Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2019 - IV ZR 19/18

bei uns veröffentlicht am26.06.2019
vorgehend
Landgericht Gera, 2 O 1540/12, 07.08.2013
Thüringer Oberlandesgericht, 4 U 699/13, 21.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/18 Verkündet am:
26. Juni 2019
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (B/BV) §
12 Abs. 1; Tarifbestimmungen zur Tabelle BV (TB/BV) Ziff. I Abs. 2.1
Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine andere berufliche Tätigkeit
gebotenen Einkommensvergleich ist das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit
tatsächlich erzielte Einkommen grundsätzlich nicht auf den Vergleichszeitpunkt
fortzuschreiben.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2019 - IV ZR 19/18 - OLG Jena
LG Gera
ECLI:DE:BGH:2019:260619UIVZR19.18.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Prof. Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2019

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 21. Dezember 2017 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit auf Fortzahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch.
2
Der Kläger unterhält bei dem Beklagten seit dem 1. März 2000 eine Berufsunfähigkeitsversicherung, der "Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung" (im Folgenden: B/BV) sowie "Tarifbestimmungen zur Tabelle BV" (im Folgenden: TB/BV) zugrunde liegen. Die B/BV lauten auszugsweise: "§ 12 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit? (1) Nach Anerkennung … unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ih- ren Grad … nachzuprüfen; … Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von Ziffer I Nr. 2 der Tarifbestimmungen ausüben kann, wobei … neu erworbene berufliche Fähigkeiten, gegebe- nenfalls im Rahmen der durch Ziffer I Absatz 2.4 der Tarifbestimmungen gezogenen Grenzen, zu berücksichtigen sind. ..."
3
In den TB/BV heißt es u.a.: "I) Vereinbarung zu § 1 B/BV: Welchen Umfang hat Ihr Versicherungsschutz? … 2. Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen ? (2.1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit … voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die Verweisung auf eine andere Tätigkeit ist ausgeschlossen , wenn das jährliche Einkommen 20% oder mehr unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt; sollte die herrschende Rechtsprechung künftig nur geringere Einkommensreduzierungen für zumutbar erachten , so ziehen wir diese heran. …"
4
Der Kläger war seit dem Jahr 1998 im Wesentlichen als Dachdeckerhelfer tätig. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit von einer viermonatigen Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres 2006 und einer Beschäfti- gung als Elektrohelfer von Juli bis einschließlich November 2007. Zum Dezember 2007 wurde der Kläger wiederum von seinem früheren Arbeitgeber als Dachdeckerhelfer eingestellt, wobei der Arbeitsvertrag einen Stundenlohn von 10 € vorsah.
5
Im Januar 2008 wurde bei dem Kläger ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Der Beklagte erkannte seine Leistungspflicht am 9. August 2008 an und erbrachte die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente.
6
Nach Eintritt der Berufsunfähigkeit begann der Kläger eine Umschulung zum Kaufmann, die er im Jahre 2011 abschloss. Mit Schreiben vom 10. Juli 2012 erklärte der Beklagte, den Kläger auf seine zum 23. April 2012 aufgenommene, mit monatlich 1.000 € brutto vergütete Tätigkeit als Kaufmann im Großhandel mit regelmäßiger Wochenarbeitszeit von 28 Stunden zu verweisen. Der Beklagte begründete dies unter anderem damit, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2007 ein durchschnittliches Einkommen von 12.340 € pro Jahr erzielt habe und die nunmehr ausgeübte Tätigkeit daher dessen bisheriger Lebensstellung entspreche. Er stellte hierauf - abgesehen von einer als Kulanzleistung bezeichneten Überweisung in Höhe von sechs weiteren monatlichen Rentenbeträgen - seine Zahlungen Ende August 2012 ein.
7
Der Kläger ist der Ansicht, dass eine Verweisung nicht in Betracht komme, da er im Jahr 2007 einBruttoeinkommen in Höhe von 15.523 € erzielt habe.
8
Nach Erhebung der zunächst auf Feststellung der Leistungsverpflichtung gerichteten Klage hat der Beklagte den Kläger mit Schriftsatz vom 3. Mai 2013 abstrakt auf eine vollschichtige Tätigkeit eines Kaufmanns im Großhandel und Verkauf verwiesen.
9
Zum 31. Dezember 2014 endete das 2012 begründete Beschäftigungsverhältnis des Klägers. 2016 nahm er eine mit monatlich 850 € brutto entlohnte Teilzeittätigkeit als Hausmeister auf.
10
Das Landgericht hat die zuletzt auf Zahlung der monatlichen Rente in Höhe von 691,71 € abMärz 2013 bis längstens zum 1. März 2031 gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


11
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
I. Nach dessen Auffassung ist die Leistungspflicht des Beklagten nicht dadurch weggefallen, dass er den Kläger auf das seit April 2012 bestehende Arbeitsverhältnis konkret verwiesen habe. Diese Tätigkeit habe nicht dessen bisheriger Lebensstellung entsprochen. Den dabei anzulegenden Maßstäben werde eine allein auf das rechnerische Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre vor Eintritt der Berufsunfähigkeit abstellende Feststellung der vormaligen Lebensstellung nicht gerecht. Bei einer solchen Berechnung wirkten sich etwaige Arbeitszeitdefizite auch dann einkommensmindernd aus, wenn diese etwa auf die jeweilige Auftragslage des konkreten Arbeitgebers zurückzuführen seien. Der Kläger sei auch nur einmal arbeitslos gewesen, was seine Lebensverhältnisse im Januar 2008 nicht signifikant geprägt habe. Einer Feststellung der Lebensverhältnisse durch Ermittlung eines auf mehrjähriger Basis erzielten Durchschnittseinkommens stehe zudem entgegen, dass der Kläger 2007 aus in der Person seines Arbeitgebers liegenden Gründen vorübergehend außerhalb der Baubranche gearbeitet habe.
13
Vor diesem Hintergrund seien die vormaligen Lebensverhältnisse des Klägers im Mindestmaß maßgeblich durch die Bedingungen des seit 1997 jeweils durch Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe geprägt gewesen. Der rechtliche Ansatz, eine Fortschreibung des in gesunden Tagen erzielten Einkommens auf Grundlage aktueller Tarifbedingungen vorzunehmen, gelte jedenfalls dann, wenn diese auf einem Tarifvertrag mit erheblicher Verbreitung oder (wie vorliegend) auf einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarif beruhten. Zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit im Jahr 2012 errechne sich unter Heranziehung des Bau-Mindestlohns (Ost) in Höhe von 10 € pro Stunde nach Maßgabe der vereinbarten und auch üblichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Einkommen als Dachdeckerhelfer von monatlich 1.733,33 € brutto. Mit dem tatsächlich erzielten Einkommen von 1.000 € brutto pro Monat habe der Kläger daher seine vormalige Lebensstellung nicht wahren können.
14
Auch durch die im Verlaufe des Rechtsstreits von dem Beklagten erklärte weitere Verweisung auf eine fiktive Vollzeittätigkeit mit 40 Wochenstunden als Kaufmann im Großhandel und Verkauf sei die Leistungspflicht des Beklagten nicht beendet worden oder auch nur vorübergehend in Wegfall geraten. Das fiktive Einkommen aus der Verweisungstätigkeit (1.428,27 € brutto bei einem Stundenlohn von 8,24 €) entspreche circa 80,4 % des sich aus der Fortschreibung der vormaligen Lebensstellung des Klägers ergebenden Einkommens (1.776,67 € brutto aufgrund eines Bau-Mindestlohns von inzwischen 10,25 €); einen ande- ren Stundenlohn im fiktiven Arbeitsverhältnis habe der Beklagte nicht in einer erwiderungsfähigen Konkretheit dargelegt. Die Regelung in Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 TB/BV führe nicht etwa dazu, dass eine Überschreitung der angeführten Einkommensgrenze stets den Wegfall einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit bedeute. Vorliegend stehe dem Wegfall der Berufsunfähigkeit entgegen, dass die vormalige Lebensstellung durch ein vergleichsweise geringes Einkommen geprägt gewesen sei. Ferner wohne dem Bau-Mindestlohn (Ost) aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifs eine Sicherung des Einkommens vor Geldentwertung für die Zukunft inne, welche gegenüber einer lediglich einzelvertraglich geregelten Vergütung eine zusätzliche Statusverbesserung ausmache.
15
Die Entwicklung des Bau-Mindestlohns (Ost) führe außerdem dazu , dass ein fiktives Einkommen des Klägers aus der Verweisungstätigkeit jedenfalls ab dem 1. Januar 2014 wieder Einkünfte von weniger als 80 % des Bau-Mindestlohns (Ost) und damit gegebenenfalls ein Wiederaufleben der Berufsunfähigkeit des Klägers zur Folge gehabt habe.
16
II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.
17
1. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen des Beklagten (§ 12 Abs. 1 B/BV, Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 TB/BV) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteil vom 20. Dezember 2017 - IV ZR 11/16, VersR 2018, 152 Rn. 10 m.w.N.).
18
Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 - IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 16; vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit (Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 aaO; vom 21. April 2010 aaO).
19
2. Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts zu den beiden Änderungsmitteilungen des Beklagten nicht.
20
a) Es ist allerdings noch zutreffend davon ausgegangen, dass Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 Satz 2 TB/BV keine Regelung enthält, nach der die Verweisung auf eine Tätigkeit, in der das jährliche Einkommen weniger als 20 % unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt, stets wirksam wäre. Die hier vereinbarte Klausel entspricht nicht derjenigen, die einer früheren Senatsentscheidung zugrunde lag (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 3). Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnitt- licher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Senatsurteil vom 6. März 2019 - IV ZR 72/18, VersR 2019, 542 Rn. 15 m.w.N.). Seinem Wortlaut nach legt Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 Satz 2 TB/BV ausschließlich fest, dass eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit ausgeschlossen ist, wenn das jährliche Einkommen 20 % oder mehr unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt der Klausel im Umkehrschluss nur, dass bei geringeren Einkommenseinbußen eine Verweisung nicht ausgeschlossen ist. Ob die Verweisung darüber hinaus auch wirksam ist, bestimmt die Klausel dagegen nicht. Insoweit verbleibt es daher bei den in Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 Satz 1 TB/BV geregelten Voraussetzungen einer Verweisung; die andere Tätigkeit muss seiner bisherigen Lebensstellung entsprechen.
21
Bei einem anderen Klauselverständnis könnte die Berufsunfähigkeitsversicherung auch nicht mehr ihre Funktion erfüllen, die darin besteht , die bisherigen Lebensumstände sicherzustellen und einen individuellen und sozialen Abstieg des Versicherten im Berufsleben und in der Gesellschaft zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2016 - IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 25 m.w.N.). Eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße lässt sich angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2016 aaO Rn. 22). Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten. Dabei ist zu berücksichtigen , dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 aaO Rn. 24; vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3 [juris Rn. 23]).
22
b) Dagegen rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht seiner Vergleichsbetrachtung ein unzutreffend ermitteltes Einkommen im Ausgangsberuf zugrunde gelegt hat.
23
aa) Das Berufungsgericht hat anhand der im Arbeitsvertrag vom 30. November 2007 vorgesehenen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und des im Jahr 2012 geltenden Bau-Mindestlohns (Ost) von 10 €/Stunde, die auch vereinbart waren, ein monatliches Einkommen aus der Tätigkeit als Dachdeckerhelfer von mindestens 1.733,33 € brutto errechnet. Eine solche Bestimmung des Einkommens käme aber nur dann in Betracht, wenn der Kläger typischerweise gleichbleibende monatliche Einkünfte erzielt hätte, wie es bei abhängig Beschäftigten häufig der Fall sein mag (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 c und 5 [juris Rn. 16 f.]). Die Revision weist indes zu Recht darauf hin, dass sich aus der Berechnung des Berufungsgerichts ein Jahreseinkommen ergibt, das erheblich diejenigen, ihrerseits schwankenden Einkünfte übersteigt, die der Kläger in den Vorjahren nach eigenem Vorbringen hatte. Für die Lebensstellung des Versicherten in seinem bisher ausgeübten Beruf ist jedoch entscheidend, was ihm tatsächlich regelmäßig monatlich an Einnahmen zur Verfügung stand (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 17). Ein fiktives Einkommen kann seine Lebensstellung nicht geprägt haben.
24
Die danach notwendigen Feststellungen zum tatsächlichen Einkommen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es bedarf stets einer auf den Einzelfall abgestellten Wertung, ob mit der neuen Tätigkeit ein spürbarer sozialer Abstieg verbunden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 23. November 2016 - IV ZR 502/15, r+s 2017, 202 Rn. 7; Senatsurteil vom 11. November 1987 - IVa ZR 240/86, VersR 1988, 234 unter 2 b [juris Rn. 16]). Insoweit verbietet sich eine schematische Betrachtung. Anhand dieses Maßstabs ist auch zu prüfen, ob eine zeitweilige Arbeitslosigkeit und eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Beruf die Lebensstellung des Klägers prägten.
25
bb) Als nicht tragfähig erweist sich damit auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, einkommensmindernde Arbeitszeitdefizite, die den Bedingungen des Arbeitsmarktes zuzurechnen seien, müssten für die Lebensstellung des Klägers von vornherein unberücksichtigt bleiben. Für die Lebensstellung des Versicherten ist maßgeblich, was er tatsächlich im zuletzt ausgeübten Beruf verdiente, und nicht, welches Einkommen in diesem Beruf theoretisch hätte erzielt werden können. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unterscheidet dies die Ermittlung des Einkommens im Ausgangsberuf von der Feststellung der Verdienstmöglichkeiten bei einer abstrakten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte nicht tatsächlich ausüben muss, und für die daher ohne Bedeutung ist, ob der Arbeitsmarkt ihre Ausübung durch den Versicherten in diesem Umfang zulässt (vgl. hierzu Senatsurteile vom 23. Januar 2008 - IV ZR 10/07, VersR 2008, 479 Rn. 19 m.w.N.; vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 b [juris Rn. 18]).
26
c) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht außerdem seiner Vergleichsbetrachtung ein auf den Zeitpunkt der Verweisung fortgeschriebenes Einkommen im Ausgangsberuf zugrunde gelegt und ist bei der Prüfung der Änderungsmitteilung im Schriftsatz vom 3. Mai 2013 von einem höheren Stundenlohn als dem bei Eintritt der Berufsunfähigkeit erzielten ausgegangen.
27
aa) Ob für den Vergleich zwischen bisherigem Beruf und Verweisungstätigkeit das bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erzielte Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf zugrunde zu legen oder dieses Einkommen auf den späteren Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, dass das früher erzielte Einkommen entsprechend der zu erwartenden Einkommenssteigerung auf den Vergleichszeitpunkt fiktiv fortgeschrieben werden muss (vgl. KG, Beschluss vom 10. Januar 2017 - 6 U 89/15, juris Rn. 24; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244 [juris Rn. 32]) oder dass dies jedenfalls dann geboten ist, wenn die Einkünfte aus dem Vergleichsberuf einen erheblich späteren Zeitpunkt betreffen (vgl. OLG Oldenburg VersR 2017, 606 [juris Rn. 22]; Prölss/Martin/Lücke, VVG 30. Aufl. § 172 Rn. 91; MünchKommVVG /Dörner, 2. Aufl. § 172 Rn. 162; BeckOK-VVG/Mangen, Stand: 1. Juli 2018 § 174 Rn. 17; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 67). Weitere Stimmen wollen das bisherige Einkommen fiktiv um die Preissteigerungsrate bis zum Vergleichszeitpunkt erhöhen (vgl. HK-VVG/Mertens, 3. Aufl. § 172 Rn. 70; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; OLG Düsseldorf VersR 2018, 1497, 1498 [juris Rn. 10]; offengelassen in Senatsurteil vom 7. Dezember 2016 - IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 23). Ein anderer Teil der Rechtsprechung vertritt dagegen die Auffassung, dass dem Vergleich allein das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde zu legen ist (vgl. OLG Celle VersR 2017, 870, 871 [juris Rn. 34]; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5. November 2014 - 7 U 172/13, juris Rn. 25 (für einen Selbständigen); OLG Köln VersR 1999, 1532, 1533 [juris Rn. 35]; früher auch KG VersR 1995, 1473, 1474).
28
bb) Die zuletzt genannte Auffassung trifft jedenfalls im Grundsatz zu. Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine andere berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich ist das vor Geltend- machung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen grundsätzlich nicht auf den Vergleichszeitpunkt fortzuschreiben.
29
(1) Ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer entnimmt der Ziffer I Nr. 2 Abs. 2.1 TB/BV, dass für die Verweisbarkeit auf eine andere Tätigkeit maßgeblich ist, ob sie seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Damit verdeutlicht bereits der Wortlaut, dass es allein auf die bisherige, d.h. bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erreichte Stellung ankommen kann. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes , der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 - IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 16; vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 aaO; vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO). Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteile vom 7. Dezember 2016 aaO Rn. 25; vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10); die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert dagegen nicht die künftige Verbesserung dieser Lebensumstände. Die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Ursprungsberuf nach Eintritt des Versicherungsfalles hat daher grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
30
Da grundsätzlich das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erzielte Einkommen zugrunde zu legen ist, kommt es entgegen der An- sicht des Berufungsgerichts für die Bestimmung der Lebensstellung auch nicht darauf an, ob im Ausgangsberuf über den Eintritt der Berufsunfähigkeit hinaus künftige Lohnanpassungen aufgrund eines für diese Branche geltenden Mindestlohntarifvertrages gesichert waren. Damit kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des Mindestlohntarifvertrages auf das frühere Arbeitsverhältnis des Klägers verfahrensfehlerfrei festgestellt hat.
31
(2) Der vorgenannte Grundsatz kann allerdings dann eine Ausnahme erfahren, wenn sonst aufgrund eines besonders langen Zeitraums zwischen dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und ihrer Nachprüfung eine objektive Vergleichbarkeit des Einkommens und der damit verbundenen Lebensstellung nicht mehr gewährleistet wäre (vgl. OLG Oldenburg VersR 2017, 606 [juris Rn. 22]; Prölss/Martin/Lücke, VVG 30. Aufl. § 172 Rn. 91; MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 172 Rn. 162; BeckOKVVG /Mangen, Stand: 1. Juli 2018 § 174 Rn. 17; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 67). Dann kann bei entsprechendem Parteivortrag eine Anpassung des Ausgangseinkommens an einen späteren Vergleichszeitpunkt anhand hinreichend sicherer künftiger Einkommensentwicklungen in Betracht kommen. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
32
d) Soweit das Berufungsgericht auch im Fall einer zunächst wirksamen Verweisung ein späteres Wiederaufleben der Berufsunfähigkeit aufgrund künftiger Entwicklungen für möglich hält, entspricht dies nicht den Regeln des Nachprüfungsverfahrens in § 12 B/BV. Mit einer Beseitigung der Selbstbindung des Beklagten im Wege des Nachprüfungsverfahrens wäre der gedehnte Versicherungsfall beendet (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2016 - IV ZR 527/15, r+s 2017, 320 Rn. 20 f.). Davon zu trennen ist die Frage, ob die spätere Beendigung einer Vergleichstä- tigkeit erneut eine Leistungspflicht des Versicherers zu begründen vermag , wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen unverändert außerstande ist, der "in gesunden Tagen" ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Damit kann ein neuer Versicherungsfall eintreten, falls der Versicherungsvertrag ausschließlich eine konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit zulässt (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2016 aaO Rn. 28). Der Kläger ist nach den hier zugrundeliegenden Bedingungen jedoch abstrakt auf eine Vergleichstätigkeit verweisbar.
33
e) Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger könne bei einer Vollzeittätigkeit als Kaufmann, auf die der Beklagte ihn abstrakt verwiesen hat, einen Stundenlohn von höchstens 8,24 € erzielen, wird von der Revision zu Recht als verfahrensfehlerhaft gerügt. Das Berufungsgericht hat diesen Stundenlohn mit der Begründung zugrunde gelegt , der Beklagte habe anderweitige, insbesondere hinsichtlich des Stundenlohns abweichende Bedingungen eines fiktiven Arbeitsverhältnisses nicht in einer für den Kläger erwiderungsfähigen Konkretheit dargelegt. Diese Feststellung steht jedoch im Widerspruch zum Vortrag des Beklagten auf Seite 3 bis 4 des Schriftsatzes vom 1. November 2016, dass der Kläger auf einer Vollzeitstelle als Kaufmann im Großhandel und Verkauf mindestens das Einkommen des jeweiligen Mindestlohns Lohngruppe 2 im Baugewerbe Ost für die jeweiligen Jahre hätte erzielen können. Damit hat der Beklagte einen höheren Stundenlohn konkret behauptet , denn er bezieht sich damit auf die Ausführungen des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2016. Dort hat es dargelegt, dass der Kläger in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Dachdeckerhelfer im Jahr 2007 einen dem seinerzeitigen Mindestlohn Ost der Lohngruppe 2 entsprechenden Stundenlohn in Höhe von 9,80 € verdient habe (Seite 5 des Protokolls).
34
III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. An einer eigenen Sachentscheidung ist der Senat bereits deswegen gehindert, weil neue Feststellungen zum Einkommen im Ausgangs- und im Verweisungsberuf zu treffen sind.
Mayen Prof. Dr. Karczewski Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 07.08.2013- 2 O 1540/12 -
OLG Jena, Entscheidung vom 21.12.2017- 4 U 699/13 -

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Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 17. Dezember 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.

2

§ 2 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen lautet auszugsweise:

"1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht."

3

Der Kläger wurde in der Zeit von 1987 bis 1991 zum Landmaschinenmechaniker ausgebildet. Von Juli 1994 bis Ende Dezember 2000 arbeitete er im Bereich Metallbau mit einem Schwerpunkt Hufbeschlag. Danach absolvierte er einen viereinhalb Monate dauernden, ganztägigen Lehrgang zum Hufbeschlagschmied und war von Juni 2003 bis März 2009 in diesem Beruf selbständig tätig. Vom 1. April 2009 bis 30. April 2015 war er in einer Biogasanlage zunächst als Anlagenwart, dann als Maschinenführer tätig. Seit dem 1. Mai 2015 ist er als Lagerist in einem anderen Unternehmen beschäftigt.

4

Der Kläger behauptet, sein im Jahr 2004 beginnendes Leiden - unter anderem chronische Lendenwirbel- und Schultergelenksbeschwerden - habe den Wechsel zur Tätigkeit in der Biogasanlage erforderlich gemacht. Er habe die Tätigkeit als Hufbeschlagschmied zunächst noch nebenberuflich weitergeführt, sei aber in diesem Beruf jedenfalls seit Juli 2012 zu mindestens 50% berufsunfähig.

5

Die Beklagte verweigert die Leistungen mit der Begründung, der Kläger könne auf die Tätigkeit als Maschinenführer verwiesen werden.

6

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der für die Frage der Berufsunfähigkeit heranzuziehende Beruf des Klägers der des Hufbeschlagschmieds gewesen ist und ob er diesen Beruf aus gesundheitlichen und nicht aus allein wirtschaftlichen Gründen gewechselt hat. Selbst wenn man unterstelle, dass er im Beruf des Hufbeschlagschmieds zu mindestens 50% berufsunfähig geworden sei, habe die Beklagte ihn jedenfalls in zulässiger Weise auf seine Tätigkeit als Maschinenführer verwiesen. Nach den Versicherungsbedingungen müsse es sich um eine Tätigkeit handeln, die ihm nach seiner Ausbildung und Berufserfahrung möglich sei und seiner Lebensstellung entspreche. Die erstere Voraussetzung sei aufgrund seiner Ausbildung als Landmaschinenmechaniker und einer früheren Tätigkeit als Maschinenführer im Garten- und Landschaftsbau unzweifelhaft erfüllt. Die Tätigkeit entspreche auch seiner bisherigen Lebensstellung, zu der die Verdienstmöglichkeiten, aber auch das Ansehen des Berufs in der Öffentlichkeit gehörten. Zwar habe der Kläger als selbständiger Hufbeschlagschmied im ländlichen Bereich möglicherweise ein etwas höheres Sozialprestige gehabt als ein angestellter Maschinenführer. Dies werde aber durch das höhere und überhaupt erst jetzt einigermaßen auskömmliche Einkommen des Klägers als Maschinenführer mehr als ausgeglichen. Von seinem früheren Einkommen als Hufbeschlagschmied sei ihm dagegen praktisch nichts zum Leben verblieben.

9

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht die Klage nicht abweisen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die zwischenzeitlich ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Maschinenführer seiner bisherigen Lebensstellung entsprach, ohne die Qualifikation des Klägers, die er für seinen nach der Unterstellung des Berufungsgerichts in gesunden Tagen zuletzt ausgeübten Beruf erworben hatte, mit der für die Tätigkeit als Maschinenführer erforderlichen zu vergleichen.

10

1. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach § 2 Abs. 1 der Bedingungen der Beklagten nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die bisherige Lebensstellung wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, NJW-RR 2003, 383 unter II 1 [juris Rn. 13]; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b [juris Rn. 29]). Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (aaO).

11

2. Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

12

a) Der Umstand, dass das Einkommen des Klägers als Hufbeschlagschmied nicht zur Deckung des Lebensunterhalts ausreichte und sein Berufswechsel zu einer erheblichen Einkommenssteigerung geführt hat, ändert nichts daran, dass die für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und die hierfür notwendige Erfahrung seine berufliche Qualifikation, die durch die neue Tätigkeit nicht deutlich unterschritten werden darf, bestimmen. Der Versicherte darf in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht "unterwertig", also seine frühere Qualifikation und seinen beruflichen oder sozialen Status unterschreitend, beschäftigt sein (Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 5. Aufl. § 172 Rn. 46).

13

b) Selbst wenn der Kläger - worauf sich die Revisionserwiderung beruft - seiner Darlegungslast insoweit noch nicht genügt hätte, führte dies nicht zur Abweisung der Klage. Denn er hatte mit Blick darauf, dass das Berufungsgericht nur eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit forderte, keinen Anlass davon auszugehen, er habe bislang nicht ausreichend zu den Vergleichsgrundlagen hinsichtlich des mit beiden Berufen verbundenen Anforderungsprofils vorgetragen. Einen der Sache nach gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO gebotenen Hinweis hat das Berufungsgericht nicht erteilt.

14

III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. An einer eigenen Sachentscheidung ist der Senat bereits deswegen gehindert, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Anforderungsprofilen für die Tätigkeit als Hufbeschlagschmied einerseits und als Maschinenführer andererseits getroffen hat. Hierzu - und gegebenenfalls zu den bisher vom Berufungsgericht offengelassenen Fragen zum zuletzt ausgeübten Beruf des Klägers, den Gründen für seinen Berufswechsel und der behaupteten Berufsunfähigkeit - wird das Berufungsgericht noch entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Mayen     

      

Dr. Karczewski     

      

Lehmann

      

Dr. Brockmöller     

      

Dr. Bußmann     

      

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

2

Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:

...

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.

...

(4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ..."

3

Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

4

Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein.

5

Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann.

6

Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei.

9

Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

10

II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.

11

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

12

2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

13

a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

14

Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus dem Jahre 1975, im Folgenden: § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 aaO). Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt.

15

b) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.).

16

Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO; Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO Rn. 11 a.E.).

17

c) Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

18

aa) Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO Rn. 13; vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3; vom 3. November 1999 aaO unter I 3 b). Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).

19

bb) Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.

20

cc) Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.

21

(1) Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (so auch OLG Nürnberg VersR 2012, 843, 845). Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

22

(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3; vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 b). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10).

23

(3) Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist (Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 91; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2006 - 5 U 605/05, juris Rn. 50), bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.

24

(4) Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 aaO; vom 22. Oktober 1997 aaO; so auch Lücke aaO Rn. 86, § 2 BU Rn. 49). Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine - hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

25

(5) Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz (dafür: OLG Nürnberg VersR 1992, 1387, 1388; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 118) ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar (so auch: OLG Karlsruhe VersR 2012, 841, 843; OLG München r+s 2003, 166, 167). Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 12 m.w.N.). Durch das Fehlen von (einzelnen) Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 10). Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe aaO; OLG München aaO). Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden (OLG Karlsruhe aaO). Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde (OLG München aaO).

26

Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.

27

3. Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

Mayen                           Felsch                           Harsdorf-Gebhardt

             Dr. Karczewski                   Dr. Götz

11
Eine 1. Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen der Beklagten (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 B-BUZ) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01 - NJW-RR 2003, 383 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.). Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06 - VersR 2008, 521 Tz. 3; Senatsurteile BGHZ 121, 284, 295; vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1 a m.w.N.). Wenn es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten geht, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO m.w.N.).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

2

Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:

...

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.

...

(4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ..."

3

Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

4

Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein.

5

Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann.

6

Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei.

9

Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

10

II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.

11

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

12

2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

13

a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

14

Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus dem Jahre 1975, im Folgenden: § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 aaO). Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt.

15

b) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.).

16

Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO; Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO Rn. 11 a.E.).

17

c) Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

18

aa) Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO Rn. 13; vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3; vom 3. November 1999 aaO unter I 3 b). Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).

19

bb) Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.

20

cc) Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.

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(1) Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (so auch OLG Nürnberg VersR 2012, 843, 845). Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

22

(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3; vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 b). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10).

23

(3) Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist (Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 91; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2006 - 5 U 605/05, juris Rn. 50), bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.

24

(4) Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 aaO; vom 22. Oktober 1997 aaO; so auch Lücke aaO Rn. 86, § 2 BU Rn. 49). Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine - hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

25

(5) Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz (dafür: OLG Nürnberg VersR 1992, 1387, 1388; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 118) ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar (so auch: OLG Karlsruhe VersR 2012, 841, 843; OLG München r+s 2003, 166, 167). Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 12 m.w.N.). Durch das Fehlen von (einzelnen) Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 10). Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe aaO; OLG München aaO). Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden (OLG Karlsruhe aaO). Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde (OLG München aaO).

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Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.

27

3. Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

Mayen                           Felsch                           Harsdorf-Gebhardt

             Dr. Karczewski                   Dr. Götz

7
1. Bei der Prüfung einer Verweisung des Klägers auf die inzwischen ausgeübte Tätigkeit wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Wechsel aus einer selbständigen in eine angestellte Tä- tigkeit allein die Verweisbarkeit noch nicht ausschließt, sondern es stets einer auf den Einzelfall abgestellten Wertung bedarf, ob mit der neuen Tätigkeit ein spürbarer sozialer Abstieg verbunden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1987 - IVa ZR 240/86, VersR 1988, 234 unter 2 b). Nicht der einzige, aber ein nicht zu vernachlässigender Bewertungsfaktor ist hierbei die Verdienstmöglichkeit (aaO). Außerdem wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Kläger auf die weiteren Tätigkeiten, die er seit seinem Unfall ausgeübt hat, verwiesen werden kann.
19
Die bb) Auffassung des Berufungsgerichts, Prof. Dr. B. habe für seine Beurteilung, der Kläger müsse nach zwei Stunden Arbeitszeit bestimmte nicht unerhebliche Pausenzeiten einhalten, lediglich die subjektiven Empfindungen des Klägers in sein Gutachten übernommen , ohne sie an Hand eines objektiven Befundes zu überprüfen, weshalb das Gutachten Dr. H. insoweit nicht erschüttert werde, erweist sich im Gesamtzusammenhang der Ausführungen in dem genannten Gutachten als nicht nachvollziehbar. Lediglich auf Seite 7 seines Gutachtens referiert der Sachverständige die Angaben des Klägers und eines anderen Gutachters, kommt in seinen darauf folgenden Ausführungen jedoch zu einer eingehenden, von den Angaben des Klägers unabhängigen Einschätzung seiner beruflichen Belastbarkeit aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung. Danach ist es aus Sicht dieses Sachverständigen notwendig, dem Kläger nach jeweils maximal zwei Stunden körperlich aktiver Arbeitszeit eine mindestens dreißigminütige Pause, wenn nötig auch eine Pause von einer Stunde Dauer zu ermöglichen, es sei denn, der Kläger kann über einen längeren Zeitraum in sitzender Position mit hoch gelagertem Bein arbeiten; sollte ihm letzteres jederzeit möglich sein, seien nicht mehr Pausen als üblich einzulegen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei rechtsfehlerfreier Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

2

Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:

...

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.

...

(4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ..."

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Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

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Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein.

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Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann.

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Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I. Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei.

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Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

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II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.

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1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

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2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

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a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

14

Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus dem Jahre 1975, im Folgenden: § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 aaO). Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt.

15

b) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.).

16

Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO; Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO Rn. 11 a.E.).

17

c) Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

18

aa) Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO Rn. 13; vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3; vom 3. November 1999 aaO unter I 3 b). Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).

19

bb) Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.

20

cc) Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.

21

(1) Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (so auch OLG Nürnberg VersR 2012, 843, 845). Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

22

(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3; vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 b). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10).

23

(3) Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist (Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 91; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2006 - 5 U 605/05, juris Rn. 50), bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.

24

(4) Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 aaO; vom 22. Oktober 1997 aaO; so auch Lücke aaO Rn. 86, § 2 BU Rn. 49). Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine - hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

25

(5) Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz (dafür: OLG Nürnberg VersR 1992, 1387, 1388; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 118) ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar (so auch: OLG Karlsruhe VersR 2012, 841, 843; OLG München r+s 2003, 166, 167). Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 12 m.w.N.). Durch das Fehlen von (einzelnen) Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 10). Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe aaO; OLG München aaO). Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden (OLG Karlsruhe aaO). Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde (OLG München aaO).

26

Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.

27

3. Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

Mayen                           Felsch                           Harsdorf-Gebhardt

             Dr. Karczewski                   Dr. Götz

11
Eine 1. Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen der Beklagten (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 B-BUZ) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01 - NJW-RR 2003, 383 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.). Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06 - VersR 2008, 521 Tz. 3; Senatsurteile BGHZ 121, 284, 295; vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1 a m.w.N.). Wenn es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten geht, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO m.w.N.).
3
Diese Ansicht verkennt Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens nach §§ 9, 10 BUZVB, die inhaltlich § 7 BUZ entsprechen. Bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit geht es anders als in § 7 BUZVB, § 5 BUZ nicht darum, ob der Versicherer eine Leistungspflicht wegen eingetretener Berufsunfähigkeit anerkennt, sondern allein darum, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann. Diese vom Versicherer zu treffende Entscheidung macht den Vergleich zweier Zustände und ihrer Auswirkungen notwendig (BGHZ 137, 178, 181 f.). Maßgebend ist der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zugrunde liegt (oder zugrunde zu legen wäre, vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 1 a m.w.N.), mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1a m.w.N.; grundlegend BGHZ 121, 284, 295, 297 f.). Geht es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (vgl. Senatsurteile vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98 - VersR 2000, 171 unter II 2 c, III und vom 11. Dezember 1996 aaO unter II 3 c).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 5. November 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Rentenversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weiterhin die mit der Zusatzversicherung versprochenen Leistungen zu erbringen.

2

Dem Versicherungsvertrag liegen Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens drei Jahre außerstande sein wird, seinen Beruf auszuüben und er auch keine andere Tätigkeit ausübt, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; ... Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei auch Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, die der Versicherte aufgrund neu erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten ausübt.

...

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. ..."

3

Der Kläger ist HNO-Arzt und war seit Januar 2000, zunächst in einer Gemeinschaftspraxis und ab Dezember 2002 in einer Einzelpraxis, selbständig tätig. Ab dem Jahr 2000 kam es bei ihm zu einer kompletten Arthrose des rechten Schultergelenks und dadurch bedingt zu Einschränkungen seiner beruflichen Tätigkeit. Seit 2005 führte der Kläger bei seinen Patienten keine ambulanten chirurgischen Eingriffe in seiner Praxis und Operationen in einem Belegkrankenhaus mehr durch. Er stellte im Februar 2006 eine Assistenzärztin ein, die kleinere ambulante Eingriffe vornahm und weitere ärztliche Tätigkeiten ausübte, zu denen er selbst aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage war. Nachdem der Kläger im Jahre 2006 Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beantragt hatte, erkannte die Beklagte ihre Leistungspflicht ab April 2006 an und erbrachte ab Mai 2006 die vertraglich vereinbarten Leistungen.

4

Mit Schreiben vom 15. August 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seine Praxis in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) übergegangen und er seitdem bei dessen Trägerunternehmen angestellt sei. Außerdem war er zum ärztlichen Leiter des MVZ bestellt worden. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 15. April 2011 an, ihre Leistungen im Nachprüfungsverfahren zum 31. Mai 2011 einzustellen; bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liege nicht mehr vor, weil die vom Kläger seit August 2010 ausgeübte Tätigkeit seine bisherige Lebensstellung wahre.

5

Seine Klage auf Versicherungsleistungen hat der Kläger für den Zeitraum ab April 2013 zusätzlich darauf gestützt, dass seine Tätigkeit im MVZ unstreitig aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung zum 31. März 2013 geendet hat. Seit Mai 2013 ist der Kläger gegen ein monatliches Honorar als Praxisvertreter in einer Gemeinschaftspraxis in H.      tätig.

6

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihm - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - Rentenleistungen ab April 2013 bis längstens 30. November 2020 zuerkannt, die Beklagte zur Erstattung im Zeitraum von April 2013 bis November 2015 gezahlter Beiträge verurteilt und zudem festgestellt, dass der Kläger berufsunfähig im Sinne des Versicherungsvertrages sei und ab Dezember 2015 keine Beiträge zu zahlen habe. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

8

I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - angenommen, die konkrete Verweisungsmöglichkeit der Beklagten sei durch die Beendigung der Tätigkeit des Klägers im MVZ entfallen und es sei nunmehr nicht erneut Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers, dass neue gesundheitliche Beeinträchtigungen eingetreten seien, die eine Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 BB-BUZ begründeten. Denn aufgrund der Verweisung werde diese Tätigkeit nicht zu derjenigen in gesunden Tagen. Es sei vielmehr immer noch auf die Tätigkeit vor Eintreten der Beschränkungen abzustellen, die zum Anerkenntnis der Beklagten geführt hätten; an dieses Anerkenntnis sei die Beklagte weiterhin gebunden, weil das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens gerade keine gesundheitliche Veränderung zum Besseren gewesen sei. Allein entscheidend für die Frage der Leistungspflicht der Beklagten sei damit, ob der Kläger immer noch eine Tätigkeit ausübe, die seiner bisherigen Lebensstellung entspreche. Das sei für seine Tätigkeit als Praxisvertreter zu verneinen.

9

Die Tatsache, dass die Beklagte nach § 6 Abs. 1 BB-BUZ berechtigt sei, die Anspruchsvoraussetzungen jederzeit zu Lasten des Versicherten zu überprüfen, führe dazu, dass nach Treu und Glauben auch der Versicherte Nachprüfung verlangen könne, ob er immer noch eine andere Tätigkeit ausübe, die seiner bisherigen Lebensstellung entspreche. Ansonsten ginge das Risiko späterer nachteiliger Arbeitsplatzveränderungen ausschließlich zu Lasten des Versicherten. Selbst wenn der Kläger seine Tätigkeit beim MVZ aufgrund eines persönlichen Zerwürfnisses beendet habe, handele es sich dabei um ein übliches Arbeitsplatzrisiko, das sich bei Tätigkeiten im Angestelltenverhältnis jederzeit verwirklichen könne.

10

II. Das hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

11

1. Die Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht auch insoweit statthaft, als sich die Beklagte mit ihr gegen die getroffene Feststellung der Berufsunfähigkeit des Klägers wendet. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist diese Feststellung nicht von der Zulassung ausgenommen.

12

Ausweislich des Urteilstenors hat das Berufungsgericht die Revision für den Zeitraum ab April 2013 zugelassen und damit die Zulassung des Rechtsmittels auf den Gegenstand der Verurteilung der Beklagten beschränken wollen. Eine darüber hinausgehende Beschränkung der Zulassung lässt sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalten, ob bei einer konkreten Verweisungsmöglichkeit die Vergleichstätigkeit oder aber der "in gesunden Tagen" ausgeübte Beruf Anknüpfungspunkt für die Berufsunfähigkeit sei, wenn die Vergleichstätigkeit wieder beendet werde.

13

Mit ihrer Annahme, die zur Begründung der Zulassungsentscheidung aufgeworfene Frage lasse sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von der Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers beantworten, berücksichtigt die Revisionserwiderung die Voraussetzungen des Begriffs bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht ausreichend. Kann der Versicherte seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, steht bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BB-BUZ und damit der Eintritt des Versicherungsfalles noch nicht fest; es muss vielmehr hinzukommen, dass der Versicherte auch keine andere Tätigkeit ausübt, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. "Berufsunfähigkeit" in der von der Beklagten ihren Bedingungen zugrunde gelegten Definition ist demgemäß ein eigenständiger juristischer Begriff, der eine Kombination aus rechtlichen und medizinischen Aspekten enthält (vgl. Senatsurteile vom 27. September 1995 - IV ZR 319/94, VersR 1995, 1431 unter 2 a [juris Rn. 13]; vom 30. September 1992 - IV ZR 227/91, BGHZ 119, 263 unter II 1, 2 [juris Rn. 11 f.]; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. A Rn. 76, 79) und die Frage der Verweisbarkeit des Versicherten auf eine Vergleichstätigkeit einschließt.

14

2. Die Revision ist indessen unbegründet.

15

a) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht die Feststellungsklage zutreffend auch insoweit als zulässig behandelt, als der Kläger mit ihr seine Berufsunfähigkeit festgestellt wissen möchte.

16

Zwar ist es richtig, dass es sich bei der Frage bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit für sich genommen um kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. März 2014 - IV ZR 102/13, juris Rn. 15 m.w.N.) handelt. Klageanträge sind jedoch als Prozesserklärungen auszulegen. Für diese Auslegung, die der erkennende Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann, ist - ebenso wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen - nicht allein der Wortlaut der Erklärung maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 63/14, NJW-RR 2016, 759 Rn. 11; Urteile vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11; vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, VersR 2009, 121 Rn. 11 m.w.N.; st. Rspr.).

17

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs entsprach es dem Interesse des Klägers, die Feststellung seiner Befreiung von der Beitragspflicht für Haupt- und Zusatzversicherung zu erreichen. Hierbei ging er davon aus, dass das Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit - was zutrifft - eine notwendige rechtliche Vorfrage für diesen Anspruch ist. Auch sein Wille war erkennbar lediglich auf Feststellung der Beitragsbefreiung gerichtet. Dass er die Berufsunfähigkeit nur als Begründungselement des Anspruchs auf Beitragsbefreiung ansieht, macht bereits die Zusammenfassung beider Fragen in einem einheitlichen Klageantrag deutlich.

18

b) Zu Recht rügt die Revision hingegen die Annahme des Berufungsgerichts als unzutreffend, die Beklagte sei ungeachtet ihrer im Nachprüfungsverfahren erfolgten Änderungsmitteilung wieder an das im Rahmen der Erstfeststellung der Berufsunfähigkeit des Klägers erfolgte Anerkenntnis gebunden, weil die Leistungseinstellung nicht wegen einer Verbesserung des Gesundheitszustands des Klägers erfolgt sei.

19

aa) Durch die wirksame Änderungsmitteilung der Beklagten endeten vielmehr ihre Leistungspflicht im konkreten Versicherungsfall und die Bindung an ihr abgegebenes Anerkenntnis.

20

Der Versicherer kann im Wege des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 6 BB-BUZ von der durch sein Anerkenntnis geschaffenen Selbstbindung abrücken (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2011 - IV ZR 269/08, NJW 2011, 1736 Rn. 13) und seine bereits anerkannte Leistungspflicht wieder beseitigen (Senatsurteile vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98, VersR 1999, 958 unter II 1 a [juris Rn. 9]; vom 17. Februar 1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 unter III [juris Rn. 39]). Damit ist der gedehnte Versicherungsfall (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juni 2010 - IV ZR 226/07, BGHZ 186, 171 Rn. 21) beendet (so auch HK-VVG/Mertens, 3. Aufl. § 6 BB-BUZ Rn. 5).

21

bb) Aus der Beseitigung der Selbstbindung des Versicherers im Wege des Nachprüfungsverfahrens folgt, dass die frühere Leistungspflicht des Versicherers mit der Beendigung der Vergleichstätigkeit nicht wieder auflebt, der Versicherte vielmehr - will er wiederum Leistungen erhalten - einen neuen Leistungsantrag stellen muss (so auch Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. H Rn. 169). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass der Versicherte angesichts des jederzeitigen bedingungsgemäßen Nachprüfungsrechts des Versicherers im Falle einer konkreten Verweisung seinerseits Nachprüfung verlangen kann, ob er immer noch eine andere Tätigkeit ausübt, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Ein derartiges eigenes Nachprüfungsrecht des Versicherten findet im Wortlaut der Bedingungen keine Stütze; es ist auch unter Symmetriegesichtspunkten weder mit Blick auf das bei Vertragsschluss abgegebene Leistungsversprechen des Versicherers noch den Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung geboten. Ein eigenes Nachprüfungsrecht des Versicherten ist zudem auch nicht erforderlich. Ihm ist es unbenommen, jederzeit erneut Leistungen zu beantragen, während sich der Versicherer von seinem Leistungsanerkenntnis nur unter den erschwerten Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens lösen kann.

22

c) Gleichwohl bleibt die Revision ohne Erfolg. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nämlich, dass beim Kläger ab April 2013 die Voraussetzungen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BB-BUZ erneut vorliegen. Der versicherte Beruf des Klägers war auch zum Zeitpunkt dieses neuen Versicherungsfalles die Tätigkeit eines selbständigen HNO-Arztes, wie er ihn ausübte, bevor er aufgrund der Arthrose des rechten Schultergelenks seine ärztliche Tätigkeit einschränken musste und insbesondere keine Operationen mehr durchführte. Dass der Kläger diese Tätigkeit auch ab April 2013 gesundheitlich weiterhin nicht ausüben kann, hat die Beklagte nicht bestritten.

23

aa) Anders als die Revision meint, beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf einem unzutreffenden Verständnis des in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung versicherten Berufs. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Prüfung, ob bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist, grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, so wie sie "in gesunden Tagen" ausgestaltet war, d.h. solange die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht eingeschränkt war (Senatsurteile vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 11; vom 26. Februar 2003 - IV ZR 238/01, VersR 2003, 631 unter II 1 [juris Rn. 9]; vom 12. Januar 2000 - IV ZR 85/99, VersR 2000, 349 unter 2 a [juris Rn. 10]; vom 22. September 1993 - IV ZR 203/92, VersR 1993, 1470 unter 3 [juris Rn. 21]; vgl. nunmehr auch § 172 Abs. 2 VVG, der die frühere Rspr. umgesetzt hat, so Terno, r+s 2008, 361; Klenk in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 172 Rn. 8). Dies gilt für Versicherungsbedingungen wie den vorliegenden § 2 Abs. 1 BB-BUZ, nach denen der Versicherte außerstande sein muss, "seinen Beruf" auszuüben. Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es keiner Vereinbarung einer sogenannten Tätigkeitsklausel, um den versicherten Beruf in dieser Weise zu bestimmen. Eine solche hätte vielmehr die Funktion, ein im Versicherungsschein genanntes allgemeines Berufsbild anstelle der konkreten, in gesunden Tagen zuletzt ausgeübten Tätigkeit zum versicherten Beruf zu machen, so dass Berufsunfähigkeit erst dann einträte, wenn dem Versicherten das gesamte allgemeine Berufsbild verschlossen wäre (vgl. Gebert/Steinbeck in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 3. Aufl. § 9 Rn. 49; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 46 Rn. 59; OLG Köln, r + s 1995, 436, 437).

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bb) Die aufgrund der Arthrose des rechten Schultergelenks eingeschränkte ärztliche Tätigkeit, die der Kläger zunächst in seiner HNO-Praxis und anschließend als Angestellter im MVZ ausübte, wurde nicht zum versicherten Beruf des Klägers im Sinne von § 2 Abs. 1 BB-BUZ. War ein Berufswechsel vor Eintritt des Versicherungsfalles ausschließlich leidensbedingt, bleibt Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit der vor diesem Wechsel ausgeübte Beruf (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1994 - IV ZR 300/93, VersR 1995, 159 unter 3 b [juris Rn. 20]; Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 53; Höra in Terbille/Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 3. Aufl. § 26 Rn. 36; im Grundsatz ebenso, aber mit - insbesondere zeitlichen - Grenzen: Klenk in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 172 Rn. 8; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. F Rn. 79; vgl. auch Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. § 2 BUZ 2008 Rn. 49; MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 172 Rn. 68 f.; HK-VVG/Mertens, 3. Aufl. § 172 Rn. 22; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 46 Rn. 16 ff.; OLG Saarbrücken VersR 2014, 1114). Dies gilt auch dann, wenn der Versicherte nach dem erstmaligen Eintritt des Versicherungsfalles zunächst weiterhin eine leidensbedingt eingeschränkte Tätigkeit ausgeübt hat und nach Beendigung dieser Tätigkeit erneut Versicherungsansprüche geltend macht. Dies ergibt die Auslegung von § 2 Abs. 1 BB-BUZ.

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(1) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.).

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(2) Dabei wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Wortlaut der Klausel entnehmen, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eintritt, wenn er "infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls" zur Ausübung seines Berufs außerstande ist. Die leidensbedingte Einschränkung seiner beruflichen Fähigkeiten begründet danach gerade den Versicherungsfall, gegen den er sich mit der Berufsunfähigkeitsversicherung nach deren erkennbarem Zweck absichern will. Die Feststellung einer solchen Einschränkung bedarf jedoch eines Vergleichsmaßstabs, unter dem der Versicherungsnehmer nur seine berufliche Leistungsfähigkeit in gesunden Tagen verstehen kann. Der bedingungsgemäß festgelegte Grad von Berufsunfähigkeit, der erst einen Anspruch auf die zugesagten Leistungen gibt, orientiert sich nicht an einem fortlaufend absinkenden Leistungsniveau des Versicherten als Vergleichsmaßstab (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1993 - IV ZR 203/92, VersR 1993, 1470 unter 3 [juris Rn. 20]). Dies muss daher auch die Definition seines versicherten Berufes bestimmen. Andernfalls setzten zukünftige Versicherungsansprüche eine immer weiter fortschreitende Verschlechterung seines Gesundheitszustands voraus. Der Versicherungsnehmer kann aber § 2 Abs. 1 BB-BUZ nicht entnehmen, dass ein während der Versicherungsdauer verschlechterter gesundheitlicher Zustand dann, wenn er bereits einmal den Versicherungsfall ausgelöst hat, für die restliche Laufzeit der Versicherung zum neuen Normalzustand werden soll, an dem künftig der Eintritt bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit zu messen wäre. Bei einem anderen Klauselverständnis würde der versprochene und durch unverminderte Beiträge erworbene Versicherungsschutz während der Versicherungsdauer zunehmend entwertet (vgl. Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 46 Rn. 17; Höra in Terbille/Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 3. Aufl. § 26 Rn. 36).

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(3) Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist weder aus § 2 Abs. 1 BB-BUZ noch aus den Versicherungsbedingungen im Übrigen erkennbar, dass dieser Versicherungsschutz für seinen Beruf aus gesunden Tagen einer zeitlichen Grenze unterliegen könnte. Eine solche einschränkende Regelung fehlt in den Klauseln. Der Versicherungsnehmer kann daher bei verständiger Würdigung den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen, ab wann eine gesundheitlich verminderte Leistungsfähigkeit und eine daran angepasste Berufstätigkeit im Weiteren zum versicherten Normalzustand werden könnte, weshalb zeitliche Grenzen nicht konstruiert werden können (entgegen Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. F Rn. 79 (drei Jahre); Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. § 2 BUZ 2008 Rn. 49 (fünf Jahre)).

28

cc) Es steht der Annahme bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht entgegen, dass der Kläger nach Beendigung des ersten Versicherungsfalles und vor dem erneuten Leistungsantrag eine inzwischen beendete Tätigkeit im MVZ ausgeübt hat, auf die ihn die Beklagte wirksam verwiesen hat. Bei Vereinbarung einer konkreten Verweisungsmöglichkeit begründet die Beendigung der Vergleichstätigkeit erneut eine Leistungspflicht des Versicherers, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen unverändert außerstande ist, der "in gesunden Tagen" ausgeübten Tätigkeit nachzugehen.

29

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnimmt dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 BB-BUZ, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eintritt, wenn er zur Ausübung seines Berufs außerstande ist und auch keine andere Tätigkeit "ausübt", die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Damit verdeutlicht ihm der Versicherer, dass eine Verweisung auf Tätigkeiten, die er zwar ausüben könnte, aber nicht ausübt, ausgeschlossen sein soll. Indem nur auf die tatsächliche Ausübung einer anderen Tätigkeit abgestellt wird, soll der Versicherungsnehmer zugleich der Beweispflicht dafür enthoben werden, aus gesundheitlichen Gründen keine Vergleichstätigkeit ausüben zu können. Während bei Vereinbarung einer abstrakten Verweisungsmöglichkeit Berufsunfähigkeit nur dann eintritt, wenn der Versicherte zur Ausübung eines Vergleichsberufs aus ausschließlich gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 232/03, VersR 2007, 631 Rn. 12), sind solche erhöhten Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles aus dem Wortlaut der vorliegenden Klausel nicht ersichtlich. Für den Versicherungsnehmer ist nicht erkennbar, dass - bei unverändertem Gesundheitszustand - die zeitweilige Ausübung einer Vergleichstätigkeit auch über deren Beendigung hinaus für die Zukunft zum Verlust des Versicherungsschutzes in seinem versicherten Beruf führt. Es trifft daher nicht zu, dass sich bei Beendigung einer konkreten Verweisungstätigkeit aus anderen als gesundheitlichen Gründen das versicherte Risiko nicht realisiert habe (entgegen Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 46 Rn. 142; MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 172 Rn. 178). Auf die Gründe des Klägers für die Beendigung seiner zwischenzeitlich ausgeübten Vergleichstätigkeit kommt es somit nicht an.

30

dd) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kläger - ausgehend von seinem Ausgangsberuf - nicht auf seine seit Mai 2013 ausgeübte Tätigkeit als Praxisvertreter verweisen kann. Die Feststellung des Berufungsgerichts, diese Tätigkeit sei mit seiner Tätigkeit als niedergelassener HNO-Arzt hinsichtlich der bisherigen Lebensstellung nicht vergleichbar, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei kommt es - anders als die Revision meint - nicht allein auf einen Einkommensverlust und die Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen, sondern auch auf die Wahrung des sozialen Status des Versicherten an. Insoweit ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden dass das Berufungsgericht davon ausgeht, einer Tätigkeit als Praxisvertreter komme nicht die gleiche soziale Wertschätzung wie jener eines niedergelassenen Facharztes mit eigener Praxis zu.

Mayen        

       

Felsch        

       

Harsdorf-Gebhardt

       

Lehmann        

       

Dr. Bußmann