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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 26/17
vom
3. Juli 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:030718BXIZB26.17.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
am 3. Juli 2018

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 3. November 2017 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 30.622,25 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss zweier Verbraucherdarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Juli 2017 abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 4. August 2017 zugestellt worden. Hiergegen hat er rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung und zugleich die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. Oktober 2017 beantragt. Sie haben dies damit begründet , dass der mit ihnen in einer Bürogemeinschaft tätige Rechtsanwalt G. beabsichtigt habe, am 4. Oktober 2017 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen. An diesem Tag sei Rechtsanwalt G. aber plötzlich und unvorhersehbar an einer fieberhaften Virusinfektion erkrankt. In der Bürogemeinschaft sei zwar für einen unvorhergesehenen Ausfall gegenseitige Vertretung vereinbart. Rechtsanwältin R. sei aber am 4. Oktober 2017 ebenfalls plötzlich und unerwartet an einer Virusinfektion erkrankt und bis einschließlich 5. Oktober 2017 bettlägerig gewesen.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der am 4. Oktober 2017 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe. Im Rahmen seiner Organisationspflichten habe ein Rechtsanwalt Vorkehrungen für den Fall seiner Erkrankung zu treffen. Werde er unvorhersehbar krank, gereiche ihm die unterbliebene Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden , wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar gewesen sei. Er müsse allerdings alle ihm möglichen Maßnahmen ergreifen, um wenigstens eine Fristverlängerung zu erlangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibe, dass die Fristversäumnis von der Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet sei. Dies sei hier der Fall. Bereits das Attest vom 4. Oktober 2017 lasse Raum für Zweifel an der unverschuldeten Fristversäumnis , weil darin lediglich bescheinigt werde, der Prozessbevollmächtigte sei "voraussichtlich" vom 4. Oktober 2017 bis 6. Oktober 2017 nicht arbeitsfähig. Darüber hinaus sei klägerseits nicht glaubhaft gemacht, dass die allgemeinen Vorkehrungen für fristwahrende Schritte bei unvorhergesehenem Ausfall getroffen worden seien. Die vage Formulierung im Schriftsatz vom 6. Oktober 2017, es sei "gegenseitige Vertretung" vereinbart worden, genüge hierfür nicht. Schließlich sei auch der plötzliche und unvorhersehbare Ausfall der Rechtsanwältin R. infolge einer Virusinfektion am 4./5. Oktober 2017 nicht glaubhaft gemacht.
3
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig.
5
Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.
6
2. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Recht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und seine Berufung als unzulässig verworfen.
7
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt selbst bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen.
Auch der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte. Dies ist glaubhaft zu machen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12, NJW-RR 2013, 1011 Rn. 8 und vom 20. Dezember 2017 - XII ZB 213/17, NJW-RR 2018, 383 Rn. 6 mwN).
8
b) Nach diesen Maßgaben ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Wiedereinsetzung abgelehnt hat, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Fristverlängerungsantrag gestellt hat.
9
aa) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei als nicht glaubhaft gemacht erachtet, dass die Erkrankung ihn auch hinderte, am 4. Oktober 2017 die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen, auf deren Gewährung als erstmalige Verlängerung er auch hätte vertrauen dürfen. Dem ärztlichen Attest lässt sich nichts dazu entnehmen, weshalb es dem Prozessbevollmächtigten am 4. Oktober 2017 nicht möglich und zumutbar gewesen sein soll, einen Schriftsatz mit dem entsprechenden Antrag fertigen zu lassen und zu unterschreiben. Die Bescheinigung attestiert lediglich die Arbeitsunfähigkeit wegen eines fieberhaften Virusinfekts "voraussichtlich vom 04.-06.10.2017". Dies ist nicht ausreichend, weil sich damit nicht erschließt, dass die Krankheit in verfahrensrelevanter Form Einfluss auf die Entschluss-, Urteils- und Handlungsfähigkeit des Rechtsanwalts genommen hätte (vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 1717 f.; BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 21).
10
bb) Des Weiteren hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass es im vorliegenden Fall auch an hinreichendem Vortrag geeigneter Bemühungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers fehlt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es insoweit auch keines weiteren Hinweises durch das Berufungsgericht, sondern konnte dieses davon ausgehen, dass der Vortrag vollständig war. Im Übrigen hätte auch das weitere Vorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 7. November 2017 als Erwiderung auf einen Hinweis des Berufungsgerichts keine ausreichenden Bemühungen des Rechtsanwalts ergeben. Dass dieser, wie er angibt, Einzelanwalt ist und - anders als der Briefkopf seiner Schriftsätze den Eindruck erweckt - mit den dort aufgeführten Rechtsanwälten S. und R. lediglich eine Bürogemeinschaft ohne eigenes Personal bildet, stand der Beauftragung eines Vertreters nicht im Weg (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - XII ZB 213/17, NJW-RR 2018, 383 Rn. 7). Dass auch die Rechtsanwälte S. und R. über kein Büropersonal verfügten, das von Rechtsanwalt G. entsprechend instruiert ein Fristverlängerungsgesuch fertigen, ihm zur Unterschrift vorlegen und rechtzeitig an das Gericht senden konnte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Davon abgesehen fehlt es auch an Vorbringen dazu, dass Rechtsanwalt G. - nachdem auch Rechtsanwältin R. unvorhersehbar erkrankt gewesen sein soll - aus zeitlichen oder sonstigen Gründen außerstande gewesen ist, einen anderen Rechtsanwalt als Vertreter zu beauftragen, wobei hierfür namentlich Rechtsanwalt Dr. T. als Kooperationspartner der Kanzlei S. & R. in Betracht gekommen wäre.
Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 31.07.2017 - 2 O 522/16 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 03.11.2017 - 3 U 129/17 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

8
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, weil er nach seiner unvorhergesehenen Erkrankung nicht versucht hat, eine Verlängerung dieser Frist zu erreichen. Ein Rechtsanwalt muss auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, NJW 2008, 3571 Rn. 9 mwN). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar im Rechtsbeschwerdeverfahren anwaltlich versichert, er sei aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr imstande gewesen , selbst einfachste anwaltliche Tätigkeiten zu verrichten und habe seinen Versuch, die Berufungsbegründungsschrift abzufassen, deshalb bereits nach wenigen Minuten abbrechen müssen. Damit hat er aber nicht glaubhaft ge- macht, dass es ihm nicht möglich und zumutbar war, beim Berufungsgericht eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen und - im Blick darauf, dass das Berufungsgericht diese Frist bereits antragsgemäß um einen Monat verlängert hatte und eine weitere Verlängerung nur mit Einwilligung des Gegners möglich war (§ 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO) - den Prozessbevollmächtigten der Beklagten um Zustimmung zur Fristverlängerung zu bitten. Es kann zwar nicht festgestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich mit einer weiteren Fristverlängerung einverstanden erklärt hätte. Darauf kann sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch nicht mit Erfolg berufen. Hat ein Rechtsanwalt nicht alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Berufungsbegründungsfrist ergriffen, geht es zu seinen Lasten, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt selbst bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch mögli- chen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. Auch der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte. Auch dies ist glaubhaft zu machen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 - FamRZ 2015, 135 Rn. 19 mwN).
21
Es hat rechtsfehlerfrei als nicht glaubhaft gemacht erachtet, dass die Erkrankung ihn auch hinderte, am 20. Januar 2014 die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist zu beantragen, auf deren Gewährung als erstmalige Verlängerung er auch hätte vertrauen dürfen. Den (nunmehr vier) ärztlichen Bescheinigungen lässt sich nichts dazu entnehmen, weshalb es dem Verfahrensbevollmächtigten am 20. Januar 2014 nicht möglich und zumutbar gewesen sein soll, einen Schriftsatz mit dem entsprechenden Antrag fertigen zu lassen und diesen zu unterschreiben. Die drei Bescheinigungen des Dr. S. attestieren lediglich Arbeitsunfähigkeit, was nicht ausreichend ist (vgl. BVerfG NJW-RR 2007, 1717, 1718); der Bericht der H.-Klinik verhält sich nur zum Zeitraum 23. bis 26. Januar 2014. Der - nicht durch eine hierauf bezogene anwaltliche Versicherung glaubhaft gemachte - schriftsätzliche Vortrag des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin behandelt nicht die Frage, ob es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht einmal möglich war, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Wie das Beschwerdegericht zutreffend feststellt, war der Verfahrensbevollmächtigte an diesem Tag nach der eidesstattlichen Versicherung seiner Kanzleikraft zu einem Telefonat mit seiner Kanzlei und nach seinen An- gaben auch dazu in der Lage, die unweit seiner Kanzlei befindliche Arztpraxis aufzusuchen. Wie er im Schriftsatz vom 10. März 2014 geschildert hat, führte erst eine Zustandsverschlechterung dazu, dass er sich am 23. Januar 2014 in stationäre Behandlung begab. Schließlich enthält auch die Rechtsbeschwerdebegründung hierzu nichts Weiterführendes.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt selbst bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch mögli- chen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. Auch der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte. Auch dies ist glaubhaft zu machen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 - FamRZ 2015, 135 Rn. 19 mwN).