vorgehend
Landgericht Köln, 18 O 79/04, 05.08.2004
Oberlandesgericht Köln, 20 U 133/04, 20.05.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 143/05
Verkündet am:
9. März 2006
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Sachverständigenhaftung des Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer
im Zwangsversteigerungsverfahren.
BGH, Urteil vom 9. März 2006 - III ZR 143/05 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Mai 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Das Amtsgericht Köln beauftragte in einem Zwangsversteigerungsverfahren , betreffend das mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebaute Grundstück Köln, H. 16, den Beklagten, einen von der Industrie- und Handelskammer zu Köln öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken, mit der Verkehrswertfeststellung. Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 5. September 2002 zu einem Verkehrswert von 655.000 €; in dieser Höhe wurde der Wert vom Gericht festgesetzt.
2
Im Versteigerungstermin vom 16. Mai 2003 blieben die Kläger Meistbietende. Ihnen wurde das Grundstück - zu je ½ Anteil - für den zu zahlenden Betrag von 555.000 € zugeschlagen.
3
Die Kläger werfen dem Beklagten vor, ihm seien bei der Wertermittlung Fehler unterlaufen, indem er grob fahrlässig übersehen habe, dass das Grundstück nur über sechs (statt acht) Stellplätze verfüge und dass ein Teil des Grundstücks mit einem Nachbarhaus überbaut sei. Sie machen geltend, bei Offenlegung dieser Gegebenheiten hätten sie das Objekt zu einem geringeren Betrag ersteigern können. Sie nehmen den Beklagten auf Ersatz des Differenzbetrages , den sie zuletzt auf 8.473,32 € beziffert haben, nebst Zinsen in Anspruch. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
1. Zutreffend haben beide Vorinstanzen als Grundlage für den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch die Vorschrift des § 839a BGB in Betracht gezogen. Durch Art. 2 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) ist mit § 839a BGB eine eigenständige, systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Anspruchsgrundlage für die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen geschaffen worden (in Kraft seit dem 1. August 2002), die in ihrem Anwendungsbereich dessen bisherige allgemeine Deliktshaftung ersetzt (s. wegen deren Einzelheiten Staudinger/Wurm BGB Westlaw.de-Aktualisierung 2005, WLDE 2005 - 2000926, § 839a Rn. 3-5). Aufgrund dieser Neuregelung ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. § 839a BGB erfordert somit einen zweiaktigen Geschehensablauf , nämlich ein unrichtiges Gutachten, das Eingang in eine unrichtige gerichtliche Entscheidung gefunden hat, die ihrerseits den Schaden herbeiführt (Wagner/Thole VersR 2004, 275, 278; Staudinger/Wurm aaO Rn. 7).
6
2. Mit Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die Kläger als Meistbietende hier "Verfahrensbeteiligte" im Sinne des § 839a BGB gewesen sind (vgl. in diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/03 = VersR 2003, 1049, 1050). Zwar zählten sie nicht zu den nach § 9 ZVG am Verfahren förmlich Beteiligten; indessen ist es zulässig und geboten, den Beteiligtenbegriff im Sinne des § 839a BGB über eine formalisierte, streng prozessrechtliche Betrachtung hinaus zu erweitern (Staudinger/Wurm aaO Rn. 24).
7
a) Für das hier in Rede stehende Verfahren der Zwangsversteigerung kann insoweit auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die von der Rechtsprechung zu der Frage entwickelt worden sind, wie im Rahmen der bei der gerichtlichen Wertfestsetzung wahrzunehmenden Amtspflichten der Kreis der geschützten "Dritten" im Sinne der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu bestimmen ist. Insoweit hat der Senat insbesondere bereits entschieden, dass diese Amtspflichten zugunsten des Ersteigerers drittgerichtet sein können. Es mag zwar zutreffen, dass die gerichtliche Wertermittlung und -festsetzung in erster Linie einer Verschleuderung des Grundbesitzes entgegenwirken und die Einhaltung der Untergrenze von 7/10 des Grundstückswerts gewährleisten soll.
Dies schließt es jedoch nicht aus, dass auch die Interessen des Ersteigerers geschützt werden, und zwar nicht nur im Wege eines bloßen Reflexes, sondern durch Einbeziehung in die insoweit bestehenden drittgerichteten Amtspflichten. Der Ersteigerer darf, selbst wenn ihm keine Mängelgewährleistungsansprüche zustehen, in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass das Gericht bei der Festsetzung des Grundstückswerts, die die Grundlage für die Höhe des Gebots bildet, mit der erforderlichen Sorgfalt verfahren ist (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 = VersR 2003, 1535, 1536 m.w.N.).
8
b) Diese Grundsätze hat der Senat auf die Haftung des vom Gericht mit der Wertermittlung beauftragten Gutachterausschusses übertragen, die sich - anders als hier, wo es um die Haftung eines privaten Grundstückssachverständigen geht - nicht nach § 839a BGB, sondern nach Amtshaftungsgrundsätzen richtet. Der Senat hat dazu entschieden, dass in dem gleichen Umfang wie die vom Gericht selbst bei der Wertfestsetzung wahrzunehmenden Amtspflichten auch diejenigen des mit der Wertermittlung beauftragten Gutachterausschusses drittgerichtet sind (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 aaO). Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken dagegen, die Gesichtspunkte, die für die Einbeziehung des Ersteigerers in den Kreis der amtshaftungsrechtlich geschützten Dritten maßgeblich sind, für die hier zu beurteilende Frage heranzuziehen , ob der Ersteigerer Verfahrensbeteiligter im Sinne der Sachverständigenhaftung nach § 839a BGB ist (a.A. Wagner/Thole aaO S. 277 f). Insbesondere begründet die hier in Rede stehende Wertermittlung durch einen privaten Sachverständigen in gleicher Weise ein schutzwürdiges Vertrauen des Ersteigerers zumindest dahin, dass bei der Ermittlung ihrer Grundlagen sachgemäß und korrekt verfahren ist.
9
3. Als schadensstiftende gerichtliche Entscheidung, die auf dem Gutachten beruht, kommt hier der Zuschlagsbeschluss in Betracht, durch den die Kläger nicht nur das Eigentum an dem Grundstück erworben haben (§ 90 ZVG), sondern im Gegenzug mit der Verpflichtung zur Zahlung des Betrages von 555.000 € belastet worden sind.
10
a) Vollzieht sich die gerichtliche Entscheidungsfindung über mehrere Stufen , von denen die jeweils folgende auf der vorangegangenen aufbaut, so kann haftungsbegründende Entscheidung nicht nur diejenige auf der Stufe sein, auf der das Sachverständigengutachten eingeholt worden ist, sondern auch die folgende Endentscheidung. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung auf der vorangegangenen Stufe einer selbständigen Anfechtbarkeit mit Rechtsmitteln unterlegen hatte (Staudinger/Wurm aaO Rn. 17). Dies bedeutet, dass die Wirkung des Gutachtens sich nicht nur in der Wertfestsetzung erschöpfte, sondern über diese hinaus den weiteren Gang des Verfahrens bis zur Erteilung des Zuschlages beeinflusste.
11
b) Das Berufungsgericht meint, der Unterschied zum klassischen Fall des § 839a BGB - aufgrund eines falschen Gutachtens ergehe ein falsches Urteil , durch das ein (Vermögens-)Schaden entstehe - liege bei der hier zu beurteilenden Konstellation darin, dass das Wertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren nicht Grundlage einer staatlichen Zwangsentscheidung sei, sondern der Betroffene aufgrund des Gutachtens eine eigene wirtschaftliche Entscheidung treffe, die sich als falsch herausstelle. Insoweit entspreche die Interessenlage dem Fall, dass die Parteien sich auf der Basis eines - unrichtigen - Gutachtens verglichen, etwa über die Höhe von Nachbesserungskosten. Für diesen Fall habe der Gesetzgeber die Haftung aber gerade ausgeschlossen, und zwar mit der Begründung, dass hier "der Nachweis, dass dieses Gutachten auf die Motivation der Parteien eingewirkt habe, auch nur schwer zu erbringen" wäre.
12
c) Diese Betrachtungsweise vermag der Senat nicht zu teilen. Es ist zwar richtig, dass nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/7752 S. 28) von der Ersatzpflicht Fälle anderweitiger Erledigung ausgeschlossen sind, namentlich, dass sich die Parteien unter dem Eindruck des unrichtigen Gutachtens vergleichen. Im Schrifttum wird erwogen, diesen Grundsatz auch auf sonstige Fälle der nichtstreitigen Erledigung des Verfahrens, etwa Klage- oder Rechtsmittelrücknahme , Anerkenntnis, Verzicht, Flucht in die Säumnis, zu übertragen (Staudinger/Wurm Rn. 19-21). Die Gemeinsamkeit dieser Fallgestaltungen liegt jedoch darin, dass die betroffenen Parteien von ihrem bisherigen Rechtsschutzbegehren Abstand nehmen und auf eine streitige Gerichtsentscheidung verzichten. Im vorliegenden Fall ist es demgegenüber so, dass die Bieter auf der Grundlage des Gutachtens ihr Ziel, das Grundstück zu ersteigern, im Wettbewerb miteinander weiterverfolgen. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, den Zuschlag auch gegenüber dem Meistbietenden, nicht anders als gegenüber dem Gläubiger oder dem Schuldner, als die gerichtliche Streitentscheidung zu betrachten.
13
4. Zu dem ersatzfähigen Schaden gehört jeder durch das unrichtige Gutachten und die darauf beruhende gerichtliche Entscheidung adäquat verursachte und in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallende Vermögensschaden (Staudinger/Wurm Rn. 25). Der zu leistende Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Sachverständigen eingetreten wäre, d.h. hier: wenn der Grundstückswert korrekt ermittelt worden wäre. Dies bedeutet, dass der Geschädigte - entgegen einer missverständlichen Formulierung im Senatsurteil vom 6. Februar 2003 (aaO) - nicht lediglich einen Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als hätte er das Objekt nicht ersteigert. Dies ist zwar eine denkbare, aber nicht die einzige Möglichkeit der Schadensberechnung. Vielmehr bleibt es dem Geschädigten vom Ansatz her unbenommen, geltend zu machen, dass er bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können. Den Differenzbetrag kann er als Schadensersatz beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn das zum Zuge gekommene Meistgebot - wie hier - unter dem Verkehrswert liegt. Der Umstand, dass der Geschädigte möglicherweise eine objektiv adäquate Gegenleistung erhalten hat, schließt es nicht aus, dass er bei korrekter Wertfestsetzung mit einem noch geringeren Gebot hätte zum Zuge kommen können und die Mehraufwendungen damit erspart hätte.
14
5. Das Berufungsurteil kann daher mit der ihm gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob die vom Beklagten vorgenommene Wertermittlung überhaupt objektiv unrichtig gewesen ist und ob dem Beklagten gegebenenfalls grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Erforderlichenfalls sind weitere Feststellungen dazu zu treffen, ob die Kläger das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot ersteigert hätten. Die insoweit im Rahmen des § 287 ZPO an die Darlegungs- und Beweislast der Kläger zu stellenden Anforderungen müssen um so strenger sein, je geringer die Differenz zwischen den vom Sachverständigen ermittelten und dem von den Klägern für zutreffend gehaltenen Verkehrswert ist und je deutlicher das zum Zuge gekommene Meistgebot unter diesen Werten liegt. Lag - wie im Streitfall - das Meistgebot 100.000 € unter dem festgesetzten Verkehrswert von 655.000 € und Lag weiter - so die Behauptung der Kläger - der wirkliche Verkehrswert weniger als 2 v.H. unter dem vom Beklagten ermittelten Wert, ist es unwahrscheinlich, dass sich diese geringe Abweichung überhaupt auf die Höhe der Gebote ausgewirkt hat. Aber auch insoweit darf der tatrichterlichen Würdigung nicht vorgegriffen werden.
Schlick Wurm Kapsa
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 05.08.2004 - 18 O 79/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.05.2005 - 20 U 133/04 -

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


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Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 90


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Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 9


In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner: 1. diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;2. diejenigen, welche e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839a Haftung des gerichtlichen Sachverständigen


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(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.

(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.

(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.

(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.

(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.

(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.

(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.

(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.

(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 44/02
Verkündet am:
6. Februar 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Amtspflichten, die der im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens
vom Gericht mit der Wertermittlung beauftragte Gutachterausschuß
wahrzunehmen hat, können zugunsten des Ersteigerers drittgerichtet sein.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ersteigerte im Jahre 1998 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein bebautes Grundstück für 245.000 DM. Auf Ersuchen des Zwangsversteigerungsgerichts hatte der Gutachterausschuß, eine Behörde des beklagten Landes, den Verkehrswert des Grundstücks mit 280.000 DM ermittelt; in dieser Höhe hatte das Gericht den Wert festgesetzt. Das Grundstück war mit einem 1993 errichteten Wohnhaus und zwei älteren Stallgebäuden bebaut. Nachdem der Kläger das Grundstück in Besitz genommen hatte,
stellte sich heraus, daß das Wohnhaus und eines der Stallgebäude, das teilweise zu Wohnzwecken umgebaut worden war, nicht den Bauvorlagen und den erteilten Baugenehmigungen entsprochen hatten. Außerdem lagerte auf dem Grundstück Bauschutt, der möglicherweise von einem früheren dritten Stallgebäude stammte. Das Wohnhaus ist im Jahre 1999 abgebrannt.
Der Kläger hat vorgetragen, da es sich bei dem Wohnhaus und dem ausgebauten Stallgebäude um Schwarzbauten gehandelt habe, seien ein Wiederaufbau und die Möglichkeit einer Vermietung nicht gewährleistet. Außerdem erfordere die Beseitigung des alten Bauschutts erhebliche Aufwendungen. Der Kläger lastet dem Gutachterausschuß an, infolge oberflächlicher Arbeitsweise, insbesondere der Unterlassung einer Ortsbesichtigung und der unzureichenden Auswertung der Bauakten, die Eigenschaft der tatsächlich bestehenden Bauten als Schwarzbauten - insoweit behauptet der Kläger sogar Vorsatz, zumindest Leichtfertigkeit - und das Vorhandensein der Müllablagerungen nicht erkannt und bei der Begutachtung nicht berücksichtigt zu haben. Er nimmt daher das beklagte Land aus Amtspflichtverletzung auf Ersatz der für die Beseitigung des Schutts erforderlichen Aufwendungen und der entgangenen Mieteinnahmen in Höhe von insgesamt 33.680 DM nebst Zinsen in Anspruch und begehrt ferner die Feststellung, daß das beklagte Land verpflichtet sei, ihm jeglichen Schaden zu ersetzen, der aus der Abweichung des Grundrisses und des Zwischenbaus und der eingebauten Holzbalkendecke von der Baugenehmigung herrühre.
Das beklagte Land hat eine Pflichtverletzung des Gutachterausschusses bestritten. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungs- und Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Haftung des beklagten Landes für die vom Gutachterausschuß vorgenommene möglicherweise unrichtige Wertermittlung nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) beurteilt. Zwar werden gerichtliche (vom Gericht zugezogene ) Sachverständige, auch wenn sie öffentlich bestellt oder Beamte im staatsrechtlichen Sinne sind, durch ihre Aufgabe, Gehilfen des Richters bei der Urteilsfindung zu sein, nicht Beamte im haftungsrechtlichen Sinne; sie fallen demgemäß, wenn sie schuldhaft ein objektiv unrichtiges Gutachten erstatten, weder unter § 839 Abs. 2 noch unter § 839 Abs. 1 BGB (Staudinger/Wurm [2002] § 839a Rn. 1 m.w.N.). Dies schließt es indessen nicht aus, daß Amtsträger , zu deren gesetzlichem oder beruflichem Pflichtenkreis die Erstattung von gerichtlichen Sachverständigengutachten gehört (hier: § 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB), diese Aufgaben im Rahmen ihrer normalen Amtstätigkeit, d.h. unabhängig von der gerichtlichen Beauftragung, als Amtspflichten im Sinne des § 839 BGB wahrnehmen. Die Haftung für ein Gerichtsgutachten stellt sich in solchen Fällen nicht anders dar, als wenn der Gutachterausschuß von einer sonstigen Behörde mit der Wertermittlung beauftragt worden wäre (s. dazu insbesondere Senatsurteil BGHZ 146, 365).
2. Die Amtspflichten, die der als gerichtlicher Sachverständiger tätig gewordene Gutachterausschuß im Rahmen einer der Festsetzung des Grundstückswerts nach § 74a ZVG dienenden Wertermittlung wahrzunehmen hatte,
bestanden auch gegenüber dem Ersteigerer als einem geschützten "Dritten". Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts orientiert sich insbesondere an dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Juli 1989 (NJW 1990, 1486, 1487). Dort ist ausgeführt, die Wertfestsetzung solle nur die Interessen des Vollstreckungsschuldners und bestimmter nachrangiger Gläubiger, nicht aber kaufmännische Erfolge künftiger Ersteher schützen, um ihnen die Wahrscheinlichkeit höherer Gewinnerzielung zu eröffnen. Eine abweichende Betrachtungsweise würde den Risiken widersprechen, die derjenige, der in einer Zwangsversteigerung Gebote abgebe, gemeinhin zu übernehmen bereit sein müsse. Dieser müsse sich insbesondere auch darüber im klaren sein, daß es in der Zwangsversteigerung keine Gewährleistungsansprüche gebe (vgl. § 56 Satz 3 ZVG). Diese Gesetzeslage würde durch die großzügige Gewährung von Regreßansprüchen gewissermaßen in ihr Gegenteil verkehrt. Diese Argumentation vermag den Senat nicht zu überzeugen. Es mag zwar zutreffen, daß die gerichtliche Wertermittlung und -festsetzung in erster Linie einer Verschleuderung des Grundbesitzes entgegenwirken und die Einhaltung der Untergrenze von 7/10 des Grundstückswertes gewährleisten soll. Dies schließt es jedoch nicht aus, daß auch die Interessen des Ersteigerers geschützt werden, und zwar nicht nur im Wege eines bloßen Reflexes, sondern durch Einbeziehung in die insoweit bestehenden drittgerichteten Amtspflichten. Der Ersteher darf, selbst wenn ihm keine Mängelgewährleistungsansprüche zustehen, in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, daß das Gericht bei der Festsetzung des Grundstückswerts, die die Grundlage für die Höhe des Gebots bildet, mit der erforderlichen Sorgfalt verfahren ist. Dementsprechend werden in den Schutzbereich der bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bestehenden Amtspflichten neben den nach § 9 ZVG am Verfahren förmlich Beteiligten auch die Bieter und insbesondere der Meistbietende einbezogen (Senatsbeschluß
vom 26. Juli 2001 - III ZR 243/00 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Dritter 81 m.zahlr.w.N.). In diesem Sinne hat der Senat insbesondere anerkannt, daß die Amtspflicht des Versteigerungsgerichts zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Zwangsversteigerungsverfahren auch den Meistbietenden schützt; dieser ist mithin "Dritter" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senatsurteil vom 13. September 2001 - III ZR 228/00 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Dritter 82). Allerdings hat der "Dritte" nicht ohne weiteres auch Anspruch auf Ausgleich aller ihm durch die Amtspflichtverletzung zugefügten Nachteile. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. In diesem Sinn hat der Senat den entgangenen Gewinn des Meistbietenden aus dem Schutzbereich der Amtspflichten des Versteigerungsgerichts ausgeklammert, wenn der Zuschlagsbeschluß wegen eines Zustellungsfehlers wieder aufgehoben wird (Senatsurteil vom 13. September 2001 aaO, in Abkehr vom Senatsurteil vom 2. Oktober 1986 - III ZR 93/85 = VersR 1987, 256, 257 = WM 1987, 52, 53). Mit dem Verfahrensfehler, der Gegenstand jenes Senatsurteils gewesen war - keine ordnungsgemäße Ladung der Beteiligten und keine fehlerfreie Durchführung des Versteigerungstermins - , ist die hier in Rede stehende Wertermittlung indessen nicht vergleichbar. Diese begründet vielmehr ein schutzwürdiges Vertrauen des Ersteigerers zumindest dahin, daß bei der Ermittlung ihrer Grundlagen sachgemäß und korrekt verfahren worden ist. Dem steht auch die gesetzliche Regelung des § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG nicht entgegen, wonach der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden können. Diese Regelung sichert lediglich die Bestandskraft des Zuschlagsbeschlusses und besagt nichts über die haftungsrechtlichen Folgen einer unkorrekten Wertfestsetzung oder -ermittlung.

3. In dem gleichen Umfang wie die vom Gericht selbst bei der Wertfestsetzung wahrzunehmenden Amtspflichten sind auch diejenigen des mit der Wertermittlung beauftragten Gutachterausschusses drittgerichtet. Insoweit lassen sich die im Senatsurteil BGHZ 146, 365, 369 niedergelegten Grundsätze auf das hier in Rede stehende Verhältnis des Gutachterausschusses zum Gericht übertragen: Indem der vom Gericht eingeschaltete Gutachterausschuß auf der Grundlage arbeitsteiligen Zusammenwirkens sein überlegenes Fachwissen in die zu treffende Entscheidung einbringt, gewinnt seine Mitwirkung - ihm erkennbar - im Verhältnis zum Bürger eine über die innerbehördliche Beteiligung hinausgehende Qualität. Der Gutachterausschuß ist dann ebenso wie das nach außen tätig werdende Gericht gehalten, bei der Ausübung des Amtsgeschäfts auch die Interessen des betroffenen Bürgers zu wahren.
4. Unter Zugrundelegung des objektivierten Sorgfaltsmaßstabs, der im Amtshaftungsrecht gilt (vgl. wegen der Einzelheiten Staudinger/Wurm § 839 Rn. 203 ff m.w.N.), haftet das beklagte Land als Träger des Gutachterausschusses hier (schon) für einfache Fahrlässigkeit bei einer - etwaigen - fehlerhaften Wertermittlung.

a) Allerdings war nach bisheriger Rechtslage die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen unterschiedlich ausgestaltet, je nachdem ob er beeidigt worden oder unbeeidigt geblieben war: Der beeidigte Sachverständige haftete nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 154, 163 StGB für jeden Vermögensschaden bereits bei fahrlässiger Falschbegutachtung. Der unbeeidigte Sachverständige haftete - da § 410 ZPO kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (OLG Düsseldorf NJW 1986, 2891) - für Vermögensschäden erst bei vorsätzli-
cher Falschbegutachtung (§ 826 BGB; OLG Hamm NJW-RR 1998, 1686). Im übrigen traf ihn nur eine Haftung für die Verletzung absoluter Rechte (§ 823 Abs. 1 BGB), die von der Rechtsprechung auf die vorsätzliche und die grob fahrlässige Falschbegutachtung beschränkt wurde (BVerfGE 49, 304; OLG Schleswig NJW 1995, 791; BR-Drucks. 742/01 vom 28. September 2001, S. 65-67 [Amtl. Begründung für den neuen § 839a BGB]).

b) Durch Art. 2 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) ist mit § 839a BGB eine eigenständige, systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Anspruchsgrundlage für die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen geschaffen worden (in Kraft seit dem 1. August 2002). Danach ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Diese Neuregelung ist auf den Streitfall indessen noch nicht anwendbar; dieser beurteilt sich vielmehr nach bisherigem Recht (Art. 229 § 8 EGBGB in der Fassung des Art. 12 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften aaO).

c) Das Berufungsgericht hat - insoweit im Ergebnis, wenn auch von einem anderen Lösungsansatz her, in Einklang mit den bisherigen Grundsätzen der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen (s. oben a) - eine Haftung des Gutachterausschusses nach § 826 BGB geprüft. Die strengen Voraussetzungen , von denen eine Schadensersatzpflicht nach dieser Bestimmung abhängt, passen indessen nur für "normale" gerichtliche Sachverständige, die, obwohl sie öffentlich bestellt sind, dennoch Privatpersonen bleiben und ihre Gutachten
lediglich aufgrund der gerichtlichen Anforderung erstatten, zu deren Befolgung sie verpflichtet sind. Bei den hier in Rede stehenden Amtsträgern des Gutachterausschusses liegt es insoweit anders, als die Erstattung derartiger Gutachten zum Kreise ihrer normalen, ihnen schon kraft Gesetzes obliegenden Amtspflichten zählt (§ 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB). Insoweit besteht kein signifikanter Unterschied zu den Fällen, in denen der Gutachter von sonstigen Behörden , außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, mit der Erstellung eines Wertgutachtens beauftragt wird und in denen ebenfalls eine innere Rechtfertigung dafür fehlt, den Gutachterausschuß von der Einhaltung der normalen amtshaftungsrechtlichen Sorgfaltsstandards zu entlasten. Auch in dem dem Senatsurteil BGHZ 146, 365 zugrundeliegenden Fall, in dem es um Amtspflichten ging, die der im Rahmen eines sanierungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens nach §§ 144, 145 BauGB von der Genehmigungsbehörde intern mit der Wertermittlung beauftragte Gutachterausschuß wahrzunehmen hatte, hat der Senat eine mögliche Amtshaftung des Gutachterausschusses auch für einfache Fahrlässigkeit nicht in Frage gestellt. In gleicher Weise hat der Senat den Haftungsmaßstab bei der Amtshaftung für eine unrichtige Auskunft bestimmt , die ein Rentenversicherungsträger im familiengerichtlichen Verfahren zum Versorgungsausgleich erteilt (Senatsurteil BGHZ 137, 11).

d) Wie die Rechtslage nach dem neuen § 839a BGB zu beurteilen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung.
5. Da das Berufungsurteil - konsequent - keine Feststellungen zur Einhaltung des allgemeinen amtshaftungsrechtlichen Sorgfaltsmaßstabs getroffen hat, kann es keinen Bestand haben. Die Klageabweisung kann beim derzeitigen Sachstand auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten bleiben, daß
der Kläger die Entstehung eines Schadens nicht schlüssig dargelegt habe. Zwar weist das Berufungsgericht mit Recht darauf hin, daß der Kläger allenfalls einen Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als hätte er das Objekt nicht ersteigert. Das Berufungsgericht stellt ferner fest, der Kläger habe zu der sich danach ergebenden Vermögenslage trotz eines hierauf gerichteten Hinweises in der mündlichen Berufungsverhandlung keine Angaben gemacht. Im Ergebnis hat das Berufungsgericht die Frage, ob ein Schaden entstanden ist, jedoch offengelassen. Die Parteien haben im weiteren Verlauf des Verfahrens Gelegenheit , insoweit ergänzend vorzutragen.
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(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.

(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluß rechtskräftig aufgehoben wird.

(2) Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.

(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.

(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.