Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2020 - V ZB 6/20
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
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- 1. Die Beteiligten zu 2 bis 5 verkauften der Beteiligten zu 6 durch notariell beurkundeten Vertrag vom 5. August 2019 für 3,3 Mio. € Grundbesitz. An den Grundstücken ist zugunsten der Beschwerdeführerin ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle im Grundbuch eingetragen. Der Notar hat der Beschwerdeführerin mit einem ihr am 12. August 2019 zugestellten Schreiben eine auszugsweise Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde übersandt, sie auf die gesetzliche Ausübungsfrist von zwei Monaten hingewiesen und sie gebeten, entweder die Ausübung des Vorkaufsrechts mitzuteilen oder eine vorbereitete Verzichtserklärung einzureichen. Die Beschwerdeführerin teilte dem Notar mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 mit, sie mache von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und unterrichtete die Beteiligten zu 2 bis 5 hierüber. Die Verkäufer leiteten ihr daraufhin den von dem Notar vorbereiteten Entwurf einer Abwicklungsvereinbarung zu und forderten sie auf, umgehend die im Kaufvertrag vereinbarte Vorauszahlung zu leisten. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 setzten sie der Beschwerdeführerin eine Frist zur Hinterlegung der Anzahlung bis zum 7. November 2019. Die Beschwerdeführerin teilte am 4. November 2019 mit, dass die Finanzierung bestätigt sei.
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- Der Notar hat der Beschwerdeführerin und den übrigen Beteiligten mit am 8. November 2019 versandten Schreiben mitgeteilt, dass er den Erstkaufvertrag ab dem 27. November 2019 vollziehen werde, weil das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Nachdem der Notar es abgelehnt hat, die Vollziehung des Vertrages bis zur Entscheidung über die eingelegte Rechtsbeschwerde zurückzustellen, beantragt die Beschwerdeführerin , die Vollziehung des Vertrags einstweilen auszusetzen.
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- 2. Der Antrag ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - XII ZB 411/18, NJW 2019, 432 Rn. 3). Er hat jedoch keinen Erfolg.
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- a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgs-aussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für die Beteiligten gegeneinander abzuwägen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - V ZB 14/10 - FGPrax 2010, 97 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - XII ZB 411/18, NJW 2019, 432 Rn. 5 jeweils mwN). Die Aussetzung der Vollziehung eines Kaufvertrags zwischen Drittbeteiligten wird danach regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die dem Antragsteller drohenden Nachteile diejenigen überwiegen, die den Kaufvertragsparteien durch die Aussetzung drohen.
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b) Die Aussetzung kommt danach bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.
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- Im Rahmen einer Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO ist nur zu prüfen, ob der Notar pflichtwidrig handelt. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Nach § 53 BeurkG hat der Notar den Vollzug einer im Grundbuch zu vollziehenden Urkunde zu veranlassen, sobald die Urkunde eingereicht werden kann. Der Vertrag der Beteiligten zu 2 bis 5 mit der Beteiligten zu 6, der beim Grundbuchamt eingereicht werden soll, ist vollzugsreif. Dass die Eintragung der Beteiligten zu 6 der Beschwerdeführerin gegenüber mit Blick auf das dingliche Vorkaufsrecht gemäß § 1098 Abs. 2, § 883 Abs. 2 BGB unwirksam wäre, wenn diese ihr Vorkaufsrecht rechtzeitig und wirksam ausgeübt haben sollte, ändert an der Vollzugsreife nichts. Denn die Vormerkungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts führt nicht zu einer Grundbuchsperre.
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- Die Pflicht, vollzugsreife Urkunden beim Grundbuchamt einzureichen, besteht auch dann, wenn ein Beteiligter die Wirksamkeit der zu vollziehenden Erklärungen mit beachtlichen Gründen bestreitet (vgl. Senat, Beschluss vom 19. September 2019 - V ZB 119/18, juris Rn. 16 u. 40). Der Beteiligte kann solche Einwendungen mit Aussicht auf Erfolg nur beim Prozessgericht geltend machen (vgl. Senat, aaO Rn. 45 a.E.). Ist die Wirksamkeit einer Vorkaufsrechtsausübung im Streit, kann nichts Anderes gelten; hier tritt noch hinzu, dass die Wirksamkeit des Vertrages zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Drittem, um dessen Vollzug es geht, von der Ausübung des Vorkaufsrechts unberührt bleibt, soweit nicht Abweichendes vereinbart worden ist (vgl. Palandt /Weidenkaff, BGB, 79. Aufl., § 464 Rn. 8).
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- Aus Vorstehendem folgt, dass sich die - die Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung betreffende - Frage, derentwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, in diesem Verfahren nicht stellt. Ob das Vorkaufsrecht von der Beschwerdeführerin wirksam ausgeübt worden ist, muss in einem zivilrechtlichen Verfahren geklärt werden.
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 15.01.2020 - 2-17 T 47/19 -
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Annotations
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.
(1) Der Notar darf seine Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Zu einer Beurkundung in einer anderen als der deutschen Sprache ist er nicht verpflichtet.
(2) Gegen die Verweigerung der Urkunds- oder sonstigen Tätigkeit des Notars findet die Beschwerde statt. Beschwerdegericht ist eine Zivilkammer des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(3) (weggefallen)
(1) Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 463 bis 473. Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauft wird.
(2) Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums.
(3) Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.
(1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
(2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.
(3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.