Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2016 - VIII ZR 129/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a Abs. 1 und 2 ZPO statthafte und fristgerecht erhobene Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat keine Veranlassung bestanden, sich mit seinem Instanzvorbringen zu befassen , es habe sich bei der mit der Klägerin vereinbarten Miete nicht um eine Kaltmiete nebst Betriebskostenvorauszahlung, sondern um eine einheitliche Warmmiete gehandelt, deren Ansatz zu einem Überschreiten der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO geführt hätte. Insoweit gilt vielmehr:
- 2
- Entscheidend für die Bewertung der Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht , und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, juris Rn. 2; jeweils mwN). Hieran anknüpfend ist es dem Beklagten verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfah- ren auf hiervon abweichende Angaben zu berufen, um darüber die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, aaO; vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, aaO; vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5). Auf die Berücksichtigung einer solchen unzulässigen Korrektur der tatsächlichen Angaben zum Wert zielt die Anhörungsrüge indes ab.
- 3
- Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil sowohl unter Bezugnahme auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils als auch anschließend noch einmal eigenständig festgestellt, dass sich die zwischen den Partei- en vereinbarte Miete aus einer Grundmiete in Höhe von 405,71 € und einer Ne- benkostenvorauszahlung von 112,48 € zusammensetzt. Dieses aus dem Berufungsurteil ersichtliche unstreitige beiderseitige Parteivorbringen im Sinne von § 559 Abs. 1 ZPO zum Inhalt der zwischen den Parteien bestehenden Mietzahlungsvereinbarungen erbringt nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz, hier also die Vereinbarung nicht einer Warmmiete, sondern einer Kaltmiete zuzüglich abzurechnender Betriebskostenvorauszahlungen.
- 4
- Der Einwand des Beklagten, dies stehe zu seinem aus den Akten ersichtlichen abweichenden Vorbringen im Widerspruch, ist unbeachtlich. Denn er hat es unterlassen, die insoweit auch sein Vorbringen betreffenden und mit der Beweiswirkung des § 314 ZPO ausgestatteten Feststellungen im Berufungsurteil in der erforderlichen Weise durch ein Tatbestandsberichtigungsverfahren nach § 320 ZPO zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 559 Rn. 16; jeweils mwN). Ohne Erfolg macht der Beklagte darüber hinaus geltend, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts im angefochtenen Urteil im Widerspruch zu den Ausführungen im vorausgegangenen, durch das Senatsurteil vom 20. Juni 2012 (VIII ZR 268/11, NJW-RR 2012, 977) aufgehobenen Berufungsurteil vom 11. November 2010 stünden; daraus werde zugleich deutlich, dass das Berufungsgericht in Wirklichkeit Feststellungen zur Art der zu zahlenden Miete nicht habe treffen wollen und auch nicht getroffen habe. Das geht schon deshalb fehl, weil durch die kassatorische Wirkung, die der vom Senat erkannten Aufhebung und Zurückverweisung zukommt, das Urteil vom 11. November 2010 rechtlich nicht mehr existent ist. An seine Stelle ist vielmehr das vorliegend mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffene Berufungsurteil vom 21. Mai 2015, und zwar unter Einschluss der darin zweifelsfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen zur unstreitig vereinbarten Art der Mietzahlung , getreten. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Kosziol
AG Köln, Entscheidung vom 20.09.2009 - 217 C 160/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 21.05.2015 - 1 S 308/09 -
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Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.