Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2000 - VII ZB 4/00

published on 06/07/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2000 - VII ZB 4/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 4/00
vom
6. Juli 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen für die Fristwahrung in einer
Anwaltskanzlei kommt es nicht entscheidend an, wenn im Einzelfall eine konkrete
Anweisung erteilt worden ist, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte.
BGH, Beschluß vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß,
Dr. Wiebel und Wendt

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Dezember 1999 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 23.465,35 DM

Gründe:


I.

Der Beklagte hat gegen ein ihm nachteiliges landgerichtliches Urteil rechtzeitig am 1. April 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 4. Mai 1999 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Beklagte hat nach Mitteilung dieses Eingangsdatums rechtzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hat unter Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen zur Begründung vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift am Nachmittag des 3. Mai 1999 der sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten L. gesondert mit der ausdrücklichen Anweisung überge-
ben, den Schriftsatz sofort an das Berufungsgericht zu faxen, da die Frist am selben Tage ablaufe. Frau L. habe diese Anweisung bestätigt. Anschließend sei sie aber durch ein Telefongespräch so abgelenkt worden, daß sie den Berufungsbegründungsschriftsatz in den normalen Postgang gegeben habe. Bei Dienstschluß habe Frau L. dann die Berufungsbegründungsfrist im Fristenbuch gestrichen und dort einen Erledigungsvermerk angebracht, ohne daß der Schriftsatz per Fax versandt worden war. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt ist der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten seiner Verpflichtung, für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zu sorgen, dadurch nachgekommen, daß er der Kanzleiangestellten L. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Angestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, derartige Weisungen befolgt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787, 788). Es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern.
Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts für die Fristwahrung, mit denen sich das Berufungsgericht befaßt hat, kommt es nicht entscheidend an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden sind, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätten (BGH, Beschluß vom 18. März 1998 - XII ZB 180, 96, NJW-RR 1998, 1360, 1361). Allgemeine Hinweise für das Verhalten im Telefaxverkehr konnten sich ohnedies nicht auswirken, da der Angestellten L. entfallen war, daß die Berufungsbegründung per Telefax zu übermitteln war. Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.