfung hingegen, dass er seine Liquiditätslücke innerhalb dieser Frist schließen kann, gilt der Schuldner zum Stichtag als zahlungsfähig. Da ihm innerhalb der drei Wochen auch genügend liquide Mittel zur Deckung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen, droht für diesen Zeitraum auch keine Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO. Sowohl vor als auch nach Ablauf des Prognosezeitraums stellt sich aber die Frage, ob dann ggf. mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 Rn. 10; Beschluss vom 5. Februar 2015 - IX ZR 211/13, ZinsO 2015, 841 Rn. 13) von einer in Zukunft drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO auszugehen ist, weil später mit einer erheblichen , nicht mehr schließbaren Liquiditätslücke zu rechnen ist (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1752; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 175; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 153).
47
Zudem spricht in systematischer Hinsicht gerade der Umstand, dass eingetretene und drohende Zahlungsunfähigkeit aufeinander bezogene Insolvenzgründe sind (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10; Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 11), dafür, zur Vermeidung von Brüchen auch im Rahmen von § 17 InsO die innerhalb des Dreiwochenzeitraums fällig werdenden Verbindlichkeiten einzubeziehen (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2301 f.; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 116).
48
(4) Auch das in der Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung zum Ausdruck kommende Regelungsziel des Gesetzgebers spricht für eine Einbeziehung der Passiva II.
49
Ziel des Gesetzgebers war es, mit der Insolvenzordnung eine gegenüber der Konkursordnung frühzeitigere Verfahrenseröffnung zu erreichen, um damit die Sanierungsmöglichkeiten zu verbessern oder - falls das Vermögen liquidiert werden muss - die Insolvenzmasse weitgehend zu erhalten und bessere Verwertungsergebnisse zu erzielen, eine rechtsstaatlich korrekte gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu gewährleisten und die Rechte etwaiger Arbeitnehmer und den Schutz des Rechtsverkehrs zu wahren (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 80 f.).
50
Diesem Ziel widerspräche es, würde man bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit lediglich die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag flüssig zu machenden Mittel, nicht aber die in demselben Zeitraum fälligen Verbindlichkeiten einbeziehen, da damit der Zeitpunkt der Insolvenzreife theoretisch sogar auf Dauer verzögert werden könnte. Dem Schuldner würde ermöglicht , mit den neu hinzukommenden Mitteln lediglich die Altverbindlichkeiten zu begleichen und damit eine unter Umständen erhebliche Unterdeckung dauerhaft vor sich herzuschieben, die am Ende des Dreiwochenzeitraums sogar noch größer sein könnte als zu Beginn. Dann aber handelt es sich nicht mehr um eine - vom Gesetzgeber von der Zahlungsunfähigkeit ausgenommene - lediglich vorübergehende, sondern um eine dauerhafte Zahlungsunfähigkeit, die zeigt, dass das Unternehmen unterkapitalisiert und damit mangels ausreichenden Eigenkapitals insolvenzreif ist (vgl. etwa MünchKommInsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 22; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 64 Rn. 13; Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2299 ff.; Krauß, ZInsO 2016, 2361, 2362 ff.; Staufenbiel/Hoffmann, ZinsO 2008, 891, 893; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 176 f.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 111 ff.). Die Gegenansicht würde im Ergebnis eine permanente "erzwungene Stundung" für Gläubiger hinnehmen (vgl. Heublein, KSI 2006, 12, 15) und ein Schneeballsystem sowie die damit verbundene Gefahr einer Insolvenzverschleppung begünstigen (vgl. Kolmann in Saenger/Inhester, GmbHG, 3. Aufl., vor § 64 Rn. 110).
51
Auch der Einwand, im Interesse der Gläubiger bestehe gerade kein Anlass zur Annahme von Zahlungsunfähigkeit bzw. zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens , wenn der Schuldner zwar eine "Bugwelle" von Verbindlichkeiten vor sich herschiebe, diese aber ausnahmslos in drei Wochen erfüllen könne (vgl. G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 159), trägt nicht. Dem steht das erklärte Ziel der Insolvenzordnung entgegen, durch eine frühzeitige Verfahrenseröffnung eine geordnete und gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger sicherzustellen und im Interesse des Rechtsverkehrs eine fortgesetzte Teilnahme von Schuldnern mit erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten am Rechtsund Geschäftsverkehr zu verhindern (vgl. HambKommInsO/Schröder, 6. Aufl., § 17 Rn. 16; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2299 ff.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 113).
52
Die Berücksichtigung von Passiva II führt daher auch nicht zu einer unbilligen Verschärfung der gesetzlich normierten Voraussetzungen (so aber G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158). Zutreffend ist, dass der Schuldner danach in der Lage sein muss, Verbindlichkeiten, die möglicherweise erst wenige Tage vor Ablauf der Dreiwochenfrist fällig werden, in der verbleibenden kurzen Zeit auszugleichen. Das ist aber nicht unbillig, da er anderer- seits auch davon profitiert, dass die ihm erst kurz vor Ablauf der Dreiwochenfrist zufließenden Aktiva berücksichtigt werden. Es ist daher nur konsequent, ihm spiegelbildlich auch das Risiko aufzuerlegen, dass kurz vor Fristende neue Verbindlichkeiten fällig werden, die eine Erholung zunichtemachen (vgl. Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2301).
53
Andernfalls würde die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit zeitlich verzerrt und Aktiv- und Passivseite würden bei der Erstellung der Liquiditätsbilanz künstlich einer unterschiedlichen Bewertung unterworfen: Während der Zahlungsmittelbestand dynamisch, nämlich zeitraumbezogen ermittelt würde, würde der Bestand an fälligen Verbindlichkeiten ausschließlich statisch stichtagsbezogen festgestellt. Dies widerspräche nicht nur allgemeinen betriebswirtschaftlichen Bewertungsgrundsätzen (etwa IDW Standard S 11, veröffentlicht in ZInsO 2015, 1136, 1149), sondern würde zudem den Schuldnerinteressen in einseitiger - unbilliger - Weise der Vorzug von den berechtigten Interessen der Gläubiger geben, denen nach der gesetzgeberischen Wertung mit der Insolvenzordnung gerade ein größeres Gewicht zukommen sollte (vgl. Hölzle, ZIP 2007, 613, 615; Krauß, ZInsO 2016, 2361, 2363; Staufenbiel/Hoffmann, ZInsO 2008, 891, 893; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 177).
54
(5) Die Berücksichtigung der Passiva II fügt sich zudem stimmig in andere Wertungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zahlungseinstellung.
55
So setzt die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen hat (vgl. RGZ 100, 62, 65; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 109; Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 188; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 32; Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 24; Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 27). Das bedeutet, dass auch zwischenzeitlich neu entstandene Verbindlichkeiten beglichen werden müssen. Wollte man dies bei der Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit zur Zahlungsstockung anders sehen , würde dies zu einem Wertungsbruch zwischen dem Eintritt und der Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit führen (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152 f.; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2302).
56
Des Weiteren ist es nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Insolvenzanfechtung nach § 130 InsO u.a. als Indiz für eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO - und damit für Zahlungsunfähigkeit - anzusehen, wenn im relevanten Moment bestehende Verbindlichkeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 14 mwN) oder der Schuldner infolge der ständigen verspäteten Begleichung seiner Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben hat und dementsprechend ersichtlich am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2016 - IX ZR 65/15, ZIP 2016, 2423 Rn. 19 mwN). Wird die Existenz einer erheblichen Altforderung oder das Fortbestehen eines Forderungsrückstands bis zur Insolvenzeröffnung aber als Indiz für eine Zahlungseinstellung und damit für eine Zahlungsunfähigkeit gewertet, erfolgt damit auch indirekt die Berücksichtigung möglicher - vom Schuldner vorrangig beglichener - Neuverbindlichkeiten bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Krauß, ZinsO 2016, 2361, 2364; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 153; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2302).
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(6) Nicht durchgreifend ist schließlich auch der Einwand, die Einbeziehung künftig fälliger Verbindlichkeiten bei der Abgrenzung der Zahlungsstockung zur Zahlungsunfähigkeit sei unpraktikabel und berge die Gefahr, dass Insolvenzverfahren aufgrund von im Ergebnis unrichtigen Prognosen eröffnet würden (so G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 159).
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Im Regelfall lassen sich der Eintritt der Fälligkeit und das ernsthafte Einfordern von Verbindlichkeiten zum Prognosezeitpunkt bereits mit der erforderlichen Sicherheit bewerten. Zum einen gibt es Verbindlichkeiten, die kalendermäßig fällig werden und bei denen bereits im Voraus davon auszugehen ist, dass sie im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gemäß § 271 Abs. 1 BGB auch ernsthaft eingefordert werden. Das gilt etwa für fällige Löhne, Sozialversicherungsbeiträge oder Darlehensraten, bei denen es keiner Rechnung oder sonstigen Einforderungshandlung des Gläubigers bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 21 ff.; Bork, ZIP 2008, 1749, 1751 f.). Zum anderen werden im Geschäftsverkehr nicht selten auch längere Zahlungsfristen eingeräumt, so dass gerade bei größeren Unternehmen, bei denen die größten Prognoserisiken bestehen könnten, viel dafür spricht, dass bei einem Großteil der Verbindlichkeiten bereits vor dem Stichtag durch Übersendung einer Rechnung mit Zahlungsziel die künftige Fälligkeit und das ernsthafte Einfordern der Forderung innerhalb des anschließenden Dreiwochenzeitraums feststehen.
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Zudem wird in der Regel - sofern nicht bereits konkrete gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen - von einem ernsthaften Einfordern der im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB fällig werdenden Forderungen auszugehen sein. Das Merkmal des ernsthaften Einforderns setzt nach ständiger Rechtsprechung lediglich eine Gläubigerhandlung voraus, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Damit sollen nur Verbindlichkeiten von der Betrachtung ausgeschlossen werden, hinsichtlich derer mangels eines solchen erkennbar hervorgetretenen Willens eine "faktische Stundung" in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 17 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 26. Februar 2013 - II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 12 mwN). Letztlich ist auch nicht ersichtlich, warum das künftige ernsthafte Einfordern von Verbindlichkeiten des Schuldners schwieriger zu prognostizieren sein sollte, als das künftige Zahlungsverhalten von Drittschuldnern des Schuldners (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2301; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 109).
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(7) Einer Anfrage oder Vorlage nach § 132 Abs. 2 und 3 GVG zur Frage der Berücksichtigung der Passiva II bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es nicht, da weder der IX. Zivilsenat noch der 2. oder der 3. Strafsenat bislang in einer die Entscheidung tragenden Weise abweichend entschieden haben.
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c) Ausgehend davon war die Schuldnerin nach dem Vortrag des Klägers am 1. Dezember 2008 zahlungsunfähig.
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Nach den Angaben des Klägers beliefen sich die am Stichtag vorhandenen verfügbaren und bis einschließlich 22. Dezember 2008 tatsächlich eingegangenen Mittel auf insgesamt 4.517.454,43 € (67.454,43 € zzgl. vom Beklagten angegebene Zahlungseingänge innerhalb der nächsten drei Wochen in Höhe von 4.450.000 €). Dem standen nach dem Vortrag des Klägers am Stichtag fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 3.517.265,91 € sowie bis zum 22. Dezember 2008 fällig gewordene und eingeforderte weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 2.946.239,11 €, insgesamt mithin Verbindlichkeiten in Höhe von 6.463.505,02 € gegenüber. Damit bestand eine Liquiditätslücke in Höhe von 1.946.050,60 € und der Liquiditätsdeckungsgrad betrug nur 69,89 %.
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III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO). In der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht weitere Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin am 1. Dezember 2008 zu treffen haben.
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Für das weitere Verfahren weist der Senat insbesondere auf Folgendes hin:
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1. Zur Beurteilung, ob sogar von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO auszugehen ist, wird das Berufungsgericht zunächst den Einwänden der Revisionsbegründung zur Bewertung der nach Vortrag des Klägers bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichenen Stichtagsforderungen nachzugehen haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass eine Zahlungseinstellung nicht nur aus einem einzelnen, sondern auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 13; Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, ZIP 2015, 437 Rn. 16; Urteil vom 17. November 2016 - IX ZR 65/15, ZIP 2016, 2423 Rn. 18 mwN). Hierbei werden auch der Vortrag des Klägers zu den vom 6. April 2008 bis zum 13. Februar 2009 wöchentlich fällig gewordenen und beglichenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin sowie der von ihm vorgelegte Finanzplan für die Zeit vom 2. Dezember 2008 bis 13. Februar 2009 im Hinblick darauf zu würdigen sein, dass sich immer wieder erneuernde erhebliche Forderungsrückstände gegen die Annahme sprechen könnten, dass kein wesentlicher Teil der Verbindlichkeiten betroffen war und es sich um lediglich geringfügige Liquiditätslücken handelte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 13).
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Sollte das Berufungsgericht danach von einer Zahlungseinstellung ausgehen , bleibt dem Beklagten die Möglichkeit, die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO bestehende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen, indem er konkret vorträgt und ggf. beweist, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweist. Die bloße, unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung genügt insoweit allerdings nicht. Der Beklagte ist als Geschäftsführer, der mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen GmbH aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, vielmehr gehalten, zu einer Liquiditätsbilanz, die Zahlungsfähigkeit belegen soll, konkret vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 30).
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2. Sofern eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht festzustellen ist, bedarf es einer Prüfung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. Insoweit ist dem Beklagten und der Streithelferin Gelegenheit zu geben, die vom Kläger zum Nachweis der Zahlungsunfähigkeit aufgestellte Liquiditätsbilanz, insbesondere die darin in Ansatz gebrachten Verbindlichkeiten, konkret im Einzelnen zu bestreiten und ihr Vorbringen unter Beweis zu stellen. Sollte sich danach eine Liquiditätsbilanz der Schuldnerin ergeben, die im maßgeblichen Zeitraum eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweist, wird das Berufungsgericht ggf. den jeweiligen Beweisangeboten nachzugehen haben.
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In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die bisherigen Feststellungen nicht ausreichen, um den Darlehensrückzahlungsanspruch der Schuldnerin gegen ihre Schwestergesellschaft als kurzfristig verfügbares Zahlungsmittel in die Liquiditätsbewertung einzubeziehen. Dass die Schuldnerin am Stichtag die Möglichkeit gehabt hätte, das Darlehen sofort, jedenfalls aber innerhalb der nächsten drei Wochen fällig zu stellen, genügt dafür nicht.
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Ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer (endgültigen) Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, ist allein anhand der objektiven Umstände zu beantworten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28). Zu den hierbei in eine Liquiditätsbilanz einzustellenden innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel zählen zwar auch kurzfristig verfügbare Kreditmittel, wobei ein sofort abrufbarer Kredit ungeachtet des Zeitpunkts seiner tatsächlichen Auszahlung bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit als Zahlungsmittel zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - IX ZR 32/10, juris Rn. 4; Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 31); auch liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner im fraglichen Zeitraum noch in der Lage war, sich erforderlichenfalls weiteren Kredit zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 139 f.; Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZR 55/05, juris Rn. 2). Bei dem hier in Rede stehenden Darlehensrückzahlungsanspruch handelt es sich aber nicht um einen sofort abrufbaren Kredit, auf den die Schuldnerin jederzeit unmittelbar hätte zurückgreifen können, sondern um eine von der Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit der Darlehensnehmerin abhängige Forderung.
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Die Berücksichtigung der auf diese Forderung zu leistenden Zahlungen setzt vielmehr voraus, dass sie innerhalb von drei Wochen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten bzw. einzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76, 78; Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 29). Dass die Schwestergesellschaft der Schuldnerin innerhalb von drei Wochen bereit und in der Lage gewesen wäre, das Darlehen entsprechend zurückzuführen, hat das Berufungsgericht indes nicht festgestellt. Insbesondere fehlt es auch an einer Feststellung dazu, wann die Schuldnerin den Anspruch überhaupt tatsächlich fällig gestellt hat, um daraus evtl. einen Rückschluss auf seine zeitnahe Erfüllung ziehen zu können. Insoweit könnte ferner zu berücksichtigen sein, dass verwertbare Vermögensgegenstände (nur) dann in die Liquiditätsbewertung einbezogen werden können , wenn der Schuldner auch gewillt und konkret in der Lage ist, sie binnen der Frist von drei Wochen zu verwerten. Könnte er sich die erforderliche Liquidität durch die Verwertung von Vermögensgegenständen zwar verschaffen, ist hierzu aber nicht bereit, ist hingegen Zahlungsunfähigkeit gegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 - IX ZR 131/15, ZIP 2016, 124 Rn. 5 mwN).
Drescher Wöstmann Sunder Bernau Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 01.07.2015 - 12 O 84/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 08.03.2016 - 5 U 96/15 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

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(3) Die Feststellung, die Schuldnerin habe schon vor der im Jahr 2005 mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung ihre Zahlungen eingestellt und sei deshalb, was dem Beklagten bekannt gewesen sei, zahlungsunfähig gewesen, wirkt fort, bis die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen hat. Für eine solche Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit sind nicht nur die vereinbarten Zahlungen gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, sondern der Schuldner muss zumindest auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 18; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 36; vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 11 mwN). Die Wiederaufnahme der Zahlungen gegenüber allen Gläubigern hat der Anfechtungsgegner als derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 33; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, ZInsO 2016, 214 Rn. 27; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 24; vom 24. März 2016, aaO). Hierzu hat der Beklagte nichts vorgetragen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.