Bundesgerichtshof Beschluss, 3. Juli 2024 - XII ZB 506/22
Gericht
Richter
Submitted by
Principles
Amtliche Leitsätze
a) Ein Anrecht, das nicht in die Ausgangsentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen war, bleibt im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG grundsätzlich auch dann außer Betracht, wenn es zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung noch nicht existent war und erst später durch eine Rechtsänderung entstanden ist (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 1. März 2023 - XII ZB 444/22, FamRZ 2023, 764).
b) Ein erst nach der Ausgangsentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich entstandenes Anrecht stellt regelmäßig ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht im Sinne des § 20 Abs. 1 VersAusglG dar und steht daher einem Wertausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG offen.
Bundesgerichtshof
Beschluss vom 3. Juli 2024
Az.: XII ZB 506/22
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. November 2022 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Wert: 2.160 €
Gründe
A.
Der Antragsteller begehrt die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG.
Die am 17. November 1972 geschlossene Ehe des im Jahr 1939 geborenen Antragstellers und der im Jahr 1942 geborenen früheren Ehefrau wurde auf den am 10. September 2004 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts vom 30. März 2005 rechtskräftig geschieden. Zudem wurde der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. November 1972 bis zum 31. August 2004 hatten beide Ehegatten jeweils Versorgungsanwartschaften in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte (Beteiligte zu 1, im Folgenden: Versorgungswerk) erworben, und zwar der Antragsteller in Höhe von monatlich 3.241,57 € und die frühere Ehefrau in Höhe von monatlich 1.570,67 €. Das Amtsgericht führte den Versorgungsausgleich im Wege der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG durch, indem es zulasten des Anrechts des Antragstellers Anwartschaften in Höhe von monatlich 835,45 € zugunsten der früheren Ehefrau bei dem Versorgungswerk begründete.
Die frühere Ehefrau bezog seit dem 1. Juli 1992 ein vorgezogenes Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit vom Versorgungswerk. Sie verstarb am 16. März 2010, ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene zu hinterlassen, und wurde von ihren sechs Kindern beerbt. Der Antragsteller erhält seit dem 1. März 2002 ein Altersruhegeld vom Versorgungswerk.
Mit Schriftsatz vom 14. August 2020 hat der Antragsteller die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begehrt. Er macht geltend, dass der früheren Ehefrau für ihre sämtlich vor dem 1. Januar 1992 geborenen Kinder eine sogenannte Mütterrente zugestanden hätte, und erstrebt im Hinblick auf ihr Vorversterben eine Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs. Auf Ersuchen des Amtsgerichts hat das Versorgungswerk für das Anrecht des Antragstellers einen Ehezeitanteil von 3.236,35 € und einen Ausgleichswert von 1.618,18 € sowie für das Anrecht der früheren Ehefrau einen Ehezeitanteil von 1.564,82 € und einen Ausgleichswert von 782,41 € mitgeteilt. Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (Beteiligte zu 2) hat auf Nachfrage erklärt, dass für die frühere Ehefrau weder ein Rentenvorgang noch ein Beitragskonto zu ermitteln seien.
Das Amtsgericht hat den Abänderungsantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers vor dem Oberlandesgericht ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht gegeben seien, weil keine wesentliche Wertänderung im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG iVm § 225 Abs. 2 und 3 FamFG vorliege. Bezüglich der berufsständischen Versorgungen der beiden früheren Ehegatten hätten sich wesentliche Wertänderungen nicht ergeben, und auch hinsichtlich des vom Antragsteller behaupteten Anrechts der früheren Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung seien die Voraussetzungen für eine Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht erfüllt. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob es sich bei dem zuletzt genannten Anrecht um ein solches handele, das im Sinne von § 51 Abs. 1 VersAusglG in die Ausgangsentscheidung einbezogen worden sei. Denn die frühere Ehefrau sei zu keinem Zeitpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen und habe dort unstreitig auch kein Versicherungskonto unterhalten. Sie habe seinerzeit kein gesetzliches Rentenanrecht erworben, weil sie während der Erziehungszeit wegen ihrer Mitgliedschaft im Versorgungswerk von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit und daher gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI aF von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen gewesen sei.
Ob auch ein nach dem Ende der Ehezeit neu entstandenes Anrecht ein Abänderungsverfahren zu eröffnen vermöge, könne im Ergebnis dahinstehen. Die frühere Ehefrau sei bereits vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen zur sogenannten Mütterrente verstorben. Zum Zeitpunkt dieser Gesetzesänderungen seien zu ihren Gunsten bei der gesetzlichen Rentenversicherung keine Kindererziehungszeiten erfasst gewesen. Derartige Zeiten hätten allenfalls auf einen entsprechenden Antrag der früheren Ehefrau hin berücksichtigt werden können. Einen derartigen Antrag habe sie jedoch nie gestellt, obgleich jedenfalls nach der im Jahr 2009 erfolgten Änderung der Vorschrift des § 56 Abs. 4 SGB VI eine Antragstellung möglich gewesen wäre und bei sechs Kindern die allgemeine Wartezeit auch schon zum damaligen Zeitpunkt hätte erfüllt sein können. Bei der Antragstellung handele es sich auch nicht lediglich um eine formale Voraussetzung, weil die tatsächliche Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht nur von der Geburt eines Kindes, sondern noch von weiteren Umständen abhänge. Da die frühere Ehefrau bis zu ihrem Tod im Jahr 2010 keinen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten gestellt habe, sei ihr Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur hypothetischer Natur; eine auf das Ende der Ehezeit zurückwirkende tatsächliche Veränderung eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts liege mithin nicht vor.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Nach § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das Gericht auf Antrag eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht ergangen ist, bei einer wesentlichen Wertänderung ab, indem es die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt.
a) Der Totalrevision können nach dem Gesetzeswortlaut nur diejenigen Anrechte unterworfen werden, die auch in der Ausgangsentscheidung erfasst waren (Senatsbeschluss vom 24. Juli 2013 - XII ZB 415/12 - FamRZ 2013, 1642 Rn. 15). Anrechte, deren Einbeziehung erst das seit dem 1. September 2009 geltende Recht ermöglicht, sollen nach der Gesetzesbegründung ebenso außer Betracht bleiben wie eine Versorgung, die bei der Ausgangsentscheidung übersehen wurde, weil diese auch damals nicht "Verfahrensgegenstand" gewesen sei (BT-Drucks. 16/10144 S. 89). Ein in den Versorgungsausgleich nicht einbezogenes Anrecht kann somit nicht in die Abänderungsentscheidung einfließen (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 16 f. mwN) und bleibt bei der Abänderungsprüfung insgesamt außer Betracht (Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 444/22 - FamRZ 2023, 764 Rn. 15).
b) Wegen der Wesentlichkeit der Wertänderung eines (in den Ausgleich einbezogenen) Anrechts verweist § 51 Abs. 2 VersAusglG auf die Regelungen in § 225 Abs. 3 FamFG. Danach muss die Wertänderung mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts betragen (relative Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG) und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigen (absolute Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG).
2. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass eine wesentliche Wertänderung eines in die Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts hier nicht vorliegt.
a) Soweit das Beschwerdegericht die Wesentlichkeit der Wertänderungen der beiderseitigen berufsständischen Versorgungsanrechte verneint hat, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der auf das Ende der Ehezeit bezogene Ausgleichswert des Anrechts des Antragstellers hat eine Wertänderung in Höhe von (3.241,57 € / 2 - 1.618,18 € =) 2,61 € und derjenige des Anrechts der Antragsgegnerin eine solche in Höhe von (1.570,67 € / 2 - 782,41 € =) 2,93 € erfahren. Diese Wertänderungen unterschreiten deutlich sowohl die relative Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG (5 % des bisherigen Ausgleichswerts des jeweiligen Anrechts) als auch die absolute Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG, die das Amtsgericht bei einem Ehezeitende am 31. August 2004 zutreffend mit 24,15 € (vgl. FamRZ 2024, 101, 102) ermittelt hat. Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.
b) Die weitere Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass auch mit Blick auf das vom Antragsteller behauptete Anrecht der früheren Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht eröffnet ist, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Die Auffassung des Beschwerdegerichts, die frühere Ehefrau habe zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung im März 2005 über keinerlei Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, die in den Versorgungsausgleich hätten einbezogen werden können, stimmt mit dem seinerzeitigen Gesetzeswortlaut überein.
(1) Ein Versicherungsverhältnis mit dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wird unter bestimmten Voraussetzungen ohne Antrag kraft Gesetzes begründet, sobald eine Person versicherungspflichtig ist. Dies betrifft insbesondere Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Zu dem kraft Gesetzes versicherten Personenkreis zählen nach § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auch Elternteile, denen Kindererziehungszeiten gemäß § 56 SGB VI anzurechnen sind. Allerdings waren nach der bis zum 21. Juli 2009 geltenden Fassung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI Elternteile, die während der Erziehungszeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit waren und nach dieser Zeit nicht nachversichert worden sind, von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen. Dies war bei Personen der Fall, die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht für die Beschäftigung befreit wurden, wegen der sie Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung waren.
(2) Nach den auch von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Beschwerdegerichts war die frühere Ehefrau wegen ihrer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk seinerzeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Auch wurde sie nicht nachversichert. Daher konnten ihr nach dem Gesetzeswortlaut keine Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden, so dass ein Versicherungsverhältnis mit einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestand. Folgerichtig hatte sie im Ausgangsverfahren in ihrem Fragebogen zum Versorgungsausgleich nur ihre berufsständische Versorgung, aber keine gesetzlichen Rentenanrechte angegeben.
bb) Indes hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom 18. Oktober 2005 ausgesprochen, dass der Ausschluss der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Personen, die wegen ihrer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht befreit worden sind, verfassungsrechtlich nur dann gerechtfertigt sei, wenn die Kindererziehungszeiten systembezogen annähernd gleichwertig in der berufsständischen Versorgungseinrichtung Berücksichtigung fänden. Andernfalls sei § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI aF auf solche von der Versicherungspflicht befreiten Personen nicht anwendbar (BSG FamRZ 2006, 330, 332 f.). Hierauf hat der Gesetzgeber reagiert (vgl. BT-Drucks. 16/13424 S. 34) und den § 56 Abs. 4 SGB VI mit Wirkung vom 22. Juli 2009 neu gefasst (BGBl. 2009 I S. 1939, 1944). Dessen Nr. 3 sieht nunmehr vor, dass Elternteile von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nur dann ausgeschlossen sind, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch.
cc) Ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - aus der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts abgeleitet werden kann, dass bereits bei Erlass der Ausgangsentscheidung am 30. März 2005 eine verfassungskonforme Auslegung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI aF geboten gewesen sei und daher ein Anspruch der früheren Ehefrau auf Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe, weil in ihrer berufsständischen Versorgung gerade keine annähernd gleichwertige Berücksichtigung dieser Zeiten vorgesehen gewesen sei, bedarf keiner Entscheidung. Denn in keinem Fall wäre eine Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eröffnet.
(1) Ginge man mit der Rechtsbeschwerde davon aus, dass bei Erlass der Ausgangsentscheidung kraft Gesetzes ein Versicherungsverhältnis zwischen der früheren Ehefrau und dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, weil die frühere Ehefrau eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten hätte beanspruchen können, käme eine Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG schon deshalb nicht in Betracht, weil dieses Anrecht im Ausgangsverfahren keinerlei Berücksichtigung gefunden hat. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die frühere Ehefrau im Falle einer Anrechnung von Kindererziehungszeiten die allgemeine Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 50 Abs. 1 SGB VI) seinerzeit bereits erfüllt hätte (vgl. auch § 2 Abs. 3 VersAusglG) und ob das Ausgleichsergebnis durch ihr gesetzliches Rentenanrecht beeinflusst worden wäre. Denn das Anrecht ist im Ausgangsverfahren gänzlich außer Betracht geblieben, weil die frühere Ehefrau es nicht angegeben hatte und das Amtsgericht den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auch nicht um Erteilung einer Auskunft ersuchte. Für Anrechte, die nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren, etwa weil sie übersehen, vergessen oder verschwiegen worden sind, hat der Senat sowohl die Möglichkeit einer Abänderung der Ausgangsentscheidung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG (Senatsbeschlüsse BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 14 ff. und vom 24. Juli 2013 - XII ZB 415/12 - FamRZ 2013, 1642 Rn. 14 ff.) als auch diejenige eines schuldrechtlichen Ausgleichs nach §§ 25, 20 VersAusglG verneint (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 21 ff.).
(2) Bestand hingegen bei Erlass der Ausgangsentscheidung noch kein gesetzliches Rentenanrecht der früheren Ehefrau, wäre eine Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG ebenfalls ausgeschlossen. Zwar hätte die frühere Ehefrau seit der am 22. Juli 2009 in Kraft getretenen Neuregelung des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI trotz ihrer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk einen Anspruch auf Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gehabt. Unabhängig davon, dass sie bis zu ihrem Tod im März 2010 aber keinen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten gestellt hatte und der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung daher aus Unkenntnis für sie auch kein Versicherungskonto nach § 149 SGB VI geführt hat, wäre das gesetzliche Rentenanrecht jedenfalls erst nachträglich (wenn auch mit Rückwirkung zum Ehezeitende) entstanden. Ein solches in die Ausgangsentscheidung nicht einbezogenes (weil seinerzeit noch nicht existentes) Anrecht vermag eine Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG indes nicht zu eröffnen.
(a) Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ausgesprochen hat, bleibt bei der Abänderung einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein Anrecht in der Art von Entgeltpunkten aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) bei der Abänderungsprüfung nach § 51 VersAusglG insgesamt außer Betracht, wenn es - im Gegensatz zu anderen gesetzlichen Rentenanrechten - nicht bereits in die Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich einbezogen war (Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 444/22 - FamRZ 2023, 764 Rn. 15 mwN). Dies muss gleichermaßen für den Fall gelten, dass zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung keinerlei Versicherungsverhältnis mit einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bestand und somit überhaupt kein gesetzliches Rentenanrecht existierte, das in die Entscheidung einbezogen werden konnte.
(b) In Rechtsprechung und Literatur wird zwar die Auffassung vertreten, dass eine Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eröffnet sei, wenn ein Anrecht erst nachträglich durch eine Gesetzesänderung entsteht, weil dieses im Rahmen der Ausgangsentscheidung naturgemäß keine Berücksichtigung habe finden können und es daher auch nicht übersehen, vergessen oder verschwiegen worden sei (vgl. OLG München FamRZ 2013, 1586, 1587; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: 23. November 2023] § 51 VersAusglG Rn. 63; MünchKommBGB/Recknagel 9. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 19; Wick Der Versorgungsausgleich 5. Aufl. Rn. 1217). Dem kann aber bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil § 51 Abs. 1 VersAusglG zum einen tatbestandsmäßig eine Wertänderung voraussetzt und die Vorschrift zum anderen eine erneute Teilung der in den Ausgleich einbezogenen Anrechte anordnet. Ein im Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung noch nicht entstandenes Anrecht erfüllt beide Voraussetzungen nicht; es erfährt weder eine Wertänderung noch handelt es sich um ein in den Ausgleich einbezogenes Anrecht, das an der Totalrevision teilnähme.
Der hauptsächliche Unterschied zu den übersehenen, vergessenen oder verschwiegenen Anrechten liegt darin, dass ein im Zeitpunkt der Erstentscheidung noch nicht existentes Anrecht nicht Gegenstand dieser Entscheidung sein konnte und somit auch nicht von deren Rechtskraftwirkung erfasst wird.
Bereits im Zeitpunkt der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich entscheidet sich, ob ein Anrecht im Wege des Wertausgleichs bei der Scheidung nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG oder des Wertausgleichs nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG auszugleichen ist. Alle Anrechte, die im Zeitpunkt der Erstentscheidung ausgleichsreif sind, sind - soweit keine abweichende Vereinbarung der Ehegatten vorliegt - grundsätzlich allein im Wertausgleich bei der Scheidung auszugleichen und unterliegen damit von vorneherein nicht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Umgekehrt kommt der schuldrechtliche Ausgleich für diejenigen Anrechte in Frage, die im Zeitpunkt der Erstentscheidung aus rechtlichen Gründen nicht ausgeglichen werden können (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 24).
Ein noch nicht existentes Anrecht kann im Zeitpunkt der Erstentscheidung aus rechtlichen Gründen nicht ausgeglichen werden. Sein nachträgliches Entstehen stellt grundsätzlich auch keinen Abänderungsgrund nach § 51 VersAusglG dar, wobei dahinstehen kann, ob eine entsprechende Anwendung der Vorschrift ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn das neu entstandene Anrecht in einer Weise mit bereits ausgeglichenen Anrechten verknüpft ist, dass es auf deren Ausgleichswert zurückwirkt (vgl. etwa OLG München FamRZ 2013, 1586). Besteht eine solche Verknüpfung - wie hier - nicht, sondern steht das neu entstandene Anrecht für sich allein, so erfüllt es die Voraussetzungen eines noch nicht ausgeglichenen Anrechts im Sinne des § 20 Abs. 1 VersAusglG, das grundsätzlich einem Ausgleich nach der Scheidung offensteht.
(c) Soweit dem Senatsbeschluss vom 4. Mai 2022 (XII ZB 122/21 FamRZ 2022, 1177 Rn. 8) etwas anderes entnommen werden könnte, hält der Senat hieran nicht fest.
3. Nach alledem erweist sich die Rechtsbeschwerde als unbegründet, so dass sie zurückzuweisen ist. Zwar sind die Erben der früheren Ehefrau von den Vorinstanzen entgegen §§ 219 Nr. 4, 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG nicht am Verfahren beteiligt worden. Dies führt rechtsbeschwerderechtlich aber nicht zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht, weil der Abänderungsantrag zurückgewiesen worden ist, die Erben daher nicht beschwert sind und die angefochtene Entscheidung nicht auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2022 - XII ZB 318/22 - FamRZ 2023, 358 Rn. 17 mwN).