Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 147/18
vom
29. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:290818U5STR147.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt K. als Verteidiger,
Rechtsanwalt U. als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwalt wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2017 betreffend die Fälle 1, 3 und 4 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen und mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften (Fall 2), wegen Verbreitens (Fall 4) und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (Fall 6) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Wegen zweier weiterer Tatvorwürfe (Fälle 1 und 3) hat es den Angeklagten freigesprochen. Allein hierge- gen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt im tenorierten Umfang zur Aufhebung des Urteils.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten sich der Angeklagte und die Mutter der Nebenklägerin im Jahr 2004 als Wohnungsnachbarn kennen. Aus dem nachbarschaftlichen Verhältnis entwickelte sich eine enge und vertrauensvolle Freundschaft. Nach der Geburt der Nebenklägerin am 11. Juni 2011 unterstützte der Angeklagte die alleinerziehende Mutter in allen Lebenslagen. Er betreute und beaufsichtigte das Kind, wenn dessen Mutter beruflich verhindert war, jeweils für längere Zeit und übernahm „Verantwortung für das körperliche und psychische Wohl“ des Kindes.
3
Im Jahr 2014 machte der Angeklagte über das „Tor“-Netzwerk die Be- kanntschaft des wegen Verdachts der bandenmäßigen Verbreitung kinderpornographischer Schriften gesondert verfolgten Zeugen G. . Bei Treffen, bei denen sie sich über ihre pädophilen Vorlieben austauschten, erzählte der An- geklagte auch von seinem „Patenkind“ und zeigte G. (strafrechtlich nicht relevante) Fotos der Nebenklägerin, die er mit seinem Smartphone gefertigt hatte. Da G. die Nebenklägerin „sehr süß“ fand, schickte der Angeklagte ihm auch zwischen den persönlichen Treffen solche Bilder von ihr.
4
2. Vor diesem Hintergrund war dem Angeklagten in der – unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen – Anklageschrift unter anderem vorgeworfen worden, die Nebenklägerin im Badezimmer der Wohnung ihrer Mutter (Fall 1 der Anklage) und auf einer öffentlichen Toilette (Fall 2 der Anklage) sexuell missbraucht zu haben. Dabei gefertigte Fotos habe er entsprechend sei- ner vorgefassten Absicht anschließend an den Zeugen G. weitergegeben (Fälle 3 und 4 der Anklage). In den Fällen 1 und 3 der Anklage hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Insoweit hat es folgende Feststellungen getroffen:
5
a) Im März 2016 säuberte der Angeklagte das Gesäß der Nebenklägerin im Badezimmer der Wohnung ihrer Mutter. Dazu nahm er das nach vorne gebeugte Kind mit dem Kopf voraus zwischen seine Beine und wischte mit Toilettenpapier an dessen nacktem Gesäß. Dabei fertigte er sieben Fotos von dem entblößten Hintern. Obwohl die damals fast fünfjährige Nebenklägerin sich nach dem Toilettengang regelmäßig selbständig und ohne fremde Hilfe säuberte, war es für das Landgericht „zugunsten des Angeklagten nicht auszuschließen“, dass die Nebenklägerin ihn insofern um Hilfe gebeten hatte (Fall 1).
6
b) Mit dem Bemerken, ihm seien beim Abwischen des Hinterns der Ne- benklägerin ein „paar Bildchen gelungen“, zeigte der Angeklagte dem Zeugen G. bei einem Besuch an Pfingsten 2016 die im Badezimmer (Fall 1) und in der öffentlichen Toilette (Fall 2) aufgenommenen Fotos vom entblößten Ge- säß seines „Patenkindes“. Auf Bitten des Zeugen G. überließ der Ange- klagte ihm die Bilder auf einem USB-Stick (Fall 3 betrifft die im Badezimmer der Mutter der Nebenklägerin gefertigten Bilder, Fall 4 diejenigen, die in einer öffentlichen Toilette erstellt wurden).
7
3. Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen 1 und 3 aus rechtlichen Gründen freigesprochen.
8
Soweit ihm im Fall 1 der Anklage ein schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen und mit Herstellen kinderpornographischer Schriften vorgeworfen war, fehle es an einer sexuellen Handlung im Sinne des § 184h StGB. Denn bei der nicht schon nach dem äußeren Erscheinungsbild sexualbezogenen Handlung könne „allein“ eine sexuelle Motivation die Berührungen nicht zu einer sexuellen Handlung qualifizieren; hinzukommen müsse vielmehr, dass die sexuelle Absicht in objektiv wahrnehmbarer Weise zum Ausdruck komme. Das aber sei nicht der Fall. Zudem fehle es an der nach § 184h StGB notwendigen Erheblichkeit.
9
Soweit dem Angeklagten im Fall 3 der Anklage das Verbreiten kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 1 StGB) vorgeworfen war, sei ein kinderpornographischer Charakter der im Badezimmer aufgenommenen Fotos nicht feststellbar.

II.


10
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang.
11
1. Der Freispruch des Angeklagten in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe hält schon deshalb der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht nicht erörtert hat, ob sich der Angeklagte durch das Fertigen und die Weitergabe der Lichtbilder nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB (in den Alternativen Herstellen und Zugänglichmachen) strafbar gemacht hat. Den für eine solche Verurteilung erforderlichen Strafantrag (§ 205 Abs. 1 StGB) hat die Mutter der Nebenklägerin im Rahmen ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung am 21. Juni 2016 wirksam gestellt. Zudem hat die Vertreterin des Generalbundesanwalts in der Revisionshauptverhandlung das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht.
12
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Freispruchs in den Fällen 1 und 3 der Anklage sowie des Gesamtstrafenausspruchs. Die Aufhebung des Freispruchs im Fall 3 der Anklage bedingt zugleich die Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften (Fall 4 der Urteilsgründe). Zwar hat die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf den Teilfreispruch beschränkt. Da der Angeklagte aber – anders als noch in der Anklage beschrieben – die in den Fällen 1 und 2 erstellten Lichtbilder der Nebenklägerin dem Zeugen G. auf einem USB-Stick übergeben hat und damit nur eine Tat vorliegt, ist die Beschränkung unwirksam (BGH, Urteile vom 25. Juli 2002 – 4 StR 104/02; vom 21. November 2002 – 3 StR 296/02, NStZ 2003, 264, 265). Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils auch keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten ergeben (§ 301 Abs. 1 StPO).
13
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
14
a) Die Ausführungen des Landgerichts in seiner rechtlichen Würdigung lassen besorgen, dass es bei der Beurteilung, ob im Fall 1 – und infolgedessen auch im Fall 3 – der Urteilsgründe eine sexuelle Handlung des Angeklagten vorliegt, von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
15
An einem Kind mit Körperkontakt vorgenommene Handlungen sind sexuelle Handlungen, wenn diese bereits objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild die Sexualbezogenheit erkennen lassen. Daneben können aber auch sogenannte ambivalente Tätigkeiten, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen, tatbestandsmäßig sein. Insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalles kennt. Dazu gehören auch die Zielrichtung des Täters (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 389/16) und seine sexuel- len Absichten (BGH, Urteile vom 10. März 2016 – 3 StR 437/15, BGHSt 61, 173, 176; vom 21. September 2016 – 2 StR 558/15, NStZ 2017, 528). Der notwendige Sexualbezug kann sich mithin etwa aus der den Angeklagten leitenden Motivation ergeben, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen (BGH aaO).
16
Demgegenüber hat das Landgericht darauf abgestellt, dass „der objektive Betrachter der Handlung ... zwar alle objektiven Umstände des Einzelfalls, allerdings nicht die Motivation des Handelnden (kennt), es sei denn, dass diese in objektiv wahrnehmbarer Weise zum Ausdruck kommt“ (UA S. 10).
17
b) Dass die Handlung des Angeklagten tatsächlich von einer – auf seiner pädophilen Vorliebe beruhenden – sexuellen Motivation getragen war, hat das Landgericht schon wegen des „Fertigens eines Bildes“ als naheliegend be- zeichnet. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da sich der Grund für das Fertigen der Lichtbilder für andere als der Befriedigung seiner pädophilen Vorlieben dienenden Zwecke jedenfalls nicht ohne weiteres erschließt. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund des Besitzes von mehr als 15.000 kinderpornographischen Bild- und Videodateien (Fall 6), die teilweise auch den „After des Kindes ... in sexuell aufreizender und unnatürlich geschlechtsbezogener Kör- perhaltung“ zeigen (UA S. 6). Vielmehr verweist der Generalbundesanwalt zu- treffend auch darauf, dass die gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Bezug genommenen und damit der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglichen Fotos (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 2 StR 365/99, NStZ 2000, 307, 309 f.) weder am Anus der Nebenklägerin, die nach der Aussage ihrer Mutter schon längere Zeit vor der Tat in der Lage war, alleine auf die Toilette zu gehen und sich hinterher selbständig und ohne fremde Hilfe zu reinigen, noch am Toilettenpapier Verunreinigungen erkennen lassen, auf zwei Bildern neben dem nackten Gesäß auch die entblößte Vagina der Nebenklägerin in den Fokus ge- nommen ist und auf einem der Bilder zudem zu sehen ist, dass der Angeklagte mit einem Finger auf die entblößten Schamlippen der Nebenklägerin zeigt.
18
Hinzu kommt, dass die Fotos von den Handlungen des Angeklagten an der Nebenklägerin in den Toiletten „sexy“ auf den Zeugen G. wirkten(UA S. 8). Dies legt nahe, dass ein objektiver Betrachter in Kenntnis aller Umstände des Einzelfalls den Handlungen des Angeklagten an der Nebenklägerin im Badezimmer der Wohnung ihrer Mutter schon ihrem äußeren Erscheinungsbild nach sexuellen Charakter beimessen würde. Auch der Umstand, dass der Angeklagte dem Zeugen G. sowohl die Fotoaufnahmen aus der öffentlichen Toilette als auch die aus dem Badezimmer mit dem Bemerken übergab, ihm seien beim Toilettengang mit der Nebenklägerin „ein paar Bildchen gelungen“ (UA S. 8), lässt den Schluss zu, dass der Angeklagte bei beiden fotographisch dokumentierten Vorgängen von derselben Motivation geleitet war, nämlich von einer sexuellen Absicht, wie sie das Landgericht für das Geschehen in der öffentlichen Toilette (Fall 2) entgegen der zu Fall 1 inhaltsgleichen Einlassung des Angeklagten festgestellt hat.
19
c) Nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich auch strafbar, wer kinderpornographische Schriften ausschließlich zum Eigenbedarf herstellt. Eine spätere Verbreitung ist seit der Einfügung der Nummer 3 durch das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) nicht mehr erforderlich (vgl. BT-Drucks. 18/2601, S. 30; MüKo-StGB/Hörnle, 3. Aufl., § 184b Rn. 30; SSW-StGB/Hilgendorf, 3. Aufl., § 184b Rn. 15).
20
d) Nach dem Schutzzweck des § 184b StGB ist dieser Straftatbestand nicht auf Fälle der Darstellung strafbewehrter sexueller Missbrauchstaten im Sinne der §§ 176 bis 176b StGB beschränkt. Denn das Merkmal „Erheblichkeit“ in § 184h Nr. 1 StGB ist nicht einheitlich am Maßstab des § 176 Abs. 1 StGB, sondern gemäß dem Wortlaut des § 184h Nr. 1 StGB „im Hinblick auf das je- weils geschützte Rechtsgut“ zu bestimmen. Nachdem § 184b StGB aber schon mögliche Anreize für potenzielle Missbrauchstäter vermeiden soll, versagt der für § 176 StGB entwickelte Maßstab der „Erheblichkeit“ gerade in den Fällen, in denen es dort zum Beispiel auf die Intensität und Dauer einer Berührung ankommt; die Übernahme dieses Maßstabs würde den Zweck der Anreizvermeidung verkürzen (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – 1 StR 485/13, BGHSt 59, 177, 182 f. mwN).
Mutzbauer Schneider Berger
Mosbacher Köhler

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Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
sexuelle Handlungennur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,
2.
sexuelle Handlungen vor einer anderen Personnur solche, die vor einer anderen Person vorgenommen werden, die den Vorgang wahrnimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
2.
eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
3.
eine Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt,
4.
eine durch eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder
5.
eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und in den Fällen der Nummern 1 und 2 dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Dies gilt unter den gleichen Voraussetzungen auch für eine Bildaufnahme von einer verstorbenen Person.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,

1.
herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen, oder
2.
sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.

(4) Absatz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 4 oder 5, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.

(5) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

(1) In den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 und der §§ 202, 203 und 204 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Dies gilt auch in den Fällen der §§ 201a, 202a, 202b und 202d, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(2) Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über; dies gilt nicht in den Fällen der §§ 202a, 202b und 202d. Gehört das Geheimnis nicht zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten, so geht das Antragsrecht bei Straftaten nach den §§ 203 und 204 auf die Erben über. Offenbart oder verwertet der Täter in den Fällen der §§ 203 und 204 das Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen, so gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß. In den Fällen des § 201a Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Satz 2 steht das Antragsrecht den in § 77 Absatz 2 bezeichneten Angehörigen zu.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 389/16
vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:081216U4STR389.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Dezember 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Paul als beisitzende Richter, Staatsanwältin – in der Verhandlung –, Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung – als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger, Rechtsanwältin – in der Verhandlung – als Vertreterin des Nebenklägers, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 28. April 2016 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels, die dem Neben- und Adhäsionskläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen und die im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil – mit Ausnahme der Entscheidung über die Adhäsionsanträge – mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft jeweils mit der Sachrüge. Während die Revision des Angeklagten unbegründet ist, hat das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hielten sich die Brüder J. und P. G. vom 22. bis zum 30. August 2015 mit dem Angeklagten auf dem Campingplatz am T. auf. Der Angeklagte, der eine besondere Erregung daran empfindet, wenn größere – schon trockene – Kinder von ihm eine Windel angezogen bekommen, ging an den Abenden vom 22. bis zum 27. August 2015 jeweils mit dem achtjährigen P. , der keinerlei Krankheitsanzeichen aufwies, in seinen Wohnwagen. P. musste sich mit dem Rücken aufs Bett legen. Der Angeklagte cremte dessen Genitalbereich, den Penis und den Po, insbesondere um den Anus, ein und nahm eine rektale Fiebermessung vor. Anschließend behauptete er wahrheitswidrig, dass P. Fieber habe und deshalb Fieberzäpfchen erforderlich seien. Er führte P. jeweils ein Zäpfchen mit einem abführenden Medikament – entweder Glycilax oder Dulcolax – und ein Zäpfchen gegen Übelkeit – Vomex A – ein. Die Zäpfchen steckte der Angeklagte jeweils mit seinem Daumen in den Anus, wobei er die Zäpfchen falsch herum einführte und seinen Daumen ebenfalls soweit in den Anus hineinsteckte, bis das Zäpfchen nicht weiter hineingeschoben werden konnte. Die Schmerzensbekundungen von P. ignorierte er. Anschließend zog der Angeklagte P. eine Windel an und darüber einen Kinderbody. Kurze Zeit später verspürte P. einen starken Drang, auf die Toilette zu gehen. Der Angeklagte forderte ihn auf, in die Windel zu machen. Danach schlief P. aufgrund der Nebenwirkung des Präparates Vomex A im Bett des Angeklagten ein.
3
Das Landgericht hat das Vorliegen sexueller Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, bejaht. Die Qualifikation des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB sei aber nicht erfüllt, weil das Eindringen mit Zäpfchen und Daumen in den Anus von P. nicht als beischlafähnliche Handlung angesehen werden könne. Diese Vorgehensweise sei bei Kindern nicht unüblich, auch P. habe schon früher Zäpfchen erhalten. Tateinheitlich habe sich der Angeklagte der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB sei hingegen nicht gegeben, weil die vom Angeklagten verabreichte Dosis der Medikamente – abgesehen von der abführenden Wirkung und der Nebenwirkung der Müdigkeit – keine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung habe auslösen können. Auch eine Misshandlung Schutzbefohlener liege nicht vor, weil ein länger andauerndes Leiden oder Schmerzempfinden nicht habe festgestellt werden können.

II.


4
Die Revision des Angeklagten zeigt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf (§ 349 Abs. 2 StPO).

III.


5
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
6
1. Das Landgericht hat zutreffend eine sexuelle Handlung im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB bejaht.
7
a) Eine sexuelle Handlung liegt grundsätzlich vor, wenn die Handlung objektiv , also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen eindeutigen Sexualbezug aufweist (vgl. BGH, Urteile vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, BGHR StGB § 184f Sexuelle Handlung 2; vom 14. März 2012 – 2 StR 561/11, NStZ-RR 2013, 10, 12 jeweils mwN). Dies ist bei den festgestellten Handlungen – Eincremen des Genitalbereichs, Einführen eines Thermometers und von Zäpfchen mittels des Daumens in den Anus eines achtjährigen Jungen – nicht der Fall. Bei äußerlich ambivalenten Handlungen, die – wie hier – für sich betrachtet nicht ohne weiteres einen sexuellen Bezug aufweisen, ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalls , also auch die Zielrichtung des Täters, kennt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, NStZ 2002, 431, 432; Beschluss vom 23. August 1991 – 3 StR 292/91, BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 5). Selbst wenn man insoweit eine sexuelle Absicht des Täters verlangen würde (BGH, Urteile vom 20. Dezember 2007 und vom 14. März 2012 aaO), läge diese nach den Feststellungen hier vor, wobei dahinstehen kann, ob bereits das Eincremen des Genitalbereichs und das Eindringen mit Thermometer, Zäpfchen und Daumen in den Körper des Kindes als solches oder erst das spätere Anlegen der Windel zu einer sexuellen Stimulation geführt hat. Das Landgericht hat in einer fehlerfreien Beweiswürdigung eine medizinische Indikation für diese Handlungen ausgeschlossen und als Motiv hierfür allein den Wunsch des Angeklagten , Kinder mit Windeln zu erleben, um sich sexuell zu erregen, festgestellt.
8
b) Die Handlungen waren auch erheblich im Sinne von § 184h Nr. 1 StGB, denn sie lassen sowohl nach ihrer Bedeutung als auch nach ihrer Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des durch die §§ 174 ff. StGB geschützten Rechtsguts besorgen (zu den allgemeinen Voraussetzungen vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 417/11, NStZ 2012, 269, 270; Urteil vom 24. September 1980 – 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338; Beschluss vom 12. September 2012 – 2 StR 219/12, NStZ 2013, 280 mwN). Das Geschehen war nach allgemeinem Empfinden weit entfernt von einem bagatellhaften Übergriff.
9
2. Das Landgericht hat aber rechtsfehlerhaft den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB) verneint.
10
a) Nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Die Strafvorschrift des § 176 StGB schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern. Der Begriff „Eindringen in den Körper“ in § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und stellt sie unter erhöhte Strafdrohung (BGH, Urteil vom 16. Juni 1999 – 2 StR 28/99, BGHSt 45, 131, 132; Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 2 StR 383/08, BGHSt 53, 118, 119). Erforderlich ist, dass die sexuelle Handlung mit Blick auf das geschützte Rechtsgut, nämlich die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2008 aaO), ähnlich schwer wiegt wie eine Vollziehung des Beischlafs. Auf eine besondere Erniedrigung des Opfers stellt § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB daher nicht ab, sondern allein auf das Eindringen in den Körper, welches als schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität anzusehen ist (BGH, Urteil vom 18. November 1999 – 4 StR 389/99, NJW 2000, 672 f. mit Anm. Renzikowski, NStZ 2000, 367 f.; und Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 2 StR 383/08 aaO). Eine solche ist bei einem Eindringen mit dem Finger oder mit Gegenständen in Scheide oder After eines Kindes grundsätzlich anzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 65/11, BGHSt 56, 223, 224; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176a Rn. 27; SK/Wolters, StGB, 135. Lfg. 2012 § 176a Rn. 16; aA Folkers, JR 2007, 11, 14 f.).
11
b) Das sexuell motivierte Einführen eines Thermometers, von Zäpfchen und des Daumens in den Anus – wie hier – stellt danach jeweils ein „Eindringen in den Körper“ im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB dar. Als sexuelle Hand- lungen wiegen diese Tätigkeiten im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung und in die ungestörte sexuelle Entwicklung eines Kindes entgegen der Auffassung des Landgerichts so schwer, dass sie einem Beischlaf ähnlich sind. Auf eine möglicherweise fehlende konkrete Beeinträchtigung der sexuellen Entwicklung des Tatopfers durch die sexuelle Handlung (UA 16) kommt es hingegen für die Beurteilung des Schweregrades und damit der Beischlafähnlichkeit der Handlung nicht an.
12
3. Der Rechtsfehler führt auch zur Aufhebung der – mit Blick auf die beim Einführen der Zäpfchen festgestellten Schmerzen des Kindes – rechtsfehlerfreien tateinheitlichen Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Hingegen ist die Verneinung der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Der Vortrag der Revision zu der Wirkung der verabreichten Zäpfchen ist weitgehend urteilsfremd. Um die behauptete Schädlichkeit der Medikamente in das Revisionsverfahren einzuführen, hätte es einer entsprechenden Aufklärungsrüge bedurft. Auch ein Quälen des Kindes nach § 225 Abs. 1 StGB liegt nach den bisherigen Feststellungen nicht nahe.
13
4. Die Aufhebung der Entscheidungen über die Anträge im Adhäsionsverfahren durch den Senat ist nicht geboten. Darüber hat das neue Tatgericht zu entscheiden (BGH, Beschlüsse vom 12. April 2016 – 2 StR 523/15 Rn. 23, insofern nicht abgedruckt in NStZ 2016, 526; vom 2. Februar 2006 – 4 StR 570/05, NJW 2006, 1890, 1891).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 437/15
vom
10. März 2016
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Das Merkmal der Erheblichkeit im Sinne von § 184h Nr. 1 StGB setzt nicht voraus,
dass das Opfer den sexuellen Charakter der zu bewertenden Handlung erkennt
(Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteil vom 24. September 1980
- 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336).
2. Sexuelle Handlungen werden im Sinne von § 182 Abs. 2 StGB gegen Entgelt vorgenommen
, wenn Täter und Opfer spätestens während des sexuellen Kontakts
darüber einig sind, dass der Minderjährige durch die Entgeltvereinbarung zu seinem
Sexualverhalten wenigstens mitmotiviert wird. Über diese Verknüpfung hinaus
ist nicht erforderlich, dass er im Tatzeitpunkt den sexuellen Charakter der von
oder an ihm vorgenommenen Handlungen erfasst.
BGH, Urteil vom 10. März 2016 - 3 StR 437/15 - LG Osnabrück
ECLI:DE:BGH:2016:100316U3STR437.15.0

in der Strafsache gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. März 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer, Mayer, Gericke, Dr. Tiemann als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - , Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung - als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. Juni 2015 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen in sechs Fällen, Körperverletzung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen sowie sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in vier Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen trat bei dem Angeklagten bereits im Kindesalter eine Vorliebe für die Durchführung körperlicher Untersuchungen auf. Die Vorstellung, im Rahmen einer pseudomedizinischen Untersuchung einen männlichen Jugendlichen insbesondere im Genitalbereich zu berühren, sexuelle Funktionen zu betrachten und einen Blasenkatheter in die Harnröhre oder eine Analsonde bzw. einen Finger in den Anus der anderen Person einzuführen, erregt ihn sexuell. Um solche Handlungen vornehmen und seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen zu können, nahm der Angeklagte über das Internet Kontakt zu einer Vielzahl von männlichen jugendlichen Personen auf. Diesen bot er die Durchführung körperlicher Untersuchungen an. Hierbei gab er wahrheitswidrig vor, eine sportmedizinische Studie zu erstellen und selbst Rettungssanitäter zu sein. Um einen materiellen Anreiz zu schaffen, versprach der Angeklagte den Teilnehmern der Studie die Zahlung eines Entgelts. Dieses sollte zwischen 20 € und 100 € betragen und sich am Umfang der von dem Angeklagten durchgeführten Untersuchung ausrichten. Den Höchstbetrag wollte er zahlen, wenn der Teilnehmer zu allen Untersuchungen einschließlich der Abgabe einer Spermaprobe bereit war.
3
Zwischen dem 19. März 2013 und dem 13. April 2014 kam es vor diesem Hintergrund in elf Fällen zu "Untersuchungen" des Angeklagten an Jugendlichen im Alter zwischen vierzehn und siebzehn Jahren. Diese gingen aufgrund der von dem Angeklagten entworfenen Legende irrig davon aus, dass es sich bei ihm um einen entsprechend qualifizierten Rettungssanitäter handele, der die vorgegebene Studie durchführe. An den zum Teil vollständig entkleideten Personen nahm der Angeklagte diverse, jeweils medizinisch nicht indizierte Untersuchungshandlungen vor: Mit Einmalspritzen injizierte er Kochsalzlösungen in die Harnröhre und den Hodensack, legte Blasenkatheter, führte seinen Finger und eine Analsonde in den After ein, betastete die Hoden, vermaß den Penis und schob dessen Vorhaut zurück. Im Fall 10 der Urteilsgründe verursachte er mittels eines sog. TENS-Geräts schmerzhafte Stromstöße im Unterbauch des vierzehnjährigen M. ; sodann nahm er dessen Penis in die Hand und rieb mit seiner Hand daran, um eine Erektion zu bewirken.

4
2. Die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedürfen lediglich die Schuldsprüche wegen (tateinheitlichen) sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 2 StGB. Hierzu gilt:
5
a) Bei den von dem Angeklagten an den Jugendlichen mit Körperkontakt vorgenommenen Handlungen handelte es sich um sexuelle im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB aF (nunmehr: § 184h Nr. 1 StGB).
6
aa) Der danach erforderliche sexuelle Bezug liegt nach ständiger Rechtsprechung zunächst bei Handlungen vor, die bereits objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild die Sexualbezogenheit erkennen lassen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. September 1980 - 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338; vom 14. März 2012 - 2 StR 561/11, NStZ-RR 2013, 10, 12; vom 22. Oktober 2014 - 5 StR 380/14, BGHR StGB § 184g Nr. 1 Sexuelle Handlung 1). Daneben können auch sog. ambivalente Tätigkeiten, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen, tatbestandsmäßig sein; insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalles kennt (BGH, Beschluss vom 23. August 1991 - 3 StR 292/91, BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 5; Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01, NStZ 2002, 431, 432; Beschluss vom 5. Oktober 2004 - 3 StR 256/04, NStZ-RR 2005, 361, 367 bei Pfister). Hierbei ist auch einzustellen, ob der Angeklagte von sexuellen Absichten geleitet war (BGH, Urteil vom 22. Mai 1996 - 5 StR 153/96, juris Rn. 8; Beschluss vom 5. Oktober 2004 - 3 StR 256/04, NStZ-RR 2005, 361, 367 bei Pfister; Urteil vom 20. Dezember 2007 - 4 StR 459/07, NStZ-RR 2008, 339, 340; MüKoStGB/Hörnle, 2. Aufl., § 184g Rn. 3; S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 184g Rn. 9 mwN zur Gegenansicht).
7
Nach diesen Maßstäben wies die im Fall 10 der Urteilsgründe von dem Angeklagten begonnene Stimulation des Penis von M. schon dem äußeren Erscheinungsbild nach sexuellen Charakter auf. Ob auch die übrigen, sämtlich medizinisch nicht indizierten Tätigkeiten des Angeklagten bereits objektiv ihre Sexualbezogenheit erkennen ließen (vgl. zum Legen eines Blasen- und Analkatheters BGH, Urteil vom 14. März 2012 - 2 StR 561/11, NStZ-RR 2013, 10), bedarf keiner Entscheidung. Deren Sexualbezug ergibt sich jedenfalls aus der den Angeklagten leitenden Motivation, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen.
8
bb) Die Handlungen überschritten auch die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB aF (nunmehr: § 184h Nr. 1 StGB). Als erheblich in diesem Sinne sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. September 1980 - 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338; vom 24. September 1991 - 5 StR 364/91, NJW 1992, 324; vom 1. Dezember 2011 - 5 StR 417/11, NStZ 2012, 269, 270). Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut; unter diesem Gesichtspunkt belanglose Handlungen scheiden aus (BGH, Urteile vom 3. April 1991 - 2 StR 582/90, BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 4; vom 24. September 1991 - 5 StR 364/91, NJW 1992, 324; vom 1. Dezember 2011 - 5 StR 417/11, NStZ 2012, 269, 270; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 184g Rn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, § 184g Rn. 7; differenzierend SSW- StGB/Wolters, 2. Aufl., § 184g Rn. 9 f.). Unerheblich ist hingegen, ob das Opfer den sexuellen Charakter der Handlung erkennt. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits für die Fälle entschieden, in denen an Kindern vorgenommene sexualbezogene Tätigkeiten zu bewerten waren (BGH, Urteil vom 24. September 1980 - 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338 f.; Urteil vom 24. September 1991 - 5 StR 364/91, NJW 1992, 324, 325). Es besteht kein Grund, diese Rechtsprechung, der die herrschende Literatur im Anwendungsbereich des § 184g Nr. 1 StGB aF zugestimmt und bereits teilweise ohne weitere Differenzierung nach dem Alter des Opfers verallgemeinert hat (BeckOK StGB/Ziegler, § 184h Rn. 4; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 184g Rn. 4; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, § 184g Rn. 8; MüKoStGB/Hörnle, 2. Aufl., § 184g Rn. 28, 30, allerdings auch Rn. 4 zu ambivalenten Handlungen; NK-StGB-Frommel, 4. Aufl., § 184g Rn. 3; S/SEisele , StGB, 29. Aufl., § 184g Rn. 18), auf kindliche Opfer zu beschränken. Schon nach der Fassung des § 184g Nr. 1 StGB aF bzw. § 184h Nr. 1 StGB nF knüpft die Erheblichkeit lediglich objektiv an die sexuelle Handlung an, nicht aber auch an subjektive Vorstellungen des Opfers. Die rein objektive Bestimmung des Merkmals steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung zu den ambivalenten Tätigkeiten, bei deren Bewertung als sexuell es ebenfalls nicht auf die Opfersicht ankommt.
9
Gemessen an diesen Grundsätzen waren die von dem Angeklagten an den Jugendlichen vorgenommenen Handlungen erheblich im vorstehenden Sinne. Sie bestanden nicht nur in flüchtigen oder "zufälligen" Berührungen bekleideter Körperregionen. Vielmehr handelte es sich um intensive Manipulationen an den entblößten Geschlechtsorganen, die zudem in den Fällen 1 bis 4, 7 bis 9 und 11 der Urteilsgründe mit einem Eindringen in den Körper verbunden waren.
10
b) Der Angeklagte nahm seine sexuellen Handlungen auch gegen Entgelt (§ 11 Abs. 1 Nr. 9 StGB) vor.
11
aa) Wesentlich dafür ist das Bestehen eines Gegenseitigkeitsverhältnisses zwischen der sexuellen Handlung und der in einem Vermögensvorteil bestehenden Gegenleistung. Ausreichend ist, dass sich Täter und Opfer vor oder spätestens während des sexuellen Kontakts hierüber einig sind und der Minderjährige durch die Entgeltvereinbarung zu seinem Sexualverhalten wenigstens mitmotiviert wird (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 - 4 StR 5/04, NStZ 2004, 683; Urteil vom 12. Oktober 2005 - 5 StR 315/05, NStZ 2006, 444; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 182 Rn. 32, 36; SSWStGB /Wolters, 2. Aufl., § 182 Rn. 14). Über diese konkrete Verknüpfung zwischen sexueller Handlung und Entgelt hinaus ist nicht erforderlich, dass der Minderjährige im Tatzeitpunkt den sexuellen Charakter der von oder an ihm vorgenommenen Handlungen erfasst (so - allerdings anknüpfend an das Merkmal der Erheblichkeit im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB aF bzw. § 184f Nr. 1 StGB - LK/Laufhütte/Roggenbuck, StGB, 12. Aufl., § 184g Rn. 23; ähnlich S/S-Lenckner/Perron/Eisele, StGB, 27. Aufl., § 184f Rn. 18). Der Wortlaut der Norm verlangt eine derartige Einschränkung, die dem Erfordernis eines subjektiven Tatbestandes auf Opferseite gleichkommt, nicht. Auch Schutzzwecküberlegungen sprechen dagegen: Ratio legis der Einführung des heutigen § 182 Abs. 2 StGB war, dass der Gesetzgeber den Gefahren vorbeugen wollte, die das Erleben von Sexualität als "käufliche Ware" für die sexuelle Entwicklung des Minderjährigen birgt; darüber hinaus sollte dem Abgleiten in eine häufig mit Begleitkriminalität verbundene "Szene", nämlich der Prostitution (vgl. BT-Drucks. 16/3439, S. 8), begegnet und die Vorschrift des § 180 Abs. 2 StGB ergänzt werden (BT-Drucks. 12/4584, S. 8). Diese Gefahrenlagen bestehen unabhängig davon, ob das Opfer die sexuelle Natur der vorgenommenen Handlung im Einzelfall erkennt (so auch LK/Laufhütte/Roggenbuck [aaO] zur Vorschrift des § 180 Abs. 2 StGB, die ebenfalls dem Abgleiten des Minderjährigen in die Prostitution begegnen will); denn es lässt sich nicht vorhersehen, ob sowie gegebenenfalls wann der Erkenntnisprozess bei dem Minderjährigen stattfindet, wie er seine Erfahrung verarbeitet und sich zunächst nicht genau eingeordnete Vorfälle zu einem späteren Zeitpunkt auf seine sexuelle oder soziale Entwicklung auswirken (vgl. auch MüKoStGB/Hörnle, 2. Aufl., § 184g Rn. 28). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, aus welchem Grunde er den wahren Gehalt der sexuellen Handlung verkennt. Ungeachtet dessen wird die im Angebot einer Gegenleistung liegende Manipulation des Selbstbestimmungsrechts (vgl. BT-Drucks. 12/4584, S. 8) auch nicht dadurch relativiert, dass der Täter noch weitergehend - etwa wie hier durch erfolgreiche Täuschung über seine wahren Absichten (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 14. März 2012 - 2 StR 561/11, NStZ-RR 2013, 10) - auf das Vorstellungsbild des Opfers einwirkt. Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs würde zum einen den listig agierenden Täter privilegieren; zum anderen wäre sie geeignet, den Anwendungsbereich der Norm hinsichtlich - insbesondere aufgrund ihres Alters - leichtgläubiger und damit gerade besonders schutzwürdiger Opfer in zweckwidriger Weise einzuschränken.
12
bb) Das nach vorstehenden Maßstäben erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen den (getarnten) sexuellen Handlungen des Angeklagten und dem Verhalten der zumindest auch von finanziellen Motiven geleiteten Jugendlichen lag vor; denn die Höhe der von dem Angeklagten in Aussicht gestellten Zahlungen hing unmittelbar von der Bereitschaft der Geschädigten ab, die gegenständlichen sexuell motivierten "Untersuchungshandlungen" an sich zu dulden.
Becker Schäfer Mayer Gericke Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 558/15
vom
21. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:210916U2STR558.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. September 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng,
Erster Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. August 2015 im Fall 2 der Urteilsgründe aufgehoben und der Angeklagte insoweit freigesprochen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen. Im Übrigen trägt der Angeklagte die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Widerstandsunfähigen, sowie wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung in den Fällen 2, 3 und 4 der Ur- teilsgründe sowie gegen die Einzelstrafaussprüche und die verhängte Gesamtstrafe. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war die zur Tatzeit 13jährige D. mit der Tochter des Angeklagten befreundet. Sie fuhr mehrfach mit der Familie des Angeklagten in den Urlaub, so auch in den Osterferien 2007. Dabei umfasste der Angeklagte während eines gemeinsamen Schwimmbadbesuchs in sexuell motivierter Absicht mit seiner linken Hand die mit einem Badeanzug bekleidete linke Brust des Mädchens und drückte zu (Fall 1).
3
Im Sommerurlaub 2007 äußerte sich der Angeklagte der Geschädigten gegenüber wiederholt dahin, dass sie den Körper einer Frau habe und sich gar nicht bewusst sei, welche Reize sie aussende. Dabei fasste er ihr ans Gesäß oder an die Brust. Als das Mädchen daraufhin ihren Vater anrief und vergeblich darum bat, abgeholt zu werden, bestand der Angeklagte auf einer „Versöh- nung“, wobei die Geschädigte sich auf seinen Schoß setzen musste. Bei einem nachfolgenden Schwimmbadbesuch umarmte der nur mit einer Badehose bekleidete Angeklagte die mit einem Bikini bekleidete Geschädigte, um sich durch den dadurch entstehenden Kontakt sexuell zu erregen. Er umfasste ihre Taille und zog sie so nah an sich, „dass entsprechend seiner Absicht direkter Kontakt zwischen ihren unbekleideten und bekleideten Körperpartien zu seinen nackten Oberschenkeln und seinem nackten Oberkörper und insbesondere an ihrem Unterleib der unmittelbare und deutlich spürbare Kontakt zu seinem Penis ent- stand“ (Fall 2).
4
In den Osterferien 2008 fuhr die zur Tatzeit 13 Jahre alte S. , die ebenfalls mit der Tochter des Angeklagten befreundet war, mit der Familie des Angeklagten in den Skiurlaub. Während eines gemeinsamen Schwimmbadbesuchs griff der Angeklagte in sexuell motivierter Absicht von hinten in die Badehose des Mädchens und berührte ihr nacktes Gesäß. Zur Intensivierung der Berührung hob er sie, ihr nacktes Gesäß umfassend, in die Höhe (Fall 3).
5
Bei einer weiteren Gelegenheit während des Osterurlaubs trat der Angeklagte in der Nacht an das schlafende Mädchen heran, führte seine Hand unterhalb des Hosenbeins in ihre Schlafanzughose ein und streichelte ihr nacktes Gesäß. Als die Geschädigte erwachte, veränderte sie – während der Angeklagte sie weiterhin am Gesäß streichelte – scheinbar schlafend die Körperposition, so dass der Angeklagte von ihr abließ (Fall 4).
6
Nach diesen Vorfällen wollte die Geschädigte nicht mehr mit der Familie des Angeklagten in Urlaub fahren. Sie erzählte ihrer Mutter von den Vorfällen, die ihr jedoch – nach einem Gespräch mit dem Angeklagten – nicht glaubte. Auf Druck ihrer Mutter fuhr sie schließlich mit der Familie des Angeklagten auch in den Sommerurlaub 2008. Bei mindestens einer Gelegenheit, als sichS. und die Tochter des Angeklagten nach der Rückkehr vom Strand ihre Badekleidung ausgezogen hatten, bestand der Angeklagte darauf, die unbekleidete Geschädigte am ganzen Körper, namentlich an der Brust und am Gesäß einzucremen und Insektenschutzmittel aufzutragen (Fall 5).
7
Bei einer weiteren Gelegenheit fasste der Angeklagte während eines Schwimmbadbesuchs in sexuell motivierter Absicht mit seiner rechten Hand in die Bikinihose der Geschädigten, wobei er ihre Scheide berührte (Fall 6).
8
Der Angeklagte besaß am 29. November 2011 und davor in nicht rechtsverjährter Zeit zahlreiche Bilddateien und Videos. Darauf waren sexuelle Handlungen von Erwachsenen mit Kindern und Jugendlichen und zwischen Kindern und Jugendlichen untereinander zu sehen, insbesondere Geschlechts-, Oralund Analverkehr von erwachsenen Männern mit Kindern, die gegenseitige Manipulation an Geschlechtsteilen von Kindern und Jugendlichen untereinander, der Oralverkehr von Kindern untereinander sowie das Einführen eines Dildos und eines Fingers in die Scheide eines Kindes (Fall 7).
9
2. Der Angeklagte hat die sexuell motivierten Übergriffe zu Lasten der beiden Geschädigten anlässlich der gemeinsamen Urlaube und den ihm im Fall 7 zur Last gelegten Besitz eingeräumt.

II.

10
Auf die Sachbeschwerde ist die im Fall 2 der Urteilsgründe erfolgte Verurteilung aufzuheben und der Angeklagte insoweit freizusprechen. Im Übrigen hat die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils weder in Hinblick auf die Schuldsprüche in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe noch auf die Einzelstrafaussprüche oder die verhängte Gesamtstrafe Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
11
Der näheren Erörterung bedürfen lediglich die Schuldsprüche wegen sexuellen Missbrauchs in den Fällen 2, 3 und 4 der Urteilsgründe und zwar dahingehend , inwiefern es sich bei den von dem Angeklagten an den Geschädigten mit Körperkontakt vorgenommenen Handlungen um sexuelle im Sinne von § 184f Nr. 1 StGB aF (nunmehr: § 184h Nr. 1 StGB) handelte.
12
1. Der dafür erforderliche sexuelle Bezug liegt in allen Fällen vor. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung zunächst bei solchen Handlungen der Fall, die bereits objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild die Sexualbezogenheit erkennen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2016 – 3 StR437/15, NJW 2016, 2049 mwN). Daneben können auch sog. ambivalente Tätigkeiten, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen, tatbestandsmäßig sein; insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalles kennt (BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, NStZ 2002, 431, 432). Hierbei ist auch einzustellen, ob der Angeklagte von sexuellen Absichten geleitet war (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2004 – 3 StR 256/04, NStZ-RR 2005, 361, 367 bei Pfister; Urteil vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, NStZ-RR 2008, 339, 340; MüKoStGB/Hörnle, 2. Aufl., § 184g Rn. 3f.; Eisele in: Schönke/ Schröder, 29. Aufl., § 184g Rn. 9 mwN zur Gegenansicht).
13
Ungeachtet dessen, ob die jeweils ohne einen besonderen situativ bedingten Anlass vorgenommenen Handlungen des Angeklagten in den Fällen 2 („Umarmung“) sowie 3 und 4 der Urteilsgründe (Streicheln des nackten Gesäßes ) bereits von ihrem äußeren Erscheinungsbild ihre Sexualbezogenheit erkennen ließen (vgl. zum Legen eines Blasen- und Analkatheters BGH, Urteil vom 14. März 2012 – 2 StR 561/11, NStZ-RR 2013, 10, 12), ergibt sich deren Sexualbezug vorliegend jedenfalls aus der den Angeklagten leitenden Motivation , seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 10. März 2016 – 3 StR 437/15, NJW 2016, 2049 mwN).
14
2. Die Handlungen überschritten indes nur in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe auch die Erheblichkeitsschwelle des § 184f Nr. 1 StGB aF. Als erheblich in diesem Sinne sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beein- trächtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. September 1980 – 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338; vom 24. September 1991 – 5 StR 364/91, NJW 1992, 324; vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 417/11, NStZ 2012, 269, 270). Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut; unter diesem Gesichtspunkt belanglose Handlungen scheiden aus (BGH, Urteile vom 3. April 1991 – 2 StR 582/90, BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 4; vom 24. September 1991 – 5 StR 364/91, NJW 1992, 324, 325; vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 417/11, NStZ 2012, 269, 270; Lackner/Kühl/Heger, 28. Aufl., § 184g Rn. 5; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, § 184g Rn. 7; differenzierend SSW-StGB/Wolters, 2. Aufl., § 184g Rn. 9 f.).
15
Die sexuelle Selbstbestimmung ist am ehesten bei Kontakt an Geschlechtsorganen verletzt. Abhängig von der Einwirkungsintensität im Einzelfall können aber auch Berührungen an anderen Körperregionen die Schwelle der Erheblichkeit überschreiten. Als maßgebliche Umstände für die vorzunehmende Bewertung kommen neben der Intensität und Dauer des Kontakts auch etwaige begleitende Handlungen, wie Berührungen des Körpers, das Verhältnis zwischen Täter und Opfer und die konkrete Tatsituation in Betracht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 1 Ss 70/09, NStZ-RR 2010, 45, 46). Zu berücksichtigen ist auch, dass bei einem dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern dienenden Tatbestand, die Anforderungen geringer sein können. Das Erheblichkeitsmerkmal ist entsprechend im Sinne des § 176 StGB auszulegen, der dem Ziel dient, Kinder vor einer Beeinträchtigung ihrer Gesamtentwicklung durch sexuelle Handlungen zu schützen (BGH, Urteil vom 24. September 1980 – 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 340; Senat, Beschluss vom 6. Juli 1983 – 2 StR 350/83, StV 1983, 415; BGH, Beschluss vom 13. Juli 1983 – 3 StR 255/83, NStZ 1983, 553). Letztlich sind aber auch bei diesem Tatbestand nicht sämtliche sexualbezogenen Handlungen , die sexuell motiviert sind, tatbestandsmäßig. Auszuscheiden sind vielmehr kurze oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 1983 – 3 StR 255/83, NStZ 1983, 553).
16
a) Gemessen an diesen Grundsätzen waren die von dem Angeklagten an der Geschädigten S. vorgenommenen Handlungen in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe erheblich im vorstehenden Sinne. Sie bestanden nicht nur in flüchtigen oder „zufälligen“ Berührungen bekleideter Körperregionen. Vielmehr handelte es sich in beiden Fällen um gezielte körperliche Berührungen des Mädchens in Badebekleidung bzw. im Schlafanzug. Zwar stellt das Gesäß weder ein primäres noch sekundäres Geschlechtsmerkmal dar. Wie aber auch das Berühren der nackten weiblichen Brust wird das Streicheln des nackten Gesäßes aber gemeinhin jedenfalls dann nicht als sozialübliche Berührung wahrgenommen , wenn es von einem erwachsenen Mann gegenüber einem 13 Jahre alten Mädchen erfolgt. Das nicht nur kurzzeitige Streicheln des entblößten Gesäßes durch Einführen der Hand in die Kleidung des erst 13-jährigen Mädchens lässt daher unter Berücksichtigung der beschriebenen allgemeinen Tatsituation eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung des Mädchens besorgen und stellt daher auch eine erhebliche sexuelle Handlung im Sinne des § 184f Nr. 1 StGB dar.
17
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das fortschreitende Alter eines Kindes keineswegs stets zu einer Reduzierung der Erheblichkeit bestimmter Handlungen führt. So werden Handlungen wie das Eincremen am ganzen Körper oder das Streicheln an Brust oder Gesäß bei kleinen Kindern oft keine beeinträchtigende Wirkung haben; bei denselben Handlungen an einem pubertierenden 13-jährigen Kind wird eine Beeinträchtigung regelmäßig naheliegen.
18
b) Die Feststellungen tragen indes nicht die Annahme der Erheblichkeit der „Umarmung“ im Fall 2 der Urteilgründe. Zwar wurden entblößte Körperteile der Geschädigten an den Angeklagten gedrückt; zudem bestand ein spürbarer Kontakt zum Penis des Angeklagten. Das reicht aber für sich genommen nicht aus, denn zum einen konnten weder zur Dauer und Intensität der Handlung Feststellungen getroffen werden, zum anderen hält sich eine Berührung unbekleideter Körperteile bei einer kurzen Umarmung in situationsadäquater Badebekleidung im Rahmen des Üblichen.
19
3. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 2 der Urteilsgründe. Da der Senat ausschließt, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch ergänzende Feststellungen zu dem zwischenzeitlich über acht Jahre zurückliegenden Geschehen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung des Angeklagten in diesem Fall zu tragen vermögen, spricht er den Angeklagten insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
20
Angesichts der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von zweimal sechs Monaten, zweimal 120 Tagessätzen und einmal 60 Tagessätzen ist es auszuschließen , dass das Landgericht ohne die aufgrund des Freispruchs weggefallene Einzelgeldstrafe von 90 Tagessätzen eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
sexuelle Handlungennur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,
2.
sexuelle Handlungen vor einer anderen Personnur solche, die vor einer anderen Person vorgenommen werden, die den Vorgang wahrnimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
sexuelle Handlungennur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,
2.
sexuelle Handlungen vor einer anderen Personnur solche, die vor einer anderen Person vorgenommen werden, die den Vorgang wahrnimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 4 8 5 / 1 3
vom
11. Februar 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Die Strafbarkeit nach § 184b StGB setzt nicht voraus, dass die Darstellung der sexuellen
Handlung einen vergröbernd-reißerischen Charakter aufweist.
BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - 1 StR 485/13 - LG Freiburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. Februar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
- jeweils in der Verhandlung -
als Verteidiger für den Angeklagten Dr. N. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers E. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten Dr. N. gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 7. März 2013 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil
a) hinsichtlich des Angeklagten Dr. N.
aa) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, bb) im Fall II. 2. der Urteilsgründe im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften schuldig ist, cc) aufgehoben (1) hinsichtlich der im Fall II. 2. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe; (2) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. mit den Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Dr. N. wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück verwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. N. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen und wegen Besitzes jugendpornographischer Schriften unter Anrechnung in der Schweiz erlittener Untersuchungshaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und die Einziehung eines bei dem Angeklagten sichergestellten Diapositivs angeordnet. Von den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil zweier weiterer Kinder in einem und weiteren vier Fällen hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Den Angeklagten S. hat das Landgericht vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Kindes – begangen durch Beteiligung an einer der zuletzt genannten Taten des Angeklagten Dr. N. – ebenfalls aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
3
Der Angeklagte Dr. N. rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Rechtsmitteln, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, die Aufhebung der Freisprüche hinsichtlich beider Angeklagter und, soweit der Angeklagte Dr. N. wegen Besitzes jugendpornographischer Schriften verurteilt ist, eine weitergehende Verurteilung auch wegen – tateinheitlichen – Besitzes dreier kinderpornographischer Schriften.
4
Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet; die der Staatsanwaltschaft haben demgegenüber weitgehend Erfolg.

A.


I.


5
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
6
1. Der Angeklagte Dr. N. beaufsichtigte im Zeitraum zwischen Anfang 1994 und Ende 1996 in seiner Wohnung in F. mehrfach die Kinder seiner Bekannten A. Z. , den 1986 geborenen Fl. Z. und den 1988 geborenen J. Z. . Weit überwiegend hielten sich der Angeklagte und die beiden Kinder nackt in der Wohnung auf und sahen sich dabei auch – jeweils unbekleidet – gemeinsam auf einem großen Bett liegend Kinderfilme im Fernsehen an.
7
Bei mindestens drei zeitlich nicht mehr genauer bestimmbaren Gelegenheiten innerhalb des oben genannten Zeitraums massierte der Angeklagte Dr. N. dabei das Glied des J. Z. , um sich damit selbst sexuell zu stimulieren.
8
2. Bei einer am 28. Mai 2010 erfolgten Durchsuchung der vom Angeklagten Dr. N. und dessen Lebenspartner genutzten Ferienwohnung in A. /Schweiz befand sich der Angeklagte im Besitz eines in einer Schublade verstauten Mäppchens, in dem sich neben anderem ein Diapositiv befand, auf welchem ein mindestens vierzehn, jedoch noch nicht sechzehn Jahre alter Junge rücklings auf einem Bett liegend die nach oben gestreckten Beine seitlich abspreizt, womit der dadurch gut sichtbare After betont wird. Das Diapositiv hatte der Angeklagte bereits vor seinem 2006 erfolgten Umzug aus F. in die Schweiz in dem besagten Mäppchen besessen und es seitdem in der Schublade verwahrt.

II.


9
1. Aufgrund der – insoweit unverändert zugelassenen – Anklage lag dem Angeklagten Dr. N. darüber hinaus zur Last,
10
a) anlässlich eines gemeinsamen Besuchs der Kinder J. und Fl. Z. im Zeitraum von Anfang 1994 bis Ende 1996 in seiner Wohnung in F. auch am Glied des Fl. Z. „manipuliert“ zu haben, während er sich, mit beiden Kindern nackt auf dem Bett liegend, Kinderfilme ansah (Fall B. der Anklage), und
11
b) bei insgesamt vier Gelegenheiten (Fälle A. I. bis IV. der Anklage) im Zeitraum von 1995 bis 1997 auch den Sohn des Angeklagten S. , den 1988 geborenen Ju. E. , sexuell missbraucht zu haben. In einem Fall (Fall A. I. der Anklage) habe er den Jungen beim Spielen im Flur der o.g. Wohnung am Glied berührt und ihn gefragt, ob ihm das gefiele, in einem weiteren Fall (Fall A. II. der Anklage) beim gemeinsamen Betrachten einer Videoaufzeichnung in der Wohnung das Glied des auf seinem Schoß sitzenden Jungen geknetet. Im dritten Fall (Fall A. III. der Anklage) habe der Angeklagte im Beisein des Mitangeklagten S. im Computerzimmer der Wohnung zunächst das entblößte Glied des am Computer spielenden Ju. bis zur Erektion geknetet; im Anschluss hätten er und Ju. aneinander wechselseitig den Oralverkehr vollzogen. Im letzten Fall (Fall A. IV. der Anklage) habe der Angeklagte mit dem Jungen in seiner Ferienwohnung in A. /Schweiz Fangen gespielt; auf dem Bett des Gästezimmers habe er ihn zunächst gekitzelt und dann am entblößten Glied berührt.
12
c) Neben dem Vorwurf des Besitzes jugendpornographischer Schriften (s.o. I. 2.) lag dem Angeklagten Dr. N. weiterhin zur Last, anlässlich der Durchsuchung am 28. Mai 2010 in A. auch drei Abbildungen kinderpornographischen Inhalts besessen zu haben.
13
Darunter sollen sich zwei ca. 2001/2002 entstandene Abbildungen befunden haben, auf denen der 1992 geborene S. Ec. sein Glied aus der Hose holt sowie sein entblößtes Gesäß in die Kamera hält.
14
Auf einem ebenfalls aufgefundenen Diapositiv soll der nackte Angeklagte Dr. N. mit einem bis dahin unbekannten, ebenfalls nackten Kind abgebildet sein, dem er an das Genital fasst.
15
2. Dem Angeklagten S. lag aufgrund der – nur insoweit auch gegen ihn zugelassenen – Anklage zur Last, im Fall A. III. der Anklage bestärkend auf Ju. E. eingewirkt zu haben, damit er den Oralverkehr des Angeklagten Dr. N. an sich duldete bzw. seinerseits an diesem Oralverkehr ausübte.
16
3. Die Strafkammer hat zur Begründung der unterbliebenen Verurteilung wie folgt ausgeführt:
17
a) Sie sei zwar davon überzeugt, dass Fl. Z. das Opfer eines sexuellen Missbrauchs durch den Angeklagten Dr. N. geworden sei. Allerdings handele es sich bei diesem sexuellen Missbrauch nicht um die in der Anklage geschilderte, von einer „manuellen Manipulation“ geprägten Tat.
18
b) Auch bezüglich des Geschädigten Ju. E. hat sich die Straf- kammer davon überzeugt, dass dieser „überhaupt“ Opfer eines im Beisein des Angeklagten S. von dem Angeklagten Dr. N. verübten sexuellen Missbrauchs geworden ist. Diese Überzeugung stützt sie namentlich auf E-Mails, in denen der Angeklagte Dr. N. – ihres Erachtens glaubhaft – zwei Missbrauchstaten an Ju. E. beschrieben habe. Von den konkret der Anklage zugrunde liegenden Taten A. I. bis A. IV. hat sich die Strafkammer indes nicht überzeugen können, weil sie in den insoweit zugrunde gelegten An- gaben des Geschädigten „gravierende Konstanzmängel“ festgestellt habe.
19

c) Die beiden Abbildungen des S. Ec. trügen ersichtlich provokativen , nicht sexuell aufreizenden Charakter. Darüber hinaus habe der Angeklagte an diesen Bildern ersichtlich keinen Besitzwillen mehr gehabt, da er beide Bilder bereits zeitnah zur 2001 erfolgten Speicherung wieder gelöscht habe.
20
Im Fall der dritten Abbildung – die Strafkammer hat sich davon überzeugt , dass es sich bei dem neben dem Angeklagten abgebildeten Kind um den Pflegesohn seiner früheren Lebensgefährtin, B. , handelt – liege zwar der „sexuelle Bezug“ der auf dem Diapositiv abgebildeten Situation „auf der Hand“. Indes sei die Darstellung nicht „vergröbernd-reißerisch“, weshalb sie nicht als „pornographisch“ bewertet werden könne. Ein Teilfreispruch sei diesbezüglich jedoch nicht veranlasst, da der Besitz dieser Abbildung zum ausgeurteilten Besitz jugendpornographischer Schriften im Verhältnis der Tateinheit stehe.

B.


Revision des Angeklagten Dr. N.
21
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
22
Das Landgericht hat in Bezug auf die Verurteilung des Angeklagten wegen des Besitzes jugendpornographischer Schriften die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts erörtert und in diesem Zusammenhang insbesondere die gemäß § 7 Abs. 2 StGB erforderliche Strafbarkeit des Besitzes der Abbildung auch nach Maßgabe des schweizerischen Strafrechts bis (Art. 197 Ziff. 3 StGB-CH) ohne Rechtsfehler bejaht. Soweit sich die Revision gegen die Würdigung der Strafkammer zum Besitzwillen des Angeklagten be- züglich des genannten Bildes wendet, greifen ihre Beanstandungen ebenfalls nicht durch. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Auch der von der Revision geltend gemachte Strafklageverbrauch durch einen Strafbefehl vom 31. Juli 2003, rechtskräftig seit dem 19. August 2003, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen und Verbreitung von pornographischen Schriften wegen des Besitzes einer Videokassette ist nicht eingetreten. Dies gilt schon deswegen, weil der hiesige Tatzeitraum für den erst ab 5. November 2008 strafbaren Besitz jugendpornographischer Schriften (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 19. November 1993 – 2 StR 468/93, NStZ 1994, 123) nach dem Eintritt der Rechtskraft jenes Strafbefehls liegt, mithin eine Tat aufgrund eines neuen, qualitativ verschiedenen Tatentschlusses der jetzigen Verurteilung zugrunde liegt (BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2006 – 2 BvR 1895/05; BGH, Beschluss vom 13. März 1997 – 1 StR 800/96, NStZ 1997, 446 f.).
23
Auch im Übrigen hat die umfassende Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

C.


Revisionen der Staatsanwaltschaft
24
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft erzielen ihren weitgehenden Erfolg bereits mit der näher ausgeführten Sachrüge. Einer Erörterung der nur auf die Missbrauchsvorwürfe zum Nachteil des Ju. E. bezogenen Verfahrensbeanstandungen bedarf es nicht mehr.

I.


25
Die Freisprüche haben keinen Bestand.
26
Das Urteil leidet insoweit an einem durchgreifenden Darstellungsmangel. Denn die Strafkammer, die davon ausgeht, dass sowohl Fl. Z. als auch Ju. E. „überhaupt“ Opfer sexueller Missbrauchstaten geworden sind, teilt nicht mit, welchen Sachverhalt sie insoweit als festgestellt erachtet.
27
Spricht der Tatrichter den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, so muss er in den Urteilsgründen zunächst den Anklagevorwurf, hieran anschließend die insoweit getroffenen Feststellungen, dann die wesentlichen Beweisgründe und schließlich seine rechtlichen Erwägungen mitteilen. Der Tatrichter muss also zunächst diejenigen Tatsachen bezeichnen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen er die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht treffen konnte (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 – 1 StR 544/02, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 13 mwN; Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 512, 513; Urteil vom 3. März 2010 – 2 StR 427/09, NStZ-RR 2010, 182). Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (BGH, Urteile vom 5. Februar 2013 – 1 StR 405/12, NJW 2013, 1106; vom 27. Oktober 2011 – 5StR 236/11; vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4; vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2). Diesen Anforderungen genügt das Urteil nicht.
28
Solche Feststellungen, die grundsätzlich als eine geschlossene Darstellung zu treffen sein werden, waren auch hier nicht ausnahmsweise deswegen entbehrlich, weil sich nach den Urteilsgründen keinerlei Erkenntnisse ergeben hätten (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 236/11; vom 28. Oktober 2010 – 3 StR 317/10, NStZ-RR 2011, 88 f.; vom 17. Dezember2008 – 1 StR 552/08, NStZ-RR 2009, 116 f.; vom 29. Oktober 2003 – 5 StR 358/03). Vielmehr haben verschiedene Beweismittel, wie die zeugenschaftlichen Angaben der Geschädigten und der E-Mail-Verkehr des Angeklagten Dr. N. , ausweislich der Urteilsgründe einen Ertrag ergeben. Die Strafkammer unterlässt es aber, darzustellen, von welchem Geschehensablauf sie sich aufgrund einer würdigenden Gesamtschau des dargestellten Beweisertrags überzeugt hat.
29
Auf dieser Grundlage lässt sich die Wertung, die Missbrauchstaten, von deren Vorliegen sie überzeugt ist, seien nicht mit den angeklagten Taten (A. I. bis A. IV. hinsichtlich des Geschädigten Ju. E. , B. hinsichtlich des Geschädigten Fl. Z. ) identisch, revisionsrechtlich nicht überprüfen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
30
1. Taten zu Lasten von Fl. Z.
31
Ausweislich der Urteilsausführungen hat der Zeuge Fl. Z. in der Hauptverhandlung unterschiedliche Missbrauchsgeschehen an mehreren Tatorten , darunter aber mindestens fünf Taten in der F. Wohnung des Angeklagten im Zeitraum um 1996 geschildert. Dort hätten sie häufig mit seinem Bruder zu dritt nackt auf dem Bett gelegen und Kinderfernsehen geschaut. Dabei habe der Angeklagte seinen Penis an ihm gerieben und an seinem – des Zeugen – Glied Oralverkehr vorgenommen. Ob der Angeklagte das Glied des Zeugen auch angefasst habe, daran habe er keine Erinnerung mehr. Aus den weiteren Darstellungen ergibt sich, dass der Zeuge Fl. Z. immer wieder Erinnerungsunsicherheiten thematisiert und in der Hauptverhandlung erstmals vernommen worden ist.

32
Vor diesem Hintergrund – Identität des Tatorts, der Tatzeit und der Tatumstände (vgl. demgegenüber BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 375/08, StraFo 2009, 71; Beschluss vom 10. November 2008 – 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146 f.) – erhellt sich die Wertung der Strafkammer, dass es sich zwar um den Angeklagten „in hohem Maße belastende Angaben“ handele, die so geschilderten Taten aber ein anderes Gepräge als die angeklagte Tat hätten, nicht. Vielmehr hätte sie sich eine Überzeugung von dem Ablauf der stattgefundenen Taten bilden und diese feststellen müssen. Allein dies hätte einen Vergleich mit dem angeklagten Sachverhalt ermöglicht. So aber bleibt offen, inwieweit sie sich auf die Darstellungen des Zeugen Fl. Z. , insbesondere zur eigentlichen Tathandlung, stützt und ob sie dabei auch die zutreffenden Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Es wäre nämlich zu berücksichtigen, dass bei der Schilderung mehrerer Missbrauchstaten, zumal nach Ablauf von vielen Jahren, nicht für jeden Vorgang eine zeitlich exakte und detailreiche Schilderung erwartet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – 1 StR 190/01 mwN). Zudem bleibt unerörtert, inwieweit die Angaben des Zeugen durch andere Beweismittel bzw. -anzeichen eine Ergänzung, Bestätigung oder Widerlegung erfahren und worauf die als andersartig gewertete Darstellung des Tatablaufs in der Anklage zurückgeht.
33
2. Taten zu Lasten von Ju. E.
34
Hinsichtlich der den Geschädigten Ju. E. betreffenden Taten stellt die Strafkammer zunächst eine während des laufenden Ermittlungsverfahrens versandte E-Mail des Angeklagten Dr. N. an den Angeklagten S. dar, in der er als Reaktion auf den von ihm wiedergegebenen Vorwurf , dem Geschädigten, als dieser am Computer spielte, „in die Hose gefah- ren“ zu sein und an „seinem Pimmel herumgespielt“ zu haben, erklärt, es stimme vermutlich, dass er ihm „in die Hose gefahren“ sei.
35
Ihre Überzeugung davon, dass Ju. E. überhaupt Opfer eines in Anwesenheit des Angeklagten S. von dem Angeklagten Dr. N. verübten Missbrauchs geworden sei, gründet die Strafkammer auf weitere EMails des Angeklagten Dr. N. an eine Bekannte aus dem Jahr 2004. Hierin berichtet der Angeklagte ihres Erachtens glaubhaft unter anderem detailliert von zwei in Anwesenheit des Angeklagten S. in der F. Wohnung an Ju. E. verübten Missbrauchstaten. Einer dieser Vorfälle habe sich ereignet, als Ju. „wohl sieben oder acht Jahre alt“ gewesen sei.
36
„Gerade die angeklagten Taten“ hätten aber – so die Strafkammer – nicht „konkret festgestellt werden können“. Diese Wertung bleibt allerdings oh- ne Grundlage, da es die Strafkammer auch für diesen Tatkomplex unterlassen hat, dem angeklagten Geschehen die Feststellungen gegenüber zu stellen, die sie aufgrund einer Würdigung der erhobenen Beweise in der Gesamtschau treffen konnte.
37
Sie belässt es vielmehr dabei, die zeugenschaftlichen Schilderungen des Ju. E. darzustellen und losgelöst vom übrigen Beweisertrag zu bewerten. Auf dieser Grundlage kommt sie zu dem Schluss, dass der Zeuge Ju. E. zwar einen authentischen Eindruck gemacht habe, aber aufgrund „gra- vierender Mängel der Aussagequalität“ nicht zweifelsfrei auszuschließen sei, dass die von ihm konkret geschilderten Vorgänge durch Erinnerungsfehler, suggestive Einflüsse oder Phantasie beeinflusst gewesen seien. Da die angeklagten Taten aber auf seine Angaben gestützt seien, hätte sie sich eine zwei- felsfreie Überzeugung „trotz des (…) grundsätzlich erwiesenen sexuellen Miss- brauchs des Zeugen Ju. E. durch Dr. N. in Gegenwart seines nicht einschreitenden Vaters“ nicht bilden können.
38
Diese allein an den – für sich genommen als nicht hinreichend valide erachteten – Angaben des Geschädigten ausgerichtete Wertung lässt unerörtert, zu welcher Überzeugung zu einem Lebenssachverhalt eine Gesamtschau mit den sonstigen Beweismitteln – namentlich mit dem bereits erwähnten E-MailVerkehr ohne Beschränkung auf die E-Mails aus dem Jahre 2004 – aufgrund der gegenseitigen Durchdringung der Beweismittel hinsichtlich aller oder einzelner Taten geführt hätte. Damit ist auch der Verpflichtung, die Beweise erschöpfend zu würdigen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. März 2010 – 2 StR 427/09, NStZ-RR 2010, 182 f.; vom 29. August 2007 – 2 StR 284/07 mwN; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 56 mwN), nicht genügt.

II.


39
Soweit das Landgericht den Angeklagten Dr. N. nur wegen des Besitzes einer jugendpornographischen Schrift, nicht jedoch wegen (tateinheitlichen ) Besitzes weiterer kinderpornographischer Schriften verurteilt hat, hält auch dies revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
40
1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Abbildung des Angeklagten mit B. als nicht kinderpornographisch einstuft, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

41
Mit Recht ist die Strafkammer zwar von der Sexualbezogenheit der auf dem Diapositiv abgebildeten Situation – die dem Senat über die Beschreibung im Urteilstext und über den gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zum Bestandteil der Urteilsgründe gemachten, aktenkundigen Abdruck des Bildes zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 2 StR 365/99, NStZ 2000, 307, 309) – ausgegangen.
42
Allerdings legt sie im weiteren Verlauf einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde, indem sie zusätzlich fordert, dass die Darstellung der sexuellen Handlung einen vergröbernd-reißerischen Charakter aufweisen müsse, und insoweit die am Pornographie-Begriff der §§ 184, 184a StGB entwickelten Maßstäbe überträgt.
43
a) Gemäß § 184b Abs. 1 StGB sind kinderpornographische Schriften „pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben“. Infolgedessen bedarf es deshalb auch für § 184b Abs. 1 StGB eines in diesem Sinne „pornographi- schen“ Charakters der Abbildung.
44
aa) Der Bundesgerichtshof hat sich zur Auslegung dieses Begriffs für den Tatbestand des § 184b StGB bislang noch nicht geäußert und – soweit er sich mit der Einordnung von Schriften, insbesondere Lichtbildern, als „kinder- pornographisch“ imSinne von § 184 StGB aF, § 184b StGB nF befasst hat – ersichtlich nur die Frage des Sexualbezugs der dargestellten Handlungen thematisiert (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2014 - 4 StR 370/13; Beschlüsse vom 21. November 2013 – 2 StR 459/13 ; vom 19. März 2013 – 1 StR 8/13, BGHSt 58, 197; vom 8. Februar 2012 – 4 StR 657/11, StV 2012, 540; vom 10. Juli 2008 – 3 StR 215/08, StraFo 2008, 477; Urteil vom 24. März 1999 – 3 StR 240/98, BGHSt 45, 41; Beschluss vom 17. Dezember 1997 – 3 StR 567/97, NJW 1998, 1502).
45
bb) Im Schrifttum ist die Auslegung des Merkmals „pornographisch“ in § 184b Abs. 1 StGB umstritten.
46
Nach einer Ansicht (Wolters in SK-StGB, 136. Lfg., § 184b Rn. 3a) ergibt sich der pornographische Charakter bei der Darstellung sexueller Handlungen von, an oder vor Kindern jedenfalls in den Fällen, in denen die Schrift einen sexuellen Missbrauch von Kindern (§§ 176 bis 176b StGB) zum Inhalt hat, bereits aus der Strafbarkeit des dargestellten Vorgangs, weil in diesen Fällen das Kind stets zum Objekt fremdbestimmter Sexualität degradiert werde. Außerhalb der Missbrauchsfälle sei eine Einzelfallbetrachtung erforderlich, dabei sei darauf abzustellen, ob das abgebildete Kind zum Opfer fremdbestimmter Sexualität degradiert werde.
47
Die vorherrschende Meinung verweist zur Auslegung des Begriffs „pornographisch“ auf die anhand der §§ 184, 184a StGB entwickelten Maßstäbe (Hörnle in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 14 mwN; Hilgendorf in SSW-StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 3; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 184b Rn. 3); erforderlich ist danach eine vergröbernde Darstellung sexuellen Verhaltens, die den Menschen unter weitgehender Ausklammerung emotional-individualisierter Bezüge zum bloßen – auswechselbaren – Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht (zu § 184 Abs. 1 StGB vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 – 1 StR 477/89, BGHSt 37, 55, 59 f.; Beschluss vom 22. Juni 2010 – 3 StR 177/10, NStZ 2011, 455).
48
b) Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung nicht.
49
„Pornographie“ ist die Vermittlung sexueller Inhalte, die ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielt und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes überschreitet (so bereits Prot. des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform WP 6, S. 1932; vgl. Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl., § 184 Rn. 5). Nach heutigem Verständnis bestimmt sich die im Einzelfall schwer zu bestimmende Grenze nach der Wahrung der sexuellen Selbstbestimmung des Einzelnen (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 184 Rn. 7b mwN); pornographisch ist demgemäß die Darstellung entpersönlichter sexueller Verhaltensweisen , die die geschlechtliche Betätigung von personalen und sozialen Sinnbezügen trennt und den Menschen zum bloßen – auswechselbaren – Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 – 1 StR 477/89, BGHSt 37, 55).
50
Eine derartig degradierende Wirkung wohnt der Darstellung sexueller Handlungen von, an und vor Kindern jedoch in aller Regel inne. Von Fallgestaltungen abgesehen, in denen es der Darstellung am pornographischen Charakter schon deshalb fehlt, weil sie nicht überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt (so auch bereits Hörnle in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 14) – z.B. bei der Abbildung der Genitalien hierzu „posierender“ Kinder in medizinischen Lehrbüchern –, sind realitiätsbezogene Darstellungen sexueller Hand- lungen von, an oder vor Kindern daher regelmäßig auch „pornographisch“ i.S.v. § 184b Abs. 1 StGB. Eines darüber hinausgehenden „vergröberndreißerischen“ Charakters der Darstellung bedarf es demgegenüber nicht.
51
Das ergibt sich aus Folgendem:
52
aa) Der Wortlaut des § 184b Abs. 1 StGB, der die absolute Grenze einer Gesetzesauslegung zum Nachteil des Angeklagten bildet (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2012 – 1 StR 378/11, NStZ 2013, 120), bestimmt, dass nur eine „pornographische“ Schrift auch „kinderpornographisch“ i.S.v. § 184b Abs. 1 StGB sein kann. Wie der Begriff „pornographische Schriften“ innerhalb des § 184b Abs. 1 StGB jedoch ausgefüllt werden soll, lässt das Gesetz offen.
53
bb) Die gleichzeitige Verwendung des Begriffs in anderen Strafnormen, namentlich in den §§ 184, 184a StGB, gebietet nicht von vornherein eine gleichlautende Auslegung auch für § 184b StGB.
54
Maßgeblich ist stets der Schutzzweck der betroffenen Norm, der auch eine differenzierte Interpretation erforderlich machen kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – 1 StR 95/09, BGHSt 55, 36 ff. ; für eine unterschiedliche Definition des Begriffs „Pornographie“ innerhalb der verschiedenen Tatbestände des § 184 StGB daher auch Wolters in SK-StGB, 136. Lfg., § 184 Rn. 5; Schroeder, Pornographie, Jugendschutz und Kunstfreiheit, 1992, S. 21 ff.).
55
Eine Betrachtung nach dem Schutzzweck des § 184 StGB einerseits und dem des § 184b StGB andererseits legt keine einheitliche Interpretation des Begriffs „pornographisch“ nahe.
56
Die Vorschrift des § 184 StGB soll den Bürger vor unerwünschter Konfrontation mit Pornographie schützen (BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2005 – 5 StR 156/05, NStZ 2005, 688; vom 10. Juni 1986 – 1 StR 41/86, BGHSt 34, 94, 97); darüber hinaus dient er dem Jugendschutz (Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl., § 184 Rn. 1; krit. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 184 Rn. 2), wobei auch hier vor allem der Schutz Jugendlicher vor der Konfrontation mit Pornographie gemeint ist.
57
Demgegenüber schützt § 184b StGB nicht nur den Konsumenten der Abbildung, sondern auch die sexuelle Integrität des Kindes, das an ihrer Herstellung mitwirkt (BT-Drucks. 12/3001, S. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 – 2 StR 220/13, NStZ-RR 2013, 339, 340; Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 StR 328/11, StV 2012, 212). Insbesondere soll potenziellen Tätern kein An- reiz zu sexuellen Missbrauchstaten gewährt werden.
58
Schon nach dem Maßstab des Konsumentenschutzes bedarf es bei der Darstellung sexueller Handlungen von, an und vor Kindern keines vergröberndreißerischen Charakters. Denn deren Degradierung zum Objekt fremder sexueller Begierde ergibt sich allein daraus, dass ihnen eine selbstbestimmte Mitwirkung an sexuellen Handlungen per se nicht möglich ist (zur Unwirksamkeit einer Einwilligung des Kindes in sexuelle Handlungen vgl. Hörnle in LK-StGB, 12. Aufl., § 176 Rn. 4 mwN; Renzikowski in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 176 Rn. 2 mwN; Wolters in SK-StGB, 135. Lfg., § 176 Rn. 2; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 176 Rn. 2).
59
Vor allem aber spricht die Verknüpfung mit dem Schutzzweck der §§ 176 ff. StGB gegen eine Restriktion des Tatbestands am Maßstab des für §§ 184, 184a StGB entwickelten Pornographie-Begriffs. Der Gesetzgeber hat einen umfassenden Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch angestrebt. Die Ausdehnung dieses Schutzes auf die Fälle mittelbarer Förderung in § 184b StGB lässt sich daher nur umsetzen, wenn es für die Begründung der Strafbarkeit nicht noch der vergröbernd-reißerischen Darstellung bedarf.
60
cc) Auch der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des heutigen § 184b StGB ersichtlich nicht davon ausgegangen, dass es für die Qualifizierung einer Schrift als „kinderpornographisch“ auf eine i.S.v. § 184 StGB „vergröberndreißerische“ Darstellung ankommt.
61
Die aktuelle Regelung entstammt dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2149). Das bereits in der früheren Fassung enthaltene Merk- mal „pornographisch“ wurde im Entwurf der Neuregelung zunächst stillschwei- gend übernommen (vgl. Art. 1 Nr. 8, BT-Drucks. 16/3439, S. 5, 9). Bereits während der Beratungen des Rechtsausschusses wurde im Rahmen zweier Entschließungsanträge – allerdings erfolglos – beantragt, „zur Klarstellung“ das Tatbestandsmerkmal „pornographisch“ zu streichen, weil diesem keine Funkti- on zukomme (BT-Drucks. 16/9646, S. 10, 14).
62
Auch die Ausschussmehrheit, deren Beschlüsse im Gesetz zur Umsetzung gelangt sind, ging ersichtlich nicht davon aus, dass es für eine i.S.v. § 184b Abs. 1 StGB „pornographische“ Darstellung eines vergröberndreißerischen Charakters bedürfe: In der Beschlussempfehlung zur Begründung der Neuregelung in § 184c StGB (jugendpornographische Schriften) heißt es hierzu: „Außerdem wird durch die Regelung außerhalb von § 184b StGB klar- gestellt, dass es sich um pornographische Schriften handeln muss. Für eine Strafbarkeit nach § 184b StGB genügt es nämlich, dass die Schrift den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand hat, ohne dass es auf den por- nographischen Charakter der Darstellung (vergröbernde Darstellung des Sexuellen unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge) ankommt, da sexuelle Handlungen mit Kindern generell verboten sind. Für die nach § 184a strafbare Gewalt- und Tierpornographie ist hingegen der Pornographiebegriff derselbe wie in § 184. Entsprechend gilt dies auch für § 184c – neu –. Weder für § 184a noch für § 184c – neu – gelten die für § 184b maßgeblichen Überlegungen (generelle Strafbarkeit aller dargestellten sexuellen Handlun- gen)“ (vgl. BT-Drucks. 16/9646, S. 18).
63
dd) Nach dem Schutzzweck des § 184b StGB ist der Begriff „pornogra- phisch“ indes auch nicht auf Fälle der Darstellung strafbewehrter sexueller Missbrauchstaten im Sinne der §§ 176 bis 176b StGB beschränkt.
64
Denn zum einen war es erklärtes Ziel der Neuregelung des § 184b StGB, die als zu eng empfundene Erfassung nur solcher Darstellungen, „die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben“ durch die Er- weiterung auf Darstellungen, die sexuelle Handlungen von, an und vor Kindern zum Gegenstand haben zu ersetzen (vgl. BT-Drucks. 16/3439, S. 9). Diesem Ziel liefe eine wiederum auf Missbrauchsfälle begrenzte Auslegung des Tatbe- standsmerkmals „pornographisch“ ersichtlich zuwider.
65
Zum anderen würden durch eine Anknüpfung an die Tatbestände der §§ 176 bis 176b StGB Darstellungen solcher Handlungen aus dem Anwendungsbereich des § 184b StGB ausgeschlossen, die den §§ 176 bis 176b StGB nur deshalb nicht unterfallen, weil sie nicht i.S.v. § 184g Nr. 1 StGB „von einiger Erheblichkeit“ sind. Das Merkmal „Erheblichkeit“ in § 184g Nr. 1 StGB ist jedoch nicht einheitlich am Maßstab des § 176 Abs. 1 StGB, sondern gemäß dem Wortlaut des § 184g Nr. 1 StGB „im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut“ zu bestimmen. Nachdem § 184bStGB aber schon mögliche Anrei- ze für potenzielle Missbrauchstäter vermeiden soll, versagt der für § 176 StGB entwickelte Maßstab der „Erheblichkeit“ gerade in den Fällen, in denen esdort z.B. auf die Intensität und Dauer einer Berührung ankommt (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 184g Rn. 7 mwN). Die Übernahme dieses Maßstabs würde den Zweck der Anreizvermeidung verkürzen; die Kriterien wären auch zur Bestim- mung der „Erheblichkeit“ für einen großen Teil der von § 184b StGB erfassten „Schriften“ völlig ungeeignet.
66
c) Das Merkmal „pornographisch“ läuft damit nicht ins Leere. Es dient dem Ausscheiden von Fallgestaltungen, in denen die dargestellte sexuelle Handlung keine Straftat darstellt und nicht überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt.
67
d) Nachdem die Strafkammer den Sexualbezug der Abbildung ohne Rechtsfehler festgestellt hat und ersichtlich kein Fall vorliegt, in dem es der Darstellung ausnahmsweise am pornographischen Charakter mangelt (s.o. 1. b.), kann der Senat bezüglich der rechtlichen Bewertung als „kinderpornographische Schrift“ eine eigene Entscheidung treffen.
68
2. Hinsichtlich der allenfalls noch für den Schuldumfang relevanten Dateien mit Abbildungen des S. Ec. , die der Angeklagte auf einer externen Festplatte gespeichert hatte, hat die Strafkammer demgegenüber mit nicht zu beanstandenden Erwägungen eine Verurteilung des Angeklagten Dr. N. schon mangels eines im Tatzeitraum bestehenden Besitzwillens abgelehnt.
69
Insoweit war die den Angeklagten Dr. N. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft unbegründet und daher zu verwerfen.

III.


70
Im Hinblick auf die Erweiterung des den Angeklagten Dr. N. wegen Besitzes jugendpornographischer Schriften treffenden Schuldspruchs im Fall II. 2. der Urteilsgründe auf den Tatbestand der Kinderpornographie bedurfte die von der Strafkammer insoweit erkannte Einzelstrafe der Aufhebung. Bereits dies zog die Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
71
Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es insoweit nicht, da die Strafkammer einem reinen Wertungsfehler erlegen ist. Dem neuen Tatrichter bleibt es jedoch unbenommen, ergänzende Feststellungen zu treffen, soweit diese sich nicht mit den bisher getroffenen in Widerspruch setzen.

D.


72
Der Angeklagte trägt die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels. Über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft wird die nunmehr zuständige Strafkammer zu erkennen haben.
RiBGH Dr. Wahl ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Raum Rothfuß Jäger Cirener