vorgehend
Landgericht Lüneburg, 8 T 23/19, 11.03.2019
Landgericht Lüneburg, 8 T 48/19, 11.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 129/19
vom
11. Dezember 2019
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die tatrichterliche Feststellung, dass die Erlaubnis zur Ausübung des Berufs
des Heilpraktikers nicht mit einer abgeschlossenen Lehre im Sinne des § 4
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG aF (jetzt: § 4 Abs. 3 Nr. 1 VBVG) vergleichbar ist,
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

b) Einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann der Vertrauensgrundsatz
entgegenstehen, wenn eine Abwägung ergibt, dass dem Vertrauen
des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage
gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer
dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist
(im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 13. November 2019 - XII ZB
106/19 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 6. November 2013 - XII ZB
86/13 - FamRZ 2014, 113).
BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2019 - XII ZB 129/19 - LG Lüneburg
AG Celle
ECLI:DE:BGH:2019:111219BXIIZB129.19.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden des weiteren Beteiligten zu 1 und der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 11. März 2019 werden zurückgewiesen. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Wert: 117 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 2 wurde vom Amtsgericht im Februar 2018 zur Berufsbetreuerin für die mittellose Betroffene bestellt. Die Betreuerin verfügt über eine Erlaubnis zur Berufsausübung nach § 1 HeilprG verbunden mit der Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Heilpraktiker zu führen.
2
Ihren Anträgen auf "Festsetzung einer pauschalen Vergütung" für die Zeit vom 24. Februar bis 23. August 2018 unter Zugrundelegung eines Stun- densatzes von 33,50 € entsprach das Amtsgericht jeweils im vereinfachten Ver- fahren und brachte aus der Staatskasse insgesamt 402 € zur Auszahlung. Ihrem am 23. November 2018 gestellten Vergütungsantrag für die Zeit vom 24. August bis 23. November 2018 entsprach das Amtsgericht durch förmliche Festsetzung der Vergütung im Beschlusswege, jedoch lediglich unter Zugrun- delegung eines Stundensatzes von nur 27 €, weil bei der Betreuerin nicht die Voraussetzungen für einen erhöhten Stundensatz vorlägen. Durch weiteren Beschluss vom 20. Dezember 2018 setzte das Amtsgericht die Vergütung für die Zeit vom 24. Februar 2018 bis 23. August 2018 im Hinblick auf einen inso- weit entstandenen Vertrauensschutz endgültig auf 402 € fest.
3
Das Landgericht hat die Beschwerde des Bezirksrevisors (Beteiligter zu 1) gegen die Festsetzung der Vergütung für die Zeit vom 24. Februar bis 23. August 2018 und diejenige der Betreuerin gegen die Festsetzung der Vergütung für die Zeit vom 24. August bis 23. November 2018 zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die jeweils zugelassenen Rechtsbeschwerden des Bezirksrevisors und der Betreuerin.

II.

4
Die Rechtsbeschwerden sind nicht begründet.
5
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Betreuerin verfüge über keine besonderen Kenntnisse, die durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben und für die Führung der Betreuung nutzbar seien. Die Zulassung zur Ausübung des Berufs als Heilpraktiker werde nicht aufgrund einer abgeschlossenen Lehre oder einer vergleichbaren Ausbildung erworben. Denn eine staatlich geregelte oder anerkannte oder jedenfalls überprüfbar geregelte Ausbildung gebe es für den Beruf des Heilpraktikers nicht. Die Erlaubnis zur Ausübung des Berufs werde aufgrund einer Kenntnisprüfung erworben, die lediglich den Cha- rakter einer Unbedenklichkeitsprüfung habe, ohne an eine konkrete Ausbildung anzuknüpfen.
6
Allerdings könne sich die Betreuerin in Bezug auf den zurückliegenden Vergütungszeitraum vom 24. Februar bis 23. August 2018 auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie habe nicht lediglich einen formlosen Antrag auf Vergütung gestellt, sondern deren förmliche Festsetzung beantragt. Wenn dann das Betreuungsgericht dennoch die Auszahlung im vereinfachten Verwaltungsverfahren vornehme, könne die den Gerichtsaufwand minimierende Verfahrensweise nicht zu Lasten der Betreuerin gehen. Es wäre in einem solchen Fall treuwidrig, wenn sich das Gericht auf diese Weise die Tür zur Rückforderung der Vergütung offenlasse.
7
2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
8
a) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Betreuerin für ihre mit Antrag 23. November 2018 abgerechneten Tätigkeiten vom 24. August bis zum 23. November 2018 nur eine Vergütung in Höhe von 162 € unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 27 € verlangen kann.
9
aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG in der bis zum 26. Juli 2019 geltenden Fassung (vgl. Art. 1 § 12 des Gesetzes zur Anpassung der Betreuerund Vormündervergütung vom 22. Juni 2019, BGBl. I S. 866) kann der Betreuer die erhöhte Vergütung von 33,50 € pro Stunde nur beanspruchen, wenn er über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und wenn er diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
10
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG aF die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und rechtsfehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - XII ZB 563/14 - FamRZ 2015, 845 Rn. 12 mwN).
11
bb) Dass das Beschwerdegericht die von der Betreuerin erlangte Erlaubnis zur Ausübung des Berufs der Heilpraktikerin nicht mit einer abgeschlossenen Lehre im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG aF als vergleichbar erachtet hat, hält sich im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung (vgl. auch Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - XII ZB 563/14 - FamRZ 2015, 845 Rn. 13 mwN).
12
Die Erlaubnis zur Ausübung des Berufs des Heilpraktikers wird nämlich gemäß § 2 Abs. 1 lit. i der ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz (BGBl. III, Gliederungsnummer 2122-2-1, zuletzt geändert durch Artikel 17f iVm Artikel 18 Absatz 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3191) auf der Grundlage lediglich einer eingeschränkten Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers erteilt, die ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
13
Eine eigene staatliche Ausbildungs- und Prüfungsordnung besteht nicht. Der Heilpraktiker muss nur gewisse persönliche und sachliche Anforderungen erfüllen. Durch eine vom Gesundheitsamt vorzunehmende Überprüfung, die keine Fachprüfung ist, soll lediglich ausgeschlossen werden, dass die Aus- übung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt (BVerwG NJW 1973, 579, 580). Der Gutachterausschuss (vgl. insoweit § 4 Abs. 1 der ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz iVm Ziff. 5 der Niedersächsischen Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (RdErl. d. MS vom 25. Februar 2015 - 405-41022/15, Nds. MBl. Nr. 11/2015 S. 294, geändert durch RdErl. vom 11. Juli 2016, Nds. MBl. Nr. 29/2016 S. 806, jetzt in der Fassung des RdErl. d. MS vom 1. September 2018 - 405-41022/15, Nds. MBl. 2018 Nr. 31 S. 874) prüft danach nur, ob der Antragsteller über gewisse medizinische Grundkenntnisse verfügt, nicht aber, ob er bestimmte Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Naturheilkunde besitzt (vgl. BGH Urteil vom 22. April 1999 - I ZR 108/97 - NJW 2000, 870, 871 mwN). Die Heilpraktikerprüfung entspricht demnach lediglich einer Unbedenklichkeitsprüfung im Sinne der Gefahrenabwehr und keiner Fachprüfung im Sinne der Feststellung eines konkreten Ausbildungs- oder Befähigungsstandes.
14
b) Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Landgerichts, dass eine nachträgliche Herabsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Festsetzungsverfahren zum Zweck der Rückforderung überzahlter Betreuervergütung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ausgeschlossen sei.
15
aa) Zwar ist die Staatskasse dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, so dass ihr Interesse darauf gerichtet sein muss, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Nachdem das Gericht in dem Festsetzungsverfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht an die vorangegangene Anweisung der Betreuervergütung im Wege des vereinfachten Justizverwaltungsverfahrens gebunden ist, kann die zu viel gezahlte Betreuervergütung grundsätzlich zurückgefordert werden (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - XII ZB 563/14 - FamRZ 2015, 845 Rn. 17).
16
Jedoch kann einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Der Vertrauensschutz ist bereits bei der Festsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Verfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu prüfen, denn mit der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung wird im Falle bereits zuviel erhaltener Leistungen zugleich der Rechtsgrund für deren Rückforderung geschaffen (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - XII ZB 563/14FamRZ 2015, 845 Rn. 18 mwN).
17
Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auf Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann entfallen, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist. In diesem Fall ist schon eine abweichende Festsetzung im gerichtlichen Festsetzungsverfahren ausgeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 13. November 2019 - XII ZB 106/19 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 18. Februar 2015 - XII ZB 563/14 - FamRZ 2015, 845 Rn. 19 mwN).
18
bb) Bei der Beurteilung, ob im Rahmen der Herabsetzung der Betreuervergütung das Vertrauen des Betreuers in die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage schützenswert ist, hat der Senat im Ausgangspunkt daran angeknüpft , dass ein Betreuer grundsätzlich dann mit einer späteren Änderung der im Verwaltungswege erfolgten Auszahlungsanordnung rechnen muss, wenn er die förmliche Festsetzung seiner Vergütung nicht selbst beantragt hatte (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 86/13 - FamRZ 2014, 113 Rn. 29).
19
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die Vergütungsanträge der Betreuerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass bereits von vornherein eine förmliche Festsetzung der Vergütung durch Beschluss beantragt war (§ 292 Abs. 1 iVm § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG), und anknüpfend daran angenommen, dass eine Rückforderung bereits verbrauchter überzahlter Betreuervergütung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ausgeschlossen sei. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Dose Schilling Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Celle, Entscheidung vom 10.12.2018 u. 20.12.2018 - 25 XVII S 52 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 11.03.2019 - 8 T 23/19 und 8 T 48/19 -

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(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

12
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 3 und vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - FamRZ 2012, 113 Rn. 10 mwN).

(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

12
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 3 und vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - FamRZ 2012, 113 Rn. 10 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 106/19
vom
13. November 2019
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann der Vertrauensgrundsatz
entgegenstehen, wenn eine Abwägung ergibt, dass dem Vertrauen
des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage
gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer
dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist
(im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. November 2015 - XII ZB
261/13 -
FamRZ 2016, 293).

b) Die in § 20 Abs. 1 GNotKG zum Ausdruck kommende Wertung, wonach das
Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten kann, wenn es von der zuständigen
Stelle nicht innerhalb angemessener Frist verfolgt wird und sich
das Gegenüber auf die getroffene Regelung gutgläubig eingerichtet hat, kann
bei der Beurteilung des schutzwürdigen Vertrauens des Betreuers in die Beständigkeit
seiner Vermögenslage berücksichtigt werden (im Anschluss an
Senatsbeschluss vom 25. November 2015 - XII ZB 261/13 - FamRZ 2016,
293).
ECLI:DE:BGH:2019:131119BXIIZB106.19.0


BGH, Beschluss vom 13. November 2019 - XII ZB 106/19 - LG Aachen AG Geilenkirchen Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. November 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling , Dr. Günter und Dr. Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 20. Februar 2019 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Wert: 536 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die gerichtliche Festsetzung der Betreuervergütung nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 FamFG.
2
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26. Februar 2016 zur Berufsbetreuerin des Betroffenen bestellt. Mit Beschluss vom 6. März 2018 wurde die Betreuung aufgehoben.
3
Auf ihren Antrag wurde der Betreuerin im Dezember 2016 für den Zeitraum vom 26. Februar 2016 bis 26. August 2016 im Wege der Verwaltungsan- weisung auf der Grundlage eines erhöhten Stundensatzes von 44 € eine Vergü- tung in Höhe von 1.650 € bewilligtund ausbezahlt. Auf weiteren Antrag wurde ihr im März 2017 für den Zeitraum vom 27. August 2016 bis 26. Februar 2017, erneut auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 €, eine Vergütung in Hö- he von 1.320 € bewilligt und ausbezahlt. Am 29. Januar 2018 beantragte der Bezirksrevisor (Beteiligter zu 2), die Vergütung der Betreuerin für den gesamten Zeitraum vom 26. Februar 2016 bis 26. Februar 2017 unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50 € auf insgesamt 2.261,25 € festzusetzen und einen überzahlten Betrag von 708,75 € wieder einzuziehen. Mit Schreiben vom 22. April 2018 beantragte die Betreuerin, ihre Vergütung für den Zeitraum vom 27. Februar 2017 bis 26. August 2017 unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 44 € auf 924 € festzusetzen.
4
Das Amtsgericht hat auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 € die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung der Betreuerin für den Zeitraum vom 27. Februar 2016 bis 26. August 2017 auf insgesamt 2.964,75 € festgesetzt und im Hinblick auf die schon erfolgten Auszahlungen in Höhe von 2.970 € angeordnet, dass keine weiteren Auszahlungen mehr vorzunehmen sind.
5
Auf die Beschwerde der Betreuerin hat das Landgericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise abgeändert und die Vergütung der Betreuerin für den verfahrensgegenständli- chen Zeitraum auf 3.358,50 € festgesetzt. Mit der zugelassenen Rechtsbe- schwerde begehrt die Betreuerin - auch unter Berücksichtigung ihres Vertrauensschutzes - die Festsetzung ihrer Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 €.

II.


6
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betreuerin könne nur einen Stundensatz von 33,50 € verlangen, weil die von ihr erworbenen beruflichen Zusatzqualifikationen nicht den Voraussetzun- gen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG für den erhöhten Stundensatz von 44 € genügten. Bei der im Zeitraum von September 1994 bis August 1996 berufsbegleitend über vier Semester durchgeführten Weiterbildung zur Bankfachwirtin handele es sich lediglich um eine Fortbildung im Rahmen einer beruflichen Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Diese Fortbildung erreiche mit 345 Unterrichtsstunden nicht den für § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG erforderlichen Umfang. Gleiches gelte auch unter Berücksichtigung des im Zeitraum vom November 1996 bis September 1997 belegten Aufbaustudiengangs über zwei Semester mit insgesamt 224 Unterrichtstunden und der im November 1997 abgelegten Abschlussprüfung zur Bankbetriebswirtin (BA). Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Regelung in § 2 Abs. 2 BVormVG, wonach auch andere Weiterqualifikationen als eine Hochschulausbildung als gleichwertig hätten anerkannt werden können, wenn dies durch Landesrecht bestimmt worden sei. Die Betreuerin habe mit ihren Fortbildungen weder eine entsprechende Weiterqualifikation erworben, noch seien die Voraussetzungen für eine Anerkennung im Übrigen erfüllt gewesen.
8
Ohne Erfolg berufe sich die Betreuerin auch auf Vertrauensschutz hinsichtlich des in der Vergangenheit zugebilligten Stundensatzes. Das Betreuungsgericht sei nicht nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, an dem in früheren Festsetzungsbeschlüssen zugebilligten Stundensatz von 44 € auch für die Zukunft festzuhalten. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der Behauptung der Betreuerin, wonach sie etwa im Jahr 2002 ausdrücklich beim Rechtspfleger des Amtsgerichts E. nachgefragt habe, ob die Teilnahme an ei- ner damals angebotenen Nachqualifikation zum Erhalt der höchsten Vergütungsstufe notwendig sei und dieser ihr nach Rücksprache mit dem zuständigen Bezirksrevisor erklärt habe, dass eine Teilnahme nicht notwendig und der höchste Vergütungssatz aufgrund ihrer Ausbildung zur Bankbetriebswirtin nicht gefährdet sei. Selbst wenn eine solche Erklärung schützenswertes Vertrauen auf Seiten der Betreuerin hätte begründen können, wäre allenfalls das Amtsgericht E. oder das Landgericht M. an diesen Vertrauensschutz gebunden.
9
Allerdings könne einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge habe, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig sei. Da ein Berufsbetreuer seinen Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus den Einnahmen der Betreuervergütung bestreite und die formlos festgesetzten und ausgezahlten Beträge im Zeitpunkt der späteren förmlichen Festsetzung regelmäßig bereits verbraucht seien, könne eine Zumutbarkeitsschwelle überschritten sein, wenn bereits ausgezahlte Vergütungen für einen übermäßig langen Zeitraum zurückgefordert würden. Entsprechend der in § 20 Abs. 1 GNotKG enthaltenen gesetzlichen Wertung sei das Vertrauen des Betreuers auf den Bestand der erhaltenen Zahlungen in der Regel vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Auszahlung der Vergütung noch nicht schutzwürdig. Betreffe die Rückforderung demgegenüber Auszahlungen, die in dem der Geltendmachung der Rückforderung vorangegangenen Jahr erfolgt seien, ergebe sich aus der Wertung des § 20 Abs. 1 GNotKG, dass insofern in der Regel von einem schutzwürdigen Vertrauen des Auszahlungsempfängers auszugehen sei.
10
Deshalb stehe vorliegend das Vertrauen der Betreuerin zwar einer Rückforderung der im Jahr 2016 zu viel ausbezahlten Vergütung in Höhe von 393,75 € entgegen, nicht jedoch hinsichtlich der Überbezahlung von 315 € im Jahr 2017. Insgesamt ergebe sich damit ein festzusetzender Betrag von 3.358,50 €. Abzüglich eines bereits ausbezahlten Betrags von 2.970 € stehe der Betreuerin noch eine Vergütung in Höhe von 388,50 € zu.
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2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
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a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es nicht zu beanstanden , dass das Landgericht seiner Entscheidung nicht den erhöhten Stundensatz von 44 € für die Tätigkeit der Betreuerin zugrunde gelegt hat.
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aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG in der hier maßgeblichen bis zum 26. Juli 2019 geltenden Fassung (§ 12 VBVG) beträgt der Stundensatz eines Berufsbetreuers 44 €, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, verfügt und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
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Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 243/17 - FamRZ 2018, 136 Rn. 13 mwN).
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Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2013 - XII ZB 429/13 - FamRZ 2014, 116 Rn. 8 mwN).
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bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts stand, wonach die von der Betreuerin absolvierten berufsbegleitenden Weiterbildungen den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht genügen.
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Das Landgericht hat hierzu festgestellt, dass die von der Betreuerin berufsbegleitend über vier Semester absolvierte Weiterbildung zur Bankfachwirtin 345 Unterrichtsstunden und der von ihr belegte Aufbaustudiengang über zwei Semester 224 Unterrichtstunden umfasste. Mit Blick auf den einem Hochschulstudium nicht ansatzweise vergleichbaren zeitlichen Umfang dieser Fortbildungsmaßnahmen fehlt es bereits deshalb an einer Vergleichbarkeit, ohne dass es auf weitere Umstände ankommt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 162/17 - MDR 2017, 1149 Rn. 6). Bleibt der zeitliche Umfang der Fortbildungsmaßnahmen so weit hinter dem einer Hochschulausbildung zurück, kann dahinstehen, inwiefern der Betreuerin durch ihre Fortbildung zur Bankbetriebswirtin besondere und für die Betreuung nutzbare Kenntnisse vermittelt worden sind. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht ausschließlich an den Umfang vermittelter Kenntnisse, sondern auch an das Erreichen einer bestimmten beruflichen Qualifikation anknüpft, kann eine zeitlich unzureichende berufsbegleitende Fortbildung auch dann nicht mit einem Hochschulstudium vergleichbar sein, wenn sie im Übrigen Elemente eines solchen aufweist (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 590/16 - NJW-RR 2017, 965 Rn. 17 f.).
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b) Ebenso wenig ist rechtsbeschwerderechtlich etwas dagegen zu erinnern , dass das Landgericht ein schützenswertes Vertrauen der Betreuerin nur hinsichtlich der im Jahr 2016 ausbezahlten Vergütung angenommen hat.
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aa) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Gericht im Festsetzungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG an eine Festsetzung und Auszahlung der Betreuervergütung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht gebunden ist, wenn sich - wie hier - das gerichtliche Festsetzungsverfahren an die Festsetzung durch den Kostenbeamten des Gerichts anschließt (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 86/13 - FamRZ 2014, 113 Rn. 14 mwN).
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bb) Nach der Rechtsprechung des Senats kann allerdings einer (Neu-) Festsetzung der Betreuervergütung, die eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch auf Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann entfallen, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist (Se- natsbeschlüsse vom 6. Juli 2016 - XII ZB 493/14 - FamRZ 2016, 1759 Rn. 20 und vom 6. November 2013 - XII ZB 86/13 - FamRZ 2014, 113 Rn. 24 f.).
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Ebenso entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass die in § 20 Abs. 1 GNotKG zum Ausdruck kommende Wertung, wonach das Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten kann, wenn es von der zuständigen Stelle nicht innerhalb angemessener Frist verfolgt wird und sich das Gegenüber auf die getroffene Regelung gutgläubig eingerichtet hat, bei der Beurteilung des schutzwürdigen Vertrauens des Betreuers in die Beständigkeit seiner Vermögenslage berücksichtigt werden kann. Für eine entsprechende zeitliche Begrenzung der Rückforderungsmöglichkeit spricht auch, dass das vereinfachte Verfahren der Festsetzung der Betreuervergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gezielt erhalten blieb, um gerichtliche Entscheidungen entbehrlich zu machen und damit erheblichen Verwaltungsaufwand bei den Gerichten einzusparen (BT-Drucks. 13/10709 S. 2). Es würde indessen der Stellung eines berufsmäßigen Betreuers nicht gerecht und entspricht auch nicht der erkennbaren Intention des Gesetzgebers, diese gerichtliche Aufwandsersparnis mit einer auf Jahre rückwirkenden erheblichen Rechtsunsicherheit der Betreuer in die Beständigkeit ihrer Vermögenslage zu erkaufen (Senatsbeschlüsse vom 6. November 2013 - XII ZB 86/13 - FamRZ 2014, 113 Rn. 31 f. und vom 25. November 2015 - XII ZB 261/13 - FamRZ 2016, 293 Rn. 19 f.).
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cc) Auf der Grundlage dieser Senatsrechtsprechung ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht ein schutzwürdiges Vertrauen der Betreuerin nur hinsichtlich der im Jahr 2016 ausbezahlten Vergütung angenommen hat. Dies entspricht spiegelbildlich der Regelung in § 20 Abs. 1 GNotKG, wonach zu niedrig festgesetzte Kosten nur nachgefordert werden dürfen , wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Absendung der den Rechtszug abschließenden Kos- tenrechnung (Schlusskostenrechnung) mitgeteilt worden ist, sofern die Nachforderung nicht auf vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Angaben des Kostenschuldners beruht oder wenn der ursprüngliche Kostenansatz unter einem bestimmten Vorbehalt erfolgt ist. Wird der Erstattungsanspruch noch innerhalb dieses Zeitrahmens geltend gemacht, stehen Vertrauensschutzgesichtspunkte auch einer Rückforderung regelmäßig nicht entgegen. Betrifft die Rückforderung demgegenüber Auszahlungen, die außerhalb dieses Zeitraums erfolgt sind, ergibt sich aus der Wertung des § 20 Abs. 1 GNotKG, dass insoweit in der Regel von einem schutzwürdigen Vertrauen des Betreuers in den Bestand der erhaltenen Zahlungen auszugehen ist.
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dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich ein weitergehender Vertrauensschutz der Betreuerin auch nicht aus ihrer Behauptung, sie habe etwa im Jahr 2002 auf ihre ausdrückliche Nachfrage vom Rechtspfleger des Amtsgerichts E. die Auskunft erhalten, dass die Teilnahme an einer damals angebotenen Nachqualifikation zum Erhalt der höchsten Vergütungsstufe nicht notwendig und der höchste Vergütungssatz aufgrund ihrer Ausbildung zur Bankbetriebswirtin nicht gefährdet sei. Die Betreuerin durfte sich schon deshalb auf diese Auskunft nicht verlassen, weil ihr als Berufsbetreuerin bekannt sein musste, dass selbst bei einer Vergütungsfestsetzung im vereinfachten Verwaltungsweg nach § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG das Gericht nicht an diese Festsetzung gebunden ist, wenn ein Beteiligter die gerichtliche Entscheidung beantragt. Musste die Betreuerin aber jederzeit damit rechnen, dass die ihr im vereinfachten Verwaltungsverfahren zugesprochene Vergütung im Fall eines gerichtlichen Festsetzungsverfahren korrigiert wird, wäre ihr Vertrauen auf die behauptete mündliche Auskunft eines Rechtspflegers zu den Voraussetzungen der höchsten Vergütungsstufe erst recht nicht schutzwürdig. Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, die Betreuerin habe sich deshalb auf diese Auskunft verlassen dürfen, weil es im Betreu- ungsrecht an einer Möglichkeit des Betreuers fehle, verbindlich klären zu lassen , ob er die Voraussetzungen für eine bestimmte Vergütungshöhe nach § 4 VBVG erfüllt, verkennt sie, dass ein Betreuer jederzeit gemäß §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG Antrag auf gerichtliche Festsetzung seiner Vergütung stellen kann (vgl. Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl. § 168 Rn. 9). Damit stand der Betreuerin nach ihrer Bestellung ein Verfahren zur Verfügung, mit dem sie jederzeit die Höhe ihrer Vergütung und damit auch die Frage, ob sie die für eine bestimmte Vergütungsstufe notwendigen Voraussetzungen im vorliegenden Betreuungsverfahren erfüllt (vgl. hierzu Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl. § 168 Rn. 22), verbindlich, gegebenenfalls auch unter Erhebung von Rechtsmitteln , hätte klären lassen können.
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3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Klinkhammer Schilling Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Geilenkirchen, Entscheidung vom 31.07.2018 - 8 XVII 371/15 St -
LG Aachen, Entscheidung vom 20.02.2019 - 3 T 2/19 -
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Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 3 und vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - FamRZ 2012, 113 Rn. 10 mwN).
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Bei der Beurteilung, ob im Rahmen der Herabsetzung der Betreuervergütung das Vertrauen der Betreuerin in die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage schützenswert ist, wird einerseits zu berücksichtigen sein, dass die schlichte Anweisung der Vergütung im Justizverwaltungsverfahren wirkungslos wird, wenn in einem Verfahren auf Festsetzung der Vergütung nach § 168 Abs. 1 FamFG eine Entscheidung ergeht. In dem förmlichen Festsetzungsverfahren ist das Gericht nicht an die vorherige formlose Verwaltungsanordnung (§ 168 Abs. 2 Satz 4 FamFG) gebunden; es kann diese überschreiten oder - wie vorliegend - unterschreiten (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 230/11 - juris Rn. 14 f.; vgl. auch OLG Köln FGPrax 2006, 116). Damit muss ein Betreuer, der die förmliche Festsetzung seiner Vergütung auch selbst zunächst nicht beantragt hatte, grundsätzlich rechnen.