Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juni 2016 - 1 StR 50/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 14. Juni 2016 in der Sitzung am 16. Juni 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum
und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Mosbacher, Dr. Bär,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 – als Verteidiger, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 – als Vertreter der Nebenklägerin, Justizobersekretärin – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 16. Juni 2016 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) in drei tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB), aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
- 2
- 1. Die zugelassene Anklage legt dem Angeklagten zur Last, als Adoptivvater die am 22. August 1993 in Kamerun geborene Nebenklägerin C. in drei Fällen sexuell missbraucht und sich dadurch jeweils des sexuel- len Missbrauchs einer Schutzbefohlenen, in einem Fall zudem in Tateinheit mit Vergewaltigung, strafbar gemacht zu haben.
- 3
- a) Im Dezember 2007 sei der Angeklagte mit der damals vierzehnjährigen Nebenklägerin zu deren Großeltern ins Heilbad H. gefahren. Die Mutter und die Geschwister der Nebenklägerin sollten nachkommen. Am Abend des Ankunftstages habe sich der Angeklagte ins Bett der Nebenklägerin gelegt und ihr gesagt, er wolle ihr etwas über ihre leibliche Mutter erzählen. Er habe sie dann zunächst über dem T-Shirt an Rücken und Po gestreichelt, bevor er unter ihr T-Shirt gegriffen und sie über Rücken, Po und Brust gestreichelt habe. Der Angeklagte habe die Nebenklägerin auch aufgefordert, ihn zu streicheln; sie sei aber schockiert gewesen und wie gelähmt liegen geblieben. Er habe dann ihre Schlafhose ausgezogen, sie an der Scheide gestreichelt und ihre Brüste geküsst. Auch habe er die Hand der Nebenklägerin über der Hose auf seinen erigierten Penis geführt. Schließlich habe der dann auf dem Rücken liegende Angeklagte die Nebenklägerin auf sich hinaufgezogen, um dann mit Bewegungen von unten an ihrem Geschlechtsteil zu reiben.
- 4
- b) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Februar 2008 habe der Angeklagte spät abends die Nebenklägerin in ihrem Zimmer im Dachgeschoss des Familienhauses in F. aufgesucht. Er habe die Nebenklägerin umarmt und sie dabei den Rücken herunter bis zum Po gestreichelt; sodann habe er seine Hand auf ihre Brust gelegt.
- 5
- c) Zu einem ebenfalls nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt „um den“ 20. Mai 2008 sei der Angeklagte wiederum abends in das Zimmer der Nebenklägerin gekommen und habe sich zu ihr ins Bett gelegt. Er habe sie dann am ganzen Körper, auch zwischen den Beinen und an der Brust, gestreichelt. Die Nebenklägerin habe dieses Mal den Entschluss gefasst, sich zu wehren, ihren Körper anzuspannen und die Oberschenkel zusammenzudrücken. Als die Nebenklägerin der Aufforderung des Angeklagten, ihre Beine „auseinanderzuma- chen“, nicht nachgekommen sei, habe er ihre Beine mit der Hand auseinander- gedrückt. Er habe dann in den Slip der Nebenklägerin gegriffen und ihr an das Geschlechtsteil gefasst. Der Angeklagte sei dabei mit einem Finger für einen Zeitraum von zehn bis 30 Sekunden in das Genital der Nebenklägerin eingedrungen. Hierbei habe die Nebenklägerin nicht unerhebliche Schmerzen sowie Angst verspürt. Sodann habe sich der Angeklagte, der seine Unterhose anbehalten habe, auf die Nebenklägerin gelegt und habe mit seinem Becken Aufund Abbewegungen zwischen den Beinen der Nebenklägerin vorgenommen, wodurch diese seine Erektion verspürt habe. Während er auf ihr gelegen habe, habe der Angeklagte versucht, sie zu küssen, was die Nebenklägerin durch Drehen des Kopfes auf die Seite verhindert habe.
- 6
- 2. Das Landgericht konnte sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass es zu den angeklagten sexuellen Handlungen gekommen ist. Es hat den Angeklagten deshalb aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
II.
- 7
- Die gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 401 Abs. 1 Satz 1 StPO zulässige Revision der Nebenklägerin hat Erfolg; der Freispruch hält einer sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deshalb der Aufhebung , weil sie den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nicht genügt.
- 9
- a) Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die der Tatrichter für erwiesen hält. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2014 – 1 StR 722/13; vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 25; vom 3. März 2010 – 2 StR 427/09, NStZ-RR 2010, 182; vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 512, 513 und vom 21. Oktober 2003 – 1 StR 544/02, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 13 mwN). Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlichen bedenkenfreien Erwägungen beruht (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2014 – 1 StR 722/13; vom 5. Februar 2013 – 1 StR 405/12, NStZ 2013, 334; vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 25; vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 236/11; vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2).
- 10
- b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn es wird schon nicht zusammenhängend mitgeteilt, welche Feststellungen getroffen werden konnten. Das Landgericht teilt lediglich mit, dass es sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit von den angeklagten Sexualstraftaten überzeugen konnte. Feststellungen dazu, welchen Sachverhalt das Landgericht für erwiesen hält, enthalten die Urteilsgründe – abgesehen von den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und vom Lebenslauf der Nebenklägerin – nicht.
- 11
- c) Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil. Denn die Urteilsgründe ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Landgericht den Grundsatz „in dubio pro reo“ angewendet hat. Insbesondere bleibt offen, ob das Landgericht die von der Nebenklägerin erho- benen und detailreich geschilderten Tatvorwürfe insgesamt für erfunden hält oder ob es sich von einem abweichenden Geschehensablauf überzeugt hat, den es lediglich nicht für strafbar hält. Feststellungen hierzu waren schon deshalb nicht entbehrlich, weil der Angeklagte in seiner in den Urteilsgründen wiedergegebenen Einlassung selbst eingeräumt hatte, sich einmal zu der Nebenklägerin ins Bett gelegt zu haben, wenn auch ohne sexuelle Handlungen und lediglich zu dem Zweck, ihr Familienfotos zu zeigen (UA S. 15).
- 12
- Der Umstand, dass der Angeklagte „sich zu einem 14-jährigen Mädchen ins Bett“ gelegt habe, war ausgehend von den Urteilsgründen nach den über- einstimmenden Angaben der Zeuginnen M. , der Adoptivmutter der Nebenklägerin, und der Psychotherapeutin D. auch Gegenstand eines zwischen beiden geführten Gesprächs im Mai 2008 (UA S. 22 f., 28, 29) und führte in Anwesenheit der Zeugin M. zu einer Entschuldigung des Angeklagten bei der Nebenklägerin (UA S. 43). Ob das Landgericht diesen Sachverhalt, der für die weitere Beweiswürdigung von erheblicher Bedeutung ist, für erwiesen hält, lassen die Urteilsgründe offen. Für die Anwendung des Zweifelssatzes bestand daher keine ausreichende Grundlage. Er greift erst nach abgeschlossener Beweiswürdigung ein (vgl. BGH, Urteil vom 2. September 2009 – 2 StR 229/09, NStZ 2010, 102, 103; Meyer-Goßner in MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 261 Rn. 26 mwN).
- 13
- 2. Auch im Übrigen hält die Beweiswürdigung revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 14
- a) Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Er- kenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178). Denn es obliegt dem Tatrichter, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. November 2015 – 1 StR 235/15, wistra 2016, 78; vom 1. Juli 2008 – 1 StR 654/07 und vom 23. Juli 2007 – 2 StR 150/08, wistra 2008, 398; jeweils mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier indes vor.
- 15
- b) Im Ansatz zutreffend stützt das Landgericht seine Überzeugungsbildung auf eine Gesamtwürdigung der vorliegenden Beweisumstände (UA S. 5, 14). Es berücksichtigt dabei insbesondere, dass es sich bei der Nebenklägerin um die einzige unmittelbare Tatzeugin handelt, deren Angaben es deshalb im Hinblick auf das Bestreiten des Angeklagten einer eingehenden Aussageanalyse unterzieht. Die Umstände, dass die Nebenklägerin die verfahrensgegenständlichen Taten erst im Alter von 19 Jahren während eines streitigen Trennungs - und Ehescheidungsverfahrens des Angeklagten und seiner Ehefrau M. zur Anzeige brachte und dass auch seine Töchter L. und Ma. Ende 2014 bzw. im Mai 2015 detaillierte Tatvorwürfe (UA S. 64) sexueller Übergriffe gegen ihn erhoben, nimmt das Landgericht ebenfalls in den Blick (UA S. 5, 55 ff.).
- 16
- c) Die Beweiswürdigung ist jedoch lückenhaft.
- 17
- Die Urteilsgründe lassen die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten vermissen. Das Landgericht beschränkt sich insoweit auf die bloße Wiedergabe seiner Einlassung (UA S. 15 – 17), ohne erkennen zu lassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es dieser Einlassung folgt. Einer näheren Auseinandersetzung mit der Einlassung des die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten hätte es jedoch bedurft. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2014 – 1 StR327/14 Rn. 37, NStZ-RR 2015, 83 mwN). Dies gilt umso mehr, wenn, wie hier, erhebliche Indizien – darunter signifikante Realkennzeichen in der Aussage der Nebenklägerin (UA S. 19, 62 ff.) – für die Richtigkeit der Tatvorwürfe sprechen und zudem der Angeklagte selbst eingeräumt hat, sich einmal zur Nebenklägerin ins Bett gelegt zu haben (UA S. 15).
- 18
- d) Die Beweiswürdigung enthält daneben weitere Rechtsfehler, die besorgen lassen, dass das Landgericht an die Bildung seiner Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten überspannte Anforderungen gestellt hat.
- 19
- aa) Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die von seinen leiblichen Töchtern L. und Ma. gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe, sie sexuell missbraucht zu haben. Das Landgericht erkennt zwar an, dass diese Vorwürfe ein weiteres Indiz für die Erlebnisbasiertheit der Tatschilderungen der Nebenklägerin sind. Es misst diesem Indiz jedoch nur einen geminderten Beweiswert bei, weil seine beiden Töchter vor ihren Angaben gegenüber ihrer Mutter bzw. der Zeugin He. als Verfahrensbeteiligte im Sorgerechtsstreit ihrer Eltern nicht – wie es aber bei einer Einvernahme durch die Polizei oder einen Richter der Fall gewesen wäre – eindringlich über die unbedingte Wahrheitspflicht belehrt worden seien (UA S. 64). Der Schluss des Landgerichts, dass die Angaben der Töchter aus diesem Grund einen geminderten Beweiswert haben, ist indes nicht nachvollziehbar und deshalb rechtsfehlerhaft.
- 20
- bb) Nicht tragfähig begründet ist auch die Wertung des Landgerichts, die Angabe der Tochter des Angeklagten L. , die Bilder von möglichen sexuellen Übergriffen durch den Angeklagten seien ihr erst im Herbst 2014 ganz plötzlich gekommen, sei wenig plausibel und schwer nachvollziehbar (UA S. 65). Das Landgericht hält es in diesem Zusammenhang für „auffällig“, dass L. in der Mitte des Jahres 2013 von der Mutter und den Geschwistern zum Angeklagten nach F. gezogen sei und bei diesem bis zum Oktober 2014 ganz allein gewohnt habe (UA S. 65).
- 21
- Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn es ist nicht mit Tatsachen belegt, dass zwischen L. und dem Angeklagten in F. überhaupt enger Kontakt bestanden hat. Vielmehr kam es nach den Feststellungen des Landgerichts ab März 2013 zwischen den Eheleuten wieder zu einer Annäherung, sodass der Angeklagte zum 5. März 2013 in der Wohnung seiner Ehefrau in H. eine Nebenwohnung begründete unter gleichzeitiger Beibehaltung seines Hauptwohnsitzes in F. (UA S. 9, 10). Der Angeklagte gab ausweislich der Darstellung in den Urteilsgründen dazu an, dass er in den eineinhalb Jahren zwischen März 2013 und Ende 2014 mit seiner Ehefrau wieder zusammengelebt habe (UA S. 15). Wo sich der Angeklagte in diesem Zeitraum tatsächlich aufgehalten hat, bleibt offen. Der Umzug in die Wohnung des Angeklagten in F. zur Wahrnehmung einer Ausbildungsstelle in einem Hotel am Münchner Flughafen rechtfertigt für sich allein jeden- falls keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin L.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Wer sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, - 2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder - 3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder - 2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2
- 1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder - 2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Der Rechtsmittel kann sich der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft bedienen. Geschieht der Anschluß nach ergangenem Urteil zur Einlegung eines Rechtsmittels, so ist dem Nebenkläger das angefochtene Urteil sofort zuzustellen. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels beginnt mit Ablauf der für die Staatsanwaltschaft laufenden Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn das Urteil dem Nebenkläger noch nicht zugestellt war, mit der Zustellung des Urteils an ihn auch dann, wenn eine Entscheidung über die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluß noch nicht ergangen ist.
(2) War der Nebenkläger in der Hauptverhandlung anwesend oder durch einen Anwalt vertreten, so beginnt für ihn die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels auch dann mit der Verkündung des Urteils, wenn er bei dieser nicht mehr zugegen oder vertreten war; er kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist nicht wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung beanspruchen. Ist der Nebenkläger in der Hauptverhandlung überhaupt nicht anwesend oder vertreten gewesen, so beginnt die Frist mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn.
(3) Hat allein der Nebenkläger Berufung eingelegt, so ist diese, wenn bei Beginn einer Hauptverhandlung weder der Nebenkläger noch für ihn ein Rechtsanwalt erschienen ist, unbeschadet der Vorschrift des § 301 sofort zu verwerfen. Der Nebenkläger kann binnen einer Woche nach der Versäumung unter den Voraussetzungen der §§ 44 und 45 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen.
(4) Wird auf ein nur von dem Nebenkläger eingelegtes Rechtsmittel die angefochtene Entscheidung aufgehoben, so liegt der Betrieb der Sache wiederum der Staatsanwaltschaft ob.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.