vorgehend
Amtsgericht Buxtehude, 8 F 668/04, 07.03.2005
Oberlandesgericht Celle, 18 UF 85/05, 04.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 150/05
vom
14. Februar 2007
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 4. Juli 2005 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 600 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich nimmt die Klägerin den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 7. Juni 2000 in Anspruch. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage durch Teilurteil überwiegend stattgegeben und wie folgt entschieden: "1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen per 7.6.2000 durch Vorlage eines vollständigen schriftlichen systematischen Bestandsverzeichnisses über seine zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktiv- und Schuldenposten unter Angabe von Art und Umfang der Einzelposten, dabei die dazugehörigen wertbildenden Faktoren
a) zu folgendem bebauten Grundbesitz mit Angaben über Grundstücksgröße , Belastungen, Baujahr, Bauweise und Nutzungsarten, Nutzflächen und Einnahmen sowie Ausgaben: aa) ½ Miteigentumsanteil der Parteien an dem Grundstück … in O.; bb) Grundstück des Beklagten in … O.; cc) Eigentumswohnung des Beklagten in M.; dd) Eigentumswohnung des Beklagten in Dr.; ee) Eigentumswohnung des Beklagten in Di.;
b) zu bis zum 7.6.2001 vom Beklagten in ... O. geführten Hautarztpraxis mit Angaben zu Aktiva und Passiva, Umsätzen und Gewinnen /Verlusten,
c) zu den für den Beklagten bestehenden Kapitallebensversicherungen mit Angaben über Deckungskapital, Zinsen, Gewinnbeteiligung und Beteiligung am voraussichtlichen kollektiven Schlussgewinn (Wertermittlung );
d) zu den vom Beklagten unterhaltenen Depots;
e) zu den vom Beklagten beruflich genutzten Kraftfahrzeugen mit Angaben zu Alter, Kilometerstand, Ausstattung und Erhaltungszustand. 2. Des Weiteren wird der Beklagte verurteilt, (s)eine Auskunft zur Hautarztpraxis in … O., zu belegen durch Anlagenverzeichnisse und Jahresabschlüsse des Jahres 2000 sowie den Kaufvertrag über den Verkauf seiner Hautarztpraxis im Jahr 2001. 3. Schließlich wird der Beklagte verurteilt, den Wert der zu Nr. 1 a, aa - ee des Tenors aufgeführten Grundstücke bzw. Eigentumswohnungen zu ermitteln."
2
Gegen das Teilurteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstandes unterhalb der Grenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf "bis 600 €" festgesetzt und das Rechtsmittel durch den angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der festgesetzte Wert entspreche den zu veranschlagenden Kosten für die Auskunftserteilung und Wertermittlung. Höhere Kosten habe der Beklagte nicht dargelegt. Insbesondere schulde er für die Wertermittlung seiner Immobilien kein Sachverständigengutachten. Die Kosten eines Sachverständigen habe allenfalls die Klägerin zu tragen.
3
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erreichen möchte.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
5
1. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde ist eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht geboten, weil das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist und deswegen kein Fall der Divergenz vorliegt.
6
a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), den das Gericht im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss BGHZ 164, 63, 66 ff.) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen , den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Hingegen bleibt das Interesse des Beklagten außer Betracht, die von der klagenden Partei erstrebte und mit der Auskunftsklage vorbereitete Durchsetzung des Leistungsanspruches zu verhindern oder zu erschweren. Der Verurteilte kann dieses Interesse im Prozess über den Hauptanspruch ohne Einschränkung weiterverfolgen (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 ff.; Senatsbeschlüsse BGHZ 155, 127, 128 f.; vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34; vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105; vom 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597; vom 24. Juni 1992 - XII ZB 56/92 - FamRZ 1993, 45, 46; vom 4. Oktober 1990 - XII ZB 37/90 - FamRZ 1991, 316; vom 30. Oktober 1991 - XII ZB 127/91 - NJW-RR 1992, 188, 189 und vom 27. März 1985 - IVb ZB 121/84 - FamRZ 1986, 796, 797; Senatsurteile vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667 und vom 5. Mai 1993 - XII ZR 88/92 - FamRZ 1993, 1423).
7
Soweit der nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB über den Bestand seines Endvermögens auskunftspflichtige Ehegatte gesondert zur Ermittlung des Wertes bestimmter Vermögensgegenstände verurteilt ist (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB), bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes entsprechend. Bei der Bestimmung der für die Wertermittlung anfallenden Kosten ist allerdings zu beachten, dass der auskunftspflichtige Ehegatte nur insoweit zur Ermittlung und Angabe der Vermögenswerte verpflichtet ist, als er selbst dazu imstande ist (BGHZ 84, 31, 32; Senatsbeschluss vom 4. Oktober 1990 aaO S. 317; OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 736, 737; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1379 Rdn. 11). Zwar ist es dem Auskunftspflichtigen zuzugestehen, zur Klärung von Einzelfragen Auskünfte einzuholen oder sachkundige Hilfskräfte einzuschalten , wenn er den Wert der Vermögensgegenstände anderenfalls nicht sachgerecht ermitteln kann. Dadurch anfallende Kosten gehören zu den Kosten der Wertermittlung und erhöhen ggf. den Wert des Beschwerdegegenstandes (Senatsbeschluss vom 4. Oktober 1990 aaO S. 317; OLG Karlsruhe aaO S. 737; MünchKomm/Koch BGB 4. Aufl. § 1379 Rdn. 25; zur Einschaltung sachkundiger Dritter bei der Auskunftserteilung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 127, 131 f.).
8
Eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen schuldet der Auskunftspflichtige indessen nicht (BGHZ 84, 31, 33 f.; MünchKomm/Koch aaO § 1379 Rdn. 24; Staudinger/Thiele BGB 2000 § 1379 Rdn. 24; KK-FamR/Weinreich 2. Aufl. § 1379 Rdn. 35). Kann der Wert von Vermögensgegenständen nur durch einen Sachverständigen ermittelt werden, ist den Interessen des auskunftsberechtigten Ehegatten nicht ausreichend gedient, wenn der Auskunftspflichtige einen Sachverständigen bestellt, bezahlt und dann dessen Gutachten übermittelt. Der Berechtigte wird dem vom Schuldner beauftragten Sachverständigen nicht in gleicher Weise vertrauen wie einem selbst ausgewählten; auch würde eine entsprechende Pflicht den Schuldner über Gebühr belasten. Deshalb hat der Auskunftsberechtigte in dieser Konstellation lediglich das Recht, einen Sachverständigen mit der Wertermittlung zu beauftragen und vom Auskunftspflichtigen die Duldung der Begutachtung zu verlangen. Die anfallenden Kosten hat der auskunftsberechtigte Ehegatte zu tragen, sie beschweren den Auskunftsverpflichteten nicht (vgl. BGHZ 84, 31, 35; Palandt/Brudermüller BGB 66. Aufl. § 1379 Rdn. 15; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1379 Rdn. 12; MünchKomm/Koch aaO § 1379 Rdn. 25; Staudinger/Thiele aaO § 1379 Rdn. 26; KK-FamR/Weinreich aaO § 1379 Rdn. 36 f.). Soweit der Auskunftspflichtige seine vorstehend ausgeführten Pflichten nicht zu erkennen vermag, kann er sich an seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten wenden, wodurch zusätzliche Kosten nicht entstehen (§ 37 Nr. 7 BRAGO, die vorliegend noch anwendbar ist; vgl. auch BGH Beschluss vom 21. März 1991 - IX ZR 186/90 - MDR 1991, 798).
9
b) Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder ob es von seinem Ermessen in einem dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 155, 127, 129; vom 3. November 2004 aaO S. 105; vom 24. Juli 2002 aaO S. 597 und vom 4. Oktober 1990 aaO S. 317).
10
Das Berufungsgericht hat bei der Wertfestsetzung weder die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkannt, noch hat es wesentlichen Tatsachenvortrag des Beklagten unberücksichtigt gelassen. Dass die Bewertung des Rechtsmittelinteresses durch das Oberlandesgericht auf Ermessensfehlern beruht, hat auch die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt.
11
aa) Im Einklang mit den unter 1 a zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte aufgrund des Teilurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - kein Sachverständigengutachten schuldet und deshalb die vom Beklagten in Ansatz gebrachten 3.000 € für Gutachterkosten bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes nicht zu berücksichtigen sind.
12
bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, dass der Auskunftspflichtige - falls erforderlich - auf seine Kosten zu Einzelfragen Auskünfte sachkundiger Dritter einzuholen hat. Es ist bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes lediglich davon ausgegangen, der Aufwand des Beklagten für die Auskunftserteilung und Wertermittlung betrage insgesamt maximal 600 €. Einen höheren Aufwand habe er selbst unter Berücksichtigung möglicher Kosten für Hilfskräfte nicht dargelegt. Auch diese Beurteilung lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Zwar wendet der Beklagte ein, über keine besonderen Kenntnisse des Immobilienmarktes zu verfügen und sein über das Bundesgebiet verteiltes Grundeigentum nicht selbst zu verwalten. Dennoch ist sein Einwand nicht zwingend, auch ohne Beauftragung eines Sachverständigen seien allein für Anfragen bei Maklern oder Hausverwaltungen Kosten von über 600 € anzusetzen. Die Annahme, die genannten Stellen - insbesondere die für den Beklagten tätigen Hausverwaltungen - könnten dem Beklagten Informationen für die geschuldete eigene Wertermittlung erheblich günstiger zur Verfügung stellen (z.B. den durchschnittlichen Quadratmeterpreis für bestimmte Lagen sowie weitere allgemeine Informationen über den jeweiligen örtlichen Immobilienmarkt), liegt im Rahmen des Ermessensspielraums des Berufungsgerichts.
13
cc) Für die Auskunft über die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit seinem Immobilienbesitz wird der Beklagte bereits über die erforderlichen Informationen verfügen. Er wird in der Vergangenheit regelmäßig von den die Immobilien verwaltenden Stellen Abrechnungen erhalten und zudem entsprechende Informationen für seine Steuererklärungen benötigt haben. Das Oberlandesgericht konnte deshalb entgegen der Rechtsbeschwerde davon ausgehen, dass die Auskunftserteilung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mit nennenswerten Kosten verbunden ist.
14
Dies gilt auch, soweit der Beklagte Angaben zu den wertbildenden Faktoren seiner bis zum 7. Juni 2001 geführten Hautarztpraxis schuldet (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 14. Dezember 1988 - IVb ZB 149/88 - veröffentlicht bei Juris). Die notwendigen Informationen dürften dem Beklagten ebenfalls vorliegen , zumal er die Praxis ca. ein Jahr nach dem Stichtag veräußert hat und da- von auszugehen ist, dass die wertbildenden Faktoren zuvor für Kaufinteressenten zusammengestellt wurden.
15
2. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil das Berufungsgericht - wie die Rechtsbeschwerde meint - durch die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes unter die Berufungsgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt hat. Durch die ermessensfehlerfreie Wertfestsetzung hat das Oberlandesgericht den Zugang des Beklagten zur Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl. zum Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz BGHZ 151, 221, 226 f.; BGH Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368; vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - FamRZ 2003, 1090 und vom 30. April 2003 - V ZB 71/02 - NJW 2003, 2388).
16
3. Schließlich ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde hält es für erforderlich, die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Kosten sachverständiger Hilfspersonen fortzuentwickeln. Ungeklärt sei, ob der nicht fachkundige, zur Ermittlung des Wertes seiner Immobilien verurteilte Auskunftsschuldner zwar nicht verpflichtet, aber jedenfalls berechtigt sei, sich eines Sachverständigen zu bedienen und die anfallenden Kosten bei der Ermittlung des Wertes des Beschwerdegegenstandes in Ansatz zu bringen.
17
Die aufgeworfene Frage ist jedoch höchstrichterlich bereits geklärt. Maßgeblich für die Bemessung der Beschwer ist allein der voraussichtliche Aufwand an Zeit und Kosten, der mit der geschuldeten Wertermittlung verbunden ist.
Nach der unter 1 a dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet der Beklagte die Wertermittlung durch einen Sachverständigen gerade nicht. Deshalb konnte das Berufungsgericht bei der Wertfestsetzung den Vortrag des Beklagten unberücksichtigt lassen, er müsse für die Wertermittlung der Immobilien jeweils einen Sachverständigen beauftragen, wofür Kosten in Höhe von mindestens 3.000 € anfielen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Buxtehude, Entscheidung vom 07.03.2005 - 8 F 668/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 04.07.2005 - 18 UF 85/05 -

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 2 Bedeutung des Wertes


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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/05
vom
26. Oktober 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 2004 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 350 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Trennungs- und Kindesunterhalt.
2
Durch Teilurteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2004 wurde der Beklagte verurteilt, "der Klägerin Auskunft zu erteilen hinsichtlich seiner Einkünfte aus Kapital, Nebentätigkeit, Beteiligung und Vermietung und Verpachtung für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. August 2003 und diese Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Steuererklärungen mit allen Anlagen für die Veranlagungszeiträume 2001, 2002 und 2003". Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil die Beschwer des Beklagten insgesamt allenfalls 350 € betrage und damit den Berufungswert von 600 € nicht erreiche. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
1. Grundsätzliche Bedeutung ist weder hinsichtlich der Frage gegeben, wie sich die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, noch hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson bei der Bemessung der Beschwer berücksichtigt werden können. Beides hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 10. August 2005 - XII ZB 63/05 - zur Veröffentlichung bestimmt) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104; BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.). Dabei können die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftsertei- lung nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667).
5
2. Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vor. Es ist insbesondere nicht hinreichend dargelegt, dass das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt oder gegen das Willkürverbot verstoßen hat.
6
Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 96, 205, 216 f.; NJW 1994, 2279 m.w.N.) nur festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BGH Beschluss vom 13. April 2005 - IV ZR 62/04 - NJW-RR 2005, 1051, 1052 m.w.N.). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist selbst bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts noch nicht anzunehmen. Hinzukommen muss vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt , dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1994, aaO). Solche Umstände liegen hier nicht vor.
7
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Senat die Bewertung des Rechtsmittelinteresses ohnehin nur darauf überprüfen kann, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen des ihm gemäß § 3 ZPO eingeräumten Er- messens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 3. November 2004 aaO). Solche Ermessensfehler hat die Rechtsbeschwerde weder darlegen können, noch sind sie sonst ersichtlich.
8
a) Für die Bemessung des Aufwands des Beklagten für die von ihm geschuldete Auskunft ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, dass die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach § 1605 BGB i.V. mit § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber Dritten nicht vergleichbar ist. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung gegebenenfalls von einem Dritten gefordert werden könnte. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können deswegen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 5/89 - FamRZ 1989, 731 ff. und vom 11. Juli 2001 aaO). Solches hat der Beklagte hingegen nicht substantiiert vorgetragen und kann daher vom Berufungsgericht nicht - unter Verletzung des rechtlichen Gehörs - übergangen worden sein.
9
Dass der Beklagte nicht selbst zur Erteilung der geschuldeten Auskunft in der Lage ist, ergibt sich nicht schon aus dem Umstand, dass die Steuererklärungen für die Jahre 2001 und 2002 durch einen Steuerberater erstellt wurden. Denn der Steuerberater, ein Bruder des Beklagten, hat die Betriebseinnahmen der BHG L. GbR auch im eigenen Interesse ermittelt, weil er ebenfalls Mitgesellschafter ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einer sachgerechten Auskunftserteilung insoweit oder auch hinsichtlich der übrigen Einkommensarten nicht in der Lage ist, lassen sich daraus nicht gewinnen.
10
Daran ändert sich nichts durch den Vortrag des Beklagten zur Höhe der Kosten für die Erstellung der Auskunft durch einen Steuerberater. Denn die bloße Behauptung, die Arbeiten seien mit einem Zeitaufwand verbunden, "die über das übliche Maß erheblich hinausgehen" und der Beklagte sei "alleine nicht in der Lage" die geforderte Auskunft zu erstellen, ist unsubstantiiert und nicht hinreichend aussagekräftig.
11
Auch aus dem Umstand, dass das Finanzamt die in Ansatz gebrachten Steuerberaterkosten nicht beanstandet hat, lässt sich nicht herleiten, dass der Beklagte persönlich nicht zu diesen Arbeiten in der Lage ist.
12
Darauf, ob der Beklagte auf der Grundlage früherer Überschussrechnungen sogar selbst in der Lage ist, die Höhe der (degressiven oder statischen) Abschreibung des Anlagevermögens der BHG L. GbR festzustellen, kommt es nicht einmal an, weil das Berufungsgericht insoweit die Kosten einer entsprechenden Auskunft des Steuerberaters berücksichtigt hat.
13
b) Das Berufungsgericht hat auch berücksichtigt, dass der Beklagte einen Mehrjahresvergleich der Einnahmen- und Überschussrechnungen der BHG L. GbR bis einschließlich November 2003 mit Auflistung aller Einnahmen und Ausgaben zu den Akten gereicht hat, insoweit noch Belege eingereicht und die Einkünfte statt zum 31. November neu zum 31. August 2003 saldiert werden müssen. Der Umstand, dass Verbrauchskosten oder Zinsen erst zum Jahresende entstehen, steht der Bewertung durch das Berufungsgericht nicht entgegen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.01.2004 - 3 F 288/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.12.2004 - 2 UF 45/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 165/00
vom
3. November 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Zivilsenate Freiburg - vom 25. Juli 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 383 €.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Sie haben Stufenklage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, ihnen Auskunft über seine Steuerrückerstattungsansprüche aus dem Jahr 1998 zu erteilen und die Auskunft durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1998 zu belegen (1. Stufe), die Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides Statt zu versichern und an sie entsprechend der erteilten Auskunft unter Berücksichtigung der vollstreckbaren Jugendamtsurkunde Unterhalt zu zahlen. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Teilurteil über die erste Stufe entschieden und den Beklagten verurteilt, den Klägern Auskunft zu erteilen über die von ihm für das Jahr 1998 erhaltene Steuerrückerstattung und die
Auskunft entsprechend dem Klagebegehren zu belegen. Der Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 750 DM festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.500 DM nicht übersteige (§ 511 a ZPO a.F.). Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, den das Gericht bei einem Rechtsmittel gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, ist das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.). 2. Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat ausgeführt: Der Kostenaufwand des Beklagten werde nicht dadurch nennenswert erhöht, daß er beiden Kindern gegenüber Auskunft zu erteilen habe. Dies habe nur Mehrkosten für entsprechende Fotokopien zur Folge und führe deshalb entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zu einer Verdoppelung der Beschwer. Soweit in dem vorzulegenden Einkommensteuerbescheid inhaltliche Angaben bezüglich der Ehefrau des Beklagten enthalten sein sollten,
könnten und dürften diese vom Auskunftspflichtigen geschwärzt werden, wodurch ebenfalls kaum Kosten entstünden. Für die Erteilung der Auskunft über die dem Beklagten persönlich für das Jahr 1998 zugeflossene Steuererstattung falle - auch gegebenenfalls unter Einschaltung des Steuerberaters des Beklagten - kein die Berufungssumme des § 511 a ZPO a.F. erreichender Kostenaufwand an. Demgegenüber führt die sofortige Beschwerde aus, die Auskunftserteilung erfordere die Feststellung, wie der im Steuerbescheid einheitlich ausgewiesene Erstattungsbetrag zwischen dem Beklagten und seiner Ehefrau aufzuteilen sei. Hierzu sei der Beklagte ohne fachkundige Hilfe nicht in der Lage. Da er die gemeinsamen Steuererklärungen bisher ohne Mitwirkung eines Steuerberaters erstellt habe, gebe es auch keinen mit den Steuerangelegenheiten der Ehegatten vertrauten Berater. Der Beklagte müsse deshalb erstmals einen Steuerberater einschalten, der sich in die gesamten steuerlichen Unterlagen der Eheleute einarbeiten müsse, um zum einen zu klären, aus welchen steuerlichen Tatbeständen die Rückerstattungen resultierten und zum anderen, wie diese im Innenverhältnis den Ehegatten zuzuordnen seien. Die dadurch entstehenden Kosten überstiegen zusammen mit dem eigenen zeitlichen Aufwand des Beklagten die Berufungssumme von 1.500 DM. Damit wird die angefochtene Entscheidung nicht in Frage gestellt. 3. Die Bewertung des Rechtsmittelinteresses kann vom Senat nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen des ihm gemäß § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (st. Rspr., vgl. BGH Beschluß vom 8. Oktober 1991 - XI ZB 5/91 - BGHR ZPO § 2 Beschwerdegegenstand 20).
Die Frage, wie die Aufteilung einer Steuererstattung im Innenverhältnis von zusammen veranlagten Ehegatten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkünfte allgemein zu erfolgen hat, ist höchstrichterlich nicht entschieden. Der Bundesgerichtshof hat insofern zwei Möglichkeiten aufgezeigt: Die eine ist die Aufteilung der Steuerschuld nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Einkünfte , die andere die Aufteilung entsprechend dem Verhältnis der bei getrennter Veranlagung entstehenden Steuerbeträge (BGHZ 73, 29, 38). Ob einer Art der Ermittlung und gegebenenfalls welcher der Vorzug gebührt, ist offen geblieben. In der Rechtsprechung der nachgeordneten Gerichte und im Schrifttum wird die Frage nicht einheitlich beantwortet (vgl. zum Meinungsstand: Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 3. Aufl. Rdn. 568 ff.; Liebelt FamRZ 1993, 626, 627 ff.; Fischer-Winkelmann FuR 1997, 189, 190 ff.). Mit Rücksicht darauf steht aber nicht von vornherein fest, auf welche Weise der dem Beklagten zustehende Anteil an der Steuererstattung zu ermitteln ist. Auch das Teilurteil enthält insofern keine Vorgaben. Der Beklagte ist deshalb weitgehend frei darin, wie er seinen Anteil an der Steuererstattung feststellt, sofern die Ermittlung angemessen erscheint und die zugrundeliegenden Überlegungen erkennbar werden. Er hat hierzu selbst in erster Instanz die Auffassung vertreten, die Kläger könnten an der Steuerersparnis, die durch die in die Zusammenveranlagung der Eheleute eingeflossenen (teilweise) negativen Einkünfte der Ehefrau eingetreten sei, nicht teilhaben. Vielmehr sei die Erstattung nur insoweit zu berücksichtigen, als sich die für ihn abgeführte Lohnsteuer durch auf der Lohnsteuerkarte nicht berücksichtigte abzugsfähige Beträge und den günstigeren Einkommensteuertarif vermindert habe. Diese Ermittlungsweise würde auf eine Aufteilung des Erstattungsbetrages entsprechend dem Verhältnis der bei getrennter Veranlagung entstehenden Steuerbeträge hinauslaufen. Denn der Beklagte möchte die Einkommen der Ehegatten
einer getrennten steuerlichen Beurteilung unterwerfen, ohne den Klägern eine Teilhabe am Splittingtarif zu verweigern. Damit hat er aber bereits sachgerechte Vorstellungen entwickelt, wie er die geschuldete Auskunft erteilen kann. Zu den hierzu erforderlichen Berechnungen (sowie der erläuternden Angabe seiner Vorgehensweise) ist der Beklagte - gegebenenfalls nach ergänzender Beratung durch seinen Anwalt - selbst in der Lage. Er hat in erster Instanz vorgetragen, die von ihm beschriebene Einkommensermittlung könnten die Kläger anhand der ihnen offengelegten Zahlen unschwer vornehmen. Dann muß das für ihn selbst zumindest in gleicher Weise gelten, zumal er die Steuererklärungen der Ehegatten in der Vergangenheit jeweils selbst erstellt hat. Die beiderseitigen Einkünfte, die auch bei einer Zusammenveranlagung zunächst wie bei der getrennten Veranlagung für jeden Ehegatten gesondert ermittelt werden, kann er dem Steuerbescheid entnehmen. Hiervon ausgehend wäre für jeden Ehegatten fiktiv die Steuerschuld nach der Grundtabelle festzustellen und sodann - nach dem sich ergebenden Verhältnis der Steuerbeträge - die tatsächlich festgesetzte Steuerschuld zwischen den Ehegatten aufzuteilen. Nach Abzug der jeweils gezahlten Lohnsteuer ergeben sich die Anteile, die dem jeweiligen Ehegatten von dem Erstattungsbetrag zustehen. Daß eine Auseinandersetzung mit den in den Vorjahren gegebenen Einkünften erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich. Der Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, seine Ehefrau habe negative Einkünfte erzielt, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte nicht ausgeglichen worden wären (vgl. § 10 d EStG).
Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, daß die dem Beklagten durch die Erteilung der Auskunft entstehenden Kosten die Berufungssumme übersteigen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 31/02
vom
24. Juli 2002
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2002 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs
und Dr. Vézina

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 18. Dezember 2001 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Wert: 511 DM).

Gründe:


I.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich hat die Klägerin den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 31. Oktober 1996 in Anspruch genommen. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage durch Teilurteil stattgegeben und wie folgt entschieden: "Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin
a) Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen zum 31.10.1996 mit allen zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktiv- und Schuldposten durch Vorlage eines schriftlichen, systematisch gegliederten Bestandsverzeichnisses unter Angabe von Art und Umfang der Einzelposten, ins-
besondere hinsichtlich seiner Beteiligung an der T. AG in S. 7, E. , Schweiz, sowie
b) Auskunft zu erteilen über den gesamten Bestand der am 31.10.1996 in seinem Eigentum befindlichen Teppiche, auch soweit sie in einem Zollfreilager der Schweiz gelagert waren, unter gleichzeitiger Vorlage entsprechender Bestandslisten." Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Beschwerdewert für die Berufungsinstanz auf 1.000 DM festgesetzt und das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Mit Beschluß vom 12. November 2001 hat das Oberlandesgericht den Streitwert auf 1000 DM festgesetzt und ausgeführt, bei einer Verurteilung zur Auskunft bemesse sich der Streitwert für die Berufung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten für die Erstellung der Auskunft. Dieser betrage 1.000 DM. Ein höherer Wert könne nur angesetzt werden, wenn ein besonderes Abwehrinteresse bestehe. Das sei hier nicht der Fall. Die Auskunft sei für den Stichtag 31. Oktober 1996 zu erteilen, eine Auskunft zum 30. April 1996 reiche nicht aus. Sie erleichtere lediglich dem Beklagten die Auskunftserteilung zum 31. Oktober 1996. Die dagegen erhobenen Gegenvorstellungen des Beklagten hat das Oberlandesgericht mit Beschluß vom 5. Dezember 2001 zurückgewiesen und
ergänzend ausgeführt, die Auskunft sei eine Wissenserklärung, die vom Beklagten persönlich in Schriftform abzugeben sei. Da der Beklagte selbst vortrage , daß sich zum Stichtag 31. Oktober 1996 keine wesentliche Abweichung ergeben habe, sei der Aufwand für die Auskunft nicht hoch. Es bedürfe lediglich der Überprüfung, ob alles ordnungsgemäß angegeben worden sei. Neue Bilanzen müßten nicht erstellt werden. Ein streitwerterhöhendes Interesse liege nicht vor, wenn der Beklagte eine Hilfsperson einschalte, obwohl er die Auskunft höchstpersönlich zu erteilen habe. Im anschließenden Beschluß über die Verwerfung der Berufung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die Berufung sei unzulässig, da die Berufungssumme nicht erreicht werde. Da der Beklagte trotz richterlichen Hinweises die Berufung nicht zurückgenommen habe, müsse sie nach § 519 b ZPO verworfen werden. Die dagegen erhobenen Bedenken des Beschwerdeführers greifen nicht durch. 2. Soweit die sofortige Beschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe in seinem Verwerfungsbeschluß nicht näher begründet, warum der Wert der Beschwer 1.000 DM betrage, hat sie keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hatte mit dem Beschluß vom 12. November 2001 seine Entscheidung über die Beschwer begründet und mit Beschluß vom 5. Dezember 2001 ergänzt und vertieft. Einer erneuten Begründung im Verwerfungsbeschluß bedurfte es nicht, da das Berufungsgericht seine Entscheidung ersichtlich auf die Erwägungen in den vorangegangenen Beschlüssen gestützt hat. 3. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß sich der Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 a Abs. 1 ZPO a.F.), den das Gericht im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, nach dem Aufwand an Zeit und Kosten für die Erteilung der Auskunft bemißt. Daneben kann ein Interesse des Beklagten an einer Geheimhaltung der zu of-
fenbarenden Verhältnisse bei der Bemessung des Wertes zu berücksichtigen sein. Dagegen bleibt ein Interesse des Beklagten, die von der Klägerin erstrebte und mit der Auskunftsklage vorbereitete Durchsetzung des Leistungsanspruchs zu verhindern oder zu erschweren, bei der Berechnung außer Betracht (st. Rspr., vgl. BGHZ 128, 85 ff.). Die Festsetzung des Beschwerdewertes (§ 511 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.) unterliegt in der Beschwerdeinstanz nur einer eingeschränkten Kontrolle. Das Beschwerdegericht kann nur überprüfen, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder ob es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Senatsbeschluß vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652, 1653). Das ist nicht der Fall.
a) Der Beklagte macht in erster Linie geltend, nach den Angaben seines Steuerberaters belaufe sich der Kostenaufwand für die Neuerteilung der Auskunft zum 31. Oktober 1996 auf 3.000 SFR. Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Festsetzung der Beschwer die Kosten des Steuerberaters nicht berücksichtigt. Zwar ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts nicht ausdrücklich, daß die Entscheidung auf § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützt ist. Die Verurteilung lehnt sich aber ersichtlich an die gesetzliche Regelung in § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Diese umfaßt, im Gegensatz zu § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB, nicht eine Verpflichtung zur Ermittlung des Wertes der - in das Vermögensverzeichnis aufzunehmenden - Vermögensgegenstände, die der auskunftsberechtigte Ehegatte gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB zusätzlich verlangen kann, die Klägerin hier aber nicht begehrt. Eine solche Auskunft über den Bestand des Endvermögens am Stichtag soll den auskunftsberechtigten Ehegatten in die Lage versetzen, das Endvermögen ungefähr selbst zu berechnen und auf diese Weise, ausgehend vom Anfangsvermögen, den Zugewinn zu ermitteln. Zu die-
sem Zweck muß der Auskunftsverpflichtete die zu seinem Endvermögen gehörenden Gegenstände nach Anzahl, Art und wertbildenden Faktoren in dem Vermögensverzeichnis angeben, wobei sich Umfang und Art der notwendigen Einzelangaben nach den Besonderheiten der jeweiligen Vermögensgegenstände richten. Der Zuziehung eines Steuerberaters bedarf es für diese im eigenen Wissen des Auskunftspflichtigen stehenden Angaben nicht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 - IVb ZR 27/88 - BGHR BGB § 1379 Abs. 1 Satz 1 Endvermögen 1). Der Beklagte ist ohne weiteres selbst in der Lage anzugeben, welche Forderungen er u.a. gegen die T. AG hat, in welchem Umfang er an dieser AG beteiligt ist und welche Teppiche er zum Stichtag noch hatte.
b) Der Beklagte hat weiter geltend gemacht, wenn die Auskunft zum 30. April 1996 nicht genüge, sei die Neuerstellung eines Abschlusses für die T. AG erforderlich. Das ist indes nicht der Fall. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß zwar eine neue Auskunft des Beklagten zum 31. Oktober 1996 erforderlich ist, der Aufwand für die Auskunft aber schon deshalb gering ist, weil der Beklagte bereits zum Stichtag 30. April 1996 Auskunft erteilt hat. Der Beklagte braucht damit nur anzugeben, welche Vermögensgegenstände er in den sechs Monaten hinzuerworben hat und welche aus seinem Vermögen ausgeschieden sind. Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es hierzu nicht der Neuerstellung eines Abschlusses für die T. AG. Das hat das Amtsgericht in seinem Urteil nicht verlangt, sondern lediglich ausgeführt, daß eine Vermögensübersicht zum 30. April 1996 nicht automatisch eine solche zum 31. Oktober 1996 sein könne. Auch das Oberlandesgericht hat
lediglich eine Überprüfung der Veränderungen verlangt und im übrigen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es einer neuen, vom Beklagten erst zu erstellenden Bilanz nicht bedürfe. Hahne Bundesrichter Sprick Weber-Monecke ist urlaubsbedingt ver- hindert zu unterschreiben Hahne Fuchs Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
XII ZR 14/00 Verkündet am:
11. Juli 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 3. Dezember 1999 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Wert: 700 DM.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der 1979 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten aus einer nichtehelichen Verbindung. Er nimmt diesen im Wege der Stufenklage auf Unterhalt in Anspruch. Der Beklagte hat neben seiner Besoldung Einkünfte aus der Vermietung von mehreren ihm gehörenden Mehrfamilienhäusern. Das Amtsgericht hat den Beklagten auf entsprechenden Antrag verurteilt , "dem Kläger Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer geschlossenen systematischen Aufstellung über seine Bruttoeinkünfte einschließlich der Sonderzuwendungen aus seiner unselbständigen Tätigkeit während des
Zeitraums August 1997 bis Juli 1998 und die hieraus vorgenommenen gesetzlichen Abzüge und Steuern sowie über sonstige Einkünfte unter Darlegung der Bruttoeinnahmen und der steuerlichen Abzüge sowie die Auskünfte zu belegen durch die Vorlage der vollständigen, alle Sonderzuwendungen und alle Abzüge erfassenden Gehaltsbescheinigungen für den Zeitraum August 1997 bis Juli 1998 sowie der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1997." Das Oberlandesgericht hat den Rechtsmittelstreitwert für die Berufung auf 700 DM festgesetzt. Die Berufung hat es nach mündlicher Verhandlung durch Urteil als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die Revision des Beklagten antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

II.

Die nach § 621 d Abs. 2 ZPO ohne Zulassung statthafte Revision hat keinen Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ GSZ 128, 85 ff.; Senatsurteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 88/92 = FamRZ 1993, 1423; Senatsbeschluß vom 24. Juni 1992 - XII ZB 56/92 = FamRZ 1993, 45 jeweils m.w.N.) davon ausgegangen, daß sich der Streitwert einer Berufung gegen eine Verurteilung zur Auskunftserteilung nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten richtet , der mit der sorgfältigen Erteilung der Auskunft verbunden ist. Es hat angenommen , daß dieser Aufwand gering und insbesondere die Einschaltung eines Steuerfachmanns nicht erforderlich sei. Was die Auskunft über seine Richterbezüge angehe, brauche der Beklagte nur die Daten aus seinen Gehaltsmitteilungen der Monate August 1997 bis Juli 1998 aufzulisten und die Mitteilungen beizufügen. Auch die ihm aufgegebene Vorlage seiner Einkommensteuererklärung 1997 erfordere keinen nennenswerten Aufwand. Denn er sei nicht - gesondert - zur Herstellung dieser Steuererklärung verpflichtet worden, sondern nur zur Vorlage derselben, falls diese schon angefertigt worden sei. Die Verurteilung zur Auskunft über seine sonstigen Einkünfte sei unter anderem mangels Angabe des konkreten Zeitraums zu unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig. Daher komme es nur auf die zur Abwehr einer auf eine unmögliche Leistung gerichteten Zwangsvollstreckung erforderlichen Gerichtsund Rechtsberatungskosten an. Diese beliefen sich bei einem Unterhaltsstreitwert von 8.400 DM (auf der Grundlage der vom Kläger vorprozessual verlangten monatlichen Unterhaltsbeträge von 700 DM x 12) auf maximal 200 DM. Selbst wenn man aber das Urteil dahin auslege, daß über die Mieteinnahmen
im Zeitraum August 1997 bis Juli 1998 Auskunft zu erteilen sei, bestehe der hierfür erforderliche Aufwand nur in der Zusammenstellung der eingegangenen Mieten einerseits und der Auflistung der Kreditlasten, Steuern und Ausgaben für Heizung, Hausmeister etc. andererseits. Nach Schätzung des Senats betrage der Zeitaufwand hierfür ca. fünf bis sechs Stunden, wofür pro Stunde eine Vergütung von 15 DM bis 30 DM zu veranschlagen sei, vergleichbar den Vergütungen für nebenamtliche Prüfer in Staatsexamina oder Leiter von Referendararbeitsgemeinschaften. Der Gesamtaufwand sei daher mit 700 DM nicht zu niedrig angesetzt. 2. Diese Beurteilung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Für die Bewertung des Rechtsmittelinteresses kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (hier 1. Februar 1999) und den zu dieser Zeit erforderlichen Aufwand für die Erfüllung der auferlegten Auskunftsverpflichtung an, soweit diese vollstreckungsfähig ist. Soweit letzteres nicht der Fall ist, sind die mit der Abwehr der ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten maßgeblich (vgl. Senatsbeschluß vom 24. Juni 1992 aaO S. 46). Die Bewertung des Rechtsmittelinteresses durch das Oberlandesgericht kann dabei vom Senat nur darauf geprüft werden, ob das Oberlandesgericht die gesetzlichen Grenzen des ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 1993 aaO S. 1424). Das ist indessen nicht der Fall. Die Einschätzung , daß die Zusammenstellung der Dienstbezüge für den Zeitraum August 1997 bis Juli 1998 und die bloße Vorlage der Einkommensteuererklärung für 1997, soweit sie schon angefertigt ist, keinen nennenswerten Zeit- und Arbeitsaufwand erfordern, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Revision erinnert insoweit nichts.
Sie wendet sich vielmehr gegen die Ansicht des Oberlandesgerichts, daß auch die Kosten für die Auskunftserteilung über die Mieteinkünfte die Rechtsmittelsumme nicht überschritten, und meint, hierfür betrage der zeitliche Aufwand mindestens 76, voraussichtlich sogar 100 Arbeitsstunden, die mit mindestens 40 DM pro Stunde zu bewerten seien. Insbesondere mache es der Umstand, daß die Bewirtschaftungskosten nur jährlich abgerechnet würden, der verlangte Zeitraum sich aber von Mitte 1997 bis Mitte 1998 erstrecke, erforderlich , sämtliche Zahlungen der Kalenderjahre 1997 und 1998 (u.a. auch einschließlich der Renovierungskosten) zu überprüfen und auf den verlangten Zeitraum umzulegen. Damit dringt die Revision nicht durch. Die Revision übersieht, daß das Oberlandesgericht den Aufwand an Zeit und Kosten für die Auskunft über die Mieteinkünfte lediglich in einer Hilfsbegründung bewertet hat. In der Hauptsache hat es seine Entscheidung vielmehr darauf gestützt, daß die Verurteilung zur Auskunft über die sonstigen Einkünfte zu unbestimmt und daher als nicht vollstreckungsfähig anzusehen sei. Das beruht auf einer nicht zu beanstandenden Auslegung des amtsgerichtlichen Urteils , das den Beklagten insoweit nur zur Auskunft "über sonstige Einkünfte unter Darlegung der Bruttoeinnahmen und der steuerlichen Abzüge" verurteilt hat, ohne in Tenor oder Gründen den maßgeblichen Zeitraum zu bezeichnen oder den Umfang der Auskunftspflicht inhaltlich näher einzugrenzen. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittelinteresse daher nach den Kosten bemessen , die notwendig sind, um mit anwaltlicher Hilfe ungerechtfertige Vollstreckungsversuche abzuwehren. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 79/91 = FamRZ 1992, 535 ff.; vom 5. Mai 1993 aaO; Senatsbeschluß vom 27. November 1991
- XII ZB 102/91 = FamRZ 1992, 425 ff.). Auch die hierfür veranschlagten Rechtsberatungskosten sind der Höhe nach bedenkenfrei. Auf den Zeitaufwand für die Auflistung der Einkünfte aus den Miethäusern kommt es daher nach der Hauptbegründung des Oberlandesgerichts nicht mehr an. Aber auch soweit es auf die Hilfsbegründung ankäme, würde der zeitliche und finanzielle Aufwand nicht die Berufungssumme von 1.500 DM überschreiten , da dem Beklagten, der seinen Grundbesitz allein verwaltet und auch die Steuererklärungen selbst anfertigt, alle Zahlen über Einnahmen und Ausgaben für die maßgeblichen Zeiträume bereits vorliegen und es lediglich ihrer Zusammenstellung bedarf. Eine mit dem Fall des Urteils vom 24. Juni 1999 (BGH - IX ZR 351/98 = NJW 1999, 3050) vergleichbare Situation liegt insoweit nicht vor. Maßgebend ist nämlich, daß die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach § 1605 BGB persönlicher Natur und der Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber Dritten nicht vergleichbar ist. Daher wäre es nicht gerechtfertigt , die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung gegebenenfalls von einem Dritten gefordert werden könnte. Auch die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschluß vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 5/89 - FamRZ 1989, 731 ff.). Das ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten indes nicht. Als möglicher Anhaltspunkt für die Bewertung seines Zeitaufwandes kommen die Stundensätze für die Entschädigung von Zeugen nach § 2 des Gesetzes zur Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in Betracht, das Sätze zwischen 4 DM und 25 DM nennt und eine nach dem geringsten Stundensatz bemessene Entschädigung gewährt, wenn - wie es beim Beklagten durch die Erfüllung seiner Auskunftspflicht der Fall ist - kein Ver-
dienstausfall eintritt. Danach liegt die vom Oberlandesgericht vorgenommene Schätzung noch im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens, zumal davon auszugehen ist, daß der Beklagte seiner Auskunftspflicht auch durch die Vorlage der Zahlen für die beiden vollen Kalenderjahre 1997 und 1998 - ohne die Umrechnung auf den überjährigen Zeitraum von August 1997 bis Juli 1998 - genügen kann, da außer Frage steht, daß dadurch das Auskunftsinteresse der Klägerin vollständig befriedigt wird. 3. a) Die Entscheidung des Amtsgerichts ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht etwa deshalb ohne Rücksicht auf das Erreichen der Berufungssumme rechtsmittelfähig, weil sie "greifbar gesetzwidrig" wäre. Die Auskunftspflicht des Beklagten gegenüber seinem Kind beruht auf § 1605 BGB. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wegen der erst am Tag der anberaumten Verkündung des Urteils vom Beklagten eingereichten Unterlagen hat das Amtsgericht zu Recht abgelehnt, nachdem auf telefonische Rückfrage die Gegenseite einer Terminsverlegung unter Hinweis auf die nicht hinnehmbare weitere Verzögerung für den unterhaltsbedürftigen Kläger widersprochen hat und das Gericht sich angesichts des Umfangs der Unterlagen auch nicht in der Lage gesehen hat, zu prüfen, ob das Auskunftsbegehren erfüllt ist. Weder entbehrt die Entscheidung des Amtsgerichts jeder gesetzlichen Grundlage noch verstößt sie gegen das Willkürverbot (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - III ZR 111/88 = NJW 1990, 838, 839 f.).
b) Ebensowenig wurde hier der Berufungsrechtszug durch eine analoge Anwendung des § 513 Abs. 2 i.V.m. § 511 a Abs. 1 ZPO eröffnet. Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, kann zwar in Einzelfällen die Berufung unabhängig vom Erreichen der Berufungssumme auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 9. De-
zember 1996 - 2 BvR 2316/96 = NJW 1997, 1301; vom 25. November 1998 - 2 BvR 898/98 = NJW 1999, 1176 ff.) dort zugelassen werden, wo das rechtliche Gehör der Partei im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO oder im vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO verletzt wurde. Diese Fälle ähneln dem Fall der Säumnis in § 513 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 aaO S. 839). Dahinter steht der Gedanke, daß in diesen Fällen die Instanzgerichte die Verletzung des rechtlichen Gehörs selbst beseitigen sollen, bevor das Bundesverfassungsgericht angerufen wird. Eine Verallgemeinerung des aus § 513 Abs. 2 Satz 2 abgeleiteten Schutzgedankens kommt aber nicht in Betracht, soweit eine dem Säumnisverfahren vergleichbare Verfahrenslage nicht besteht. Denn § 513 Abs. 2 ZPO beschränkt sich nach seiner Zweckbestimmung auf die Verbesserung des Rechtsschutzes in solchen Fällen der Säumnis, enthält aber keine grundsätzliche Wertung dahingehend, daß ein Verstoß gegen Anhörungsgrundsätze bereits für sich allein die Berufung ermöglichen soll (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 aaO sowie die überwiegende Literaturmeinung vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 58. Aufl. § 511 a Rdn. 8 und 9; Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 511 a Rdn. 26; MünchKommZPO /Braun § 579 Rdn. 21; Stein/Jonas-Grunsky ZPO 21. Aufl. § 513 Rdn. 20; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 513 Rdn. 7; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 513 Rdn. 5 jeweils m.w.N.). Blumenröhr Hahne Sprick Bundesrichterin Weber-Monecke ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Blumenröhr Wagenitz

(1) Ist der Güterstand beendet oder hat ein Ehegatte die Scheidung, die Aufhebung der Ehe, den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten

1.
Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen;
2.
Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist.
Auf Anforderung sind Belege vorzulegen. Jeder Ehegatte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Leben die Ehegatten getrennt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 38/02
vom
11. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt die Anweisung
erteilt hat, die von ihm in Gegenwart seiner Büroangestellten unterzeichnete
Rechtsmittelschrift per Telefax an das Rechtsmittelgericht zu senden, die Angestellte
aber aufgrund einer Verwechslung eine nicht unterzeichnete Abschrift übermittelt.
BGH, Beschluß vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - OLG Jena
LG Gera
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 10. Juni 2002 aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 95.743,64

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt wegen einer Lebensmittelvergiftung von dem Beklagten im Wege der abgesonderten Befriedigung gem. § 157 VVG Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 8. März 2002 zugestellt worden. Am 8. April 2002, einem Montag, ist beim Oberlandesgericht per Telefax eine Berufungsschrift aus der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingegangen; zwei Tage später das Original. Beide Schriftstücke enthielten keine Unterschriften. Lediglich die zusammen mit dem Original eingereichte beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift war von
Rechtsanwalt W. unterzeichnet. Hierauf wies das Oberlandesgericht die Pro- zeßbevollmächtigten des Klägers am 9. oder 10. April 2002 hin. Am 15. April 2002 hat der Kläger (erneut) Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Fehlen der Unterschrift auf der per Telefax übermittelten Rechtsmittelschrift beruhe auf einem Versehen einer Angestellten seiner Prozeßbevollmächtigten. Rechtsanwalt W. habe die Berufungsschrift in Anwesenheit der im Berufsausbildungsverhältnis beschäftigten Rechtsanwaltsfachangestellten H. unterzeichnet und diese angewiesen , den Schriftsatz per Telefax an das Oberlandesgericht zu übersenden. Da Frau H. auch eine beglaubigte und eine einfache Abschrift für die postalische Übersendung an das Oberlandesgericht habe fertigen sollen, habe sie weitere Exemplare ausgedruckt und auf dem Schreibtisch abgelegt. Anschließend habe sie per Telefax versehentlich ein nicht unterzeichnetes Exemplar übermittelt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Organisationsverschulden seines Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe es versäumt , sein Büropersonal anzuweisen, Schriftstücke vor ihrer Absendung auf Unterzeichnung zu überprüfen. Daneben sei ihm vorzuwerfen, bei der Unterzeichnung nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Ein weiterer Organisationsmangel liege darin, daß keine organisatorischen Vorkehrungen dafür getroffen worden seien, per Telefax zu übermittelnde Schriftstücke von den Postsendungen zu trennen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen er auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005). 1. Das Berufungsgericht übersieht, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für den Ausschluß des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB
56/97 - NJW 1997, 1930). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmäch- tigte des Klägers hatte der Auszubildenden H. konkret aufgetragen, die von ihm in ihrer Gegenwart unterzeichnete Berufungsschrift per Telefax an das Oberlandesgericht zu senden. Hätte Frau H. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, daß sich Mängel bei der allgemeinen Organisation des Anwaltsbüros in einer die Wiedereinsetzung ausschließenden Weise ausgewirkt haben könnten (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 f. und BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782 f.). Das für die Fristversäumung ursächliche Versehen der Büroangestellten H. steht dem Wiedereinsetzungsbegehren des Klägers nicht entgegen. Einer Partei ist nur ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten, nicht aber dasjenige seines Büropersonals zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 22/93 - VersR 1994, 955). Zwar trägt ein Rechtsanwalt die Verantwortung dafür, daß eine einwandfreie Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht (BGH, Beschluß vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471). Zur Erfüllung seiner Pflicht darf der Anwalt aber eine einfache Aufgabe einer zuverlässigen Angestellten übertragen, ohne daß er die ordnungsgemäße Erledigung überwachen muß (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982, aaO und vom 4. November 1981 - VIII ZB 59/81 und VIII ZB 60/81 - VersR 1982, 190). Das gilt nicht nur für allgemeine Weisungen, sondern auch und erst recht - wie hier - für eine konkrete mündliche Weisung im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 29. April 1994 - V ZR 62/93 - VersR 1994, 1494 f. und vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98 - VersR 1999, 1170 f.). Die Versendung der Rechtsmittelschrift per Telefax ist eine einfache Bürotätigkeit, mit der eine im zweiten Lehrjahr stehende Auszubildende beauftragt werden darf, sofern sie mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und
eine regelmäßige Kontrolle ihrer Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1994 - VII ZB 7/94 - VersR 1995, 238, 239; vom 6. Dezember 1995 - VIII ZR 12/95 - VersR 1996, 910 und vom 27. Februar 2002 - I ZB 23/01 - NJW-RR 2002, 1070, 1071). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie der Kläger durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen des Rechtsanwalts W. und der Auszubildenden H. glaubhaft gemacht hat. 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers auch nicht vorgeworfen werden, bei der Unterzeichnung der (später wohl als beglaubigte Abschrift eingereichten) Berufungsschrift nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Die Unterzeichnung eines zweiten Exemplars der Berufungsschrift war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich, denn nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Klägers hat Frau H. weitere Exemplare erst nach Unterzeichnung des ersten ausgedruckt. Dieser Arbeitsablauf ist nicht zu beanstanden, da zur wirksamen und rechtzeitigen Berufungseinlegung die Existenz eines einzigen Exemplars genügte. Weitergehende Anforderungen stellt die Rechtsprechung nicht.
3. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts versagt werden, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers treffe ein Organisationsverschulden wegen unzureichender Ausgangskontrolle , weil die per Telefax zu versendenden Schriftstücke nicht von den zur postalischen Übersendung vorgesehenen Exemplaren getrennt würden. Ob die Organisationspflichten eine allgemeine Anweisung zu einer solchen Trennung erfordern, kann hier dahinstehen, da bei Befolgung der Einzelanweisung eine Verwechslung der Schriftstücke ausgeschlossen gewesen wäre und sich deshalb die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nicht stellt.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 71/02
vom
30. April 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Berufungsbeklagte hat die Wahl, ob er sich der Berufung des Gegners anschließt
oder ob er, falls die Voraussetzungen des § 511 ZPO gegeben sind, eigenständig
Berufung einlegt. Nur im ersteren Fall verliert der Angriff gegen das
Urteil seine Wirkung, wenn der Gegner die Berufung zurücknimmt (§ 524 Abs. 4
ZPO).

b) Die Möglichkeit, Anschlußberufung einzulegen, besteht auch innerhalb der für
den Berufungsbeklagten offenen Frist zur Einlegung einer eigenständigen Berufung.

c) Zur Auslegung einer "selbständigen Anschlußberufung", die innerhalb der für eine
eigenständige Berufung laufenden Frist eingelegt worden ist.
BGH, Beschl. v. 30. April 2003 - V ZB 71/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Hanau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. April 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Prof.
Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluß des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Gegen das beiden Parteien am 16. Juli 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Beklagte am 9. August 2002 Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 zurückgenommen hat.
Mit Schriftsatz vom 16. August, per Fax am selben Tag bei Gericht eingegangen , haben die Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen , und zugleich "selbständige Anschlußberufung" mit der Ankündigung eingelegt, daß Anträge hierzu innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gestellt
würden. Vor Ablauf der - verlängerten - Begründungsfrist haben sie das Rechtsmittel begründet.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger mit der Begründung als unzulässig verworfen, die Rücknahme der Berufung des Beklagten habe das Anschlußrechtsmittel der Kläger wirkungslos gemacht (§ 524 Abs. 4 ZPO). Außerdem sei das Rechtsmittel entgegen § 524 Abs. 3 ZPO nicht zugleich mit der Anschlußschrift begründet worden. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger, mit der sie die Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses beantragen.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht auf einer Würdigung, die den Klägern den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, 3029, 3030 f., vorgesehen für BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, Umdruck S. 4, zur Veröffentl. vorgesehen).

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 524 Abs. 4 ZPO zu Unrecht bejaht. Das Rechtsmittel der Kläger hätte durch die Rücknahme der Berufung des Beklagten nur dann seine Wirkung verloren, wenn es sich um eine Anschlußberufung gehandelt hätte. Das ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, an dessen Auslegung der Senat nicht gebunden ist (BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urt. v. 18. Juni 1996, VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210, 1211), nicht der Fall.

a) Der von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verwendete Begriff der "selbständigen Anschlußberufung" ist dem neuen Zivilprozeßrecht, das vorliegend anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO), fremd. Der Berufungsbeklagte hat nach neuem Recht zwei Möglichkeiten. Er kann sich entweder der Berufung des Gegners anschließen (§ 524 ZPO) oder, falls die Voraussetzungen des § 511 ZPO gegeben sind, selbständig Berufung einlegen (anders, aber abwegig [nur Anschlußberufung möglich], Grunsky, NJW 2002, 800, 801 Fn. 7). Nur im ersten Fall verliert der Angriff gegen das Urteil seine Wirkung, wenn der Gegner die Berufung zurücknimmt (§ 524 Abs. 4 ZPO), und nur im Falle der Anschließung muß die Berufung in der Anschlußschrift begründet werden (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Wird hingegen selbständig Berufung eingelegt , ist dieses Rechtsmittel vom Schicksal der gegnerischen Berufung unabhängig. Es bleibt wirksam, wenn jene zurückgenommen wird. Für sie laufen eigenständige Fristen zur Einlegung (§ 517 ZPO) und zur Begründung (§ 520 Abs. 2 ZPO). Welche Möglichkeit der Berufungsbeklagte wählt, steht in seinem Belieben (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, Aktualisierungsband, § 524 Rdn. 3; Meyer-Seitz, in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 524 Rdn. 5). Inner-
halb der noch für ihn offenen Berufungsfrist (§ 517 ZPO) kann er Anschlußberufung nach § 524 ZPO (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher aaO; a.A. von Olshausen , NJW 2002, 802) oder selbständig Berufung einlegen. Nur wenn die eigene Berufungsfrist verstrichen ist, ist er auf die Anschlußberufung beschränkt.

b) Da die Kläger die "selbständige Anschlußberufung" innerhalb der für sie laufenden Berufungsfrist eingelegt haben, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, welche der beiden Möglichkeiten sie gewählt haben. Dabei ist der Auslegungsgrundsatz zu beachten, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 18. Juni 1996, VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210, 1211 m.w.N.). Danach ist vorliegend von einer selbständigen Berufung auszugehen.
aa) Dem Umstand, daß der Rechtsmittelschriftsatz der Kläger die ausdrückliche Bezeichnung "Anschlußberufung" enthält, kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine entscheidende Bedeutung zu. Dieses Wortlautargument verliert schon durch das beigefügte Eigenschaftswort an Überzeugungskraft, das auf ein selbständiges, also gerade nicht von der gegnerischen Berufung abhängiges Rechtsmittel hinweist.
bb) Unterstützt wird dieser Hinweis durch den Vermerk "Original zur Fristwahrung per Fax ...", der dem Schriftsatz vorangestellt ist. Für eine Anschlußberufung wäre er ohne Bedeutung. Die hierfür zu beachtende Frist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO hatte noch nicht einmal zu laufen begonnen. Bedeutung kam ihm allein vor dem Hintergrund einer selbständigen Berufung
zu. Hierfür lief die Frist am 16. August 2002, dem Datum des Schriftsatzes, ab. Um diese Frist zu wahren, mußte der Prozeßbevollmächtigte die Übermittlung per Telefax anordnen.
cc) Dazu paßt weiter die Ankündigung, Anträge "innerhalb der Berufungsbegründungsfrist" zu stellen. Damit kann bei verständiger Würdigung nur die Frist des § 520 Abs. 2 ZPO zur Begründung der - selbständigen - Berufung gemeint sein. Denn für die Anschlußberufung verlangt das Gesetz eine Begründung in der Anschlußschrift selbst (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Soweit § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine erneute Anschlußberufung - mit entsprechender Begründung - bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift erlaubt (vgl. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher § 524 Rdn. 41), kann diese Frist nicht gemeint sein. Sie hatte noch nicht zu laufen begonnen.

d) Das von dem Berufungsgericht hervorgehobene Argument, daß die Auslegung ihre Grenzen in dem berechtigten Vertrauen des Gegners auf den objektiven Erklärungsinhalt des Rechtsmittelschriftsatzes finden müsse, ist ohne Gehalt. Durch eine Auslegung wird der objektive Erklärungsinhalt einer Prozeßhandlung gerade ermittelt (s. nur Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., vor § 128 Rdn. 25). Auf diese objektive Erklärungsbedeutung darf der Prozeßgegner vertrauen. Sie begrenzt aber nicht die Auslegung, sondern ist deren Ergebnis. Vielmehr begrenzt das Auslegungsergebnis das Vertrauen des Prozeßgegners.
Vorliegend konnte der Beklagte angesichts der aufgezeigten Umstände nicht annehmen, daß eine Anschlußberufung eingelegt war, der er durch Rück-
nahme der eigenen Berufung den Boden hätte entziehen können. Objektiv betrachtet handelt es sich um eine selbständige Berufung.
Wenzel Krüger Klein
Gaier Schmidt-Räntsch