vorgehend
Amtsgericht Meppen, 8 C 1479/03, 12.03.2004
Landgericht Osnabrück, 1 S 286/04, 14.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 145/05
vom
10. Mai 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist ein Rechtsanwalt infolge vorhersehbarer Erkrankungen (hier: öfters auftretende
Sehstörungen) gehindert, fristwahrende Schriftsätze zu fertigen, muss er
durch Bestellung eines Vertreters für deren Erledigung sorgen oder zumindest
in anderer Weise sicherstellen, dass rechtzeitig Fristverlängerung beantragt
werden kann.
BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 145/05 - LG Osnabrück
AG Meppen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 14. Juni 2005 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 2.258 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerin hat gegen das am 25. März 2004 zugestellte Urteil des Amtsgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist auf Antrag ihres Prozessbevollmächtigten zuletzt bis zum 9. Juli 2004 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am Montag, den 12. Juli 2004, bei dem Berufungsgericht eingegangen. Am gleichen Tag hat die Klägerin ebenfalls per Fax Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Prozessbevollmächtigter leide seit einiger Zeit unter sporadisch auftretenden, akuten Sehstörungen, die dazu führten, dass er nicht einmal mehr das Schriftbild in Akten und Büchern erkennen könne. Deshalb habe ihr Prozessbevollmächtigter sich in den letzten Monaten einer Vielzahl von medizinischen Untersuchungen unterziehen müs- sen und auch die zweite Fristverlängerung beantragt. Die Berufungsbegründung sei bis zum 9. Juli 2004 weitgehend fertig gestellt gewesen und habe nur noch einer Überarbeitung bedurft. Als ihr Prozessbevollmächtigter nach Büroschluss am Freitag, den 9. Juli 2004, die Berufungsbegründung habe fertig stellen wollen, seien erneut akute Sehstörungen aufgetreten, weshalb die Berufungsbegründung am 9. Juli 2004 nicht habe fertig gestellt werden können, sondern erst am darauf folgenden Montag, den 12. Juli 2004. Aufgrund der Sehstörungen habe ihr Prozessbevollmächtigter auch keinen weiteren Verlängerungsantrag innerhalb der Frist mehr abfassen können.
2
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiter verfolgt und die Aufhebung der vom Landgericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
4
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht weder auf der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, namentlich des Rechts auf Gewähr rechtlichen Gehörs (BGHZ 151, 221, 226 f.), noch verletzt sie den An- spruch der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip, BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368).
5
Das Berufungsgericht ist aufgrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem Wiedereinsetzungsgesuch vom 12. Juli 2004 davon ausgegangen, dass dieser seit einiger Zeit unter sporadisch auftretenden akuten Sehstörungen leidet und sich deshalb in den letzten Monaten einer Vielzahl von medizinischen Untersuchungen unterziehen musste. Das Berufungsgericht hat deshalb angenommen, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sei verpflichtet gewesen, durch Bestellung eines Vertreters dafür Sorge zu tragen, dass die fristgebundenen Arbeiten für den Fall einer erneut auftretenden Sehstörung ordnungsgemäß erledigt werden konnten.
6
Diese Annahme des Berufungsgerichts steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach schließt die Krankheit eines Prozessbevollmächtigten das Verschulden der Versäumung einer Frist nur dann aus, wenn die Erkrankung für den Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar war (BGH Beschlüsse vom 11. März 1991 - II ZB 1/91 - VersR 1991, 1270 f. m.w.N.; vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95 - NJW 1996, 1540, 1541; vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99 - Juris).
7
Das war hier nach dem eigenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten im Wiedereinsetzungsgesuch nicht der Fall. Auch bei Berücksichtigung seines weiteren , erst nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 14. Juni 2005 erfolgten Vortrags zu den Einzelheiten seiner Erkrankung ist eine andere Beurteilung nicht angezeigt. Nachdem die massiven Sehstörungen wiederholt plötzlich aufgetreten waren, musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch dann, wenn ab Ende Mai und nach Verordnung einer Brille bis zum 9. Juli 2004 keine Sehstörung mehr aufgetreten war, jedenfalls noch im Juli 2004 damit rechnen, dass die plötzlichen Sehstörungen wieder auftreten können. Er war deshalb verpflichtet, durch Bestellung eines Vertreters für die Erledigung der fristgebundenen Arbeiten Sorge zu tragen oder zumindest sicherzustellen, dass rechtzeitig ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Meppen, Entscheidung vom 12.03.2004 - 8 C 1479/03 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 14.06.2005 - 1 S 286/04 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 20/99
vom
8. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Schramm, Dr. Bungeroth, Dr. Müller
und Dr. Joeres
am 8. Februar 2000

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. September 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 120.000 DM.

Gründe:


Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Das Urteil wurde am 28. Juli 1999 ihrem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zugestellt. Mit Schriftsatz vom 26. August 1999, der am selben Tag als Telefax einging, legte der beim Oberlandesgericht Naumburg nicht zugelassene Rechtsanwalt H. gegen dieses Urteil Berufung ein, ohne anzugeben, daß dies für die Beklagte geschehe. Nachdem der Senatsvorsitzende ihn mit Telefax vom 30. August 1999 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, hat die Beklagte durch ihre inzwischen beauftragten neuen Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16. September 1999 erneut Berufung eingelegt und zugleich gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Sie hat vorgetragen und dies durch eidesstattliche Versicherungen ihres Ehemannes und ihres damaligen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt H., glaubhaft gemacht: Bereits bei der Mandatierung am 23. oder 24. August 1999 sei Rechtsanwalt H. "schwer erkrankt" gewesen. Obwohl er am 25. August 1999 an starken Schmerzen im Bauchbereich gelitten habe und weder körperlich noch geistig in der Lage gewesen sei, seiner anwaltlichen Tätigkeit nachzugehen, habe er diese vor allem aus Existenzgründen fortgesetzt. Am 30. August 1999 sei er schließlich durch den Notarzt ins Krankenhaus eingewiesen worden, wo man auf der Intensivstation eine lebensbedrohliche Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert habe.
Mit Beschluß vom 17. September 1999 hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Mängel der Berufungsschrift vom 26. August 1999 beruhten auf einem Verschulden des damaligen Prozeßbevollmächtigten, das sich die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Dabei könne offenbleiben, ob Rechtsanwalt H. nicht gewußt habe, daß eine Berufung nur durch einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Anwalt wirksam eingelegt werden könne, oder ob er dies allein aufgrund seiner Erkrankung verkannt habe. In jedem Fall habe er die Mängel der Berufungsschrift zu vertreten, weil er trotz seiner Erkrankung ein neues Mandat übernommen und nicht für eine Vertretung durch einen Kollegen gesorgt habe.
Gegen diesen am 28. September 1999 zugestellten Beschluß hat die Beklagte am 12. Oktober 1999 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie
macht vor allem geltend, bei der Mandatserteilung sei die Erkrankung von Rechtsanwalt H. noch nicht so schwerwiegend gewesen, daß er ihre Interessen nicht mehr mit der gebotenen Sorgfalt hätte wahrnehmen können; vielmehr sei es erst am 25. August 1999 zu einer rapiden und nicht vorhersehbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen. Er habe dann versucht, die eiligen Sachen zu bearbeiten. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr voll handlungsfähig gewesen sei, seien ihm bei der Einlegung der Berufung zwei Fehler unterlaufen.

II.


Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen. Die von Rechtsanwalt H. am 26. August 1999 eingelegte Berufung ist unzulässig, weil er nicht beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassen ist. Die von den jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 16. September 1999 eingelegte Berufung wahrt die am 30. August 1999 abgelaufene Berufungsfrist nicht und ist deshalb unzulässig (§§ 516, 519 b Abs. 1 ZPO).
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) gegen die Versäumung der Berufungsfrist hat das Oberlandesgericht der Beklagten zu Recht versagt. Die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden verhindert , die Berufungsfrist einzuhalten. Denn ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt H. trifft an der Versäumung ein Verschulden , das sich die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Als Rechtsanwalt mußte er unbedingt wissen, daß er, ohne
beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassen zu sein, dort keine zulässige Berufung einlegen konnte und daß der Berufungskläger und der Berufungsbeklagte in der Berufungsschrift anzugeben sind.
Seine Erkrankung räumt ein Verschulden nicht aus; denn es kann nicht davon ausgegangen werden, daß Rechtsanwalt H. seine fehlende Postulationsfähigkeit krankheitsbedingt unverschuldet nicht erkannt hat.
Wenn er, wie die Beklagte im Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen hat, bereits bei der Mandatierung am 23. oder 24. August 1999 "schwer erkrankt" war, hätte er die Übernahme des Mandats zur Einlegung der Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg ablehnen müssen , zumal er dort nicht zugelassen war. Wenn, wie die Beklagte nunmehr in ihrer Beschwerdebegründung vorträgt, am 23. und 24. August 1999 nur ein "leichter Erkrankungszustand" in Form von Unbehagen und kleineren Schmerzen vorhanden war, der eine Mandatsübernahme nicht ausschloß, mußte Rechtsanwalt H. trotz seiner Erkrankung unbedingt klar sein, daß er selbst zur Einlegung der Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg nicht befugt war.
Er hätte deshalb für den Fall, daß sich seine Erkrankung verschlimmerte , geeignete Vorsorge treffen müssen, daß ein Vertreter vorhanden war, der die notwendigen Prozeßhandlungen vornehmen oder veranlassen konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 1991 - II ZB 1/91, VersR 1991, 1270, 1271 und vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541). Daß dies geschehen ist, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Dieses Organisationsverschulden wäre zwar, da für die eingetretene Fristversäumung nicht kausal, irrelevant, wenn die Erkrankung so plötzlich und unvorhersehbar aufgetreten oder akut geworden wäre, daß Rechtsanwalt H. einen Vertreter oder einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt nicht mehr hätte einschalten können oder dies für ihn nicht zumutbar war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 11. März 1991 - II ZB 1/91, VersR 1991, 1270, 1271). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden.
Nach dem Vorbringen der Beklagten war Rechtsanwalt H. schon bei der Übernahme des Mandats am 23. und 24. August 1999 erkrankt, ist aber noch am 25. und 26. August 1999 seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nachgegangen und erst am 30. August 1999 ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nichts spricht dafür, daß er am 26. August 1999, wie geschehen, zwar die Berufungsschrift veranlassen und unterzeichnen konnte, aber nicht mehr in der Lage war, einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt anzurufen oder einem etwaigen Vertreter seine Erkrankung mitzuteilen.
Daß Rechtsanwalt H. nach gerichtlichem Hinweis auf die Mängel der Berufungsschrift am 30. August 1999 krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, für die erneute Einlegung der Berufung durch einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt zu sorgen , ändert nichts daran, daß er die Versäumung der Berufungsfrist verschuldet hat.
3. Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Dr. Bungeroth Bundesgerichtshof Dr. Schramm ist urlaubsbedingt verhindert seine Unterschrift beizufügen. Nobbe Dr. Müller Dr. Joeres