Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2012 - II ZR 185/10

bei uns veröffentlicht am24.07.2012
vorgehend
Landgericht Berlin, 95 O 10/09, 15.10.2009
Kammergericht, 14 U 188/09, 27.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 185/10
vom
24. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die
Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision des Klägers gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. August 2010 gemäß § 552a ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO).
2
I. Es besteht weder grundsätzlicher Klärungsbedarf noch gibt der Fall Anlass für eine Fortbildung des Rechts. Auch sonstige Zulassungsgründe liegen nicht vor.
3
Allgemein klärungsbedürftige Fragen stellen sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht. Außer Frage steht, dass der Inhalt eines Gesellschafterbeschlusses , bei dem es sich um ein mehrseitiges Rechtsgeschäft handelt (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 51; vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74, BGHZ 65, 93, 97), bestimmt sein muss. Ob dies der Fall ist, ist nicht allgemein klärungsfähig, sondern eine Frage des Einzelfalls und durch Auslegung des betreffenden Beschlusses festzustellen. Ebenso wenig besteht Klärungsbedarf wegen der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit es den Gesellschaftern einer Personengesellschaft möglich ist, ihre Entscheidungskompetenz über Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, durch einen Beschluss nach § 116 Abs. 2 HGB an die Geschäftsführung „zurückzugeben“. Ob für eine bestimmte Maßnahme ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist und ob und in welchem Umfang die Gesellschafter ihre Entscheidungskompetenz auf die Geschäftsführer „zurückübertragen“ können, beurteilt sich in erster Linie nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag, da § 116 Abs. 2 HGB dispositiv ist (Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 116 Rn. 9). Darum geht es im vorliegenden Fall aber auch nicht. Vielmehr stellt sich allenfalls die Frage, ob mit einem Beschluss der Gesellschafterversammlung dem Zustimmungserfordernis genügt ist, wenn bei Beschlussfassung das beabsichtigte Rechtsgeschäft, dem die Gesellschafterversammlung zustimmt, noch nicht in allen Einzelheiten feststeht, sondern die Geschäftsführung ermächtigt wird, ein Rechtsgeschäft abzuschließen und die Gesellschafterversammlung hierfür lediglich bestimmte Eckpunkte vorgibt.
4
Auch die Beantwortung dieser Frage hängt vom jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesellschaftsvertrags ab und ist keiner generalisierenden Betrachtungsweise zugänglich. Dementsprechend ist auch nicht ersicht- lich, dass die Frage in Literatur und Rechtsprechung kontrovers beurteilt wird. Unter Zustimmung, von der §§ 13 und 16 Abs. 1a des Gesellschaftsvertrags (GV) der Beklagten sprechen, ist grundsätzlich nicht nur die (nachträgliche) Genehmigung, sondern auch die (vorherige) Einwilligung zu verstehen. Dafür, dass das Rechtsgeschäft zum Zeitpunkt der vorherigen Zustimmung in allen Einzelheiten feststehen muss, ergeben sich aus § 13 Nr. 1 GV keine Anhaltspunkte. Um dem Zustimmungserfordernis Genüge zu tun, ist es in diesem Fall grundsätzlich ausreichend, dass der wesentliche Inhalt einer Maßnahme, hier des Vergleichs, zu der die Gesellschafterversammlung vorab ihre Einwilligung erteilt, feststeht, und sie die Geschäftsführung ermächtigt, diese Maßnahme durchzuführen.
5
II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
6
1. Soweit die Revision rügt, der Gesellschafterbeschluss sei unwirksam, weil die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Ladungsfrist auf zehn Tage nach § 15 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags nicht vorgelegen hätten, der Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst worden sei, die Gesellschafter unzutreffend und unvollständig informiert worden seien und die Beklagte mit ihrer Erklärung, für den Fall des Vergleichsabschlusses ihr Angebot auf Rückkauf von Fondsanteilen zu erneuern, ihre gesellschafterliche Treuepflicht verletzt habe, weil sie damit das Risiko des Vergleichsschlusses auf die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter verlagert habe, ist die Revision nicht zugelassen. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor. Es ist aber von einer beschränkten Zulassung auszugehen, wenn die Revision wegen einer (Rechts-)Frage zugelassen wird, die nur für die Entscheidung über einen selbständigen, abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - II ZR 256/09, juris Rn. 6; Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Bei den einzelnen Beschlussmängeln handelt es sich um selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, auf die der Revisionskläger selbst seine Revision hätte beschränken können (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4 zur AG; Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706 Rn. 17 zur GmbH). Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Fragen zugelassen, die nur für die gerügte mangelnde Bestimmtheit des Beschlusses und die geltend gemachte Unwirksamkeit der mit ihm erteilten Zustimmung, nicht jedoch für die sonstigen, vom Kläger behaupteten Beschlussmängel von Bedeutung sein können.
7
2. Soweit die Revision zugelassen ist, hat sie keinen Erfolg.
8
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beschlussinhalt hinreichend bestimmt ist. Zwar nehme der Beschluss auf „in der heutigen Gesellschafterversammlung vorgestellte Eckpunkte“ Bezug, ohne diese wiederzugeben. Die Auslegung ergebe aber, dass es sich hierbei um die zu TOP 3 vorgestellten und als Anlage 3 zur Niederschrift genommenen Eckpunkte der Kanzlei T. handele. Diese Ausführungen werden mit Recht von der Revision nicht angegriffen. Hiergegen ist auch nichts zu erinnern.
9
b) Die Revision meint, der Beschluss sei unwirksam, weil eine Zustimmung nur möglich und wirksam sei, wenn das Rechtsgeschäft konkret umschrieben sei und die Maßnahme feststehe. Gehe es um die Zustimmung zu einem Vertrag, müsse dieser bei Beschlussfassung über die Zustimmung - vorbehaltlich der Zustimmung der Gesellschafter - bindend abgeschlossen sein, weil ansonsten eine Verschiebung der Kompetenzen von der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung eintrete, die eine Änderung des Gesellschaftsvertrags voraussetzte.
10
Damit hat die Revision keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Revision kann dem Gesellschaftsvertrag nicht entnommen werden, dass die Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung zu dem Vergleich voraussetzt, dass dieser bereits geschlossen ist. Ebenso wenig muss der Wortlaut des Vergleichs bekannt sein. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, genügt es für die Wirksamkeit der Zustimmung, dass die Gesellschafter Kenntnis vom wesentlichen Inhalt des Vergleichs haben, dem sie zustimmen und zu dessen Abschluss sie die Geschäftsführung ermächtigen. Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Danach waren den Gesellschaftern nicht nur die Eckdaten des Vergleichs bekannt, zu dessen Abschluss die Geschäftsführung ermächtigt wurde, sondern dessen wesentliche Bestandteile wurden auch in dem Beschluss festgelegt. Eine unzulässige Verlagerung der Kompetenz der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung ist damit nicht verbunden.
11
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG herleiten. Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift auf eine Publikumspersonengesellschaft überhaupt anzuwenden ist. Dies lässt sich nicht allein damit begründen , dass nach § 17 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses durch Klage gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden muss, die innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat zu erheben ist. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Auch im unmittelbaren Anwendungsbereich ordnet die Vorschrift über die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts hinaus die Vorlage des Vertragstextes zur Einsichtnahme lediglich für Verträge an, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung rechtswirksam geschlossen werden können. Hingegen gelten die gesteigerten Informationspflichten nicht ohne weiteres auch für andere Verträge, die der Hauptversammlung zur Zustimmung unterbreitet werden (BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 124/99, BGHZ 146, 288, 295). Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall.
12
Hier war die Kenntnis des Vertragstextes nicht erforderlich, damit die Gesellschafterversammlung von ihrem Zustimmungsrecht in vernünftiger Weise Gebrauch machen konnte. Ob die in dem angegriffenen Beschluss erteilte Zustimmung ausreichend ist, was die Revision bezweifelt, hängt von der hier nicht zu beurteilenden Frage ab, ob der von der Geschäftsführung geschlossene Vergleich den Vorgaben des Beschlusses entspricht.
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 23. Oktober 2012 erledigt worden. Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.10.2009 - 95 O 10/09 -
KG, Entscheidung vom 27.08.2010 - 14 U 188/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Aktiengesetz - AktG | § 124 Bekanntmachung von Ergänzungsverlangen; Vorschläge zur Beschlussfassung


(1) Hat die Minderheit nach § 122 Abs. 2 verlangt, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden, so sind diese entweder bereits mit der Einberufung oder andernfalls unverzüglich nach Zugang des Verlangens bekannt zu machen. § 121 Abs. 4 gilt

Handelsgesetzbuch - HGB | § 116


(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. (2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gese

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt.

(2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich.

(3) Zur Bestellung eines Prokuristen bedarf es der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, es sei denn, daß Gefahr im Verzug ist. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung befugten Gesellschafter erfolgen.

6
a) Hinsichtlich der Hauptanträge und des auf Feststellung gerichteten Begehrens, dass die Beklagte vor Inanspruchnahme der Gesellschafter zuerst das Grundstück verwerten müsse, ist die Revision unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf das Begehren zugelassen, es solle festgestellt werden, dass der Kläger nur in Höhe der aus den Darlehensverträgen mit der Gesellschaft jeweils bestehenden Restschuld quotal hafte. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszugehen, wenn die Zulassung wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Die Frage des Umfangs der quotalen Haftung ist nur für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren, dass der Kläger nur quotal bezogen auf die jeweils bestehende Restschuld hafte, von Bedeutung, nicht aber für die sonstigen Anträge. Der Feststellungsantrag, dass der Kläger für die Darlehensverbindlichkeiten aus den genannten Verträgen nicht persönlich hafte, betrifft - ebenso wie der Zahlungsantrag, mit dem der Kläger als Schadensersatz Zahlung der Einlage und der geleisteten Nachschüsse, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, verlangt - nur die Frage, ob der Kläger überhaupt haftet, nicht jedoch die Frage, von welcher Bezugsgröße die quotale Haftung zu berechnen ist. Ebenso wenig ist für das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte zuerst das Grundstück verwerten müsse, die Frage der Berechnung der quotalen Haftung von Bedeutung.
4
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt zugelassen. Von einer Beschränkung der Zulassung in den Urteilsgründen ist auszugehen, wenn die Zulassung nur wegen bestimmter Rechtsfragen ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein können (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996 - VI ZR 116/95, ZIP 1996, 370, insoweit nicht in BGHZ 131, 385). Wenn die Zulassung nur wegen Rechtsfragen ausgesprochen wird, die einzelne Anfechtungsgründe betreffen , ist die Zulassung regelmäßig als beschränkt anzusehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 153/03 Verkündet am:
14. März 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne
Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer GmbH auszuschließen,
kann dann nicht als sittenwidrig angesehen werden, wenn als Grund für die
Ausschließung in der Satzung die ordentliche Beendigung eines Kooperationsvertrages
bestimmt ist, dem gegenüber die gesellschaftsrechtliche Bindung
von gänzlich untergeordneter Bedeutung ist, weil mit ihr keine Chancen
verbunden sind, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen.

b) Anfechtungsgründe gegenüber einem Gesellschafterbeschluß müssen, soll
die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht funktionslos werden, innerhalb
dieser Frist geltend gemacht werden, eine zeitlich unbegrenzte Einführung
solcher Gründe kommt nicht in Betracht (Klarstellung von BGHZ 152, 1,
6).
BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03 - OLG Frankfurt
LG Fulda
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. April 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Gegenstand der beklagten Gesellschaft ist die Errichtung, die Organisation und der Betrieb einer internationalen Kooperation nationaler Paketdienste. Gesellschafter sind die jeweils in ihren Ländern exklusiv als Partner des Systems tätigen "nationalen Partner". Zwischen der Beklagten und den nationalen Partnern bestehen Kooperationsverträge, die im einzelnen die gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen. Diese Verträge sind auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt zwölf Monate zum Monatsende; außerdem ist bestimmt, daß die Verträge aus wichtigem Grund jederzeit gekündigt werden können, wobei - in nicht abschließender Form - eine Reihe von Umständen aufgeführt sind, die als wichtiger Grund gelten sollen. In § 8 Abs. 2 lit. a der Satzung der Beklagten war ursprünglich vorgesehen, daß der Beklagten eine call-option zusteht, wenn ein Gesellschafter nicht mehr in
das von ihr organisierte Paketsystem als nationaler Partner eingegliedert ist. Die zwangsweise Einziehung eines Geschäftsanteils war nach § 9 aaO u.a. für den Fall der Kündigung der Gesellschaft seitens eines Gesellschafters oder bei einem Verstoß gegen das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot zugelassen. Im Dezember 1995 wurde eine Satzungsänderung beschlossen, die die genannte call-option aufhob und als neuen Einziehungsgrund den Fall aufführte , daß ein Gesellschafter nicht mehr nationaler Partner ist. Ob diese am 15. März 2002 in das Handelsregister eingetragene Satzungsänderung wirksam beschlossen worden ist, ist zwischen den Parteien umstritten.
Die Klägerin, eine Gesellschaft spanischen Rechts mit Sitz in S., die zu den Gründungsgesellschaftern der Beklagten gehörte und einen Geschäftsanteil von 4.440,00 € (= 4,278 % des Stammkapitals) hält, war die für Spanien zuständige Organisation. Mit Beschluß vom 20. März 2001 hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Geschäftsführer der Klägerin aus dem Beirat - er ist u.a. zuständig für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer der Beklagten - abberufen und beschlossen, der beabsichtigten Kündigung des mit der Klägerin geschlossenen Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 zuzustimmen und die Geschäftsführung anzuweisen, die Kündigung auszusprechen. Der Beschluß der Versammlung lautet:
"The Shareholder Meeting instructs the Management to terminate the Co-Operation Agreement with R. L. in accordance with the contractual notice period" Zeitgleich mit dieser Gesellschafterversammlung hat der dort neugewählte Beirat den bisherigen Geschäftsführer T. abberufen und an seiner Stelle Th. A. zum Geschäftsführer bestellt. Dieser sprach namens der Gesellschaft mit Schreiben vom 21. März 2001 gegenüber der Klägerin die Kündigung des Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 aus; diesem Schreiben, in wel-
chem Herr A. mitteilte, zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden zu sein, war ein die Abberufung des bisherigen und die Bestellung des neuen Geschäftsführers betreffender Auszug aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 beigefügt.
Den Beschluß der Gesellschafterversammlung und die Kündigung des Kooperationsvertrages hält die Klägerin für unwirksam, weil sie auf diese Weise gleichzeitig ihre Gesellschafterstellung - sei es auf dem Wege der Ausübung der call-option, sei es auf dem der Zwangseinziehung - verliere, ohne daß dafür ein sachlicher Grund bestehe. Mit ihrer am 4. Mai 2001 bei Gericht eingegangenen Anfechtungs- und Feststellungsklage hat sie auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 20. März 2001 und auf die Feststellung angetragen, daß die ausgesprochene Kündigung des Kooperationsvertrags unwirksam ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin - gestützt auf ein von ihr inzwischen eingeholtes Rechtsgutachten - ihr Begehren auch damit begründet, ihr sei in der Gesellschafterversammlung das rechtliche Gehör verweigert worden, weil man ihrem Geschäftsführer den Grund für die Kündigung des Vertrags nicht mitgeteilt habe; außerdem sei damit ihr Informationsrecht aus § 51 a GmbHG verletzt worden. Schließlich hat sie sich darauf berufen, daß Herr A. bei der Kündigung nicht alleinvertretungsberechtigtes Organ der Beklagten gewesen sei; sie bestreitet in diesem Zusammenhang , daß dem abberufenen Geschäftsführer T. die Entschließung der Gesellschafterversammlung vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden sei. Deswegen hat sie mit Schreiben vom 13. November 2002 die Kündigung auch wegen fehlender (Allein-)Vertretungsmacht des Herrn A. zurückgewiesen. Während des zweitinstanzlichen Verfahrens hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen, von der call-option Gebrauch zu machen bzw. den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen. Die Berufung der Klä-
gerin blieb erfolglos. Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts mit Recht bestätigt. Der angefochtene Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 und die zwecks seiner Umsetzung ausgesprochene ordentliche Kündigung des Kooperationsvertrages sind formell und materiell wirksam.
1. Das nach dem Kooperationsvertrag in das freie Ermessen beider Vertragsteile gestellte Recht, den Vertrag ordentlich zu kündigen, ist für die Beklagte nicht deswegen eingeschränkt, weil die Beendigung des Kooperationsvertrages der Beklagten die Möglichkeit eröffnet, die Gesellschafterstellung der Klägerin auf dem satzungsrechtlich vorgegebenen Weg zu beenden.

a) Auch die Klägerin verkennt nicht, daß der Kooperationsvertrag, der zwischen einer ordentlichen - erst zum Ablauf des zwölften Monats nach der Erklärung wirkenden - und einer aus wichtigem Grund jederzeit möglichen Kündigung unterscheidet und hinsichtlich des Rechts zu ordentlicher Kündigung beide Vertragsparteien gleich behandelt, keinen Anhaltspunkt für ihre Auffassung gibt, der Beklagten sei auch eine ordentliche Kündigung nur bei Vorhandensein eines wichtigen Grundes erlaubt.

b) Zu Unrecht meint die Klägerin, die Einschränkung des in dem Kooperationsvertrag vereinbarten freien, gerade nicht an besondere Gründe gebundenen ordentlichen Kündigungsrechts ergebe sich aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.
aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m.w.Nachw.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903 = WM 2004, 985; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum Münch.Komm.z.BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann allerdings eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt , Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217).
bb) Einem solchen gesellschaftsvertraglich begründeten "Hinauskündigungsrecht" ist die hier zu beurteilende Fallgestaltung - anders als die Klägerin meint - schon nicht unmittelbar vergleichbar. Nach der Satzung ist nicht einem einzelnen Gesellschafter die Entscheidung überlassen, über die Zustimmung zur Kündigung eines der zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehenden Kooperationsvertrages zu befinden, vielmehr beschließen hierüber die gleichzeitig als nationale Partner in das Paketsystem eingegliederten Gesellschafter. Allenfalls durch eine Übernahme einer größeren Zahl der nationalen Partner durch einen der Gesellschafter kann sich im Laufe der Zeit eine Situation ergeben, in der dieser, weil er nunmehr die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung besitzt, wie ein Gesellschafter mit gesellschaftsvertraglich begründeten Befugnissen einen anderen Gesellschafter auf
dem Zwischenschritt über die an keine sachliche Voraussetzung gebundene Beendigung des Kooperationsvertrages aus der Gesellschaft entfernen kann.
cc) Selbst wenn man mit der Klägerin diese faktisch gewonnene Entscheidungsmacht den genannten Fällen eines gesellschaftsvertraglich eingeräumten "Hinauskündigungsrechts" gleichstellen wollte, ist es nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn die Beklagte von den ihr in dem Kooperationsvertrag eingeräumten Befugnissen Gebrauch macht. Der Grundsatz, daß ein einzelner Gesellschafter einen Mitgesellschafter nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ausschließen darf, besteht nämlich nicht ausnahmslos. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlaß hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) sowie für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.). Auch für eine Praxisgemeinschaft von Ärzten hat der Senat ein - zeitlich begrenztes - Hinauskündigungsrecht anerkannt, wenn es allein dazu dient, die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter auf Dauer in ihrer für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen Weise harmonieren können (Sen.Urt. v. 8. März 2004 aaO).
dd) Ein solcher Ausnahmefall liegt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - auch hier vor. Die entscheidende Bedeutung für die Beziehungen der Gesellschafter bzw. nationalen Partner zu der Beklagten ergibt sich
aus dem Kooperationsvertrag. Er regelt im einzelnen die wechselseitigen Rechte und Pflichten und bestimmt vor allem den wirtschaftlichen Ertrag für den einzelnen Partner; zutreffend hat das Berufungsgericht der Klägerin entgegengehalten , daß nichts näher gelegen hätte, als das Recht zu ordentlicher Kündigung an strengere Voraussetzungen zu knüpfen, wenn wirklich die Absicht bestanden hätte, die Partner vor einer verhältnismäßig kurzfristigen Beendigung der Zusammenarbeit zu schützen.
Die Mitgliedschaft in der Beklagten, von der die Gesellschafter keine nennenswerten Gewinne beziehen, stellt sich gegenüber dem Kooperationsverhältnis als ein bloßer Annex dar; sie verschafft dem einzelnen Gesellschafter keine Chancen, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen. Die durch die Mitgliedschaft in der Beklagten eröffneten Mitwirkungsmöglichkeiten erschöpfen sich für die Gesellschafter in der Einflußnahme auf die Gestaltung des von der Beklagten betriebenen internationalen Paketnetzdienstes, indem sie in der Gesellschafterversammlung die von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresplanung billigen, über die Entlastung der Geschäftsführung entscheiden und die Geschäftsführer - über den von ihnen gewählten Beirat - bestellen, abberufen, sie in ihrer laufenden Arbeit kontrollieren sowie mit darüber befinden, mit welchen Unternehmen eine Kooperation begründet oder aufrechterhalten werden soll. Nur ein zugleich mit der Beklagten durch einen Kooperationsvertrag verbundener Gesellschafter kann diese Mitgliedschaftsrechte sinnvoll ausüben. Umgekehrt ist die Beklagte nach der gesamten Konstruktion des Vertragswerks aber darauf angewiesen, den an Stelle des ausgeschiedenen für das entsprechende Land neu gewonnenen Kooperationspartner in den Kreis der Gesellschafter aufzunehmen. Dem trägt die satzungsrechtliche Möglichkeit, den ehemaligen Partner auf dem Wege der call-option bzw. der Zwangseinziehung aus der Gesellschaft zu entfernen, Rechnung, indem auf
diesem Weg der Gleichlauf von bestehendem Kooperationsvertrag und Gesellschaftereigenschaft hergestellt werden kann.
2. Der angefochtene Gesellschafterbeschluß leidet auch nicht an weiteren Mängeln.

a) Da - wie ausgeführt - der Kooperationsvertrag auch ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes ordentlich gekündigt werden kann, bedarf der entsprechende Beschluß der Gesellschafterversammlung keiner Begründung. Ihren Standpunkt, daß sie keinen Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit sieht, hat die Klägerin vor der Beschlußfassung eingehend darlegen können. Darin, daß dem Geschäftsführer der Klägerin in der Gesellschafterversammlung die Gründe im einzelnen nicht dargelegt worden sind, warum die Gesellschaftermehrheit den Kooperationsvertrag mit ihr beenden will, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Verletzung ihres Informationsrechts (§ 51 a GmbHG), weil es sich hierbei um Angelegenheiten des einzelnen Gesellschafters und nicht - wie dies nach § 51 a GmbHG erforderlich ist - um solche der Gesellschaft handelt.

b) Abgesehen davon, daß danach Anfechtungsgründe nicht schlüssig vorgetragen sind, hat das Berufungsgericht mit Recht diese erst während des Berufungsverfahrens eingeführten Gründe als verfristet (§ 246 Abs. 1 AktG analog) angesehen. Es entspricht der gefestigten, vom Schrifttum ganz überwiegend zustimmend aufgenommenen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 246 Rdn. 26 m.eingehenden Nachw.) Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 141, 156 f.; 134, 364, 366; 137, 378, 386 m.w.Nachw.), daß die Anfechtungsgründe binnen der einen Monat betragenden Anfechtungsfrist geltend gemacht werden müssen. Aus der Entscheidung des Senats vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich
entgegen der Ansicht der Klägerin nicht, daß der Anfechtungskläger jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfe; vielmehr muß bei der Anfechtungsklage binnen der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung den einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt , aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, vorgetragen werden (vgl. Hüffer aaO § 246 Rdn. 26; Bork, NZG 2002, 1094 f.; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2003, 426 ff.; Scholz/K.Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 45 Rdn. 146; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 80).
3. Auch der Feststellungsantrag ist - wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat - unbegründet.

a) Auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Kündigung kann die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung, wie vorstehend ausgeführt, nicht stützen.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert - anders als die Klägerin meint - auch nicht an der etwa fehlenden organschaftlichen (Allein-)Vertretungsmacht des Geschäftsführers A., der das Kündigungsschreiben unterzeichnet hat. Die Klägerin meint zu Unrecht, der neu berufene Geschäftsführer A. habe bei der Kündigung ausschließlich als organschaftlicher Vertreter der Beklagten handeln können; vielmehr hat er - wie sich aus dem Beschlußprotokoll ergibt - die entsprechende Erklärung kraft einer ihm von der Gesellschafterversammlung eigens zwecks Umsetzung des Beschlusses erteilten Einzelvollmacht mit Wirkung für die Gesellschaft abgegeben. Auf die Frage, ob seinem Vorgänger T. die Entscheidung über seine Abberufung zuvor mitgeteilt
worden war oder ob die Beklagte - wie das Berufungsgericht angenommen hat - das Handeln von Herrn A. stillschweigend genehmigt hat, kommt es danach nicht an.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

(1) Hat die Minderheit nach § 122 Abs. 2 verlangt, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden, so sind diese entweder bereits mit der Einberufung oder andernfalls unverzüglich nach Zugang des Verlangens bekannt zu machen. § 121 Abs. 4 gilt sinngemäß; zudem gilt bei börsennotierten Gesellschaften § 121 Abs. 4a entsprechend. Bekanntmachung und Zuleitung haben dabei in gleicher Weise wie bei der Einberufung zu erfolgen.

(2) Steht die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auf der Tagesordnung, so ist in der Bekanntmachung anzugeben, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt; ist die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden, so ist auch dies anzugeben. Die Bekanntmachung muss bei einer Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, ferner enthalten:

1.
Angabe, ob der Gesamterfüllung nach § 96 Absatz 2 Satz 3 widersprochen wurde, und
2.
Angabe, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 Satz 1 zu erfüllen.
Soll die Hauptversammlung über eine Satzungsänderung, das Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder, die Vergütung des Aufsichtsrats nach § 113 Absatz 3, den Vergütungsbericht oder über einen Vertrag beschließen, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, so ist bei einer Satzungsänderung der Wortlaut der Satzungsänderung, bei einem vorbezeichneten Vertrag dessen wesentlicher Inhalt, im Übrigen der vollständige Inhalt der Unterlagen zu den jeweiligen Beschlussgegenständen bekanntzumachen. Satz 3 gilt auch im Fall des § 120a Absatz 5.

(3) Zu jedem Gegenstand der Tagesordnung, über den die Hauptversammlung beschließen soll, haben der Vorstand und der Aufsichtsrat, zur Beschlussfassung nach § 120a Absatz 1 Satz 1 und zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern nur der Aufsichtsrat, in der Bekanntmachung Vorschläge zur Beschlußfassung zu machen. Bei Gesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs sind, ist der Vorschlag des Aufsichtsrats zur Wahl des Abschlussprüfers auf die Empfehlung des Prüfungsausschusses zu stützen. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn die Hauptversammlung bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nach § 6 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes an Wahlvorschläge gebunden ist, oder wenn der Gegenstand der Beschlußfassung auf Verlangen einer Minderheit auf die Tagesordnung gesetzt worden ist. Der Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder Prüfern hat deren Namen, ausgeübten Beruf und Wohnort anzugeben. Hat der Aufsichtsrat auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so bedürfen Beschlüsse des Aufsichtsrats über Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nur der Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre; § 8 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht sind, dürfen keine Beschlüsse gefaßt werden. Zur Beschlußfassung über den in der Versammlung gestellten Antrag auf Einberufung einer Hauptversammlung, zu Anträgen, die zu Gegenständen der Tagesordnung gestellt werden, und zu Verhandlungen ohne Beschlußfassung bedarf es keiner Bekanntmachung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 124/99 Verkündet am:
15. Januar 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 2 Satz 2, 179 a

a) Verlangt der Vorstand einer Aktiengesellschaft gemäß § 119 Abs. 2 AktG in
einer Geschäftsführungsangelegenheit die Entscheidung der Hauptversammlung
, so muß er ihr auch die Information geben, die sie für eine sachgerechte
Willensbildung benötigt.

b) Handelt es sich bei dieser der Hauptversammlung vom Vorstand abverlangten
Entscheidung um die Zustimmung zu einem Verpflichtungsvertrag
einer einhundertprozentigen (Konzern-) Tochtergesellschaft zur Übertragung
ihres ganzen Gesellschaftsvermögens (§ 179 a AktG), der aufgrund
eines Rücktrittsvorbehalts von der Billigung der Hauptversammlung der
Muttergesellschaft abhängig ist, so hat der Vorstand entsprechend § 179 a
Abs. 2 AktG den Aktionären durch Auslegung vor und in der Hauptversammlung
Einsichtnahme in den Vertrag zu gewähren und ihnen auf Verlangen
eine Abschrift des Vertrages zu erteilen.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 124/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Minderheitsaktionäre der Beklagten, der A. AG. Zu dem von ihr beherrschten Konzern gehört als 100 %ige Tochtergesellschaft die mit ihr durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verbundene M. AG. Die von der M. AG betriebene Diätetik-Sparte stellte mit einem Anteil von 30 % am Gesamtumsatz und von 23 % an der Bilanzsumme - bezogen auf das Geschäftsjahr 1994 - einen wesentlichen Geschäftsbereich des Konzerns dar. Die M. AG veräußerte durch notariellen Vertrag vom 1. September 1995 ihr gesamtes Vermögen einschließlich des Geschäftsbetriebs mit Wirkung zum 30. September/1. Oktober 1995 an den niederländischen N. -Konzern. In dem umfangreichen Vertragswerk, das sowohl das
Verpflichtungsgeschäft als auch die zu dessen Vollzug erforderlichen zahlreichen Übertragungsakte regelte, war der M. AG ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, daß die Hauptversammlung der Beklagten ihre Zustimmung verweigern sollte. Im September 1995 lud der Vorstand der Beklagten zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 24. Oktober 1995 ein; in der Einladung wurde als einziger Tagesordnungspunkt die "Zustimmung zur Veräußerung des gesamten Vermögens und Geschäftsbetriebs der M. AG an den N. -Konzern und der damit verbundenen Abgabe der Diätetik-Sparte der A. " bekannt gemacht, eine entsprechende Beschlußfassung vorgeschlagen und ein kurzgefaßter Bericht zu Inhalt und Hintergründen des Vertrages gegeben. Einer Aufforderung der Klägerin zu 1 zur Übersendung einer Abschrift des Vertrages kam die Beklagte nicht nach; sie berief sich auf "Vertraulichkeitsgründe" und darauf, daß die Zustimmung lediglich zu der Strukturmaßnahme und auch nur vorsorglich zur Erfüllung etwaiger Anforderungen nach der sogenannten Holzmüller-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eingeholt werde. Der Vertrag wurde weder in den Geschäftsräumen der Beklagten noch in der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre ausgelegt. In der Hauptversammlung der Beklagten stellte die Klägerin zu 1 im Anschluß an den Vorstandsbericht acht Fragen zu konkreten Regelungsinhalten des Vertrages, die nach ihrer Ansicht teilweise überhaupt nicht und im übrigen unzureichend beantwortet wurden. Die Hauptversammlung der Beklagten faßte alsdann mit 2.939.098 Stimmen gegen 196 Stimmen bei 23.872 Enthaltungen den Zustimmungsbeschluß entsprechend der unveränderten Beschlußvorlage. Dagegen erklärten unter anderem die beiden Kläger Widerspruch zur Niederschrift des Notars. Mit der rechtzeitig erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage rügen sie die Verletzung der Informationsrechte der Aktionäre, insbesondere daß der Vertrag nicht vor und in der Hauptversammlung zur Einsicht ausgelegt und
der Klägerin zu 1 die Übersendung einer Abschrift des Vertrages verweigert wurde. Das Landgericht hat der Anfechtungsklage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, der Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 24. Oktober 1995 sei gemäß § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar, da die Beklagte die Informationsrechte der Kläger zumindest dadurch verletzt habe, daß sie den Vertrag über die Veräußerung des Geschäftsbetriebes der M. AG weder vor noch in der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre ausgelegt habe. Eine derartige Auslegungspflicht sei im Wege der Gesamtanalogie aus den Vorschriften der §§ 179 a Abs. 2, 293 f Abs. 1 Nr. 1, 293 g Abs. 1 AktG, 63 Abs. 1 Nr. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 UmwG auch für andere Verträge abzuleiten, die der Hauptversammlung zur Zustimmung unterbreitet werden. Auch hierfür gelte der den genannten Vorschriften zugrundeliegende Gedanke, daß die Aktionäre ihre Entscheidung in der Hauptversammlung nicht verantwortlich treffen könnten, wenn ihnen die Verträge, über die sie abstimmen sollten, nicht zugänglich gemacht würden. Entschließe sich der Vorstand, der Hauptversammlung eine Frage der Geschäftsführung gemäß § 119 Abs. 2 AktG vorzulegen und dabei die Zustimmung zu einem Vertrag einzuholen, dann müsse er dem Aktionär auch die Grundlagen für seine Entscheidung durch Eröffnung der Möglichkeit zur Einsicht in diesen Vertrag ge-
ben. Diese Beurteilung hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
II. Die Anfechtungsklage beider Kläger gegen den Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten am 24. Oktober 1995 ist wegen Verletzung gesetzlicher Verfahrensvorschriften gemäß § 243 Abs. 1 AktG begründet. Die Beklagte hat die ihr den Aktionären gegenüber im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung obliegenden Informationspflichten dadurch verletzt, daß sie den Übertragungsvertrag vom 1. September 1995 nicht zumindest im Umfang des darin enthaltenden Verpflichtungsgeschäfts vor und in der Hauptversammlung vom 24. Oktober 1995 zur Einsichtnahme ausgelegt und zudem der Klägerin zu 1 die Übersendung einer Abschrift des Vertrages verweigert hat (§ 119 Abs. 2 AktG i.V.m. § 179 a Abs. 2 AktG in entsprechender Anwendung).
1. Gegenstand des von der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 24. Oktober 1995 gefaßten Beschlusses war - wie das Oberlandesgericht zu Recht angenommen hat - die Zustimmung zu dem Vertrag vom 1. September 1995 über die Veräußerung des gesamten Vermögens und Geschäftsbetriebs der M. AG an den N. -Konzern. Schon nach dem Wortlaut des in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Entwurf in der Einladung zur Hauptversammlung formulierten Beschlußantrags ging es um die konkrete Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens der M. AG an den N. -Konzern und nicht lediglich - wie die Revision meint - um die strategische Entscheidung über die Aufgabe der Diätetik-Sparte im Sinne einer allgemeinen Grundlagenentscheidung; die "damit (d.h. mit der Veräußerung) verbundene Abgabe der Diätetik-Sparte" der Beklagten war nur die zwangsläu-
fige Folge des konkreten Übertragungsgeschäfts. Ein derartiges Verständnis des Beschlußantrags ergab sich vom maßgeblichen Empfängerhorizont eines objektiv urteilenden Aktionärs aus gesehen jedenfalls aus der Erläuterung der Beschlußvorlage in der Einladung zur Hauptversammlung, in der eingangs unmittelbar auf den notariellen Vertrag vom 1. September 1995 über die Veräußerung des gesamten Geschäftsbetriebes der M. AG an den N. -Konzern Bezug genommen und dessen Eckpunkte im weiteren Verlauf des Berichts dargestellt wurden. Angesichts dessen würde kein redlicher Aktionär auf den Gedanken kommen, ihm werde lediglich die Billigung zu einer - bereits vollzogenen - abstrakten Grundsatzentscheidung des Vorstandes zur Aufgabe der Diätetik-Sparte, nicht jedoch die Zustimmung zu dem konkreten Vertrag abverlangt. Dies gilt um so mehr, als der Vorstandsvorsitzende der Beklagten in seinem Hauptversammlungsbericht die Aktionäre auf das - in der Einladung noch verschwiegene - wesentliche Vertragsdetail des vereinbarten Vorbehalts des Rücktritts vom Veräußerungsvertrag für den Fall der Verweigerung der Zustimmung der Hauptversammlung hingewiesen hat; hierdurch wurde vollends klar, daß mit der Entscheidung der Hauptversammlung der Beklagten der Übertragungsvertrag faktisch "stehen oder fallen" sollte.
2. Bei der vom Vorstand der Beklagten nachgesuchten Zustimmung ihrer Hauptversammlung zu dem Veräußerungsvertrag der M. AG vom 1. September 1995 handelt es sich um die Entscheidung über eine Frage der Geschäftsführung der Beklagten im Sinne von § 119 Abs. 2 AktG. Der Vertrag bedurfte gemäß § 179 a Abs. 1 AktG zur Wirksamkeit der in ihm enthaltenen Verpflichtung zur Übertragung des gesamten Vermögens der Zustimmung ihrer eigenen Hauptversammlung und damit des Vorstands der Beklagten als Alleinaktionärin. Zwar hat der Vorstand der Beklagten diese ihm in eigener Zustän-
digkeit als Leitungs- und Vertretungsorgan obliegende Maßnahme der Geschäftsführung schon vollzogen; dies steht hier indessen der Anwendbarkeit des § 119 Abs. 2 AktG auf den vorliegenden Zustimmungsbeschluß der Hauptversammlung der Beklagten zu dem Veräußerungsvertrag nicht entgegen. Der Beschluß erstrebte weder vom Wortlaut noch vom Inhalt her eine unzulässige gesonderte Entlastung für eine bereits abgeschlossene Einzelmaßnahme der Geschäftsführung im Sinne von § 120 AktG (vgl. dazu: Mülbert in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 118 Rdn. 42) oder einen ebenfalls nicht zulässigen vorsorglichen Regreßverzicht. Er stellt vielmehr die Grundlage für die Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts der M. AG dar, das nur aufgrund der Initiative und Leitungsmacht des Vorstands der Beklagten in den Veräußerungsvertrag der von ihr beherrschten Tochtergesellschaft (§§ 291, 308 AktG) aufgenommen wurde ("... haben wir [d.h. der Vorstand] einen Rücktrittsvorbehalt vom Veräußerungsvertrag und die anschließende Rückabwicklung des veräußerten Geschäftes vereinbart" - aus der Hauptversammlungsrede des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 24. Oktober 1995). Bei der Veranlassung der Aufnahme des Rücktrittsvorbehalts zugunsten der Entscheidung der Hauptversammlung der Beklagten in den Veräußerungsvertrag ihrer Tochtergesellschaft handelt es sich demnach um eine Maßnahme der Geschäftsführung nicht anders , als wenn der Vorstand der Beklagten das Geschäft unter die Bedingung der Zustimmung der Hauptversammlung gestellt oder dessen Wirksamkeit von der Genehmigung der Hauptversammlung abhängig gemacht hätte (vgl. dazu Hüffer, AktG 4. Aufl. § 119 Rdn. 15; Barz in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 119 Anm. 3). Gleiches gilt für die Ausübung des Rücktrittsrechts im Falle eines ablehnenden Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten; diese wäre ebenfalls durch konzernrechtliche Weisung (§ 308 AktG) und damit eine Maßnahme der Geschäftsführung, zu der der Vorstand der Beklagten nach § 83
Abs. 2 AktG verpflichtet wäre, gegenüber der abhängigen M. AG durchzusetzen gewesen.
3. Anläßlich der Herbeiführung des Beschlusses über die Zustimmung ihrer Hauptversammlung zu dem Vertrag ihrer Tochtergesellschaft über die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens im Sinne von § 179 a AktG hatte die Beklagte gegenüber den eigenen Aktionären die gesteigerten Informationspflichten der Auslegung des Verpflichtungsvertrages vor und in der Hauptversammlung sowie der Übersendung einer Abschrift des Vertrages auf Verlangen der Aktionäre entsprechend § 179 a Abs. 2 AktG zu beachten.

a) Wenn der Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG in einer Geschäftsführungsangelegenheit die Entscheidung der Hauptversammlung verlangt, so muß er ihr auch die Informationen geben, die sie für eine sachgerechte Willensbildung benötigt (vgl. Hüffer aaO, § 119 Rdn. 13 m. N.). Handelt es sich bei dieser der Hauptversammlung vom Vorstand abverlangten Entscheidung um die Zustimmung zu einem Vertrag, so drängt sich wegen des Fehlens spezieller Vorschriften für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung im Hinblick auf die Wahrung der Informationsrechte der Aktionäre eine entsprechende Heranziehung der für zustimmungsbedürftige Verträge geltenden gesetzlichen Regelungen auf, soweit von einer vergleichbaren Situation auszugehen ist.

b) Hinsichtlich der von Gesetzes wegen für zustimmungsbedürftige Verträge allgemein geltenden Pflicht der Gesellschaft zur Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts der Verträge gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG ist eine
dem Normzweck vergleichbare Situation jedenfalls dann gegeben, wenn der Vorstand sich im vorhinein des Einverständnisses der Hauptversammlung zum Vertragsabschluß oder zur Mitwirkung bei diesem versichern will oder wenn er gar den Vertrag unter der Bedingung der Zustimmung (§ 158 BGB) oder unter dem Vorbehalt der Genehmigung (§ 184 BGB) der Hauptversammlung geschlossen hat (vgl. dazu Hüffer aaO, § 124 Rdn. 15; Zöllner in KK z. AktG § 119 Rdn. 42). Nicht anders als bei der gesetzlich vorgeschriebenen Zustimmung der Hauptversammlung kann auch in solchen Fällen des gewillkürten Zustimmungserfordernisses kraft Verlangens des Vorstandes gemäß § 119 Abs. 2 AktG die Hauptversammlung über die ihrer Entscheidung unterstellten Verträge nur in Kenntnis ihrer Tragweite entscheiden (vgl. Werner in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 124 Rdn. 49 m.w.N.); das setzt mindestens die Information über den wesentlichen Vertragsinhalt voraus. Eine vergleichbare Interessenlage besteht auch im vorliegenden Fall des vereinbarten Rücktrittsvorbehalts. Zwar ist die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten zu dem Vertrag zwischen der M. AG als ihrer Tochtergesellschaft und dem N. - Konzern nicht unmittelbar gesetzliches oder gewillkürtes Wirksamkeitserfordernis kraft Verlangens des Vorstands gemäß § 119 Abs. 2 AktG. Gleichwohl kommt der Entscheidung der Hauptversammlung der Beklagten eine vergleichbare Bedeutung für den Bestand des Vertrages zu, weil dieser damit - wie bereits dargelegt - faktisch "steht oder fällt".

c) Über die Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts des Vertrages hinaus ordnet das Gesetz bei bestimmten Verträgen, die von der Gesellschaft nur mit Zustimmung der Hauptversammlung rechtswirksam abgeschlossen werden können, weitergehend für die Aktionäre das Recht zur Einsichtnahme in den vollen Vertragswortlaut an, indem es der Gesellschaft die Auslegung
des Vertrages von der Einberufung der Hauptversammlung an in ihren Geschäftsräumen und in der Hauptversammlung selbst sowie die Übersendung einer Abschrift auf Verlangen jedes Aktionärs auferlegt. Dazu gehören vor allem Unternehmensverträge (§§ 293 f Abs. 1 Nr. 1, 293 g Abs. 1 AktG), Verschmelzungsverträge (§§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 UmwG), ferner Nachgründungsverträge (§ 52 AktG) sowie auf Vermögensübertragung gerichtete Verträge (§§ 179 a AktG, 174 ff. UmwG). Daraus läßt sich freilich nicht ohne weiteres - wie das Berufungsgericht meint (ähnlich bereits OLG München, AG 1996, 327, 328) - im Wege einer Gesamtanalogie ableiten, daß derartig gesteigerte Informationspflichten gegenüber den Aktionären auch für alle anderen Verträge, die der Hauptversammlung zur Zustimmung unterbreitet werden, gelten. Dabei wird nämlich übersehen, daß es kraft Gesetzes auch zustimmungsbedürftige Verträge im Sinne des § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG gibt, hinsichtlich derer weitergehende Informationspflichten der Gesellschaft nicht bestehen , nämlich Verzicht oder Vergleich in Bezug auf Ersatzansprüche der Gesellschaft (§§ 50, 53, 93 Abs. 4, 116, 117 Abs. 4, 309 Abs. 3, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG). Mangels einer einheitlichen gesetzlichen Regelung über die weitergehenden Informationsrechte der Aktionäre für sämtliche Vertragstypen zustimmungsbedürftiger Verträge bedarf es daher stets einer Prüfung im Einzelfall, ob eine der jeweiligen speziellen Norm vergleichbare Fallkonstellation vorliegt, die ihre entsprechende Anwendung in bezug auf das Einsichtsrecht der Aktionäre in den Vertrag rechtfertigt.
Eine solche Konstellation ist vorliegend im Hinblick auf § 179 a Abs. 2 AktG gegeben. Der Vertrag über die Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens der M. AG an den N. -Konzern unterfiel in seinem obligatorischen Teil unmittelbar der Bestimmung des § 179 a AktG und be-
durfte damit zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Vorstands der Beklagten als ihrer Alleinaktionärin; insoweit bestand zweifellos eine Pflicht zur Auslegung des Verpflichtungsvertrages nach § 179 a Abs. 2 AktG zugunsten des Vorstands, der als Vertretungsorgan die Aktionärsrechte der Beklagten wahrnahm. Der Gesetzgeber hat im Falle des Verpflichtungsvertrages zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens - wie den Gesetzesmaterialien zu der gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 361 AktG zu entnehmen ist (vgl. RegE z. AktG bei Kropff, S. 471 i.V.m. S. 70) - auf die ursprünglich vorgesehene Pflicht der Gesellschaft zur Verlesung des Vertrages in der Hauptversammlung als unpraktikabel verzichtet und statt dessen "ein anderes und wirksameres Verfahren" eingeführt, nämlich die Gesetz gewordenen Auslegungspflichten vor und in der Hauptversammlung sowie die Pflicht zur Übersendung einer Abschrift des Vertrages auf Anforderung der Aktionäre. Das im vorliegenden Fall kraft Gesetzes dem Vorstand als Vertreter der Beklagten selbst zustehende gesteigerte Informationsrecht muß er seinerseits den Aktionären der "eigenen" Hauptversammlung in gleicher Weise gewähren, wenn er vorab deren Zustimmung zu demselben Vertrag nach § 119 Abs. 2 AktG deswegen einfordert, weil er es für möglich hält, daß die Übertragung des Vermögens der Tochtergesellschaft an einen konzernfremden Dritten so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre der Konzernherrin und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreift, daß er vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe die Entscheidung in ausschließlich eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligen (BGHZ 83, 122, 131). Denn eine verantwortliche Entscheidung ohne Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Text des Verpflichtungsvertrages ist der Hauptversammlung ebensowenig zuzumuten wie dem Vorstand selbst bei seiner eigenen mit Außenwirkung zu treffenden Zustimmungsentscheidung. Das gilt erst recht dann, wenn
die Billigung der eigenen Hauptversammlung zu einem solchen Vertrag über die bloße Innenwirkung im Verhältnis zum Vorstand hinaus eine Außenwirkung dergestalt erhält, daß kraft (gewillkürter) Vertragsgestaltung die Wirksamkeit des Vertrages - sei es im Wege der Bedingung gemäß § 158 BGB oder des Genehmigungsvorbehalts nach § 184 BGB - von der Zustimmung der Hauptversammlung der Obergesellschaft unmittelbar abhängig ist. Nicht anders verhält es sich bei der Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts in dem Übertragungsvertrag dergestalt, daß mit der Entscheidung der Hauptversammlung der Obergesellschaft der Vertrag "steht und fällt", weil bei Zustimmung der Hauptversammlung der Vertrag endgültig seine Wirksamkeit behält, während im Falle der Verweigerung der Zustimmung das Rücktrittsrechts auszuüben und der Vertrag rückabzuwickeln ist. Auch für diesen gesetzlich nicht geregelten Sonderfall des § 119 Abs. 2 AktG ist dem in gleicher Weise gesteigerten Informationsbedürfnis der Aktionäre durch Eröffnung der Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Vertragswortlaut in entsprechender Anwendung des § 179 a Abs. 2 AktG Rechnung zu tragen.
Ein - der Offenlegung des Vertrags entgegenstehendes - Geheimhaltungsinteresse der Vertragsparteien hinsichtlich des Vertragstextes ist gegenüber dem Anspruch der Aktionäre der Beklagten auf Einsichtnahme grundsätzlich ebenso wenig anzuerkennen, wie dies im Falle der unmittelbaren Anwendung des § 179 a AktG im Verhältnis zwischen der M. AG und dem Vorstand der Beklagten als Vertreter der Alleinaktionärin Geltung beanspruchen kann. Angesichts dieser Rechtslage kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, daß die Kläger sogar damit einverstanden gewesen wären, wenn ihnen nur die - nach Ansicht der Beklagten - nicht geheimhaltungsbedürftigen Vertragsbestimmungen zur Einsicht überlassen worden wären.

4. Danach hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht einen Verstoß gegen die Informationsrechte beider Kläger darin gesehen, daß der Übertragungsvertrag zwischen der M. AG und dem N. -Konzern - jedenfalls hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts - nicht zur Einsicht der Aktionäre in den Geschäftsräumen der Beklagten und in der Hauptversammlung ausgelegt worden ist. Darüber hinaus ist die Klägerin zu 1 in ihrem Recht auf Übersendung einer Abschrift des Vertrages - die die Beklagte verweigert hat - verletzt worden.
5. Die Kausalität der aufgezeigten wesentlichen Verletzungen der Informationsrechte der Kläger aus § 179 Abs. 2 AktG im Hinblick auf das Beschlußergebnis hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs rechtsbedenkenfrei bejaht.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer