Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2006 - IV ZR 263/04

bei uns veröffentlicht am08.03.2006
vorgehend
Landgericht Hannover, 12 O 87/02, 18.02.2004
Oberlandesgericht Celle, 6 U 63/04, 07.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 263/04 Verkündetam:
8.März2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Zur Beschränkung einer Revisionszulassung "hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs".

b) Kommt es gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BGB auf den Grundstückswert
im Zeitpunkt des Erbfalls an, bleibt der Wert des dem Erblasser bei vorheriger
Grundstücksübertragung vorbehaltenen Wohnrechts unberücksichtigt (Bestätigung
von BGHZ 118, 49).
BGH, Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2006

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen ihre Halbschwester geltend nach der 1999 verstorbenen Mutter der Parteien.
2
1993 setzte die Erblasserin die Beklagte durch notarielles Testament zur Alleinerbin ein. Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 28. September 1995 übertrug sie dieser "im Wege vorweggenommener Erbfolge" (§ 1) "unentgeltlich" (§ 2) ihren mit einem Vierfamilienhaus be- bauten Grundbesitz unter Vorbehalt eines unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrechts gemäß § 1090 BGB (§ 6). Zur Begründung heißt es in § 1: "Die Schenkung erfolgt (in Anwendung des § 2330 BGB) als Ausgleich und als belohnende Zuwendung für die 12-jährige aufopferungsvolle Pflege und Versorgung durch die Erschienene zu 2) [Beklagte] in der Zeit der Schwerbehinderung der Erschienenen zu 1) [Erblasserin] bis zum heutigen Tage. Die Erschienene zu 2) hat überdies noch den Haushalt versorgt, obwohl sie selbst berufstätig ist. Für alle diese Leistungen ist niemals ein Entgelt geleistet worden."
3
Am 9. November 1995 wurde die Beklagte als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.
4
Nach Erteilung der im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunft über den Nachlass bezifferte die Klägerin ihr Leistungsbegehren auf insgesamt 108.875,91 €.
5
Das Landgericht hat ihr einen Pflichtteil von 21.098,41 € und eine Pflichtteilsergänzung von 72.471,53 € zugesprochen. Etwaige Pflegeleistungen hat es nicht berücksichtigt. Eine Ausgleichung gemäß §§ 2316, 2057a BGB sei mit Blick auf kostenfreies Wohnen der Beklagten im Haus der Erblasserin unbillig; für die Erblasserin habe insoweit auch keine sittliche Verpflichtung gemäß § 2330 BGB bestanden, der Beklagten mit dem Hausgrundstück mehr als zwei Drittel ihres gesamten Vermögens zu vermachen.

6
Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihr erstinstanzliches Leistungsbegehren insgesamt weiterverfolgt. Die Beklagte hat Klageabweisung begehrt, soweit sie verurteilt worden ist, mehr als 70.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat den Pflichtteilsanspruch - weil nicht angefochten - in der vom Landgericht zuerkannten Höhe bestätigt und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 70.306,95 € zugesprochen.
7
Die Klägerin möchte mit ihrer Revision eine weitere Zahlung von 4.485,36 € erreichen, weil bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzung der Wert des vorbehaltenen Wohnungsrechts der Erblasserin nicht habe in Abzug gebracht werden dürfen.
8
Beklagte Die verfolgt mit ihrer Revision ihr Berufungsbegehren weiter, weil von ihr erbrachte Pflegeleistungen insoweit hätten berücksichtigt werden müssen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Beide Revisionen sind uneingeschränkt zulässig.
10
Das Berufungsgericht hat zu der im Urteilstenor "hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs" zugelassenen Revision in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass seine Entscheidung zum Abzug des Wohnungsrechts von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 118, 49) abweiche. Der Bundesgerichtshof habe zwar die Revision gegen die seiner Auffassung ebenfalls widersprechende Entschei- dung des Oberlandesgerichts Celle (OLGR 2002, 110 f.) nicht angenommen (Beschluss vom 29. Januar 2003 - IV ZR 75/02), später aber an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten (Beschluss vom 16. Juli 2003 - IV ZR 73/03 - FamRZ 2003, 1552 unter II 1).
11
Damit ist - wie die Revision der Beklagten zu Recht geltend macht - die Nachprüfung des angefochtenen Urteils nicht auf diese Frage beschränkt.
12
Nach 1. anerkannter Rechtsauffassung kann die Zulassung der Revision auf einen Teil des Streitstoffes beschränkt werden. Dies soll der Entlastung des Revisionsgerichts dienen und von ihm alle nicht unbedingt im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsfortbildung notwendige Arbeit fernhalten (so bereits BGHZ 9, 357, 358). Voraussetzung ist dafür, dass sich die Beschränkung klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergibt und zudem rechtlich zulässig ist (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38 unter I; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. § 546 Rdn. 53 jeweils m.w.N.).
13
2. Es mag auf sich beruhen, ob das Berufungsgericht mit der gebotenen Klarheit ausgesprochen hat, dass die Zulassung auf die eingangs beschriebene Frage und gegebenenfalls sogar auf die dadurch allein beschwerte Partei beschränkt sein soll, oder ob es nicht lediglich das Motiv für seine Zulassungsentscheidung bezeichnet hat (vgl. BGHZ 90, 318, 320). Jedenfalls ist eine derartige Beschränkung auf die Frage, ob ein vorbehaltenes Wohnungsrecht im Rahmen des § 2325 BGB stets abzuziehen ist, unzulässig und damit wirkungslos.

14
Eine a) bei mehreren selbstständigen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) grundsätzlich mögliche Begrenzung der Zulassung auf einen Anspruch (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - NJW 1995, 1955 unter I 1; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 543 Rdn. 22) scheidet aus, wenn die Entscheidung über diesen Anspruch von der über den anderen ebenfalls vom Berufungsgericht entschiedenen Anspruch abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 1968 - VI ZR 27/68 - NJW 1968, 1476 unter II 1). Eine solche Abhängigkeit zwischen dem Pflichtteilsanspruch einerseits und dem ihm gegenüber an sich selbstständigen Pflichtteilsergänzungsanspruch (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1973 - IV ZR 157/71 - NJW 1973, 995 unter 1; MünchKomm/Lange, BGB 4. Aufl. § 2325 Rdn. 4) andererseits, ist jedenfalls hier gegeben.
15
b) Die von der Beklagten behaupteten Leistungen (Pflege, Wohnungsausbau ) können den Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) gemäß §§ 2316, 2057a BGB und den Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) gemäß § 2330 BGB mindern. Die Ansprüche können auch insofern gegenseitig Einfluss aufeinander haben, als der Ergänzungsanspruch an den Pflichtteil anknüpft. Deswegen kann über sie nur einheitlich entschieden werden; eine beschränkte Zulassung kommt dann nicht in Betracht (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO Rdn. 54).
16
Gleiches gilt für eine etwaig angestrebte weitergehende Einschränkung der Zulassung nur für die Behandlung des Wohnungsrechts. Eine Zulassung auf einen Teil eines Streitgegenstandes ist an sich grundsätzlich möglich (vgl. BGHZ 101, 276, 278 f.; 48, 134, 136). Die Begrenzung auf das Wohnungsrecht, die sich allein auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch bezieht und den gesamten, den Pflichtteilsanspruch ebenfalls berührenden Pflegebereich ausschlösse, beträfe indes nur einen unselbstständigen, nicht abtrennbaren Teil des Ergänzungsanspruchs bei der Ermittlung des Schenkungswertes. Derartige Beschränkungen der Revisionszulassung auf einzelne rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, bestimmte Rechtsfragen oder einzelne Urteilselemente sind nicht zulässig (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO Rdn. 59 m.w.N.).
17
DaeineZulassungsbeschränkun g hier demzufolge insgesamt ausscheidet , ist das angefochtene Urteil in vollem Umfang zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 aaO).
18
II. Beide Revisionen haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
19
1. Revision der Klägerin
20
a)DasBerufungsgericht hat dazu ausgeführt:
21
Bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs sei nach seiner Rechtsprechung (OLG Celle aaO), wenn - wie hier - der niedrigere Schenkwert bei Eintritt des Erbfalles (585.124,20 DM) gegenüber dem höheren beim Schenkungsvollzug (601.927,56 DM) zugrunde zu legen sei, der Wert des vorbehaltenen Wohnungsrechts (35.090,77 DM) abzuziehen. Die dem entgegenstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs BGHZ 118, 49, die einen solchen Abzug nur vorsehe, wenn der Wert des Geschenkes beim Erwerb durch den Beschenkten maßgebend sei, widerspreche Wortlaut und Sinn der Regelung des § 2325 BGB.
22
b)DieseRechtsauffa ssung trifft nicht zu.
23
aa) In ständiger, seit langem gefestigter Rechtsprechung geht der Senat davon aus, dass unter Beachtung des Niederstwertprinzips in § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB die Schenkung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt lediglich in dem Umfang ergänzungspflichtig ist, in dem der Grundstückswert den Wert des dem Erblasser verbliebenen Nießbrauchs übersteigt. Kommt es danach auf den Stichtag der Grundstücksübertragung an, weil der für den Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges (zunächst ohne Berücksichtigung des Wohnrechts) ermittelte Wert des Grundstücks unter dessen Wert im Zeitpunkt des Erbfalls liegt, ist der Wert des Wohnungsrechts bei der Ermittlung des ergänzungspflichtigen Schenkungswertes (jetzt) in Abzug zu bringen. Ist dagegen der Grundstückswert im Zeitpunkt des Erbfalls der maßgebliche Wert, kommt ein Abzug nicht mehr in Betracht; in diesem Zeitpunkt ist das Wohnungsrecht nicht mehr werthaltig, es ist erloschen (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395, 397, 399; Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 254/88 - WM 1990, 1637 unter I 1; 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - NJW-RR 1996, 705 unter 3 b und c; Senatsbeschluss vom 16. Juli 2003 aaO; vgl. ferner MünchKomm/Lange, aaO § 2325 Rdn. 23 f., 31 ff., 34 m.w.N. auch zu den kritischen Stimmen in der Literatur).
24
Dem vom Berufungsgericht herangezogenen Nichtannahmebeschluss (vgl. vorstehend I.) lassen sich Zweifel an dieser Senatsrechtsprechung nicht einmal ansatzweise entnehmen. Es werden darin viel- mehr lediglich die Grundsatzbedeutung der höchstrichterlich längst entschiedenen Rechtsfrage und ihre Entscheidungserheblichkeit für das Endergebnis verneint, das nach revisionsrechtlicher Überprüfung aus anderen Gründen Bestand hatte.
25
bb) Davon abweichend will das Berufungsgericht das Wohnungsrecht stets in Abzug bringen, weil nach § 2325 BGB der Pflichtteilsberechtigte so dastehen solle, als befände sich der verschenkte Gegenstand noch genauso in dem Nachlass, wie der Erblasser ihn weggeschenkt habe. Mit diesem von Reiff (FamRZ 1991, 553) übernommenen Ansatz hat sich der Senat schon in der vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsatzentscheidung umfassend auseinandergesetzt und ihn als nicht durchgreifend zurückgewiesen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung im Rahmen der Bewertungsvorschrift des § 2325 Abs. 2 BGB (BGHZ 125, 395, 397; zustimmend MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 34) muss der Pflichtteilsberechtigte vielmehr so stehen, als sei der Gegenstand zur Zeit der dinglichen Vollziehung der Schenkung - als dem maßgeblichen Stichtag - in Geld umgesetzt worden; nur der dabei hypothetisch erzielte Erlös (= Wert) ist dem Nachlass gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BGB hinzuzurechnen (BGHZ 118, 49, 52). Dass das vorbehaltene Wohnungsrecht zu diesem Zeitpunkt für den Erblasser einen Wert hat und daher den Wert der Schenkung mindert, liegt - vor allem wirtschaftlich betrachtet - ebenso auf der Hand wie der im Falle des Erbfallstichtages gegebene vollständige Wertverlust des Nutzungsrechts mit dem Tod des Erblassers. Dem ist im Rahmen der gesetzlichen Regelung nach den vorgegebenen Bewertungsstichtagen - unbeschadet etwaiger Härten im Einzelfall - Rechnung zu tragen (vgl. MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 33). Zutreffend weist insofern die Revision zu den weiteren Erwä- gungen des Berufungsgerichts auf Ungereimtheiten hin, die sich nach seinem Ansatz ergeben. Der Pflichtteilsberechtigte würde danach mit später eingetretenen Wertverlusten des Grundstücks und zusätzlich mit einer nicht mehr vorhandenen Wertminderung durch das untergegangene Nutzungsrecht belastet. Dem Gesetz ist dafür ebenso wenig eine überzeugende Rechtfertigung zu entnehmen wie für die Annahme des Berufungsgerichts , der fortlaufenden wertmäßigen Abnahme der Belastung des übertragenen Gegenstandes werde durch die Kapitalisierung Rechnung getragen. Einen vom Senat bei seiner Beurteilung bislang nicht einbezogenen und gewichteten Gesichtspunkt vermag es auch insoweit nicht aufzuzeigen.
26
An der Rechtsprechung des Senats ist daher insgesamt uneingeschränkt festzuhalten. Ein Abzug des Wohnungsrechts beim Stichtag "Erbfall" scheidet aus.
27
2. Revision der Beklagten
28
a) Das Berufungsgericht hat seine Ablehnung, der Beklagten einen Ausgleich für die von ihr behaupteten Pflegeleistungen zu gewähren, folgendermaßen begründet:
29
Zu Recht habe das Landgericht etwaige Pflegeleistungen der Beklagten nicht berücksichtigt. Es habe fehlerfrei festgestellt, dass sie bis zur Grundstücksübertragung kostenfrei im Haus der Erblasserin gewohnt habe. Die Beklagte habe diesen bereits in der Klageschrift im Zusammenhang mit § 2330 BGB enthaltenen Vortrag nicht bestritten. Darauf habe das Landgericht auch nicht besonders hinweisen müssen. Das wei- tere Vorbringen zu den Mietzahlungen sei - wie das ohnehin substanzlose zum Ausbau der Wohnungen aus eigenen Mitteln - aus Nachlässigkeit erst in der Berufungsinstanz erfolgt und habe deswegen gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden dürfen.
30
Im Übrigen rechtfertigten die behaupteten Pflegeleistungen sowohl im Rahmen der Entscheidung zu §§ 2316, 2057a BGB als auch zu § 2330 BGB keine vom Landgericht abweichende Beurteilung. Dafür seien besondere Umstände erforderlich - wie schwerwiegende persönliche Opfer oder eine durch die Pflegetätigkeit hervorgerufene Notlage des Pflegenden -, die nicht vorgetragen oder ersichtlich seien.
31
Diese b) Ausführungen halten bereits im Ausgangspunkt einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
32
aa) Das Landgericht hätte ohne vorherigen Hinweis (§ 139 ZPO) nicht als unbestritten und damit zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO) zugrunde legen dürfen, die Beklagte habe ohne jegliche Gegenleistung (Miete, Wohnungsausbau) im Haus ihrer Mutter gewohnt. Dabei konnte sich das Gericht lediglich auf einen Satz in der Klageschrift stützen, in der die Klägerin die 12-jährige Pflege und Versorgung in Frage zieht, die die Erblasserin mit der Grundstücksübertragung laut notariellem Übertragungsvertrag ausgleichen und belohnen wollte. In diesem Zusammenhang vertritt die Klägerin ohne jede weitere Angabe lediglich die Auffassung , dass eine gelegentliche Hilfe im Haushalt durch unentgeltliches Wohnen ausgeglichen sei. Diese von der Revision der Beklagten zutreffend als beiläufige und substanzlose Anmerkung bezeichnete Einschätzung ist von den Parteien nicht wieder aufgegriffen oder gar näher erhär- tet bzw. entkräftet worden. Im Rahmen der Auskunftsklage bestand dafür auch keine Veranlassung, weil dies dafür nicht erheblich war. Es ist offensichtlich - auch darin ist der Revision zuzustimmen -, dass jedenfalls die Beklagte dieses Vorbringen für unerheblich gehalten oder sogar übersehen hatte. Dann mussten ihr gemäß § 139 Abs. 2 ZPO ein entsprechender Hinweis und Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, um eine Überraschungsentscheidung zu vermeiden und dem Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör zu genügen (vgl. Zöller/Greger, aaO § 139 Rdn. 4 ff.). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof schon vor der Neufassung des § 139 Abs. 2 ZPO, die gegenüber § 278 Abs. 3 ZPO a.F. klarstellt, dass der maßgebliche Gesichtspunkt auch tatsächlicher Natur sein kann (MünchKomm-ZPO/Peters, aaO Aktualisierungsband § 139 Rdn. 3), in ständiger Rechtsprechung verlangt, dass auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit und Substantiierung von Angriffs- und Verteidigungsvorbringen und insoweit fehlenden Sachvortrag grundsätzlich selbst eine anwaltlich vertretene Partei unmissverständlich hinzuweisen ist, es sei denn, darüber wurde bereits zuvor gestritten (vgl. nur BGH, Urteile vom 4. Juli 1989 - XI ZR 45/88 -, 2. Februar 1993 - XI ZR 58/92 -, 22. April 1999 - I ZR 37/97 - und 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98 - BGHR ZPO § 139 Abs. 1 Anwaltsprozess 3, Überraschungsentscheidung 2, Hinweispflicht 1 und BGHR ZPO § 139 Hinweispflicht 7).
33
Diesen Prozessleitungsanforderungen hat das Landgericht nicht mit dem schließlich erfolgten Hinweis genügt, die Pflegeleistungen seien noch nicht hinreichend substantiiert. Im Gegenteil konnte die Beklagte danach erst recht nicht damit rechnen, dass das Gericht, bei dem inzwischen auch noch ein Richterwechsel stattgefunden hatte, nach ihrem ergänzenden Sachvortrag die Pflegeleistung ohne jede Bewertung mit den ebenfalls nicht bewerteten Mietersparungen als ausgeglichen ansehen könnte.
34
bb) Damit erweist sich auch die weitere Behandlung durch das Berufungsgericht als verfahrensfehlerhaft. Das gesamte erst- und zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten zu dem Komplex anrechenbare Pflegeleistungen einschließlich etwaiger Mietzinszahlungen und Wohnungsausbaukosten ist zu berücksichtigen (§ 531 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Das wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - nachzuholen und auf der Grundlage der dazu getroffenen Feststellungen erstmalig eine entsprechende Leistungsbewertung vorzunehmen haben.
35
Dem stehen auch seine Erwägungen nicht entgegen, es fehle an Vortrag zu den besonderen Umständen, die für eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen erforderlich seien. Dies trifft bereits angesichts behaupteter 16-jähriger, mit den Jahren wegen des Gesundheitszustandes der Erblasserin gesteigerter Pflege und Versorgung bei mindestens ebenso langen Mietzinszahlungen nicht zu. Eine solche Versorgung kann bereits der Intensität nach, so sich die behaupteten Umstände als zutreffend erweisen sollten, eine Ausgleichung gemäß § 2057a BGB bedingen (vgl. MünchKomm/Heldrich, aaO § 2057a Rdn. 23 ff.). Das Berufungsgericht lässt insoweit ferner unbeachtet, dass dem Übertragungsvertrag auch eine gemischte Schenkung zugrunde liegen kann, der die Beklagte mit ihrem Berufungsantrag Rechnung getragen hätte (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1973 aaO unter 2). Übernommene Pflegeverpflichtungen und Pflegeleistungen können zudem - auch nachträglich - in Form echter Gegenleistungen bei gemischten Schenkungen als Abzugsposten in Be- tracht kommen (vgl. nur OLG Oldenburg NJW-RR 1997, 263 f.; Palandt /Edenhofer, BGB 65. Aufl. § 2325 Rdn. 19). Schließlich sind im Rahmen des § 2330 BGB die Grundsätze anzuwenden, die für die gemischte Schenkung gelten. Danach besteht eine Ergänzungspflicht nur insoweit, als die Zuwendung das gebotene Maß überschreitet (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1978 - IV ZR 26/77 - WM 1978, 905 f.).
36
die Da behaupteten Leistungen der Beklagten die Höhe des Pflichtteils- und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs beeinflussen können , ist die Sache insgesamt an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 18.02.2004 - 12 O 87/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.10.2004 - 6 U 63/04 -

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).

(2) Die Vorschriften der §§ 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(1) Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.

(2) Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.

(3) Eine Zuwendung der in § 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.

(4) Ist eine nach Absatz 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichtteil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Wertes zur Anrechnung.

(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.

(2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.

(3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

(4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 73/03
vom
16. Juli 2003
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Juli 2003

beschlossen:
Der Beklagten wird die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Revisionsverfahrens versagt.
Streitwert: 8.553,57

Gründe:


I. Die Parteien streiten über Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer 1998 verstorbenen Mutter, die keinen werthaltigen Nachlaß hinterlassen hat.
Die Vorinstanzen haben die 1997 unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts erfolgte Übertragung eines Hausgrundstücks auf die Beklagte als ergänzungspflichtige Schenkung angesehen. Bei der für die Wertberechnung nach dem Niederstwertprinzip gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlichen Festlegung des Bewertungsstichtages haben sie den Grundstückswert zur Zeit des Erbfalls mit dem zur Zeit des Schenkungsvollzuges unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes

verglichen. Auf der Grundlage des danach maßgeblichen niedrigeren Grundstückswertes zur Zeit des Erbfalls haben sie ohne Berücksichtigung des zu diesem Zeitpunkt erloschenen Wohnungsrechts dem Ergänzungsbegehren stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
II. Die für die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens beantragte Prozeßkostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die Rechtsverfolgung der Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage erfordere, ob sich eine Berücksichtigung von mit dem Tode entfallenden Nutzungsvorbehalten stets verbiete, wenn gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den Erbfallzeitpunkt abzustellen ist. An diese Zulassung ist der Senat gebunden. Allerdings ist der Zulassungsgrund, der sich weitgehend mit dem der Grundsatzbedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO deckt (vgl. Ullmann, WRP 2002, 597) nicht gegeben. Er setzt voraus, daß der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung und Anwendung des materiellen und formellen Rechts aufzustellen oder Lücken auszufüllen , weil es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - VersR 2003, 222 unter 2, demnächst in BGHZ 151, 221 und vom 25. März 2003 - VI ZR 335/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist und an die sich auch die Vorinstanzen gehalten haben, sind bei dem Wertvergleich zur Feststellung des Bewertungsstichtages vom Erblasser vorbehaltene Nutzungen außer acht zu lassen (BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395 ff.; siehe ferner BGH, Urteile vom 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - WM 1996, 684 unter 2 c und 30. Mai 1990 - IV ZR 254/88 - WM 1990, 1637 unter I 1). Für ihre spätere Berücksichtigung ist kein Raum mehr, wenn nach dem Vergleich der Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde zu legen ist; sie sind dann erloschen.
2. Prozeßkostenhilfe ist aber - unbeschadet der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht - nur dann zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Fortbildung des Rechts in dem dargelegten Sinn dient, woran es indes fehlt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts läßt keine Notwendigkeit erkennen für weitere über die bisher durch den Senat herausgearbeiteten Grundsätze hinausgehende sachverhaltsbezogene Leitlinien. Es ergeben sich insbesondere keine zweifelhaften oder noch offenen Rechtsfragen, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung und einer Erörterung in der mündlichen Verhandlung bedürften (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02 - NJW-RR 2003, 130 unter 2; vom 6. November 2002 - XII ZR 259/01 - NJW-RR 2003, 505 f. und vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126 unter II 1). Die der Zulassungsfrage zugrunde liegende Fallkonstellation ist auch bereits Gegenstand revisionsrechtlicher Beurteilung durch den Senat gewesen (vgl. Nichtannahmebeschluß vom 26. September 2001 - IV ZR 290/00 - zum Urteil des OLG München vom 29. September 2000 - 23 U 3045/00). Es kommt daher für

die Prozeßkostenhilfegewährung allein auf die Erfolgsaussichten in der Sache selbst an, die bereits im Prozeßkostenhilfeverfahren beurteilt werden können. Solche Erfolgsaussichten bestehen nicht.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.

(1) Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.

(2) Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.

(3) Eine Zuwendung der in § 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.

(4) Ist eine nach Absatz 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichtteil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Wertes zur Anrechnung.

(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.

(2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.

(3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

(4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.

(2) Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.

(3) Eine Zuwendung der in § 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.

(4) Ist eine nach Absatz 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichtteil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Wertes zur Anrechnung.

(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.

(2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.

(3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

(4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
I ZR 179/98 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Ein richterlicher Hinweis bzw. eine Rückfrage des Gerichts ist auch dann geboten
, wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte
einer Partei die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung
eines Klageantrags oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen
hat.
BGH, Vers.-Urt. v. 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Inhaber einer Apotheke. Er hat seit Oktober 1996 - unaufgefordert - überregional an Ä rzte eine Preisliste für Impfstoffe übersandt, die keiner gesetzlichen Preisbindung unterliegen. In einem der Preisliste beigefügten Anschreiben betreffend den "preisgünstigen Bezug von Impfstoffen für die Vorsorgeimpfung" heißt es u.a. wie folgt:
"Mit der beigefügten Preisliste biete ich Ihnen die VorsorgeImpfstoffe an. Bitte beachten Sie im Vergleich zu unseren Mitbewerbern , daß unsere Preise bereits die gesetzliche Mehrwertsteuer beinhalten. Diese Preise (vorbehaltlich Preisänderungen) liegen bis zu 33 % - je nach Packungsgröße - unter den vereinbarten Zuschlägen laut Arzneimittelliefervertrag zwischen dem Deutschen A. und dem Verband der E. (VDAK) und entsprechen dem jeweils gültigen Apothekeneinkaufspreis zzgl. MwSt am Tage der Bestellung." Im Falle einer Bestellung der angebotenen Impfstoffe durch einen Arzt läßt sich der Beklagte ein Formular unterschreiben, in dem der Arzt einen Schnell-Lieferdienst "autorisiert", die Impfstoffe in der Apotheke des Beklagten abzuholen.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sieht darin einen Verstoß gegen das Verbot aus § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO, Arzneimittel zu versenden, sowie gegen das Verbot des § 8 Abs. 1 HWG, für den Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes zu werben. Sie nimmt den Beklagten deshalb aus § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Ferner begehrt sie den Ersatz von Abmahnkosten.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) in Anschreiben an Ä rzte mit beigefügten Impfstoff-Preislisten für den Bezug von Impfstoffen auf dem Versandwege zu werben (vgl. Anlage A 1 nebst beigefügter Impfstoff-Preisliste) und/oder
b) im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG vor; 2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 294,25 DM nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Unterlassungsanträge als unzulässig und unverständlich beanstandet und geltend gemacht, er sei durch eine Verurteilung im Sinne des Klageantrages zu 1 b "praktisch nicht betroffen", da er nicht "ohne vorherige ärztliche Anforderung" handele. Er gebe Impfstoffe ausschließlich an solche Ä rzte ab, die genau diese Impfstoffe zuvor bei ihm bestellt hätten. Ferner hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die von der Klägerin beanstandete Versendung von Preislisten für Impfstoffe verstoße nicht gegen § 8 Abs. 1 HWG, weil es sich dabei nicht um Werbung, sondern in erster Linie um eine Preisinformation für Ä rzte handele. Nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 HWG dürfe das Werbeverbot nicht auf eine Preisinformation gegenüber Ä rzten erstreckt werden.
Das Landgericht hat dem Klageantrag zu 1 a (Werbeverbot) stattgegeben und den Antrag zu 1 b (Versandverbot) abgewiesen. Dem Zahlungsbegehren hat es in Höhe von 187,12 DM nebst Zinsen entsprochen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt , der vom Landgericht abgewiesene Klageantrag zu 1 b (Versandverbot) sei darauf gerichtet gewesen, dem Beklagten die Durchführung der Versendung von Impfstoffen im Anschluß an eine ohne v orherige ärztliche Anforderung erfolgte Werbung zu untersagen. Der in dem abgewiesenen Unterlassungsantrag enthaltene Vorbehalt "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, sei ersichtlich auf den angegriffenen Gesamttatbestand bezogen gewesen. Etwaigen Bedenken gegen die erstinstanzliche Antragsformulierung , die das Landgericht gemäß § 139 ZPO hätte beheben müssen, trage der nunmehr in erster Linie verfolgte Unterlassungsantrag zu 1 a Rechnung.
Die Klägerin hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten - über die in dem landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Verurteilung hinaus - unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, daß ein Ausnahmefall des § 47 AMG vorliegt,
b) hilfsweise zu a): im Wege des Versandes oder der Zustellung durch Boten Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, daß ein Ausnahmefall des § 47
AMG vorliegt oder der bestellende Arzt für jede Bestellung individuell -konkret darlegt, warum er zu einer Abholung der Impfstoffe in der Apotheke nicht in der Lage ist,
c) äußerst hilfsweise zu a) und b): im Wege des Versandes Impfstoffe an Ä rzte zu versenden, die außerhalb der Stadt W. praktizieren, es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG vor; 2. an die Klägerin insgesamt (unter Einbeziehung der landgerichtlichen Zahlungsverurteilung) 294,25 DM nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte hat gegen seine Verurteilung unselbständige Anschlußberufung eingelegt, mit der er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen und die Anschlußberufung des Beklagten für wirkungslos erklärt.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter. Der ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

Entscheidungsgründe:


I. Über den Revisionsantrag ist, da der Revisionsbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden
(§§ 331, 557 ZPO). Das Urteil beruht allerdings nicht auf der Säumnis. Es wäre nach dem der Revisionsentscheidung gemäß § 561 ZPO zugrundezulegenden Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn der Beklagte nicht säumig gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
II. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin mangels Zulässigkeit gemäß § 519b Abs. 1 Satz 2 ZPO verworfen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Berufungsanträge zu 1 a und 1 b seien unzulässig, weil sie sich nicht gegen die im angefochtenen Urteil enthaltene Beschwer wendeten. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels erfordere neben einer Beschwer zusätzlich, daß mit dem Rechtsmittel die Beseitigung gerade der durch das angegriffene Urteil geschaffenen Beschwer erstrebt werde. Daran fehle es, wenn der erstinstanzlich unterlegene Kläger nicht die Abweisung seines ursprünglichen Klagebegehrens angreife, sondern mit dem Rechtsmittel im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stelle. Mit den in zweiter Instanz gestellten Unterlassungsanträgen zu 1 a und 1 b werde etwas anderes als mit dem erstinstanzlichen Antrag zu 1 b verlangt. Ein Versandverbot mit der Einschränkung, "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, habe einen anderen Streitgegenstand als das im Berufungsverfahren begehrte uneingeschränkte Versandverbot. Das Landgericht sei nicht gemäß § 139 ZPO verpflichtet gewesen, das Stellen des unbegründeten (erstinstanzlichen) Klageantrages zu 1 b zu verhindern, weil die anwaltlich vertretene Klägerin trotz berechtigter Kritik des Beklagten an diesem Antrag erkennbar habe festhalten wollen.
Die Klägerin wende sich nur mit dem Berufungsantrag zu 1 c, der inhaltlich dem erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu 1 b entspreche, gegen die in
dem angefochtenen Urteil enthaltene Beschwer. Insoweit sei die Berufung jedoch ebenfalls unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise begründet worden sei.
III. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung der Klägerin, mit der sie sich hauptsächlich gegen die Abweisung des mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 1 b verfolgten Begehrens wendet, zulässig.
Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß die Berufung nur dann zulässig ist, wenn der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Das Rechtsmittel ist daher unzulässig, wenn es den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt , also - im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung - die Richtigkeit der Entscheidung nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die bloße Erweiterung oder Ä nderung der Klage in zweiter Instanz (§§ 523, 263, 264 Nr. 2 ZPO) kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozeßziel eine zulässige Berufung voraus (st. Rspr.; vgl. BGHZ 140, 335, 338; BGH, Urt. v. 13.3.1998 - V ZR 190/97, NJW 1998, 2058; Urt. v. 25.2.1999 - III ZR 53/98, NJW 1999, 1407; Urt. v. 22.4.1999 - IX ZR 352/98, NJW-RR 2000, 1521; Urt. v. 20.3.2000 - II ZR 250/99, NJW 2000, 1958). Im Streitfall kann die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin nicht verneint werden.

a) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision allerdings rechtsfehlerfrei angenommen, daß das in der Berufungsinstanz mit dem Klageantrag zu 1 a begehrte uneingeschränkte Versandverbot einen anderen Streitgegenstand hat als das in erster Instanz mit dem Unterlassungsantrag zu 1 b verfolgte Klageziel. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat, der die erstinstanzlichen Prozeßerklärungen der Klägerin eigenständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts zu werten hat (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1992 - XII ZR 116/91, NJW 1993, 597, 598; Urt. v. 12.7.1995 - IV ZR 369/94, NJW-RR 1995, 1469, 1470), aufgrund der zutreffenden Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe trotz ständiger Kritik des Beklagten in erster Instanz darauf beharrt, daß dem Beklagten der Versand von Impfstoffen an Ä rzte nur verboten werden solle, wenn eine vorherige ärztliche Anforderung oder ein Ausnahmefall des § 47 AMG nicht vorlägen. Ein Versandverbot mit der Einschränkung "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, zielt auf das Verbot ab, Ä rzten unbestellte Waren zukommen zu lassen. Mit dem Berufungsantrag zu 1 a erstrebt die Klägerin dagegen ein uneingeschränktes Versandverbot. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß dieses Klageziel einen anderen Gegenstand hat als das in erster Instanz mit dem Klageantrag zu 1 b verfolgte Begehren.

b) Gleichwohl fehlt es im Streitfall nicht an der für die Zulässigkeit der Berufung erforderlichen Beschwer im Sinne der Darlegungen unter III 1. Die Klägerin hat die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung u.a. mit der Rüge aus § 139 ZPO angegriffen. Im allgemeinen ist eine Verfahrensrüge zwar unerheblich, wenn der Rügende das prozessuale Ergebnis, hier die Abweisung des Klageantrags zu 1 b, hinzunehmen bereit ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihrer Rüge, das Landgericht habe seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt, aber auch geltend gemacht, daß sie, wenn sie in erster
Instanz auf Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags zu 1 b hingewiesen worden wäre, dem durch eine Antragsneufassung mit dem Inhalt des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags zu 1 a Rechnung getragen hätte. Hinsichtlich der Durchführbarkeit der darin zu sehenden Klageänderung wären keine derartigen Schwierigkeiten aufgetaucht wie bei der gegebenen Prozeßlage. Die Abweisung des in erster Instanz gestellten Unterlassungsantrags zu 1 b wollte die Klägerin nach ihrem Berufungsvorbringen nur unter der Voraussetzung hinnehmen, daß eine Antragsänderung im anhängigen Verfahren noch möglich ist. Die erhobene Verfahrensrüge bedeutet daher, daß ihre Berufung nicht ausschließlich den neuen Anspruch zum Gegenstand hat (vgl. BGH NJW 1993, 597, 598).

c) Der danach bestehenden Verpflichtung zur Prüfung, ob die erhobene Verfahrensrüge durchgreift, ist das Berufungsgericht allerdings nachgekommen. Es hat diese Frage jedoch zu Unrecht verneint.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für das Landgericht habe gemäß § 139 ZPO kein Anlaß bestanden, das Stellen unbegründeter Anträge zu verhindern, an denen die anwaltlich vertretene Klägerin trotz berechtigter Kritik der Gegenseite erkennbar habe festhalten wollen; derartige Anträge seien schlicht abzuweisen. Ungeachtet einer Erörterungspflicht des Gerichts sei es grundsätzlich Sache des Klägers, Inhalt, Umfang und Grenzen des begehrten Verbots aufzuzeigen und die insoweit maßgebenden Umstände darzutun. Aus dem Grundsatz, daß das Gericht gehalten sei, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken, könne selbst bei unbestimmten Anträgen nicht hergeleitet werden, daß es weitgehend dem Gericht überlassen werden könne, einem zu unbestimmt gefaßten und damit unzulässigen Klageantrag einen zulässigen Wortlaut und Inhalt zu geben. Für zulässige, aber erkennbar unbe-
gründete Anträge müsse dies erst recht gelten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
bb) Auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage muß das Gericht gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei hinweisen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt oder darauf vertraut, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 21.1.1999 - VII ZR 269/97, NJW 1999, 1264; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 13; Musielak/Stadler, ZPO, 2. Aufl., § 139 Rdn. 6; MünchKommZPO/Peters, 2. Aufl., § 139 Rdn. 11 ff.). Ein Hinweis bzw. eine Rückfrage ist vor allem auch dann geboten, wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte einer Partei die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung eines Klageantrags oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen hat (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 13). Das ist hier der Fall.
Die Klägerin hat das in erster Instanz mit dem Klageantrag zu 1 b verfolgte Versandverbot sowohl in der Klageschrift als auch im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hauptsächlich auf die in § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO enthaltenen Regelungen gestützt. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO dürfen Arzneimittel, zu denen nach § 4 Abs. 4 i.V. mit § 2 Abs. 1 AMG auch Impfstoffe der hier in Rede stehenden Art gehören, nur in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht werden. Die Versendung aus der Apotheke oder die Zustellung durch Boten ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO nur im begründeten Einzelfall zulässig. In der Klageschrift hat die Klägerin vorgetragen , der Beklagte verstoße mit der Durchführung eines umfangreichen Versandhandels mit Impfstoffen gegen § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO. Dieses
Vorbringen hat sie in ihrem Schriftsatz vom 16. April 1997 wiederholt und dahingehend präzisiert, daß der Versand von Arzneimitteln seitens des Beklagten über den in § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO geregelten zulässigen Einzelfall hinausgehe. In ihrem Schriftsatz vom 1. April 1997 hat die Klägerin allerdings vorgebracht , der zweite Klageantrag (1 b) betreffe die praktische Durchführung des Versandhandels, "und zwar ohne ärztliche Aufforderung", obwohl der Wortlaut der Regelungen in § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO keinerlei Veranlassung für die Annahme gibt, daß nur der unaufgeforderte überregionale Versand von Arzneimitteln unzulässig ist. Ein Verbot, das auf die überregionale Versendung unbestellter Impfstoffe an Ä rzte beschränkt ist, liefe praktisch auch ins Leere. Selbst der Beklagte ist nicht davon ausgegangen, daß die Klägerin ein derart eingeschränktes Verbot erstrebt hat. Denn er hat in seiner Klageerwiderung vorgebracht, "es sollte unstreitig sein, daß kein Apotheker einem Arzt unbestellte Ware zukommen läßt".
Nachdem die Klägerin den genannten Hinweis des Beklagten nicht zum Anlaß genommen hat, ihren Klageantrag zu 1 b zu ändern, hätte das Landgericht erkennen und gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, daß ein Verbotsausspruch mit der im Unterlassungsantrag zu 1 b enthaltenen Einschränkung "es sei denn, es liegt eine vorherige ärztliche Anforderung" vor, nicht auf die von der Klägerin angeführte Klagegrundlage des § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO gestützt werden kann und die Einschränkung überdies dem von der Klägerin tatsächlich verfolgten Ziel, dem Beklagten den Versand von Impfstoffen aus seiner Apotheke generell verbieten lassen zu wollen, wenn kein begründeter Einzelfall vorliegt, entgegensteht.
2. Die Begründetheit der von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung erhobenen Rüge aus § 139 ZPO führt dazu, daß an die Sachdienlichkeit der in
der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageänderung keine strengeren Anforderungen gestellt werden können als diejenigen, die für eine solche in erster Instanz gelten (vgl. BGH NJW 1993, 597, 598). Die Revision macht insoweit mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht die in Rede stehende Klageänderung gemäß § 263 ZPO als sachdienlich hätte zulassen müssen, da das mit dem Berufungsantrag zu 1 a nunmehr verfolgte Begehren keine Auswechslung des bisherigen Streitstoffes erfordert. Der Rechtsstreit kann vielmehr auf der Grundlage des bislang vorhandenen Sach- und Streitstands abschließend vom Berufungsgericht entschieden werden mit der Folge, daß ein neuer Prozeß vermieden wird. In einem derartigen Fall ist im allgemeinen die Sachdienlichkeit einer Klageänderung zu bejahen (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1999 - VI ZR 219/98, NJW 2000, 800, 803 m.w.N.; Zöller/Greger aaO § 263 Rdn. 13 m.w.N.).
3. Erweist sich die Berufung nach alledem als zulässig, so wird das Berufungsgericht nunmehr unter Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom 6. April 2000 (- I ZR 294/97, GRUR 2001, 178 = WRP 2000, 1397 - Impfstoffversand an Ä rzte) und der im Streitfall in tatsächlicher Hinsicht gegebenen Besonderheiten in der Sache zu entscheiden haben.
IV. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.

(2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.

(3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

(4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.