Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2003 - IX ZR 119/02

published on 10/07/2003 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2003 - IX ZR 119/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 119/02
Verkündet am:
10. Juli 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
KO §§ 3, 17, 26, 43, 59

a) Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch, der nicht dinglich abgesichert und inhaltlich
nicht auf eine Aussonderung gerichtet ist, bindet den Konkursverwalter nicht,
wenn der zugrunde liegende Vertrag nicht die Konkursmasse verpflichtet.

b) Schuldrechtliche Verträge wirken grundsätzlich nur nach Maßgabe der §§ 17 bis
28 KO gegen die Konkursmasse.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2003- IX ZR 119/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. Mai 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der WGS G. GmbH & Co. KG (nachfolgend: WGS oder Gemeinschuldnerin). Diese kaufte von der Beklagten mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 1992 ein in S. gelegenes Grundstück. Dieser Vertrag enthält in Abschnitt III. eine nachbarrechtliche Vereinbarung, deren § 1 Abs. 2 unter anderem wie folgt lautet :
"Der Käufer verpflichtet sich, ... 2.2 ggf. d.h., wenn doch nur die Nutzung durch einen gastronomischen Betrieb zustandekommt, dem Betreiber keine Parkplätze zu vermieten.
2.3 Der Käufer hat vorstehende Verpflichtungen an einen eventuellen Rechtsnachfolger verbindlich weiterzugeben." Der Kaufpreis wurde bezahlt, die WGS ist Eigentümerin des Grundstücks geworden. Am 31. Oktober 1997 wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger vermietete das Objekt einschließlich der vier Stellplätze mit Wirkung vom 1. Dezember 2000 zum Betrieb einer Gaststätte mit Tanzlokal. Da für eine solche Nutzung eine Baugenehmigung erforderlich war, verlangte die Baubehörde den Nachweis von fünf Stellplätzen. Die mitvermieteten Plätze wurden wegen der im notariellen Vertrag vom 15. Juni 1992 enthaltenen Vereinbarung nicht anerkannt. Die Beklagte weigerte sich unter Berufung auf den notariellen Vertrag, an einer einvernehmlichen Lösung mitzuwirken.
Der Kläger, der das Objekt inzwischen anderweitig vermietet hat, verlangt die Feststellung, daß der Beklagten kein Anspruch gegen ihn zustehe, es zu unterlassen, die zum Objekt gehörenden Parkplätze an einen gastronomischen Betrieb mit zu vermieten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger hilfsweise beantragt festzustellen, daß der Beklagten kein entsprechender Unterlassungsanspruch im Sinne einer Konkursforderung , einer Masseschuld oder eines Aussonderungsrechts zustehe. Das Berufungsgericht hat dem Hauptantrag entsprochen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht bejaht die Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage , weil die Beklagte sich eines Unterlassungsanspruchs berühme, was ein rechtliches Interesse des Klägers an der Klärung des streitig gewordenen Rechtsverhältnisses begründe. Ein solches Interesse sei selbst dann zu bejahen , wenn der jetzige Mieter die Stellplätze nicht in Anspruch nehme; denn die zwischen den Parteien streitige Frage könne für die zukünftige Nutzung des Objekts jederzeit wieder Bedeutung gewinnen.
Diese Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision auch nicht angegriffen.

II.

1. Das Berufungsgericht sieht den Hauptantrag der Klage als gerechtfertigt an und hat zur Begründung ausgeführt:
Der Kläger habe sich nicht durch eine konkludent vorgenommene Ausübung eines Wahlrechts nach § 17 KO an die nachbarrechtlich vereinbarte Nutzungsart gebunden; denn die Vorschrift sei nicht anwendbar, weil der schuldrechtliche Kaufvertrag bereits bei Konkurseröffnung vollständig erfüllt gewesen sei.
Ansprüche auf Unterlassung seien keine Konkursforderungen und könnten daher nicht zur Tabelle angemeldet werden. Ob der Konkursverwalter zur Unterlassung verpflichtet sei, müsse daher haftungsrechtlich aus dem Rechtsverhältnis abgeleitet werden, dem die Nebenpflicht entspringe. Lasten
und Beschränkungen des Massegegenstandes seien vom Konkursverwalter zu beachten. Der von der Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei weder dinglich gesichert noch schütze er ein absolutes Recht. Er beruhe allein auf einer mit der Gemeinschuldnerin getroffenen Vereinbarung und könne daher den Insolvenzverwalter nicht binden. Werde der Unterlassungsanspruch verletzt, entstehe ein Schadensersatzanspruch, der am Konkursrisiko der Gläubigergemeinschaft teilnehme. Diese Sicht sei auch interessegerecht, weil der Beklagten, wenn die Gemeinschuldnerin das Grundstück vorkonkurslich veräußert und dabei die Unterlassungsverpflichtung nicht weitergegeben hätte, nur ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Konkursquote zugestanden hätte.
2. Demgegenüber rügt die Revision: Es liege keine vollständige Erfüllung im Sinn des § 17 KO vor; denn die hier fragliche Unterlassungspflicht sei bestehen geblieben. Ob sie eine Haupt- oder Nebenpflicht darstelle, sei unerheblich. Ein Unterlassungsanspruch könne Aussonderungscharakter haben. Er richte sich gegen den Kläger, der gemäß § 6 KO Rechtsnachfolger der Gemeinschuldnerin und als solcher an den notariellen Kaufvertrag gebunden sei. Es bestehe eine massebezogene Zustandshaftung.
3. Damit dringt die Revision nicht durch.
Die Beklagte verlangt aufgrund eines Vertrages mit der Gemeinschuldnerin , daß der klagende Konkursverwalter ein Grundstück, das als Eigentum der Gemeinschuldnerin in die Konkursmasse gefallen ist, nicht in einer bestimmten Weise nutzt. Für eine solche Einschränkung des aus dem Eigentum folgenden Nutzungsrechts besteht gegenüber dem Kläger, der die Konkursmasse im Interesse der Gesamtheit aller Gläubiger verwaltet, keine Rechtsgrundlage.

a) Der vertragliche Unterlassungsanspruch der Beklagten ist nicht - insbesondere nicht durch eine Dienstbarkeit (§§ 1018, 1090 BGB) - dinglich verfestigt.

b) Der von der Beklagten erhobene Anspruch ist ferner nicht auf eine Aussonderung aus der Konkursmasse (§ 43 KO) gerichtet. Der vertragliche Anspruch hat inhaltlich nicht die Feststellung zum Ziel, daß das Grundstück als solches ganz oder in realen Teilen oder ein Recht daran nicht der Konkursmasse zustehe. Die Beklagte macht auch nicht geltend, der Kläger maße sich eine Nutzung an, die rechtlich allein ihr gebühre (zu diesen Voraussetzungen vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 3 Rn. 27, § 10 Rn. 21; Stürner ZZP 94 [1981], 263, 306 f; zu verallgemeinernd Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 43 KO Rn. 1). Vielmehr richtet sich die Klage gegen die uneingeschränkte Ausübung einer Rechtsmacht, die an sich aus dem Eigentum folgt, nämlich - neben dem Recht zur Verwertung der Sachsubstanz - des Nutzungsrechts. Das fällt nicht unter § 43 KO.

c) Der Vertrag, auf den die Beklagte hier ihren Unterlassungsanspruch stützt, wirkt auch nicht gegenüber der Konkursmasse. Insbesondere unterlag er nicht einem Erfüllungswahlrecht des Klägers gemäß § 17 KO, weil die Beklagte vollständig vorgeleistet hatte: Sie hatte das Eigentum am Grundstück uneingeschränkt an die GmbH übertragen. Ob diese ihrerseits noch Hauptpflichten aus dem Vertrage zu erfüllen hatte - d.h. insbesondere, ob die hier fragliche Unterlassungspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Eigentumsübertragung stand -, ist danach unerheblich.
aa) Schuldrechtliche Verträge wirken grundsätzlich nur nach Maßgabe der §§ 17-28 KO gegen die Konkursmasse (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 6
Rn. 148). Diese Vorschriften sind nicht abdingbar. § 53 VerglO und § 119 InsO legen das ausdrücklich fest, aber auch für den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 17 ff KO - von Lösungsklauseln für den Konkursfall abgesehen - ist dies anerkannt (vgl. RGZ 56, 245, 247; Jaeger/Henckel, aaO § 17 Rn. 213).
Die §§ 17-28 KO bezwecken grundsätzlich eine abschließende Regelung vertraglicher Schmälerungen der Konkursmasse. Für die §§ 18-24 KO ergibt sich dies mittelbar aus § 25 KO, der aufgrund des Verständnisses des Gesetzgebers erlassen wurde, daß etwa abweichende Regelungen ausdrücklich eröffnet werden müssen. Die Begründung zu § 20 des Regierungsentwurfs der Konkursordnung von 1877 drückt dies wie folgt aus: "Die Vorschriften, welche die §§ 16-19 des Entwurfs [§§ 18-22 KO in der geltenden Fassung] für die dort bezeichneten Arten zweiseitiger Verträge treffen, derogieren den ihnen zuwiderlaufenden Bestimmungen des bürgerlichen Rechts" (Hahn, Die gesammten Materialien zur Konkursordnung, 1881, im folgenden: Mot.KO, S. 100).
Für diejenigen Verträge, die - wie der hier fragliche - unter § 17 KO fallen könnten, gilt nichts anderes, soweit daraus Ansprüche gegen das Vermögen des Gemeinschuldners abgeleitet werden sollen. Dieses Grundverständnis des Entwurfs zur Konkursordnung kommt in der Systematik der getroffenen Regelungen deutlich zum Ausdruck. Der zweite Titel der Konkursordnung sollte erklärtermaßen die Frage lösen, "ob und inwieweit ein solches Rechtsverhältnis [ein vom Gemeinschuldner rechtsgültig eingegangener Vertrag], wenn es vor der Eröffnung des Verfahrens noch nicht erfüllt war, nach derselben in der vertragsmäßigen Weise noch erfüllt werden kann oder muß". Diese Frage wurde dahin beantwortet, daß § 15 des Entwurfs [jetzt: § 17 KO] "für die Erfüllung zweiseitiger Verträge des Gemeinschuldners die Regel auf[stellt] und... in § 20 [jetzt: § 25 KO] das Verhältnis derselben zu den Vorschriften des bürgerlichen
Rechts fest[setzt]" (Mot.KO S. 83). Danach bestimmt "§ 21 [jetzt: § 26 KO]... die Folgen ..., welche eine Einwirkung des Konkursverfahrens auf zweiseitige sowohl, als auf einseitige Verträge nach sich zieht." Eine ausdrückliche Regelung des abschließenden Charakters der §§ 17, 26 KO wurde für entbehrlich gehalten, weil sich "diese Folgerungen... bei einer Berücksichtigung der allgemeinen Prinzipien der Konkursordnung ... von selbst" ergeben (Mot.KO S. 84).
Von dieser Sonderregelung erfaßt werden insbesondere auch diejenigen gegenseitig verpflichtenden Verträge, bei denen der Vertragspartner des späteren Gemeinschuldners - wie im vorliegenden Fall - seine Leistung vor Konkurseröffnung schon vollständig erbracht hat, während diejenige des Gemeinschuldners noch aussteht. In diesem Falle bleibt zwar der Gemeinschuldner persönlich zur Erbringung etwa noch ausstehender Gegenleistungen grundsätzlich verpflichtet. Gegenüber seinem der Gläubigergesamtheit haftenden Vermögen kann aber der insoweit forderungsberechtigte Vertragspartner seinen Anspruch auf noch ausstehende Gegenleistungen allenfalls als Konkursforderung geltend machen (RGZ 63, 230, 231; Mot.KO S. 108; Jaeger/Henckel, aaO § 17 Rn. 4; vgl. MünchKomm-InsO/Huber, § 103 Rn. 60). Solche Ansprüche werden grundsätzlich schon nach § 3 KO mit der Konkurseröffnung zu Konkursforderungen. Eine Verpflichtung der Konkursmasse hieraus soll stets ausscheiden (Mot.KO S. 87).
bb) Diesem Verständnis des Regelungsgehalts der §§ 17 ff KO stehen frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht entgegen.
In dem in BGHZ 24, 15 ff abgedruckten Urteil hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zwar entschieden, daß der Konkursverwalter regelmäßig an eine vom Gemeinschuldner getroffene Schiedsabrede gebunden bleibt. Die-
ses Ergebnis hat er pauschal mit dem Satz begründet, daß der Konkursverwalter grundsätzlich die Rechtslage übernehmen müsse, die bei Eröffnung des Verfahrens bestehe (aaO S. 18). In dem zugrundeliegenden Fall war es aber der Konkursverwalter seinerseits, der einen vermeintlichen vertraglichen Anspruch für die Konkursmasse geltend machte, insoweit also konkludent die Vertragserfüllung gewählt hatte. Zudem ging es allein um die prozessuale Durchsetzung der eingeklagten Forderung - vor einem ordentlichen Gericht oder einem Schiedsgericht -, nicht um deren materiell-rechtliche Umgestaltung. Schiedsabreden selbst fallen, wie das Urteil zutreffend bemerkt (aaO S. 18), weder unter § 17 KO noch unter § 23 KO.
In späteren Urteilen ist als tragende Erwägung - genauer - ausgesprochen , daß der Konkursverwalter grundsätzlich für die Masse nicht mehr und keine anderen Rechte geltend machen kann als dem Gemeinschuldner zustehen würden (BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f; 106, 169, 175; vgl. auch BGHZ 113, 98, 105 f; Jaeger/Henckel, aaO § 6 Rn. 147). Auch in dem Fall, über den der erkennende Senat durch Urteil vom 17. Dezember 1998 (IX ZR 151/98, WM 1999, 229 ff) entschieden hat, war es der Konkursverwalter, der eine Forderung für die Masse einklagte; dieser konnte der Werkbesteller erfolgreich mit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegentreten (Urteil, aaO S. 230 f; vgl. auch § 49 Abs. 1 Nr. 3 und 4 KO).
Mit der Umgestaltung vertraglicher Ansprüche gegen die Konkursmasse, die § 26 KO anordnet, befassen sich alle vorgenannten Erkenntnisse nicht. Die §§ 17 ff KO erweitern einerseits nicht vertragliche Rechte des Gemeinschuldners; sie halten aber umgekehrt vertragliche Belastungen unter bestimmten Voraussetzungen von dessen konkursbefangenem Vermögen fern. Von dieser Unterscheidung zwischen vertraglichen Pflichten und Rechten des Gemein-
schuldners ging nach der amtlichen Begründung zur Konkursordnung (Mot.KO S. 85 f) auch der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 17 KO aus.

d) Der Umstand, daß der hier fragliche vertragliche Anspruch auf eine Unterlassung gerichtet ist, führt für sich allein nicht zu einer Verpflichtung der Konkursmasse. Ob und inwieweit Unterlassungsansprüche gegen den Gemeinschuldner statt dessen oder zusätzlich die Konkursmasse verpflichten, hängt nicht vom Inhalt dieses Anspruchs, sondern von dessen konkursrechtlicher Qualität ab: Ist der Anspruch nicht gegenständlich auf eine Aussonderung aus der Konkursmasse gerichtet (siehe oben b), entscheidet über seine konkursrechtliche Wirkung, inwieweit sich die Rechtsgrundlage des Anspruchs gerade auch auf die Konkursmasse erstreckt.
Dies gilt im Ansatz unabhängig davon, ob der Unterlassungsanspruch im Einzelfall vermögensrechtlicher oder nicht vermögensrechtlicher Natur ist. Die amtliche Begründung zum zweiten Titel der Konkursordnung (Mot.KO S. 84; vgl. auch S. 85 zu § 15) spricht die Gleichbehandlung ausdrücklich für höchstpersönliche Verpflichtungen des Gemeinschuldners aus: Dieser bleibe zwar zu deren Erfüllung selbst verpflichtet; gegen dessen Konkursmasse könnten aber aus der Nichterfüllung lediglich Konkursforderungen abgeleitet werden.
aa) Teilweise wird in der Literatur allerdings pauschal die Meinung geäußert , Unterlassungsansprüche begründeten keine Konkursforderungen und könnten deshalb nicht zur Konkurstabelle angemeldet werden (Hess, KO 6. Aufl. § 3 Rn. 9; Jaeger Anm. in JW 1932, 380; ferner MünchKommInsO /Ehricke, § 38 Rn. 38; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 38 Rn. 18; Uhlenbruck , InsO 12. Aufl. § 38 Rn. 22; Gottwald/Klopp/Kluth, InsolvenzrechtsHandbuch 2. Aufl. § 19 Rn. 10). Dies trifft aber nur in dem Sinne zu, daß Un-
terlassungsansprüche als solche keinen zur Konkurstabelle anmeldbaren Inhalt haben. Schon über die weitere Behandlung derartiger Ansprüche im Konkurs besagt dies jedoch nichts. Erst recht folgt daraus nicht etwa, daß alle Unterlassungsansprüche , die nicht zur Konkurstabelle angemeldet werden können, mit ihrem Hauptinhalt gegen die Konkursmasse durchzusetzen seien.
bb) Nach Ansicht des Senats spricht allerdings viel dafür, daß ein etwaiger Vermögenswert von Unterlassungsansprüchen - mindestens aber das Nichterfüllungsinteresse eines vertraglichen Unterlassungsgläubigers - eine Konkursforderung begründet, wenn diese Pflicht nicht die Insolvenzmasse bindet (vgl. H. Lehmann ZZP 38 [1909], 68, 103, 110 f; Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 59 Rn. 4). Die amtliche Begründung zu § 17 KO [§ 15 des Entwurfs] spricht für Forderungen auf Leistung einer Handlung allgemein aus, daß der Gläubiger "nur sein Interesse in Geld liquidieren [kann]; denn jeder obligatorische Anspruch verwandelt sich bei der schließlichen Vollstreckung in eine Geldforderung" (Mot.KO S. 85; vgl. auch MünchKomm-InsO/Lwowski/Bitter, § 45 Rn. 8 f; Nerlich/Römermann/Andres, InsO § 45 Rn. 2 a.E.). Strafen aus älteren Zuwiderhandlungen des Gemeinschuldners gegen Unterlassungspflichten können - vorbehaltlich des § 63 Nr. 3 KO - anerkanntermaßen zu Konkursforderungen i.S.v. § 3 KO führen (Kilger/K. Schmidt, aaO § 3 KO Anm. 2 f; ferner Heidelberger Kommentar zur InsO/Eickmann, 2. Aufl. § 38 Rn. 7).
Letztlich braucht die Frage hier nicht allgemein und abschließend entschieden zu werden. Denn sogar dann, wenn die Beklagte wegen vermögensrechtlicher Nachteile aufgrund der Unverbindlichkeit der Unterlassungspflicht im Konkurs des Schuldners nicht aus der Konkursmasse zu entschädigen wäre, beruhte das allein darauf, daß sie nicht dessen Vermögen konkursbeständig mit dieser Pflicht belastet hat (s.o.a). Indem sie gegenüber dem klagenden Kon-
kursverwalter auf der Einhaltung der vertraglichen Unterlassungspflicht besteht, versucht sie im Ergebnis, der Konkursmasse wieder einen Teil des umfassenden dinglichen Nutzungsrechts zu entziehen, welches das Eigentum am Grund- stück verschafft. Gerade eine - auch nur teilweise - Rückgewähr von Gegenständen , die vertraglich in das der Gläubigergesamtheit haftende Vermögen des Gemeinschuldners vorgeleistet wurden, soll § 26 Satz 1 KO ausschließen. Für vom Gemeinschuldner zu erbringende Gegenleistungen, die nicht auf Geldzahlungen gerichtet sind, führt die Begründung zum Entwurf der Konkursordnung aus, das Konkursrecht "verwandelt gesetzlich ohne Zuthun des Schuldners jede Forderung aus ein- wie aus zweiseitigen Verträgen in eine Geldforderung , - und sollte dies bei einer Obligation auf ein Thun nicht möglich sein, dann entzieht diese, wie schon gedacht, sich überhaupt der Anwendung des § 15 [jetzt: § 17 KO]" (S. 104 f; vgl. auch S. 106, 107). Sie bleibt also insgesamt außerhalb des Konkursverfahrens.
cc) Abweichendes ergibt sich nicht aus der bisherigen Rechtsprechung. Diese hat sich mit dem rechtlichen Schicksal vertraglicher Unterlassungsansprüche im Konkurs bisher, soweit erkennbar, nicht befaßt. Das Senatsurteil vom 18. Oktober 2001 (IX ZR 493/00, ZIP 2001, 2142, 2143 f) betrifft einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 3, 13 Abs. 6 UWG gegen einen Konkursverwalter , der zu Wettbewerbszwecken irreführende Angaben über Verträge gemacht hatte, welche der Gemeinschuldner schon vor Konkurseröffnung rechtswirksam auf einen Erwerber übertragen hatte. Durch sein Verhalten machte der Konkursverwalter gem. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO die Konkursmasse schadensersatzpflichtig.
Wiederholt haben sich der Bundesgerichtshof (Urt. v. 21. Oktober 1965 - Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218, 219 f) und das Reichsgericht (RGZ 45, 374,
375; 89, 114, 115; 132, 362, 363; vgl. auch RGZ 134, 377, 378 f) mit patent- rechtlichen Unterlassungsansprüchen befaßt und dafür ausgesprochen, daß der Konkurs über das Vermögen des angeblichen Patentverletzers einen auf Unterlassung gerichteten Prozeß unterbreche oder daß der Konkursverwalter das Verfahren wieder aufnehmen könne. Dies liegt - angesichts des mindestens aussonderungsähnlichen Charakters einer solchen Klage (siehe oben b; vgl. K. Schmidt ZZP 90 [1977], 38, 49 ff) aus einem absolut geschützten Recht - nahe. Entsprechendes trifft für das Urteil RGZ 45, 170, 171 f zu, das auf der Grundlage des früheren gemeinen deutschen Rechts eine konkursbedingte Prozeßunterbrechung für einen Unterlassungsanspruch aussprach, der nach heutiger Rechtsauffassung auf die Verletzung eines absolut geschützten Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) durch den Gemeinschuldner zu stützen und wegen des späteren Verhaltens des Konkursverwalters gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO auch gegen die Konkursmasse zu richten war.
Das Kammergericht (NZI 2000, 238, 239) hat einen Beschluß bestätigt, durch den einem Schuldner ein Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot (§ 890 ZPO) auferlegt wurde. Hierbei hat es den Umstand, daß über das Vermögen des Schuldners während des Verfahrens der weiteren Beschwerde ein Konkursverfahren eröffnet wurde, für unerheblich gehalten. Dies folgte ohne weiteres aus der Erwägung, daß sich der zu vollstreckende Titel gegen den Schuldner persönlich richtete und schon deshalb nicht unmittelbar gegen dessen Konkursmasse zu vollstrecken war.

Dafür, daß eine vom Gemeinschuldner vertraglich begründete Unterlassungspflicht allein wegen dieses Inhalts dessen Konkursmasse verpflichten könnte, ergibt sich aus alledem nichts.
Kreft Kirchhof Fischer
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published on 18/10/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 493/00 Verkündet am: 18. Oktober 2001 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein KO §§ 15, 17; BGB §§ 398, 415 a) Die
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Annotations

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).

(2) Die Vorschriften der §§ 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. Forderungen, die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, sind nach dem Kurswert, der zur Zeit der Verfahrenseröffnung für den Zahlungsort maßgeblich ist, in inländische Währung umzurechnen.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.

(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:

1.
Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
2.
die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,
3.
ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
4.
die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
5.
in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.

(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht, kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei

1.
im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder
2.
sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder soweit entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Der Anspruch nach Satz 1 ist beschränkt auf die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, die der Abmahnende geltend macht. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung der Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.