Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 3 4 / 1 4
vom
27. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. November
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 21. Februar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern freigesprochen. Dem Angeklagten liegt zur Last, in seiner Wohnung im September 2009 die im Mai 1998 geborene Nebenklägerin u.a. an der unbedeckten Scheide geleckt und in der Folgezeit bei vier weiteren Gelegenheiten , letztmals im Oktober 2010, mit dem Kind den Oral-, Vaginal- und Analverkehr vollzogen zu haben. Der Angeklagte hat die Tatvorwürfe bestritten. Das Landgericht hat sich von deren Richtigkeit nicht überzeugen können. Gegen den Freispruch richtet sich die Revision der Nebenklägerin (gesetzlich vertreten durch ihren Vater) mit einer Verfahrensrüge und mit sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Die Revision ist zulässig. Der Angeklagte ist vom Vorwurf eines die Beschwerdeführerin zur Nebenklage berechtigenden Delikts freigesprochen worden (§ 395 Abs. 1 Nr. 1 StPO). Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin u.a. mit sachlichrechtlichen Beanstandungen und beantragt die Aufhebung des freisprechenden Urteils.
3
2. Das Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben. Auf die Verfahrensbeanstandung kommt es daher nicht an.
4
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, das heißt, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, ob sie gegen Denkgesetze verstößt oder ob der Tatrichter an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. August 1994 - 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10 mwN; vom 29. Juli 2010 - 4 StR 190/10, juris Rn. 7; vom 8. Mai 2014 - 1 StR 722/13, NStZ-RR 2014, 220 (nur Ls)).
5
Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Im Anschluss an die Darstellung des Anklagevorwurfs hat das Landgericht die bestreitende Einlassung des Angeklagten und die Aussage der Nebenklägerin wiedergegeben, ehe es auf viereinhalb Seiten Mängel der belastenden Aussage dargelegt hat, die ihr eine Überzeugung im Sinne des Anklagevorwurfs nicht möglich gemacht haben. Von welchen Geschehnissen sich das Landgericht hat überzeugen können, ist auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils nicht zu entnehmen. Einerseits ist es der Darstellung des Angeklagten nicht ausnahmslos gefolgt, sondern hat vielmehr erhebliche Zweifel daran geäußert, dass diese in vollem Umfang zutreffe. Andererseits hat es die Angaben der Nebenklägerin nicht vollständig für unzureichend erachtet, sondern vielmehr für nicht völlig ausgeschlossen gehalten, dass zwei der Tatvorwürfe einen wahren Kern beinhalteten und dass ein anderes dem Angeklagten vorgeworfenes Geschehen sich bei einer anderen als der in der Anklageschrift in Bezug genommenen Gelegenheit ereignete. Eine Situation, dass wegen Ergebnislosigkeit der Beweisaufnahme überhaupt keine Feststellungen getroffen werden könnten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 317/10, NStZ-RR 2011, 88), ist damit nicht gegeben.
Becker Pfister Schäfer Mayer Spaniol

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Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 395 Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger


(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der Nebenklage anschließen, wer verletzt ist durch eine rechtswidrige Tat nach 1. den §§ 174 bis 182, 184i bis 184k des Strafgesetzbuches,2. den §§ 211 und 212

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(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der Nebenklage anschließen, wer verletzt ist durch eine rechtswidrige Tat nach

1.
den §§ 174 bis 182, 184i bis 184k des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches, die versucht wurde,
3.
den §§ 221, 223 bis 226a und 340 des Strafgesetzbuches,
4.
den §§ 232 bis 238, 239 Absatz 3, §§ 239a, 239b und 240 Absatz 4 des Strafgesetzbuches,
5.
§ 4 des Gewaltschutzgesetzes,
6.
§ 142 des Patentgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes, § 39 des Sortenschutzgesetzes, den §§ 143 bis 144 des Markengesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen.

(2) Die gleiche Befugnis steht Personen zu,

1.
deren Kinder, Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner durch eine rechtswidrige Tat getötet wurden oder
2.
die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen Klage herbeigeführt haben.

(3) Wer durch eine andere rechtswidrige Tat, insbesondere nach den §§ 185 bis 189, 229, 244 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 4, §§ 249 bis 255 und 316a des Strafgesetzbuches, verletzt ist, kann sich der erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen, wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint.

(4) Der Anschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig. Er kann nach ergangenem Urteil auch zur Einlegung von Rechtsmitteln geschehen.

(5) Wird die Verfolgung nach § 154a beschränkt, so berührt dies nicht das Recht, sich der erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen. Wird der Nebenkläger zum Verfahren zugelassen, entfällt eine Beschränkung nach § 154a Absatz 1 oder 2, soweit sie die Nebenklage betrifft.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

7
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. BGHSt 37, 21, 22; BGH, Urteile vom 14. Februar 2008 - 4 StR 317/07, NStZ-RR 2008, 206, 207 und vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, NJW 2008, 2792, 2793). Dem genügt das angefochtene Urteil nicht, soweit der Freispruch im Fall 8 der Anklage inmitten steht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 7 2 2 / 1 3
vom
8. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandlung -,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
- bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Vertreter für
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 7. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubter Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass in Tateinheit mit Urkundenfälschung“ sowie wegen „vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Von dem weiteren Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen eines Springmessers gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die wirksam auf den Freispruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
1. Dem Angeklagten ist mit der Anklage vorgeworfen worden, sich am 23. Juli 2011 gegen 14.00 Uhr gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten D. in eine Münchener Parkanlage begeben zu haben, um sich dort in den Besitz von Kokain- und Heroingemisch zu bringen. Die Betäubungsmittel seien zuvor von beiden gemeinschaftlich erworben und von den Vorbesitzern in der Parkanlage vergraben worden. Der Angeklagte habe um das Versteck gewusst und ein funktionsfähiges Springmesser mit einer Klingenlänge von sieben Zentimetern mit sich geführt. Es habe sich um 51,8 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 1,7 Gramm Heroinhydrochlorid und 303,2 Gramm Kokaingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 9 Gramm Kokainhydrochlorid gehandelt.
4
2. Das Landgericht hat zur Begründung des Freispruchs ausgeführt, dass es den Angeklagten der Tat nicht mit der erforderlichen Sicherheit für überführt erachte. Hierzu stellt es die erhobenen Zeugenaussagen dar. So habe der gesondert Verfolgte D. bekundet, der Angeklagte habe mit dem vergrabenen Päckchen nichts zu tun. Der Angeklagte habe gesagt, er müsse urinieren und sei ihm - dem Zeugen - bei der Suche nach den vergrabenen Betäubungsmitteln gefolgt. Sofern er, der Zeuge, früher etwas anderes gesagt habe, nämlich dass das gesamte Kokain dem Angeklagten gehört habe, sei dies gelogen gewesen. Sodann werden noch die Angaben von zwei Polizeibeamten mitgeteilt, die den Angeklagten und D. in der Parkanlage beobachtet haben. Danach habe einer gegraben, während der andere daneben gestanden und geschaut habe, zuvor hätten beide mit den Füßen am Boden gescharrt. Uriniert habe keiner von beiden. Diese Angaben begründeten zwar „gewisse Zweifel“ an der Version des D. , dennoch sei der Nachweis der Tat nicht zu führen.

II.


5
Das Urteil hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
Es unterliegt der Aufhebung, weil es an einem durchgreifenden Darstellungsmangel leidet. Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen , so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die das Tatgericht für erwiesen erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 – 1 StR 544/02, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 13 mwN; Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 512, 513; Urteil vom 3. März 2010 – 2 StR 427/09, NStZRR 2010, 182). Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – 1 StR 405/12, NJW 2013, 1106; vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 236/11; vom 17. Mai 1990 - 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4; vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht.
7
Denn das Landgericht stellt nicht dar, von welchem Geschehensablauf es sich aufgrund einer würdigenden Gesamtschau des dargestellten Beweisertrags überzeugt hat. Dass die Beweisaufnahme hierzu Erkenntnisse erbracht hat, belegen die sich auf eine Darstellung der Zeugenaussagen beschränkenden Urteilsausführungen.
8
Indem es das Landgericht unterlässt, diese Erkenntnisse dahingehend zu würdigen, was sich in der Parkanlage zugetragen hat und wie sich der Angeklagte dort verhalten hat, ist dem Revisionsgericht keine Nachprüfung möglich , ob es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zum Freispruch gelangt ist. Denn das genaue, über die Angaben im mitgeteilten Anklagesatz hinausgehend präzisierte Verhalten des Angeklagten vor Ort wäre ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Frage einer Tatbeteiligung.
9
Dass eine würdigende Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Angaben des D. erforderlich gewesen wäre, wird durch das unaufgelöste Spannungsverhältnis zwischen dessen Angaben und den für glaubhaft erachteten Angaben der Polizeibeamten belegt. Auf dieser Grundlage hat das Landge- richt selbst erkannt, dass „Zweifel“ an den entlastenden Angaben „begründet“ sind. Dies lässt sich zum einen schon schwerlich mit der an anderer Stelle des Urteils gemachten Wertung, die Angaben des D. seien glaubhaft, vereinbaren ; zum anderen hätte es aber Anlass sein müssen, sich eine Überzeugung vom genauen Geschehensablauf im Park zu verschaffen, anstatt die Zeugenaussagen unaufgelöst nebeneinander stehen zu lassen. Bei dieser Würdigung wäre auch der Wechsel des Einlassungsverhaltens des D. zu bewerten gewesen , der nach den Feststellungen ursprünglich den wegen Kokainhandels verurteilten Angeklagten als Verantwortlichen für das Kokain benannt hat. Raum Wahl Rothfuß Jäger Cirener

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 317/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 22. Februar 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 7. der Urteilsgründe freigesprochen worden ist,
b) im Strafausspruch. Die weitergehende Revision wird verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch aufgehoben. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von dem Vorwurf, in sieben weiteren Fällen unerlaubt mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben, hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Teilfreispruchs und - wegen Rechtsfehlern zu Gunsten des Angeklagten - des Strafausspruchs. Außerdem rügt sie, dass das Landgericht keine Entscheidung über den Verfall von Wertersatz getroffen hat. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision das Verfahren und erhebt die Sachrüge. Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
3
A. Revision der Staatsanwaltschaft
4
I. Der Freispruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe war wegen eines durchgreifenden Beweiswürdigungsfehlers aufzuheben. In den übrigen Fällen II. 1. bis 6. der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte freigesprochen worden ist, hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten ergeben.
5
1. Mit der - unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen - Anklageschrift vom 11. Mai 2009 hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten u.a. sieben Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt. Er soll Anfang März 2007 mit den gesondert Verfolgten Waldemar und Jakob B. die Lieferung von 2,2 Kilogramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 40 % HHC sowie von 1,5 Kilogramm Streckmittel verabredet haben, wobei es zu der geplanten Auslieferung des bereits bezahlten Rauschgifts nach dessen Sicherstellung durch die Polizei nicht gekommen sein soll. In sechs weiteren Fällen, nämlich am 3. April 2007, 6. November 2007, 14. Januar 2008, 25. Januar/5. Februar 2008, 19. März 2008 und 21. September 2008, soll er jeweils ca. 500 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 40 % HHC an den gesondert Verfolgten S. verkauft haben. S. soll jeweils das Rauschgift beim Angeklagten bestellt und diesem den Kaufpreis im Voraus übergeben haben. Anschließend soll der Angeklagte seinen "Bunkerhalter", der spätestens ab November 2007 der gesondert Verfolgte Mitangeklagte W. gewesen sein soll, angewiesen haben, das gekaufte Heroin aus einem zwischengelagerten Vorrat an den Käufer auszuliefern.
6
2. Zum Fall II. 7. der Urteilsgründe ist die Beweiswürdigung widersprüchlich und lückenhaft. Die Ausführungen des Landgerichts, es hätten keine Feststellungen dazu getroffen werden können, dass das Rauschgift, das der Mitangeklagte W. an den Käufer S. übergeben habe, für den Angeklagten bestimmt gewesen sei, sind angesichts des Vorwurfs, Heroin in nicht geringer Menge verkauft zu haben, unverständlich. Zudem lässt sich ihnen nicht entnehmen , ob und gegebenenfalls wie sich der wegen dieser Tat verurteilte Mitangeklagte W. zu diesem Anklagepunkt eingelassen hat. Dies wäre aber jedenfalls deswegen erforderlich gewesen, weil das Landgericht bei der Erörterung der Fälle II. 1. bis 6. ausdrücklich mitteilt, der Mitangeklagte W. habe sich zu diesen Anklagepunkten nicht geäußert, während es zum Fall II. 7. lediglich ausführt, der Mitangeklagte W. sei wegen seiner Beteiligung an diesem Geschehen bereits durch Urteil vom 28. Januar 2010 verurteilt worden. Diese differenzierende Darstellung des Landgerichts deutet darauf hin, dass sich der Mitangeklagte W. zu dem Anklagevorwurf im Fall II. 7. eingelassen hat.
7
3. In den übrigen Fällen, in denen der Angeklagte freigesprochen worden ist, liegt weder ein durchgreifender Darstellungsmangel noch ein Fehler in der Beweiswürdigung vor, der sich aus den Urteilsgründen ergibt, die allein Grundlage der rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht aufgrund der erhobenen Sachrüge sind (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 337 Rn. 22).
8
a) Zu diesen Taten, zu denen sich der Angeklagte nicht eingelassen hat, hat das Landgericht ausgeführt: "Die unter II. 1. bis 6. dargestellten Taten konnten dem Angeklagten nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden. Der Mitangeklagte W. hat sich zu diesen Fällen, soweit er nach der Anklage daran beteiligt sein sollte, nicht geäußert. Die gesondert Verfolgten Waldemar und Jakob B. sowie S. haben von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch gemacht. Diese Beweiswürdigung hat sich die Staatsanwaltschaft mit ihrem Antrag auf Teilfreispruch hinsichtlich dieser Anklagevorwürfe selbst zu eigen gemacht."
9
b) Diese Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Nach den Urteilsgründen ist davon auszugehen, dass sämtliche Beweiserhebungen , die das Landgericht zu den Tatvorwürfen in den Fällen II. 1. bis 6. versucht hat, keine Erkenntnisse erbracht haben, da die dazu gehörten Zeugen sowie der Mitangeklagte W. von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht haben. Dies trägt den Freispruch in materiell-rechtlicher Hinsicht. Insbesondere kann bei dieser Beweislage nicht beanstandet werden, das Landgericht habe fehlerhaft den für erwiesen erachteten Sachverhalt nicht dargestellt, um erst daran anschließend darzulegen, weswegen dem Angeklagten für eine Verurteilung erforderliche weitere Tatsachen nicht nachweisbar gewesen sind (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 267 Rn. 33); denn hierfür ist von vorneherein kein Raum, wenn sich nach den Urteilsgründen keinerlei Beweisertrag ergeben hat.
10
Es ist nicht Sache des Revisionsgerichts, im Hinblick auf die äußerst knappen, in Teilen ohne die gebotene Sorgfalt abgefassten Urteilsgründe Mutmaßungen darüber anzustellen, ob nicht naheliegend weitere Beweismittel zur Aufklärung der Tatvorwürfe zur Verfügung gestanden hätten oder weitere Beweise erhoben und im Urteil lediglich nicht gewürdigt worden sind. Schon gar nicht kann das Revisionsgericht aufgrund derartiger Mutmaßungen das Urteil auf die Sachrüge hin aufheben. Vielmehr wäre es Sache der Staatsanwaltschaft gewesen, entweder durch Erhebung der Aufklärungsrüge geltend zu machen, dass das Landgericht weitere mögliche Beweise zur Erforschung des Sachverhalts unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht erhoben hat, oder zu beanstanden , dass es hierzu erhobene Beweise nicht in seine Würdigung einbezogen und daher zu seiner Überzeugungsbildung den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft hat (§ 261 StPO). Wenn sie sich demgegenüber mit der Erhebung der Sachrüge begnügt, muss sie die Konsequenzen ihres unzureichenden prozessualen Verhaltens tragen und die Bestätigung des Teilfreispruchs durch das Revisionsgericht akzeptieren.
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II. Die hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Strafausspruchs allein zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).
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1. Nach den Feststellungen organisierte der Angeklagte in leitender Funktion eine Lieferung von ca. 14 Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 85 % KHC, das zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, auf dem Seeweg von Ecuador nach Montenegro. Im Widerspruch dazu hat das Landgericht der Strafzumessung die Lieferung von ca. 14 Kilogramm Heroin zu Grunde gelegt und strafschärfend gewertet, dass die Grenzmenge der nicht geringen Menge "an Heroin als einer der gefährlichsten Hartdrogen um mehr als das 7.900-fache überschritten" worden sei. Daraus ergibt sich, dass es von dem für Heroin geltenden Grenzwert der nicht geringen Menge von 1,5 Gramm anstatt von 5 Gramm Wirkstoff für Kokain ausgegangen ist und deshalb einen zu großen Schuldumfang angenommen hat. Der Senat kann nicht ausschließen , dass sich dieser Rechtsfehler auf die verhängte Strafe ausgewirkt hat.
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2. Der Strafausspruch war aufgrund des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft nicht zum Nachteil des Angeklagten aufzuheben. Strafzumessungsfehler zu Gunsten des Angeklagten liegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht vor.
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Ergänzend bemerkt der Senat: Soweit der Angeklagte den Mitangeklagten K. als Hauptorganisator des Betäubungsmittelhandels belastet hat, handelt es sich um ein zulässiges Verteidigungsverhalten (Fischer, StGB, 57. Aufl., § 46 Rn. 53). Die Formulierung im angefochtenen Urteil, die Tat sei von der Polizei überwacht worden, bezieht sich erkennbar auf das Geschehen nach der Entdeckung des Kokains durch die kroatischen Zollbehörden. Dass der Rauschgifttransport mit einem erheblichen Aufwand vorbereitet und der Tatplan nahezu perfekt umgesetzt wurde, hat das Landgericht gesehen, wie sich aus den Ausführungen ergibt, mit denen es einen minder schweren Fall verneint hat. Die behaupteten Angaben des Mitangeklagten K. über die zugesagte Abnahme einer großen Menge Kokain durch den Chef der Familie M. aus Montenegro sind urteilsfremd und können auf die Sachrüge hin nicht berücksichtigt werden.
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Die von der Staatsanwalt vermisste Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73 Abs. 1, § 73a StGB) kam schon deshalb nicht in Betracht, weil der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen aus der Tat, wegen der er verurteilt worden ist, weder Geld noch einen sonstigen Vermögensvorteil erlangte.
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B. Revision des Angeklagten
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I. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung des Angeklagten hat zum Schuldspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Ergänzend bemerkt der Senat, dass die Aufklärungsrüge auch deswegen unzulässig ist, weil das von der Vernehmung des Zeugen Sch. erwartete Beweisergebnis lediglich pauschal mit "legalen Geschäften" bezeichnet wird, ohne diese zu benennen.
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II. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat zum Strafausspruch Erfolg, weil aus den oben dargestellten Gründen das Landgericht von einem zu großen Schuldumfang ausgegangen ist. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer