Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2015 - 1 StR 235/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels und der Hinterziehung von Umsatzsteuer in insgesamt 216 Fällen bzw. beim Angeklagten K. in 181 Fällen, darunter eine versuchte Tat, aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die gestützt auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstanden. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die von der Staatsanwaltschaft erhobenen verfahrensrechtlichen Beanstandungen nicht mehr ankommt.
I.
- 2
- 1. In der zugelassenen Anklage werden den Angeklagten in den Jahren 2010 bis 2012 zugunsten der S. K. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) und der G. GmbH begangene Steuerstraftaten zur Last gelegt.
- 3
- Die S. GmbH, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der gesondert Verurteilte P. gewesen sei, habe ab dem Jahr 2010 umfangreiche Importe von Metallen durchgeführt, die nahezu vollständig an die G. GmbH weiterverkauft worden seien. Der Angeklagte G. sei Geschäftsführer und Alleingesellschafter und die Angeklagten M. und K. Angestellte dieser Gesellschaft gewesen.
- 4
- Aufgrund einer gemeinsamen Besprechung Ende Juni 2010 in den Räumen der G. GmbH hätten die Angeklagten mit P. und den früheren Mitangeklagten S. und St. vereinbart, sich durch die Zwischenschaltung der S. GmbH in den Warenbezug einen Wettbewerbsvorteil am Markt zu verschaffen. Anders als bei der zuvor durch die G. GmbH selbst eingeführten Ware sollte es nun möglich sein, aufgrund generierter Vorsteuerabzüge eine Kaufpreisminderung und damit eine Gewinnmaximierung zu erreichen. Hierzu sollte die S. GmbH in den Rechnungen an die G. GmbH jeweils Umsatzsteuer ausweisen, diese aber gegenüber den Finanzbehörden nicht erklären und auch nicht abführen. Auf diese Weise sollte der G. GmbH die Geltendmachung von Vorsteuern ermöglicht werden, ohne dass diese zuvor abgeführt worden seien.
- 5
- Die aus Osteuropa nach Deutschland verbrachten Waren hätten im Jahr 2010 allein aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere den baltischen Staaten, gestammt. Ab Anfang 2011 seien dann von den Angeklagten G. und M. zusammen mit den früheren Mitangeklagten S. und St. auch Einfuhren aus Drittstaaten, namentlich aus Russland und der Ukraine , vorgenommen worden. Hierbei sei der Wert der eingeführten Waren gegenüber dem Zoll in der Regel mit weniger als einem Zehntel des tatsächlichen Werts angegeben worden. Zudem sei für die inländischen Verkäufe der S. GmbH an die G. GmbH keine Umsatzsteuer erklärt worden, obwohl die Umsatzsteuer bei den jeweiligen Rechnungen an die G. GmbH ausgewiesen worden sei. Hierdurch seien jeweils Abgaben verkürzt worden. Im Einzelnen:
- 6
- a) Fälle 1 bis 184 der Anklageschrift (gewerbs- und bandenmäßiger Schmuggel)
- 7
- In den die Jahre 2011 und 2012 betreffenden Fällen 1 bis 184 bzw. hinsichtlich des Angeklagten K. 24 bis 184 der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, sie hätten gewerbs- und bandenmäßig ge- genüber dem Zollamt E. falsche Angaben zum Warenwert bei der Einfuhr von Kupfererzeugnissen aus osteuropäischen Staaten in das Gebiet der Europäischen Union gemacht. Infolge der falschen Angaben seien nahezu vier Millionen Euro an Einfuhrumsatzsteuer und mehr als 300.000 Euro an Zoll nicht festgesetzt und damit verkürzt worden.
- 8
- b) Fälle 185 bis 199 der Anklageschrift (Umsatzsteuerhinterziehung zugunsten der S. GmbH)
- 9
- In den Fällen 185 bis 199 bzw. hinsichtlich des Angeklagten K. 191 bis 199 der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten jeweils die Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der S. GmbH vor. Entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mit P. seien für die S. GmbH für das Jahr 2010 wahrheitswidrig ein Umsatz von null Euro angemeldet und für die Monate Februar 2011 bis März 2012 pflichtwidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden. Hierdurch sei insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von mehr als 4,7 Mio. Euro verkürzt worden.
- 10
- c) Fälle 200 bis 216 der Anklageschrift (Umsatzsteuerhinterziehung zugunsten der G. GmbH)
- 11
- In den Fällen 200 bis 216 bzw. hinsichtlich des Angeklagten K. 206 bis 216 der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten jeweils die Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der G. GmbH vor. Entsprechend dem gemeinsamen Tatplan seien für die G. GmbH in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2010 und den Umsatzsteuervoranmeldungen für Februar 2011 bis März 2012 sowie Mai und November 2012 zu Unrecht Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der S. GmbH geltend gemacht worden. Den Angeklagten sei dabei bewusst gewesen, dass ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der S. GmbH nicht in Betracht kam. Hierdurch seien in den Fällen 200 bis 215 der Anklageschrift insgesamt nahezu fünf Mio. Euro an Umsatzsteuer verkürzt worden. Im Fall 216 sei es beim Versuch geblieben.
- 12
- 2. Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
- 13
- a) Die G. GmbH stand etwa zehn Jahre lang in laufender Geschäftsbeziehung zur A. AG. Diese produzierte aus Kupferkonzentraten, Kupferschrott und anderen kupferhaltigen Legierungen hochreines Kupfer. Für ihre Kupferöfen benötigte die A. AG kupferhaltige Rohstoffe. Kupfer wird weltweit zu Preisen gehandelt, die an der Börse London Metal Exchange (LME) nach börsenmäßigen Preisfindungsmechanismen gebildet werden. Der Preis unterliegt dabei erheblichen Schwankungen. Für andere kupferhaltige Materialien werden Abschläge zu den LME-Preisen verhandelt.
- 14
- Bis zum Ende des Jahres 2010 bezog die G. GmbH selbst Kupferraffiniermaterial aus Osteuropa. Die Einfuhren in den Jahren 2003 bis 2010 waren Gegenstand von zwei Betriebsprüfungen, die jeweils zu Beanstandungen führten , weil die Gesellschaft das Benennungsverlangen gemäß § 160 AO für die ausländischen Zahlungsempfänger nicht erfüllen konnte. Zur Vermeidung gleichartiger Probleme wurden mit den steuerlichen Beratern der Gesellschaft zahlreiche Maßnahmen erörtert, darunter die Einholung von steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen über Vertragspartner bei den Finanzbehörden.
- 15
- b) Im Oktober 2006 hatte der frühere Mitangeklagte S. für den gesondert Verurteilten P. die S. GmbH gegründet, die ebenfalls im Metallhandel tätig werden sollte. Bei einem Treffen mit P. im Juli 2010 unter Beteiligung der Angeklagten G. und M. sowie der früheren Mitangeklagten S. und St. wurde vereinbart, dass die S. GmbH zukünftig die G. GmbH mit Buntmetallen beliefern sollte. S. und St. sollten P. unterstützen, insbesondere Aufgaben in Deutschland wahrnehmen, wenn sich P. im Ausland aufhält.
- 16
- c) Ab September 2010 erfolgten dann Bestellungen der G. GmbH bei der S. GmbH und Lieferungen im Wege des Streckengeschäfts direkt an die G. GmbH. Der Angeklagte G. ließ sich für diese Geschäfte regelmäßig Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts über die S. GmbH vorlegen. Für den Einkauf in den baltischen Staaten führte der Zeuge P. dort mit den Lieferanten die Vertragsverhandlungen. Die letzte Lieferung aus den baltischen Staaten erfolgte Anfang Dezember 2010. Danach kam es zu einem Wechsel der Bezugsquellen. Ab Februar 2011 kamen die Kupferprodukte aus nicht der Europäischen Union angehörenden Staaten Osteuropas. Die S. GmbH lieferte dann bis zum Ende der Geschäftsbeziehung infolge der Festnahme des Zeugen P. im Mai 2012 an die G. GmbH sogenanntes Halbzeug, das sie von Lieferanten aus Russland und der Ukraine bezog.
- 17
- d) Die Geschäfte der S. GmbH in Deutschland wurden weitgehend von den früheren Mitangeklagten S. und St. abgewickelt. Für die Verzollung der LKW-Lieferungen mit Kupfer tauschten sie die Kaufunterlagen gegen solche mit niedrigeren, manipulierten Werten aus, die stets nur zehn Prozent des tatsächlichen Werts betrugen. Infolgedessen wurden jeweils der Zoll und die Einfuhrumsatzsteuer zu niedrig festgesetzt. Bei den insgesamt 184 Einfuhren entstand insgesamt ein Einfuhrumsatzsteuerschaden von mehr als 3,9 Mio. Euro und ein Zollschaden von mehr als 307.000 Euro (UA S. 29 f.).
- 18
- e) Beim anschließenden Weiterverkauf an die G. GmbH akzeptierte und bezahlte diese sämtliche Rechnungen einschließlich der dort ausgewiese- nen Umsatzsteuer. Da das aus Osteuropa gelieferte Halbzeug von minderer Qualität war, wurde allerdings beim Weiterverkauf an die A. AG nach Erörterung mit deren Vertretern gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG das ReverseCharge -Verfahren angewendet, so dass die Ausgangsrechnungen der G. GmbH im Gegensatz zu den Eingangsrechnungen keine Umsatzsteuer enthielten.
- 19
- f) Zum Zwecke der Umsatzsteuerhinterziehung verschwieg die S. GmbH in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2010 und den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar 2011 bis März 2012 die Umsätze aus den inländischen Metallverkäufen. Insgesamt wurde hierdurch Umsatzsteuer in Höhe von mehr als 4,7 Mio. Euro hinterzogen.
- 20
- g) Wer letztlich von den Zoll- und Steuerverkürzungen der S. GmbH profitierte, konnte das Landgericht nicht feststellen (UA S. 32).
- 21
- h) Der Angeklagte G. brachte für die G. GmbH die Vorsteuern aus den Rechnungen der S. GmbH in der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2010 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar 2011 bis März 2012 sowie Mai und November 2012 in Ansatz. Hierdurch wurde die Umsatzsteuerzahllast im Umfang von insgesamt mehr als 4,9 Mio. Euro vermindert; für November 2012 wurde zudem eine Auszahlung eines Umsatzsteuerguthabens von mehr als 141.000 Euro erstrebt.
- 22
- 3. Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es konnte sich von einer Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung der Angeklagten nicht überzeugen.
- 23
- a) Der Angeklagte G. hatte die Tatvorwürfe bestritten (UA S. 33 ff.); die Angeklagten M. und K. hatten sich nicht zur Sache eingelassen (UA S. 35).
- 24
- b) Hinsichtlich der Tatvorwürfe des Schmuggels und der Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der S. GmbH (Fälle 1 bis 199 der Anklageschrift ) hat sich das Landgericht zwar die Überzeugung gebildet, dass diese Straftaten tatsächlich begangen worden sind. Eine Beteiligung der drei Angeklagten an diesen Straftaten hält es jedoch nicht für erwiesen.
- 25
- Bezüglich des Vorwurfs der Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der G. GmbH (Fälle 200 bis 216 der Anklageschrift) hat sich das Landgericht davon überzeugt, dass die Angeklagten bei den Handelsgeschäften der G. GmbH mit der S. GmbH gutgläubig gewesen seien; ihnen sei auch keine Leichtfertigkeit vorzuwerfen. Der G. GmbH habe deshalb jeweils ein Vorsteuererstattungsanspruch zugestanden, so dass Steuern nicht verkürzt worden seien.
- 26
- c) Im Einzelnen konnte sich das Landgericht von folgenden Behauptungen der Staatsanwaltschaft keine Überzeugung verschaffen:
- 27
- aa) Hinsichtlich der im Juli 2010 mit dem Zeugen P. geführten Unterredung konnte das Landgericht nicht zweifelsfrei klären, ob die Beteiligten des Gesprächs vereinbart hatten, dass die S. GmbH bei der Einfuhr zu geringe Werte angeben sollte, um zu erreichen, dass Zölle und Einfuhrumsatzsteuer zu niedrig festgesetzt werden. Auch konnte das Landgericht nicht zweifelsfrei klären, ob Gegenstand der Gespräche war, dass die S. GmbH bei den Weiterverkäufen an die G. GmbH im Streckengeschäft Umsatzsteuer gegen- über der G. GmbH in ihren Rechnungen ausweist, ohne sie beim Finanzamt anzumelden und abzuführen, und die G. GmbH sodann die Vorsteuer aus den Rechnungen beim Finanzamt geltend macht. Schließlich konnte das Landgericht nicht zweifelsfrei klären, ob in dem Gespräch vereinbart wurde, dass sich der Zeuge P. aus der Geschäftsführung zurückziehen und die S. GmbH faktisch den Angeklagten überlassen sollte (UA S. 26 f.).
- 28
- bb) Das Landgericht konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die Angeklagten Kenntnis davon hatten oder zumindest die Möglichkeit hatten zu erkennen, dass beim Zoll zu niedrige Warenwerte für die Kupferwaren angegeben wurden und dass die S. GmbH in ihren Ausgangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer bei den Finanzbehörden nicht anmeldete und auch nicht abführte. Der Angeklagte G. habe versucht, alle steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen und die von seinen Steuerberatern empfohlenen Maßnahmen, um nicht in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden zu werden, umzusetzen.
- 29
- d) Der Angeklagte G. hatte sich eingelassen, die Geschäftsanbahnung mit der S. GmbH sei in völlig üblichem Rahmen verlaufen (UA S. 34). Die Geschäftsbeziehung habe sich positiv entwickelt; außerdem habe er alle sechs Monate vom Finanzamt für diese Gesellschaft Unbedenklichkeitsbescheinigungen angefordert und erhalten. Für ihn sei es daher überraschend, dass der Zeuge P. die Handelsgeschäfte mit dem Ziel betrieben habe, Umsatzsteuer zu hinterziehen.
- 30
- e) Das Landgericht ist der Auffassung, die Einlassung des Angeklagten G. sei nicht zu widerlegen. Die Behauptung der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, es habe einen gemeinsamen Tatplan gegeben, sei auf die Einlassung des Zeugen P. im vorangegangenen gegen ihn geführten Strafverfahren gestützt gewesen. Dieser habe in der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung seine eigene Tatbeteiligung eingeräumt und behauptet, es habe im Juni 2010 ein Treffen mit den Angeklagten G. und M. sowie den gesondert Verfolgten S. und St. gegeben. Bei diesem Treffen sei vereinbart worden, die bereits bestehende S. GmbH zwecks Hinterziehung von Einfuhrabgaben und inländischer Umsatzsteuer sowie zur Erschleichung von Vorsteuererstattungen zu nutzen, um Metallschrott aus dem Ausland für die G. GmbH einzuführen. Wesentliche Funktion des P. sei dabei der Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und das „Schreiben von Rechnungen“ gewesen (UA S. 40).
- 31
- Im Zuge seiner mehrtägigen Vernehmung vor der erkennenden Strafkammer habe der Zeuge P. aber bestritten, sich im vorangegangenen Verfahren in diesem Sinne geäußert zu haben, und habe den Sachverhalt abweichend dargestellt. Gegenstand eines Gesprächs im Juli 2010 seien nur sein beruflicher Hintergrund und seine Fachkenntnisse im Metallhandel, die Möglichkeit einer Belieferung der G. GmbH durch die S. GmbH und technische Details gewesen. Über geplante Abgabenverkürzungen sei dagegen weder ausdrücklich noch stillschweigend gesprochen worden. Erst im August 2011 habe er von den gesondert Verfolgten S. und St. erfahren, dass in den Zollanmeldungen die Warenwerte manipulativ herabgesetzt worden seien. Unter dem Eindruck ihrer Drohung, als Geschäftsführer der S. GmbH andernfalls finanziell einstehen zu müssen, habe er sich bereitgefunden, an der Fortführung dieser illegalen Praktiken mitzuwirken. Von der Hinterziehung der inländischen Umsatzsteuer habe er hingegen keine Kenntnis gehabt. Seine Verurteilung wegen Abgabenhinterziehung habe er akzeptiert, weil er als formeller Geschäftsführer unabhängig von seiner Unkenntnis einstandspflichtig gewesen sei (UA S. 41).
- 32
- Das Landgericht hält die Angaben des Zeugen P. in weiten Teilen für unglaubhaft und widerlegt. Auch gestützt auf die Angaben der früheren Mitangeklagten S. und St. hat sich das Landgericht vielmehr die Überzeugung gebildet, dass die Tatherrschaft über die Einfuhrabgabenverkürzung und die Verkürzung der inländischen Umsatzsteuer der S. GmbH allein bei dem Zeugen P. lag (UA S. 43).
- 33
- Das Landgericht hat „keineVeranlassung gesehen, aufzuklären, ob der Zeuge P. in der früheren Hauptverhandlung in eigener Sache die von der Staatsanwaltschaft behaupteten belastenden Angaben betreffend die Angeklagten G. , M. und K. tatsächlich gemacht hat.“ Denn es bleibe nicht nur zweifelhaft, ob P. die Angeklagten in der früheren Hauptver- handlung überhaupt in dieser Weise belastet hat. „Vielmehr wären entspre- chende frühere Angaben im Lichte seiner aktuellen zeugenschaftlichen Bekundungen und nach dem persönlichen Eindruck der Kammer unglaubhaft.“ Die Bekundungen des Zeugen P. seien daher nicht geeignet, den Nachweis einer kollusiven Einbindung der Angeklagten in die Abgabenhinterziehungen der S. GmbH zu führen (UA S. 44).
- 34
- Auch nach einer Gesamtwürdigung mit weiteren Umständen, darunter die Höhe der Preise, Teilzahlungen an Drittempfänger, die Anwendung des Reverse -Charge-Verfahrens gegenüber der A. AG, die vorangegangene Versagung des Betriebskostenabzugs gemäß § 160 AO, der E-Mail-Verkehr unter den Angeklagten und die steuerliche Beratung des Angeklagten G. , verblieben beim Landgericht „unüberwindbare Zweifel“ an der Tatbeteiligung der Angeklagten.
II.
- 35
- Die Freisprüche haben keinen Bestand; denn die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 36
- 1. Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178). Dem Tatrichter obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt , dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juli 2007 – 2 StR 150/08, NJW 2008, 2792 mwN).
- 37
- 2. Solche Rechtsfehler liegen hier vor.
- 38
- a) Die Beweiswürdigung zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen P. ist lückenhaft. Denn die Urteilsgründe enthalten keine nachvollzieh- bare Begründung für die Annahme des Landgerichts, die von P. in der Hauptverhandlung des gegen ihn selbst gerichteten Strafverfahrens gemachten Angaben seien jedenfalls unglaubhaft (UA S. 44).
- 39
- aa) Zwar können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere dann, wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss es jedoch in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (vgl. BGH, Urteile vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, wistra 2011, 465, vom 6. September 2006 – 5 StR 156/06, wistra 2007, 18, 19 und vom 22. August 2002 – 5 StR 240/02, wistra 2002, 430 mwN).
- 40
- bb) Diesen Anforderungen genügt die Beweiswürdigung zu den Angaben des Zeugen P. nicht.
- 41
- Ausweislich der Urteilsgründe beruht die Anklage entscheidend auf der Tatschilderung dieses Zeugen, die er in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren in der Hauptverhandlung gemacht hatte (UA S. 40). Weshalb das Landgericht diese Angaben für unglaubhaft hält, hat es indes nicht nachvollziehbar und für das Revisionsgericht nachprüfbar begründet. Als Beleg für diese Annahme hat das Landgericht lediglich die Bekundungen des Zeugen P. im vorliegenden Verfahren und dessen persönlichen Eindruck aus der Hauptverhand- lung angeführt. Den Inhalt der früheren Aussage des Zeugen hat das Landgericht hingegen nicht mitgeteilt. Damit fehlt es an einer ausreichenden Grundlage für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung. Um die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen P. beurteilen zu können, durfte das Landgericht nicht offen lassen , von welchem Inhalt der früheren Aussage es ausgeht. Auch hat das Landgericht nicht erörtert, welches Motiv der Zeuge für Falschangaben zum damaligen Zeitpunkt gehabt haben könnte. Umgekehrt hat das Landgericht auch nicht in den Blick genommen, dass die Aussage des Zeugen P. in der Hauptverhandlung gegen die Angeklagten eine Gefälligkeitsaussage zu deren Gunsten gewesen sein konnte. Mit dieser Möglichkeit musste sich das Landgericht schon deshalb auseinandersetzen, weil es als naheliegend ansah, dass der Tatplan des Zeugen P. von vornherein auf die Verkürzung der Einfuhrabgaben , des Zolls und der Umsatzsteuer gerichtet war (UA S. 44).
- 42
- b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts lässt zudem besorgen, das Landgericht habe belastende Indizien fehlerhaft einzeln sowie anhand eines falschen Maßstabs gewürdigt und nicht in die Gesamtwürdigung eingestellt.
- 43
- aa) Das Tatgericht ist gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen , wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Dabei muss sich aus den Urteilsgründen auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juli 2007 – 2 StR 150/08, NJW 2008, 2792 mwN). Die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen sind bei einem Freispruch nicht geringer als im Fall der Verurteilung (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, wistra 2009, 315). Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln können (vgl. BGH, Urteil vom 30. März2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238).
- 44
- bb) Rechtsfehlerhaft ist hier bereits der rechtliche Ansatz des Landgerichts bei der Würdigung belastender Einzelindizien.
- 45
- Statt die Indizien mit ihrem jeweiligen Beweiswert in die Gesamtwürdigung einzustellen, spricht das Landgericht einzelnen Umständen jeglichen belastenden Beweiswert mit der Begründung ab, diese seien „nicht zwangsläufig“ nur mit einer Abgabenverkürzung zu erklären (UA S. 46), seien „nicht zweifelsfrei“ (UA S. 50) oder ließen „keinen zweifelsfreien Rückschluss“ auf Kenntnisse oder eine Tatbeteiligung der Angeklagten (UA S. 47, 52, 53) zu. Damit hat das Landgericht rechtsfehlerhaft einzelne Beweisergebnisse lediglich isoliert und nicht im Zusammenhang mit anderen Beweisanzeichen gewürdigt.
- 46
- cc) Schließlich hält auch die vom Landgericht vorgenommene Gesamtwürdigung (UA S. 57 ff.) rechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Würdigung entlastender Indizien. Belastende Indizien wurden hingegen nicht in die Gesamtwürdigung einbezogen, die damit unvollständig ist. Hierauf beruht das Urteil schon deshalb, weil auch dann, wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft der Angeklagten ausreichen würde, die Möglichkeit besteht, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatgericht die entsprechende Überzeugung vermitteln können (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004,
238).
- 47
- 3. Die Freisprüche einschließlich der ihnen zugrunde liegenden Feststellungen haben daher wegen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung keinen Bestand. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Auf die weiteren von der Staatsanwaltschaft erhobenen sachlich- und verfahrensrechtlichen Beanstandungen kommt es nicht mehr an.
III.
- 48
- Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat im Hinblick auf die insoweit unzutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf UA S. 61:
- 49
- Die Kognitionspflicht des Gerichts bezieht sich auf die Tat im prozessualen Sinn (§ 264 StPO). Zur Tat als Prozessgegenstand gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet. Dies kann nicht unabhängig von der verletzten Strafbestimmung beurteilt werden. Im Steuerstrafrecht werden der Umfang und die Reichweite der prozessualen Tat neben der einschlägigen Blankettvorschrift maßgeblich durch die sie ausfüllenden Normen des Steuerstrafrechts bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 1 StR 665/08, wistra 2009, 465 mwN). Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO um ein Erklärungs- und zugleich um ein Erfolgsdelikt handelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, BGHR StPO § 267 Abs. 1 StPO Steuerhinterziehung 1). Deshalb ist beim Tatvorwurf der Steuerhinterziehung auch bei einem freisprechenden Urteil festzustellen und in den Urteilsgründen darzulegen, wann der Angeklagte welche Steuererklärun- gen mit welchem Inhalt abgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Steuerhinterziehung 1 mwN). Die Urteilsgründe müssen zudem in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise erkennen lassen, ob die in den verfahrensgegenständlichen Steuererklärungen enthaltenen Angaben unrichtig oder unvollständig waren und ob sie gegebenenfalls zu einer Steuerverkürzung oder einem nicht gerechtfertigten Steuervorteil geführt haben. Dies beinhaltet, dass das Tatgericht nicht nur die in der Anklageschrift als Beleg für fehlerhafte Angaben angeführten Umstände in den Blick zu nehmen hat. Vielmehr muss es sich dann, wenn nach dem Gang der Hauptverhandlung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für andere Geschehnisse bestehen, aus denen sich die Unrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Steuererklärungen ergeben kann, auch mit diesen Umständen auseinandersetzen. Gegebenenfalls hat das Tatgericht entsprechend § 265 StPO auf diese Veränderung hinzuweisen. Denn der Strafklageverbrauch eines Freispruchs würde einer neuen, auf solche Umstände gestützten Strafverfolgung entgegenstehen. Ein Freispruch kommt schließlich auch dann nicht in Betracht, wenn das vom Tatgericht festgestellte Verhalten eines Angeklagten den Ordnungswidrigkeitentatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, wistra 2011, 465 mwN). Graf Jäger Mosbacher Fischer Bär
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Annotations
(1) Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben sind steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Das Recht der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt unberührt.
(2) § 102 bleibt unberührt.
(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:
- 1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers; - 2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens; - 3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen; - 4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt; - 5.
Lieferungen - a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und - b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
- 6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten; - 7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände; - 8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt; - 9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109); - 10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt; - 11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt; - 12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.
(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.
(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.
(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.
(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht
- 1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat, - 2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist, - 3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr, - 4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland, - 5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder - 6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.
(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.
(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.
(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.
(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass
- 1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt; - 2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen; - 3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.
(1) Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben sind steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Das Recht der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt unberührt.
(2) § 102 bleibt unberührt.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, - 2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder - 3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht, - 3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, - 4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder - 6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.