Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Apr. 2014 - XII ZB 704/13
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Landkreis S.-H. (im Folgenden: Landkreis) wendet sich in seiner Funktion als Sozialhilfeträger gegen die vom Amtsgericht festgesetzten Zahlungen , die der Betreute aus übergegangenem Recht an die Staatskasse zu leisten hat.
- 2
- Nachdem der Betreute geerbt hatte, hat das Amtsgericht am 21. Dezember 2012 aufgrund eines nunmehr zu berücksichtigenden Vermögens von rund 5.884 € beschlossen, dass der Betreute der Staatskasse einen Betrag von 1.473,26 € für geleistete Betreuervergütung zu erstatten hat. Am 18. Januar 2013 hat der Landkreis seinerseits gegen den Betreuten einen Rückforderungsbescheid in Höhe von rund 5.745 € wegen erbrachter Sozialleistungen erlassen. Außerdem hat er am 31. Januar 2013 gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 21. Dezember 2012 Beschwerde eingelegt und diese damit be- gründet, dass die vom Amtsgericht festgesetzten Ansprüche teilweise bereits verjährt gewesen seien; wegen der überhöhten Festsetzung könne er weniger Sozialleistungen zurückfordern. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Landkreis mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
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- Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 4
- 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG einen unmittelbaren Eingriff in ein subjektives Recht des Beschwerdeführers fordere, indem der Beschluss das Recht aufhebe, beschränke, mindere oder gefährde, die Ausübung des Rechts störe oder erschwere oder eine Verbesserung der Rechtsstellung vorenthalte. Jedoch genüge allein ein - berechtigtes - Interesse an einer Beseitigung bzw. Änderung der Entscheidung ebenso wenig wie eine nur mittelbare Beeinträchtigung.
- 5
- Ausgehend hiervon sei der Landkreis nicht unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt. Zwar habe er ebenfalls Rückforderungsansprüche gegen den Betreuten, die er durchsetzen möchte. Diese würden jedoch durch den Rückforderungsbescheid des Amtsgerichts nur mittelbar beeinträchtigt, nämlich als Folge desselben. Eine andere Auffassung hätte letztlich zur Folge, dass das Amtsgericht mit der Festsetzung seines Rückforderungsanspruchs warten müsste, bis der Landkreis einen rechtskräftigen Bescheid erlassen habe. Ein solcher Vorrang des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse sei dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen. Die beiden Ansprüche stünden vielmehr gleichrangig nebeneinander, so dass letztlich nur die schnellere Bearbeitungszeit entscheide.
- 6
- Die Beschwerdeberechtigung ergebe sich auch nicht aus § 59 Abs. 3 FamFG. Diese müsste ausdrücklich im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder einem anderen Gesetz angeordnet worden sein, was nicht der Fall sei.
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- 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
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- a) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, wobei diese Beeinträchtigung auch in einer ungünstigen Beeinflussung oder Gefährdung des Rechts liegen kann (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 - XII ZB 326/10 - FamRZ 2011, 465 Rn. 9). Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 FamFG entspricht inhaltlich dem früheren § 20 Abs. 1 FGG und erfordert eine Beeinträchtigung eigener Rechte, die von bloßen rechtlichen Interessen zu unterscheiden sind. Über den Fall der Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt die Vorschrift nur Behörden bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anordnung eine Beschwerdebefugnis ein (Senatsbeschlüsse vom 18. April 2012 - XII ZB 623/11 - NJW 2012, 2039 Rn. 8 und - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 8).
- 9
- b) Gemessen hieran hat das Beschwerdegericht die Beschwerdeberechtigung des Landkreises zu Recht verneint.
- 10
- Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss gemäß § 292 Abs. 1 i.V.m. § 168 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG Höhe und Zeitpunkt der Zah- lungen bestimmt, die der Betreute an die Staatskasse nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1836 e BGB zu leisten hat. Durch diese Entscheidung werden unmittelbar der Betreute und die Staatskasse in ihrer Rechtssphäre betroffen.
- 11
- Demgegenüber ist der Landkreis von dieser Entscheidung - wie das Beschwerdegericht zu Recht ausgeführt hat - nur mittelbar betroffen, weil der Betreute aufgrund der zeitlich vorangegangenen Festsetzung durch das Amtsgericht nur noch über ein geringeres Vermögen verfügt und ihm damit weniger verbleibt, um die Forderung des Landkreises zu begleichen. Dabei spielt es für die Unmittelbarkeit der Rechtsbetroffenheit entgegen der Auffassung des Landkreises keine Rolle, ob die vorangegangene Festsetzung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Der Landkreis ist an dem Rechtsverhältnis zwischen Betreutem und Staatskasse materiell nicht beteiligt.
- 12
- Selbst wenn er vom Amtsgericht formell beteiligt worden wäre, hätte der Landkreis für den Betreuten nicht die Einrede der Verjährung erheben können, weil er nicht sein gesetzlicher Vertreter ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2012 - XII ZB 474/11 - FamRZ 2012, 1798 Rn. 14). Der Hinweis der Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht habe in seinem - vom Beschwerdegericht mittlerweile aufgehobenen - Beschluss vom 18. Oktober 2013 selbst eingeräumt , verjährte Ansprüche zugesprochen zu haben, geht schon deshalb fehl, weil der Betreute bzw. sein Betreuer ausweislich der Begründung dieses Beschlusses die Einrede der Verjährung gerade nicht erhoben haben.
- 13
- Soweit die Rechtsbeschwerde darauf hinweist, dass bei einer fehlenden Beschwerdeberechtigung das öffentliche Interesse an der Verringerung von Sozialausgaben beeinträchtigt wäre, verkennt sie, dass die amtsgerichtliche Festsetzung ebenfalls der öffentlichen Hand zugute kommt, nämlich der Staatskasse.
- 14
- 3. Dass nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde der nach Abschluss des Vergütungsverfahrens in erster Instanz gestellte Antrag auf Beteiligung nach § 7 FamFG bislang nicht beschieden ist, steht der Verwerfung der Beschwerde nicht entgegen. Anders als etwa im Fall der Beschwerdeberechtigung von Angehörigen oder Vertrauenspersonen gemäß § 303 Abs. 2 FamFG kommt der Beteiligung im Ausgangsverfahren für die Beschwerdeberechtigung des Landkreises keine Bedeutung zu.
- 15
- 4. Schließlich ist der Beschwerdeführer auch nicht aufgrund von besonderen Vorschriften im Sinne von § 59 Abs. 3 FamFG zur Beschwerde befugt.
Vorinstanzen:
AG Stadtroda, Entscheidung vom 21.12.2012 - 8 XVII 30/99 -
LG Gera, Entscheidung vom 21.11.2013 - 5 T 558/13 -
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(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.
(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:
- 1.
diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird, - 2.
diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.
(3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist.
(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.
(5) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.
(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.