Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2009 - 1 StR 554/08

bei uns veröffentlicht am14.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 554/08
vom
14. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Misshandlung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Januar
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
und Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 26. November 2007 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten. 3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten dieses Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht waren zwei Taten, welche dem Angeklagten zur Last gelegt wurden. Dabei hat das Landgericht den Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe (Geiselnahmeübung im zweiten Quartal 2004) wegen Misshandlung gemäß § 30 Abs. 1 WStG zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,-- Euro verurteilt. Im Fall II.2 der Urteilsgründe (Geiselnahmeübung im dritten Quartal 2004) hat es ihn dagegen von dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und mit entwürdigender Behandlung (§ 31 Abs. 1 WStG) freigesprochen.
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Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die näher ausgeführte Sachbeschwerde gestützten Revision gegen seine Verurteilung. Mit der zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft wird ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Revision der Staatsanwaltschaft wird vom Generalbundesanwalt vertreten und richtet sich gegen den Freispruch des Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe (Geiselnahmeübung im dritten Quartal 2004). Betreffend den Fall II.1 der Urteilsgründe (Geiselnahmeübung im zweiten Quartal 2004) beanstandet die Beschwerdeführerin die fehlende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung und entwürdigender Behandlung. Während das Rechtsmittel des Angeklagten keinen Erfolg hat, ist das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft mit den Feststellungen - ausgenommen diejenigen zum äußeren Tatgeschehen - aufzuheben.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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1. Der Angeklagte - Stabsunteroffizier - war in Coesfeld in der 7. Kompanie des 7. Instandsetzungsbataillons der Bundeswehr als Hilfsausbilder tätig. Bei dieser Kompanie, die in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne stationiert war und die vom früheren Mitangeklagten Hauptmann S. geführt wurde, handelte es sich um eine reine Ausbildungskompanie, der jeweils zu Quartalsbeginn neue Rekruten zur dreimonatigen Grundausbildung zugewiesen wurden.
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2. Zur Tatzeit - im zweiten und dritten Quartal 2004 - galt für die Ausbildung der Rekruten die „Anweisung für die Truppenausbildung Nummer 1“ (AnTrA1), Stand Juni 2001. Sie regelte Ziele und Inhalte der Allgemeinen Grundausbildung und sah für die dreimonatige Grundausbildung der Rekruten eine Ausbildung „Geiselnahme/Verhalten in Geiselhaft“ nicht vor. Am 8. Juli 2004 wurde nach längeren Überlegungen im Bundesministerium der Verteidigung eine geänderte AnTrA1 herausgegeben, die zum 1. Oktober 2004 in Kraft trat. Diese enthielt einen neuen Teil „Basisausbildung EAKK“ (Einsatzvorbereitende Ausbildung für Krisenbewältigung und Konfliktverhütung) mit dem Ziel, bereits in der Grundausbildung die für einen Auslandseinsatz im Rahmen der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung erforderlichen Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten zu erlernen. Dieser neue Ausbildungsteil sah eine zweistündige , vom Kompaniechef durchgeführte Unterrichtseinheit - jedoch keine praktische Übung - über Geiselhaft, Entführung und Gefangenschaft bei Einsätzen sowie über die Konfrontation mit Verwundung und Tod und deren Bewältigung vor. Diese geänderte AnTrA1 war seit 19. Juli 2004 im Intranet der Bundeswehr abrufbar. Bereits zuvor fanden im Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum in Hammelburg Lehrgänge statt, in denen Zugführer von Ausbildungskompanien für die Ausbildung nach der neuen AnTrA1 geschult wurden, um als Multiplikatoren für die übrigen Ausbilder zu fungieren.
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Die Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“ ist ein Abschnitt der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“, die von der Bundeswehr für diejenigen Soldaten auf Zeit, freiwillig länger dienende Soldaten oder Berufssoldaten vorgesehen ist, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen und den Befehl bekommen haben, an einem Auslandseinsatz teilzunehmen. Diese Übung wurde von der Bundeswehr nur an drei Standorten im Bundesgebiet durchgeführt, wozu die Freiherr-vom-Stein-Kaserne aber nicht gehörte. Sie wurde zudem zuvor im Unterricht mit allen Teilnehmern besprochen und von Psychologen begleitet. Die Übung lief dergestalt ab, dass die auszubildenden Soldaten eine Busfahrt unternahmen, während derer sie überfallen wurden. Ihnen wurden die Augen verbunden und sie wurden aufgefordert, ihre Hände in den Nacken, auf die Knie oder die Sitzbank vor ihnen zu legen. Anschließend wurden sie an einen Ort verbracht, an dem eine „Befragung“ stattfand. Hierbei wurden die Soldaten, deren Augen nach wie vor verbunden waren, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, um bei ihnen Stress zu erzeugen. Sie wurden lautstark befragt und mussten körperliche Übungen wie Liegestütze oder Kniebeugen machen. Zudem wurde ihnen gedroht, Kameraden zu schlagen oder zu erschießen , wenn sie nicht die gewünschten Antworten gaben. Zur möglichst realistischen Untermalung wurden die entsprechenden Geräusche (Schläge und Schüsse) simuliert. Während der Übung hatten die Soldaten - wie ihnen beim vorhergehenden Unterricht gesagt worden war - jederzeit die Möglichkeit, durch ein Handzeichen aus der Übung auszusteigen. Die früheren Mitangeklagten K. und H. hatten eine solche „Einsatzbezogene Zusatzausbildung“ bereits absolviert.
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3. Nachdem in der Vergangenheit auch außerhalb der drei festgelegten Standorte eine Ausbildung „Geiselnahme/Geiselhaft“ durchgeführt worden war, die nicht derjenigen in den drei Ausbildungszentren entsprach und die bei einigen Teilnehmern zu Anzeichen einer Traumatisierung geführt hatte, wies das Heeresführerkommando der Bundeswehr in einem als „VS - nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichneten Schreiben vom 26. Februar 2004 darauf hin, dass diese Ausbildung ausschließlich im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ in den drei Ausbildungs- beziehungsweise Gefechtsübungszentren durchgeführt werden dürfe, da sie dort unter Anleitung des dafür speziell geschulten Personals erfolgen könne. Empfänger dieses Schreibens war auch die 7. Ausbildungskompanie in Coesfeld. Außerdem war in dem „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 die Ausbildung über das Thema „Verhalten in Geiselhaft“ ausschließlich dem Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum zugewiesen worden.
Dass der Angeklagte dieses Schreiben oder den Befehl kannte, vermochte die Kammer nicht festzustellen.
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4. Anfang April 2004 begannen in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne etwa 80 Rekruten, von denen zirka die Hälfte Wehrdienstleistende waren, ihre dreimonatige Grundausbildung. Es wurden zwei Ausbildungszüge gebildet, deren Zugführer die ehemaligen Mitangeklagten Hauptfeldwebel D. und Ho. waren.
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a) Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Verlauf des zweiten Quartals 2004 kamen die beiden Zugführer auf die Idee, in der „Allgemeinen Grundausbildung“ in Coesfeld eine Geiselnahmeübung einzuführen. Vor dem 8. Juni 2004 fand auf deren Anordnung eine Ausbilderbesprechung statt, an der auch der Angeklagte teilnahm. Dabei wurde der grobe Ablauf der Geiselnahmeübung erörtert. Die beiden Zugführer D. und Ho. beabsichtigten , die Rekruten nach der dienstplanmäßigen Nachtschießübung am 8. Juni 2004 gruppenweise auf einen nächtlichen Orientierungsmarsch zu schicken , bei dem zum Schluss die „Geiselnahme“ mit anschließendem „Verhör“ erfolgen sollte. Weder der Orientierungsmarsch noch die Geiselnahmeübung standen auf dem für die Rekruten einsehbaren Dienstplan und waren diesen somit nicht bekannt.
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Die beiden Zugführer D. und Ho. teilten neben fünf weiteren Ausbildern den Angeklagten für das „Überfallkommando“ ein. Sie sollten die Rekruten in den frühen Morgenstunden des 9. Juni 2004 überfallen, entwaffnen, fesseln und ihnen die Augen verbinden. Anschließend sollten die Rekruten auf der Ladefläche eines Pritschenwagens zum Standortübungsplatz gefahren werden, um in einer dortigen Sandgrube ihr „Verhör“ durchzuführen. Für dieses Verhör teilten die beiden Zugführer den früheren Mitangeklagten H. ein. Diesem sagte D. , das „Verhör“ solle „etwa so wie in Hammelburg“, im Vereinte -Nationen-Ausbildungszentrum, ablaufen, wo der frühere Mitangeklagte H. eine Geiselnahmeübung absolviert hatte.
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Das Landgericht sah sich nach „der bisherigen Beweisaufnahme“ nicht in der Lage aufzuklären, ob bei dieser Ausbilderbesprechung noch weitere Einzelheiten der Geiselnahmeübung erörtert wurden. Die beiden Zugführer D. und Ho. teilten den Anwesenden mit, die geplante Geiselnahmeübung sei vom Kompaniechef „abgesegnet worden“. Tatsächlich hatte Hauptmann S. eine solche Übung auch genehmigt.
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b) Gegen Ende der Nachtschießübung am 8. Juni 2004 erklärten die beiden Zugführer D. und Ho. den angetretenen Rekruten, im Raum Coesfeld seien Terroristen gesichtet worden, das Gebiet müsse bestreift und sämtliche Auffälligkeiten müssten dokumentiert werden. Die Rekruten, die ihr gesamtes Marschgepäck und ihr Gewehr bei sich hatten, machten sich gruppenweise auf den Weg. Dabei marschierten die einzelnen Gruppen zeitlich versetzt ohne ihren planmäßigen Gruppenführer los. Die Rolle des Gruppenführers musste jeweils ein Rekrut übernehmen. Es gab keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass etwas Besonderes passieren könnte. Ein Kennwort, mit dem die Rekruten die Übung hätten beenden können, wurde ihnen nicht mitgeteilt. Lediglich manchen Rekruten war während ihres späteren Verhörs gesagt worden, um die Übung zu beenden, müssten sie nur das Wort „Tiffy“ nennen, das in der Grundausbildung als Synonym für „Schwächling“ oder „Weichei“ verwendet wurde und durchaus negativ behaftet war.
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c) Die sechs Beteiligten des „Überfallkommandos“ hatten einen Hinterhalt im Gelände eingerichtet. Sie trugen Bundeswehrkleidung, hatten aber teilweise ihre Dienstgradabzeichen und Namensschilder entfernt. Ihre Gesichter waren vermummt, um nicht auf den ersten Blick erkannt zu werden. Sie hatten Gewehre mit geladenen Manöverpatronengeräten dabei, teilweise auch ungeladene Pistolen und mehrere Übungsgranaten. Es waren auch Kabelbinder vor Ort. Spätestens jetzt besprachen die sechs Ausbilder, den Rekruten damit die Hände auf den Rücken zu fesseln, wobei vermieden werden sollte, dass die Kabelbinder in die Haut schnitten.
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Die erste Gruppe traf verspätet erst in den Morgenstunden des 9. Juni 2004 ein. Das „Überfallkommando“ lenkte die Rekruten zuerst ab und griff sie dann schreiend und schießend an. Die Rekruten waren im Allgemeinen zu überrascht und - nach rund 24 Stunden Dienst und dem mehrstündigen Orientierungsmarsch - zumeist auch zu erschöpft, um noch größere Gegenwehr zu leisten. Sie gingen durchweg davon aus, dass es sich bei den maskierten Angreifern um Bundeswehrangehörige handelte. In aller Regel kamen die Rekruten der Aufforderung, sich zu ergeben und sich auf den Boden zu legen, letztlich freiwillig nach. Bei manchen Rekruten halfen die Angreifer mit körperlichem Druck nach. Allerdings leisteten andere Rekruten auch Widerstand. So wurde der Zeuge L. von einem der Angreifer zu Boden gerissen, wo er auf dem Bauch zum Liegen kam. Damit er nicht wieder aufstehen konnte, drückte einer der Ausbilder ein Knie auf seinen Hals. Anschließend wurden L. s Hände mit den Kabelbindern auf den Rücken gefesselt und zusätzlich mit der Splitterschutzweste oder dem Koppeltragegestell verbunden, wodurch seine Arme nach oben gezogen wurden und er schmerzhaften Druck auf seinen Schultern verspürte. Als er sich gegen die Fesselung wehrte, nahm einer der Angreifer das Knie des Zeugen L. in einen Haltegriff, so dass dessen Bein verdreht wurde und er Schmerzen erlitt. Auch mit dem Zeugen R. gab es bei der Entwaffnung eine „kleine Rangelei“, bei der er aber nicht verletzt wurde. Der Zeuge Kl. wurde bei dem Überfall von hinten in einen Würgegriff genommen und zu Boden gebracht.
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Alle Rekruten mussten sich nach ihrer Entwaffnung hinknien oder auf den Bauch legen. Ihnen wurden die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt, wobei größtenteils darauf geachtet wurde, dass sie nicht zu stramm anlagen. Der Zeuge Sc. wurde vom Angeklagten gefesselt. Als der Zeuge auf Frage erklärte, der Sitz der Kabelbinder sei „o.k.“, zog der Angeklagte die Kabelbinder bewusst noch fester zu, so dass sie nunmehr zu stramm saßen, dem Zeugen Schmerzen verursachten und es später Schwierigkeiten bereitete, ihn davon zu befreien. Deswegen wurde der Angeklagte wegen Misshandlung (§ 30 Abs. 1 WStG) verurteilt. Bei dem Versuch eines Ausbilders, sie mit einem Taschenmesser zu durchtrennen, trug der Zeuge Sc. eine leichte Schnittverletzung davon. Bei den meisten Soldaten hinterließen die Kabelbinder keine Spuren. Sechs Rekruten trugen jedoch Druckstellen an den Handgelenken davon ; zwei erlitten Kratzer beziehungsweise kleine Schnittwunden an den Armen. Die Augen der Rekruten wurden mit einem Dreiecktuch verbunden; möglicherweise wurde einzelnen auch ein Wäschesack über den Kopf gezogen.
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d) Nachdem sämtliche Rekruten einer Gruppe wie geschildert außer Gefecht gesetzt worden waren, was zwischen fünf und zehn Minuten dauerte, wurden sie auf die Ladefläche eines Pritschenwagens verladen. Dabei wurde ein Rekrut „in den Lkw hineingezogen oder unsanft hineingeschoben“. Ein anderer kam nach dem Einladen auf einem Kameraden zu liegen und wieder ein anderer wurde auf den Lkw geschubst, wobei er sich das Knie schmerzhaft anstieß. Während der langsamen Fahrt zur etwa zwei Kilometer entfernten Sand- grube war einer der Angreifer - bei einer Fahrt auch der Angeklagte - auf dem Lkw dabei, um für Ruhe zu sorgen und zu verhindern, dass die Rekruten miteinander redeten. Kam ein Rekrut einer Anweisung nicht nach, so erhielt er einen leichten Schlag - zumeist auf den Helm. Dies war - mit Ausnahme der Schläge, die der Zeuge L. bezog - nicht schmerzhaft. Jedoch bekam ein Rekrut während der Fahrt aufgrund der beengten Platzverhältnisse einen schmerzhaften Krampf in den Beinen.
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e) Nach etwa fünf bis zehn Minuten Fahrt an der Sandgrube angekommen , wurden die Rekruten einzeln von der Ladefläche geholt, wobei darauf geachtet wurde, dass sie sich nicht verletzten. Fünf Rekruten fielen beim „Abladen“ allerdings auf den Sandboden. Der Pritschenwagen fuhr mit dem Ausbilder zurück zum Überfallort, um auf die nächste Gruppe zu warten.
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Die Rekruten mussten sich in einem von dem Angeklagten H. und den ihm zur Unterstützung zugeteilten drei Hilfsausbildern mit Stacheldraht abgetrennten Bereich zunächst hinknien. Einige wurden angewiesen, sich mit ihrem Kopf an eine steile Sandwand anzulehnen. Es begann dann das vom Angeklagten H. geleitete „Verhör“. Dabei befragte er die Rekruten zuerst ganz allgemein in gebrochenem Englisch. Die Reaktionen waren unterschiedlich. Die Rekruten waren auf eine solche Übung nicht vorbereitet worden, so dass sie nicht wussten, wie sie sich richtig zu verhalten hatten. Die schweigenden Rekruten und diejenigen, die unpassende Antworten gaben, unterzog der Angeklagte H. unterschiedlichen „Behandlungen“, die er sich ausgedacht hatte.
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So mussten sich einige Rekruten - mit nach wie vor auf dem Rücken gefesselten Händen - in einer Entfernung von etwa einem Meter einem Kameraden gegenüber hinknien. Beiden wurde dann der Oberkörper so weit nach vor- ne gezogen, bis sie sich mit ihren Helmen gegenseitig stützten. Dies führte dazu , dass beide in den Sand fielen, sobald einer von ihnen die Position nicht mehr halten konnte. Teilweise mussten sich die gefesselten Rekruten an einen Baum stellen und sich mit dem behelmten Kopf daran anlehnen. Ihnen wurden die Füße ebenfalls so weit zurückgezogen, bis sie ihre Stellung nur mit Mühe halten konnten. Wäre ein Rekrut abgerutscht, wäre er ohne die Möglichkeit des Abfangens umgefallen. Andere Rekruten wurden von den Kabelbindern befreit und mussten mit verbundenen Augen Liegestütze oder Kniebeugen machen. Den Zeugen B. fasste der Angeklagte H. dabei am Kragen und drückte ihn nach unten, wodurch die Ausführung der Liegestütze erheblich erschwert wurde und der Zeuge mit dem Kopf auf den Sandboden aufschlug. Wieder andere mussten allein oder zu zweit mit verbundenen Augen einen Baumstamm vor dem Körper oder über dem Kopf halten.
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Für den Fall, dass Rekruten Aufgaben nicht erfüllten oder Fragen des Angeklagten H. nicht beantworteten, gab es simulierte Erschießungen dergestalt , dass zunächst die Erschießung des Rekruten oder eines Kameraden angedroht und schließlich ein Feuerstoß aus dem Maschinengewehr abgegeben wurde.
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Aus einer mitgebrachten Kübelspritze wurden zahlreiche Rekruten mit Wasser bespritzt. Dem Zeugen L. wurde, während er von oben herab nass gespritzt wurde, gesagt, es werde auf ihn und seine Gruppe uriniert. Einigen Rekruten wurde Sand unter die Kleidung geworfen und wieder andere wurden mit beidem - Sand und Wasser - „traktiert“. Da der nasse Sand an der Kleidung haftete und auf der Haut rieb, führte dies bei zwei Rekruten dazu, dass sie sich beim anschließenden Marsch in die Kaserne die Oberschenkel wund liefen beziehungsweise sich ihre bereits vorhandenen wunden Stellen verschlimmerten.
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Einem anderen Teil der Rekruten pumpten der Angeklagte H. und ein Hilfsausbilder mit der Kübelspritze Wasser auch in den Mund, wobei ein anderer den Rekruten festhielt. Der Zeuge L. wurde im Laufe seiner Befragung auf den Rücken gelegt, was die Schmerzen in seinen Schultern verschlimmerte ; dabei wurde er festgehalten. Zusätzlich wurde sein Mund gewaltsam geöffnet, indem der Angeklagte H. oder in dessen Beisein ein Hilfsausbilder mit der Hand Druck auf den Unterkiefer ausübte. In den geöffneten Mund wurde sodann mehrmals Wasser hineingepumpt, so dass der Zeuge L. keine Luft mehr bekam. Schließlich wurde ihm der Reißverschluss seiner Hose geöffnet, der Schlauch hineingesteckt und Wasser in die Hose gepumpt. Der Angeklagte H. verhöhnte ihn anschließend als „Bettnässer“. Als der Zeuge L. daraufhin seinerseits den Angeklagten H. beleidigte , bekam er, nachdem er gefragt worden war, ob er sterben wolle, einen metallischen Gegenstand an den Kopf gehalten und hörte einen Maschinengewehrverschluss einrasten. Dadurch geriet er in Panik, weil er dachte, ein echtes Maschinengewehr werde ihm an den Kopf gehalten, und er wusste, welche Verletzungen auch Platzpatronen in solchen Waffen verursachen können, wenn sie in unmittelbarer Nähe eines Menschen abgefeuert werden. Es fielen sodann tatsächlich auch mehrere Schüsse, wobei sich das Maschinengewehr aber in einiger Entfernung befand.
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Auch weiteren Rekruten wurde, während sie mit auf dem Rücken gefesselten Händen und verbundenen Augen auf dem Boden knieten oder lagen, Wasser in den Mund und/oder in die Nase gepumpt. Teilweise wurde ihnen dabei der Mund gewaltsam geöffnet oder die Nase zugehalten, damit sie den Mund öffneten. Einige Rekruten konnten dadurch nicht mehr richtig atmen oder verschluckten sich. Einem dieser Rekruten wurde zudem ebenfalls Wasser in die Hose gepumpt.
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f) Als der Angeklagte eine der Gruppen auf dem Pritschenwagen zur Sandgrube begleitet hatte, hatte er gesehen, wie Rekruten - noch immer gefesselt und mit verbundenen Augen - im Sand knieten oder auf ihren Fersen hockten. Der Zeuge Sc. wurde von dem früheren Mitangeklagten H. und dessen Hilfsausbildern mit der Kübelspritze nass gemacht und ihm wurde Sand unter die Kleidung geworfen. Anschließend wurde er von seinen Fesseln befreit und musste zusammen mit einem Kameraden einen Baumstamm halten. Da dieser zu schwer war, ließen sie ihn fallen, woraufhin ihnen ein leichterer gegeben wurde, den sie vor dem Körper halten mussten. Währenddessen befragte der Angeklagte, der in der Sandgrube verblieben war, den Zeugen Sc. nach dem Kompaniechef. Als dieser antwortete, er wisse das nicht, beschimpfte ihn der Angeklagte als „Motherfucker“. Als der Zeuge Sc. den Angeklagten daraufhin ebenfalls beleidigte und den Baumstamm fallen ließ, fasste ihn der Angeklagte an den Haaren, zog seinen Kopf nach hinten und sagte „Shoot him!“. Ob der Angeklagte davor wusste, was mit den Rekruten in der Sandgrube im Einzelnen geschah, konnte die Kammer nicht feststellen.
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g) Das „Verhör“ einer Gruppe dauerte jeweils etwa 30 Minuten. Danach wurden die Rekruten, soweit noch nicht geschehen, von Kabelbindern und Augenbinden befreit, bevor sie den Befehl erhielten, zur Kaserne zurück zu marschieren. Der Zeuge L. konnte, weil seine Schultern aufgrund der Fesselung derart stark schmerzten, nicht allein aufstehen, sondern musste von zwei Hilfsausbildern unterstützt werden. Im Anschluss an die Übung fand eine Nachbesprechung statt.
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5. Im dritten Quartal 2004 begannen etwa 160 Rekruten ihre Allgemeine Grundausbildung in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Coesfeld, die auf drei Ausbildungszüge verteilt wurden. Zugführer waren unter anderem die beiden Hauptfeldwebel D. und Ho. . Der Angeklagte war als Gruppenführer im dritten Zug eingesetzt. Nach den Planungen der Zugführer D. und Ho. sollten auch in diesem Quartal Geiselnahmeübungen stattfinden - dieses Mal jedoch für jeden Zug gesondert. Zunächst sollte der dritte, von Hauptfeldwebel Ho. geführte Zug die Übung absolvieren.
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a) Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Tag vor dem 24. August 2004 fand deshalb wiederum eine Ausbilderbesprechung statt, an der auch der Angeklagte teilnahm. Dabei wurde erneut der grobe Ablauf der Geiselnahmeübung erörtert. Die beiden Zugführer D. und Ho. beabsichtigten, die Rekruten nach der dienstplanmäßigen Schießübung des dritten Zuges am 24. August 2004, die sich bis in den späten Abend ziehen sollte, auf einen zuvor nicht angekündigten nächtlichen Orientierungsmarsch zu schicken, bei dem sie zum Schluss überfallen, entwaffnet und gefesselt werden sollten. Anschließend sollten sie mit einem Fahrzeug zum „Verhör“ gebracht werden, das dieses Mal im Keller des Kasernenblocks 6, in dem der dritte Zug untergebracht war, stattfinden sollte.
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Der Angeklagte sollte seine Gruppe auf dem Marsch begleiten, damit sich die Gruppe nicht verläuft; er sollte also weder am Überfall noch am Verhör teilnehmen. Ob bei dieser Ausbilderbesprechung bereits Einzelheiten der Stationen „Überfall“ und „Verhör“ erörtert wurden, konnte das Landgericht nicht feststellen. Allerdings wurde zu der Station „Verhör“ gesagt, dass sich die entsprechenden Ausbilder am Vorgehen in der Sandgrube orientieren sollten.
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b) Nachdem die Rekruten des dritten Zuges am 24. August 2004 die dienstplanmäßige Schießübung absolviert hatten, kehrten sie gegen 0.00 Uhr zur Kaserne zurück. Von dem Zugführer Ho. wurde ihnen mitgeteilt, im Raum Coesfeld habe es terroristische Anschläge gegeben und die Bahnstrecke müsse gesichert werden. Die geplante Geiselnahme erwähnte er nicht. Allerdings erklärte er den Rekruten, dass sie die Übung jederzeit durch Nennung des Wortes „Tiffy“ beenden könnten. Nur wenige der Rekruten verstanden dieses Wort als Synonym für „Weichei“; für die meisten hatte es keine spezielle Bedeutung. Die Rekruten wurden auf vier Gruppen aufgeteilt und marschierten zeitlich versetzt begleitet von ihrem jeweiligen Gruppenführer los.
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c) Währenddessen bereitete sich das „Überfallkommando“ - wie bereits bei der Übung im Juni 2004 - vor. Vor Ort wurden die daran Beteiligten von den Zugführern D. und Ho. eingewiesen. Die Rekruten sollten nach dem Überfall wiederum entwaffnet und gefesselt werden. Außerdem sollte ihnen ein Wäschebeutel über den Kopf gezogen werden. Beim Anlegen der Kabelbinder sollte erneut darauf geachtet werden, dass sie nicht in die Haut schnitten. Da sich der Angeklagte bei der Übung im zweiten Quartal im Überfallkommando befunden hatte, wusste er in etwa, was auf die Rekruten zukommen würde.
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In den frühen Morgenstunden des 25. August 2004 waren die Rekruten, auch die Gruppe des Angeklagten, die er begeleitete, nach einem etwa 20 Kilometer langen Marsch auf dem Rückweg zur Kaserne. Als sie an den Überfallort gelangten, verwirrten die Ausbilder die Rekruten durch den lauten Knall eines gezündeten Bodensprengsimulators und kamen laut schreiend aus ihrer Deckung. Auch hier waren die Rekruten aufgrund des langen Marsches und nach fast 24 Stunden Dienst zu erschöpft und auch zu überrascht, um noch größeren Widerstand zu leisten. Nach einem Schusswechsel leisteten die Re- kruten der Aufforderung, die Waffe abzulegen und sich hinzulegen, Folge. Einige Rekruten wurden von den Ausbildern zu Boden gedrückt oder gerissen. Als sich der Zeuge P. verteidigen wollte, rammte ihm einer der Ausbilder die Schulterstütze eines Gewehres in den Rücken.
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Nachdem die Rekruten entwaffnet worden waren, wurden ihnen die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt, wobei größtenteils darauf geachtet wurde, dass sie nicht zu stramm anlagen. Bei dem Zeugen Be. saßen sie aber so eng, dass er Druckspuren auf der Haut davontrug. Der Zeuge La. erlitt durch die Fesselung Schürfwunden und bei dem Zeugen P. , dem zusätzlich auch die Füße gefesselt wurden, schnitten die Kabelbinder in das Fleisch, so dass Abdrücke auf der Haut zu sehen waren. Allen Rekruten wurde zudem ein Wäschebeutel über den Kopf gezogen oder ihnen wurden die Augen mit einem Dreiecktuch verbunden. Neben dem Kopf des Zeugen La. wurde eine Pistole durchgeladen und ihm an die Schläfe gehalten.
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d) Anschließend wurden die Rekruten auf die Ladefläche eines herangefahrenen Mercedes Sprinters gesetzt und in das Fahrzeug hineingeschoben. Der Zeuge P. , der an Händen und Füßen gefesselt war, wurde zum Fahrzeug getragen und auf die Ladefläche gelegt. Auf der folgenden Fahrt zur Kaserne fuhren zwei Ausbilder auf der Ladefläche mit, um die Rekruten zu befragen und um für Ruhe zu sorgen. Als der Zeuge P. , der mit seinem Bauch auf dem Knie eines Kameraden lag und deshalb schlecht Luft bekam, versuchte, sich aufzurichten, wurde er von einem der Ausbilder niedergedrückt und geschlagen , wodurch er Schmerzen erlitt. Der Zeuge N. wurde mit der Schulterstütze eines Gewehrs angestoßen, was „nicht übertrieben weh tat, aber auch nicht angenehm“ war. Dem Zeugen M. wurde, wenn er eine Frage falsch beantwortet hatte, der Mündungsfeuerdämpfer eines Gewehres in seine Oberschenkelregion gedrückt, was Schmerzen verursachte.
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Auch der Angeklagte fuhr mit dem Sprinter zurück zur Kaserne. Für die Kammer blieb jedoch offen, ob er sich dabei auf der Ladefläche oder in dem abgetrennten Führerhaus befand.
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e) Nach kurzer Fahrt in der Kaserne angekommen fuhr das Fahrzeug rückwärts an eine auf dem Boden ausgelegte, etwa 40 cm dicke Hochsprungmatte heran. Zum „Abladen“ wurden die Rekruten bis an die Ladekante des Sprinters gezogen und sie wurden dann entweder zum Springen aufgefordert oder hinunter gestoßen. Dadurch sollte bei den Rekruten, die nichts sehen konnten, Angst und Unsicherheit erzeugt werden. Daran beteiligte sich auch der Angeklagte, indem er die Rekruten zum Springen aufforderte.
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f) Sodann wurden die Rekruten in den Keller des Kasernenblocks 6 gebracht. Die Rekruten sollten sich zunächst in einem Kellerraum hinknien und wurden weiterhin befragt. Dann wurden sie nacheinander in einen anderen Raum gebracht und dort weiter verhört. Als der Zeuge P. als einziger im ersten Raum war und versuchte die Tür zuzuschlagen, um sich zu befreien, stieß ihn ein Ausbilder in eine Ecke, wo er mit dem Kopf gegen die Wand prallte. Der Zeuge P. wurde anschließend in einem anderen Raum auf einen Stuhl gesetzt und weiter befragt. Als er weiterhin nicht antwortete, wurde er mit einem harten, länglichen Gegenstand fest auf Arme, Beine und Rücken geschlagen. Dies bereitete ihm Schmerzen. Nachfolgend wurde er in einen anderen Raum gebracht, wo seine Kleidung mit Wasser durchnässt wurde, während er weiterhin befragt wurde. Schließlich wurde er in den Kellerflur hinausgebracht, wo er sich hinknien musste. Dort blies ihm ein Ausbilder Rauch unter das Dreiecktuch und es wurde ihm ein heißer Gegenstand an seinen Nacken gedrückt.
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Dem Zeugen La. wurde während der Befragung mit einer Lampe ins Gesicht gestrahlt. Danach musste er sich in einem anderen Raum hinknien und mit dem Kopf auf einem Waschbecken abstützen. Nachdem er in dieser Stellung einige Zeit ausgeharrt hatte, wurde seine Feldbluse aufgeknöpft und er wurde - ebenso wie drei weitere Rekruten - mit Wasser nass gemacht. Der Zeuge Bä. musste sich hinknien und seinen Kopf an die Wand anlehnen. In dieser Haltung wurde er dann befragt. Gab er keine Antworten, bekam er einen Schlag auf den Helm. Der Zeuge Be. wurde im Keller herum und gegen die gepolsterten Wände geschubst. Auch dem Zeugen Ha. wurde Zigarettenrauch ins Gesicht geblasen. Außerdem wurde er mit einem Eimer Wasser übergossen und ihm der leere Eimer auf den Kopf gestellt, wodurch er sich gedemütigt fühlte.
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g) Nach etwa 30 bis 45 Minuten war die Übung für die Gruppe des Angeklagten beendet. Die Rekruten wurden von den Kabelbindern befreit und konnten auf ihre Stube gehen. Bei dem Zeugen P. saßen die Kabelbinder allerdings so streng, dass sie zunächst nicht gelöst werden konnten und erst von einem Kameraden mit einem Messer durchtrennt werden mussten.
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Für die Kammer ließ sich in der Beweisaufnahme nicht klären, wo sich der Angeklagte während des gesamten Verhörs seiner Gruppe im Keller aufhielt. Der Angeklagte hatte zwar gesehen, wie der Zeuge Be. in einem Vernehmungsraum auf einem Stuhl saß. Ob er auch mitbekommen hat, was im Keller mit den anderen Rekruten geschehen war, konnte die Kammer nicht klären.
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h) Auch die übrigen Gruppen des dritten Zuges wurden im Laufe der Nacht überfallen, gefesselt und in dem Keller verhört. Aufgrund der Beweisaufnahme steht für die Kammer jedoch nicht fest, dass der Angeklagte daran beteiligt war.
41
Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Zugführer Ho. den Rekruten des dritten Zuges, wie sie sich bei einer Geiselnahme richtig zu verhalten hätten.

II.


42
Der Revision des Angeklagten bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 9. Oktober 2008 und in der Revisionshauptverhandlung dargelegten Gründen der Erfolg versagt, da eine Überprüfung des Urteils weder im Schuld- noch im Strafausspruch einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat.

III.


43
Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung und entwürdigender Behandlung in zwei tatmehrheitlichen Fällen erstrebt, hat Erfolg.
44
1. Das Landgericht hat den Angeklagten lediglich im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen der strengen Fesselung des Zeugen Sc. mit den Kabelbindern einer Misshandlung nach § 30 Abs. 1 WStG für schuldig befunden. Bezüglich der weiteren Geschehnisse bei dieser Übung sowie im Hinblick auf den Vorfall am 24./25. August 2004 hat es eine Strafbarkeit hingegen verneint. Jedoch wird schon die Annahme der Kammer, dass sich der Angeklagte im Fall II.1 der Urteilsgründe bezüglich des Geschehens in der Sandgrube nicht strafbar gemacht habe, da er sich das, was „später der frühere Mitangeklagte H. in der Sandgrube mit den Rekruten angestellt hat“ (UA S. 42), nicht zurechnen lassen müsse, weil es keinen gemeinsamen Tatplan gegeben habe, von den Urteilsfeststellungen nicht getragen und ist rechtsfehlerhaft.
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a) Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falles in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille hierzu, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr. - vgl. nur BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 13 m.w.N.). Zwar haftet jeder Mittäter für das Handeln der anderen nur im Rahmen seines - zumindest bedingten - Vorsatzes, ist also für den Erfolg nur insoweit verantwortlich, als sein Wille reicht, so dass ihm ein Exzess der anderen nicht zur Last fällt. Jedoch werden Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er diese sich nicht besonders vorgestellt hat. Ebenso ist er für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten Straftat verantwortlich , wenn ihm die Handlungsweise seiner Tatgenossen gleichgültig ist (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 32 m.w.N.). Dabei kann bei einem mehraktigen Geschehen Täter auch derjenige sein, welcher nicht sämtliche Akte selbst erfüllt. Es genügt, wenn er auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Willensübereinstimmung 3). Diese Maßstäbe hat die Strafkammer ihrer rechtlichen Beurteilung nicht hinreichend zu Grunde gelegt.
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b) Nach den Feststellungen des Landgerichts wusste der Angeklagte aufgrund der vorangegangenen Ausbilderbesprechung, dass die unter anderem von ihm ausgeführten Überfälle der Ermöglichung der nachfolgenden Befragungen dienten, die „etwa so wie in Hammelburg … ablaufen“ (vgl. UA S. 9) sollten. Diese Art und Weise der Durchführung der Verhöre teilte der Zugführer D. ausweislich der Urteilsgründe dem früheren Mitangeklagten H. bei dieser Besprechung mit. Der Senat muss diese Urteilsausführungen („in der Besprechung“) dahin verstehen, dass dies für alle an der Ausbilderbesprechung Beteiligten hörbar war. Die Urteilsausführungen belegen zudem, dass sämtlichen Beteiligten - insbesondere aufgrund ihrer eigenen Ausbildung bei der Bundeswehr und wie das Fehlen einer Nachfrage zeigt - bewusst war, dass das Verhör - wie auch bei den Geiselnahmeübungen im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ - jeweils unter psychischen und physischen Belastungen erfolgen sollte, um bei den Rekruten Stress zu erzeugen. Auch wenn - was das Landgericht „aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme“ nicht zu klären vermochte - weitere Einzelheiten dazu von den Beteiligten nicht erörtert wurden und der Angeklagte nicht wusste, was in der Sandgrube letztlich im Einzelnen geschah, liegt es aufgrund der sonstigen Feststellungen nahe, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit der Rekruten (dazu näher unten Ziffer III.4.b) kommen würde. Hinzukommt, dass sich der Angeklagte selbst jedenfalls zeitweilig in der Sandgrube aufhielt und sich aktiv an der Befragung des Zeugen Sc. beteiligte. Hierbei ging er sogar soweit, dass er den Rekruten, nachdem dieser einen Baumstamm, den er zusammen mit einem Kameraden vor seinem Körper hätte halten sollen, fallen gelassen hatte, beleidigte, an den Haaren fasste und seinen Kopf nach hinten zog. Jedenfalls legen die gemeinsame Erörterung der Geiselnahmeübung ohne weitere Nachfrage zu den Einzelheiten im Zusammenhang mit der nachfolgenden aktiven Beteiligung des Angeklagten an dieser Übung nahe, dass ihm die ge- naue Vorgehensweise bei den Verhören in der Sandgrube zumindest gleichgültig war.
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Absprachegemäß hat der Angeklagte die Verhöre und auch die damit einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit der Rekruten dadurch ermöglicht, dass er diese gemeinsam mit weiteren Ausbildern überfallen, entwaffnet, gefesselt und zur Sandgrube verbracht hat. Dabei hatten sie bezüglich der konkreten Ausgestaltung dieses Teils der Übung freie Hand. Die Beiträge des „Überfallkommandos“ und derjenigen, die das Verhör durchführten, ergänzten sich - dem Tatplan entsprechend - arbeitsteilig. Die Feststellungen lassen keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bei seinem eigenen Handeln bei den Überfällen und bei der Befragung des Zeugen Sc. in der Sandgrube - insbesondere aufgrund der im Rahmen der Ausbildung ansonsten unüblichen nicht nur kurzzeitigen Fesselung mit Kabelbindern, der teils gewaltsamen Überwältigungen und der Behandlung des Zeugen Sc. - die erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens der Rekruten zumindest billigend in Kauf genommen hat. Die in diesem Zusammenhang festgestellte körperliche Misshandlung der Rekruten wäre dann von seinem Willen umfasst. Die Vorgehensweise bei den Überfällen und der Befragung durch den Angeklagten selbst und die damit zusammenhängenden Beeinträchtigungen für die Rekruten unterschieden sich nicht wesentlich von denjenigen bei den Geschehnissen bei den übrigen Befragungen. Allein die Steigerung der Intensität einzelner Handlungen bei den Verhören - wie etwa dem Pumpen von Wasser in Mund und Nase bis zur Atemnot - bewirkt nicht, dass die Geiselnahmeübung insgesamt eine andere, von dem Angeklagten nicht mehr vorgestellte Qualität der Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit gehabt hätte. Aufgetretene Exzesse sind lediglich im Rahmen des Schuldumfangs der einzelnen Beteiligten von Bedeutung.
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c) Der vom Landgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen dem Überfall einerseits und dem Verhör andererseits kann daher nicht gefolgt werden. Das Überwältigen der Rekruten ermöglichte erst das anschließende Verhör und bildete einen unverzichtbaren Bestandteil der insgesamt unzulässigen (dazu unten Ziffer III.4.c) Geiselnahmeübung. Der an dieser Übung beteiligte Angeklagte muss sich deshalb die Geschehnisse der gesamten Übung zurechnen lassen, soweit sie von dem gemeinsam gefassten Tatplan gedeckt sind und es sich nicht um einzelne Exzesse handelte. Jedenfalls die von den Rekruten in der Sandgrube auszuführenden Zwangshaltungen, Kniebeugen, Liegestütze, das Haltenmüssen von Baumstämmen und die Scheinerschießungen stimmen nach den Urteilsfeststellungen nach Art und Intensität der Beeinträchtigung mit den Vorgehensweisen bei den zulässigen Geiselnahmeübungen, die unter anderem in Hammelburg durchgeführt werden, überein, so dass dies nahe liegend von dem gemeinsamen Tatplan umfasst und somit dem Angeklagten zurechenbar war.
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d) Unabhängig davon erfüllt entgegen der Auffassung des Landgerichts bereits der Umstand, dass der Angeklagte im Rahmen der Befragung des Zeugen Sc. in der Sandgrube dessen Kopf an den Haaren nach hinten gezogen hat, nachdem dieser zuvor - wie der Angeklagte mitbekommen hatte - in gefesseltem Zustand mit Wasser nass gemacht und ihm Sand unter die Kleidung geworfen worden war, bevor er bis zur Erschöpfung einen Baumstamm halten musste, den Tatbestand der §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 WStG (zu § 31 WStG vgl. unten Ziffer III.7). Insofern bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, dass diese Vorgehensweise selbstredend nicht von der Anordnung einer vermeintlich rechtmäßigen Übung gedeckt war.
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2. Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe nimmt die Kammer bei der Beurteilung der Strafbarkeit des Angeklagten wegen seiner Beteiligung an der Geiselnahmeübung vom 25. August 2004 rechtsfehlerhaft eine Aufspaltung der Geschehnisse vor und bewertet deren einzelne Abschnitte jeweils isoliert. Der Angeklagte leistete auch in diesem Fall einen notwendigen Beitrag zur Durchführung der Geiselnahmeübung, indem er seine Gruppe - offensichtlich um Verspätungen wie beim ersten Mal zu vermeiden - zum Überfallort und nach dem Überfall den Transport der Rekruten begleitete sowie bei deren „Abladen“ tätig war. Dafür, dass dem Angeklagten zudem hier die vom gemeinsamen Tatplan gedeckte Geiselnahmeübung schon deshalb in ihrer Gesamtheit zurechenbar ist, soweit nicht einzelne Exzesse vorlagen, spricht, dass er die vorangegangenen Vorgänge in der Sandgrube teilweise miterlebt hatte und daher nahe liegend wissen musste, was die Rekruten zu erwarten hatten.
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Der Senat kann daher offen lassen, ob der „Abladevorgang“, durch den ein Gefühl von Angst und Unsicherheit bei den Rekruten erzeugt werden sollte, für sich genommen eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit darstellt.
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3. Nicht frei von Rechtsfehlern sind auch die Ausführungen der Kammer, wonach sie im Fall II.1 der Urteilsgründe im Hinblick auf das Geschehen bei den Überfällen „nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten nur von dem ausgehen“ könne, „was den Rekruten im Regelfall passiert“ sei „und woran der Angeklagte auch nach seiner eigenen Einlassung beteiligt war“ (UA S. 44). Auch insofern sind die Grundsätze der mittäterschaftlichen Begehungsweise unzulänglich angewendet.
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Wie bereits dargelegt, haftet jeder Mittäter im Rahmen seines - zumindest bedingten - Vorsatzes für das Handeln der anderen. Dabei werden Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er sie sich nicht besonders vorgestellt hat. So verhält es sich hier. Vereinbarungsgemäß „überfiel“, entwaffnete und fesselte der Angeklagte gemeinsam mit weiteren Ausbildern die unvorbereiteten Rekruten. Bei einem - schon aufgrund der nicht vorhersehbaren Reaktionen der Soldaten - derart unkontrollierbaren Geschehen liegt es gleichfalls nahe, dass die Beteiligten - entgegen der Auffassung des Landgerichts, das insofern von „Ausnahmen“ ausgeht (UA S. 43) - selbstverständlich damit rechneten, dass sich Soldaten zur Wehr setzen und es zu tätlichen, auch schmerzhaften Auseinandersetzungen - wie etwa mit dem Zeugen L. - kommt. In diesem Fall hätte der Angeklagte nach den Feststellungen insofern jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt und müsste sich damit diese Geschehnisse zurechnen lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass er selbst an der konkreten Auseinandersetzung mit dem einzelnen, betroffenen Rekruten nicht beteiligt war.
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4. Die Beteiligung des Angeklagten an der gegenständlichen Geiselnahmeübung in den Fällen II.1 und 2 der Urteilsgründe stellt entgegen der Ansicht des Landgerichts jeweils eine körperliche Misshandlung i.S.d. § 30 Abs. 1 WStG, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB dar. Der Begriff der Misshandlung des § 30 WStG setzt ebenso wie der Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB eine üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper des Verletzten voraus, die dessen körperliches Wohlbefinden mehr als bloß unerheblich beeinträchtigt (BGHSt 14, 269, 271). Die Beurteilung der Erheblichkeit bestimmt sich dabei nach der Sicht eines objektiven Betrachters - nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen - und richtet sich insbesondere nach Dauer und Intensi- tät der störenden Beeinträchtigung (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 223 Rdn. 4a m.w.N.).
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a) An diesen Maßstäben gemessen stellen - wovon auch die Kammer im Ansatz zutreffend ausgeht (vgl. UA S. 44) - bereits das Überfallen und Überwältigen der Rekruten, ihre Fesselung mit Kabelbindern - erst recht die Fesselung an Händen und Füßen in einem Fall - über einen erheblichen Zeitraum, das Verbinden ihrer Augen, ihr Verladen auf die Ladefläche eines Tranporters und der anschließende unzulässige Transport, bei dem die nach wie vor gefesselten Soldaten mit verbundenen Augen teils übereinander lagen und in keiner Weise während der Fahrt gesichert waren, sowie die hierbei teilweise verabreichten Schläge jeweils für sich genommen eine erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens dar. Dies gilt umso mehr, als die Rekruten nach rund 24 Stunden Dienst und dem mehrstündigen Orientierungsmarsch mit ihrem gesamten Marschgepäck und ihrem Gewehr zumeist ohnehin erschöpft waren.
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b) Zudem beeinträchtigte die Geiselnahmeübung in ihrer Gesamtheit - sprich die Überfälle und die sich anschließenden Verhöre der Rekruten -, worauf maßgeblich abzustellen ist (vgl. oben Ziffer III.1.c), das körperliche Wohlbefinden der Rekruten mehr als bloß unerheblich. Die Rekruten wurden dieser „Behandlung“ über einen Zeitraum von jedenfalls 30 Minuten unterzogen. Zum Teil waren sie während der gesamten Zeit mit den Kabelbindern gefesselt. Teilweise mussten sie zusätzlich über erhebliche Zeiträume in anstrengenden Zwangspositionen (etwa mit weit vorgebeugtem Oberkörper einem Kameraden gegenüber kniend) verharren (vgl. zur körperlichen Misshandlung durch Zwangshaltungen bereits RMG 3, 119, 121) oder kräftezehrende Übungen (Liegestütze, Kniebeugen, Halten von Baumstämmen) absolvieren, obwohl sie - wie dargestellt - überwiegend aufgrund der vorangegangenen körperlichen Anstrengungen sowieso bereits am Ende ihrer körperlichen Möglichkeiten waren und damit die auferlegten Aufgaben und die übrige Behandlung als bloße Quälerei empfinden mussten.
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c) Die Geiselnahmeübung ist auch eine üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper der betroffenen Rekruten, da sie offensichtlich den geltenden Dienstvorschriften zuwiderlief und es an einem rechtmäßigen Befehl fehlte.
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aa) Ob eine üble, unangemessene, sozialwidrige Behandlung gegeben ist, entscheidet sich nach dem Wesen des militärischen Dienstes, der seiner Natur nach hohe körperliche Anforderungen an den Soldaten stellt. Mutet ein Vorgesetzter im Rahmen seiner allgemeinen Befugnisse und zu Zwecken der Ausbildung einem Soldaten besondere Anstrengungen zu und verstößt er dabei nicht offensichtlich gegen gesetzliche Bestimmungen, rechtmäßige Dienstvorschriften und Befehle, so fehlt es an einer Misshandlung (BGHSt 14, 269, 271).
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Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dies gilt auch für die Gewährleistung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Diese Gebote bilden die Grundlage der Wehrverfassung der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 10 Abs. 4 SG) und bedürfen im militärischen Bereich besonderer Beachtung. Nach der eindeutigen Regelung des § 6 Satz 1 SG hat der Soldat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Gemäß § 6 Satz 2 SG werden die grundrechtlichen Garantien lediglich im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt. Die körperliche Integrität der Untergebenen innerhalb der Bundeswehr genießt einen hohen Stellen- wert. Es gilt der Grundsatz, dass ein Vorgesetzter seine Untergebenen niemals anfassen darf, außer es steht zur unmittelbaren Durchsetzung eines rechtmäßigen Befehls kein anderes Mittel zur Verfügung (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1999, 321, 322 m.w.N.).
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bb) Vorliegend stellt die Durchführung der Geiselnahmeübungen jeweils einen klaren Verstoß gegen die geltenden Vorschriften der Bundeswehr und die Grundrechte der betroffenen Rekruten dar. Eine praktische Übung „Geiselnahme /Verhalten in Gefangenschaft“ ist und war auch zur Tatzeit nach den geltenden Ausbildungsregeln der Bundeswehr für die dreimonatige Grundausbildung der Rekruten nicht vorgesehen und damit mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht zulässig. Eine derartige Übung kam ausschließlich im Rahmen der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ für diejenigen Soldaten auf Zeit, freiwillig länger Dienende oder Berufssoldaten, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen hatten und vor einem Auslandseinsatz standen, in Betracht. Selbst diese Spezialübung darf ausschließlich an drei besonderen Bundeswehrstandorten durchgeführt werden. Vorschriftsgemäß hat dem praktischen Teil eine Unterrichtseinheit mit psychologischer Betreuung vorauszugehen. Eine tätliche Konfrontation mit den Soldaten oder gar eine Fesselung findet nicht statt. Zudem können die Soldaten die Übung, auf die sie vorbereitet worden sind, durch ein Handzeichen jederzeit beenden.
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Obgleich unzulässig, wurden aber nicht einmal diese Standards für die Durchführung derartiger Spezialübungen beachtet. Eine vorbereitende Unterrichtseinheit fand nicht statt. Die ohnehin zumeist erschöpften Rekruten wurden nach rund 24-stündigem Dienst und einem kräftezehrenden nächtlichen Orientierungsmarsch außergewöhnlichen, bei solchen Spezialübungen nicht zulässigen zusätzlichen physischen Belastungen (etwa in Form des gewaltsamen Überwältigens mit tätlichen Auseinandersetzungen, der Fesselung oder des ungesicherten Transports auf einem Transporter), aber auch psychischen Belastungen ausgesetzt und damit in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Dies verstieß evident gegen gesetzliche Bestimmungen, Dienstvorschriften und Befehle, § 10 Abs. 4 SG.
62
5. Rechtsfehlerhaft ist aber auch die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte hätte sich in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum gemäß § 16 Abs. 1 StGB befunden, weil er von der Rechtmäßigkeit der Übung ausgegangen sei. Denn der Irrtum eines Untergebenen in der Bundeswehr, sein Verhalten sei durch gesetzliche Bestimmungen, Dienstvorschriften oder einen rechtmäßigen Befehl gerechtfertigt, unterfällt dem besonderen Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 1 WStG.
63
a) § 11 Abs. 2 Satz 1 SG verbietet den Gehorsam gegenüber einem Befehl , wenn der Untergebene dadurch eine Straftat begeht. Ein solcher strafrechtswidriger Befehl ist unverbindlich (vgl. BGHSt 19, 231, 232; Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 5 WStG Rdn. 2). Ein Befehl, dem die Verbindlichkeit fehlt, kommt lediglich als Entschuldigungsgrund in Betracht. Der Untergebene, der eine strafrechtswidrige Weisung ausführt, handelt tatbestandsmäßig und rechtswidrig, selbst wenn er an die Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit der Anordnung glaubt (vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts - AT 5. Aufl. § 46 I.2 m.w.N.). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SG und § 5 Abs. 1 WStG trifft einen Untergebenen, der auf Befehl eine rechtswidrige Tat begeht, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, eine Schuld aber nur dann, wenn er erkennt, dass es sich um eine rechtswidrige Tat handelt, oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist (vgl. BGHSt 19, 231, 232).
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b) Erkennen verlangt hierbei positive Kenntnis, sicheres Wissen (vgl. BGHSt 22, 223, 225 zu § 47 MStGB). Erkennt der Untergebene die Strafrechtswidrigkeit des Befehls nicht, beurteilt er sie unzutreffend oder hat er insoweit Zweifel, so handelt er nur dann schuldhaft, wenn die Strafrechtswidrigkeit nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist. § 17 StGB ist im Rahmen des § 5 WStG angesichts der ausdrücklichen Regelung der militärischen Befehlsverhältnisse nicht anwendbar (BGHSt 5, 239, 244; 22, 223, 225 zu § 47 MStGB).
65
Der Begriff „offensichtlich“ ist objektiv zu verstehen. Er umfasst das, was jedermann ohne weiteres Nachdenken erkennt, was jenseits aller Zweifel liegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2). Abzustellen ist damit auf die Erkenntnisfähigkeit eines gewissenhaften, pflichtbewussten Durchschnittssoldaten. Beurteilungsgrundlage für diesen sind allerdings die dem Täter subjektiv bekannten Umstände - und zwar nicht nur die allgemeinen Tatumstände, sondern alle für die Beurteilung des Sachverhalts bedeutsamen Umstände - wie etwa die Kenntnis von vorangegangenen Ereignissen, von Befehlen, Belehrungen, Dienstvorschriften und dergleichen (Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 13; Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 5 WStG Rdn. 10). Auch wenn einem Untergebenen regelmäßig keine Sachverhaltsprüfungspflicht obliegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2) und er grundsätzlich zu unverzüglichem Gehorsam verpflichtet ist, so muss er dennoch Gegenvorstellung erheben oder den Gehorsam verweigern, wenn er aufgrund der ihm bekannten Umstände der Überzeugung ist oder er ohne den berechtigten Vorwurf der Rechtsblindheit die Überzeugung haben müsste, dass der Befehl strafrechtswidrig ist (vgl. Stauf in Nomos - Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht § 5 WStG; BGHSt 19, 231, 233).
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c) Dies hat das Landgericht nicht in ausreichendem Maße bedacht. Sollte sich das nun zur Entscheidung berufene Tatgericht aufgrund der neu durchzuführenden Beweisaufnahme die Überzeugung davon verschaffen können, dass der Angeklagte die zum jeweiligen Tatzeitpunkt geltende AnTrA1 und/oder das Schreiben des Heeresführerkommandos vom 26. Februar 2004 beziehungsweise den „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 gekannt oder aufgrund anderer Umstände um die Unzulässigkeit einer Übung „Geiselnahme/Verhalten in Gefangenschaft“ in der „Allgemeinen Grundausbildung“ gewusst hat, wofür die Diskussion über die Frage der Genehmigung durch den Kompaniechef spricht, so ist er - unabhängig von seinen persönlichen Beiträgen - insgesamt für seine Beteiligung an den beiden Übungen strafrechtlich verantwortlich.
67
Im Übrigen legen bereits die bisherigen Feststellungen - insbesondere die Diskussion unter den Ausbildern über eine Änderung der AnTrA1 in Bezug auf eine künftige Zulässigkeit von Geiselnahmeübungen in der Grundausbildung - den Schluss nahe, dass die Strafrechtswidrigkeit der Übung und der diesbezüglichen „Genehmigung“ des Kompaniechefs für die Beteiligten jedenfalls offensichtlich im Sinne des § 5 Abs. 1 WStG war. Dies gilt umso mehr, als Art und Weise der Durchführung der Übung von den bei der „Einsatzbezogenen Zusatzausbildung“ geltenden Standards abwichen, was die Beteiligten aufgrund ihrer eigenen Ausbildung wussten. Für diesen Fall hätte der Angeklagte den strafrechtswidrigen, unverbindlichen Befehl nicht ausführen dürfen.
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6. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung einer etwaigen Fehlvorstellung hält die Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der subjektiven Tatseite sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Zum einen legt die Strafkammer eine entlastende Einlassung des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde. Zum anderen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts insofern lückenhaft und widersprüchlich.
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a) Die Feststellung der Strafkammer, der Angeklagte sei jeweils von einem im Rahmen der militärischen Ausbildung sozial adäquaten Tun und von keiner vorschrifts- oder befehlswidrigen Ausbildung ausgegangen, beruht auf dessen Einlassung, die die Kammer, ohne dass es dafür tatsächliche, objektive Anhaltspunkte gegeben hätte, als unwiderlegt angesehen hat. Da an die Bewertung der Einlassung eines Angeklagten aber die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Beurteilung von Beweismitteln, darf der Tatrichter diese seiner Entscheidung nur dann zu Grunde legen, wenn er in seine Überzeugungsbildung auch die Beweisergebnisse einbezogen hat, die gegen die Richtigkeit der Einlassung sprechen können (vgl. BGH NJW 2006, 522, 527 - insofern nicht abgedruckt in BGHSt 50, 331 ff.). Dies hat die Kammer nicht getan.
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b) Sie hat zwar die zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Umstände wie die Anordnung der Übung durch die Zugführer sowie deren Mitteilung über die Genehmigung durch den Kompaniechef, den früheren Mitangeklagten S. , berücksichtigt. Belastende Indizien, die jedenfalls in ihrer Gesamtheit Zweifel an einem Irrtum aufkommen lassen und darauf hindeuten, dass dem Angeklagten - ebenso wie den übrigen Beteiligten an dieser Übung - der Verstoß gegen die geltenden, ihm bekannten Ausbildungsvorschriften der Bundeswehr bewusst und ihm daher die Rechtmäßigkeit seines Handelns zumindest gleichgültig war, hat sie aber nicht erkennbar in die Beweiswürdigung eingestellt.
71
aa) So setzt sich die Strafkammer nicht mit der Tatsache auseinander, dass der Angeklagte als Hilfsausbilder eine zusätzliche, weitergehende Ausbil- dung erhalten hatte und ihm in diesem Zusammenhang die Ausbildungsziele und die Bestandteile der „Allgemeinen Grundausbildung“ von Rekruten bekannt gemacht sein mussten.
72
bb) Das Landgericht geht außerdem nicht auf die sich aufdrängende Frage nach dem Grund für die Mitteilung der beiden Zugführer D. und Ho. bei der Ausbilderbesprechung über die „Absegnung“ der Übung durch den Kompaniechef ein. Dies könnte dafür sprechen, dass die Rechtmäßigkeit des Vorhabens Gegenstand der Diskussion war; wenn es hierfür eine allgemein gültige Dienstanweisung gegeben hätte, wäre diese Frage kaum aufgetaucht, sondern einfach hierauf verwiesen worden.
73
cc) Unerwähnt lässt die Kammer zudem Folgendes: Nach den Urteilsfeststellungen war es „in der Bundeswehr vorgekommen, dass auch außerhalb (der) drei benannten Ausbildungszentren eine Ausbildung „Geiselnahme /Geiselhaft“ durchgeführt worden war, die nicht der Ausbildung in den Ausbildungszentren der Bundeswehr entsprach und die bei einigen Teilnehmern zu Anzeichen einer Traumatisierung geführt hatte“. Deshalb war in einem entsprechenden Schreiben des Heeresführerkommandos sowie in dem „Befehl 38/10“ auf die Unzulässigkeit derartiger Übungen in der „Allgemeinen Grundausbildung“ und außerhalb der vorgesehenen Ausbildungszentren hingewiesen worden (UA S. 7/8). Angesichts dessen erscheint es auch im Hinblick auf die Gespräche der Ausbilder über eine künftige Änderung der AnTrA1 eher abwegig, dass gerade darüber innerhalb der Kompanie des Angeklagten nicht gesprochen wurde beziehungsweise dies unerwähnt blieb.
74
dd) Letztlich gibt die Kammer auch nicht zu erkennen, worauf sie ihre Auffassung stützt, dass nicht festzustellen war, dass der Angeklagte das Schreiben des Heeresführungskommandos vom 26. Februar 2004 beziehungsweise den „Befehl 38/10“ vom 12. April 2004 kannte. Soweit das Tatgericht lediglich darauf verweist, dass selbst der ehemalige Mitangeklagte Hauptmann S. erklärt habe, dass ihm - obwohl Kompaniechef - beide Schreiben nicht bekannt gewesen seien, genügt dies nicht. Die Kammer hat sich mit der Glaubhaftigkeit dieser Einlassung nicht auseinandergesetzt, obwohl sich die Frage aufdrängen musste, ob dieser frühere Mitangeklagte nicht ein gewisses Eigeninteresse verfolgt. Unberücksichtigt gelassen wird auch die in Behörden und staatlichen Einrichtungen übliche Bekanntmachung derart wichtiger Anweisungen - regelmäßig durch unterschriftliche Bestätigung der einzelnen Empfänger oder Protokollierung der Bekanntgabe unter Mitteilung der hierbei anwesenden Soldaten. Gerade deshalb erscheint es eher fern liegend und mit einem ordnungsgemäßen Verwaltungsablauf unvereinbar, dass beide Schriftstücke in dieser Ausbildungseinheit praktisch nicht zur Kenntnis gelangt sein sollen.
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ee) Im Hinblick auf die Geiselnahmeübung vom 24./25. August 2004 findet außerdem keine Erwähnung, dass nach Durchführung der ersten Übung, an der der Angeklagte ebenfalls beteiligt war, eine - nicht näher geschilderte - Nachbesprechung stattgefunden hatte und das Geschehen fotografisch dokumentiert worden war. Hier wäre zu erwarten gewesen, dass diejenigen Beteiligten , deren Vorstellung vom Übungsablauf die tatsächliche Durchführung widersprach , Verwunderung oder Ablehnung im Hinblick auf die erfolgte Behandlung der Rekruten äußerten und sich von diesem Geschehen distanzierten. Jedenfalls liegt es aufgrund dieser Nachbesprechung nahe, dass der Angeklagte zumindest bei seiner Teilnahme an der zweiten Übung sehr wohl wusste, was mit den Rekruten im Einzelnen geschehen wird. Dann musste sich ihm auch mindestens aufdrängen, dass sich jedenfalls einzelne Vorgänge (etwa die Behandlung des Zeugen L. ) nicht im Rahmen einer zulässigen Übung zu Ausbildungszwecken bewegten. Nachdem die zweite Übung - wie dem Angeklagten bekannt war - vergleichbar ablaufen und sich insbesondere das Verhör am Vorgehen in der Sandgrube orientieren sollte, spricht wenig dafür, dass der Angeklagte jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch von einer insgesamt zulässigen Übung ausgehen konnte.
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Dies alles hat das Landgericht nicht erkennbar in seine Beweiswürdigung eingestellt.
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c) Zudem weist die Beweiswürdigung einen Widerspruch auf. Das Landgericht führt aus, auch der Umstand, dass eine derartige Übung bisher nicht durchgeführt worden war, habe dem Angeklagten keinen Grund für weitere Nachfragen geboten. Denn ihm könne nicht widerlegt werden, dass „seinerzeit … in den Kreisen der Ausbilder bereits davon die Rede war, dass die AnTrA1 den geänderten Verhältnissen … angepasst werden sollte. Auch in der Allgemeinen Grundausbildung wären also geänderte Ausbildungsinhalte zu erwarten gewesen“ (UA S. 45). Die Kammer geht damit davon aus, dass die Ausbilder und auch der Angeklagte über eine erst in der Zukunft erfolgende Änderung der Ausbildungsregeln diskutiert haben. Dann drängt es sich aber gerade auf, dass die Beteiligten - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die AnTrA1 nach den Urteilsfeststellungen im Intranet der Bundeswehr abrufbar und damit für sie ohne weiteres zugänglich war und zudem bereits entsprechende Schulungen für die Ausbilder stattfanden - sehr wohl wussten, dass zum Tatzeitpunkt eine Änderung gerade noch nicht erfolgt und die praktische Geiselnahmeübung daher nach wie vor nicht zulässig war. Denn wenn einerseits über eine erst zukünftige Änderung der Ausbildungsregeln diskutiert wurde, konnte schwerlich angenommen werden, die damals geltenden Regeln seien bereits ohne Geltung gewesen. Wieso demnach eine vermutete bevorstehende Veränderung der Rechtslage einen Grund dafür bieten sollte, Nachfragen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Übung bereits im Vorfeld zu unterlassen, erschließt sich nicht.
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d) Unter diesen Umständen war das Tatgericht nicht gehalten, auch entlastende Einlassungen der Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Der Tatrichter hat nach ständiger Rechtsprechung vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NJW 2007, 2274; Senat, Urt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07). Die vom Landgericht als unwiderlegbar hingenommene Einlassung , die Angeklagten seien von keiner vorschrifts- oder befehlswidrigen Ausbildung ausgegangen, stellt sich unter Berücksichtigung der zuvor dargelegten Gesichtspunkte als eine eher denktheoretische Möglichkeit dar, die beweiskräftiger Anknüpfungspunkte entbehrt. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten eines Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen , für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur BVerfG, Beschl. vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NStZRR 2003, 371; NStZ 2004, 35, 36; NJW 2007, 2274; Senat, Urt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07).
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7. Schließlich hält die Auffassung des Landgerichts, der Überfall, das Verbinden der Augen, die Fesselung und das Verladen der Rekruten auf einen Transporter stellten keine entwürdigende Behandlung nach § 31 Abs. 1 WStG dar, sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
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a) Entwürdigende Behandlung ist jedes Verhalten eines Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen, das dessen Stellung als freie Persönlichkeit nicht unerheblich in Frage stellt, das die Achtung nicht unerheblich beeinträchtigt , auf die der Untergebene allgemein als Mensch in der sozialen Gesellschaft und im besonderen als Soldat innerhalb der soldatischen Gemeinschaft Anspruch hat. Der Untergebene darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (BayObLG NJW 1970, 769, 770; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 3; Stauf in Nomos - Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht § 31 WStG jeweils m.w.N.). Ob eine entwürdigende Behandlung vorliegt, beurteilt sich, wenn die Handlung nicht bereits wegen ihres absolut entwürdigenden Charakters unter § 31 Abs. 1 WStG fällt, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatumstände (BayObLG NJW 1970, 769, 770; Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 31 WStG Rdn. 3; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 4).
81
b) Daran gemessen unterfällt jedenfalls die Geiselnahmeübung in ihrer Gesamtheit dem Tatbestand des § 31 Abs. 1 WStG. Insbesondere die Fesselung der Rekruten (vgl. dazu Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 31 Rdn. 5), das Verbinden ihrer Augen, das Verladen der Rekruten „wie Ware“ auf die Ladefläche eines Pritschenwagens, die auf den Helm verabreichten Schläge , um für Ruhe zu sorgen, das Hinknienlassen sowie die schikanösen Zwangshaltungen und Ausdauerübungen, die den nach fast 24-stündigem Dienst und einem anstrengenden Nachtmarsch ohnehin zumeist erschöpften Rekruten befohlen wurden, schließlich die angedrohten (teils mit angesetzter Waffe) und vorgetäuschten Erschießungen (vgl. dazu Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 31 WStG Rdn. 4 m.w.N.) stellen ebenso entwürdigende Behandlungen dar, welche zumindest bei einem Soldaten auch zu einer nahezu panischen Angst führten, wie die Vorgehensweise, die der Angeklagte dem Zeugen Sc. angedeihen ließ. Dies alles erniedrigte die Rekruten zum bloßen Objekt.

IV.


82
Die Sache bedarf daher der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können aufrechterhalten bleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen sind zulässig.
83
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Kostenausspruch des angefochtenen Urteils ist durch die insoweit erfolgte Urteilsaufhebung gegenstandslos (vgl. BGH StV 2006, 687, 688).

V.


84
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
85
1. Selbst wenn das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht zu der Feststellung gelangen sollte, die betroffenen Rekruten hätten ausdrücklich oder konkludent in die gegenständliche unzulässige Geiselnahmeübung eingewilligt , so hätte dies keine rechtfertigende Wirkung. §§ 30, 31 WStG schützen nicht allein das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit beziehungsweise der Würde des Untergebenen, sondern auch die Disziplin und Ordnung in der Bundeswehr. Die ehr- und körperverletzende Behandlung durch Vorgesetzte stellt einen Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zum Schutze der Menschenwürde und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten körperlichen Unversehrtheit dar. Von dieser Verpflichtung kann der für den Staat handelnde Amtsträger oder Bedienstete durch das subjektive Einverständnis des Individualgrundrechtsträgers nicht frei- gestellt werden (vgl. BVerwG NJW 2001, 2343, 2344; Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 30 WStG Rdn. 10 m.w.N.).
86
2. § 30 WStG kann mit § 224 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) stehen. § 30 WStG geht nur § 223 StGB vor, enthält aber keine alle Körperverletzungsdelikte ausschließende Sonderregelung. Dies folgt schon daraus, dass das allgemeine Strafrecht gerade in den schwereren Fällen der Untergebenenmisshandlung nicht durch das WStG gemildert werden darf (vgl. BGH NJW 1970, 1332 zu § 226 StGB aF; Schölz/Lingens, Wehrstrafgesetz 4. Aufl. § 30 Rdn. 28; a.A. Dau in Erbs/Kohlhaas 172. Lfg. § 30 WStG Rdn. 18; Arndt, Grundriß des Wehrstrafrechts 2. Aufl. S. 218).
87
3. Sollte das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht zu der Auffassung gelangen, eine Strafbarkeit gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 WStG liege nicht vor, so wird es aufgrund der Fesselung der Rekruten für teilweise mehr als 30 Minuten - erst recht aufgrund der Fesselung an Händen und Füßen -, deren Verbringens mit verbundenen Augen auf die Ladefläche des Pritschenwagens und deren begleiteten Abtransports den Straftatbestand der Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB, zumindest aber den Tatbestand der Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB in den Blick zu nehmen haben.
Nack Wahl Elf Graf Sander

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(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

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(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

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(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer einen Untergebenen entwürdigend behandelt oder ihm böswillig den Dienst erschwert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

Der Soldat hat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Seine Rechte werden im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Begeht ein Untergebener eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt, daß es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist.

(2) Ist die Schuld des Untergebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen.

(1) Der Soldat muss seinen Vorgesetzten gehorchen. Er hat ihre Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen. Ungehorsam liegt nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt wird, der die Menschenwürde verletzt oder der nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist; die irrige Annahme, es handele sich um einen solchen Befehl, befreit den Soldaten nur dann von der Verantwortung, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte und ihm nach den ihm bekannten Umständen nicht zuzumuten war, sich mit Rechtsbehelfen gegen den Befehl zu wehren.

(2) Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Untergebene den Befehl trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Im Verhältnis zu Personen, die befugt sind, dienstliche Anordnungen zu erteilen, die keinen Befehl darstellen, gelten § 62 Absatz 1 und § 63 des Bundesbeamtengesetzes entsprechend.

(1) Begeht ein Untergebener eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt, daß es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist.

(2) Ist die Schuld des Untergebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen.

(1) Der Soldat muss seinen Vorgesetzten gehorchen. Er hat ihre Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen. Ungehorsam liegt nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt wird, der die Menschenwürde verletzt oder der nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist; die irrige Annahme, es handele sich um einen solchen Befehl, befreit den Soldaten nur dann von der Verantwortung, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte und ihm nach den ihm bekannten Umständen nicht zuzumuten war, sich mit Rechtsbehelfen gegen den Befehl zu wehren.

(2) Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Untergebene den Befehl trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Im Verhältnis zu Personen, die befugt sind, dienstliche Anordnungen zu erteilen, die keinen Befehl darstellen, gelten § 62 Absatz 1 und § 63 des Bundesbeamtengesetzes entsprechend.

(1) Begeht ein Untergebener eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt, daß es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist.

(2) Ist die Schuld des Untergebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Begeht ein Untergebener eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt, daß es sich um eine rechtswidrige Tat handelt oder dies nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist.

(2) Ist die Schuld des Untergebenen mit Rücksicht auf die besondere Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 654/07
vom
1. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Juli 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers J. Z. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin D. Z. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 24. Juli 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Totschlags aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Nach der Anklage lag ihm zur Last, am 20. September 2006 auf die Geschädigte A. Z. mit einem Zimmererhammer eingeschlagen und ihr vier Messerstiche beigebracht zu haben. A. Z. verstarb an den schweren Gewalteinwirkungen im Bereich des Kopfes. Das Landgericht vermochte sich von der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überzeugen.
2
Dagegen wenden sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft und die Revisionen der Nebenkläger. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, da die dem Freispruch zugrunde liegende Beweiswürdigung Mängel aufweist. Auf die von dem Nebenkläger J. Z. erhobenen, als Aufklärungsrügen zu verstehenden Beanstandungen kommt es daher nicht an.

I.

3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Am 20. September 2006 etwa zwischen 8.40 Uhr und 11.30 Uhr wurde die 41-jährige A. Z. im Flur des Erdgeschosses des von ihr und ihrer Familie bewohnten Anwesens in K. getötet. Sie wurde zuletzt gegen 8.40 Uhr gesehen. Gegen 11.30 Uhr fand man sie tot auf.
5
Sie befand sich zum Tatzeitpunkt mit ihrer damals eineinhalbjährigen Enkelin allein im Anwesen. Die rückseitige Eingangs- und Kellertür waren zum Zeitpunkt der Tat unversperrt. Im Haushalt der Familie war es - wie der Angeklagte wusste - üblich, diese beiden Türen nicht abzuschließen.
6
Als sich A. Z. der Hintereingangstür näherte, wurde sie durch einen Schlag mit einem Zimmererhammer ihres Ehemannes auf den Hinterkopf zu Fall gebracht. Der am Boden liegenden Frau fügte der Täter am Kopf mit der dornähnlich zulaufenden Seite des Hammers fünf Lochbrüche zu. Mit der stumpfen Endfläche versetzte er ihr eine Vielzahl weiterer Schläge, so dass sich an ihrem Kopf insgesamt 52 voneinander zu differenzierende Wunden ergaben. Um sicherzugehen, dass der Tod tatsächlich eintritt, brachte der Täter seinem Opfer zudem am Hals linksseitig eine fünf Zentimeter tiefe Stichverletzung sowie im Bereich der vorderen linken Brust drei Messerstiche bei. A. Z. verstarb an den schweren Gewalteinwirkungen im Bereich des Kopfes.
7
Bei der Tat hatte der Täter zur Vermeidung von Spuren gelbe Haushaltshandschuhe verwendet. Der rechte Handschuh wurde in der Waschküche des von Familie Z. bewohnten Anwesens liegen gelassen. Dieser zurückgelassene Handschuh wies innen und außen Blut des Opfers auf und war von dem Angeklagten zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt getragen worden.
8
2. Der gegen den Angeklagten sprechende Tatverdacht beruhte insbesondere auf folgenden Erkenntnissen:
9
a) An der Innenseite des bei der Tat getragenen und am Tatort zurückgelassenen Handschuhs wurden zwei Spuren gesichert, die ein DNA-Identifizierungsmuster aufweisen, das mit dem des Angeklagten mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:100 Milliarden übereinstimmt. Die Zeugen und Nebenkläger D. und J. Z. - Tochter und Ehemann des Opfers - hatten vor der Tat weder den Angeklagten mit solchen Handschuhen im Haus noch derartige Handschuhe in ihrem Haushalt gesehen. Weitere Fremdspuren anderer Personen waren an dem zurückgelassenen Handschuh nicht vorhanden , obwohl bei dem intensiven Gebrauch des Tatwerkzeugs wie vorliegend (massiver Einsatz eines Hammers) mit größerer Wahrscheinlichkeit Spuren verbleiben als bei einem bloßen Kontaktieren.
10
b) Als der Angeklagte von dem ermittelnden Polizeibeamten mit dem festgestellten genetischen Fingerabdruck in dem Handschuh konfrontiert wurde, äußerte er, jeder mache Fehler.
11
c) Der verheiratete Angeklagte hatte mit D. Z. , der Tochter der Getöteten, eine außereheliche Beziehung geführt, aus der das im März 2005 geborene Mädchen C. hervorgegangen ist. D. Z. hatte die Beziehung zu ihm jedoch beendet. Dies konnte der Angeklagte bis zuletzt nicht vollständig verwinden. Er versuchte stets, sie zurückzugewinnen. Als D.
Z. den Kontakt zu ihm abbrach, konnte der Angeklagte sie nur noch über A. Z. erreichen, zu der er regen Handykontakt pflegte. Dennoch war der Angeklagte weiterhin regelmäßig Gast bei Familie Z. . Am Tag vor der Tat war es zwischen ihm und A. Z. zu einer Meinungsverschiedenheit gekommen, nachdem diese einen vom Angeklagten vorgespiegelten Hauskauf aufgedeckt und ihre tiefe Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht hatte. Sie schickte ihm folgende SMS: "Ich glaub nichts mehr, sonst wärst du hier". Der Angeklagte hatte insofern vorgegeben, zum gemeinsamen Bewohnen der Familie Z. eine neue Unterkunft zu verschaffen. Damit wollte er D. zurückgewinnen und an sich binden. Außerdem hatte der Angeklagte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung eines Betrages in Höhe von 2.500,-- EUR gegen A. Z. beauftragt. Am Abend vor der Tat löschte der Angeklagte sämtliche auf seinem Handy gespeicherten SMS-Nachrichten der A. Z. .
12
3. Das Landgericht hat sich gleichwohl nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht.
13
a) Hinsichtlich der festgestellten DNA-Spur erachtet die Kammer die erst in der Hauptverhandlung erfolgte Einlassung des Angeklagten, er habe den Handschuh im Frühjahr 2006 bei Streicharbeiten im Haus der Familie Z. getragen und dort belassen, als "nicht zwingend widerlegbar" (UA S. 33). Der Angeklagte sei aufgrund seiner engen Beziehung zur Familie des Opfers als "berechtigter Spurenverursacher" anzusehen. Der Tatsache, dass die Nebenkläger , die bei den Streicharbeiten nicht anwesend waren, solche Handschuhe in der Zeit von Frühjahr 2006 bis zur Tat im Haus nicht wahrgenommen haben, obwohl J. Z. etwa eine Woche vor der Tat den Keller aufgeräumt hatte, komme kein gesteigerter Beweiswert zu. Diese Tatsache lasse nicht den "zwingenden Rückschluss" zu, der Angeklagte habe die Handschuhe am Tattag mitgebracht und bei Begehung der Tat getragen. Eine vor der Tat liegende Benutzung des vom Täter zurückgelassenen Handschuhs durch den Angeklagten sei möglich. Die Untersuchung des Handschuhs auf Rückstände von Farben habe zwar ergeben, dass keine Spuren des beim Streichen verwendeten Lacks vorhanden waren. Dennoch sei der "zwingende Schluss" dahingehend , dass bei Verwendung der Handschuhe Lackspuren aufgebracht worden sein müssen, nicht zu ziehen. Auch das Fehlen weiterer Fremdspuren im Handschuh sei durchaus denkbar, auch wenn bei dem vorliegenden Gebrauch ein Abrieb wahrscheinlich zu erwarten gewesen wäre. Es sei denkbar , dass ein unbekannter Dritter die Handschuhe im Haus gefunden und sie bei der Tatbegehung getragen habe, ohne identifizierbare Spuren daran zu hinterlassen , oder weitere Handschuhe in den Haushaltshandschuhen getragen habe. Auch aus dem Umstand, dass der Angeklagte die entlastende Einlassung erst im Rahmen der Hauptverhandlung abgegeben habe, können nach Ansicht der Kammer keine Schlüsse gezogen werden.
14
b) Die Äußerung des Angeklagten anlässlich der Konfrontation mit den am Handschuh festgestellten Spuren sei - so die Kammer - "nicht zwingend" als Schuldeingeständnis zu werten, sondern könne "genauso gut als flapsige, entnervte Bemerkung in einer Stresssituation gesehen werden".
15
c) Im Übrigen sei auch die situative und zeitliche Möglichkeit der Tatbegehung durch den Angeklagten mit nicht ausräumbaren Zweifeln behaftet. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Angeklagte ein Telefonat mit seiner Ehefrau um 9.24 Uhr aus der gemeinsamen Wohnung geführt und sich um 10.55 Uhr in der Aral-Tankstelle in U. eingefunden habe. Die von der Polizei gemessene Fahrzeit für den Weg von der Wohnung des Angeklagten zum Tatort bei einer Abfahrtszeit um 9.30 Uhr betrage 35 Minuten. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Fahrtstrecken ergebe sich ein Zeitfenster von 21 Minuten. Die Tatbegehung sowie damit verbundene Abläufe (wie An- und Ablegen von Schutzkleidung, Holen des Tatwerkzeugs, Wechseln der Schuhe, Verstecken von Tatkleidung und Tatwerkzeug, Spurenbeseitigung ) innerhalb dieser Zeit seien zwar denkbar, aber nicht zwingend. Auch die Einlassung des Angeklagten, nach der Datenspeicherung auf seinem PC habe er von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr bei sich in der Wohnung CDs gebrannt, sei nicht zwingend zu widerlegen.
16
d) Letztlich begründeten der bisherige Werdegang des Angeklagten und seine Persönlichkeitsstruktur zur Überzeugung der Kammer erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten. Für eine gesteigerte Gewalttätigkeit des Angeklagten gebe es keine greifbaren Anhaltspunkte. Auch ein starkes zur Tötung des Opfers ausreichendes Motiv ergebe sich für den Angeklagten nicht. Der gescheiterte Hauskauf liefere "kein zwingendes Motiv zur Tötung". Im Rahmen der Meinungsverschiedenheit zwischen dem Angeklagten und dem Opfer am Tag vor der Tat habe es keine "erhebliche Zuspitzung" gegeben.

II.

17
Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
18
1. Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd" erscheinen mag. Im Strafprozess gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Tatgerichts, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht. Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht (z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes ), wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Urt. vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06; NJW 2005, 1727; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33, jew. m.w.N.).
19
2. Das Landgericht hat umfangreich die den Angeklagten belastenden Indizien sowie die ihn entlastenden Umstände aufgelistet und gewürdigt. Gleichwohl werden die Abwägungen den vorstehenden Grundsätzen nicht gerecht. Zum einen legt die Strafkammer entlastende Einlassungen des Angeklagten , für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde (nachfolgend Buchst. a). Zum anderen ist die Beweiswürdigung auch lückenhaft, entbehrt einer erschöpfenden Gesamtwürdigung (nachfolgend Buchst. b), stellt an die Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen (nachfolgend Buchst. c) und verkennt die Bedeutung des Zweifelssatzes (nachfolgend Buchst. d).
20
a) Die Kammer hatte zu prüfen, ob die in dem sichergestellten und bei der Tat getragenen Handschuh festgestellte DNA-Spur des Angeklagten dessen Täterschaft belegt und ob der Angeklagte zur Tatzeit am Tatort war. Dabei nahm sie Einlassungen des Angeklagten, für die es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, ohne weiteres als unwiderlegbar hin:
21
aa) Die Kammer erachtet die Angabe des Angeklagten, er habe den bei der Tatbegehung getragenen Handschuh, an dem DNA-Material gesichert wurde , das mit dem DNA-Identifizierungsmuster des Angeklagten übereinstimmt, nicht am Tattag, sondern im Frühjahr 2006 bei Streicharbeiten getragen, als nicht zwingend widerlegbar. Hinreichende Anhaltspunkte, die diese Einlassung stützen würden, konnte das Gericht nicht feststellen. Weder befanden sich an dem Handschuh Spuren des beim Streichen verwendeten Lacks. Noch haben Zeugen den Angeklagten mit solchen Handschuhen oder überhaupt solche Handschuhe im Haushalt der Familie Z. gesehen. Außerdem konnten an dem Handschuh keine weiteren Fremdspuren festgestellt werden, obwohl dies bei der konkreten Art und Weise der Verwendung des Hammers zu erwarten gewesen wäre.
22
Unter diesen Umständen ist das Tatgericht nicht gehalten, auch entlastende Einlassungen des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Der Tatrichter hat nach ständiger Rechtsprechung vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2002, 48; NJW 2007, 2274). Die vom Landgericht erwogene Möglichkeit, der Täter habe im Haus der Familie Z. die Haushaltshandschuhe , die vorher niemand gesehen hat, gefunden und es dem Zufall überlassen, ob er solche findet, wenn er - wie festgestellt - damit Spuren vermeiden wollte, ist eine bloße denktheoretische Möglichkeit, die jeglicher Anknüpfungspunkte entbehrt. Gleiches gilt für das Tragen von Handschuhen in Handschuhen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten , zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur BVerfG, Beschl.
vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2004, 35, 36; NJW 2007, 2274).
23
bb) Die Einlassung des Angeklagten, er habe zur Tatzeit bei sich in der Wohnung CDs gebrannt, so wie dies in seinem Computer protokolliert worden sei, hat die Strafkammer als nicht zwingend widerlegbar hingenommen. Sie hat - sachverständig beraten - festgestellt, dass auf dem sichergestellten Computer des Angeklagten am Tattag Brennvorgänge im Zeitraum von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr aufgezeichnet wurden. Diese festgehaltenen Daten könnten indes von einem Kundigen über die Basissoftware BIOS manipuliert werden. Auf dem Computer würden derartige Veränderungen nicht festgehalten, so dass sie nicht mehr festgestellt werden könnten. Für den Angeklagten, der nach seinen eigenen Angaben über gute Computerkenntnisse, auch die Basissoftware BIOS betreffend, verfüge, stelle das Umstellen der Zeitdaten zwar kein anspruchsvolles Problem dar, es sei aber - so die Kammer - nicht belegt, dass der Angeklagte tatsächlich so vorgegangen sei. Eine denkbare Manipulation sei nicht nachweisbar.
24
Das Landgericht war auch hier nicht gehalten, diese Einlassung als unwiderlegbar hinzunehmen. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass die auf dem Computer gespeicherten Zeitdaten richtig sind, gibt es nicht. Diese rühren allein vom Angeklagten her und unterlagen nur seinem Einfluss. Eine Manipulation dieser Daten war für den Angeklagten, der über die dazu erforderlichen Fähigkeiten verfügt, möglich, ohne dass dies später nachvollzogen werden könnte.
25
b) Die Beweiswürdigung weist zudem Lücken auf. Zwar können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab. Dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Das Tatgericht hat auf Freispruch erkannt, obwohl erhebliche Belastungsindizien vorlagen. Bei einer solchen Sachlage muss es in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (vgl. Senat, Urt. vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06; BGH NStZ-RR 2002, 338 m.w.N.). Dem wird das angefochtene Urteil trotz der umfangreichen Beweiserwägungen nicht gerecht:
26
aa) Die Urteilsgründe lassen zum einen eine umfassende Würdigung der Einlassung des Angeklagten vermissen. Die Kammer führt aus, aus der Tatsache , dass der Angeklagte seine entlastende Einlassung hinsichtlich des Tragens des Handschuhs erst im Rahmen der Hauptverhandlung abgegeben habe , ließen sich bereits deshalb keine Schlüsse ziehen, da er aus seiner Sicht nachvollziehbar angegeben habe, kein Vertrauen in die Ermittlungen der Polizei mehr gehabt und deshalb erst vor Gericht hierzu Angaben gemacht zu haben (UA S. 29). Das Urteil teilt insoweit aus den früheren Einlassungen des Angeklagten lediglich die Äußerung mit, "jeder mache Fehler". Angesichts der besonderen Fallkonstellation im Hinblick auf die sichergestellten DNA-Spuren wäre es aber erforderlich gewesen, darzulegen, ob und gegebenenfalls welche Erklärungen er im Ermittlungsverfahren darüber hinaus dazu abgegeben hat. Ein Wechsel der Einlassung im Laufe des Verfahrens kann ein Indiz für die Unrichtigkeit der Einlassung in der Hauptverhandlung sein und ihre Bedeutung für die Beweiswürdigung verringern oder unter Umständen ganz entfallen lassen (BGHR StPO § 261 Einlassung 6). Auch sind die Einlassungen nicht einzeln abzuhandeln, wie hier geschehen, sondern gegenüberzustellen und in eine umfassende Würdigung des gesamten Aussageverhaltens einzubeziehen.
27
bb) Des Weiteren lässt die Beweiswürdigung, soweit die Kammer die situative und zeitliche Möglichkeit der Tatbegehung durch den Angeklagten mit nicht ausräumbaren Zweifeln behaftet sieht, eine Auseinandersetzung mit der nahe liegenden Frage vermissen, ob nicht eine Begehung der Tat unmittelbar nach dem Verlassen der gemeinsamen Wohnung durch seine Ehefrau gegen 7.50 Uhr und vor dem mit ihr um 9.24 Uhr geführten Telefonat erfolgt sein kann. Für dieses Zeitfenster erörtert die Kammer lediglich eine mögliche Manipulation der Brennzeiten, nicht aber die Tatbegehung, obwohl die von der Polizei für eine Abfahrt um 9.30 Uhr gemessene Fahrdauer von der Wohnung des Angeklagten zum Tatort dies zuließe und sich möglicherweise für eine frühere Fahrt zum Tatort eine abweichende Fahrdauer ergibt.
28
cc) Zum anderen ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, dass das Landgericht im vorliegenden Fall tatsächlich eine erschöpfende Gesamtwürdigung aller Indizien vorgenommen, also nicht nur die einzelnen Beweisergebnisse isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtabwägung eingestellt hat. Die Kammer reiht in den Urteilsgründen (UA S. 61/62) "zusammenfassend" lediglich die vorher abgehandelten Indizien einzeln aneinander und teilt nochmals ihre Zweifel bezogen auf jedes einzelne dieser Indizien mit. Die vorgenommene formelhafte "Gesamtschau des Beweisergebnisses" lässt nicht erkennen, inwieweit sie alle oder mehrere Indizien im Zusammenhang gewürdigt hat. Dies wäre indes erforderlich gewesen. Denn einzelne Belastungsindizien , die für sich genommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, können doch in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatrichters begründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung unter Gewichtung der einzelnen Indizien (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH, Urt. vom 29. August 2007 - 2 StR 284/07 m.w.N.).
29
c) Außerdem ist zu besorgen, dass die Strafkammer überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil oder andere Möglichkeiten denknotwendig - oder wie es das Landgericht formuliert "zwingend" - ausschließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Der Tatrichter ist also nicht gehindert, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen, wenn diese tragfähig sind (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 2004, 238).
30
aa) Im Hinblick darauf begegnet bereits die Formulierung des Landgerichts rechtlichen Bedenken, wonach die Kammer "nicht den zwingenden Schluss ziehen" (UA S. 34) könne, dass aufgrund der DNA-Spuren des Angeklagten in dem sichergestellten Handschuh dieser den Handschuh auch bei Tatbegehung getragen haben müsse. Die Wortwahl zeigt, dass sich die Strafkammer nicht bewusst war, dass aus einer Indiztatsache auch zu Ungunsten des Angeklagten Schlüsse, die nicht zwingend, sondern nur möglich sind, gezogen werden können. Gleiches gilt für die Ausführungen der Kammer, nach denen sich aus dem Umstand, dass die Zeugen D. und J. Z. weder den Angeklagten mit Haushaltshandschuhen noch einen derartigen Haushaltshandschuh überhaupt in ihrem Haushalt gesehen haben, "kein zwingender Rückschluss" (UA S. 30) dahingehend ziehen lasse, der Angeklagte habe die Handschuhe am Tattag mitgebracht und bei Begehung der Tat getragen. Ebenso verhält es sich mit dem festgestellten Fehlen von Spuren des beim Streichen verwendeten Lacks an dem sichergestellten Handschuh. Auch hier führt die Kammer aus, der "zwingende Schluss dahingehend" (UA S. 33), dass bei der Verwendung der Handschuhe Lackspuren aufgebracht worden sein müssten, sei nicht zu ziehen.
31
Da das Landgericht auch im Hinblick auf andere Beweisumstände an sich mögliche Schlüsse als "nicht zwingend" bewertet (vgl. UA S. 41, 46) und in dem gescheiterten Hauskauf "kein zwingendes Motiv zur Tötung" sieht (UA S. 52), steht zu besorgen, dass es die Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu hoch angesetzt haben könnte.
32
bb) Gleiches gilt für die Beurteilung der Gesamtheit der Indizien. Das Landgericht hat im Rahmen der von ihm vorgenommenen "Gesamtschau des Beweisergebnisses" ausgeführt, es könne nach seiner Überzeugung "keine jegliche Zweifel zum Schweigen bringende Sicherheit von der Täterschaft des Angeklagten erzielen" (UA S. 62). Dadurch hat es den Grundsatz der freien Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft angewandt: Für die Beantwortung der Schuldfrage kommt es allein darauf an, ob der Tatrichter die Überzeugung von einem bestimmten Sachverhalt erlangen kann oder nicht. Der Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus; vielmehr gehört es gerade zum Wesen der Überzeugung, dass sie sehr häufig objektiv möglichen Zweifel ausgesetzt bleibt (BGH NStZ-RR 2004, 238, 240).
33
d) Schließlich hat die Kammer nicht hinreichend bedacht, dass der Zweifelssatz nicht schon auf das einzelne Indiz, sondern erst bei der abschließenden Überzeugungsbildung aufgrund der gesamten Beweislage anzuwenden ist. Bereits vor der Gesamtschau aller Beweise hat das Landgericht bei der Prüfung der Täterschaft des Angeklagten Beweisanzeichen - wie etwa den Werdegang und die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten (UA S. 52) oder die Frage der situativen und zeitlichen Möglichkeit der Tatbegehung (UA S. 38, 41, 44) - jeweils einzeln unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes als nicht überzeugend erachtet.
34
Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist jedoch keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anzuwenden (Senat, Urt. vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06). Keinesfalls gilt er für entlastende Indiztatsachen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24 m.w.N.).

III.

35
Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sie gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. StPO an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen.
36
Da die Revisionen zur Aufhebung des Urteils führen, ist die mit der Revisionseinlegung der Staatsanwaltschaft erhobene sofortige Beschwerde gegen die an den Freispruch anknüpfende Entscheidung über die Entschädigung des Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen gegenstandslos. Nack Kolz Elf Graf Sander

(1) Wer einen Untergebenen entwürdigend behandelt oder ihm böswillig den Dienst erschwert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer einen Untergebenen entwürdigend behandelt oder ihm böswillig den Dienst erschwert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.
das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Untergebenen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es fördert oder pflichtwidrig duldet, daß ein Untergebener die Tat gegen einen anderen Soldaten begeht.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter sein Verhalten beharrlich wiederholt.

(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.