Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2018 - XII ZB 558/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:280318BXIIZB558.17.0
bei uns veröffentlicht am28.03.2018
vorgehend
Amtsgericht Wetzlar, 65 XVII 188/13 K, 28.07.2017
Landgericht Limburg a. d. Lahn, 7 T 156/17, 29.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 558/17
vom
28. März 2018
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Betreuervorschlag nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erfordert weder die Geschäftsfähigkeit
noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen. Vielmehr
genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte
Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist
für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne
Bedeutung. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch die
begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung
eines solchen Vorschlags begegnet (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612).
BGH, Beschluss vom 28. März 2018 - XII ZB 558/17 - LG Limburg an der Lahn
AG Wetzlar
ECLI:DE:BGH:2018:280318BXIIZB558.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 29. September 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die im Jahre 1951 geborene Betroffene leidet an einer geistigen Behinderung im Sinne einer Minderbegabung bzw. einer schweren Intelligenzminderung. Seit 2013 ist die Beteiligte zu 1, Mitarbeiterin eines Betreuungsvereins, als Betreuerin für sämtliche Angelegenheiten einschließlich Postangelegenheiten bestellt; Ersatzbetreuer ist der Betreuungsverein (Beteiligter zu 2). Einen persönlichen Kontakt zur Betroffenen, die zusammen mit ihrem Ehemann, ihrer Nichte und deren Lebensgefährten auf einem der Nichte gehörenden Anwesen lebt, konnte die Betreuerin nicht pflegen, weil ihr der Zugang zu dem Anwesen von der Betroffenen und der Nichte verwehrt wurde.
2
Als Zeitpunkt, bis zu dem spätestens über eine Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung beschlossen werden sollte, war der 16. Oktober 2015 bestimmt. Mitte November 2015 ist das Amtsgericht in die entsprechende Prüfung eingetreten, hat ein Sachverständigengutachten sowie Stellungnahmen der Betreuungsbehörde und der Betreuerin eingeholt und die Betroffene wiederholt angehört. Dabei hat die Betroffene - wie schon im Rahmen der Betreuungserrichtung - den Wunsch geäußert, dass ihre Nichte zur Betreuerin bestellt werden möge.
3
Mit Beschluss vom 28. Juli 2017 hat das Amtsgericht die Betreuung verlängert und es - ohne in den Gründen hierzu auszuführen - bei den bestellten (Ersatz)Betreuern belassen. Mit ihrer Beschwerde hat sich die Betroffene allein gegen die Betreuerauswahl gewandt und die Bestellung ihrer Nichte verlangt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der sie weiterhin das Ziel verfolgt, dass ihre Nichte Betreuerin werden soll.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
5
1. Prüfungsgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die Frage der Betreuerauswahl und somit nicht, ob die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung vorgelegen haben. Denn hierauf war bereits die mit der Beschwerde vorgenommene Anfechtung der die Verlängerung der Betreuung und die Betreuerbestellung umfassenden Einheitsentscheidung - wie das Landgericht richtig erkannt hat - in zulässiger Weise beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 8 mwN). Auch wenn die Beschränkung im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG erfolgt, ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16 - FamRZ 2017, 1779 Rn. 5 mwN).
6
2. Nach Ansicht des Landgerichts ist die Nichte zu Recht nicht zur Betreuerin bestellt worden. Die bereits von Beginn der Betreuung an bestehenden Bedenken gegen deren Eignung als Betreuerin seien weiterhin gegeben. Es bestehe nach wie vor der Eindruck, dass die dominante Nichte die leicht zu beeinflussende und zu manipulierende Betroffene von der Außenwelt abschirme, die Betroffene eigene Bedürfnisse aus Angst vor der Nichte nicht äußere und sich deren Anordnungen auch gegen ihre eigenen Wünsche füge. Bei Übertragung der Betreuung auf die Nichte sei zu befürchten, dass der die Betroffene täglich am Hoftor mit Medikamenten versorgende Pflegedienst gekündigt und damit der einzige Außenkontakt der Betroffenen gekappt werde. Eine mögliche Verschlechterung der Situation der Betroffenen bleibe dann gegebenenfalls völlig unbemerkt. Die Bestellung einer dritten Person als Betreuer werde ebenfalls nicht zu einem Kontakt zwischen Betroffener und Betreuer führen. Die Ablehnung der Betreuerin erfolge nicht im Hinblick auf deren Person, sondern wegen grundsätzlicher Vorbehalte der Betroffenen und ihrer Nichte, die eine Einmischung in ihre Angelegenheiten befürchteten, gegen einen familienfremden Betreuer.
7
3. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen verstößt die Betreuerauswahl der Vorinstanzen gegen § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB.
8
a) Die Regelung des § 1897 BGB legt den Maßstab für die Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung fest. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 14 mwN).
9
Daher ist § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB zu beachten. Diese Vorschrift räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 15 mwN und vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - zur Veröffentlichung bestimmt).
10
b) Die Betroffene hat immer wieder im Sinne des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB vorgeschlagen, ihre Nichte zur Betreuerin zu bestellen. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird vielmehr hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 17 mwN und vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - zur Veröffentlichung bestimmt).
11
c) Das Landgericht hat keine Umstände festgestellt, die es rechtfertigen würden, diesem Vorschlag nicht zu entsprechen. Soweit es auf den "Eindruck" abhebt, die Nichte schirme die Betroffene ab und die Betroffene stelle aus Angst eigene Wünsche zurück, stellt das eine Vermutung, nicht aber die Überzeugung von der Wahrheit eines bestimmten Umstands dar. Darüber hinaus wird nicht mitgeteilt, auf welche Tatsachen sich diese Vermutung stützt. Gleiches gilt für die "Befürchtung" des Landgerichts, die Nichte werde im Falle ihrer Bestellung als Betreuerin - trotz der dann gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1839, 1840 Abs. 1 BGB gegenüber dem Betreuungsgericht bestehenden Auskunftsund Berichtspflichten - den Pflegedienst kündigen. Unabhängig davon hat das Landgericht sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob dieser Befürchtung (ihre Berechtigung unterstellt) nicht etwa durch die Bestellung verschiedener Betreuer für abgegrenzte Teile des Aufgabenkreises begegnet werden könnte.
12
Schließlich trägt auch der pauschale Verweis des Landgerichts auf seinen auf die Beschwerde gegen die Erstbestellung von Betreuerin und Ersatzbetreuer hin ergangenen Beschluss nicht die Annahme, die Bestellung der Nichte laufe dem Wohl der Betroffenen zuwider. Dort wird auf zum Teil auch damals schon viele Jahre zurückliegende Vorfälle Bezug genommen. Inwiefern diese auch noch zum Zeitpunkt der jetzigen Beschwerdeentscheidung der Eignung der Nichte im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB entgegenstehen, legt das Landgericht nicht dar.
13
4. Der angefochtene Beschluss ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG). Dieses wird nun unter Auswertung des Akteninhalts und mit weiteren, gegebenenfalls auch Anhörungen etwa der Betroffenen und der Nichte umfassenden Ermittlungen Feststellungen zur Eignung der Nichte gemäß § 1897 Abs. 1 BGB und dazu zu treffen haben, ob deren Bestellung dem Wohl der Betroffenen zuwiderläuft.
14
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wetzlar, Entscheidung vom 28.07.2017 - 65 XVII 188/13 K -
LG Limburg an der Lahn, Entscheidung vom 29.09.2017 - 7 T 156/17 -

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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8
Prüfungsgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die Frage der Betreuerauswahl und somit nicht, ob die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung vorgelegen haben. Denn hierauf war bereits die mit der Beschwerde vorgenommene Anfechtung der die Erweiterung des Aufgabenkreises sowie die Verlängerung der Betreuung und die Betreuerbestellung umfassenden Einheitsentscheidung - wie das Landgericht richtig erkannt hat - in zulässiger Weise beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 493/15 - FamRZ 2016, 626 Rn. 9 f.).

(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

5
Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Auswahl des Betreuers ist zulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 100/17 - MDR 2017, 720 Rn. 12 mwN). Auch wenn die Beschränkung im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG erfolgt, ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 7 ff.).

(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

8
Prüfungsgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die Frage der Betreuerauswahl und somit nicht, ob die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung vorgelegen haben. Denn hierauf war bereits die mit der Beschwerde vorgenommene Anfechtung der die Erweiterung des Aufgabenkreises sowie die Verlängerung der Betreuung und die Betreuerbestellung umfassenden Einheitsentscheidung - wie das Landgericht richtig erkannt hat - in zulässiger Weise beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 493/15 - FamRZ 2016, 626 Rn. 9 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 589/17
vom
14. März 2018
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Betreuervorschlag nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erfordert weder die
Geschäftsfähigkeit noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen.
Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut,
eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612).

b) Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die
Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies
setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten
Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung
der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr
bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht
zu dessen Wohl führen kann oder will (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55).
BGH, Beschluss vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - LG Augsburg
AG Augsburg
ECLI:DE:BGH:2018:140318BXIIZB589.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die 74jährige Betroffene leidet an einer demenziellen Symptomatik, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Sie hatte ihrer Nichte eine Vorsorge- und Bankvollmacht erteilt, welche sie durch Anwaltsschreiben vom 8. Juni 2017 widerrufen hat. Ihrer Schwägerin hatte sie ebenfalls eine Vorsorgevollmacht erteilt. Die Betroffene wurde bei der Erledigung ihrer Angelegenheiten durch den mit ihr seit zwölf Jahren verbundenen Lebensgefährten unterstützt, mit dem sie während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens die Ehe geschlossen hat.
2
Auf Anregung der Nichte und der Schwägerin hat das Amtsgericht eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-Pflegevertrages, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post, Organisation der ambulanten Versorgung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungsunternehmen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Wohnungsangelegenheiten eingerichtet und den Beteiligten zu 1 als Berufsbetreuer bestellt.
3
Dagegen hat die Betroffene Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Betreuerauswahl wendet und die Bestellung ihres Lebensgefährten und jetzigen Ehemanns als Betreuer erstrebt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Entgegen dem eindeutigen Wunsch der Betroffenen, die zu einer freien Willensbildung nicht mehr imstande sei, komme ihr Lebensgefährte als Betreuer nicht in Betracht, weil gewichtige Umstände gegen seine Bestellung sprächen.
6
Zwar kümmere er sich zuverlässig um die Betroffene, pflege sie und setze sich für sie ein. Es entspreche jedoch eher dem Wohl der Betroffenen, einen neutralen Betreuer zu bestellen. Fraglich sei bereits, ob sich der Lebensgefährte im Zusammenhang mit der Anlage von 45.000 € in einem Aktiendepot zum Wohle der Betroffenen eingebracht habe, da hiermit gewisse Risiken in Kauf genommen worden seien.
7
Weil die Betroffene ihre eigene Willensentscheidung einer fremd für sie getroffenen Willensentscheidung nicht mehr entgegensetzen könne, sei sie besonders schutzbedürftig. Würde unter diesen Umständen der Lebensgefährte der Betroffenen zum Betreuer bestellt, sei mit weiteren Konflikten zwischen ihm und der restlichen Verwandtschaft zu rechnen, was eine Belastung für die Betroffene darstellen würde. Derartige Situationen könnten vermieden werden, indem eine neutrale Person als Betreuer bestellt werde. Dann sehe sich auch der Lebensgefährte selbst keinem Konflikt mit den restlichen Verwandten ausgesetzt und könne sich voll der Betroffenen widmen.
8
Darüber hinaus sei nicht klar, ob der Lebensgefährte den Gesundheitszustand der Betroffenen richtig einschätze und entsprechend dem gesundheitlichen Zustand der Betroffenen handele, nachdem er die Begutachtung der Betroffenen für nicht erforderlich gehalten und eine medizinische Abklärung bei einem Neurologen verhindert habe.
9
Letztlich fordere das Amt des Betreuers auch ein gewisses Maß an Umgänglichkeit. Dieses fehle dem Lebensgefährten, wenn er verlange, dass jeder, der zu ihm oder seiner Lebensgefährtin auf das Grundstück komme, sich ausweisen müsse, ansonsten er sich nichts gefallen lasse. Gleiches gelte, wenn er die Kommunikation zwischen der Betreuungsbehörde oder dem Sachverständigen und der Betroffenen mit ständigen Einwürfen und Antworten für die Betroffene störe. Diese Schwierigkeiten im Umgang mit fremden Personen sprächen gegen seine Eignung als Betreuer.
10
2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Gegenstand des Rechtsmittels ist allein die - im Rahmen der Einheitsentscheidung erfolgte - Betreuerauswahl nach § 1897 BGB. Über die Betreuung als solche ist daher nicht mehr zu befinden (Senatsbeschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17 - FamRZ 2018, 206 Rn. 11 mwN).
12
a) Nach § 1897 Abs. 1 BGB ist zum Betreuer eine natürliche Person zu bestellen, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betroffenen rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.
13
aa) Gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 17 mwN).
14
bb) Die Vorschrift des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55 Rn. 11 mwN).
15
cc) Die vom Tatrichter vorgenommene Beurteilung der Eignung einer Person als Betreuer kann gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Sie ist rechtlich fehlerhaft , wenn der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung verkennt , relevante Umstände in unvertretbarer Weise bewertet oder bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt (Senatsbeschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17 - FamRZ 2018, 206 Rn. 13 mwN).
16
b) Gemessen hieran ist die von den Instanzgerichten getroffene Beurteilung allerdings zu beanstanden.
17
aa) Das Landgericht geht selbst davon aus, dass sich der von der Betroffenen vorgeschlagene Ehemann als bisheriger Lebensgefährte zuverlässig um die Betroffene gekümmert, sie gepflegt und sich für sie eingesetzt hat. Dieses entspricht dem Wohl der Betroffenen und lässt ihn als grundsätzlich geeignet erscheinen.
18
bb) Die angefochtene Entscheidung zeigt auch keine konkreten Gefahren dahin auf, dass der Vorgeschlagene die Betreuung der Betroffenen nicht zu deren Wohl führen kann oder will.
19
(1) Eine Gefährdung des Wohls der Betroffenen durch ihren jetzigen Ehemann wird nicht dadurch begründet, dass er sie bei der Vornahme einer Geldanlage von 45.000 € in ein Aktiendepot begleitet und unterstützt hat. Zwar wäre der Ehemann in seiner Eigenschaft als rechtlicher Betreuer bei der Vor- nahme einer Geldanlage für die Betroffene auf mündelsichere Geldanlagen beschränkt (§§ 1908 i Abs. 1, 1807 BGB). Diese Beschränkung gilt jedoch nicht im Rahmen einer unterstützenden Tätigkeit für die Betroffene vor der Einrichtung der Betreuung. Nach dem vom Landgericht herangezogenen Bankberatungsprotokoll legte die Betroffene selbst Wert auf gesteigerte Erträge insbesondere aus Kursgewinn bei Inkaufnahme von großen Risiken. Diesem Wunsch entsprach die - von der Betroffenen selbst getätigte - Geldanlage, bei der der jetzige Ehemann lediglich unterstützend tätig wurde.
20
(2) Auch sprechen die vom Landgericht herangezogenen Konflikte mit der Verwandtschaft nicht gegen eine Bestellung des jetzigen Ehemanns zum Betreuer. Welche Rolle die Nichte und die Schwägerin im Leben der Betroffenen einnehmen, ist nicht festgestellt. Nach Verwandten gefragt, hat die Betroffene in ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht angegeben, sie komme mit niemandem zusammen. Es fehlt deshalb an ausreichenden Tatsachengrundlagen für die Annahme, dass durch die Bestellung eines "neutralen" Betreuers Konfliktsituationen vermieden würden, die auch die Betroffene selbst belasten. Vielmehr erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation beruhigt, sobald der Ehemann als Betreuer feststeht und die Wahrnehmung der rechtlichen Verantwortung für die Betroffene nicht mehr im Konkurrenzstreit mit den Verwandten steht.
21
(3) Begründete Zweifel an der Eignung des Ehemanns, die rechtliche Betreuung der Betroffenen wahrzunehmen, ergeben sich auch nicht aus den zu seiner Persönlichkeit getroffenen Feststellungen. Schon bevor die Betroffene demenziell erkrankt war, hatte sie ihn zum Lebensgefährten erwählt und die Auswirkungen seiner besonderen Persönlichkeit auf ihr eigenes Leben akzeptiert. Ein konkretes Verhalten des Ehemanns, welches die Prognose rechtfertigt, er werde in seiner Eigenschaft als Betreuer nicht in dem notwendigen Maße mit dem Gericht, der Betreuungsbehörde und anderen Professionen kooperieren, zeigt die angefochtene Entscheidung nicht auf.
22
cc) Der Eignung des Vorgeschlagenen für die Übernahme der Betreuung in dem Aufgabenkreis der Gesundheitssorge könnte allerdings entgegenstehen, wenn er den Gesundheitszustand der Betroffenen unrichtig einschätzt und deswegen voraussichtlich nicht in der Lage ist, die sich aus der Erkrankung ergebenden Konsequenzen für eine ordnungsgemäße pflegerische Betreuung zu erkennen und Entscheidungen zum objektiven Wohl der Betroffenen zu treffen. Das Landgericht hat diesbezüglich allerdings lediglich Bedenken geäußert und die Sachlage insofern als "nicht klar" bezeichnet.
23
Insoweit rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Landgericht seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 26 FamFG) nicht ausreichend nachgekommen ist.
24
Der Tatrichter wird Gründe, die möglicherweise in der Person des vom Betroffenen als Betreuer benannten nahen Verwandten oder ihm eng Verbundenen liegen, verlässlich nur feststellen können, wenn er ihm Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen. Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn der Tatrichter in seiner Entscheidung ausdrücklich die Eignung der benannten Person zum Betreueramt sowie seine Redlichkeit gegenüber dem Betroffenen in Zweifel zieht und sich hierbei auf Mitteilungen Dritter beruft, ohne zuvor den als Betreuer Vorgeschlagenen - bei gravierenden Vorwürfen sogar regelmäßig persönlich - zu den von Dritten mitgeteilten Tatsachen anzuhören. Eine solche Verfahrensweise wäre schon allgemein als Grundlage einer Betreuerauswahl, bei der ein Berufsbetreuer einem möglichen ehrenamtlichen Betreuer - aufgrund dessen angeblich fehlender Eignung und mangelnder Redlichkeit - vorgezogen wird, nicht unbedenklich (vgl.
§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Keinesfalls aber genügt sie den besonderen Anforderungen an die tatrichterliche Ermittlungspflicht, die bestehen, wenn ein mit dem Betroffenen persönlich Verbundener und von ihm wiederholt Benannter als Betreuer übergangen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16 - FamRZ 2017, 1779 Rn. 13 mwN).
25
3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es noch der persönlichen Anhörung des zum Betreuer vorgeschlagenen Ehemanns bedarf.
26
Bei seiner erneuten Befassung wird das Landgericht auch zu berücksichtigen haben, dass schon nach § 1897 Abs. 5 Satz 1 BGB bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen Beziehungen des Betroffenen, insbesondere auf dessen persönliche Bindungen zum Ehegatten Rücksicht zu nehmen ist. Denn der Ehegatte wird nach Maßgabe dieser Vorschrift "erst recht" zum Betreuer zu bestellen sein, wenn der Betroffene ihn ausdrücklich als Betreuer seiner Wahl benannt hat, mag der Betroffene auch bei der Benennung nicht oder nur eingeschränkt geschäftsfähig gewesen sein. In Würdigung der in § 1897 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BGB getroffenen Wertentscheidungen wird ein Ehegatte des Betroffenen, der zu ihm persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, deshalb bei der Betreuerauswahl besonders zu berücksichtigen sein und nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden können, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16 - FamRZ 2017, 1779 Rn. 12).
27
Sollte sich der Ehemann nach vollständig erfolgter Sachverhaltsermittlung für einzelne Aufgabenkreise, etwa die Gesundheitssorge, als ungeeignet erweisen, käme insoweit auch eine Mitbetreuung (§ 1899 Abs. 1 BGB) in Betracht.
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 25.08.2017 - 3 XVII 1122/17 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 25.10.2017 - 54 T 3229/17 -
8
Prüfungsgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die Frage der Betreuerauswahl und somit nicht, ob die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung vorgelegen haben. Denn hierauf war bereits die mit der Beschwerde vorgenommene Anfechtung der die Erweiterung des Aufgabenkreises sowie die Verlängerung der Betreuung und die Betreuerbestellung umfassenden Einheitsentscheidung - wie das Landgericht richtig erkannt hat - in zulässiger Weise beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 493/15 - FamRZ 2016, 626 Rn. 9 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 589/17
vom
14. März 2018
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Betreuervorschlag nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erfordert weder die
Geschäftsfähigkeit noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen.
Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut,
eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612).

b) Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die
Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies
setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten
Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung
der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr
bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht
zu dessen Wohl führen kann oder will (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55).
BGH, Beschluss vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - LG Augsburg
AG Augsburg
ECLI:DE:BGH:2018:140318BXIIZB589.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die 74jährige Betroffene leidet an einer demenziellen Symptomatik, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Sie hatte ihrer Nichte eine Vorsorge- und Bankvollmacht erteilt, welche sie durch Anwaltsschreiben vom 8. Juni 2017 widerrufen hat. Ihrer Schwägerin hatte sie ebenfalls eine Vorsorgevollmacht erteilt. Die Betroffene wurde bei der Erledigung ihrer Angelegenheiten durch den mit ihr seit zwölf Jahren verbundenen Lebensgefährten unterstützt, mit dem sie während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens die Ehe geschlossen hat.
2
Auf Anregung der Nichte und der Schwägerin hat das Amtsgericht eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-Pflegevertrages, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post, Organisation der ambulanten Versorgung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungsunternehmen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Wohnungsangelegenheiten eingerichtet und den Beteiligten zu 1 als Berufsbetreuer bestellt.
3
Dagegen hat die Betroffene Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Betreuerauswahl wendet und die Bestellung ihres Lebensgefährten und jetzigen Ehemanns als Betreuer erstrebt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Entgegen dem eindeutigen Wunsch der Betroffenen, die zu einer freien Willensbildung nicht mehr imstande sei, komme ihr Lebensgefährte als Betreuer nicht in Betracht, weil gewichtige Umstände gegen seine Bestellung sprächen.
6
Zwar kümmere er sich zuverlässig um die Betroffene, pflege sie und setze sich für sie ein. Es entspreche jedoch eher dem Wohl der Betroffenen, einen neutralen Betreuer zu bestellen. Fraglich sei bereits, ob sich der Lebensgefährte im Zusammenhang mit der Anlage von 45.000 € in einem Aktiendepot zum Wohle der Betroffenen eingebracht habe, da hiermit gewisse Risiken in Kauf genommen worden seien.
7
Weil die Betroffene ihre eigene Willensentscheidung einer fremd für sie getroffenen Willensentscheidung nicht mehr entgegensetzen könne, sei sie besonders schutzbedürftig. Würde unter diesen Umständen der Lebensgefährte der Betroffenen zum Betreuer bestellt, sei mit weiteren Konflikten zwischen ihm und der restlichen Verwandtschaft zu rechnen, was eine Belastung für die Betroffene darstellen würde. Derartige Situationen könnten vermieden werden, indem eine neutrale Person als Betreuer bestellt werde. Dann sehe sich auch der Lebensgefährte selbst keinem Konflikt mit den restlichen Verwandten ausgesetzt und könne sich voll der Betroffenen widmen.
8
Darüber hinaus sei nicht klar, ob der Lebensgefährte den Gesundheitszustand der Betroffenen richtig einschätze und entsprechend dem gesundheitlichen Zustand der Betroffenen handele, nachdem er die Begutachtung der Betroffenen für nicht erforderlich gehalten und eine medizinische Abklärung bei einem Neurologen verhindert habe.
9
Letztlich fordere das Amt des Betreuers auch ein gewisses Maß an Umgänglichkeit. Dieses fehle dem Lebensgefährten, wenn er verlange, dass jeder, der zu ihm oder seiner Lebensgefährtin auf das Grundstück komme, sich ausweisen müsse, ansonsten er sich nichts gefallen lasse. Gleiches gelte, wenn er die Kommunikation zwischen der Betreuungsbehörde oder dem Sachverständigen und der Betroffenen mit ständigen Einwürfen und Antworten für die Betroffene störe. Diese Schwierigkeiten im Umgang mit fremden Personen sprächen gegen seine Eignung als Betreuer.
10
2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Gegenstand des Rechtsmittels ist allein die - im Rahmen der Einheitsentscheidung erfolgte - Betreuerauswahl nach § 1897 BGB. Über die Betreuung als solche ist daher nicht mehr zu befinden (Senatsbeschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17 - FamRZ 2018, 206 Rn. 11 mwN).
12
a) Nach § 1897 Abs. 1 BGB ist zum Betreuer eine natürliche Person zu bestellen, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betroffenen rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.
13
aa) Gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 17 mwN).
14
bb) Die Vorschrift des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55 Rn. 11 mwN).
15
cc) Die vom Tatrichter vorgenommene Beurteilung der Eignung einer Person als Betreuer kann gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Sie ist rechtlich fehlerhaft , wenn der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung verkennt , relevante Umstände in unvertretbarer Weise bewertet oder bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt (Senatsbeschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17 - FamRZ 2018, 206 Rn. 13 mwN).
16
b) Gemessen hieran ist die von den Instanzgerichten getroffene Beurteilung allerdings zu beanstanden.
17
aa) Das Landgericht geht selbst davon aus, dass sich der von der Betroffenen vorgeschlagene Ehemann als bisheriger Lebensgefährte zuverlässig um die Betroffene gekümmert, sie gepflegt und sich für sie eingesetzt hat. Dieses entspricht dem Wohl der Betroffenen und lässt ihn als grundsätzlich geeignet erscheinen.
18
bb) Die angefochtene Entscheidung zeigt auch keine konkreten Gefahren dahin auf, dass der Vorgeschlagene die Betreuung der Betroffenen nicht zu deren Wohl führen kann oder will.
19
(1) Eine Gefährdung des Wohls der Betroffenen durch ihren jetzigen Ehemann wird nicht dadurch begründet, dass er sie bei der Vornahme einer Geldanlage von 45.000 € in ein Aktiendepot begleitet und unterstützt hat. Zwar wäre der Ehemann in seiner Eigenschaft als rechtlicher Betreuer bei der Vor- nahme einer Geldanlage für die Betroffene auf mündelsichere Geldanlagen beschränkt (§§ 1908 i Abs. 1, 1807 BGB). Diese Beschränkung gilt jedoch nicht im Rahmen einer unterstützenden Tätigkeit für die Betroffene vor der Einrichtung der Betreuung. Nach dem vom Landgericht herangezogenen Bankberatungsprotokoll legte die Betroffene selbst Wert auf gesteigerte Erträge insbesondere aus Kursgewinn bei Inkaufnahme von großen Risiken. Diesem Wunsch entsprach die - von der Betroffenen selbst getätigte - Geldanlage, bei der der jetzige Ehemann lediglich unterstützend tätig wurde.
20
(2) Auch sprechen die vom Landgericht herangezogenen Konflikte mit der Verwandtschaft nicht gegen eine Bestellung des jetzigen Ehemanns zum Betreuer. Welche Rolle die Nichte und die Schwägerin im Leben der Betroffenen einnehmen, ist nicht festgestellt. Nach Verwandten gefragt, hat die Betroffene in ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht angegeben, sie komme mit niemandem zusammen. Es fehlt deshalb an ausreichenden Tatsachengrundlagen für die Annahme, dass durch die Bestellung eines "neutralen" Betreuers Konfliktsituationen vermieden würden, die auch die Betroffene selbst belasten. Vielmehr erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation beruhigt, sobald der Ehemann als Betreuer feststeht und die Wahrnehmung der rechtlichen Verantwortung für die Betroffene nicht mehr im Konkurrenzstreit mit den Verwandten steht.
21
(3) Begründete Zweifel an der Eignung des Ehemanns, die rechtliche Betreuung der Betroffenen wahrzunehmen, ergeben sich auch nicht aus den zu seiner Persönlichkeit getroffenen Feststellungen. Schon bevor die Betroffene demenziell erkrankt war, hatte sie ihn zum Lebensgefährten erwählt und die Auswirkungen seiner besonderen Persönlichkeit auf ihr eigenes Leben akzeptiert. Ein konkretes Verhalten des Ehemanns, welches die Prognose rechtfertigt, er werde in seiner Eigenschaft als Betreuer nicht in dem notwendigen Maße mit dem Gericht, der Betreuungsbehörde und anderen Professionen kooperieren, zeigt die angefochtene Entscheidung nicht auf.
22
cc) Der Eignung des Vorgeschlagenen für die Übernahme der Betreuung in dem Aufgabenkreis der Gesundheitssorge könnte allerdings entgegenstehen, wenn er den Gesundheitszustand der Betroffenen unrichtig einschätzt und deswegen voraussichtlich nicht in der Lage ist, die sich aus der Erkrankung ergebenden Konsequenzen für eine ordnungsgemäße pflegerische Betreuung zu erkennen und Entscheidungen zum objektiven Wohl der Betroffenen zu treffen. Das Landgericht hat diesbezüglich allerdings lediglich Bedenken geäußert und die Sachlage insofern als "nicht klar" bezeichnet.
23
Insoweit rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Landgericht seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 26 FamFG) nicht ausreichend nachgekommen ist.
24
Der Tatrichter wird Gründe, die möglicherweise in der Person des vom Betroffenen als Betreuer benannten nahen Verwandten oder ihm eng Verbundenen liegen, verlässlich nur feststellen können, wenn er ihm Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen. Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn der Tatrichter in seiner Entscheidung ausdrücklich die Eignung der benannten Person zum Betreueramt sowie seine Redlichkeit gegenüber dem Betroffenen in Zweifel zieht und sich hierbei auf Mitteilungen Dritter beruft, ohne zuvor den als Betreuer Vorgeschlagenen - bei gravierenden Vorwürfen sogar regelmäßig persönlich - zu den von Dritten mitgeteilten Tatsachen anzuhören. Eine solche Verfahrensweise wäre schon allgemein als Grundlage einer Betreuerauswahl, bei der ein Berufsbetreuer einem möglichen ehrenamtlichen Betreuer - aufgrund dessen angeblich fehlender Eignung und mangelnder Redlichkeit - vorgezogen wird, nicht unbedenklich (vgl.
§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Keinesfalls aber genügt sie den besonderen Anforderungen an die tatrichterliche Ermittlungspflicht, die bestehen, wenn ein mit dem Betroffenen persönlich Verbundener und von ihm wiederholt Benannter als Betreuer übergangen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16 - FamRZ 2017, 1779 Rn. 13 mwN).
25
3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es noch der persönlichen Anhörung des zum Betreuer vorgeschlagenen Ehemanns bedarf.
26
Bei seiner erneuten Befassung wird das Landgericht auch zu berücksichtigen haben, dass schon nach § 1897 Abs. 5 Satz 1 BGB bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen Beziehungen des Betroffenen, insbesondere auf dessen persönliche Bindungen zum Ehegatten Rücksicht zu nehmen ist. Denn der Ehegatte wird nach Maßgabe dieser Vorschrift "erst recht" zum Betreuer zu bestellen sein, wenn der Betroffene ihn ausdrücklich als Betreuer seiner Wahl benannt hat, mag der Betroffene auch bei der Benennung nicht oder nur eingeschränkt geschäftsfähig gewesen sein. In Würdigung der in § 1897 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BGB getroffenen Wertentscheidungen wird ein Ehegatte des Betroffenen, der zu ihm persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, deshalb bei der Betreuerauswahl besonders zu berücksichtigen sein und nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden können, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16 - FamRZ 2017, 1779 Rn. 12).
27
Sollte sich der Ehemann nach vollständig erfolgter Sachverhaltsermittlung für einzelne Aufgabenkreise, etwa die Gesundheitssorge, als ungeeignet erweisen, käme insoweit auch eine Mitbetreuung (§ 1899 Abs. 1 BGB) in Betracht.
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 25.08.2017 - 3 XVII 1122/17 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 25.10.2017 - 54 T 3229/17 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.