Bundesgerichtshof Urteil, 02. Nov. 2011 - 2 StR 251/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 8.450 € angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teil- erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen konsumierte der einschlägig vorbestrafte Angeklagte S. seit Jahren Drogen, hauptsächlich Kokain und Amphetamin. Zwischen dem 2. Januar 2010 und dem 17. Februar 2010 handelte er in sieben Fällen mit Haschisch und Amphetamin in einer Größenmenge von jeweils zwischen 100 und 500 Gramm. Bei einer Wohnungsdurchsuchung am 8. Februar 2010 wurden 24,61 Gramm zum Weiterverkauf bestimmtes Kokain und ein Rest von 8,7 Gramm Amphetamin sichergestellt. Der Angeklagte handelte in der Absicht , sich durch den Handel mit Betäubungsmitteln eine fortlaufende Einnahmequelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts und zur Finanzierung seines eigenen Konsums von Amphetamin und Kokain zu verschaffen.
II.
- 3
- Der Angeklagte hat mit Verteidigerschriftsatz vom 15. Juni 2011 nachträglich erklärt, er nehme die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff aus. Eine solche Revisionsbeschränkung ist grundsätzlich möglich und im vorliegenden Fall wirksam, weil sich hier weder den Urteilsgründen noch der Strafhöhe entnehmen lässt, dass die Strafe von dem Unterbleiben der Anordnung einer Maßnahme nach § 64 StGB beeinflusst worden ist (vgl. BGHSt 38, 362 ff; Fischer, StGB 58. Aufl. § 64 Rn. 29 mwN). Die Senatsentscheidungen vom 15. Juni 2011 - 2 StR 140/11 und vom 22. Juni 2011 - 2 StR 139/11 stehen dem nicht entgegen. Soweit die Begründungen jener Einzelfallentscheidungen als zu weitgehend interpretiert werden könnten, stellt der Senat klar, dass eine Ausnahme der Nicht- Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB vom Revisionsangriff nur dann unwirksam ist, wenn sich im Einzelfall aus den Urteilsgründen eine unlösbare Verbindung von Straf- und Maßregelausspruch ergibt.
III.
- 4
- 1. Die Verfahrensrüge ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt und daher gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig.
- 5
- 2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die allgemeine Sachrüge hat im Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 6
- Allein der Umstand, dass der Angeklagte seit Jahren selbst Rauschmittel konsumierte und u.a. auch zur Finanzierung seines eigenen Konsums mit Drogen handelte, drängte hier nicht zu einer näheren Erörterung des § 21 StGB. Eine Abhängigkeitserkrankung kann die Annahme von § 21 StGB nur dann begründen , wenn ein langjähriger Konsum zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder wenn starke Entzugserscheinungen bzw. die Angst vor solchen handlungsbestimmend sind (vgl. Fischer, aaO § 21 Rn. 13 mwN). Dafür gab es vorliegend keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil spricht hier die gut geplante und situationsangepasste Tatausführung in vielen Fällen über einen längeren Zeitraum entscheidend gegen eine verminderte Schuldfähigkeit.
- 7
- 3. Allerdings hat der Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes von 8.450 € keinen Bestand. Nach den Urteilsfeststellungen waren Erlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften wertmäßig nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden. Dies kann es rechtfertigen, von der Härteregelung des § 73c Abs. 1 StGB Gebrauch zu machen. Hierzu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.