Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2011 - VI ZB 23/11

bei uns veröffentlicht am20.09.2011
vorgehend
Landgericht Ulm, 6 O 203/07, 24.03.2010
Oberlandesgericht Stuttgart, 1 U 63/10, 02.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 23/11
vom
20. September 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts
(§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO) an der Fristversäumung kommt es auf allgemeine
organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in
einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr an, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten
, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung
erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte.
BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - VI ZB 23/11 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Pauge, Stöhr und die
Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. März 2011 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 19.683,02 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Honorar für eine kieferorthopädische Behandlung in Anspruch. Die Beklagte hält die Abrechnung für fehlerhaft und begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 24. März 2010 teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dieses Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 30. März 2010 zugestellt worden. Am 27. April 2010 hat die Beklagte Rechtsanwalt B. das Mandat erteilt. Dieser hat mit am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit gerichtlicher Verfügung vom 7. Juli 2010, zugestellt am 12. Juli 2010, ist Rechtsanwalt B. darauf hingewiesen worden, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine Berufungsbegründung eingegangen sei. Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2010, eingegangen am 12. Juli 2010, hat die Beklagte die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung dieses Antrags hat sie ausgeführt, im Büro ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten seien die Daten des Ablaufs der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist auf der zugestellten Urteilsausfertigung vermerkt worden. Eine Kopie dieser Ausfertigung habe sie mit der Mandatierung per Fax ihrem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten übermittelt. Da diesem das Empfangsbekenntnis nicht vorgelegen habe, habe er den Ablauf der Fristen nicht überprüfen können. Deshalb seien diese entgegen der in der Kanzlei üblichen Organisation nicht sofort in den Fristenkalender eingetragen worden. Auf Anweisung von Rechtsanwalt B. habe dessen Büroleiterin sofort Berufung eingelegt und beim Landgericht Akteneinsicht beantragt. Die Gerichtsakten seien am 6. Mai 2010 eingegangen und ihm am selben Tag vorgelegt worden. Rechtsanwalt B. habe die Berechnung der Fristen überprüft und verfügt, eine Vorfrist für die Berufungsbegründung auf den 21. Mai 2010 und den Fristablauf für die Berufungsbegründung auf den 28. Mai 2010 einzutragen. Diese Verfügung habe er in die Rubrik "Fristen" des Pultordners des Sekretariats gelegt und der Büroleiterin, die ausschließlich für die Führung des Fristenkalenders zuständig sei, auf diese Weise zur sofortigen Bearbeitung überlassen. Die Büroleiterin, Frau N., sei seit 2000 in der Kanzlei beschäftigt und sehr zuverlässig. Rechts- anwalt B. habe die Führung des Fristenkalenders bis zum Jahr 2004 ständig und seitdem stichprobenartig überwacht. Während dieser Zeit habe es keine Beanstandung gegeben. Im vorliegenden Fall habe Frau N. jedoch weder die Fristen notiert noch einen Erledigungsvermerk auf der Verfügung angebracht. Diese Versehen habe er aufgrund einer am 27. Juni 2010 eingegangenen Stellungnahme der Beklagten in einem anderen Verfahren bemerkt. Die Richtigkeit dieses Vorbringens ist von Rechtsanwalt B. anwaltlich versichert und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von Frau N. glaubhaft gemacht worden.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte müsse sich die von ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldete Fristversäumung zurechnen lassen. Der Ablauf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist eines mit der Vertretung im Berufungsverfahren neu beauftragten Prozessbevollmächtigten sei bei Auftragserteilung durch den Mandanten, spätestens bei Fertigung der Berufungsschrift zu notieren. Könne sich der Prozessbevollmächtigte wegen eines Anwaltswechsels zu diesem Zeitpunkt nicht selbst anhand des Empfangsbekenntnisses oder der Gerichtsakten vom Zustellungsdatum überzeugen, sei der mutmaßliche Fristablauf zunächst vorläufig einzutragen. Dem Vorbringen der Beklagten sei nicht zu entnehmen, dass dies in der Kanzlei ihres zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gewährleistet sei. Die eingetretene Fristversäumung beruhe auf diesem Organisationsverschulden, denn wenn die Fristen am 27. April 2010 (als vorläufige Fristen) eingetragen worden wären, wäre die Handakte Rechtsanwalt B. rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt worden. Die unzureichende allgemeine Organisation werde im vorliegenden Fall auch nicht durch die am 6. Mai 2010 erteilte Einzelanweisung ausgeglichen, denn die nachträgliche Erteilung einer Einzel- anweisung berühre nicht den in einer fehlerhaften Handhabung der Fristenüberwachung liegenden Pflichtenverstoß. Bei dieser Sachlage könne offen bleiben , ob ein weiterer Pflichtenverstoß deshalb gegeben sei, weil Rechtsanwalt B. den Ablauf der Fristen am 21. Mai 2010 nicht überprüft habe, als ihm die Akten mit einer Verfügung des Landgerichts, die sich allerdings nicht an ihn, sondern an den Klägervertreter gerichtet habe, vorgelegt worden seien.
3
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig , denn eine Entscheidung des Senats ist jedenfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat die Beklagte die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Auf ihren rechtzeitigen Antrag ist ihr jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
6
a) Der angefochtene Beschluss verletzt die Beklagte in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004).
7
b) Die Rechtsbeschwerde wendet sich nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Organisationsverschulden treffe, weil nach ihrem Vorbringen in seiner Kanzlei nicht gewährleistet sei, dass der Ablauf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist schon bei Auftragserteilung durch den Mandanten, spätestens aber bei Fertigung der Berufungsschrift - gegebenenfalls unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit - notiert werde.
8
c) Sie beanstandet jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht die Bedeutung der Einzelanweisung verkannt hat. Das Berufungsgericht übersieht nämlich, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07, juris, Rn. 7 und vom 13. April 2010 - VI ZB 65/08, NJW 2010, 2287, Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96, NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930). Er ist deshalb im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03, VersR 2005, 138; BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, aaO).
9
d) So liegt der Fall hier, denn nach dem anwaltlich versicherten und durch eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten N. glaubhaft gemachten Vortrag der Beklagten hat ihr Prozessbevollmächtigter seiner Büroleiterin Frau N. konkret mittels einer in die Rubrik "Fristen" des Pultordners des Sekretariats gelegten schriftlichen Verfügung aufgetragen, die Frist zur Begründung der Berufung mit der dazugehörenden Vorfrist im Fristenkalender zu notieren. Hätte Frau N. diese Einzelanweisung befolgt, wäre ihm die Akte rechtzeitig vorgelegt und die Berufungsbegründungsfrist gewahrt worden. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, dass sich Mängel bei der allgemeinen Organisation des Anwaltsbüros in einer die Wiedereinsetzung ausschließenden Weise ausgewirkt haben könnten (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, VersR 2003, 1459 und BGH, Beschluss vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00, NJW-RR 2001, 782, 783). Zwar gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, die Ausführung einer Einzelanweisung zu kontrollieren , nicht ausnahmslos. Betrifft die Anweisung z. B. einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, aaO; vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689; vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04, VersR 2005, 383 f.; vom 12. Juni 2007 - VI ZB 76/06, juris, Rn. 8 und vom 28. Oktober 2008 - VI ZB 43/08, juris, Rn. 6 und 12; v. Pentz, NJW 2003, 858, 863 f.). Vorliegend hat Rechtsanwalt B. die Anweisung jedoch nicht mündlich, sondern in schriftlicher Form erteilt. Da in einem solchen Fall die Ge- fahr, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Eintragung der Frist deshalb unterbleibt, wesentlich niedriger ist als bei einer nur mündlich erteilten Anweisung, ist eine Kontrolle hinsichtlich der Ausführung einer auf diese Weise erteilten Einzelanweisung im Regelfall nicht erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07, aaO, Rn. 8). Das die Büroleiterin N. treffende Verschulden an der Nichtausführung der Anweisung von Rechtsanwalt B. ist der Beklagten nicht zuzurechnen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 24.03.2010 - 6 O 203/07 -
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

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c) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. Das Berufungsgericht übersieht, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930). Er ist deshalb im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.; Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - VersR 2005, 138; BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - aaO).
5
1. Das Berufungsgericht übersieht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - VersR 2005, 138; BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96, NJW-RR 1998, 1360; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - VersR 2003, 389; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 266; vom 20. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - NJW 2009, 296, 297 und vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09 - z.V.b.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 4/00
vom
6. Juli 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen für die Fristwahrung in einer
Anwaltskanzlei kommt es nicht entscheidend an, wenn im Einzelfall eine konkrete
Anweisung erteilt worden ist, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte.
BGH, Beschluß vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß,
Dr. Wiebel und Wendt

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Dezember 1999 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 23.465,35 DM

Gründe:


I.

Der Beklagte hat gegen ein ihm nachteiliges landgerichtliches Urteil rechtzeitig am 1. April 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 4. Mai 1999 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Beklagte hat nach Mitteilung dieses Eingangsdatums rechtzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hat unter Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen zur Begründung vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift am Nachmittag des 3. Mai 1999 der sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten L. gesondert mit der ausdrücklichen Anweisung überge-
ben, den Schriftsatz sofort an das Berufungsgericht zu faxen, da die Frist am selben Tage ablaufe. Frau L. habe diese Anweisung bestätigt. Anschließend sei sie aber durch ein Telefongespräch so abgelenkt worden, daß sie den Berufungsbegründungsschriftsatz in den normalen Postgang gegeben habe. Bei Dienstschluß habe Frau L. dann die Berufungsbegründungsfrist im Fristenbuch gestrichen und dort einen Erledigungsvermerk angebracht, ohne daß der Schriftsatz per Fax versandt worden war. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt ist der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten seiner Verpflichtung, für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zu sorgen, dadurch nachgekommen, daß er der Kanzleiangestellten L. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Angestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, derartige Weisungen befolgt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787, 788). Es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern.
Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts für die Fristwahrung, mit denen sich das Berufungsgericht befaßt hat, kommt es nicht entscheidend an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden sind, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätten (BGH, Beschluß vom 18. März 1998 - XII ZB 180, 96, NJW-RR 1998, 1360, 1361). Allgemeine Hinweise für das Verhalten im Telefaxverkehr konnten sich ohnedies nicht auswirken, da der Angestellten L. entfallen war, daß die Berufungsbegründung per Telefax zu übermitteln war. Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 28/00
vom
2. Juli 2001
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juli 2001 durch den
Vorsitzenden Richter h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2000 aufgehoben.
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Beschwerdewert: 350.000,-- DM

Gründe:


I. Der Kläger hat gegen das - seine Herausgabeklage aus Eigentum abweisende - Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Am 2. Mai 2000, dem letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, ging ein 43 Seiten umfassender Teil seiner Berufungsbegründung, die aus 57 Seiten bestehen sollte, per Telefax ohne Unterschrift bei dem Berufungsgericht ein, das den Kläger am nächsten Tag über die Unvollständigkeit und die Versäumung der Berufungs-
begründungsfrist informierte. Er hat mit seinem rechtzeitig eingereichten Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 2. Mai 2000 die Kanzleiangestellte G. angewiesen, den fertiggestellten und unterzeichneten Schriftsatz sofort per Telefax an das Oberlandesgericht zu senden und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern. Sie habe versehentlich die letzten zwölf Seiten des in mehreren "Chargen" übermittelten Schriftsatzes nicht übersandt und den Kontrollanruf unterlassen.
Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen , weil es keine Darlegungen zur Behandlung der Sache im Fristenkalender enthalte und zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation die Anweisung gehöre , die Frist im Fristenkalender erst nach Vergewisserung über die vollständige Übermittlung des Telefax zu streichen, damit ein etwaiges Versäumnis bei der pflichtgemäßen Kontrolle des Fristenkalenders vor Dienstschluß bemerkt und noch rechtzeitig behoben werden könne. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Grundsätzlich trifft einen Anwalt zwar die Verpflichtung, seinen Mitarbeitern für die Übersendung von Telefaxen die allgemeine Weisung zu erteilen, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang auszudrucken, ihn zu prüfen und erst dann die Frist im Fristenkalender zu löschen (BGH, Beschl. v. 16. Juni 1998 - XI ZB 13 u. 14/98, VersR 1999, 996). Statt dessen genügt für eine wirksame Ausgangskontrolle aber auch die allgemeine Anweisung, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschl. v.
24. Januar 1996 - XII ZB 4/96, VersR 1996, 1125). Die Überprüfung des Sendeberichts kann also durch einen Kontrollanruf ersetzt werden, zu dem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers seine Kanzleiangestellte konkret angewiesen hat. Ist - wie hier - im Einzelfall eine konkrete Anweisung erteilt worden, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, so kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts auf sonstige allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Ausgangskontrolle in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 28, 23 m.N.; v. 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787; v. 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; v. 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; BAG, Urt. v. 9. Januar 1990 - 3 AZR 528/89, NJW 1990, 2707). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine bisher zuverlässige Angestellte eine konkrete Anweisung befolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 aaO m.N.). Ein niemals völlig auszuschließendes Versagen der konkret Angewiesenen bleibt dabei außer Betracht. Da im vorliegenden Fall bei Befolgung der Anweisung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Fristversäumung praktisch ausgeschlossen gewesen wäre und er in Anbetracht seiner Weisung zu "sofortiger" Erledigung
des relativ einfachen Auftrags mit einem Vergessen oder Versehen der Kanzleiangestellten nicht rechnen mußte, kommt es hier auf zusätzliche allgemeine Maßnahmen zur Ausgangskontrolle (Fristenkalender) nicht an. Dem Umstand, daß der zu übermittelnde Schriftsatz sehr umfangreich und deshalb in mehreren "Chargen" zu übermitteln war, kommt dabei entscheidendes Gewicht nicht zu.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 11/01
vom
1. Juli 2002
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auf allgemeine organisatorische Anordnungen zur Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei
kommt es nicht an, wenn der Anwalt eine Angestellte mit der Telefaxübermittlung
eines eilbedürftigen Schriftsatzes konkret beauftragt und sich
über die Ausführung des Auftrags durch Nachfrage vergewissert. Das gilt jedenfalls
dann, wenn die Angestellte zusätzlich allgemein angewiesen ist, die
Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu
kontrollieren.
BGH, Beschluß vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Juli 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. Mai 2001 aufgehoben.
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
Beschwerdewert: 56.187,54 DM = 28.728,23 ?

Gründe:


I. Der Kläger begehrt (in einem gesellschaftsrechtlichen Rechtsstreit) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist (§ 516 a.F. ZPO), die am 21. März 2001 abgelaufen ist. Das Original seiner Berufungsschrift vom 20. März 2001, das am 22. März 2001 bei dem Berufungsgericht einging, enthält den Hinweis auf ein (angeblich) vorab versandtes Telefax , über dessen Nichteingang die Geschäftsstelle den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 30. März 2001 informierte. Der Kläger hat zur Begründung sei-
nes Wiedereinsetzungsgesuchs, das am 5. April 2001 einging, vorgetragen, sein Prozeûbevollmächtigter habe die von ihm unterzeichnete Berufungsschrift am 20. März 2001 seiner Büroleiterin unter Hinweis auf den bevorstehenden Fristablauf mit der Bitte übergeben, den Schriftsatz vorab per Fax an das Oberlandesgericht zu übermitteln und ihn anschlieûend beim täglichen Gerichtsgang dort abzugeben. Alle Mitarbeiter der Kanzlei seien angewiesen, ausgehende Telefaxe auf ordnungsgemäûe Übersendung anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen und dieses dem Schriftsatz beizuheften. Die Büroleiterin sei zwar erst seit Januar 2001 in dieser Kanzlei, davor aber in einer anderen Anwaltskanzlei tätig gewesen und ihren Aufgaben stets zuverlässig und gewissenhaft nachgekommen, wie sich auch aus dem Zeugnis ihres früheren Arbeitgebers (des Prozeûbevollmächtigten des Beklagten) ergebe. Hinzu komme, daû sie dem Prozeûbevollmächtigten des Klägers am 20. März 2001 auf nochmalige Nachfrage erklärt habe, daû das Telefax übermittelt worden sei. Tatsächlich habe sie - entsprechend ihrer eidesstattlichen Versicherung - den Schriftsatz in das Faxgerät eingelegt und die Nummer des Oberlandesgerichts eingegeben, sich dann aber wegen eines Telefonats kurz entfernen müssen. Bei ihrer Rückkehr habe sie einen Sendebericht vorgefunden und zu den Akten genommen, den sie entgegen ihrer Übung nicht genau nachgeprüft habe, so daû ihr nicht aufgefallen sei, daû offenbar eine Kollegin inzwischen das Faxgerät benutzt und den dafür erstellten Sendebericht liegengelassen habe. Sie wisse nicht, wie es dazu habe kommen können. Ihr sei so etwas noch nie passiert; sie sei immer darauf bedacht, alles akkurat und sofort zu erledigen. Am Abend habe sie dann, wie der Prozeûbevollmächtigte des Klägers weiter ausführt, das Original des Schriftsatzes versehentlich nicht zu den für den Gerichtsgang, sondern zu den für den Postversand bestimmten Schriftsätzen gegeben.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluû unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen, weil der Kläger eine wirksame Ausgangskontrolle in der Kanzlei seines Prozeûbevollmächtigten nicht dargetan, insbesondere nicht vorgetragen habe, daû das Kanzleipersonal angewiesen worden sei, die im Fristenkalender einzutragende Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen, um sicherzustellen, daû die Nichterledigung einer Fristsache bei der vor Büroschluû durchzuführenden Kontrolle des Fristenkalenders noch rechtzeitig bemerkt werde. Ein weiterer Organisationsmangel liege darin, daû keine Vorkehrungen gegen die alternierende Benutzung des Faxgerätes durch zwei Kanzleiangestellte, wie hier, getroffen worden seien.
II. Die gemäû §§ 519 b Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO a.F. zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1. Das Berufungsgericht übersieht, daû es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für den Ausschluû des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO a.F.) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Sen.Beschl. v. 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60; BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823). So liegt der Fall hier, da der Prozeûbevollmächtigte des Klägers seine Büroleiterin auf den bevorstehenden Fristablauf hingewiesen und ihr die Übermittlung der Berufungsschrift per Telefax sowie durch Abgabe bei dem Oberlandesgericht konkret aufgetragen hatte. Da darüber hinaus - nach den glaub-
haft gemachten Angaben des Klägers - in der Kanzlei seines Prozeûbevollmächtigten die allgemeine Anweisung bestand und praktiziert wurde, die ordnungsgemäûe Faxübermittlung anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen und dieses dem Schriftstück beizuheften, brauchte der Prozeûbevollmächtigte des Klägers hierauf nicht nochmals hinzuweisen. Die grundsätzliche Verpflichtung eines Anwalts, durch allgemeine Anweisung eine Ausgangskontrolle bei Telefaxen in der von dem Berufungsgericht dargestellten Weise zu gewährleisten (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 19. November 1997 - VIII ZB 33/97, VersR 1998, 607; v. 16. Juni 1998 - XI ZB 13 u. 14/98, VersR 1999, 996), wurde im vorliegenden Fall schon dadurch ersetzt, daû der Prozeûbevollmächtigte sich durch konkrete Nachfrage über die Ausführung des speziellen Auftrags vergewissert hat, wozu er an sich nicht verpflichtet gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 aaO). Auf das Ergebnis dieser konkreten Ausgangskontrolle durfte der Prozeûbevollmächtigte sich verlassen. Mit dem vorliegenden Zusammentreffen unglücklicher Umstände muûte er nicht rechnen. Er hat die Zuverlässigkeit seines Personals in der Behandlung von Fristsachen gemäû der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung stichprobenartig überwacht. Eine darüber hinausgehende Überwachung, wie sie die Beschwerdegegnerin gegenüber einer neu eingestellten Büroleiterin fordert, hätte sich hier nicht auswirken können, weil es sich um das erstmalige Versagen einer Angestellten handelte, der "so etwas noch nie passiert ist". Da einer Partei nur ein Eigenverschulden ihres Anwalts an der Fristversäumung im Rahmen des § 233 ZPO zuzurechnen ist und die Faxübermittlung eines Schriftsatzes, die der Prozeûbevollmächtigte des Klägers als gesichert ansehen durfte, zur Fristwahrung grundsätzlich ausreicht, können dem Kläger auch daraus keine Nachteile erwachsen, daû die Angestellte seines Anwalts dessen überobligationsmäûiger Anweisung, den Originalschriftsatz ebenfalls fristgerecht zu übermitteln, nicht nachgekommen ist.
2. Ebensowenig liegt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - ein Organisationsverschulden des Anwalts darin, daû er seinem Personal nicht durch generelle Anweisung untersagt hat, die von einem Mitarbeiter in das Faxgerät eingelegten Schriftstücke zwecks Versendung eines anderen Schriftstücks zu entnehmen, bevor die Übermittlung der zuerst eingelegten Schriftstücke gewährleistet ist. Abgesehen davon, daû ein Anwalt nicht Vorsorge für alle irgendwie denkbaren Eventualitäten treffen kann und muû, wird einem Kontrollverlust bei alternierender Benutzung des Faxgerätes bereits durch die allgemeine Anweisung entgegengewirkt, daû jeder Mitarbeiter den Erfolg der von ihm vorzunehmenden Faxübermittlungen anhand des Sendeberichts zu überprüfen und diesen dem zugehörigen Schriftsatz beizuheften hat. Bei Befolgung dieser Anweisung hätte es zu dem Versäumnis nicht kommen können, das dem Kläger daher nicht zuzurechnen ist.
3. Da sonach dem Kläger Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu gewähren ist, ist die Verwerfung der Berufung durch das Oberlandesgericht gegenstandslos (vgl. Sen.Beschl. v. 24. Juli 2000 - II ZB 20/99, NJW 2000, 3284/86). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin hat der Kläger die
Berufung mit Schriftsatz vom 23. Mai 2001 rechtzeitig (innerhalb der durch Verfügung vom 19. April 2001 verlängerten Begründungsfrist) begründet.
Röhricht Hesselberger Goette
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 38/02
vom
11. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt die Anweisung
erteilt hat, die von ihm in Gegenwart seiner Büroangestellten unterzeichnete
Rechtsmittelschrift per Telefax an das Rechtsmittelgericht zu senden, die Angestellte
aber aufgrund einer Verwechslung eine nicht unterzeichnete Abschrift übermittelt.
BGH, Beschluß vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - OLG Jena
LG Gera
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 10. Juni 2002 aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 95.743,64

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt wegen einer Lebensmittelvergiftung von dem Beklagten im Wege der abgesonderten Befriedigung gem. § 157 VVG Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 8. März 2002 zugestellt worden. Am 8. April 2002, einem Montag, ist beim Oberlandesgericht per Telefax eine Berufungsschrift aus der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingegangen; zwei Tage später das Original. Beide Schriftstücke enthielten keine Unterschriften. Lediglich die zusammen mit dem Original eingereichte beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift war von
Rechtsanwalt W. unterzeichnet. Hierauf wies das Oberlandesgericht die Pro- zeßbevollmächtigten des Klägers am 9. oder 10. April 2002 hin. Am 15. April 2002 hat der Kläger (erneut) Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Fehlen der Unterschrift auf der per Telefax übermittelten Rechtsmittelschrift beruhe auf einem Versehen einer Angestellten seiner Prozeßbevollmächtigten. Rechtsanwalt W. habe die Berufungsschrift in Anwesenheit der im Berufsausbildungsverhältnis beschäftigten Rechtsanwaltsfachangestellten H. unterzeichnet und diese angewiesen , den Schriftsatz per Telefax an das Oberlandesgericht zu übersenden. Da Frau H. auch eine beglaubigte und eine einfache Abschrift für die postalische Übersendung an das Oberlandesgericht habe fertigen sollen, habe sie weitere Exemplare ausgedruckt und auf dem Schreibtisch abgelegt. Anschließend habe sie per Telefax versehentlich ein nicht unterzeichnetes Exemplar übermittelt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Organisationsverschulden seines Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe es versäumt , sein Büropersonal anzuweisen, Schriftstücke vor ihrer Absendung auf Unterzeichnung zu überprüfen. Daneben sei ihm vorzuwerfen, bei der Unterzeichnung nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Ein weiterer Organisationsmangel liege darin, daß keine organisatorischen Vorkehrungen dafür getroffen worden seien, per Telefax zu übermittelnde Schriftstücke von den Postsendungen zu trennen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen er auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005). 1. Das Berufungsgericht übersieht, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für den Ausschluß des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB
56/97 - NJW 1997, 1930). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmäch- tigte des Klägers hatte der Auszubildenden H. konkret aufgetragen, die von ihm in ihrer Gegenwart unterzeichnete Berufungsschrift per Telefax an das Oberlandesgericht zu senden. Hätte Frau H. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, daß sich Mängel bei der allgemeinen Organisation des Anwaltsbüros in einer die Wiedereinsetzung ausschließenden Weise ausgewirkt haben könnten (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 f. und BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782 f.). Das für die Fristversäumung ursächliche Versehen der Büroangestellten H. steht dem Wiedereinsetzungsbegehren des Klägers nicht entgegen. Einer Partei ist nur ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten, nicht aber dasjenige seines Büropersonals zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 22/93 - VersR 1994, 955). Zwar trägt ein Rechtsanwalt die Verantwortung dafür, daß eine einwandfreie Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht (BGH, Beschluß vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471). Zur Erfüllung seiner Pflicht darf der Anwalt aber eine einfache Aufgabe einer zuverlässigen Angestellten übertragen, ohne daß er die ordnungsgemäße Erledigung überwachen muß (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982, aaO und vom 4. November 1981 - VIII ZB 59/81 und VIII ZB 60/81 - VersR 1982, 190). Das gilt nicht nur für allgemeine Weisungen, sondern auch und erst recht - wie hier - für eine konkrete mündliche Weisung im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 29. April 1994 - V ZR 62/93 - VersR 1994, 1494 f. und vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98 - VersR 1999, 1170 f.). Die Versendung der Rechtsmittelschrift per Telefax ist eine einfache Bürotätigkeit, mit der eine im zweiten Lehrjahr stehende Auszubildende beauftragt werden darf, sofern sie mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und
eine regelmäßige Kontrolle ihrer Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1994 - VII ZB 7/94 - VersR 1995, 238, 239; vom 6. Dezember 1995 - VIII ZR 12/95 - VersR 1996, 910 und vom 27. Februar 2002 - I ZB 23/01 - NJW-RR 2002, 1070, 1071). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie der Kläger durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen des Rechtsanwalts W. und der Auszubildenden H. glaubhaft gemacht hat. 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers auch nicht vorgeworfen werden, bei der Unterzeichnung der (später wohl als beglaubigte Abschrift eingereichten) Berufungsschrift nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Die Unterzeichnung eines zweiten Exemplars der Berufungsschrift war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich, denn nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Klägers hat Frau H. weitere Exemplare erst nach Unterzeichnung des ersten ausgedruckt. Dieser Arbeitsablauf ist nicht zu beanstanden, da zur wirksamen und rechtzeitigen Berufungseinlegung die Existenz eines einzigen Exemplars genügte. Weitergehende Anforderungen stellt die Rechtsprechung nicht.
3. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts versagt werden, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers treffe ein Organisationsverschulden wegen unzureichender Ausgangskontrolle , weil die per Telefax zu versendenden Schriftstücke nicht von den zur postalischen Übersendung vorgesehenen Exemplaren getrennt würden. Ob die Organisationspflichten eine allgemeine Anweisung zu einer solchen Trennung erfordern, kann hier dahinstehen, da bei Befolgung der Einzelanweisung eine Verwechslung der Schriftstücke ausgeschlossen gewesen wäre und sich deshalb die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nicht stellt.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 26/03
vom
9. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt seiner Büroangestellten
die Anweisung erteilt hat, den Namen des Berufungsklägers in
der von ihm unterzeichneten Rechtsmittelschrift zu berichtigen, dazu die erste
Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend
per Telefax an das Rechtsmittelgericht zu übermitteln, die Angestellte den
Schriftsatz aber unverändert absendet.
BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - LG Schwerin
AG Wismar
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diede-
richsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der Zivilkammer 6 des Landgerichts Schwerin vom 4. März 2003 aufgehoben , soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Der Berufungskläger zu 2 hat die Kosten seiner Rechtsbeschwerde zu tragen, nachdem er diese zurückgenommen hat. Der Gegenstandswert der Beschwerdeverfahren beträgt je 3.197,28

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. November 2002 zugestellt worden. Am 11. Dezem-
ber 2002 hat ihr Prozeßbevollmächtigter zunächst im Namen ihres Ehemannes Berufung eingelegt. Auf den am 30. Dezember 2002 zugegangenen Hinweis des Gerichts hat er am 13. Januar 2003 auch in ihrem Namen Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen , die Bürokraft ihres Prozeßbevollmächtigten, die Rechtsanwaltsfachangestellte F., habe am letzten Tag der Berufungsfrist einen Berufungsschriftsatz gefertigt, in dem fälschlicherweise nicht die Klägerin, sondern deren Ehemann als Berufungsführer aufgeführt gewesen sei. Dieses sei ihrem Prozeßbevollmächtigtem nach der Unterzeichnung aufgefallen. Er habe Frau F. daraufhin angewiesen, das Rubrum zu berichtigen, dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Zusätzlich habe er auf der zweiten Seite des Schriftsatzes einen gelben Klebezettel mit dem Vermerk angebracht: „falscher Berufungskläger – austauschen H. V.“. Versehentlich habe Frau F. den unterzeichneten Schriftsatz ohne Änderung des Namens des Berufungsklägers an das Gericht gefaxt. Frau F. sei eine geschulte und sehr zuverlässige Angestellte, die, wie regelmäßige Kontrollen durch ihn ergeben hätten, Anweisungen bisher stets sorgfältig und ohne Beanstandungen ausgeführt habe. Der Ehemann der Klägerin hat seine Berufung später zurückgenommen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die begehrte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen haben sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann Rechtsbeschwerde eingelegt. Letzterer hat seine Rechtsbeschwerde zurückgenommen. Die Klägerin hält ihre Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung, jedenfalls aber zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig (§ 574 Abs. 2 Ziff. 2 und 1 ZPO).

II.


Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005).
Das Berufungsgericht übersieht, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 -XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f. und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (vgl. Senatsbe-
schluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Beschlüsse vom 23. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - MDR 2003, 763, 764). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hatte seiner Angestellten F. konkret aufgetragen, die von ihm unterzeichnete Berufungsschrift zu berichtigen , dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Hätte Frau F. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts traf den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht die Pflicht, die ordnungsgemäße Ausführung der Korrektur zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - aaO). Eine besondere Kontrolle wäre allenfalls dann notwendig gewesen, wenn die Rechtsmittelschrift mehrere für die Zulässigkeit relevante Fehler aufgewiesen hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1994 - X ZB 10/94 - VersR 1995, 558). Das war hier nicht der Fall. Wenn die Berufungsschrift entsprechend der Anordnung des Prozeßbevollmächtigten korrigiert worden wäre, hätte sie den sich aus § 519 ZPO ergebenden Anforderungen genügt. Insbesondere wäre die Klägerin als Partei des Berufungsverfahrens hinreichend deutlich bezeichnet gewesen. Dem steht nicht entgegen, daß es auf der zweiten Seite der Rechtsmittelschrift heißt, die Berufung werde "namens des Berufungsklägers“ eingelegt. Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften sind unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen (Senatsbeschluß vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - VersR 1996, 251; Senatsurteile vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900 und vom 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00 -
VersR 2002, 777). Wenn die Partei eines Berufungsverfahrens namentlich und mit zutreffender Angabe ihrer Wohnungsanschrift benannt wird, ist es für ihre Identifizierung grundsätzlich ohne Belang, wenn sie statt als "Berufungsklägerin“ versehentlich als "Berufungskläger“ bezeichnet wird. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, hätten im Streitfall bei ordnungsgemäßer Ausführung der angeordneten Korrektur der Rechtsmittelschrift keine vernünftigen Zweifel daran bestanden, daß die Berufung im Namen der Klägerin eingelegt werden sollte.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 10/04
vom
22. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt seiner Büroangestellten
mündlich die Anweisung erteilt hat, die Berufungsschrift per Telefax an das
Rechtsmittelgericht zu übermitteln, die Absendung jedoch im Laufe des Tages in
Vergessenheit gerät und unterbleibt.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - LG Aachen
AG Eschweiler
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. Dezember 2003 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.677,93 €

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Höhe von 1.677,93 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 2. Juni 2003 zugestellt worden. Am 20. Juni 2003 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung endete am Montag, dem 4. August 2003. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 5. August 2003 eingegangen. Auf gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin am 15. August 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Antrag im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägern habe nicht dargetan, daß im Büro
ihres Prozeßbevollmächtigten eine zuverlässige Ausgangskontrolle für fristgebundene Schriftsätze stattgefunden habe. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 238 Abs. 2 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordern. Die Rechtsfragen, die der Streitfall aufwirft, sind höchstrichterlich geklärt. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt nicht vor. 1. Die Rechtsbeschwerde wendet sich nicht gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts hinsichtlich einer unzureichenden Ausgangskontrolle im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin. Sie meint jedoch, dieser Gesichtspunkt stehe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend der Wiedereinsetzung deswegen nicht entgegen, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin seiner - qualifizierten und zuverlässigen - Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilt habe, deren Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Dies habe das Beschwerdegericht verkannt. 2. Richtig ist, daß ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Er ist deshalb im allgemeinen nicht verpflichtet , sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.;
Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - MDR 2004, 477; BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Betrifft die Anweisung z.B. einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt. In einem solchen Fall bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - VersR 2003, 1459 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688; v. Pentz, NJW 2003, 858, 863 f.). Ein solcher Organisationsfehler ist auch im vorliegenden Fall ursächlich dafür, daß die Berufungsbegründung nicht rechtzeitig per Fax an das Berufungsgericht übermittelt worden ist. Ebenso wie die nur mündlich angeordnete Eintragung einer Rechtsmittelfrist schlichtweg vergessen werden kann und deswegen eine besondere Kontrolle erfordert, kann im Einzelfall auch die Gefahr bestehen, daß die nur mündlich angeordnete Absendung eines Schriftsatzes in Vergessenheit gerät. Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Anweisung, die Berufungsbegründung per Fax an das Landgericht zu senden, seiner Büroangestellten schon am Vormittag erteilt hatte, ohne dabei aber eine unverzügliche Ausführung zu verlangen. Für den Fall, daß die Absendung am Vormittag unterblieb, bestand die nicht fernliegende Gefahr, daß die Angestellte die Anweisung nach ihrer Mittagspause vergessen könnte. Ein solches Versehen kann auch einer ansonsten stets zuverlässigen Bürokraft unterlaufen. Deswegen hätte der Prozeßbevollmächtigte hier, um seiner Sorgfaltspflicht zu genügen, die klare und präzise Anweisung (vgl. BGH, Beschluß vom 31. Mai 2000 - V ZB 57/99 - NJW-RR 2001, 209) erteilen müssen, die Berufungsbegründung umgehend, jedenfalls aber noch am
Vormittag abzusenden. Sah er davon ab, gereicht ihm zum Verschulden, daß er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, die Ausführung seiner Anweisung auf andere Weise sicherzustellen oder zu kontrollieren. Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO muß sich die Klägerin dieses Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten zurechnen lassen. Das Beschwerdegericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mithin zu Recht zurückgewiesen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
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c) Allerdings weist die Beschwerdeerwiderung zutreffend darauf hin, dass Einzelanweisungen nicht immer geeignete organisatorische Anweisungen entbehrlich machen. In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass eine mündliche Einzelanweisung an eine Fachangestellte in Vergessenheit gerät (vgl. Senatsbeschluss vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - aaO). Jedoch ist nicht erkennbar, durch welche orga- nisatorischen Maßnahmen ein Fehler, wie er hier vorgetragen ist, verhindert werden sollte. Aus den eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiterin ergibt sich, dass nach Erledigung des Faxvorgangs der Sendebericht zu kontrollieren und abzuheften und die Frist erst dann zu streichen ist. Damit ist dem Gebot einer wirksamen Kontrolle des Schriftverkehrs per Telefax Genüge getan (vgl. dazu etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 3/91 - VersR 1992, 638; vom 27. Januar 1993 - IV ZB 15/92 - RuS 1993, 237 f.; vom 19. November 1997 - VIII ZB 33/97 - NJW 1998, 907; vom 3. April 2001 - XI ZB 2/01 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskonrolle 15). Wirksame und zumutbare organisatorische Maßnahmen dagegen, dass ein Mitarbeiter in der falschen Überzeugung, den Faxvorgang durchgeführt und den Sendebericht geprüft zu haben, die Frist streicht und dem Anwalt sodann mitteilt, die Anweisung sei ausgeführt, sind nicht ersichtlich.
6
Zwar gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, die Ausführung einer Einzelanweisung zu kontrollieren, nicht ausnahmslos. Betrifft die Anweisung z.B. einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeneintragung unterbleibt (vgl. Senat , Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436; vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688, 689; vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - VersR 2005, 383, 384; vom 12. Juni 2007 - VI ZB 76/06 - juris Rn. 8; von Pentz, NJW 2003, 858, 863 f.). Der Anwalt hatte hier jedoch alles ihm Zumutbare getan und veranlasst und durfte darauf vertrauen, dass die weitere (zur Aufdeckung des Fehlers geeignete) Kontrollanweisung befolgt werden würde. Er hatte nämlich, nachdem er die fehlerhafte Berechnung der Begründungsfrist erkannt und ihre Berichtigung in eindeutiger Weise angeordnet hatte, zusätzlich die Fristberechnung bei Rechtsbeschwerden und deren Bearbeitung im Hinblick auf den Streitfall am nächsten Tag in einer Kanzleibesprechung mit allen Mitarbeitern, auch der Angestellten S., erneut ausführlich erörtert. Zudem erhielt die Angestellte S. in dieser Besprechung vorsorglich die Anweisung, alle in der Kanzlei anhängigen Rechtsbeschwerden, die noch nicht begründet worden waren, herauszusuchen und die Berechnung der Begründungsfristen zu überprüfen. Dem kam die Angestellte S. nach, jedoch mit Ausnahme der vorliegenden Sache, bei der es sich um eine vermeintlich richtig gestellte Fristberechnung handelte.
7
c) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. Das Berufungsgericht übersieht, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930). Er ist deshalb im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.; Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - VersR 2005, 138; BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - aaO).