Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2012 - V ZB 80/12

bei uns veröffentlicht am06.12.2012
vorgehend
Amtsgericht Sonneberg, K 92/09, 26.05.2011
Amtsgericht Sonneberg, K 90/09, 26.05.2011
Landgericht Meiningen, 4 T 134/11, 02.04.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 80/12
vom
6. Dezember 2012
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 2. April 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14. Mai 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 208.700 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 3 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks der Schuldner (Beteiligte zu 1 und 2); dieses ist mit einem von den Schuldnern bewohnten Haus bebaut. Das Vollstreckungsgericht hat dem Beteiligten zu 4 unter Zurückweisung eines Antrags der Schuldnerin, das Verfahren wegen einer bei ihr bestehenden Suizidgefahr gemäß § 765a ZPO einstweilen einzustellen, den Zuschlag auf dessen Meistgebot erteilt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht nach Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens zu- rückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Schuldnerin weiterhin die vorläufige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens und die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.

2
Das Beschwerdegericht meint, ein Schuldner könne keinen Vollstreckungsschutz beanspruchen, wenn er seine psychische Erkrankung und eine daraus resultierende Selbstmordgefährdung hinnehme, obwohl er es in der Hand habe, die Erkrankung behandeln zu lassen. So liege es hier. Zwar habe der Sachverständige bei der Schuldnerin eine psychische Erkrankung in Form einer mittelgraden bis schweren depressiven Episode diagnostiziert. Seine Einschätzung , das von der Zwangsversteigerung betroffene Haus sei die Basis für die berufliche Existenz der Schuldnerin, werde aber nicht geteilt. Entsprechendes gelte für die Angaben der Schuldnerin, das Eigenheim sei Bestandsgrundlage ihrer Ehe, und sie könne ihre beiden Hunde nur im eigenen Haus halten. Die Schuldnerin überhöhe die Bedeutung des Eigenheims als Lebens- und Existenzgrundlage. Eine ärztliche Behandlung könne nur zum Ziel haben, die Bedeutung des Hauses auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen und es der Schuldnerin zu ermöglichen, sich mit dessen Verlust abzufinden. Dies sei offenbar auch der Therapieansatz eines von der Schuldnerin aufgesuchten Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie gewesen. Die Schuldnerin habe die Therapie jedoch im Dezember 2011 abgebrochen. Einen anderen Arzt habe sie nicht aufgesucht, obwohl in dem Fachgutachten von September 2011 der dringende Behandlungsbedarf ausdrücklich und eindeutig formuliert worden sei. Bei ihrer Anhörung habe sie sich nicht als behandlungsbedürftig bezeichnet und angegeben, es gehe ihr gut, solange sie nicht an den drohenden Verlust des Hauses denke. Angesichts der fehlenden Therapieeinsicht sei eine Auflage, eine Therapie (erneut) aufzunehmen, nicht erfolgversprechend.

III.

3
Die nach § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
4
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die aus einer Zwangsversteigerung resultierende ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners oder eines nahen Angehörigen gemäß § 765a ZPO zu einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens und damit im Beschwerdeverfahren zu der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses führen kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gefahr der Selbsttötung sich erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat oder ob sie schon zuvor latent vorhanden war und sich durch den Zuschlag im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, NJW-RR 2011, 423 Rn. 8).
5
b) Ferner hat es beachtet, dass Beweisangeboten des Schuldners zu seinem Vorbringen, ihm drohten durch die Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders sorgfältig nachzugehen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, aaO, Rn. 11) und deshalb ein fachärztliches Gutachten zu der von der Schuldnerin behaupteten Suizidgefahr eingeholt.
6
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst sind jedoch die Erwägungen, mit denen eine Schutzbedürftigkeit der Schuldnerin verneint wird.
7
a) Dabei geht der Senat davon aus, dass das Beschwerdegericht auf der Grundlage des eingeholten fachärztlichen Gutachtens ernsthaft mit einem Suizid der Schuldnerin für den Fall rechnet, dass der Zuschlagsbeschluss rechts- kräftig wird und die Schuldner damit ihr Eigentum an dem von ihnen bewohnten Haus endgültig verlieren. Dass es der Einschätzung des Gutachters nicht folgt, die Schuldnerin müsse bei einem Verlust des Hauses ihren Beruf aufgeben, steht dem nicht entgegen. Denn dies betrifft ersichtlich nur die objektiven Folgen eines Eigentumsverlustes, nicht aber deren subjektive Wahrnehmung durch die Schuldnerin. Dem Hinweis des Berufungsgerichts, die Schuldnerin überhöhe die Bedeutung des Eigenheims als Lebens- und Existenzgrundlage, lässt sich entnehmen, dass es die Einschätzung des Sachverständigen nicht in Frage stellen wollte, die Schuldnerin werde durch den Verlust des Hauses voraussichtlich in eine schwere emotionale Krise stürzen mit einem enormen Anstieg des Risikos der Ausführung eines Suizidversuchs bzw. Suizids. Andernfalls wäre der angefochtene Beschluss schon wegen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung aufzuheben. Das Beschwerdegericht wäre dann nämlich ohne Darlegung eigener Sachkunde und ohne Beratung durch einen anderen Sachverständigen von den fachkundigen Feststellungen und Einschätzungen des von ihm gerade wegen fehlender medizinischer Sachkunde beauftragten Gutachters zu der psychischen Verfassung der Schuldnerin und der sich daraus ergebenden Suizidgefahr abgewichen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1997 - VI ZR 86/96, NJW 1997, 1446 sowie Senat, Urteil vom 5. Juni 1981 - V ZR 11/80, NJW 1981, 2578).
8
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts entfällt die Schutzbedürftigkeit der Schuldnerin nicht deshalb, weil sie "ihre psychische Erkrankung und eine daraus resultierende Selbstmordgefährdung hinnimmt". Eine solche Sichtweise wird dem in Art. 2 Abs. 2 GG enthaltenen Gebot zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nicht gerecht. Die Unfähigkeit, aus eigener Kraft oder mit zumutbarer fremder Hilfe die Konfliktsituation situationsangemessen zu bewältigen, verdient auch dann Beachtung, wenn ihr kein Krankheitswert zukommt (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, NJW-RR 2011, 423 Rn. 9). Erst recht gilt dies, wenn die Passivität , was hier in Betracht kommt, Teil des Krankheitsbildes ist. Sie enthebt das Vollstreckungsgericht deshalb nicht von der notwendigen umfassenden, an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Würdigung der Gesamtumstände , die sowohl den dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechten als auch den gewichtigen, ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der anderen Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens Rechnung trägt. Im Rahmen dieser Abwägung ist zugleich zu prüfen, ob der Gefahr für das Leben des Schuldners auf andere Weise als durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und eine vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung begegnet werden kann (vgl. BVerfG, NJW-RR 2012, 393, 395 Rn. 52).
9
Eine solche - die ernsthafte Gefahr eines Suizids der Schuldnerin in Rechnung stellende - Abwägung enthält der angefochtene Beschluss nicht. Sie ist auch nicht im Hinblick auf die generalisierende Annahme des Beschwerdegerichts entbehrlich, die Gläubigerinteressen würden unangemessen beeinträchtigt , wenn die Zwangsversteigerung aufgrund eines Untätigbleibens des Schuldners nach (attestierter) Selbstmordgefährdung auf unabsehbare Zeit blockiert wäre. Die im Rahmen von § 765a ZPO erforderliche Abwägung kann nämlich nicht abstrakt erfolgen, sondern muss stets anhand der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der im konkreten Fall betroffenen Interessen und Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung vorgenommen werden (vgl. BVerfG, NZM 2005, 657, 659; NJW 2004, 49 zu II. 1. b). In besonders gelagerten Einzelfällen kann sie deshalb dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist (vgl. BVerfG, NZM 2005, 657, 658). ´

IV.

10
1. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben; er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
11
a) Es werden zunächst Feststellungen dazu zu treffen sein, ob aufgrund des Eigentumsverlusts durch den Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses (und nicht erst aufgrund drohender Zwangsräumung; vgl. BVerfG, NJW-RR 2012, 393, 395 Rn. 52 u. 396 Rn. 62) ernsthaft mit einem Suizid der Schuldnerin zu rechnen ist.
12
b) Ist dies zu bejahen, muss geprüft werden, ob der Gefahr auf andere Weise als durch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann, zum Beispiel durch Einschaltung der Ordnungsbehörden und des Betreuungsgerichts mit dem Ziel einer einstweiligen Unterbringung der Schuldnerin (vgl. näher Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719; Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649; BVerfG, aaO., Rn. 68; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2011, 849, 852 ff.). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist es hiervon nicht deshalb entbunden , weil die Schuldnerin anwaltlich vertreten ist und weil das Betreuungsgericht bislang - möglicherweise im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten im Vollstreckungsverfahren - (noch) keinen Anlass zum Einschreiten gesehen hat. Eine anwaltliche Vertretung des Grundrechtsträgers entbindet die staatlichen Stellen nicht von ihren sich aus der Verfassung ergebenden Schutzpflichten. Der Verweis auf die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Gerichte ist verfassungsrechtlich nur tragfähig, wenn diese entweder Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners getroffen oder aber eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösenden Moment (Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses oder Räumung) nach sorgfältiger Prü- fung abschließend verneint haben (vgl. BVerfG, NJW-RR 2012, 393, 397 Rn. 68).
13
c) Andernfalls ist die Möglichkeit einer befristeten Einstellung mit Auflagen , die zum Ziel haben, die Gesundheit der Schuldnerin wiederherzustellen, (erneut) zu erwägen. Von einem Schuldner kann jedes zumutbare Bemühen um eine Verringerung des Gesundheitsrisikos verlangt werden (vgl. BVerfG, NZM 2005, 657, 659). Dass die Schuldnerin sich nicht als behandlungsbedürftig einstuft und eine begonnene Therapie abgebrochen hat, indiziert nicht ohne weiteres , dass sie entsprechenden gerichtlichen Auflagen nicht nachkommen und eine Therapie in jedem Fall ohne Erfolg bleiben wird. Für den Abbruch der Therapie hat sie nachvollziehbare, in der Person des Therapeuten liegende Gründe angegeben. Im Übrigen - nämlich hinsichtlich der Untersuchung durch den Sachverständigen, der Anhörung durch das Beschwerdegericht und einer Vorsprache bei der Betreuungsbhörde - hat sie sich bislang, wenn auch im Hinblick auf eine erhoffte einstweilige Einstellung des Verfahrens, kooperativ verhalten. Dem Gläubiger kann eine befristete Einstellung des Verfahrens nach den Umständen des Einzelfalls auch dann zuzumuten sein, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind (vgl. Senat , Beschluss vom 6. Dezember 2007 - V ZB 67/07, NJW 2008, 586; BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 34/09, WuM 2010, 250, 251 Rn. 11).
14
2. Im Übrigen gibt der angefochtene Beschluss Anlass zu dem Hinweis, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, wegen der sich aus § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO ergebenden Beschränkung den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben müssen. Wird dem nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der ohne weiteres die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung zur Folge hat (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2004 - II ZB 3/03, NJW-RR 2005, 78). Hier liegt es nur deshalb anders, weil sich der maßgebliche Sachverhalt mit noch ausreichender Deutlichkeit den Gründen der Beschwerdeentscheidung in Verbindung mit dem eingeholten Gutachten und dem Protokoll über die Anhörung der Schuldner entnehmen lässt.

V.

15
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 beruht auf § 26 Nr. 2 RVG. Gerichtskosten sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angefallen. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Sonneberg, Entscheidung vom 26.05.2011 - K 92/09 u. K 90/09 -
LG Meiningen, Entscheidung vom 02.04.2012 - 4 T 134/11 -

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers we

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Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

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Tenor Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 5. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

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(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

8
a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, kann die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners oder eines nahen Angehörigen wegen der Zwangsversteigerung seines Grundstücks zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens gemäß § 765a ZPO führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die auf den Zuschlagsbeschluss zurückzuführende Gefahr der Selbsttötung sich erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat, oder ob sie schon zuvor latent vorhanden war und sich durch den Zuschlag im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 22/08, NJW 2009, 80; Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

8
a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, kann die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners oder eines nahen Angehörigen wegen der Zwangsversteigerung seines Grundstücks zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens gemäß § 765a ZPO führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die auf den Zuschlagsbeschluss zurückzuführende Gefahr der Selbsttötung sich erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat, oder ob sie schon zuvor latent vorhanden war und sich durch den Zuschlag im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 22/08, NJW 2009, 80; Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

8
a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, kann die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners oder eines nahen Angehörigen wegen der Zwangsversteigerung seines Grundstücks zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens gemäß § 765a ZPO führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die auf den Zuschlagsbeschluss zurückzuführende Gefahr der Selbsttötung sich erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat, oder ob sie schon zuvor latent vorhanden war und sich durch den Zuschlag im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 22/08, NJW 2009, 80; Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505).

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/07
vom
14. Juni 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
betreffend den Grundbesitz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist mit einer Zwangsvollstreckung die konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des
Schuldners verbunden, so muss das Vollstreckungsgericht, wenn es zur Abwehr dieser
Gefahr die Unterbringung des Schuldners in einer psychiatrischen Einrichtung für erforderlich
hält, mit der Vollstreckungsmaßnahme zuwarten, bis die Unterbringung durch die zuständigen
Behörden und Gerichte angeordnet und durchgeführt worden ist (im Anschluss
an Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

b) Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hat der Tatrichter, bevor er die Unterbringung
anregt, stets zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung durch ambulante psychiatrische
und psychotherapeutische Maßnahmen begegnet werden kann. Bei der gebotenen
Abwägung mit den Interessen des Gläubigers (und gegebenenfalls des Erstehers)
sind die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu
berücksichtigen.

c) Regt das Vollstreckungsgericht bei den zuständigen Stellen eine Unterbringung an, sollte
es darauf hinweisen, dass die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners
nicht in einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann und dass daher
die Zwangsvollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär
zuständigen Stellen Maßnahmen zum Schutz des Schuldners nicht für notwendig erachten.
BGH, Beschl. v. 14. Juni 2007 - V ZB 28/07 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Juni 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Neuss vom 5. September 2006 (Az. 032 K 016/03) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Schuldners gegen den Zuschlagsbeschluss eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 18.700 €.

Gründe:


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsvollstreckung aus einer für sie an dem Grundstück des Schuldners eingetragenen Grundschuld. Die Versteigerung des Grundstücks wurde im Februar 2003 angeordnet. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind als weitere Gläubiger dem Verfahren beigetreten.
2
Nach mehreren Einstellungen des Verfahrens bestimmte das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin auf den 12. Juli 2006. Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 beantragte der Schuldner unter Hinweis auf eine beigefügte ärztliche Bescheinigung, in der eine konkrete Suizidgefahr bescheinigt wurde, den Termin aufzuheben. Dem wurde nicht entsprochen.
3
Nach Durchführung des Versteigerungstermins hat der Schuldner beantragt , das Verfahren nach § 765a ZPO einstweilen einzustellen. Diesen Antrag hat er mit anwaltlichem Schreiben vom 8. August 2006 wiederholt, dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren, die das Vollstreckungsgericht als nicht aussagekräftig angesehen hat. Mit Beschluss vom 5. September 2006 hat es den Zuschlag erteilt und den Vollstreckungsschutzantrag zurückgewiesen.
4
Mit der sofortigen Beschwerde hat der Schuldner u.a. beantragt, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seine im Beschwerdeverfahren zuletzt gestellten Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht geht, nach Einholung einer weiteren amtsärztlichen Stellungnahme, davon aus, dass der Schuldner infolge des Zwangsversteigerungsverfahrens akut suizidgefährdet ist. Es meint jedoch, dass dieser Gefahr durch eine Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) entgegengewirkt werden könne. Die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung sieht es, gestützt auf seine Erfahrungen, die es aus Beschwerdeverfahren in Unterbringungssachen gewonnen hat, als gegeben an. Um eine Unterbringung zu veranlassen, werde es vor der Zustellung der die sofortige Beschwerde zurückweisenden Entscheidung die zuständige Ordnungsbehörde über die amts- ärztlich bescheinigte akute Suizidgefahr informieren und so auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinwirken.

III.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet.
7
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Einwand der Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht möglicherweise bereits das Rechtsschutzziel der Beschwerde verkannt habe, indem es das Rechtsmittel nicht als eine Zuschlagbeschwerde (§§ 96, 100 ZVG), sondern allein als eine sofortige Beschwerde nach § 95 ZVG gegen die Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages gem. § 765a ZPO angesehen habe. Ein solches Verständnis, das angesichts des Umstands, dass der Schuldner auch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses beantragt hat, fehlerhaft wäre, liegt der angegriffenen Entscheidung nicht zugrunde. Das Beschwerdegericht ist vielmehr zutreffend von einer einheitlichen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts durch Erteilung des Zuschlags unter gleichzeitiger Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrags ausgegangen, gegen die sich die sofortige Beschwerde gerichtet hat. Der Sache nach – und nur das ist in der Beschwerdeentscheidung hervorgehoben - wendet sich der Schuldner aber allein dagegen, dass sein Vollstreckungsschutzantrag erfolglos geblieben ist. Damit hat er - was möglich ist - die Zuschlagsbeschwerde auf eine Verletzung des § 765a ZPO gestützt.
8
2. Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde aber geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
9
a) Wie das Beschwerdegericht nicht verkennt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506) selbst dann, wenn - wie hier - mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Erforderlich ist stets die Abwägung der - in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen des Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG). Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, aber auch die Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen (BGHZ 163, 66, 74 sowie Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Allerdings sind solche begleitende Maßnahmen nur dann geeignet, der Suizidgefahr entgegenzuwirken, wenn ihre Vornahme auch weitestgehend sichergestellt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508). Diesem Gesichtspunkt trägt die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend Rechnung.
10
b) Das Beschwerdegericht sieht als Alternative zu einer Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die Möglichkeit einer Unterbringung des Schuldners nach §§ 11, 12 PsychKG (NRW). Ob es dazu kommt, liegt aber, unabhängig von der möglicherweise gegebenen eigenen Sachkunde, nicht in der Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts. Zuständig ist vielmehr nach § 12 Abs. 1 PsychKG (NRW) das Vormundschaftsgericht. Ohne eine Anordnung des Vormundschaftsgerichts fehlt der angefochtenen Entscheidung die die Abwägung tragende Grundlage. Das Vorhaben des Beschwerdegerichts, die für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Ordnungsbehörde über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens sowie über die amtsärztlich belegte akute Suizidgefahr zu informieren und auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinzuwirken, ist nicht geeignet, die für erforderlich gehaltene Maßnahme auch weitestmöglich sicherzustellen. Ob die Ordnungsbehörde den Antrag auf Unterbringung stellt, ob das Vormundschaftsgericht die Unterbringung anordnet, das sind Entscheidungen, auf die das Beschwerdegericht keinen maßgeblichen Einfluss hat. Das wird vorliegend besonders deutlich, wenn der Vortrag der Rechtsbeschwerde zugrunde gelegt wird, dass das Vormundschaftsgericht die Unterbringung des Schuldners am Tage nach der angefochtenen Entscheidung abgelehnt hat.

IV.

11
Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts stellt sich damit als rechtsfehlerhaft dar und ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Dabei wird das Beschwerdegericht folgendes zu beachten haben.
12
1. Eine Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn dem Ersteher zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist. Mit der Aufhebung verliert er nämlich rückwirkend das durch den Zuschlag gem. § 90 Abs. 1 ZVG erworbene Eigentum. Die Gewährung rechtlichen Gehörs ist gegebenenfalls nachzuholen.
13
2. Sollte das Beschwerdegericht zu der Überzeugung gelangen, dass - trotz einer den Antrag auf Unterbringung ablehnenden Entscheidung des Vormundschaftsgerichts - weiterhin Suizidgefahr besteht, so wird es zweierlei zu prüfen haben.
14
a) Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht darauf hin, dass sich aus dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Suizidgefahr mit ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Maßnahmen begegnet werden kann. Der Tatrichter hat in einem solchen Fall unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit abzuwägen, ob darin eine Lösung des Konflikts gefunden werden kann, die von dem Gläubiger (und dem Ersteher) angesichts der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG hinzunehmen ist und die einer freiheitsentziehenden Maßnahme wie einer Unterbringung vorzuziehen ist. Eine solche Abwägung hat das Beschwerdegericht bislang nicht vorgenommen. Das wird nachzuholen sein. Dabei sind vor allem die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu berücksichtigen. Voraussetzung ist ferner, dass sich der Schuldner - nachhaltig - einer solchen Therapie unterzieht.
15
b) Kommt eine ambulante Behandlung nicht in Betracht, wird im konkreten Fall zu erwägen sein, bei der zuständigen Behörde erneut die Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht die Anordnung einer Betreuung anzuregen. Die für die Vollstreckung zuständigen Organe und Gerichte haben die Eigentumsrechte des Vollstreckungsgläubigers und des Erstehers zu wahren. Die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners kann nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden. Darauf sollten die für eine Unterbringung zuständigen Behörden und Gerichte - nicht nur im konkreten Fall, sondern generell in Fällen, in denen das Vollstreckungsgericht eine Unterbringung des Schuldners für notwendig hält - in der Anregung hingewiesen werden. Hinzuweisen ist ferner auf die Folge, dass nämlich die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten.
16
Wie weiter zu verfahren ist, hängt von der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ab. Ordnet es die Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) an, so hat das Beschwerdegericht sicherzustellen, dass die Zwangsversteigerung nicht fortgesetzt wird, bevor der Schuldner in Gewahrsam genommen wurde. Hält es eine Unterbringung zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall, aber auch erst dann, gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (vgl. Schuschke , NJW 2006, 876, 877). Das enthebt das Vollstreckungsgericht (bzw. das Beschwerdegericht ) allerdings nicht der Prüfung, ob zur Beherrschung der Restgefahr andere begleitende Maßnahmen betreuender Art getroffen werden müssen (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

V.

17
1. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 2; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 93, Rdn. 2.1) und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts gem. §§ 574 Abs. 1, § 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbeschwerdegericht auszusprechen (vgl. BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659).
18
2. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem Wert einer Zuschlagsbeschwerde des Schuldners, die auf der Zurückweisung eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO beruht. Diesen Wert bemisst der Senat mit einem Bruchteil von 1/10 (vgl. dazu Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rdn. 16 Stichwort: "Vollstreckungsschutz") des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagswertes.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 05.09.2006 - 32 K 16/03 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.02.2007 - 19 T 257/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 1/10
vom
15. Juli 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erachtet das Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum Schutz des Lebens des
Schuldners nicht für geboten, solange die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt
wird, so setzt die Fortsetzung der Vollstreckung gegen den suizidgefährdeten
Schuldner voraus, dass das Vollstreckungsgericht flankierende Maßnahmen ergreift,
die ein rechtzeitiges Tätigwerden des Vormundschaftsgerichts zur Abwendung der
Suizidgefahr ermöglichen.
BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10 - LG Aachen
AG Aachen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Lemke, die
Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11. Dezember 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Aachen vom 21. Oktober 2009 (Az. 18 K 421/02) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Zuschlagsbeschluss einstweilen eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 107.200 €.

Gründe:

I.

1
Seit Januar 2003 ist die Zwangsversteigerung des Hof- und Gebäudegrundstücks der Schuldnerin angeordnet. Das Gebäude wird von der suizidgefährdeten Mutter der Schuldnerin bewohnt. Wegen der Gefahr der Selbsttötung hat zunächst das Vollstreckungsgericht das Verfahren einstweilen eingestellt, so dass der erste - auf den 10. Dezember 2003 anberaumte - Versteigerungstermin nicht zum Zuschlag führte. Auf weitere Versteigerungstermine in den Jahren 2004 und 2007 wurde zwar jeweils dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt. Das hatte jedoch im Beschwerdeverfahren wegen akuter Suizidgefahr der Mutter keinen Bestand; das Verfahren wurde wiederum einstweilen eingestellt. Der Einstellungsbeschluss vom 2. Juni 2006 lautet auszugsweise: "Bei etwaigen künftigen Entscheidungen über die Frage einer nochmaligen Einstellung des Verfahrens wird das Verhalten der Schuldnerin und ihrer Mutter, die nunmehr einen zeitlichen Aufschub und damit die Gelegenheit einer entsprechenden therapeutischen Behandlung erhält, insoweit kritisch zu beleuchten sein, vor allem im Hinblick auf ein ernsthaftes Bemühen um eine Verringerung des Suizidrisikos."
2
In dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 25. Januar 2008 heißt es u.a., es sei eine insbesondere an das Zwangsversteigerungsverfahren gekoppelte sehr ernst zu nehmende "suizidale Reaktionsbereitschaft" der Mutter der Schuldnerin zu bejahen. Diese sei mehrfach nachdrücklich auf das Erfordernis einer weiterführenden ambulanten Therapie hingewiesen worden.
3
Der Aufforderung zu einer ambulanten Behandlung wegen der psychischen Situation kam die Mutter nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht nach. Nach ihren Angaben hat sie sich lediglich weiterhin von ihrer Hausärztin psychopharmakologisch behandeln lassen. Daher stellte das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 21. Juli 2008 das Verfahren nur noch für die Dauer von drei Monaten unter der Auflage ein, die Schuldnerin möge binnen eines Monats die Stellung eines Antrages bei dem Vormundschaftsgericht mit dem Ziel der Bestellung eines Betreuers für ihre Mutter nachweisen. Da die Schuld- nerin dem nicht nachkam, ordnete das Vollstreckungsgericht im September 2008 die Fortsetzung des Verfahrens an. Auf den darauf von der Schuldnerin gestellten Antrag bestellte das Vormundschaftsgericht Ende März 2009 einen Betreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Vermögenssorge.
4
Darauf hat das Vollstreckungsgericht einen neuen Versteigerungstermin auf den 2. Oktober 2009 anberaumt, die Terminsbestimmung auch dem Betreuer zugestellt und unter Schilderung der Problematik auch das Vormundschaftsgericht eingeschaltet. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass ein Zuschlag nur erteilt werden könne, wenn die Mutter untergebracht oder dies von dem Vormundschaftsgericht abgelehnt werde.
5
Nachdem der Beteiligte zu 4 in dem Versteigerungstermin Meistbietender geblieben war, hat das Vollstreckungsgericht Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 21. Oktober 2009 bestimmt. Noch vor diesem Termin lehnte das Vormundschaftsgericht die Unterbringung der Mutter mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Unterbringung lägen - derzeit - nicht vor. Auch der Betreuer sehe nach Rücksprache mit dem behandelnden Psychologen keine akute Gefährdung. Am 20. Oktober 2009 hat die Schuldnerin erneut beantragt , den Zuschlag zu versagen und das Verfahren einstweilen einzustellen. Ihre Mutter habe abermals erklärt, sie werde das Haus "nur mit den Füßen voraus" verlassen.
6
In dem Verkündungstermin hat das Vollstreckungsgericht unter Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages dem Meistbietenden den Zuschlag erteilt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihre Anträge weiter.

II.

7
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die bestehende Suizidgefahr für die Mutter der Schuldnerin schließe die Zuschlagserteilung nach dem Ergebnis der Abwägung der widerstreitenden grundrechtsrelevanten Positionen der Beteiligten nicht aus. Wie der Verfahrensverlauf zeige, habe die Gläubigerin bisher in erheblichem Maße zurückstecken müssen. Zwar bestehe für den Fall der endgültigen Erteilung des Zuschlags auch weiterhin die konkrete und hohe Gefahr, dass sich die Mutter töten werde. Die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens sei jedoch auch in solchen Fällen möglich, wenn die Lebensgefahr anders als durch die Einstellung des Verfahrens - insbesondere durch eine Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten - abgewendet werden könne. So liege es hier. Das Vollstreckungsgericht habe mit der Erteilung von Auflagen, der Anrufung des Vormundschaftsgerichts und der Einschaltung des Betreuers alles in seiner Macht stehende getan. Halte aber das zuständige Vormundschaftsgericht eine Unterbringung nicht für erforderlich und werde eine solche Entscheidung bestandskräftig, dürfe die Zwangsvollstreckung im Regelfall fortgesetzt werden. Die verbleibende Gefahr der Selbsttötung müsse nach einer Entscheidung des Vormundschaftsgerichts als der für die Frage der Unterbringung primär zuständigen Stelle entweder hingenommen werden oder aber der Betreuer sei gehalten, bei Eintritt einer akuten Gefahr die Unterbringung zu veranlassen.

III.

8
1. Die gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
9
a) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kommt zwar eine Zurückweisung des von der Schuldnerin nach § 765a ZPO beantragten Vollstreckungsschutzes in Betracht. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es jedoch noch Feststellungen unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit.
10
aa) (1) Das Beschwerdegericht legt zutreffend zugrunde, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860 m.w.N.) selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung - wie hier - eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Zwangsversteigerung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen ist. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen - wie hier - davon auszugehen , dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner oder ein naher Angehöriger den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers geboten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Unterbleibt die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens wegen der Annahme einer Suizidgefahr, die auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen. Die Aufgabe des Staates, das Recht zu wahren, umfasst die Pflicht, titulierte Ansprüche notfalls mit Zwang durchzusetzen und dem Gläubiger zu seinem Recht zu verhelfen (BVerfGE 49, 220, 231). Der Gläubiger hat gemäß Art. 19 Abs. 4 GG einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220, 225). Ihm dürfen nicht die Aufgaben überbürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen (BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860 m.w.N.). Mit Blick auf die Interessen des Erstehers gilt nichts anderes (vgl. auch Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721).
11
(2) Vor diesem Hintergrund ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Suizidgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Hierzu gehören zum einen zumutbare Anstrengungen des Suizidgefährdeten selbst (vgl. etwa BVerfG NJW 1992, 1155; 1993, 463, 464; 2004, 49 f.), etwa die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, ggf. auch unter Einbeziehung eines stationären Klinikaufenthaltes. Darüber hinaus kommen als mögliche Maßnahmen auch die Ingewahrsamnahme des Gefährdeten insbesondere nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den landesrechtlichen Vorschriften in Betracht (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860). Da die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann, sind die Vollstreckungsorgane ggf. gehalten, bei den zuständigen Behörden eine Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht eine Betreuung anzuregen und dabei darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten. Wird danach eine Unterbringung zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich gehalten und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts liegt ein solcher Regelfall hier nicht vor.
12
Der Verweis auf die Primärzuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist nur tragfähig, wenn dieses Gericht lebensschützende Maßnahmen ergriffen oder aber eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment - hier den endgültigen Eigentumsverlust der Schuldnerin - verneint hat. So verhält es sich hier jedoch nicht. Zwar hat das Vormundschaftsgericht eine Unterbringung der Mutter der Schuldnerin abgelehnt. Nicht aber hat es die akute Gefahr eines Suizides für den Fall des endgültigen Eigentumsverlustes verneint , sondern (nur) darauf abgestellt, dass "gegenwärtig" eine solche Gefahr nicht vorliege. Bliebe man hierbei stehen, wäre die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens - wie das Beschwerdegericht richtig sieht - blockiert. Solange kein endgültiger Eigentumsverlust eintritt, besteht nach der Auffassung des Vormundschaftsgerichts keine akute Suizidgefahr. Ohne eine solche Gefahr trifft dieses Gericht keine sichernden Maßnahmen. Das wiederum hätte zur Folge, dass der Zuschlag nicht aufrecht erhalten werden dürfte.
13
Den Ausweg aus dieser - insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) unvereinbaren - Blockadesituation sieht der Senat in Folgendem: Trägt die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts zur Behebung des Dilemmas nicht bei, weil die Ablehnung lebenssichernder Maßnahmen nicht auf eine Bewertung der Bedrohungs- lage bezogen auf den Zeitpunkt des endgültigen Eigentumsverlustes gestützt wird, hindert dieser Umstand nicht, den Zuschlag (bzw. die Zurückweisung des Antrages auf weitere Verfahrenseinstellung) zu bestätigen, sofern der drohenden Suizidgefahr effektiv durch flankierende Maßnahmen Rechnung getragen wird. Das kann dadurch geschehen, dass das Vollstreckungsgericht die bestätigende Entscheidung zunächst nur dem Vormundschaftsgericht (sowie ggf. auch einem bestellten Betreuer) - unter deutlicher Hervorhebung der mit dem Bekanntwerden der abschlägigen Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden akuten Lebensgefahr - zustellt, die Herausgabe des Beschlusses an die Verfahrensbeteiligten nach Ablauf einer bestimmten Frist ankündigt, sich des Eingangs dieser Ankündigung vergewissert, die Zustellung an die Verfahrensbeteiligten erst nach Fristablauf veranlasst und das Vormundschaftsgericht hiervon nochmals in geeigneter Weise unter erneuter Hervorhebung der Dringlichkeit und der Bedeutung der Sache informiert. Dann muss das - mit der Sache ohnehin schon vorbefasste - Vormundschaftsgericht im Rahmen der primär ihm zugewiesenen Verantwortung für den Lebensschutz darüber befinden, ob nunmehr eine akute Selbstgefährdung vorliegt oder nicht. Bejaht es eine solche Gefahr, obliegt es ihm, die erforderlichen (Eil-)Maßnahmen zu treffen.
14
bb) Nicht hinreichend beachtet hat das Beschwerdegericht indessen den auch im Zwangsversteigerungsverfahren zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. nur Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f.; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., vor § 704 Rdn. 29 m.w.N.). Zwar hat es der Sache nach zu Recht angenommen, dass der Gefahr der Selbsttötung vorliegend nicht effektiv mit dem milderen Mittel ambulanter therapeutischer Maßnahmen begegnet werden kann. Nicht geprüft hat es jedoch, ob die Dauer einer Unterbringung außer Verhältnis steht zu dem damit verfolgten Zweck der Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Steht fest oder ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass die Anordnung der Unterbringung zu einer bloßen Verwahrung auf Dauer führte, so ist eine Freiheitsentziehung zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung unverhältnismäßig und das Verfahren (ggf. erneut) auf bestimmte Zeit einzustellen (Senat, Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586). Gleiches gilt, wenn der Gefahr der Selbsttötung nur durch eine außer Verhältnis stehende jahrelange Unterbringung ohne erkennbaren therapeutischen Nutzen begegnet werden kann. Anders verhält es sich dagegen, wenn innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes eine Chance dafür besteht, dass die Freiheitsentziehung zu einer Stabilisierung des Suizidgefährdeten führen und durch therapeutische Maßnahmen während der Unterbringung die Grundlage für ein Leben in Freiheit ohne konkrete Suizidgefährdung gelegt werden kann. Tatrichterliche Feststellungen hierzu hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
15
b) Kann die Beschwerdeentscheidung danach keinen Bestand haben, ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 ZPO).
16
2. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts nach §§ 574 Abs. 1, § 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbe- schwerdegericht auszusprechen (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659). Krüger Lemke Zugleich für RiBGH Dr. Klein, der wegen Urlaubs verhindert ist zu unterschreiben. Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 21.10.2009 - 18 K 421/02 -
LG Aachen, Entscheidung vom 11.12.2009 - 3 T 433/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 67/07
vom
6. Dezember 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ist unter Auflagen auf Zeit einzustellen
, wenn der mit der Fortsetzung des Verfahrens verbundenen Gefahr
der Selbsttötung des Schuldners nur durch dessen dauerhafte Unterbringung
entgegengewirkt werden könnte.
BGH, Beschl. v. 6. Dezember 2007 - V ZB 67/07 - LG Heilbronn
AG Heilbronn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 4. Mai 2007 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe:


I.

1
Die miteinander verheirateten Schuldner sind Eigentümer des im Eingang bezeichneten Grundstücks. Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in welchem die Schuldner seit 37 Jahren wohnen. Die Gläubigerin betreibt die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Durch Beschluss vom 18. März 2005 wurde die Zwangsvollstreckung wegen Suizidgefährdung der Schuldnerin bis zum 31. Juli 2005 eingestellt. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Vollstreckungsgericht am 16. August 2005 die Fortsetzung des Verfahrens an. Einen Antrag der Schuldner auf weitere einstweilige Einstellung des Verfahrens hat es zurückgewiesen.
2
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner hiergegen hat das Landgericht das Zwangsversteigerungsverfahren bis zum 30. April 2009 mit der Auflage eingestellt, dass die Schuldnerin sich regelmäßig ambulant psychiatrisch und psychotherapeutisch behandeln zu lassen und das Gericht hiervon zu unterrichten habe.
3
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Gläubigerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, die Abwägung der Interessen der Gläubigerin gegen diejenigen der Schuldner führe zu einer Einstellung des Verfahrens auf weitere zwei Jahre. Nach den zum Gesundheitszustand der Schuldnerin eingeholten Gutachten sei diese depressiv erkrankt. Sie sehe das Eigentum an dem ehegemeinschaftlichen Grundstück als einzigen ihr noch verbliebenen Erfolg ihrer Lebensleistung. Werde ihr das Grundstück genommen, entfalle für sie jeder Sinn, weiterhin zu leben. Hieran habe die laufende ambulante und zeitweilig auch stationäre Behandlung der Schuldnerin nichts geändert. Auch eine intensivere oder stationäre ärztliche Betreuung der Schuldnerin während oder nach einer Zwangsversteigerung des Grundstücks führe aller Voraussicht nach nicht dazu, dass die mit der Fortsetzung des Verfahrens verbundene Gefahr für das Leben der Schuldnerin gemindert werde. Selbst eine Unterbringung der Schuldnerin biete letztlich keine Sicherheit gegen eine Selbsttötung und laufe darauf hinaus, die Schuldnerin bis zu ihrem natürlichen Tod zu verwahren und ihrer Freiheit zu berauben. Daran gemessen habe das Interesse der Gläubigerin an einer Versteigerung des Grundstücks zurückzutreten.
5
Auch wenn die weitere Behandlung der Schuldnerin voraussichtlich nicht zur Besserung ihres seelischen Zustandes führen werde, sei im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs in die Rechtsstellung der Gläubigerin die Einstellung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu befristen und der Schuldnerin zuzumuten , dieser die Fortsetzung ihrer Behandlung aufzuerlegen. Die von der Gläubigerin erstrebte weitere Auflage, den Schuldnern für die fortdauernde Nutzung des Hauses eine Entschädigungsverpflichtung aufzuerlegen, scheide aus, weil diesen auch unter Einbeziehung der von ihnen erhaltenen Sozialleistungen hierfür keine Mittel zur Verfügung stünden.

III.

6
Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil es an höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Anordnung von Zahlungsauflagen im Zusammenhang mit der Einstellung der Zwangsversteigerung fehle. Dem kann entgegen der Meinung der Schuldner nicht entnommen werden, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diese Frage beschränkt worden ist. Eine verfahrensrechtliche Stellung eines Beteiligten im Zwangsvollsteckungsverfahren , aufgrund deren die Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 765a ZPO nur in Verbindung mit bestimmten Auflagen verlangt werden könnte, gibt es nicht. Ebenso wenig kann die Frage, unter welchen Auflagen die Einstellung erfolgt, von der Entscheidung über die Einstellung getrennt werden.

IV.

7
Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Auch wenn eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners mit der Zwangsvollstreckung verbunden ist, ist eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen (BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668). Erforderlich ist vielmehr, das in solchen Fällen ganz besonders gewichtige Interesse der von der Vollstreckung Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) gegen das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers (Gläubigerschutz, Art. 14 GG; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) abzuwägen. Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann.
9
1. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, oder auch die Ingewahrsamnahme des suizidgefährdeten Schuldners nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den einschlägigen Landesges etzen (BGHZ 163, 66, 74; Senat , Beschl. v. 24. November 2005 und v. 14. Juni 2007, jeweils aaO). Kann der Suizidgefahr des Schuldners auf diese Weise entgegengewirkt werden, scheidet die Einstellung aus. Das Vollstreckungsgericht hat die für die Maßnahmen zur Unterbringung des Schuldners zuständigen Behörden vor der Vollstreckung zu unterrichten und hierbei darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, aaO).
10
2. Steht indessen fest, dass derartige Maßnahmen nicht geeignet sind, der mit der Fortsetzung des Verfahrens für den Schuldner verbundenen Gefahr einer Selbsttötung wirksam zu begegnen oder führte die Anordnung der Unterbringung aller Voraussicht nach zu einer bloßen Verwahrung auf Dauer, so ist das Verfahren einzustellen. Dabei verbietet das Interesse des Gläubigers an der Fortsetzung des Verfahrens eine dauerhafte Einstellung, weil die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden kann (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, aaO). Die Einstellung ist zu befristen und mit Auflagen zu versehen, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen. Das gilt auch dann, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind. Diesem ist es im Interesse des Gläubigers jedoch zuzumuten, auf die Verbesserung seines Gesundheitszustands hin zu arbeiten und den Stand seiner Behandlung regelmäßig nachzuweisen.
11
3. So verhält es sich hier. Die Gefährdung der Schuldnerin folgt nicht aus dem mit der Versteigerung des Grundstücks für die Schuldnerin letztlich verbundenen Zwang, dieses zu räumen. Die Gefährdung der Schuldnerin findet nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ihren Grund vielmehr in der Angst der Schuldnerin vor dem Verlust des Eigentums an dem Grundstück, zu dem die Fortsetzung des Verfahrens führen wird. Eine zeitweilige Unterbringung der Schuldnerin kann hieran nichts ändern. Der mit einer dauerhaften Unterbringung verbundene Eingriff in die von Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Freiheit der Schuldnerin wird durch das Vollstreckungsinteresse der Gläubigerin nicht gerechtfertigt. Damit aber verbleibt nur der von dem Beschwerdegericht beschrittene Weg, die Zwangsvollstreckung auf Zeit einzustellen und der Schuldnerin aufzugeben, fortwährend an der Verbesserung ihrer seelischen Gesundheit zu arbeiten und dies laufend nachzuweisen, damit nach Ablauf dieser Zeit überprüft werden kann, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen der Vollstreckung Fortgang gegeben werden kann.
12
4. Weitere Auflagen, wie die von der Gläubigerin erstrebten Zahlungen, kommen nicht in Betracht. Dem Bestreben der Gläubigerin, sich bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens Zahlungen zuzuführen, fehlt eine Grundlage. Die Gläubigerin kann zur Erfüllung des Anspruchs , dessentwegen dessen sie die Zwangsvollstreckung betreibt, - in der Zukunft - auf das Eigentum der Schuldner zugreifen und sich dessen Wert zuführen. Das Befriedigungsrecht umfasst die während der Dauer des Verfahrens auflaufenden Zinsen und gleicht hierdurch Nachteile aus einer Verzögerung des Verfahrens aus.

V.

13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Heilbronn, Entscheidung vom 17.11.2006 - 3 K 114/01 GL -
LG Heilbronn, Entscheidung vom 04.05.2007 - 1 T 496/06 St -
11
In einem solchen Fall ist eine befristete Einstellung des Zwangsvollstreckungsverfahrens grundsätzlich zu erwägen. Das Interesse des Gläubigers an der Fortsetzung des Verfahrens verbietet eine dauerhafte Einstellung, weil die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 14.6.2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719 Tz. 15; Beschl. v. 6.12.2007 - V ZB 67/07, NJW 2008, 586 Tz. 10). Die Einstellung ist zu befristen und mit Auflagen zu versehen, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen. Das gilt auch dann, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind. Im Interesse des Gläubigers ist dem Schuldner zuzumuten, auf die Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken und den Stand seiner Behandlung dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen (BGH NJW 2008, 586 Tz. 10).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 3/03
vom
12. Juli 2004
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Juli 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der Zivilkammer 53 des Landgerichts Berlin vom 29. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Berufung des Klägers gegen das am 19. Juni 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg "gemäß § 522 Abs. 1 ZPO auf seine Kosten als unzulässig verworfen , weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR nicht übersteigt (§ 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO)". Weitere Ausführungen enthält der Beschluß nicht. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit der er
eine Grundsätzlichkeit in bezug auf den Rechtsmittelstreitwert in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten geltend macht sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 GG) und eine Verletzung seiner Verfahrensgrundrechte (Art. 103 GG) rügt; u.a. beanstandet er insoweit auch, daß die angefochtene Entscheidung willkürlich seine Wertangaben übergehe und "keine Gründe für die Abweichung von diesem Wert ... erkennen lasse".
II. Die gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 2, 574 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil der angefochtene Beschluß, wie der Kläger zu Recht beanstandet, nicht mit Gründen versehen ist (§ 576 Abs. 3 i.V.m. § 547 Nr. 6 ZPO n.F.). Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben; anderenfalls sind sie nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen (BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, BGHReport 2002, 902 m.w.N.). Denn das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 1, 4; § 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Berufungsgerichts , die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne.
Im vorliegenden Fall lassen die minimalen "Ausführungen" des angefochtenen Beschlusses weder den Streitgegenstand noch die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen, so daß die Begründung des Landgerichts für die Verwerfung der Berufung, die darin liegen soll, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes angeblich 600,00 € nicht übersteigt, in keiner Weise nachvollziehbar ist.
In welchem Umfang etwa das Berufungsgericht auf erstinstanzliche Feststellungen oder bestimmte Aktenbestandteile und mögliche vorangegangene Zwischenentscheidungen Bezug nehmen darf (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO n.F.), kann hier offenbleiben. Denn der angefochtene Beschluß verweist in keiner Weise auf anderweitig festzustellende Tatsachen.
Wegen des bezeichneten Verfahrensfehlers hat der Senat von der Erhebung der Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren abgesehen (§ 8 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F.). Im übrigen hat er bei der Zurückverweisung von der Möglichkeit nach § 577 Abs. 4 Satz 3 ZPO n.F. Gebrauch gemacht.
Beschwerdewert: 1.500,00 €
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

In der Zwangsversteigerung bestimmt sich der Gegenstandswert

1.
bei der Vertretung des Gläubigers oder eines anderen nach § 9 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Beteiligten nach dem Wert des dem Gläubiger oder dem Beteiligten zustehenden Rechts; wird das Verfahren wegen einer Teilforderung betrieben, ist der Teilbetrag nur maßgebend, wenn es sich um einen nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu befriedigenden Anspruch handelt; Nebenforderungen sind mitzurechnen; der Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung (§ 66 Absatz 1, § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung), im Verteilungsverfahren der zur Verteilung kommende Erlös, sind maßgebend, wenn sie geringer sind;
2.
bei der Vertretung eines anderen Beteiligten, insbesondere des Schuldners, nach dem Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung, im Verteilungsverfahren nach dem zur Verteilung kommenden Erlös; bei Miteigentümern oder sonstigen Mitberechtigten ist der Anteil maßgebend;
3.
bei der Vertretung eines Bieters, der nicht Beteiligter ist, nach dem Betrag des höchsten für den Auftraggeber abgegebenen Gebots, wenn ein solches Gebot nicht abgegeben ist, nach dem Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung.