Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - VII ZR 229/17

bei uns veröffentlicht am10.10.2018
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 9 O 496/07, 18.08.2014
Oberlandesgericht Nürnberg, 2 U 2012/14, 30.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 229/17
vom
10. Oktober 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:101018BVIIZR229.17.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2018 durch die Richter Dr. Kartzke, Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit, die Richterin Graßnack und den Richter Röhl
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben. Das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. August 2017 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 223.144,15 € (235.304,13 € abzüglich des auf den Schimmelbefall an den Dachunterseiten entfallenden Zahlungsanspruchs von 11.105 € - Ziff. 6.1, 6.4 und 6.5 - und des Feststellungsanspruchs von 1.054,98 €: 50 % der auf den Nettobetrag entfallenden Umsatzsteuer)

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Baumängeln.
2
Die Klägerin beauftragte die Beklagten Mitte des Jahres 1992 mit der Planung und Überwachung des Baus eines Hauses auf dem Grundstück E.- Straße 54 in N. Nach Abnahme des Bauwerks Ende 1995 stellten die Beklagten unter dem 16. Januar 1996 eine Schlussrechnung, die von der Klägerin beglichen wurde. Ab Mitte 1996 traten an den südlichen Kellerwänden feuchte Flecken auf. Der Zustand verschlimmerte sich bis 1998; neben der Feuchtigkeit kam es zu Schimmelbildung an der Untersicht der Holzschalung am auskragenden Dach. Nachdem Mängelbeseitigungsarbeiten an einer Tauchpumpe der Drainage durchgeführt worden waren, traten im September 2002 im Keller erneut Feuchtigkeitsschäden auf. Nachdem eine Mängelbeseitigung erfolglos geblieben war, leitete die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Schichtdicke der Dickbeschichtung der Kelleraußenwände nicht ausreiche und die Drainage Mängel aufweise. Zur Sanierung sei entweder eine Abdichtung des Kellers gegen drückendes Wasser oder die Herstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung gegen nichtstauendes Sickerwasser und einer ordnungsgemäßen Drainage mit Entwässerung durch gegebenenfalls mehrere Sickerbrunnen beziehungsweise durch einen Pufferspeicher mit Versickerungsmöglichkeit vorzunehmen.
3
Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten wegen dieser Mängel die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 332.355,79 € sowie die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht für darüber hinausgehende Schäden geltend, die mit der Sanierung und Abdichtung des Anwesens und der Beseitigung der Ur- sachen für die Schimmelbildung an den Dachunterseiten entstehen. Die Beklagten bestreiten die Höhe der Schäden und berufen sich auf Verjährung.
4
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 137.439,15 € verurteilt und festgestellt, dass diese als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle diesen Betrag übersteigenden Schäden zu ersetzen , die ihr durch in Boden und Wände des Kellers ihres Hauses eindringende Feuchtigkeit sowie durch Schimmeln der für die Untersichten des Daches verwendeten Platten entstanden sind und noch entstehen. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt mit dem Ziel, die Abweisung der Klage zu erreichen. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt, mit der sie einen höheren merkantilen Minderwert beansprucht und eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 157.439,15 € gel- tend gemacht hat. Das Berufungsgericht hat der Klägerin den geforderten zusätzlichen merkantilen Minderwert zugesprochen, dagegen einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Schimmelbildung an der Untersicht des Daches verneint. Es hat unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 144.464,15 € verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten für darüber hinausgehende Schäden festgestellt. Die weitergehende Berufung und Anschlussberufung hat es zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.
5
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde , mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erreichen möchten.

II.

6
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg und führt, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, ge- mäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
7
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin könne die Kosten für eine Abdichtung des Gebäudes von außen gegen aufstauendes Wasser sowie gegebenenfalls auch eine Abdichtung von innen wegen - sich möglicherweise zeigender - Undichtigkeit der Bodenplatte verlangen und brauche sich nicht auf eine Lösung verweisen zu lassen, bei der eine ordnungsgemäß funktionierende und rechtlich abgesicherte Drainage mit Versickerung auf dem Grundstück hergestellt werde. Die gerichtlichen Sachverständigen E. und G. hätten festgestellt, dass zur Beseitigung der nach der DIN 4095 zugrunde zu legenden Wassermengen ein Sickergraben von 20 m Länge, ein weiterer Sickergraben von 10 m Länge und der derzeit bestehende Brunnen erforderlich seien. Dabei seien die Gräben mindestens 2,5 m, besser 3 m tief unter GOK (= Geländeoberkante) auszuführen. Bei der gegebenen Grundstückssituation wäre - abgesehen davon, dass der Garten praktisch vollständig aufgegraben und neu angelegt werden müsste - durch die Gräben die Möglichkeit (sei es für die Klägerin , sei es für einen allfälligen späteren Nutzer) nicht mehr gegeben, im Garten einen Pool anzulegen. Außerdem wäre nach den Feststellungen des Sachverständigen E. eine regelmäßige Überprüfung der Schluckbrunnen hinsichtlich ihrer Sickerfähigkeit erforderlich. Im Hinblick auf diese erheblichen Einschränkungen sei es nachvollziehbar und zu billigen, dass die Klägerin, wäre ihr die Problematik bekannt gewesen, von vornherein eine Ausbildung des Kellers als schwarze Wanne ohne Drainage gewählt hätte.
8
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten rügt es zu Recht als Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), dass das Berufungsgericht sich nicht mit ihrem im ersten und zweiten Rechtszug gehaltenen Sachvortrag befasst hat, die Versickerungslösung führe zu keiner Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung, weil das Restgrundstück der Klägerin nicht bebaubar sei.
9
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2018 - V ZR 285/17 Rn. 7; Beschluss vom 21. März 2018 - VII ZR 170/17 Rn. 16, BauR 2018, 1162 = NZBau 2018, 349; Beschluss vom 29. Oktober 2015 - V ZR 61/15 Rn. 7, NJW-RR 2016, 78 m.w.N.).
10
b) Nach diesen Grundsätzen stellt es eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör dar, dass das Berufungsgericht das genannte Vorbringen nicht beschieden hat.
11
Der Umstand, ob aus baurechtlichen Gründen auf dem Restgrundstück der Klägerin die Anlage eines befestigten Swimmingpools möglich ist oder nicht, ist für die vom Berufungsgericht eingehend erörterte und letztlich bejahte Frage erheblich, ob die für eine Drainage erforderlichen Sickerschächte im Boden eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung nach sich ziehen. Ist eine bauliche Nutzung des Grundstücks der Klägerin im derzeit nicht bebauten Bereich unzulässig, beschränkt sich die Beeinträchtigung der Klägerin darauf, dass der Gartenbereich aufgegraben und neu angelegt werden muss sowie darauf, dass die Schluckbrunnen regelmäßig gewartet werden müssen.
12
Auf dem genannten Gehörsverstoß beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht die Zumutbarkeit der Versickerungslösung für die Klägerin anders beurteilt hätte, wenn es das betreffende Vorbringen der Beklagten berücksichtigt und bei sei- ner Entscheidung erwogen hätte. Das Berufungsgericht hat es in diesem Zusammenhang für wesentlich erachtet, dass durch die Versickerungslösung die Möglichkeit zur Anlage eines Gartenpools nicht mehr gegeben wäre. Die weiteren vom Berufungsgericht zur Begründung der Unzumutbarkeit angeführten Erwägungen, dass der Garten komplett umgegraben und neu angelegt werden müsse und die Schluckbrunnen regelmäßig gewartet werden müssten,lassen für sich allein die Anlage einer Drainage nicht zwingend als unzumutbar erscheinen.

III.

13
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
14
Das Berufungsgericht wird zum einen die weiteren von den Beklagten mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen zu prüfen und zum anderen auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivorbringens Feststellungen dazu zu treffen haben, ob sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die im Vertrag vereinbarte Art der Abdichtung des Hauses ihrem Inhalt nach eine Abdichtung des Hauses ohne Inanspruchnahme des Gartenbereichs zum Gegenstand hatte und dieBeseitigung der Mängel an der fehlerhaft erstellten Drainage daher auch einer solchen vertraglichen Vereinbarung Rechnung tragen musste. Maßgeblich für den Umfang der Mängelbeseitigung ist das vertraglich geschuldete Werk. Diesen Zustand hat der Unternehmer herzustellen. Eine Mängelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, muss der Besteller grundsätzlich nicht akzeptieren. Der Besteller muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird (BGH, Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301, juris Rn. 10; Urteil vom 24. April 1997 - VII ZR 110/96, BauR 1997, 638). Zu der Frage, ob danach die von den Beklagten gewählte Art der Mängelbeseitigung durch Herstellung von Sickergräben und eines Schluckbrunnens (sog. Versickerungslösung) vertragsgerecht ist, wird das Berufungsgericht nach Anhörung der Parteien die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Kartzke Halfmeier Jurgeleit Graßnack Röhl

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 18.08.2014 - 9 O 496/07 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 30.08.2017 - 2 U 2012/14 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

7
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZR 146/14, NJW-RR 2016, 210 Rn. 4). Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - V ZR 61/15, NJW-RR 2016, 78 Rn. 7 mwN).
16
Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - V ZR 61/15, NJW-RR 2016, 78 Rn. 7 m.w.N.). Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - V ZR 61/15, aaO; Beschluss vom 31. März 2016 - I ZB 76/15, WM 2016, 1706 Rn. 9; Beschluss vom 28. September 2017 - V ZR 29/17 Rn. 6).
7
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (vgl. BVerfG, ZIP 2004, 1762, 1763; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 5; Beschluss vom 28. November 2008 - LwZR 2/08, NL-BzAR 2009, 117 Rn. 5; Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, NJW-RR 2009, 2137 Rn. 4). Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrneh- mung beruht (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, NJW-RR 2009, 178 Rn. 4; Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, NJW-RR 2009, 2137 Rn. 3). Setzt sich das Gericht mit dem Parteivortrag nicht inhaltlich auseinander , sondern mit Leerformeln über diesen hinweg, ist das im Hinblick auf die Anforderungen aus dem Verfahrensgrundrecht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Vortrags (Senat, Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Grundeigentum 2008, 983, 984; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 5).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet am:
27. März 2003
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
VII ZR 443/01
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Der Schadensersatzanspruch umfaßt alle Aufwendungen, die für die ordnungsgemäße
Herstellung des vom Unternehmer vertraglich geschuldeten Werks erforderlich
sind.

b) Er beschränkt sich nicht auf die geringeren Kosten einer Ersatzlösung, die den
vertraglich geschuldeten Erfolg nicht herbeiführt.

c) Der Besteller muß sich nicht darauf verweisen lassen, daß der durch eine nicht
vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag
abgegolten wird.

d) Zu den zu ersetzenden notwendigen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung
gehören diejenigen Kosten, die der Besteller bei verständiger Würdigung für erforderlich
halten durfte.

e) Ob Aufwendungen für die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sind, beurteilt
sich nach den Grundsätzen des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB. Unverhältnismäßigkeit
kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.
BGH, Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Dezember 2001 aufgehoben , soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Sache wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Dachdeckerunternehmen, verlangt Werklohn für erbrachte Leistungen. Die Parteien streiten um einen Gegenanspruch der Beklagten wegen Mängeln, den diese im Wege der Aufrechnung und Widerklage geltend macht. Die Beklagte erteilte im Zuge der Renovierung einer Scheune der Klägerin im Herbst 1996 den Auftrag, Dachunterschalung und Dach neu zu erstellen. Nach Ausführung der Arbeiten verweigerte sie wegen Mängeln Abnahme und Bezahlung des Werklohns. In der Revision ist nur von Interesse, daß die Kläge-
rin für die Dachunterschalung zu feuchtes Holz verwendet hatte. Dadurch war es zu erheblicher Fäulnis- und Schimmelbildung sowie beim Austrocknen zu Farbveränderungen und Schwundfugen zwischen den Brettern gekommen. Mit Schreiben vom 9. Juli 1997 setzte die Beklagte der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung bis 28. Juli 1997 und kündigte an, nach Fristablauf andere Firmen mit der Nachbesserung zu beauftragen. Die Klägerin erklärte sich mit Schreiben vom 23. Juli 1997 bereit, den Schimmelbefall an den sichtbaren Hölzern durch Abwaschen oder Abbürsten zu beseitigen, und forderte die Beklagte auf, bis 5. August 1997 einen Termin hierfür zu benennen. Ab 4. August 1997 ließ die Beklagte die schadhaften Schalungsbretter durch eine Drittfirma austauschen. Dazu mußte das gesamte Dach abgebaut und wieder neu erstellt werden. Zwei von der Beklagten zuvor eingeschaltete öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Dachdeckerhandwerk bzw. für Holzschutz und Holzschäden waren zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Austausch der Schalungsbretter zur Mängelbeseitigung erforderlich sei. Die Klägerin hat 109.838,77 DM eingeklagt, die Beklagte bezifferte in den Tatsacheninstanzen ihren Anspruch auf insgesamt 139.027,22 DM. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 109.000 DM stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Verurteilungsbetrag auf 70.172,18 DM ermäßigt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Anspruch noch in Höhe von 125.346,21 DM weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, das Werk der Klägerin sei mangelhaft. Die Ankündigung der Beklagten, sie werde die Mängelbeseitigungsarbeiten anderweitig vergeben, stelle eine Kündigung des Vertrags dar. Zwar sei ein Unternehmer grundsätzlich auch nach Kündigung noch zur Nachbesserung berechtigt. Eine Mängelbeseitigung durch die Klägerin sei jedoch für die Beklagte nicht zumutbar gewesen. Deshalb verringere sich die Vergütung der Klägerin um angemessene Fremdnachbesserungskosten. Die Neuerstellung des Daches sei jedoch nicht angemessen gewesen. Es hätte ausgereicht, die Dachunterschalung abzubürsten und mit einem Bläueschutz zu versehen. Die dann noch verbliebenen optischen Mängel hätten durch eine Profilholzvertäfelung und seitliche Leisten verdeckt werden können. Der geringfügige Raumverlust wäre durch die verbesserte Wärmedämmung kompensiert worden. Die Beeinträchtigung des von der Beklagten angestrebten rustikalen Bildes des Dachbodens könne durch eine Minderung ausgeglichen werden. Fahrt- und Übernachtungskosten könne die Beklagte nicht geltend machen, da diese durch die Neuerstellung des Daches verursacht worden seien. Der Anspruch der Klägerin verringere sich insgesamt um 39.666,59 DM.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht, daß der Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB zusteht. Sie kann danach alle Aufwendungen ersetzt verlangen, die ihr durch den Austausch der schadhaften Schalungsbretter und die damit verbundene Neuerstellung des Daches entstanden sind. 1. Die Voraussetzungen des § 635 BGB liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Die von der Klägerin erstellte Dachunterschalung war mangelhaft. In anderem Zusammenhang weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, daß die Klägerin die Mängel zu vertreten hatte. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung war entbehrlich. Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, daß eine Mängelbeseitigung durch die Klägerin für die Beklagte unzumutbar war. 2. Der Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB umfaßt alle Aufwendungen , die für die ordnungsgemäße Herstellung des vom Unternehmer vertraglich geschuldeten Werks erforderlich sind. Die Ansicht des Berufungsgerichts , hierzu zählten die Kosten für die Neuerstellung der Dachunterschalung und damit auch des Daches nicht, die Beklagte hätte sich mit weniger aufwendigen Maßnahmen verbunden mit einer Minderung begnügen müssen, trifft nicht zu.
a) Maßgeblich für den Umfang der Mängelbeseitigung ist das vertraglich geschuldete Werk. Diesen Zustand hat der Unternehmer herzustellen. Eine Mängelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, muß der Besteller grundsätzlich nicht akzeptieren. Der Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB beschränkt sich nicht auf die geringeren Kosten einer Ersatzlösung, die den vertraglich geschuldeten Erfolg nicht herbeiführt. Der Be-
steller muß sich auch nicht darauf verweisen lassen, daß der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1997 – VII ZR 110/96, BauR 1997, 638, 639 = ZfBR 1997, 249, 250). Nach der Vereinbarung der Parteien sollte die von der Klägerin zu erstellende Dachunterschalung sichtbar bleiben. Dadurch sollte nach den getroffenen Feststellungen dem Dachboden der Scheune ein rustikaler Charakter verliehen werden. Die Klägerin schuldet die für die Herstellung dieses Zustands erforderlichen Kosten. Auf die zwar billigere, aber im Vertrag nicht vorgesehene Vertäfelung muß sich die Beklagte nicht einlassen. Auf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten kann sich die Klägerin nicht berufen (vgl. unten 3.).
b) Zu den nach § 635 BGB zu ersetzenden notwendigen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung gehören auch diejenigen Kosten, die der Besteller bei verständiger Würdigung für erforderlich halten durfte. Das mit dieser Beurteilung verbundene Risiko trägt der Unternehmer (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 – VII ZR 63/90, BauR 1991, 329 = ZfBR 1991, 104). Die Beklagte hatte, bevor sie den Austausch der Schalungsbretter und die damit verbundene Neuerstellung des Daches in Auftrag gab, Gutachten zweier öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger vom Fach eingeholt. Beide hatten sich für diese Art der Nachbesserung ausgesprochen. Die Beklagte konnte auf die Richtigkeit dieser Gutachten vertrauen. Das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Sachverständigengutachten, auf das das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, wurde erst nach Abschluß der Mängelbeseitigungsarbeiten erstellt. 3. Die Klägerin kann der Beklagten nicht entgegenhalten, die von ihr gewählte Art der Mängelbeseitigung sei unverhältnismäßig gewesen.
Ob bei einem Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB Aufwendungen für die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sind, beurteilt sich nach den Grundsätzen des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB. Unverhältnismäßig sind die Aufwendungen ausnahmsweise dann, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht. Es muß für den Unternehmer unzumutbar sein, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu müssen (BGH, Urteile vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365 und vom 6. Juni 1991 - VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383). Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf das grobe Verschulden der Klägerin beim Einbau des zu feuchten Holzes und die berechtigten Befürchtungen der Beklagten einer fortbestehenden Gesundheitsgefahr ersichtlich nicht vor.

III.

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben , soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Da die Klägerin die
von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen auch der Höhe nach bestritten hat, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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