Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2017 - V ZB 180/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:200917BVZB180.16.0
20.09.2017
vorgehend
Amtsgericht Köln, 507c XIV 5/16, 07.03.2016
Landgericht Köln, 34 T 71/16, 18.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 180/16
vom
20. September 2017
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Haftaufhebungsverfahren darf sich das Gericht nicht auf die von dem
Betroffenen vorgebrachten Gründe beschränken, sondern muss auch prüfen
, ob der Grund für die Freiheitsentziehung aus anderen Erwägungen
entfallen ist. Ergibt die gebotene Sachaufklärung im Haftaufhebungsverfahren
(§ 26 FamFG), dass die Abschiebung nicht innerhalb des angeordneten
Zeitraums durchführbar ist, ist die Haft nach § 426 Abs. 1 Satz 1
FamFG von Amts wegen aufzuheben.
BGH, Beschluss vom 20. September 2017 - V ZB 180/16 - LG Köln
AG Köln
ECLI:DE:BGH:2017:200917BVZB180.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen werden der Beschluss der 34. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. November 2016 und der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 7. März 2016 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 7. März 2016 den Betroffenen im Haftzeitraum vom 9. März 2016 bis zum 7. April 2016 in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Stadt Köln auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


1
Der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein. Am 8. Januar 2016 wurde er von Beamten der Bundespolizei am Hauptbahnhof in Köln ohne Ausweisdokumente angetroffen und vorläufig festgenommen. Die Abschiebung nach Algerien wurde ihm angedroht.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 9. Januar 2016 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 8. April 2016 angeordnet. Einen Asylantrag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 18. Februar 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Eine für den 25. Februar 2016 geplante Vorführung des Betroffenen bei dem algerischen Generalkonsulat in München wurde wegen eines Zellenbrandes in der Zentralen Abschiebungseinrichtung in Mühldorf (nachfolgend: ZAE Mühldorf ) abgesagt. Am 1. März 2016 hat der Betroffene die Aufhebung der Haft beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 7. März 2016 zurückgewiesen. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und beantragt , im Falle einer Haftentlassung festzustellen, dass der Beschluss vom 7. März 2016 ihn ab dem 9. März 2016 in seinen Rechten verletzt hat. Die Beschwerde ist erfolglos gewesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene , der am 7. April 2016 aus der Haft entlassen worden ist, seinen Feststellungsantrag weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, der Haftantrag sei zulässig und die Haft zu Recht auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG gestützt worden. Es hätten keine Anhaltspunkte bestanden, dass eine Abschiebung innerhalb der Frist undurchführbar sei. Das Beschleunigungsgebot sei gewahrt. Die Vorführung des Betroffenen sei wegen des Zellenbrandes in der ZAE Mühldorf auf den 5., 6. oder 7. April 2016 verschoben worden. Dies sei hinzunehmen. Es sei der beteiligten Behörde nicht zuzumuten gewesen, auf das unvorhergesehene Hindernis durch sofortige Ersatztermine und Ausweichquartiere zu reagieren.

III.


4
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG statthaft. Sie bedarf auch dann keiner Zulassung, wenn bereits das Beschwerdegericht - wie hier - über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und der Betroffene im Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung der Entscheidung verlangt (Senat, Beschluss vom 30. August 2012 - V ZB 12/12, InfAuslR 2013, 37 Rn. 4 mwN; Beschluss vom 2. Dezember 2015 - V ZB 143/13, InfAuslR 2016, 149 Rn. 2). Sie ist ferner statthaft mit dem Ziel, die Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG festzustellen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 7 f.; Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 12).
5
Ist - wie hier - die Haftanordnung formell rechtskräftig geworden, kann die Rechtswidrigkeit der Haft erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht festgestellt werden (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 170/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 7; Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 7). Das ist hier beachtet.
6
2. Es kann dahin stehen, ob - worauf der Betroffene seinen Haftaufhebungsantrag in zulässiger Weise gestützt hat (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 7 f.) - die Haftanordnung bereits nicht hätte ergehen dürfen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte bzw. der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht vorlag. Die Rechtsbeschwerde ist schon deswegen begründet, weil das Amtsgericht die Haft unabhängig von dem Antrag des Betroffenen von Amts wegen hätte aufheben müssen (§ 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Für das Amtsgericht haben sich in dem Haftaufhebungsverfahren hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass eine Abschiebung des Betroffenen nach Algerien innerhalb des angeordneten Zeitraums nicht mehr durchgeführt werden konnte.
7
a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Da die Haft nach § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Sicherung der Abschiebung dient, darf sie nicht aufrechterhalten werden, wenn die gebotene Sachaufklärung ergibt, dass eine Abschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7 zur Zurückschiebung; Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 43/16, NVwZ 2016, 1824 Rn. 4). Ergeben sich nach Anordnung der Haft für das Gericht hinreichende Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung möglicherweise nicht (mehr) vorliegen, hat es deshalb gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären (Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7).
8
b) Das gilt nicht nur im Beschwerdeverfahren (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7; Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 43/16, NVwZ 2016, 1824 Rn. 5), sondern auch im Haftaufhebungsverfahren. Dessen Zweck ist es zu verhindern, dass der Betroffene auf Grund einer Haftanordnung inhaftiert bleibt, die jedenfalls objektiv nicht (mehr) gerechtfertigt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 7). Deshalb darf sich im Haftaufhebungsverfahren das Gericht nicht auf die von dem Betroffenen vorgebrachten Gründe beschränken, sondern muss auch prüfen, ob der Grund für die Freiheitsentziehung aus anderen Erwägungen entfallen ist. Ergibt die gebotene Sachaufklärung im Haftaufhebungsverfahren (§ 26 FamFG), dass die Abschiebung nicht innerhalb des angeordneten Zeit- raums durchführbar ist, ist die Haft nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG von Amts wegen aufzuheben.
9
c) So ist es hier. Die beteiligte Behörde hat dem Amtsgericht im Haftaufhebungsverfahren mitgeteilt, dass die für den 25. Februar 2016 vorgesehene Vorführung des Betroffenen beim algerischen Generalkonsulat in München wegen eines Zellenbrandes in der ZEA Mühldorf auf den 5., 6. oder 7. April 2016 verlegt worden war. Das Amtsgericht hätte daraufhin die Grundlagen für die Fortdauer der Haft überprüfen müssen. Die Prognose hätte ergeben, dass die Abschiebung des Betroffenen nicht mehr innerhalb der bis zum 8. April 2016 befristeten Haftdauer erfolgen konnte.
10
d) Eine mögliche, aber (noch) nicht angeordnete Haftverlängerung ist dabei nicht zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Sicherungshaft bis zu der Entscheidung über eine Haftverlängerung ist nämlich nicht zulässig. Sie diente nicht mehr unmittelbar der Sicherung der Abschiebung. Eine nur mittelbare Sicherung dieses Zwecks sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Senat , Beschluss vom 21. März 2013 - V ZB 122/12, juris Rn. 9; Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7). Das Gericht hat gleichwohl vor der beabsichtigten Aufhebung der Haft die Behörde anzuhören (§ 426 Abs. 2 FamFG) und ihr eine - kurz bemessene - Stellungnahmefrist einzuräumen. Die Behörde kann dann ggf. einen neuen Haftantrag stellen.
11
Ist ein Sachverhalt entstanden, aufgrund dessen sich der Schluss aufdrängt , dass die Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung nicht mehr vorliegen , ist die Behörde ohnehin verpflichtet, das für die Beendigung der Abschiebungshaft Erforderliche zu veranlassen (OLG Düsseldorf, InfAuslR 2007, 454; OLG München, OLGR 2008, 107; OLG Zweibrücken, InfAuslR 2008, 456; Keidel /Budde, FamFG, 19. Aufl., § 426 Rn. 2; MüKoFamFG/Wendtland, 2. Aufl., § 426 Rn. 3, 4).
12
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 07.03.2016 - 507c XIV 5/16 (B) -
LG Köln, Entscheidung vom 18.11.2016 - 34 T 71/16 -

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(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist, was das Beschwerdegericht verkannt hat, von Gesetzes wegen statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Vorschrift des § 62 FamFG, welche die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags für die Beschwerde ausdrücklich bestimmt, auf die Rechtsbeschwerde entsprechend anzuwenden (siehe nur Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151, Rn. 9 f.; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153, Rn. 4). Die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen bedarf daher auch dann keiner Zulassung, wenn bereits das Beschwerdegericht - wie hier - über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und im Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung dieser Entscheidung verlangt wird (Senat , Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, Rn. 4; Beschluss vom 31. März 2011 - V ZB 186/10, Rn. 5, juris).
2
1. Die Rechtsbeschwerde ist, was das Beschwerdegericht verkennt, gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG von Gesetzes wegen statthaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Vorschrift des § 62 FamFG, welche die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags für die Beschwerde ausdrücklich bestimmt, auf die Rechtsbeschwerde entsprechend anzuwenden. Diese bedarf daher auch dann keiner Zulassung, wenn bereits das Beschwerdegericht - wie hier - über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und der Betroffene im Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung der Entscheidung verlangt (Senat, Beschluss vom 30. August 2012 - V ZB 12/12, InfAuslR 2013, 37 Rn. 4 mwN).

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

7
a) Statthaft ist auch eine Rechtsbeschwerde mit dem Ziel, die Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG festzustellen.
12
aa) Der Eintritt der formellen Rechtskraft der Anordnung über die Haftverlängerung ändert nichts daran, dass während des Haftvollzugs jederzeit ein Antrag auf Haftaufhebung gestellt werden kann. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung kann nach einer Erledigung durch die Entlassung des Betroffenen aus der Haft mit dem Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG weiter verfolgt werden, die Rechtsverletzung des Betroffenen festzustellen (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 201, 211 Rn. 7, 8).
7
b) Die formelle Rechtskraft der Haftanordnung hat aber zur Folge, dass die Rechtswidrigkeit in dem Haftaufhebungsverfahren erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht - hier also ab dem 2. August 2010 - festgestellt werden kann (Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 214/10, juris Rn. 15; Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16). Zwar ist vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben, die an einen wirkungsvollen Rechtsschutz bei prozessualer Überholung zu stel- len sind, ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme regelmäßig gegeben. Dieses rechtliche Interesse erlaubt jedoch nicht die Stellung eines Feststellungsantrags losgelöst von dem jeweils bestehenden Rechtsschutzsystem, sofern es dem Betroffenen zumutbar und möglich war, eine von der Verfahrensordnung bereitgestellte Rechtsschutzmöglichkeit zu ergreifen; besteht eine solche Möglichkeit, kann von dem Betroffenen erwartet werden, dass er diese wahrnimmt (eingehend Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 14 ff.; Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16).
7
Daran hat die Ersetzung des früheren § 10 FreihEntzG durch den heutigen § 426 FamFG nichts geändert. Der Gesetzgeber hat zwar das förmliche Antragsrecht des Betroffenen nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG, auf das der Senat seinerzeit auch abgestellt hatte (Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 129/08, BGH-Report 2008, 1232 Rn. 18), redaktionell abgeschwächt (BT-Drucks. 16/6308 S. 293), aber unverändert an den Aufhebungsgründen, an der Verpflichtung zur Aufhebung der Haftanordnung von Amts wegen bei Wegfall der Gründe (dazu Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7 f.) und auch daran festgehalten, dass die Beteiligten die Aufhebung beantragen können und darüber durch Beschluss zu entscheiden ist. Unverändert geblieben ist vor allem der Zweck der Vorschrift zu verhindern, dass der Betroffene auf Grund einer Haftanordnung inhaftiert bleibt, die jedenfalls objektiv nicht (mehr) gerechtfertigt ist. Deshalb hat der Senat an der bisherigen Rechtsprechung auch unter Geltung von § 426 FamFG festgehalten (Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 17, vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16, vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 13 und vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 4). Er hat lediglich präzisiert, dass die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung nicht durch einen Antrag auf Haftaufhebung durchbrochen werden kann. Folge dessen ist, dass die Rechtswidrigkeit der Haft erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht festgestellt werden kann (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 170/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 7); dies hat der Betroffene bei der Antragstellung beachtet.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2016 aufgehoben, soweit die Beschwerde für den Zeitraum ab dem 27. November 2015 zurückgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 2015 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, soweit Sicherungshaft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 angeordnet wurde.

Von den gerichtlichen Kosten trägt der Betroffene 4/5. Weitere gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Der Kreis Siegen-Wittgenstein trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen. Im Übrigen trägt sie dieser selbst.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein ghanaischer Staatsangehöriger, reiste am 1. Oktober 2014 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt. Am 4. November 2015 wurde er in Frankfurt am Main festgenommen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Rücküberstellung nach Italien bis zum 2. Dezember 2015 angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Im Nichtabhilfeverfahren erfuhr der Amtsrichter am 27. November 2015, dass die für den 24. November 2015 geplante Rücküberstellung des Betroffenen an dessen passiven Widerstand gescheitert war. Nachfolgend hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen, das Landgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene, der am 2. Dezember 2015 aus der Haft entlassen worden ist, seinen Feststellungsantrag weiter.

II.

2

Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts in dem Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 in seinen Rechten verletzt. Bezogen auf den Zeitraum vom 4. November 2015 bis 26. November 2015 ist die Rechtsbeschwerde hingegen unbegründet.

3

1. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist rechtsfehlerhaft, soweit es die Haft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 betrifft. Der Betroffene ist in seinen Rechten verletzt (§ 62 Abs. 1 FamFG), weil das Amtsgericht die Haft nicht aufgehoben hat, nachdem es Kenntnis von dem Scheitern der am 24. November 2015 vorgesehenen Rückführung erlangt hat.

4

a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Eine Haft zur Sicherung der Abschiebung darf nicht aufrecht erhalten werden, wenn sich ergibt, dass eine Zurückschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann (Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7). Ein die Freiheitsentziehung anordnender Beschluss ist deshalb in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen darauf zu untersuchen, ob der Grund für die Freiheitsentziehung entfallen ist (vgl. Senat, Beschluss vom  25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).

5

b) Ergeben sich nach Anordnung der Haft für das Gericht hinreichende Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung möglicherweise nicht (mehr) vorliegen, hat es deshalb gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären (vgl. Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 426 Rn. 8). Das gilt auch für das Amtsgericht, das zu prüfen hat, ob es einer Beschwerde des Betroffenen abhilft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Unterlässt es das Gericht, in die gebotene Sachaufklärung einzutreten, verletzt die weitere Freiheitsentziehung den Betroffenen in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 104 GG (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom 25. Februar 2010  - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).

6

c) So ist es hier. Die beteiligte Behörde hat dem Amtsgericht am 27. November 2015 mitgeteilt, dass die Rücküberstellung des Betroffenen am 24. November 2015 gescheitert war. Das Amtsgericht hätte daraufhin die Grundlagen für die Fortdauer der Haft überprüfen müssen. Die  Prognose am 27. November 2015 hätte ergeben, dass die Rücküberstellung des Betroffenen nicht mehr innerhalb der bis zum 2. Dezember 2015 befristeten Haftdauer erfolgen konnte. Da sich der Betroffene der Rücküberstellung entzogen hatte, war ein begleiteter Flug zu buchen. Es war abzusehen, dass das in der Kürze der Zeit nicht möglich sein würde. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts werden die Flugbuchungen in Nordrhein-Westfalen durch die Zentralstelle für Flugabschiebungen in Bielefeld durchgeführt. Zwischen Flugbuchung und Überstellungstermin ist eine Zeitspanne von zehn Werktagen einzurechnen, da das Bundesamt die italienischen Behörden von der anstehenden Rückführung in Kenntnis setzen muss.

7

d) Da die Haft nach Art. 28 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung der Sicherung der Rücküberstellung dient, darf sie nicht aufrechterhalten werden, wenn sich im Beschwerdeverfahren ergibt, dass eine Rückführung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann. Eine mögliche, aber (noch) nicht angeordnete Haftverlängerung ist dabei nicht zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Sicherungshaft bis zu der Entscheidung über eine Haftverlängerung ist nämlich nicht zulässig. Sie dient dann nicht mehr unmittelbar der Sicherung der Rückführung. Eine nur mittelbare Sicherung dieses Zwecks sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Senat, Beschluss vom  10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7 zur Zurückschiebungshaft nach § 57 Abs. 2 AufenthG; Beschluss vom 21. März 2013 - V ZB 122/12, juris Rn. 9 zur Abschiebehaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG).

8

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Stresemann

     

Schmidt-Räntsch

     

Brückner

     

RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 23. September 2016

     

     

     

     

Die Vorsitzende
Stresemann

     

Haberkamp

     

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

7
Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Ergeben sich nach Anordnung der Haft für das Gericht hinreichende Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung möglicherweise nicht mehr vorliegen, hat es im Hinblick auf § 426 FamFG gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären (vgl. Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 426 Rn. 8). Unterlässt es das Gericht, in die gebotene Sachaufklärung einzutreten, verletzt die weitere Freiheitsentziehung den Betroffenen in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich auch auf die Frage der Haftfähigkeit des Betroffenen, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Haftunfähigkeit vorliegen. Denn die Inhaftierung oder Aufrechterhaltung der Haft eines erkennbar haftunfähigen Betroffenen ist rechtswidrig (Senat, Beschluss vom 12. Mai 2011 - V ZB 299/10, juris Rn. 8).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2016 aufgehoben, soweit die Beschwerde für den Zeitraum ab dem 27. November 2015 zurückgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 2015 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, soweit Sicherungshaft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 angeordnet wurde.

Von den gerichtlichen Kosten trägt der Betroffene 4/5. Weitere gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Der Kreis Siegen-Wittgenstein trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen. Im Übrigen trägt sie dieser selbst.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein ghanaischer Staatsangehöriger, reiste am 1. Oktober 2014 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt. Am 4. November 2015 wurde er in Frankfurt am Main festgenommen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Rücküberstellung nach Italien bis zum 2. Dezember 2015 angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Im Nichtabhilfeverfahren erfuhr der Amtsrichter am 27. November 2015, dass die für den 24. November 2015 geplante Rücküberstellung des Betroffenen an dessen passiven Widerstand gescheitert war. Nachfolgend hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen, das Landgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene, der am 2. Dezember 2015 aus der Haft entlassen worden ist, seinen Feststellungsantrag weiter.

II.

2

Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts in dem Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 in seinen Rechten verletzt. Bezogen auf den Zeitraum vom 4. November 2015 bis 26. November 2015 ist die Rechtsbeschwerde hingegen unbegründet.

3

1. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist rechtsfehlerhaft, soweit es die Haft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 betrifft. Der Betroffene ist in seinen Rechten verletzt (§ 62 Abs. 1 FamFG), weil das Amtsgericht die Haft nicht aufgehoben hat, nachdem es Kenntnis von dem Scheitern der am 24. November 2015 vorgesehenen Rückführung erlangt hat.

4

a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Eine Haft zur Sicherung der Abschiebung darf nicht aufrecht erhalten werden, wenn sich ergibt, dass eine Zurückschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann (Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7). Ein die Freiheitsentziehung anordnender Beschluss ist deshalb in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen darauf zu untersuchen, ob der Grund für die Freiheitsentziehung entfallen ist (vgl. Senat, Beschluss vom  25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).

5

b) Ergeben sich nach Anordnung der Haft für das Gericht hinreichende Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung möglicherweise nicht (mehr) vorliegen, hat es deshalb gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären (vgl. Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 426 Rn. 8). Das gilt auch für das Amtsgericht, das zu prüfen hat, ob es einer Beschwerde des Betroffenen abhilft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Unterlässt es das Gericht, in die gebotene Sachaufklärung einzutreten, verletzt die weitere Freiheitsentziehung den Betroffenen in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 104 GG (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom 25. Februar 2010  - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).

6

c) So ist es hier. Die beteiligte Behörde hat dem Amtsgericht am 27. November 2015 mitgeteilt, dass die Rücküberstellung des Betroffenen am 24. November 2015 gescheitert war. Das Amtsgericht hätte daraufhin die Grundlagen für die Fortdauer der Haft überprüfen müssen. Die  Prognose am 27. November 2015 hätte ergeben, dass die Rücküberstellung des Betroffenen nicht mehr innerhalb der bis zum 2. Dezember 2015 befristeten Haftdauer erfolgen konnte. Da sich der Betroffene der Rücküberstellung entzogen hatte, war ein begleiteter Flug zu buchen. Es war abzusehen, dass das in der Kürze der Zeit nicht möglich sein würde. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts werden die Flugbuchungen in Nordrhein-Westfalen durch die Zentralstelle für Flugabschiebungen in Bielefeld durchgeführt. Zwischen Flugbuchung und Überstellungstermin ist eine Zeitspanne von zehn Werktagen einzurechnen, da das Bundesamt die italienischen Behörden von der anstehenden Rückführung in Kenntnis setzen muss.

7

d) Da die Haft nach Art. 28 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung der Sicherung der Rücküberstellung dient, darf sie nicht aufrechterhalten werden, wenn sich im Beschwerdeverfahren ergibt, dass eine Rückführung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann. Eine mögliche, aber (noch) nicht angeordnete Haftverlängerung ist dabei nicht zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Sicherungshaft bis zu der Entscheidung über eine Haftverlängerung ist nämlich nicht zulässig. Sie dient dann nicht mehr unmittelbar der Sicherung der Rückführung. Eine nur mittelbare Sicherung dieses Zwecks sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Senat, Beschluss vom  10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7 zur Zurückschiebungshaft nach § 57 Abs. 2 AufenthG; Beschluss vom 21. März 2013 - V ZB 122/12, juris Rn. 9 zur Abschiebehaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG).

8

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Stresemann

     

Schmidt-Räntsch

     

Brückner

     

RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 23. September 2016

     

     

     

     

Die Vorsitzende
Stresemann

     

Haberkamp

     

7
Daran hat die Ersetzung des früheren § 10 FreihEntzG durch den heutigen § 426 FamFG nichts geändert. Der Gesetzgeber hat zwar das förmliche Antragsrecht des Betroffenen nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG, auf das der Senat seinerzeit auch abgestellt hatte (Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 129/08, BGH-Report 2008, 1232 Rn. 18), redaktionell abgeschwächt (BT-Drucks. 16/6308 S. 293), aber unverändert an den Aufhebungsgründen, an der Verpflichtung zur Aufhebung der Haftanordnung von Amts wegen bei Wegfall der Gründe (dazu Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7 f.) und auch daran festgehalten, dass die Beteiligten die Aufhebung beantragen können und darüber durch Beschluss zu entscheiden ist. Unverändert geblieben ist vor allem der Zweck der Vorschrift zu verhindern, dass der Betroffene auf Grund einer Haftanordnung inhaftiert bleibt, die jedenfalls objektiv nicht (mehr) gerechtfertigt ist. Deshalb hat der Senat an der bisherigen Rechtsprechung auch unter Geltung von § 426 FamFG festgehalten (Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 17, vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16, vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 13 und vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 4). Er hat lediglich präzisiert, dass die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung nicht durch einen Antrag auf Haftaufhebung durchbrochen werden kann. Folge dessen ist, dass die Rechtswidrigkeit der Haft erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht festgestellt werden kann (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 170/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 7); dies hat der Betroffene bei der Antragstellung beachtet.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

9
2. Zwar hat die beteiligte Behörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens nähere Angaben zum genauen zeitlichen Ablauf nachgeholt. Ob dies die Zulässigkeitsmängel des Antrags geheilt hat (was mit Wirkung für die Zukunft möglich wäre: Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318 Rn. 8), kann jedoch dahinstehen. Denn jedenfalls war der Antrag unbegründet, so dass auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts die Betroffene in ihren Rechten verletzt hat. Aus den Nachträgen ergab sich nämlich, dass die Abschiebung erst für den 10. Juli 2012 vorgesehen war, also nicht innerhalb der beantragten dreimonatigen Haftdauer durchgeführt werden konnte, die am 28. Juni 2012 ablief. Dass die Haft später - zeitlich nach der Beschwerdeentscheidung - in einem gesonderten Verfahren verlängert wurde, ist für die hier zu beurteilende Haftanordnung ohne Belang. Denn die Bestätigung der dreimonatigen Haftanordnung konnte zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht - wie es § 62 Abs. 3 AufenthG verlangt - unmittelbar die Abschiebung sichern, sondern diente der Festhaltung der Betroffenen bis zu der Entscheidung über den Verlängerungsantrag. Eine solche nur mittelbare Sicherung der Abschiebung sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.