Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Okt. 2015 - V ZR 61/15

bei uns veröffentlicht am29.10.2015
vorgehend
Landgericht Leipzig, 3 O 3365/13, 24.09.2014
Oberlandesgericht Dresden, 5 U 1554/14, 09.02.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR61/15
vom
29. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Oktober 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterin
Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 9. Februar 2015 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 21.033,63 €.

Gründe:

I.

1
Mit notariellem Vertrag vom 14. September 2011 verkaufte der Beklagte, der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Wohnungsgenossenschaft ist, mit Mehrfamilienhäusern bebaute Grundstücke an die Klägerin. Die Wohnungen waren zum größten Teil vermietet; viele standen jedoch auch leer. Der wirtschaftliche Übergang erfolgte gemäß der vertraglichen Regelung am 1. Dezember 2011. Nach dem Kaufvertrag gingen von diesem Zeitpunkt an die Nutzungen und die Lasten auf die Klägerin über.
2
Der Beklagte ließ eine sog. Erwerberabrechnung über die im Verkaufsjahr bis Ende November 2011 von ihm aufgebrachten Nebenkosten und über die von ihm vereinnahmten Vorauszahlungen erstellen, aus der sich ein Überschuss der Vorauszahlungen der Mieter über die verauslagten Kosten von 4.203,70 € ergab (Anlage K 3). Die Klägerin, die nach dem Kaufvertrag von dem Besitzübergang an alle Rechte und Pflichten gegenüber den Mietern wahrzunehmen hatte, ließ durch eine von ihr beauftragte Verwalterin die Nebenkostenabrechnungen erstellen. Die Ergebnisse daraus stellte sie in einer Liste über die Einzelabrechnungen zusammen (Anlage K 2). Unter Bezugnahme auf diese hat sie vorgetragen, dass Rückzahlungsansprüche der Mieter wegen zuviel gezahlter Vorauszahlungen von insgesamt 38.003,42 € Nachzahlungsansprüche gegen die Mieter von 19.221,26 € gegenübergestanden hätten.
3
Die Klägerin hat gegen den Beklagten eine Klage auf Zahlung in Höhe von 21.033,63 € zzgl. Zinsen und außergerichtlicher Nebenkosten erhoben. Die Klageforderung setzt sich aus zwei Teilbeträgen zusammen. Die Klägerin verlangt 17.186,96 € gemäß dem Saldo von 18.782,16 € aus den Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2011 - anteilig für 334 von 365 Tagen. Zusätzlich ver- langt sie einen Betrag von 3.846,67 € nach dem Saldo der Erwerberabrechnung von 4.203,70 €, wiederum zeitanteilig für 334 von 365 Tagen. Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben; das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus dem Kaufvertrag zu. Das sei eine Rechtsfolge der Ab- rechnungspflicht des Erwerbers mit den Mietern und entspreche auch dem kaufvertraglichen Stichtagsprinzip. Die Ansprüche aus der Betriebskostenabrechnung beträfen denjenigen Vertragspartner, der die Vorauszahlungen habe vereinnahmen können und die Nebenkosten habe tragen müssen.
5
Es liege keine Doppelberechnung vor, da die Abrechnungsübersicht der Klägerin die Zahlungen ausweise, die diese an die Mieter habe zahlen müssen, während Gegenstand der Erwerberabrechnung die von dem Beklagten im Jahre 2011 vereinnahmten Zahlungen und geleisteten Ausgaben seien. Der Beklagte zeige auch nicht auf, dass die in den Einzelabrechnungsübersichten vorgenommene Berechnung unrichtig wäre. Konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit der Berechnung der Klägerin habe er nicht vorgebracht.

III.

6
Das angefochtene Berufungsurteil ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
7
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (vgl. BVerfG, ZIP 2004, 1762, 1763; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 5; Beschluss vom 28. November 2008 - LwZR 2/08, NL-BzAR 2009, 117 Rn. 5; Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, NJW-RR 2009, 2137 Rn. 4). Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrneh- mung beruht (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, NJW-RR 2009, 178 Rn. 4; Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, NJW-RR 2009, 2137 Rn. 3). Setzt sich das Gericht mit dem Parteivortrag nicht inhaltlich auseinander , sondern mit Leerformeln über diesen hinweg, ist das im Hinblick auf die Anforderungen aus dem Verfahrensgrundrecht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Vortrags (Senat, Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Grundeigentum 2008, 983, 984; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 5).
8
2. So verhält es sich hier hinsichtlich der die Höhe des Anspruchs betreffenden Einwendungen des Beklagten über einen (teilweise) doppelten Ansatz derselben Aufwendungen und Einnahmen und zur Unschlüssigkeit des Vorbringens der Klägerin auf der Grundlage ihrer eigenen Aufstellung über die Nebenkostenabrechnungen.
9
a) Das Berufungsgericht hat zwar den Inhalt der Einzelabrechnungsübersicht der Klägerin und der von dem Beklagten aufgestellten Erwerberabrechnung richtig beschrieben. Die darauf beschränkte Begründung übergeht jedoch das Vorbringen, in die Nebenkostenabrechnungen der Klägerin seien (auch) die Ausgaben und Einnahmen des Beklagten aus den ersten 11 Monaten eingeflossen. Müsste der Beklagte der Klägerin nicht nur das (zeitanteilige) Defizit aus den Nebenkostenabrechnungen ausgleichen, sondern zusätzlich den Überschuss aus den von ihm vereinnahmten Vorauszahlungen der Mieter und den von ihm getragenen Nebenkosten an die Klägerin auskehren, könnte die Klägerin einen Teil des an die Mieter auszukehrenden Betrags für sich als Gewinn vereinnahmen.
10
Dass die Positionen aus seiner Erwerberabrechnung als Teilmenge in den Abrechnungsübersichten der Klägerin enthalten sind, hat der Beklagte wiederholt vorgetragen. Mit diesem Einwand gegen die Schlüssigkeit der Klage haben sich die Tatsacheninstanzen inhaltlich nicht auseinandergesetzt, sondern das Vorbringen mit Leerformeln beschieden.
11
b) Nicht anders verhält es sich bei dem Einwand des Beklagten gegen die Schlüssigkeit der Begründung der Höhe des auf die Zusammenstellung der Nebenkostenabrechnungen gestützten Teils der Forderung der Klägerin. Hieraus ergibt sich zwar die vorgetragene Summe der Guthaben der Mieter von 38.003,43 €. Dem stehen jedoch ausweislich der eigenen Aufstellung Nachforderungen von 21.019,45 € gegenüber. Der Saldo von 18.782,16 € entspricht damit nicht der sich aus der Aufstellung ergebenden Differenz.
12
Auf die fehlende Schlüssigkeit des Vortrags der Klägerin zur Anspruchshöhe hat der Beklagte schon in der ersten Instanz hingewiesen und sein Bestreiten in der Berufungsinstanz durch die von ihm erstellte Berechnung auf der Basis der von der Klägerin vorgelegten Aufstellung substantiiert. Auch dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht mit der - schon von dem erstinstanzlichen Gericht verwendeten - Leerformel übergangen, dass konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnungen der Klägerin nicht vorgebracht worden seien. Konkreter als von dem Beklagten ausgeführt, kann die (teilweise) Unschlüssigkeit der Darlegungen eines Klägers zur Anspruchshöhe auf der Basis des von ihm selbst vorgelegten Zahlenmaterials nicht dargelegt werden.
13
3. Die Verstöße gegen das Verfahrensgrundrecht betreffen entscheidungserhebliche Punkte, da nach den bisherigen Feststellungen nicht feststeht, in welcher Höhe ein Anspruch der Klägerin besteht.

IV.

14
Aus dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde zum Grund des Anspruchs ergaben sich keine Gründe für eine Zulassung der Revision. Soweit der Grund des Anspruchs nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht weiter streitig bleiben sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
15
Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag enthält keine der Bestimmungen , wie sie bspw. in Notarhandbüchern für die Fälle des Verkaufs eines Mietshauses mit einem Besitzübergang innerhalb eines laufenden Abrechnungsjahres vorgeschlagen werden (vgl. nur Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. Rn. 2100). Für den Eigentumswechsel durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren bei einer bis dahin laufenden Zwangsverwaltung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Zwangsverwalter die bis zum Zuschlag noch an ihn geleisteten, von dem nach § 556 BGB gegenüber den Mietern abrechnungspflichtigen Ersteher an diese zurückzugewährenden Vorauszahlungen an den Ersteher auszukehren hat, da diese Beträge nicht für die Kosten und die Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 156/06, NZM 2008, 100 Rn. 20 f.). Für die Fälle eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs wird im Schrifttum aus der Bestimmung des § 446 Satz 2 BGB ein vertraglicher Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Herausgabe derjenigen Nutzungen begründet, die dem Verkäufer nicht gebühren (vgl. Bamberger/Roth/Faust, BGB, 3. Aufl., § 446 Rn. 20; NK-BGB/Büdenbender, 2. Aufl., § 446 Rn. 18; Staudinger/ Beckmann, BGB [1014], § 446 Rn. 44). Das dürfte Grundlage für einen Anspruch der Klägerin in Höhe des Überschusses jedenfalls in Höhe der von dem Beklagten aufgestellten Erwerberabrechnung sein.
Stresemann Czub Weinland Kazele Haberkamp

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 24.09.2014 - 3 O 3365/13 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 09.02.2015 - 5 U 1554/14 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebr

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

5
A. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 4 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hinsichtlich ihrer Anfechtungsklagen gegen die Zustimmung zur Verschmelzung (TOP 1) in entscheidungserhebli- cher Weise verletzt. Es hat umfangreichen, dezidierten und unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerinnen zu 1 und 4 zu dem - von ihnen als Aktionären des übernehmenden Rechtsträgers in zulässiger Weise erhobenen (vgl. arg. e contrario § 14 Abs. 2 UmwG; vgl. BGHZ 112, 9, 19 - zu § 352 c AktG a.F.) - Kernvorwurf, dem Verschmelzungsbeschluss liege infolge schwerwiegender Bewertungsmängel eine deutliche Unterbewertung des Unternehmens der Beklagten und damit ein für deren Aktionäre nachteiliges, fehlerhaftes Umtauschverhältnis zugrunde, verfahrensfehlerhaft als unsubstantiiert abqualifiziert bzw. - ohne nähere Begründung und insbesondere ohne Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - als durch den gegenteiligen Parteivortrag der Beklagten widerlegt angesehen. Diese sich auf die Verwendung von Leerformeln beschränkende, nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags.
4
c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (Sen.Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiierung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der ARGE zu Lasten der Klägerin ein Kompensationsgeschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemeinschaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (Sen.Urt. v. 27. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.
4
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt trägt die Annahme einer Innengesellschaft nicht. Das Berufungsgericht lässt völlig außer Acht, dass seine Würdigung zu dem Vortrag des Beklagten und ebenso zu dem - bis zur Erteilung eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht gehaltenen - Vortrag der Klägerin in eklatantem Widerspruch steht. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nur den Schluss zu, dass seine Entscheidung auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Vortrags des Beklagten erfassenden Wahrnehmung und damit auf einem Verstoß gegen Art.
4
c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (Sen.Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiierung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der ARGE zu Lasten der Klägerin ein Kompensationsgeschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemeinschaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (Sen.Urt. v. 27. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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A. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 4 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hinsichtlich ihrer Anfechtungsklagen gegen die Zustimmung zur Verschmelzung (TOP 1) in entscheidungserhebli- cher Weise verletzt. Es hat umfangreichen, dezidierten und unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerinnen zu 1 und 4 zu dem - von ihnen als Aktionären des übernehmenden Rechtsträgers in zulässiger Weise erhobenen (vgl. arg. e contrario § 14 Abs. 2 UmwG; vgl. BGHZ 112, 9, 19 - zu § 352 c AktG a.F.) - Kernvorwurf, dem Verschmelzungsbeschluss liege infolge schwerwiegender Bewertungsmängel eine deutliche Unterbewertung des Unternehmens der Beklagten und damit ein für deren Aktionäre nachteiliges, fehlerhaftes Umtauschverhältnis zugrunde, verfahrensfehlerhaft als unsubstantiiert abqualifiziert bzw. - ohne nähere Begründung und insbesondere ohne Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - als durch den gegenteiligen Parteivortrag der Beklagten widerlegt angesehen. Diese sich auf die Verwendung von Leerformeln beschränkende, nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

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c) Im Verhältnis zwischen Verwalter und Ersteher gilt nichts anderes, wenn die Abrechnung der Nebenkosten durch den Ersteher erfolgen muss.

Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache. Der Übergabe steht es gleich, wenn der Käufer im Verzug der Annahme ist.