Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2019 - VI ZR 279/18

bei uns veröffentlicht am16.04.2019
vorgehend
Landgericht Berlin, 27 O 125/16, 10.11.2016
Kammergericht, 10 U 140/16, 31.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 279/18
vom
16. April 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:160419BVIZR279.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2019 durch die Richterin von Pentz als Vorsitzende, die Richterinnen Dr. Roloff und Müller und die Richter Dr. Allgayer und Böhm

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. Mai 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 30.000 €

Gründe:

I.

1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Unterlassung einer Bildberichterstattung in Anspruch. Die Beklagte verlegt die Illustrierte DAS NEUE BLATT. Diese veröffentlichte am 1. Juli 2015 unter der Überschrift "Unglaublich, sie planen ihre kirchliche Hochzeit" unter anderem ein Foto des Wohnhauses der Kläger ("das Foto"). In dem Begleittext heißt es "Neues Zuhause [Kläger] zog bei [Klägerin ] und den beiden Söhnen in [G.] ein".
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 6. August 2018 hat es sein Urteil auf einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten hin berichtigt. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht ist unter entscheidungserheblichem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu der Annahme gelangt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger die schutzwürdigen Interessen der Beklagten überwiege.
4
1. Das Berufungsgericht hat - soweit hier erheblich - ausgeführt, in der Veröffentlichung des Fotos liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger. Ein umfriedetes Grundstück sei jedenfalls dann der Privatsphäre zuzurechnen, wenn es - wie vorliegend - dem Nutzer die Möglichkeit gebe, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein; der Schutz entfalle nicht deshalb , weil Vorbeikommende Grundstücksteile einsehen könnten. Die Veröffentlichung des Fotos greife in die Privatsphäre ein. Die Anonymität des Anwesens werde aufgehoben. Die Abbildung werde den Klägern zugeordnet und gewinne einen zusätzlichen Informationsgehalt. Hierdurch entstehe die Gefahr, dass das Grundstück in seiner Eignung als Rückzugsort für die Kläger beeinträchtigt werde. Die Kläger müssten den Eingriff nicht hinnehmen. Zwar leiste die nicht angegriffene Textberichterstattung einen Beitrag zu einer Diskussion allgemeinen Interesses. Angesichts der politischen Bedeutung der vom Kläger zu 1 ausgeübten Staatsämter sowie der von den Klägern immer wieder gewährten tiefen Einblicke in ihr Eheleben habe ihre Versöhnung Nachrichten- und Informationswert. Das Wohnhaus könne aber anhand des Bildes für einen hinreichend großen Kreis von Personen lokalisiert werden. Die Kläger seien in gesteigertem Maße schutzbedürftig, da eine erhöhte Gefahr bestehe, dass sie und die in dem Haushalt lebenden minderjährigen Kinder belästigt oder angegriffen würden. Am 27. Januar 2018 sei bei den Klägern eingebrochen worden. Am 31. Januar 2018 habe eine Person in Polizeiuniform die Haustür aufgestoßen und zu dem älteren Sohn gesagt, dass er dessen Mutter, der Klägerin zu 2, ein Messer an die Kehle setzen würde und deren Ehemann, den Kläger zu 1 ebenfalls umbringen würde. Diese Vorfälle zeigten, dass eine erhöhte konkrete Gefahr bestehe, dass die Familie der Kläger in ihrem Wohnhaus Opfer von Straftaten werde. Bei der Abwägung komme dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kläger daher überwiegende Bedeutung zu. Das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse müsse zurücktreten.
5
Mit Berichtigungsbeschluss vom 6. August 2018 hat das Berufungsgericht sein Urteil gemäß § 320 ZPO dahin berichtigt, dass nach dem bestrittenen Vortrag der Kläger am 27. Januar 2018 bei den Klägern eingebrochen, sowie nach dem bestrittenen Vortrag der Kläger am 31. Januar 2018 eine Person in Polizeiuniform die Haustür aufgestoßen und die oben wiedergegebenen Äußerungen getätigt habe.
6
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht das - erhebliche - Bestreiten der Beklagten im Hinblick auf die von den Klägern behaupteten Geschehnisse am 27. und 31. Januar 2018 nicht berücksichtigt hat.
7
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 70, 288, 293; BVerfGE 86, 133, 145 f.; Senat, Beschluss vom 15. September 2015 - VI ZR 431/14, ZMGR 2015, 409; juris Rn. 8).
8
b) Solche Umstände hat die Nichtzulassungsbeschwerde hier aufgezeigt. Das Berufungsgericht ist bei der Begründung seines Urteils davon ausgegangen , dass der Vortrag der Kläger, am 27. Januar 2018 sei bei ihnen eingebrochen worden, sowie am 31. Januar 2018 habe eine Person in Polizeiuniform die Haustür aufgestoßen und habe die oben wiedergegebenen Äußerungen getätigt , unstreitig ist. Es hat diese Geschehnisse maßgeblich in die von ihm vorgenommene Abwägung eingestellt. Dabei hat es übergangen, dass die Beklagte den Vortrag der Kläger bestritten hat. Das ergibt sich daraus, dass es auf den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten mit Beschluss vom 6. August 2018 die Worte "nach dem bestrittenen Vortrag der Kläger" nachträglich in die Urteilsgründe eingefügt hat.
9
c) Der Gehörsverstoß ist auch erheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es das Bestreiten der Beklagten berücksichtigt hätte. von Pentz Roloff Müller Allgayer Böhm
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 10.11.2016 - 27 O 125/16 -
KG Berlin, Entscheidung vom 31.05.2018 - 10 U 140/16 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

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Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2015 - VI ZR 431/14

bei uns veröffentlicht am 15.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR431/14 vom 15. September 2015 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offe

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR431/14
vom
15. September 2015
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz,
den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts in Zweibrücken vom 30. September 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihres Schmerzensgeldantrags zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Streitwert: 96.791 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt das beklagte Klinikum wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
2
Die am 15. September 1972 geborene Klägerin ließ sich am 25. Mai 2007 im Klinikum der Beklagten die Gallenblase laparoskopisch entfernen. Bei der Operation verwechselte der Operateur den Ductus Cysticus (Gallenblasengang ) versehentlich mit dem Ductus Choledochus (Hauptgallengang). Statt den Ductus Cysticus oberhalb der Vereinigung von Leber- und Gallenblasengang zu durchtrennen, durchtrennte er den Ductus Choledochus unterhalb der Vereinigungsstelle. Nachfolgend durchtrennte er darüber hinaus versehentlich noch den Ductus Hepaticus in Höhe der beiden Lebergänge links und rechts. Diese fehlerhafte Durchtrennung von Strukturen wurde während der Operation trotz Austretens von Gallenflüssigkeit nicht erkannt. Nach erheblichen postoperativen Beschwerden wurde in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 2007 in der Zeit von 23.45 Uhr bis 4.00 Uhr eine notfallmäßige Revisionsoperation per Bauchschnitt erforderlich. In der Folgezeit traten bei der Klägerin mehrfach Stenosen der Anastomosen und Entzündungen der Gallengänge durch aufsteigende Darmflüssigkeit auf. In der Zeit vom 29. Januar bis 12. Februar 2008 und vom 30. Mai bis 5. Juni 2008 befand sich die Klägerin erneut in stationärer Behandlung bei der Beklagten.
3
Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 140.000 € sowie Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten begehrt. Darüber hinaus hat sie Ersatz der ihr für die Einholung eines Privatgutachtens entstandenen Kosten in Höhe von 1.791 € verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 19. Dezember 2012 verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 45.000 € zu zahlen sowie die entstandenen Kosten für das Privatgutachten in Höhe von 1.791 € zu erstatten. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu erstatten, der ihr anlässlich ihres stationären Aufenthalts im Mai 2007 durch die Operation vom 25. Mai 2007 entstanden ist, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte erfolgt ist. Den weitergehenden Schmerzensgeldantrag hat das Landgericht abgewiesen.
4
In der Zeit vom 6. Februar bis zum 19. Februar 2013 wurden der Klägerin im evangelischen Krankenhaus D. in vier Eingriffen perkutane transhepatische Cholangiodrainagen zur Ableitung der gestauten Gallenflüssigkeit gelegt. Ihr wurde zuletzt erfolgreich eine Yamakawa-Prothese eingesetzt. Diese Prothese wurde im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 12. August bis zum 13. August 2013 im Evangelischen Krankenhaus D. wieder entfernt.
5
Mit Urteil vom 30. September 2014 hat das Oberlandesgericht die auf Zahlung eines höheren Schmerzensgeldes gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es den Feststellungsausspruch auf sämtliche materielle und nicht vorhersehbare künftige immaterielle Schäden beschränkt und den Antrag auf Ersatz der Gutachterkosten abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

6
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat im Wesentlichen Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur teilweisen Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
7
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht zu Recht geltend, dass die Bemessung des Schmerzensgeldes durch das Berufungsgericht auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG beruht.
8
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, juris Rn. 11; BVerfGE 65, 293, 295 f. mwN; BVerfGE 70, 288, 293; BVerfGE 86, 133, 146, jeweils mwN).
9
b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes den Vortrag der Klägerin nicht berücksichtigt hat, wonach sie sich nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils fünf weiteren operativen Eingriffen habe unterziehen müssen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen geführt hät- ten. Die Klägerin hatte auf S. 29 ff. ihres Schriftsatzes vom 26. März 2013 vorgetragen , dass am 7., 11., 13. und 15. Februar 2013 jeweils unter Vollnarkose perkutane transhepatische Cholangiodrainagen zur Ableitung der gestauten Gallenflüssigkeit vorgenommen worden seien, im Rahmen derer die Leber jeweils links und rechts punktiert und verschiedene Katheter eingebracht worden seien. Die Klägerin habe in der Folgezeit im Rahmen der Drainage zwei "Spülköpfe" in ihrem Brustbereich gehabt, die alle drei Monate unter Vollnarkose hätten gewechselt werden müssen und die sie zweimal pro Woche habe reinigen und spülen müssen. Das Berufungsgericht hat zwar im Rahmen der tatbestandlichen Darstellung auf BU 4 erwähnt, dass der Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 6. Februar bis 19. Februar 2013 eine YamakawaProthese eingesetzt worden ist, die nachfolgend bei einem stationären Aufenthalt vom 12. bis 13. August 2013 wieder entfernt wurde. Es hat diesen Umstand und dessen Folgen für die Klägerin bei der Schmerzensgeldbemessung aber ersichtlich nicht erwogen. Denn es hat seiner Schmerzensgeldbemessung "die unter Ziff. 4. im Einzelnen ausgeführten gesundheitlichen Folgen" zugrunde gelegt. Als solche Folgen hat es eine Vielzahl von Beeinträchtigungen - u.a. eine kosmetisch störende, bei Wetterwechseln schmerzende Operationsnarbe und starkes Jucken am Körper - aufgeführt und eine notwendige Revisionsoperation erwähnt. Keine Erwähnung finden hingegen die erst nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils jeweils unter Vollnarkose vorgenommenen vier perkutanen transhepatischen Cholongiodrainagen, die nach dem Vortrag der Klägerin zu erheblichen Beeinträchtigungen und zum sechsmonatigen Verbleiben von zwei Drainageanschlussstücken im Brustbereich der Klägerin führten.
10
c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Sachvortrags der Klägerin ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen hätte.
11
2. Soweit sich die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Aberkennung der Kosten für das vorprozessual eingeholte Privatgutachten wendet, ist sie dagegen nicht begründet. Sie zeigt nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2, 2. Halbs. ZPO insoweit abgesehen.

III.

12
Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben , sich auch mit den weiteren, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobenen Einwänden der Klägerin gegen die Schmerzensgeldbemessung zu befassen. Galke Stöhr von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 19.12.2012 - 4 O 311/11 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 30.09.2014 - 5 U 3/13 -