Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2016 - StB 11/16

bei uns veröffentlicht am18.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 11/16
vom
18. Mai 2016
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung
hier: Haftbeschwerde
ECLI:DE:BGH:2016:180516BSTB11.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie der Beschuldigten und ihres Verteidigers am 18. Mai 2016 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 - 3 BGs 67/16 - wird verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Die Beschuldigte wurde am 19. April 2016 festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 - 3 BGs 67/16 - in Untersuchungshaft. Mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom selben Tag - 3 BGs 66/16 - wurde ein bereits gegen die Beschuldigte bestehender - gegen Auflagen außer Vollzug gesetzter - Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 - 272 Gs 4179/15 - aufgehoben.
2
Gegenstand des nunmehrigen, mit der Beschwerde angefochtenen Haftbefehls ist der Vorwurf, die Beschuldigte habe sich von Juli bis November 2015 in vier Fällen als Mitglied an der "Gruppe Freital" und damit an einer Vereinigung beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) bzw. gemeingefährliche Straftaten insbesondere in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB zu begehen (strafbar gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB). In drei der vier Fälle habe sie jeweils tateinheitlich - in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 in Dresden gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten eine Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 StGB) herbeigeführt, eine fremde Sache beschädigt (§ 303 StGB) und unmittelbar dazu angesetzt, mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich eine andere Person zu verletzen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2, §§ 22, 23 StGB); - am 1. November 2015 in Freital gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten eine Sprengstoffexplosion herbeigeführt (§ 308 Abs. 1 StGB) und unmittelbar dazu angesetzt, vier Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zu töten (§§ 211, 22, 23 StGB), wobei sie einen Menschen mittels eines gefährlichen Werkzeugs, mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verletzt (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) sowie eine fremde Sache beschädigt habe (§ 303 StGB); - im Zeitraum zwischen Juli und November 2015 gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten in Freital und an anderen Orten Explosionsverbrechen vorbereitet (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

II.


3
Die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Haftbefehl ist unbegründet.
4
1. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
5
Die Beschuldigte, sieben Mitbeschuldigte und weitere Personen bildeten spätestens im Juli 2015 die "Gruppe Freital". Diese Personenvereinigung war auf längere Zeit angelegt und darauf ausgerichtet, ihre rechtsextremistische Ideologie durch die Begehung von Anschlägen gewaltsam durchzusetzen. Die fortlaufenden Anschlagsplanungen sahen insbesondere Sprengstoffanschläge auf von Asylbewerbern bewohnte Unterkünfte und Wohnungen politisch Andersdenkender vor, die mittels pyrotechnischer Sprengkörper begangen werden sollten und in mehreren Fällen auch begangen wurden. Dabei wurden die Sprengkörper teilweise von außen an Fensterscheiben platziert, wodurch sie wie (Glas-)Splitterbomben wirkten. Insoweit nahmen die Mitglieder der Vereinigung , die Tötung von Menschen, die sich in den angegriffenen Räumlichkeiten aufhielten, billigend in Kauf. Mit diesen Taten sollten politisch Andersdenkende eingeschüchtert und Asylbewerber zur Ausreise aus Deutschland veranlasst werden.
6
Ihre rechtsextreme und fremdenfeindliche Gesinnung dokumentierten die Mitglieder der Vereinigung bei gemeinsamen persönlichen - häufig an einer Tankstelle in Freital abgehaltenen - Treffen, in sozialen Netzwerken, aber auch in Internet-Chatgruppen. Letzterer bediente sich die Vereinigung auch zu Anschlagsplanungen/-verabredungen, wobei die Mitglieder einen Instant -Messaging-Dienst verwendeten, der die Einrichtung geheimer, verschlüs- selter Chatgruppen ermöglichte; von dieser Möglichkeit machten sie mit dem sogenannten schwarzen Chat, in dem "ausschließlich heftige Aktionen besprochen" wurden und dessen Teilnehmer "ausschließlich die Terroristen" waren, auch Gebrauch.
7
Innerhalb der Organisation waren die Mitbeschuldigten F. und S. maßgeblich für die Planung und Organisation der Anschläge verantwortlich , wobei der Mitbeschuldigte F. auch anderen Mitgliedern die ihnen bei der Ausführung von Anschlägen zukommenden Rollen zuwies und mit Explosivstoffen experimentierte, etwa um eine verzögerte Explosionszeit oder allgemein die Wirkung pyrotechnischer Sprengkörper zu testen. Der innerhalb der Vereinigung ebenfalls als treibende Kraft angesehene Mitbeschuldigte S. war zudem in der Lage, gleichgesinnte Personen zu mobilisieren, sofern sie zu Zwecken der Vereinigung benötigt wurden. Der Mitbeschuldigte W. hatte hingegen als "Internet-Spezialist" die Aufgabe übernommen, Informationen über die linke Szene zu sammeln.
8
Die Mitglieder der Vereinigung agierten konspirativ, indem sie nicht nur die Verschlüsselungs- und Löschungsfunktionen des verwendeten InstantMessaging -Dienstes bewusst einsetzten, sondern sich darüber hinaus auch einer codierten Sprache bedienten, etwa indem sie Sprengkörper als "Obst" bezeichneten oder Kurzbezeichnungen (z.B. "BS" für Buttersäure) benutzten. Die Gruppentreffen an öffentlichen Orten, etwa an der genannten Tankstelle, dienten der Besprechung der gemeinsamen Ziele im persönlichen Rahmen.
9
Innerhalb der Gruppierung wurde deren Vorgehen von allen Mitgliedern diskutiert; Entscheidungen wurden gemeinsam - gegebenenfalls durch Abstimmungen - getroffen, wobei den Auffassungen der Mitbeschuldigten F. und S. entsprechend ihrer Funktion als Initiatoren und Organisatoren von Anschlägen ein großes Gewicht zukam. Im Verlauf der Diskussionen entwickelte sich eine gruppenspezifische Eigendynamik, die zur wechselseitigen Bestärkung der Gruppenmitglieder in ihren Auffassungen und ihrer Bereitschaft beitrug , sich auch an den Anschlägen der Vereinigung zu beteiligen. Folglich sahen sie sich als gegenseitig verpflichtet an, sich an den gemeinsamen Aktionen der Gruppierung zu beteiligen und erwarteten auch von anderen Mitgliedern, dass diese sich beteiligten; einer der Mitbeschuldigten erklärte seine Mitwirkung an einem der Anschläge gar mit "Gruppenzwang", dem er sich ausgesetzt gesehen habe.
10
Die Anschläge wurden durch koordiniertes, arbeitsteiliges Zusammenwirken der jeweils beteiligten Gruppenmitglieder vorbereitet, etwa indem über den "schwarzen Chat" Treffpunkt, Uhrzeit, Teilnehmerkreis und mitzubringende Tatmittel vereinbart wurden. Die Beschuldigte leistete zudem auch Aufklärungsarbeit. An den vereinbarten Treffpunkten, die regelmäßig in der Nähe der Tatorte lagen und als Sammelpunkte dienten, fanden zudem weitere Besprechungen zu Details der jeweiligen Tatausführung statt.
11
Aus der Gruppierung heraus wurden jedenfalls die nachfolgend beschriebenen Anschläge bzw. weitere Straftaten begangen (nachfolgend a) bis d)). Ob der Vereinigung auch weitere Anschläge/Straftaten zuzurechnen sind, bedarf derzeit noch weiterer Ermittlungen.
12
a) In der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 gegen Mitternacht brachte der Mitbeschuldigte F. als Mitglied der Vereinigung einen pyrotechnischen Sprengsatz vom Typ Cobra 12 zur Detonation, den er zuvor von außen am Küchenfenster einer von Asylbewerbern bewohnten Unterkunft, B. straße in Freital, angebracht hatte. Durch die von der Explosion ausgelöste Druckwelle zerbarst die Fensterscheibe, der Fensterrahmen wurde deformiert. Glas- und Kunststoffsplitter flogen durch die Küche und schlugen in der vier Meter vom Fenster entfernten gegenüberliegenden Wand ein; teilweise flogen die Splitter auch durch die geöffnete Küchentür in den angrenzenden Flur. Die sich zur Tatzeit in der Wohnung aufhaltenden acht Personen blieben nur deshalb unverletzt, weil sie sich nicht in der Küche oder im Flur befanden, sondern in den anderen Räumen schliefen.
13
Dem Mitbeschuldigten F. war die Wirkung des verwendeten Sprengsatzes bekannt. Er wusste auch, dass die Wohnung von Asylbewerbern genutzt wurde; darauf kam es ihm gerade an. Die naheliegende Möglichkeit, dass der Küchenraum einer Wohnung auch zur Nachtzeit von Bewohnern der Wohnung betreten werden kann, die alsdann von herumfliegenden Splittern zumindest gravierend verletzt werden könnten, war ihm ebenfalls bewusst.
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Es besteht aus den vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes im Einzelnen dargelegten Gründen der dringende Tatverdacht, dass es sich bei dieser Tat des Mitbeschuldigten F. um eine solche handelte, auf die die Zwecke und Tätigkeiten der Vereinigung "Gruppe Freital" gerichtet waren. Ob sich bestehende Anhaltspunkte, dass auch andere Mitglieder der Vereinigung an ihrer Ausführung beteiligt waren, im Sinne eines dringenden Tatverdachts erhärten lassen, bedarf noch weiterer Ermittlungen.
15
b) In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 verübten Mitglieder der "Gruppe Freital" gemeinsam mit weiteren Personen einen Sprengstoffanschlag auf Bewohner des von dem linksgerichteten alternativen Wohnprojekt "Mangelwirtschaft" genutzten Wohnhauses O. straße in D. . Dieser Anschlag war ein "Racheakt" der Vereinigung an den Bewohnern , die sie für einen vermeintlichen Angriff linksgerichteter Personen auf einen Teilnehmer an einer Blockade einer Turnhalle verantwortlich machten, in der eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden sollte. Im "schwarzen Chat" verabredeten sich die Beschuldigte und die Mitbeschuldigten im Verlauf des 18. Oktober 2015 zum nächtlichen Angriff auf das Gebäude, wobei bereits besprochen wurde, wer welche Tatmittel - etwa Sprengkörper oder Buttersäure - mitbringen könne. Gegen 19 Uhr trafen sich die teilnehmenden Mitglieder der "Gruppe Freital" zunächst an der Tankstelle in Freital und begaben sich später nach D. , wo sie ab 20 Uhr mit einer Dresdner Gruppe von Gleichgesinnten an einer Turnhalle zusammentrafen. Der Mitbeschuldigte F. und ein Teilnehmer aus der Dresdner Gruppe hatten das Grundstück vorher ausgekundschaftet. Unter einer Brücke in der Nähe des Wohnprojekts kam die aus 20-30 Personen bestehende Gruppe der Angreifer zusammen. Es wurden mehrere Sprengsätze - auch mit Buttersäure versehene - hergestellt. Die Mitbeschuldigten F. und S. verteilten weitere nicht in Deutschland zugelassene Sprengmittel und Steine an die Anwesenden und teilten die Tatbeteiligten in Gruppen ein. Die Dresdner Teilnehmer griffen entsprechend dem von dem Mitbeschuldigten F. entwickelten und allen Tatbeteiligten detailliert erläuterten Tatplan ab 23.50 Uhr zusammen mit dem Mitbeschuldigten K. das Haus von vorne an, wobei dieses Manöver nur der Ablenkung dienen sollte; den eigentlichen Angriff führten die Mitbeschuldigten F. , S. , Se. und Sch. zusammen mit anderen Personen von der Hinterseite des Grundstücks: Sie warfen zahlreiche Sprengsätze und Steine auf Fensteröffnungen des Hauses, mit denen sie indes nur Sachschaden anrichteten. Durch die mit Buttersäure versehenen Sprengkörper, die sie im Inneren des Hauses zur Detonation bringen wollten, beabsichtigten sie, das Haus unbewohnbar zu machen. Dies misslang, weil die Mitbeschuldigten die anvisierten Fensteröffnungen nicht trafen.
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Die tatausführenden Mitglieder der Vereinigung, denen die erhebliche Sprengkraft der von ihnen verwendeten, in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörper bekannt war, nahmen auch die gravierende Verletzung der anwesenden Bewohner des Hauses billigend in Kauf; sie hatten von der Raumaufteilung keine Kenntnis und konnten deshalb nicht ausschließen , dass sich in den Räumen hinter den von ihnen anvisierten Fenstern Personen aufhalten würden. Aufgrund der bekannten Gefährlichkeit der verwendeten Sprengsätze war den Beschuldigten auch die mögliche Todesgefahr bewusst , in die sie die Bewohner des angegriffenen Hauses brachten.
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Die Beschuldigte war in die Vorbereitung des Anschlags involviert, sie nahm an den Besprechungen im "schwarzen Chat" teil, traf sich mit den Mitbeschuldigten an der Tankstelle in Freital und fuhr mit ihrem Kraftfahrzeug zu dem Treffpunkt nach D. . Erst kurz vor dem eigentlichen Angriff verließ sie die Gruppe, weil sie wegen körperlicher Einschränkungen den Weg zum eigentlichen Tatort nicht schnell genug zurücklegen konnte. In Kenntnis der detaillierten Tatplanung, die sie billigte und offen befürwortet hatte, fuhr sie mit ihrem Fahrzeug an einen Ort mit Sicht auf die Vorderseite des Wohnprojekts und sah sich von dort den Angriff an.
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c) In der Nacht auf den 1. November 2015 gegen 0.50 Uhr stellten die Mitbeschuldigten F. , Sch. und W. an drei Fenstern der als Asylbewerberunterkunft dienenden Wohnung Wi. Straße in Freital jeweils einen in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörper vom Typ Cobra 12 auf dem Fensterbrett ab und brachten diese annähernd zeitgleich zur Zündung. Ihnen war bekannt, dass sich hinter zwei Fenstern Schlafzimmer und hinter dem dritten die Küche der Wohnung befanden. Die Innenscheiben der doppelverglasten Fenster zerbarsten in teilweise handteller- große Splitter, die durch die hinter den Fenstern liegenden Innenräume geschleudert wurden. Einer der Bewohner, der zur Tatzeit in seinem Bett lag, wurde durch die herumfliegenden Splitter im Gesicht verletzt; er erlitt mehrere Schnittverletzungen an der Stirn. Weitere Bewohner konnten sich, nachdem einer von ihnen die abbrennende Lunte bemerkt hatte, auf seinen Warnruf hin in den Flur retten, wodurch weitere mögliche gravierende Verletzungen verhindert werden konnten.
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Diesen Anschlag hatten Mitglieder der Vereinigung, unter ihnen die Beschuldigte , im Laufe des 31. Oktobers 2015 geplant, wozu sie sich gegen 16.30 Uhr an der genannten Tankstelle in Freital trafen und zunächst gemeinsam nach Tschechien fuhren, wo sie mehrere in Deutschland nicht zugelassene pyrotechnische Sprengkörper erwarben. Schon vorher hatte die Beschuldigte mit dem Mitbeschuldigten S. telefonisch erörtert, dass sich die Gruppe am Abend treffen wolle, um ein "bisschen zu eskalieren". Gegen 21.30 Uhr kam die Beschuldigte erneut mit den Mitbeschuldigten S. , Sch. , W. , F. , K. und We. sowie dessen Lebensgefährtin an der Tankstelle zusammen; bei diesem Treffen beschlossen die Anwesenden, den Anschlag auf die Asylbewerberunterkunft auszuführen und besprachen die Tatmodalitäten , das vorherige Auskundschaften der Tatörtlichkeit sowie die Aufgabenverteilung ausführlich. Nach Abschluss der Planung verließen die Beteiligten zunächst den Bereich der Tankstelle und trafen sich, nachdem der Mitbeschuldigte F. in seiner Wohnung die Sprengsätze präpariert hatte, gegen 0.30 Uhr an einer Grundschule, von der aus sie mit mehreren Fahrzeugen - die Beschuldigte steuerte eines davon - zu einem Feld in der Nähe der Asylbewerberunterkunft fuhren. Die Beschuldigte sowie die Mitbeschuldigten S. , K. und We. warteten abredegemäß in der Nähe des Tatorts, von wo aus sie das weitere Geschehen beobachtete. Die Mitbeschuldigten F. , Sch. und W. führten alsdann den Anschlag - wie dargelegt - aus. Anschließend flohen sie in dem von dem Mitbeschuldigten We. gesteuerten Fluchtwagen. Auch die Beschuldigte floh mit den weiteren Beobachtern vom Tatort.
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Der Beschuldigten sowie den weiteren beteiligten Mitgliedern der Vereinigung waren die Sprengwirkung der eingesetzten Sprengkörper und die Gefährlichkeit insbesondere der konkreten Begehungsweise durch die Splitterwirkung der Fensterscheiben bekannt. Sie nahmen den Tod der in der Wohnung befindlichen Asylbewerber, um deren Anwesenheit sie wussten, gleichwohl in Kauf, als sie die Tat trotz im Vorfeld aufgekommener Bedenken, dass dabei Menschen zu Schaden kommen könnten, ausführten; solche Bedenken wurden von dem Mitbeschuldigten F. vielmehr ausdrücklich zurückgestellt, indem dieser ausführte: "Ob wir das nicht wollen?" und anschließend lachte.
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d) Die Beschuldigte plante mit den anderen Mitgliedern der Vereinigung die Herbeiführung weiterer Sprengstoffexplosionen, bei denen Leib oder Leben anderer Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden sollten. Um diese ausführen zu können, fuhren die Mitglieder der Vereinigung - wie bereits oben dargelegt - nach Tschechien, um sich dort mit in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörpern zu versorgen. Bei der Durchsuchung der Wohnung der Beschuldigten wurden zehn solcher Sprengkörper und eine Abschussvorrichtung sichergestellt.
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2. Die Beschuldigte ist der ihr zur Last gelegten Taten dringend verdächtig. Der erforderliche dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus der Auswertung der auf dem Mobiltelefon der Beschuldigten sichergestellten Protokolle namentlich des "schwarzen Chats", aus den Ergebnisse von zahlreichen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen und aus den Vernehmungen der Beschuldigten und zahlreicher Mitbeschuldigter, die sich teilweise selbst und gegenseitig erheblich belastet haben. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die ausführliche, mit den Beweisergebnissen belegte Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Haftbefehl.
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3. In rechtlicher Hinsicht ist aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses zunächst der dringende Verdacht belegt, dass sich in Freital eine Vereinigung gegründet hatte, die auf die Begehung von Tötungsdelikten sowie Sprengstoffverbrechen gerichtet war, an der sich die Beschuldigte als Mitglied beteiligte, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB.
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Eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist ein auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 474). Eine solche Vereinigung wird zur terroristischen, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gemäß den Katalogen nach § 129a Abs. 1 und 2 StGB gerichtet sind. Diese Zielsetzung muss durch den internen Willensbildungsprozess der Mitglieder gedeckt sein; der Gruppenwille erleichtert dem Einzelnen die Begehung von Straftaten und drängt das Gefühl persönlicher Verantwortung zurück, woraus sich die vereinigungsbezogene Gefährlichkeit im Sinne der in größeren Personenzusammenschlüssen liegenden typischen Eigendynamik ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 229).
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Die "Gruppe Freital" erfüllte nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Voraussetzungen. Ihre Zusammensetzung und ihre Ausrichtung ergeben das Vorliegen des personellen, des zeitlichen und des organisatorischen Elements. Auch das Willenselement ist durch das beschriebene Verhalten bei der Willensbildung (gemeinsame Diskussion und Abstimmung) belegt.
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Die von der Vereinigung begangenen Taten erweisen sich unter Zugrundelegung des bisherigen Ermittlungsergebnisses als Straftaten im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB. Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt aus den in dem angefochtenen Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs genannten Gründen auch der Anschlag auf die Asylbewerberunterkunft in der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 eine Tat der terroristischen Vereinigung dar. Die Sprengstoffanschläge hatten - unabhängig von der Frage eines zur Anwendung von § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB führenden Tötungsvorsatzes - das Ziel, politisch Andersdenkende einzuschüchtern und Asylbewerber so zu verängstigen, dass sie die Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen würden. Ein solches Vorgehen gegen politisch Andersdenkende und Asylbewerber, die sich infolgedessen nicht mehr sicher und geschützt fühlen könnten und das so zu einer tiefgreifenden Beeinträchtigung der inneren Sicherheit und des Vertrauens in ihre Gewährleistung führt, erfüllt die Voraussetzungen von § 129a Abs. 2 StGB, zumal, wenn sich die Anschläge in eine Vielzahl ausländerfeindlicher Straftaten im gesamten Bundesgebiet einreihen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 3 StR 263/05, NJW 2006, 1603, 1604 mwN).
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Die Beschuldigte gehörte als Teilnehmerin an dem nur den "Terroristen" vorbehaltenen "schwarzen Chat" zum inneren Kreis dieser Vereinigung. Sie nahm jedenfalls in den Fällen a) und c) an den Planungen der Anschläge und der Beschlussfassung hierzu teil und beteiligte sich ausweislich der Chatprotokolle auch im Übrigen rege am Verbandsleben.
28
Im Fall d) begründen bereits die aufgefundenen Sprengkörper im Zusammenhang mit der übrigen Ausrichtung der Vereinigung, dass die Beschuldigte dringend verdächtig ist - tateinheitlich zu der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 475) -, ein Explosionsverbrechen nach § 308 Abs. 1 StGB vorbereitet zu haben, strafbar gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
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Im Fall c) ist die Beschuldigte zudem dringend verdächtig, sich als Mittäterin an dem Anschlag beteiligt zu haben und damit - wiederum tateinheitlich zu der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung - versucht zu haben, vier Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zu töten (§§ 211, 22, 23 StGB), wobei sie einen Menschen mittels eines gefährlichen Werkzeugs, mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verletzte (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) sowie eine fremde Sache beschädigte (§ 303 StGB). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich der Verdacht auf den Tötungsvorsatz aus der auch der Beschuldigten bekannten besonderen Gefährlichkeit der an den Fensterscheiben angebrachten Sprengladungen. Ihre Ausführungen in ihrer Beschuldigtenvernehmung , sie habe sich wegen des Verletzungsrisikos für Frauen und Kinder gegen Anschläge auf Volksfeste gewandt, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil etwaige Bedenken auch im Vorfeld des konkreten Anschlags zurückgestellt wurden und sich die Beschuldigte gleichwohl an der weiteren Anschlagsvorbereitung beteiligte. Dass die Beschuldigte nicht selbst Sprengsätze anbrachte, steht der Annahme von Mittäterschaft nach allgemeinen Grundsätzen nicht entgegen: Aufgrund ihres bei der Anschlagsvorbereitung und durch ihre Billigung von Gewalt gezeigten großen Tatinteresses begründen ihre - wenn auch weniger schwerwiegenden - Beiträge zur eigentlichen Tatausfüh- rung - sie beförderte mit ihrem Fahrzeug weitere Mitbeschuldigte zum Tatort - den dringenden Verdacht einer mittäterschaftlichen Begehungsweise.
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Im Fall b) sind solche auch nur geringfügigen Tatbeiträge betreffend die eigentliche Durchführung des Anschlags hingegen nicht durch das bisherige Ermittlungsergebnis belegt; die Beschuldigte fuhr allein mit ihrem Fahrzeug zum Tatort und verließ die Gruppe kurz vor dem eigentlichen Angriff, um sich die Tat aus einiger Entfernung anzusehen. Ob angesichts dessen der Vorwurf einer mittäterschaftlichen Begehungsweise gerechtfertigt erscheint, oder gegebenenfalls wegen der Befürwortung der Gewalthandlungen im Vorfeld nur eine Strafbarkeit wegen - zumindest psychischer - Beihilfe zu dieser Tat in Betracht kommt, kann der Senat offen lassen: Aufgrund des bestehenden dringenden Tatverdachts mehrerer in Tatmehrheit zueinander stehender Verbrechen nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB, die - in den Fällen b) bis d) wiederum mit anderen Gesetzesverletzungen tateinheitlich zusammentreffend (vgl. zur konkurrenzrechtlichen Bewertung nach neuerer, geänderter Rechtsprechung BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 477) - im Fall c) mit einer Mindeststrafe drei Jahren (§ 211, §§ 22, 23, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und in den übrigen Fällen mit einer solchen von jeweils einem Jahr Freiheitsstrafe (§ 129a Abs. 1 StGB) bedroht sind, bedarf die Frage, ob die Beschuldigte , die durch die Tat im Fall b) jedenfalls den Straftatbestand des § 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB verletzt hat, tateinheitlich dazu täterschaftlich oder nur als Gehilfin gegen ein weiteres Strafgesetz verstoßen hat, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof jedenfalls dann keiner Entscheidung, wenn die anderen angenommenen Gesetzesverletzungen den Fortbestand des Haftbefehls begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - StB 2/15, juris Rn. 26). So verhält es sich hier.
31
4. Es besteht - worauf auch der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zutreffend abgestellt hat - sowohl mit Blick auf § 129a Abs. 1 und 2 StGB als auch mit Blick auf das jedenfalls in einem Fall versuchte Tötungsdelikt der Haftgrund der Schwerkriminalität, § 112 Abs. 3 StPO. Daneben hat die Beschuldigte im Fall einer Verurteilung eine empfindliche Freiheitsstrafe zu erwarten , die einen erheblichen Fluchtanreiz begründet. Diesem stehen hinreichende persönliche und soziale Bindungen der erwerbsunfähigen Beschuldigten nicht entgegen, so dass - wie der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs ebenfalls bereits ausgeführt hat - auch der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.
32
Es führt zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beschuldigte über den Zeitraum von mehreren Monaten die ihr auferlegten Melde- und sonstigen Auflagen , die ihr durch den Beschluss, mit dem der Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 außer Vollzug gesetzt worden war, befolgt hat: Von einer vergleichbaren Straferwartung kann angesichts des unterschiedlichen Umfangs jenes Haftbefehls zu dem nunmehr angefochtenen (dazu sogleich unter 5.) keine Rede sein. Der Tatvorwurf wurde sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht wesentlich ausgeweitet. Entgegen dem Beschwerdevorbringen beschränkte sich zuletzt die konkrete Straferwartung für die Beschwerdeführerin durch die Anklageerhebung zum Jugendschöffengericht zudem auf eine Höchststrafe von vier Jahren (vgl. § 24 Abs. 2 GVG). Dies ist nunmehr - weil gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig sind, was wiederum die Übernahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt bedingt hat - hinfällig.
33
Die Straferwartung verringert sich vorliegend auch nicht etwa dadurch, dass möglicherweise Angaben eines etwaigen Mittäters auf die Spur der Beschuldigten geführt haben, dem die Ermittlungsbehörden Vertraulichkeit zugesichert haben. Unabhängig davon, ob dies strafprozessual bedenklich erscheinen könnte, berührt dies das Verfahren gegen die Beschuldigte nicht: Die sich gegen sie ergebenden Beweismittel sind von den Angaben des anonymen Zeugen unabhängig erhoben worden; bei dem Zeugen handelte es sich entgegen den Mutmaßungen in dem Beschwerdevorbringen nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen nicht um eine V-Person oder gar einen verdeckten Ermittler.
34
Zu keinem anderen Ergebnis führt schließlich der Umstand, dass einige Gespräche, mit denen der Anschlag vom 1. November 2015 vorbereitet wurde, bereits von den Ermittlungsbehörden überwacht wurden. Selbst wenn den Ermittlungsbehörden der Vorwurf gemacht werden könnte, sie hätten den Anschlag pflichtwidrig nicht vereitelt, würde dies angesichts des dringenden Verdachts unter anderem wegen versuchten Mordes nicht zu einer so niedrigen Straferwartung führen, dass sie keinen erheblichen Fluchtanreiz mehr begründen würde.
35
5. Der Umstand, dass der - zwischenzeitlich aufgehobene - Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 außer Vollzug gesetzt worden war, hindert den Vollzug des angefochtenen Haftbefehls entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht.
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a) Gemäß § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO ist der Vollzug des ausgesetzten Haftbefehls anzuordnen, wenn neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen. Diese Einschränkung gilt auch, wenn - wie hier - der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl aufgehoben und durch einen neuen ersetzt wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 116 Rn. 22 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind "neu" im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachträglich eingetretene oder nach Erlass des Aussetzungsbeschlusses bekannt gewordene Umstände nur dann, wenn sie die Gründe des Haftverschonungsbeschlusses in einem so wesentlichen Punkt erschüttern, dass keine Aussetzung bewilligt worden wäre, wenn sie bei der Entscheidung bereits bekannt gewesen wären. Das maßgebliche Kriterium für den Widerruf besteht in einem Wegfall der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Eine bloß nachträgliche andere Beurteilung bei gleichbleibender Sachlage rechtfertigt den Widerruf nicht (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12, juris Rn. 43 mwN).
37
b) Diese Voraussetzungen für einen Widerruf liegen hier vor: Gegenstand des Haftbefehls vom 6. November 2015 waren allein die Tat vom 18./19. Oktober 2015 (Angriff auf das Wohnprojekt) und die Vorbereitung von Sprengstoffverbrechen durch das Vorrätighalten der bei der Durchsuchung sichergestellten Sprengkörper. Neu hinzugekommen ist mithin der Vorwurf der Beteiligung an einem weiteren Anschlag (Tat vom 1. November 2015), der den dringenden Verdacht des versuchten Mordes begründet, sowie der Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, der zudem ein weiterer Anschlag (Tat vom 19./20. September 2015) zuzurechnen ist, wenn auch der Beschuldigten insoweit eine konkrete Tatbeteiligung nicht zur Last gelegt wird.
38
Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, durch die Anklageerhebung vor dem Amtsgericht Dresden habe die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zum Ausdruck gebracht, dass an der Außervollzugsetzung auch mit Blick auf die Erweiterung des Tatvorwurfs hinsichtlich der Tat vom 1. November 2015 festgehalten werde, weshalb sie auf die andauernde Außervollzugsetzung habe vertrauen dürfen. Hierzu gilt:
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Der erstmals in dem angefochtenen Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs erhobene Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der auf zahlreichen neu hinzutretenden Ermittlungsergebnissen tatsächlicher Art beruhte, war nicht Gegenstand dieser Anklage und damit auch nicht Bestandteil der bei der Beschuldigten gegebenen Vertrauensgrundlage. Allein das Hinzutreten dieses Tatvorwurfs führte indes aufgrund der mit ihm verbundenen Straferwartung zu einer Verstärkung des Haftgrundes der Fluchtgefahr und jedenfalls auch zur Annahme des weiteren Haftgrundes der Schwerkriminalität (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 116 Rn. 28), der in dem ursprünglichen Haftbefehl nicht enthalten war.
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Hinzu kommt, dass durch die Anklageerhebung zum Amtsgericht - wie dargelegt - auch eingedenk der von der Beschwerdebegründung angeführten Ausweitung des Tatvorwurfs bei gleichzeitigem Festhalten an der Aussetzungsentscheidung , zugleich eine Beschränkung der Straferwartung auf eine Höchststrafe von vier Jahren verbunden war, die durch die Rücknahme dieser Anklage und der nach § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG gegebenen erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte wegfiel. Mithin musste das Hinzutreten dieser neuen, im ursprünglichen Haftbefehl nicht erwähnten und nicht bekannten Umstände dazu führen, dass die Beschuldigte nicht weiter auf die Aussetzung des Haftbefehls vom 6. November 2015 vertrauen konnte.
41
c) Der Senat hat trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geprüft, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung mildere Mittel der Verfahrenssicherung - namentlich eine Verschärfung der Auflagen - in Betracht kommt (vgl. BVerfG, aaO Rn. 48). Dies war mit Blick auf die aufgezeigte erhebliche Veränderung der Straferwartung und den daraus folgenden erheblichen Fluchtanreiz zu verneinen.
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6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht schließlich auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.
Schäfer RiBGH Mayer befindet sich Gericke im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2016 - StB 11/16

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2016 - StB 11/16 zitiert 19 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 120


(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug 1. (weggefallen)2. bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des S

Strafgesetzbuch - StGB | § 303 Sachbeschädigung


(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und n

Strafgesetzbuch - StGB | § 308 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion


(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter e

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 24


(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht 1. die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,2. im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre F

Strafgesetzbuch - StGB | § 310 Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens


(1) Wer zur Vorbereitung 1. eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,2. einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,3. einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder4. einer Straftat nach §

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2016 - StB 11/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2016 - StB 11/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2009 - 3 StR 277/09

bei uns veröffentlicht am 03.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 277/09 vom 3. Dezember 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja _______________________________ StGB § 129 Abs. 1 1. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Ok

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2015 - StB 2/15

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS S t B 2 / 1 5 vom 26. Februar 2015 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundes

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - 3 StR 537/14

bei uns veröffentlicht am 09.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 537/14 vom 9. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2015:090715B3STR537.14.1 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalb

Referenzen

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 537/14
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:090715B3STR537.14.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27. Januar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall B.VIII. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht Wipperfürth - Strafrichter - zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Körperverletzung (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Fall B.VIII. der Urteilsgründe) zu der Gesamt- geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 € verurteilt. Die auf die Rüge der Ver- letzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts rief der Angeklagte am 1. Mai 2011 zwischen 3.00 und 4.00 Uhr auf einer Maifeier in R. lauthals "Sieg Heil". Als ihn ein Besucher deswegen zur Rede stellen wollte, wiederholte er den Ausruf und "schlug dem Zeugen mit der flachen Hand die Brille aus dem Gesicht, ohne ihm dabei Schmerzen zuzufügen oder die Brille zu beschädigen". Anschließend entfernte sich der Angeklagte (Fall B.VIII. der Urteilsgründe).
3
Am 25. November 2011 kam es in W. außerhalb eines Schnellrestaurants zu einer Schlägerei, weswegen der Filialleiter die Polizei informierte. Als er bemerkte, dass die Kämpfenden den Ort des Geschehens verließen, hielt er den sich ebenfalls entfernenden Angeklagten, der in die Filiale gekommen war und zu einer der Gruppe der Kämpfenden gehörte, am Arm fest, um einen Zeugen vor Ort zu haben. Der Angeklagte riss sich los und rannte zur Tür. Als der Filialleiter ihm folgte, drehte sich der Angeklagte um, versetzte ihm einen Schlag mit der Faust ins Gesicht und floh anschließend vom Tatort (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe).
4
2. Die Verurteilung wegen Körperverletzung hinsichtlich des unter B.VII. 10. der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalts hat Bestand. Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht hätte eine Rechtfertigung des Angeklagten durch Notwehr erörtern müssen, ergeben die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , dass der Faustschlag des sich ohnehin im Gehen befindlichen Angeklagten jedenfalls nicht erforderlich im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB war.
5
3. Demgegenüber wird der Schuldspruch wegen versuchter Körperverletzung hinsichtlich des Geschehens vom 1. Mai 2011 von den Feststellungen nicht getragen. Insofern fehlt es an Ausführungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten. Es mag zwar naheliegen, dass dessen Angriff nicht ausschließlich der Brille, sondern auch der körperlichen Integrität des Geschädigten galt oder dass der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, diesen durch sein Vorgehen zu verletzen und dies billigend in Kauf nahm. Dies festzustellen ist indes Sache des Tatrichters. Darüber hinaus verhält sich das Urteil nicht zum Vorstellungsbild des Angeklagten unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung, welches für die Beurteilung maßgeblich ist, ob der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB von einem etwaigen Versuch strafbefreiend zurückgetreten ist (vgl. zum Rücktrittshorizont BGH, Urteil vom 2. November 1994 - 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 305 f.).
6
Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch das in Tateinheit zur versuchten Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der Einzelstrafe zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
7
Nach Ausscheiden des die Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Var. 2 StGB verweist der Senat das Verfahren im Umfang der Aufhebung an das für das Geschehen in R. örtlich zuständige Amtsgerichts Wipperfürth - Strafrichter - zurück (§ 354 Abs. 3 StPO).
8
4. Darüber hinaus stellt der Senat klar, dass entgegen den Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen des Landgerichts für einen Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Nr. 1 (12) der Anklage) kein Raum war, und sich dementsprechend der ausgeurteilte Teilfreispruch hierauf nicht erstreckt.
9
Allerdings war die Anklage mit Blick auf das Geschehen vom 1. Mai 2011 von zwei Taten (§ 53 StGB) - dem ersten Ruf "Sieg Heil" auf der einen, dem zweiten Ruf sowie dem Schlag gegen die Brille auf der anderen Seite - ausgegangen. In diesen Fällen ist ein Freispruch auch dann angezeigt, wenn das tatmehrheitlich angeklagte, indes nicht als erwiesen angesehene Geschehen mit dem abgeurteilten Teil eine natürliche Handlungseinheit bilden würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 13 mwN). Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie vorliegend - das gesamte angeklagte Geschehen abgeurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Denn in diesen Fällen ist für eine weitere materiellrechtliche Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte, kein Raum mehr.
10
Ein Freispruch unterbleibt des Weiteren, wenn nicht wegen aller Taten verurteilt wird, die nach dem Eröffnungsbeschluss in Tateinheit zueinander stehen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - 5 StR 270/84, NStZ 1985, 13, 15 f. bei Pfeiffer/Miebach). Deswegen kam ein Freispruch vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, der als in Tateinheit zu der Körperverletzung vom 25. November 2011 stehend angeklagt worden war, nicht in Betracht.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 277/09
vom
3. Dezember 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________________
1. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008
zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität führt nicht zu einer Änderung der
bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne des
2. Verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung durch koordiniertes Handeln nicht nur
kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten
hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, so
belegt dies regelmäßig den für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendigen
übergeordneten Gemeinschaftswillen.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09 - LG Dresden
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Oktober 2009 in der Sitzung am 3. Dezember 2009, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Peter W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Tom W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. August 2008 mit den Feststellungen aufgehoben mit Ausnahme des Teilfreispruchs der Angeklagten T. und Tom W. vom Vorwurf der Volksverhetzung ; jedoch werden die Feststellungen zu dem jeweiligen objektiven Tatgeschehen in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe bezüglich aller Angeklagten aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten T. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
3. Die Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. Diese Angeklagten haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Tom W. der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen sowie die Angeklagten T. und Peter W. jeweils der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, schuldig gesprochen. Es hat folgende Jugendstrafen verhängt: gegen den Angeklagten Tom W. eine solche von drei Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten Peter W. eine solche von drei Jahren sowie gegen den Angeklagten T. eine solche von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung sowie die Angeklagten G. und R. insgesamt freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, die sich auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützt, wendet sich die Staatsanwaltschaft insbesondere dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind; das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg. Der Angeklagte T. begehrt Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer Verfahrensrüge und beanstandet ebenso wie die Angeklagten Tom und Peter W. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Diese Rechtsmittel sind unbegründet.
2
A. Nach den Feststellungen des Landgerichts traf sich ab dem Jahre 2005 eine Gruppe politisch rechtsorientierter Jugendlicher aus M. , die sich den Namen "Division Sächsischer Sturm" gegeben hatte und zu der auch die Angeklagten gehörten. Im Herbst 2005 wurde eine Halle in einem Bauhof zum festen täglichen Treffpunkt. Man spielte Musik mit rechtsradikalen Texten und stattete die Räumlichkeiten u. a. mit Reichskriegsflaggen aus. Zwischen dieser Gruppe und anderen Personen in der Umgebung kam es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, wobei sich die Angriffe der Gruppenmitglieder bevorzugt gegen Punker, "Linke" und "Kiffer" richteten.
3
Anfang 2006 kam innerhalb der Gruppe die Idee auf, eine Kameradschaft zu gründen. Im Januar 2006 trafen sich etwa 20 ausgewählte Personen, darunter auch die Angeklagten Tom W. , T. und R. . Es wurde besprochen , dass die Kameradschaft einen Namen und ein Abzeichen bekommen sollte; man dachte auch über eine einheitliche Kleidung nach, um nach außen Geschlossenheit zu demonstrieren. Im Bauhof sollte Ordnung geschaffen und die Teilnahme an rechtsorientierten Veranstaltungen organisiert werden. Hauptziel der Kameradschaft war jedoch, M. durch die Schaffung einer sog. nationalbefreiten Zone "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Dies bedeutete , dass gegen alle Personen, die keine rechtsorientierte politische Gesinnung hatten, mit Gewalt vorgegangen werden sollte. Der Angeklagte Tom W. beabsichtigte , ein "Sammelbecken von Nationalisten" zu schaffen, in dem er Hooligans und Skinheads zusammenführen wollte. Es sollten weiterhin sog. Skinheadkontrollrunden durchgeführt werden, bei denen die Teilnehmer nach missliebigen Personen Ausschau hielten. Wurden solche angetroffen, organisierte und formierte man eine größere Einheit und ging gewalttätig gegen sie vor. An diesen Aktionen sollten nach Möglichkeit alle im Bauhof anwesenden Männer teilnehmen.
4
Nach dieser Vorbesprechung entwickelte der Angeklagte G. nach Recherchen in der Geschichte des Nationalsozialismus den Namen "Kameradschaft Sturm 34". Am ersten Wochenende im März 2006 wurde eine der üblichen Zusammenkünfte im Bauhof spontan zur Gründungsveranstaltung genutzt. Neben anderen Personen hielt der Angeklagte G. eine Rede und erklärte den 30 bis 50 anwesenden Personen den vorherigen Absprachen ent- sprechend, wie eine Kameradschaft zu funktionieren habe, wie es zu dem Namen "Kameradschaft Sturm 34" komme und welche gemeinsamen Ziele verfolgt werden sollten. Die Anwesenden taten ihre Zustimmung kund und waren sich einig, dass damit die "Kameradschaft Sturm 34" gegründet war. Der Vorschlag , eine Mitgliederliste aufzulegen, wurde u. a. deshalb nicht umgesetzt, weil der Angeklagte R. einwandte, dass eine solche Liste im Falle polizeilicher Ermittlungen nachteilig wäre.
5
Der Angeklagte Tom W. nahm in der Folgezeit in der Gruppierung eine Anführerstellung ein. Er bildete mit den Angeklagten Peter W. , T. und G. sowie weiteren Personen den "harten Kern" der Kameradschaft. Die Beteiligten waren sich einig, dass ihre Ziele nur mittels Gewaltanwendung durchgesetzt werden konnten. Lediglich dem Angeklagten G. schwebte eine gewaltfreie Kameradschaft vor; er schied später aus der Gruppierung aus. Bei einer Veranstaltung am 27. Juni 2006 wurde ein Vorstand gewählt; dieser bestand aus dem Angeklagten Tom W. und drei weiteren Personen, unter denen sich mit H. auch ein weibliches Mitglied befand. Eine schriftliche Satzung wurde in der Folgezeit nicht niedergelegt, einheitliche Kleidung nicht angeschafft. Offizielle Regeln, nach denen die Entscheidungen getroffen werden sollten, wurden nicht aufgestellt. Man legte auch nicht ausdrücklich fest, wer als Mitglied der Kameradschaft anzusehen war. Die Teilnahme an den Aktionen gegen "Zecken" und andere war den im Bauhof Anwesenden freigestellt. Der Angeklagte Tom W. gab in der Regel den Ton an; seine Anweisungen wurden indes nicht allgemein akzeptiert. Der Austritt aus der Kameradschaft war ohne Weiteres möglich; auch das Ausscheiden des Angeklagten G. wurde ohne Diskussion hingenommen.
6
Dem Angeklagten R. waren die ständigen Gewalttaten zuwider; er fürchtete, es könnten Personen zu Tode kommen. Um dies zu verhindern, nahm er Kontakt zu den Polizeibehörden auf und verfasste als Informant Berichte über den Verband. Durch Verfügung vom 22. April 2007 verbot das Sächsische Staatsministerium des Innern die "Kameradschaft Sturm 34" und löste diese auf, weil ihre Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderliefen und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten.
7
Nach Gründung der "Kameradschaft Sturm 34" kam es zu folgenden Straftaten:
8
Am 12. Mai 2006, dem Himmelfahrtstag, stellten der Angeklagte Tom W. und der gesondert Verfolgte He. bei einer "Skinheadkontrollrunde" fest, dass sich an der Torfgrube M. eine Gruppe sog. Ökos aufhalte. Fast alle am Bauhof Anwesenden, darunter die Angeklagten Tom und Peter W. , machten sich daraufhin mit Handschuhen, die mit Quarzsand gefüllt waren, sowie Springerstiefeln auf den Weg zu der Torfgrube. Eingedenk entsprechender früherer Aktionen gingen sie in unausgesprochenem Einvernehmen davon aus, dass die dort befindliche Gruppe - bei der es sich um acht Schüler und Studenten handelte - zunächst gemeinsam provoziert und sodann gewaltsam vertrieben werden sollte. In Ausführung dieses Vorhabens schlugen und traten sie auf zwei Opfer ein; einem der beiden Jugendlichen wurde zudem eine Bierflasche in das Gesicht geschlagen. Nach der Rückkehr in den Bauhof wurde die Aktion gemeinsam ausgewertet (Fall II. 1. der Urteilsgründe).
9
In der Nacht vom 20. auf den 21. Mai 2006 nahmen zahlreiche Mitglieder der Kameradschaft, darunter alle Angeklagten, an einer Feier teil, bei der ein präpariertes Holzkreuz angezündet wurde. Danach begaben sie sich zu einer Tankstelle, um dort eine Schlägerei mit einer Gruppe junger Leute anzuzetteln. Der Angeklagte G. wollte sich an den Gewalttätigkeiten nicht beteiligen und blieb außerhalb des Tankstellengeländes zurück. Die Teilnahme des Ange- klagten R. an den Tätlichkeiten hat das Landgericht ebenfalls nicht festzustellen vermocht. Mehrere sonstige Mitglieder der Kameradschaft schlugen den Geschädigten K. zusammen und traten mit Springerstiefeln auf das am Boden liegende Opfer mit "wie beim Fußball ausgeführten Tritten" ein. Die Angeklagten T. und Peter W. beschädigten zudem einen PKW (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
10
In der Nacht vom 3. zum 4. Juni 2006 fand in B. ein Dorffest statt. Unter den Gästen befanden sich auch drei Punker. Nach einem Streit wurde der Angeklagte Tom W. informiert, von dem bekannt war, dass man ihn jederzeit anrufen konnte, wenn es Probleme gab und man Verstärkung brauchte. Er befand sich auf dem Bauhof, wo sich schnell herumsprach, dass politisch Gleichgesinnte die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert hatten. Mit mindestens sechs voll besetzten Fahrzeugen begaben sich die anwesenden Mitglieder der Kameradschaft, unter ihnen die Angeklagten Tom W. und T. , sodann nach B. , wo sie in militärischer Formation zum Festzelt zogen. Dort begannen sie eine Schlägerei, bei der elf Personen teilweise erheblich verletzt wurden. Nach dem Befehl "Geordneter Rückzug" entfernten sich die Täter, kehrten zum Bauhof nach M. zurück und werteten dort die Aktion aus (Fall II. 3. der Urteilsgründe).
11
B. Revision der Staatsanwaltschaft
12
I. Zum Umfang der Anfechtung des landgerichtlichen Urteils durch die Revision der Staatsanwaltschaft gilt:
13
Den Angeklagten ist u. a. vorgeworfen worden, eine Vereinigung gegründet zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet waren, Straftaten zu begehen, und sich an dieser Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 Abs. 1 StGB), wobei der Angeklagte Tom W. Rädelsführer (§ 129 Abs. 4 StGB) gewesen sein soll. Mit ihrer Revision beantragt die Staatsanwaltschaft , das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben. Ausweislich der Begründung richtet sich das Rechtsmittel dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind. Außerdem rügt die Beschwerdeführerin die Fassung des Urteilstenors , weil in diesem nicht zum Ausdruck gebracht werde, in wie vielen tateinheitlichen Fällen die jeweilige gefährliche Körperverletzung begangen worden sei. Sie meint, aus diesem Grunde sei auch die Strafzumessung rechtsfehlerhaft.
14
1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich somit in der Sache trotz des umfassenden Aufhebungsantrags nicht gegen den Freispruch der Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung. Die hierin liegende Beschränkung der Revision ist wirksam; denn ein Rechtsmittel kann auf solche Beschwerdepunkte beschränkt werden, die losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach deren innerem Zusammenhang rechtlich und tatsächlich selbstständig geprüft und beurteilt werden können, ohne dass eine Prüfung des Urteils im Übrigen erforderlich ist (st. Rspr.; s. BGHSt 47, 32, 35 m. w. N.). Dies ist bei dem gegen die Angeklagten Tom W. und T. erhobenen Vorwurf der Volksverhetzung der Fall, weil es sich hierbei nicht um eine Straftat handelt, die in Verfolgung der Ziele der Vereinigung begangen wurde, und die deshalb zu dem in Rede stehenden De likt der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB im Verhältnis der Tatmehrheit steht.
15
2. Die Staatsanwaltschaft erhebt zwar ebenfalls keine ausdrücklichen Einwände gegen den Freispruch des Angeklagten R. von dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2.
der Urteilsgründe. Insoweit kommt eine wirksame Beschränkung der Revision jedoch nicht in Betracht; denn zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten R. an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und den im Fall II. 2. der Urteilsgründe angeklagten Delikten wäre Tateinheit im Sinne des § 52 StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 29, 288, 290; BGH NStZ 1982, 517, 518). Bei tateinheitlich begangenen Straftaten ist eine beschränkte Nachprüfung des Schuldspruchs grundsätzlich nicht möglich (BGHSt 21, 256, 258; 24, 185, 189). Die Besonderheiten des § 129 StGB als Organisationsdelikt, das über lange Zeiträume ganz verschiedene Verhaltensweisen zu einer materiellrechtlichen Einheit zusammenfasst, führen jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht zu einer anderen Bewertung.
16
Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und schwerer wiegende Straftaten trotz der Annahme materiellrechtlicher Tateinheit unter besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer getrennten Aburteilung zugänglich sind (BGHSt 29, 288, 292 ff.; BGH StV 1999, 352, 353), es rechtfertigen kann, eine Beschränkung der Revision auf in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt stehende schwerere Straftaten als wirksam anzusehen (Paul in KK 6. Aufl. § 318 Rdn. 6 a; zur Zulässigkeit der Revisionsbeschränkung auf einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung, wenn diese mit dem Dauerdelikt der Zuhälterei tateinheitlich zusammentrifft, s. BGHSt 39, 390). Dagegen könnte sprechen, dass sich der Schuldumfang des Organisationsdelikts ohne Berücksichtigung der damit im Zusammenhang begangenen Taten nicht beurteilen lässt und umgekehrt (Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 318 Rdn.

66).

17
Dies bedarf indes keiner näheren Betrachtung. Denn eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung käme danach allenfalls in Bezug auf ein mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes schwereres Delikt in Betracht, dessen Strafklage mit der Aburteilung des Organisationsdelikts nicht verbraucht wäre. Im vorliegenden Fall steht aber nicht die Wirksamkeit der Beschränkung der Revision auf ein gewichtigeres, mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes weiteres Delikt in Rede; denn die Staatsanwaltschaft greift mit ihrem Rechtsmittel nicht einen Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch, sondern die unterbliebene Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung an. Die Beschränkung der Revision auf dieses Organisationsdelikt scheidet aus. Denn anders als im umgekehrten Fall wäre insoweit die Strafklage durch die Aburteilung des tateinheitlich verwirklichten schwereren Delikts verbraucht; damit entfällt der wesentliche Gesichtspunkt, der für die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung auf das in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt gewichtigere Delikt sprechen könnte.
18
3. Aus denselben Gründen umfasst das Rechtsmittel schließlich auch den Schuldspruch der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. wegen gefährlicher Körperverletzung in den drei Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe (vgl. BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Auch diese Straftaten stünden in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt nach § 129 StGB. Damit steht ebenfalls die unterbliebene Verurteilung dieser Angeklagten in Bezug auf den Anklagevorwurf jeweils tateinheitlich mit den gefährlichen Körperverletzungen begangenen Landfriedensbruchs zur revisionsgerichtlichen Überprüfung.
19
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das Landgericht die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt hat. Die Wertung des Landgerichts, nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen seien die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB nicht gegeben, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Vielmehr ist die "Kameradschaft Sturm 34" nach den Feststellungen als kriminelle Vereinigung in diesem Sinne anzusehen. Im Einzelnen:
20
1. Die Strafkammer stützt ihre Beurteilung maßgeblich auf folgende Erwägungen :
21
Die Angeklagten hätten sich zwar mit anderen zu der "Kameradschaft Sturm 34" zusammengeschlossen, um einen Zusammenhalt herzustellen und ihre politische Gesinnung mittels der Begehung von Straftaten durchzusetzen. Die Kameradschaft sei jedoch allenfalls als Bande, nicht aber als kriminelle Vereinigung zu bezeichnen. Es habe an verbandsinternen Entscheidungsstrukturen zur Herausbildung eines Gruppenwillens gefehlt, dem sich die Mitglieder verbindlich zu unterwerfen gehabt hätten. Auch die Wahl eines Vorstandes ändere hieran nichts, zumal mit H. auch ein weibliches Vorstandsmitglied gewählt worden sei. Dies deute darauf hin, dass dieser Akt nicht in Verbindung mit den aus der Gruppe heraus begangenen Straftaten stehe; denn grundsätzlich sollten Mädchen in gewaltsame Aktionen nicht einbezogen werden. Eine Satzung sei zwar geplant gewesen, bis zu der Verbotsverfügung jedoch nicht konkret in Angriff genommen worden. Auch der Umstand, dass innerhalb der Kameradschaft eine gewisse Hierarchie erkennbar gewesen sei, kennzeichne die Gruppierung allenfalls als Bande. Trotz der genannten Strukturen habe sich das Kameradschaftsleben eher zwanglos gestaltet; es habe keine Mitgliedschaftsliste, Mitgliedsbeiträge, feste Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten , Verpflichtung zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung und insbesondere keine Verpflichtung gegeben, sich an den durchgeführten konkreten Straftaten zu beteiligen. Auch der "harte Kern" der Gruppe sei nicht als kriminelle Vereinigung aufgetreten.
22
2. Mit dieser Bewertung hat das Landgericht die Frage, ob die "Kameradschaft Sturm 34" die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung erfüllt, zumindest teilweise unter Heranziehung von Kriterien beurteilt, die für das Bestehen einer Vereinigung keine bzw. allenfalls eine untergeordnete Bedeutung haben. Außerdem hat es festgestellte, für das Bestehen einer Vereinigung sprechende Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen. Damit hat sich die Strafkammer insgesamt den Blick dafür verstellt, welche Tatsachen für das Bestehen einer kriminellen Vereinigung relevant sind, und damit den festgestellten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewertet.
23
a) Das Vorliegen einer Vereinigung hängt nach bisher in der Rechtsprechung gebräuchlicher Definition von verschiedenen personellen, organisatorischen , voluntativen sowie zeitlichen Kriterien ab. Als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist danach der auf eine gewisse Dauer angelegte, freiwillige organisatorische Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen , die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGH NJW 2009, 3448, 3459, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; s. auch BGHSt 28, 147; 31, 202, 204 f.; 31, 239 f.; 45, 26, 35; BGH NJW 2005, 1668; 2006, 1603; BGHR StGB § 129 Vereinigung 3).
24
Der Senat hält - mit gewissen Modifikationen beim Willenselement - an dieser Bestimmung des Begriffs der Vereinigung für den Tatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 StGB fest.
25
aa) Der Begriff der kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung wird in mehreren europarechtlichen Regelungen näher definiert (vgl. etwa Art. 1 der bis zum 10. November 2008 gültigen Gemeinsamen Maßnahme des Rates der Eu- ropäischen Union vom 21. Dezember 1998, ABl. EG 1998 Nr. L 351 S. 1; Art. 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42; Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung , ABl. EG 2002 Nr. L 164 S. 3, geändert durch den Rahmenbeschluss des Rates vom 28. November 2008, ABl. EG 2008 Nr. L 330 S. 21; jeweils i. V. m. EUV-Lissabon, Art. 9 des Protokolls Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen ). Vor dem Hintergrund der dortigen Umschreibungen wird in der Literatur insbesondere für die terroristische Vereinigung (§§ 129 a, 129 b StGB) teilweise die Auffassung vertreten, der bisher verwendete Vereinigungsbegriff sei "europarechtsfreundlich" zu interpretieren; deshalb sei er dahin zu modifizieren, dass die Anforderungen an die organisatorischen und voluntativen Voraussetzungen herabgesetzt werden (Krauß in LK 12. Aufl. § 129 a Rdn. 26; Kress JA 2005, 220; v. Heintschel-Heinegg in FS für Schroeder S. 799; krit. Rudolphi/Stein in SK-StGB § 129 Rdn. 6 b). Diese Auffassung ist von den Instanzgerichten teilweise übernommen worden (OLG Düsseldorf, Urt. vom 5. Dezember 2007 - IIIVI 10/05).
26
bb) Der Senat hat eine derartige Neubestimmung des Vereinigungsbegriffs für den Bereich der terroristischen Vereinigung ebenfalls zunächst grundsätzlich in den Blick genommen, ohne sich indes im Einzelnen hierzu zu verhalten (BGH NJW 2006, 1603). Insbesondere für die kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB hat er jedoch vor dem Hintergrund des abgestuften Systems der Strafbarkeit von Tatvollendung, Versuch und Vorbereitungshandlung, der erforderlichen Abgrenzbarkeit der Vereinigung von einer Bande oder nur mittäterschaftlichen Zusammenschlüssen, der prozessualen Folgewirkungen sowie des Strafzwecks der §§ 129 ff. StGB in späteren Entscheidungen erhebliche Bedenken geäußert (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; s. auch für die terroristische Vereinigung BGH NJW 2009, 3448, 3460; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Der vorliegende Fall gibt Anlass klarzustellen, dass es für den hier relevanten Begriff der kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB für alle in Betracht kommenden Gruppierungen einheitlich bei der bisher in der Rechtsprechung gebräuchlichen Definition der Vereinigung zu verbleiben hat. Hierzu gilt:
27
Nach Art. 1 Ziffer 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42) bezeichnet der Ausdruck kriminelle Vereinigung einen auf Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die, um sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteil zu verschaffen, in Verabredung handeln, um Straftaten zu begehen, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren oder einer schwereren Strafe bedroht sind. Art. 1 Ziffer 2 des Rahmenbeschlusses umschreibt einen organisierten Zusammenschluss in diesem Sinne als einen Zusammenschluss, der nicht zufällig zur unmittelbaren Begehung eines Verbrechens gebildet wird und der auch nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder , eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur hat.
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Diese Begriffsbestimmungen können nicht unmittelbar für die §§ 129 ff. StGB übernommen werden. Zwar sind bei der Auslegung des deutschen Rechts auch die in Rahmenbeschlüssen des Rates der Europäischen Union enthaltenen Vorgaben grundsätzlich zu berücksichtigen; denn die nationalen Gerichte haben ihre Auslegung des innerstaatlichen Rechts auch an deren Wortlaut und Zweck auszurichten (Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung, s. EuGH NJW 2005, 2839 - Pupino). Diese Verpflichtung der nationalen Gerichte besteht jedoch nicht uneingeschränkt; sie wird vielmehr durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere durch den Grund- satz der Rechtssicherheit und das Rückwirkungsverbot begrenzt (EuGH aaO S. 2841). Einer Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB, die sich an den zitierten Begriffsbestimmungen des Rahmenbeschlusses orientiert, stehen derartige allgemeine Rechtsgrundsätze des deutschen Strafrechts entgegen:
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Die Übertragung der Definition einer kriminellen Vereinigung in Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 in das nationale Recht würde zu einem unauflösbaren Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken des Systems der Strafbarkeit mehrerer zusammenwirkender Personen führen, auf dem das deutsche materielle Strafrecht beruht. Die Umschreibung einer kriminellen Vereinigung nach Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 unterscheidet sich in ihrem inhaltlichen Gehalt allenfalls nur noch in unwesentlichen Randbereichen von derjenigen einer Bande, wie sie in der neueren Rechtsprechung (BGHSt 46, 321) vorgenommen wird. Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen; ein gefestigter Bandenwille und ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse sind demgegenüber nicht mehr erforderlich (BGHSt 46, 321, 325 ff.). Nach deutschem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar; vielmehr führt das Handeln als Bandenmitglied (lediglich) dazu, dass der Täter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbestand erfüllt, sondern ein Qualifikationsmerkmal (s. etwa § 146 Abs. 2, § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244 a Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2, § 263 Abs. 5, § 267 Abs. 4 StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG) bzw. ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall (s. etwa § 263 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 303 b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StGB) verwirklicht. Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegründendes, sondern ein strafschärfendes Merkmal. Demgegenüber stellt § 129 Abs. 1 StGB mit Blick auf vereinigungsspezifische Gefährdungen gewichtiger Rechtsgüter bereits u. a. die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als solche unter Strafe. Dieser grundlegende Unterschied ginge bei einer Übernahme des europarechtlichen Begriffs der kriminellen Vereinigung verloren, denn in diesem Fall wäre bereits die Mitgliedschaft in einer Gruppierung strafbar, die lediglich die Voraussetzungen einer Bande erfüllt.
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Hieraus und aus den weiteren, bereits in den Entscheidungen des Senats vom 20. Dezember 2007 (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3) sowie 14. August 2009 (BGH NJW 2009, 3448, 3460) näher dargelegten Gründen folgt, dass eine "europarechtsfreundliche" Modifikation des bisherigen Begriffs der kriminellen Vereinigung durch die Rechtsprechung nicht möglich ist. Sie wäre vielmehr allein Sache des Gesetzgebers (für die kriminelle Vereinigung im Ergebnis ebenso Krauß aaO § 129 Rdn. 49), der bei einer Neuregelung allerdings auch dafür Sorge zu tragen hätte, dass das deutsche materielle Strafrechtsgefüge insgesamt in sich stimmig bleibt.
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b) Nach den Feststellungen ist nicht zweifelhaft, dass sich in der "Kameradschaft Sturm 34" mindestens drei Personen für eine gewisse Dauer zusammenschlossen und somit die Anforderungen an eine Vereinigung in personeller und zeitlicher Hinsicht erfüllt sind.
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c) Zu den maßgebenden Gesichtspunkten bezüglich der Organisation der "Kameradschaft Sturm 34" gilt:
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aa) Eine Vereinigung ist in struktureller Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder besteht (BGHSt 31, 202, 206; 31, 239, 242). Diese innere Organisation muss so stark sein, dass sich die Durchsetzung der Ziele der Ver- einigung nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht und der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt. Die Straftaten und Aktionen, die von den Mitgliedern der Vereinigung geplant und begangen werden, müssen vor diesem Hintergrund stattfinden. Erforderlich ist dabei ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten, koordinierten Aufgabenverteilung (BGH NJW 1992, 1518).
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bb) Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen gegeben; diesen ist zu entnehmen, dass innerhalb der "Kameradschaft Sturm 34" eine ausreichende organisatorische Struktur vorhanden war, um die gemeinsam verfolgten Ziele - Schaffung einer "national-befreiten Zone" in der Gegend um M. usw. - zu verwirklichen (zu den für einen ausreichenden organisatorischen Zusammenschluss sprechenden Indizien zusammenfassend Krauß aaO § 129 Rdn. 25 m. w. N.).
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Die Mittel, deren sich die Mitglieder der Kameradschaft hierfür bedienen wollten, waren von Beginn an festgelegt. Insbesondere die Durchführung der sog. Skinheadkontrollrunden und gegebenenfalls die sich unmittelbar an diese anschließenden Aktionen gegen missliebige Personen erforderten ein beachtliches Maß an Koordination zwischen den Beteiligten. Auch die mit einem nicht unerheblichen logistischen Aufwand verbundene Art und Weise, in der die konkreten Straftaten begangen wurden, belegt eine intensive vorherige Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Organisation (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 300, 301). In dem Bauhof war ein ständiger Gruppentreff und damit ein räumlicher Fixpunkt eingerichtet (Krauß aaO § 129 Rdn. 25), von dem die gewalttätigen Aktionen ausgingen und zu dem die Teilnehmer an den konkreten Straftaten nach deren Begehung jeweils zurückkehrten. Die dort sodann - jedenfalls in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe - vorgenommene gemeinsame Aus- wertung der gewalttätigen Aktionen lässt ein bemerkenswertes Maß an Planung und personeller Geschlossenheit erkennen; sie ist deshalb ebenfalls ein gewichtiges Indiz für den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppenmitglieder. Hinzu kommt, dass die Bestimmung der Ziele der Gruppe und der zu deren Erreichung eingesetzten Mittel auf einer gemeinsamen politisch-ideologischen Grundhaltung der Beteiligten beruhte (vgl. zu diesem Kriterium auch den Sachverhalt , welcher der Entscheidung BGHSt 41, 47 zugrunde liegt). Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" einte eine politisch im extrem rechten Bereich zu verortende Überzeugung, welche Grundlage der Straftaten war, auf deren Begehung die Gruppierung gerichtet war. All diese Umstände belegen einen hohen Organisationsgrad der Gruppierung, der den Anforderungen genügt, die in organisationsspezifischer Hinsicht an eine Vereinigung zu stellen sind.
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d) Auch das erforderliche Willenselement der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
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aa) Nach bisher ständiger Rechtsprechung ist wesentlich für eine Vereinigung die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb grundsätzlich bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung , weil der Wille des Einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; maßgeblich ist allein, dass sie von den Mitgliedern der Vereinigung übereinstimmend anerkannt wird. Die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein. Die Annahme einer Vereinigung scheidet indes aus, wenn die Mitglieder einer Gruppierung sich nur jeweils der autoritären Führung einer Person unterwerfen, ohne dass dies vom Gruppenwillen abgeleitet wird (BGHSt 31, 239, 240; 45, 26, 35; BGH NJW 1992, 1518; 2009, 3448, 3460, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
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Der Bundesgerichtshof hat in Anwendung dieser Grundsätze in mehreren , vor allem im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ergangenen Entscheidungen hohe Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des Zustandekommens des Gruppenwillens in einer Vereinigung gestellt und auf dieser Grundlage den jeweiligen Urteilsgründen ausreichende Tatsachen, die das voluntative Element einer Vereinigung belegen, nicht zu entnehmen vermocht (vgl. etwa BGHSt 31, 202; BGHR StGB § 129 Gruppenwille 3; BGH NJW 1992, 1518; NStZ 2004, 574; 2007, 31). Der Senat hat allerdings in Entscheidungen zum Staatsschutzstrafrecht im engeren Sinne im Hinblick auf die zugrunde liegenden besonderen, für den Staatsschutzbereich typischen Fallgestaltungen auch weniger detaillierte tatrichterliche Feststellungen zur Art und Weise der Willensbildung innerhalb einer Organisation als ausreichend bewertet. So hat er etwa in dem Urteil vom 10. März 2005 (NJW 2005, 1668), welches die Strafbarkeit der Mitglieder einer Musikgruppe zum Gegenstand hatte, die auf die Veröffentlichung von Liedern mit Texten strafbaren Inhalts ausgerichtet war, ausgeführt, das Tatgericht habe zwar nicht festgestellt, dass sich die Angeklagten verbindliche Regeln gegeben hätten, nach denen sämtliche Entscheidungen innerhalb der Gruppe zu treffen gewesen seien. Dies sei indessen auch nicht erforderlich gewesen; denn aus dem erfolgreichen Zusammenwirken über mehrere Jahre ergebe sich ohne Weiteres, dass sich jedes einzelne Gruppenmitglied dem vom gemeinsamen Willen getragenen Ziel untergeordnet haben müsse (BGH aaO S. 1670). In seinem Beschluss vom 28. November 2007 (NJW 2008, 86), bei dem es um politisch motivierte Brandstiftungen ging, hat er darauf hingewiesen, dass zwar die inneren Strukturen der Gruppe nicht aufgedeckt seien. Der Inhalt der veröffentlichten Schriften zeige jedoch hinreichend deutlich, dass die Mitglieder der Gruppe ihre Aktivitäten an den ideologischen Vorgaben und der daraus entwickelten Strategie der Organisation ausrichteten und sich somit dem aus der internen Meinungsbildung entspringenden Gruppenwillen unterordneten (BGH aaO S. 87). In dem Urteil vom 14. August 2009 (NJW 2009, 3448, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) hat der Senat auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen die Al Qaida als Vereinigung im Sinne der §§ 129 a, 129 b StGB gewürdigt. Bei der Bewertung des Willenselements hat er u. a. darauf abgestellt, deren Mitglieder hätten im dortigen Tatzeitraum die gemeinsame politisch-ideologische Grundhaltung des gewaltbereiten extremistischen Islamismus geteilt. Die Gruppierung habe mit dem "Jihad gegen Juden und Kreuzzügler" bis zur Zerstörung der USA und ihrer Verbündeten über eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende , von allen Mitgliedern getragene Zielsetzung verfügt.
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bb) An der in diesen Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Tendenz , bei der Beurteilung des notwendigen voluntativen Elements der Vereinigung den Schwerpunkt der Betrachtung weniger auf die Regeln zu legen, nach denen sich die Willensbildung vollzieht, vielmehr vor allem die Zielsetzung der Vereinigung und den Gemeinschaftswillen selbst in den Blick zu nehmen, hält der Senat fest; er präzisiert diesen Ansatz wie folgt:
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Verfolgen die Mitglieder der Organisation nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, und handeln sie hierbei - etwa im Rahmen der Vorbereitung oder der Verwirklichung dieser Straftaten - koordiniert zusammen, so belegt dies regelmäßig für sich bereits hinreichend, dass innerhalb des Verbands der für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendige übergeordnete Gemeinschaftswille besteht und von den Mitgliedern anerkannt wird; denn die nachhaltige, aufeinander abgestimmte gemeinsame Verfolgung einer derartigen übergeordneten Zielsetzung ist in der Regel nur dann möglich, wenn die Mitglieder der Gruppierung sich unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen einem auf die Erreichung des gemeinsamen Ziels gerichteten Gruppenwillen unterordnen. In diesen Fällen ist das Bestehen ausdrücklicher, verbindlicher Regeln, nach denen die Entscheidungen innerhalb der Gruppierung zu treffen sind, für das voluntative Element der Vereinigung nicht konstitutiv; deshalb erübrigen sich nähere Feststellungen dazu, auf welche formale Art und Weise der gemeinschaftliche Wille gebildet wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Sachverhalt ausnahmsweise Besonderheiten aufweist, die aus der Verfolgung des gemeinsamen übergeordneten Ziels keinen ausreichenden Schluss auf die Existenz eines den individuellen Interessen der Einzelnen vorgehenden Gemeinschaftswillens zulassen.
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Dieses Verständnis ergibt sich insbesondere aus einer an Sinn und Zweck des § 129 StGB orientierten Auslegung des Vereinigungsbegriffs; denn vor dem Hintergrund des Normzwecks der Vereinigungsdelikte kommt es - jedenfalls in den Fällen, in denen die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende Zielsetzung verfolgen - wesentlich auf die Existenz dieses Gemeinschaftswillens, nicht aber darauf an, nach welchen verbindlichen Regeln sich die Willensbildung im Einzelfall vollzieht. § 129 StGB soll die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer ausreichend festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGHSt 28, 147, 148 f.; BGH NJW 1992, 1518). Für die so verstandene spezifisch vereinigungsbezogene Gefährlichkeit ist die konkrete Ausgestaltung der Art und Weise der Bildung des gemeinschaftlichen Willens jedenfalls in den Fallgestaltungen ohne erheblichen Belang, in denen die in Rede stehende Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt werden kann, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles verbunden fühlen. Dies rechtfertigt es, in den Fällen, in denen die Beteiligten sich zusammengeschlossen haben und tätig werden, um ein über die Begehung konkreter Straftaten hinausgehendes Ziel zu erreichen, regelmäßig vom Bestehen eines für die Qualifikation des Zusammenschlusses als Vereinigung im Sinne des § 129 StGB ausreichenden Gruppenwillen auszugehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten bereits eine längere Zeit zusammengewirkt und sich dabei Verhaltensmuster herausgebildet haben, die einen jeweils neuen ausdrücklichen Prozess zur Bildung eines Gemeinschaftswillens - etwa im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Begehung vereinigungsspezifischer Straftaten - entbehrlich machen.
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Ein derartiges übergeordnetes Ziel verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung typischerweise etwa in den Fällen politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität. Solche Fallgestaltungen erscheinen jedoch darüber hinaus auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität denkbar. Dort wird es indes regelmäßig an der Verfolgung eines übergeordneten gemeinschaftlichen Ziels fehlen; denn bei Wirtschaftsstraftaten steht typischerweise das persönliche Gewinnstreben des einzelnen Täters im Vordergrund. In diesen Fällen sind die hergebrachten Grundsätze zur Feststellung des Gruppenwillens weiterhin maßgebend; deshalb sind hier nach wie vor Feststellungen dazu erforderlich , nach welchen Regeln sich der gemeinschaftliche Wille der Gruppie- rung bildet, denen die einzelnen Mitglieder folgen, weil sie sie als verbindlich ansehen. Aus den dargelegten Gründen kommt es auch vor dem Hintergrund der Regelungen in dem Rahmenbeschluss des Rates vom 24. Oktober 2008, der ersichtlich vor allem wirtschaftskriminelle Gruppierungen in den Blick nimmt, nicht in Betracht, die inhaltlichen Anforderungen an eine kriminelle Vereinigung speziell für diesen Bereich zu mindern. Es verstieße im Übrigen gegen fundamentale Auslegungsgrundsätze, wollte man das Tatbestandsmerkmal der kriminellen Vereinigung abhängig von den tatsächlichen Feststellungen zu den Zielsetzungen des Personenzusammenschlusses unterschiedlich interpretieren; der Begriff der kriminellen Vereinigung kann deshalb nur insgesamt einheitlich verstanden werden.
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cc) Auch wenn man in den Fällen der koordinierten Verfolgung eines übergeordneten Ziels durch die Gruppenmitglieder bei der Bewertung des Willenselements der Vereinigung maßgeblich auf die Existenz eines Gruppenwillens als solchen und nicht auf die Art seines Zustandekommens abstellt, unterscheidet sich die Vereinigung hinreichend sicher von anderen Formen des strafbaren Zusammenwirkens mehrerer.
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Dies gilt zunächst im Verhältnis zu der Begehung von Straftaten durch die Mitglieder einer Bande. Der Senat verkennt nicht, dass bei einer Herleitung des maßgebenden Gemeinschaftswillens aus der gemeinsamen Verfolgung eines übergeordneten Ziels wesentlich auf ein tatsächliches Element abgestellt wird, das Ähnlichkeiten zu dem übergeordneten Interesse aufweist, welches die frühere Rechtsprechung als für eine Bande konstitutives Merkmal angesehen hatte (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1997, 90, 91; BGHR BtMG § 30 a Bande 8). Mit diesem Erfordernis war die Bandentat allerdings ohnehin bereits in die Nähe des Organisationsdelikts nach § 129 StGB gerückt worden (BGHSt 46, 321, 327). Entscheidend ist jedoch, dass - wie bereits aufgezeigt - nach neue- rem Verständnis der Rechtsprechung ein derartiges übergeordnetes Interesse für eine Bande nicht mehr notwendig ist. Die Mitglieder einer Bande können - und werden regelmäßig - ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnerzielung verfolgen (BGHSt 46, 321, 329 f.). Gerade hierin besteht - auch nach dem dargelegten Verständnis des Senats - neben den bedeutend geringeren Anforderungen an die Organisation der Gruppierung ein weiterer wesentlicher Unterschied zu einer Vereinigung.
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Die Abgrenzung zu mittäterschaftlichem Zusammenwirken ist ebenfalls weiterhin trennscharf möglich; denn diese ist von einem gemeinsamen Willen mehrerer Personen zur Tat und einer gemeinsamen Tatherrschaft gekennzeichnet. Darüber hinaus muss keines der für eine Vereinigung konstitutiven Elemente vorliegen (Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 a Rdn. 35).
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dd) Gemessen an den dargelegten Maßstäben wird hier der erforderliche Gruppenwille durch die Feststellungen hinreichend belegt. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" verfolgten ein von einem gemeinschaftlichen Bestreben getragenes Ziel, das über die Begehung der einzelnen strafbaren Gewalttätigkeiten hinausging; sie einte das in gemeinsamer rechtsgerichteter politisch -ideologischer Überzeugung wurzelnde, von übereinstimmenden Vorstellungen getragene Vorhaben, M. und Umgebung durch die Vertreibung politisch Andersdenkender "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Die Umsetzung dieses Ziels durch die Begehung gewalttätiger Straftaten war ebenfalls vom Gruppenwillen umfasst, ohne dass es insoweit einer jeweils ausdrücklichen Form des Willensbildungsprozesses bedurfte. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" wirkten planvoll und zielgerichtet zusammen; ihr bereits längere Zeit vor der Gründung der Kameradschaft und nach diesem Zeitpunkt praktiziertes Vorgehen gegen missliebige Personen folgte einem einge- schliffenen Verhaltensmuster. Dies belegt ein nicht unbeträchtliches Maß an gemeinschaftlicher Willensbildung, der sich die einzelnen Mitglieder der Gruppierung unter Zurückstellung der jeweiligen Vorstellungen des Einzelnen unterordneten ; denn anderenfalls wäre die gemeinsame Durchführung der gewalttätigen Aktionen in der festgestellten Form nicht möglich gewesen. Unter diesen Umständen waren detaillierte Feststellungen zur Art und Weise der Bildung des Gemeinschaftswillens hier nicht erforderlich.
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Für das Bestehen eines verbindlichen übergeordneten Gruppenwillens spricht auch, dass der Angeklagte G. sein Ziel einer gewaltfreien Kameradschaft nicht durchsetzen konnte und später aus dem Verband ausschied. Die Strafkammer hat schließlich selbst im Rahmen der Strafzumessung sowohl dem Angeklagten T. als auch dem Angeklagten Peter W. ausdrücklich zu Gute gehalten, sie hätten sich der durch die "Kameradschaft Sturm 34" entstehenden Gruppendynamik nicht entziehen können.
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Dass bei den Mitgliedern der Kameradschaft das Bewusstsein bestand, einem organisatorisch ausreichend fest gefügten, auf die Begehung von Straftaten gerichteten Verband anzugehören, ergibt sich schließlich auch aus den Feststellungen zu Fall II. 3. der Urteilsgründe. Nach diesen hatten außerhalb der Gruppierung stehende, politisch gleichgesinnte Personen die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert; dies löste bei den auf dem Bauhof anwesenden Personen keine Zweifel darüber aus, wer hiermit gemeint war.
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e) Soweit die Strafkammer demgegenüber zur Begründung ihrer Auffassung , die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung seien nicht gegeben, darauf abgestellt hat, dass eine Satzung noch nicht erstellt war, eine Mitgliederliste nicht geführt wurde, keine Mitgliedsbeiträge erhoben wurden und keine festen Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten sowie Verpflichtungen zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung bestanden, hat sie die Bedeutung dieser Kriterien verkannt. Diese Umstände sind zwar, wenn sie festzustellen sind, Indizien, die für das Vorliegen einer Vereinigung sprechen. Sie sind jedoch für eine kriminelle Vereinigung nicht konstitutiv; allein aus ihrem Fehlen kann deshalb nicht geschlossen werden, dass die Voraussetzungen einer Vereinigung nicht gegeben sind.
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Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht seine Beurteilung auf die Erwägung gegründet hat, dass die einzelnen Mitglieder der Kameradschaft nicht zur Beteiligung an den konkreten Gewalttätigkeiten verpflichtet waren. Auch dieser Umstand findet als Voraussetzung für das Bestehen einer Vereinigung im Gesetz keine Stütze. Die §§ 129 ff. StGB setzen als Vorfelddelikte nach ihrer Struktur nicht voraus, dass überhaupt von den Mitgliedern der Vereinigung konkrete Straftaten begangen werden, solche müssen noch nicht einmal konkret geplant oder vorbereitet sein (vgl. BGH NJW 2005, 80, 81). Erst recht ist es nicht notwendig, dass bei den einzelnen Taten alle oder jeweils dieselben Mitglieder der Vereinigung aktiv werden; vielmehr ist auch eine Begehung in wechselnder Besetzung möglich (BGHSt 31, 202, 206). Mit Blick auf den Strafzweck der Vereinigungsdelikte (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51) ist es erforderlich , aber auch ausreichend, dass die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung solcher Delikte gerichtet ist.
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Ebenso wenig hängt die Bewertung der Kameradschaft als kriminelle Vereinigung davon ab, ob eine ausdrückliche Festlegung dahin existierte, wer als Mitglied der Kameradschaft gelten sollte. Nach den Feststellungen sind jedenfalls diejenigen als Mitglied der Kameradschaft - das heißt als Person, die sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der Vereinigung entfaltet - anzusehen , die regelmäßig die Treffen im Bauhof besuchten. Es liegt nahe, dass dies auch für diejenigen anzunehmen ist, die an der Gründungsveranstaltung teilnahmen oder sich an der Wahl des Vorstands beteiligten. Somit lassen sich die Mitglieder der Kameradschaft auch ohne ausdrückliche Regelung hinreichend sicher von solchen Personen abgrenzen, die nicht auf Dauer oder zumindest längere Zeit am "Kameradschaftsleben" teilnahmen. Im Übrigen ist im Randbereich die Abgrenzung von Mitgliedern, Unterstützern und Sympathisanten einer Vereinigung häufig im Einzelfall problematisch; dies stellt jedoch nicht per se deren Existenz in Frage.
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Zur Abgrenzung einer Vereinigung von sonstigem strafbaren Verhalten mehrerer Personen untauglich ist schließlich die Erwägung des Landgerichts, in dem gewählten Vorstand habe sich ein weibliches Mitglied befunden, Mädchen hätten jedoch an den Gewalttätigkeiten nicht teilnehmen sollen. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Abgrenzungskriterien erschließt sich dem Senat der Sinn dieser Argumentation nicht.
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3. Einen weiteren Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) der Angeklagten deckt die Revision nicht auf.
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III. Für das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bedeutet dies:
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1. Obwohl die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung belegen, kann der Senat nicht selbst in der Sache dahin entscheiden, dass die Angeklagten sich nach § 129 StGB strafbar gemacht haben.
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Für die Angeklagten G. und R. folgt dies bereits daraus, dass diese vom Landgericht insgesamt freigesprochen worden sind. In solchen Fällen ist für eine entsprechende Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO regelmäßig kein Raum, wenn sich die Revision der Staatsanwaltschaft erfolgreich gegen den Freispruch eines Angeklagten wendet. Denn die auf einen Freispruch zugeschnittenen und daher bereits ihrer Natur nach ergänzungsbedürftigen Feststellungen bieten dem Revisionsgericht vor allem deshalb keine verlässliche Grundlage für eine den Angeklagten belastende Sachentscheidung, weil sie von Verfahrensfehlern betroffen sein können, die der Angeklagte nur aus dem Grund nicht rügen konnte, weil er durch sie nicht beschwert war. Ein Ausnahmefall , in dem die Aufhebung des Freispruchs durch das Revisionsgericht mit einem Schuldspruch verbunden werden kann, liegt hier nicht vor (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 13 m. w. N.).
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Entsprechendes gilt auch für die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. . Da das Vergehen nach § 129 StGB mit den vom Landgericht abgeurteilten gefährlichen Körperverletzungen in Tateinheit stünde, hat die Strafkammer die genannten Angeklagten zwar zu Recht insoweit nicht formal - teilweise - freigesprochen. In der Sache konnten sich indes auch diese Angeklagten gegen die Feststellungen in dem sie nicht beschwerenden Teil des Urteils nicht angemessen zur Wehr setzen.
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Hinzu kommt, dass allen Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft nicht nur die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, sondern auch deren Gründung zur Last gelegt worden ist. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB steht zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglied wie hier unmittelbar an das Gründen der Vereinigung anschließt. Seine frühere Auffassung , die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung umfasse auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung mit der Folge, dass in diesen Fällen der Schuldspruch nur wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Vereinigung zu ergehen habe (BGH NStZ 2004, 385), gibt der Senat auf. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung weist einen im Verhältnis zur Beteiligung als Mitglied selbstständigen Unrechtsgehalt auf. Dieser ist nicht nur bei der Bewertung des Schuldumfangs im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Das Erfordernis der Rechtsklarheit gebietet es vielmehr, bereits im Schuldspruch zu verdeutlichen, dass der Angeklagte über die mitgliedschaftliche Beteiligung hinaus eine weitere, eigenständige Tathandlung des § 129 Abs. 1 StGB verwirklicht hat. Zu den Einzelheiten des Gründungsvorgangs und dabei insbesondere den Tatbeiträgen der Angeklagten verhalten sich die Urteilsgründe indes nicht in dem für eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts erforderlichen Umfang. Dies ist zwar vor dem Hintergrund der rechtlichen Auffassung des Landgerichts nachvollziehbar, die "Kameradschaft Sturm 34" sei nicht als kriminelle Vereinigung anzusehen und der Tatbestand des § 129 Abs. 1 StGB sei bereits aus diesem Grunde nicht verwirklicht. Dem Senat ist es auf dieser ungenügenden tatsächlichen Grundlage jedoch verwehrt, in der Sache durchzuerkennen.
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2. Die somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft gebotene Aufhebung des Urteils betrifft alle Angeklagten. Sie umfasst die angefochtene Entscheidung insoweit, als sie nicht wegen des Vergehens nach § 129 StGB verurteilt bzw. ausdrücklich freigesprochen worden sind. Miterfasst von der Aufhebung sind damit auch die abgeurteilten Taten (II. 1. bis 3. der Urteilsgründe); denn diese stünden im Falle einer Verurteilung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Organisationsdelikt nach § 129 Abs. 1 StGB in Tateinheit (BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Hieraus folgt auch, dass der Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Überfall an der Esso-Tankstelle in S. ) keinen Bestand haben kann.
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Bereits aufgrund der wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft von der Aufhebung nicht umfasst ist demgegenüber der Freispruch der Angeklagten T. und Tom W. vom gegenüber § 129 StGB selbstständigen Tatvorwurf der Volksverhetzung.
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3. Die Feststellungen zu den einzelnen Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Dies betrifft auch die Feststellungen, die dem Freispruch des Angeklagten R. im Fall II. 2. der Urteilsgründe zugrunde liegen. Die Würdigung der Einlassung des Angeklagten, der seine Beteiligung an dieser Tat bestritten hat, sowie der erhobenen Beweise lässt revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326) nicht erkennen.
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C. Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten T.
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Der Angeklagte T. hat seine Revision form- und fristgerecht eingelegt und mit der Sachrüge und einer verfahrensrechtlichen Beanstandung begründet. Er beantragt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Ziel, eine im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge nicht fristgerecht vorgelegte Seite eines Gerichtsbeschlusses nachreichen zu können.
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Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer bereits erhobenen Verfahrensrüge ist grundsätzlich ausgeschlossen (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 44 Rdn. 7 b m. w. N.). Die Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) ist bereits deshalb nicht versäumt, weil das Rechtsmittel fristgerecht mit der Sachrüge begründet worden ist. Aber auch die in Rede stehende Verfahrensrüge ist nicht verspätet, sondern allein in einer der gesetzlichen Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügenden Weise erhoben worden, weil der Beschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2008 nicht vollständig mitgeteilt worden ist. Es widerspricht im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens, in derartigen Fällen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur formgerechten Begründung der Revisionsrüge zuzulassen, nachdem der Beschwerdeführer durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. § 349 Abs. 2 und 3 StPO) von der Formwidrigkeit seiner Verfahrensrüge erfahren hat (BGH, Beschl. vom 9. April 2008 - 3 StR 28/08 - Rdn. 3; Beschl. vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08 - Rdn. 5). Eine besondere Verfahrenslage, bei der ausnahmsweise zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) eine Wiedereinsetzung unerlässlich ist (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; Meyer-Goßner aaO § 44 Rdn. 7 ff.), liegt nicht vor.
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Im Übrigen bliebe die Rüge gemäß den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts in der Sache ohne Erfolg.
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D. Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W.
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Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben; deren Rechtsmittel sind deshalb unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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E. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
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I. Die Feststellungen, die das neue Tatgericht insbesondere zum Tatvorwurf nach § 129 StGB zu treffen haben wird, dürfen die zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe aufrecht erhaltenen Feststellungen ergänzen, diesen aber nicht widersprechen.
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II. Das neue Tatgericht wird ggf. bei der Bestimmung der angemessen Sanktion für den Angeklagten Tom W. zu bedenken haben, ob nach den § 105 Abs. 1, § 31 JGG eine einheitliche Jugendstrafe in Betracht kommt. Dabei wird es erforderlich sein, ergänzend den Vollstreckungsstand hinsichtlich der mitgeteilten Vorverurteilungen dieses Angeklagten festzustellen; dieser lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
71
III. Die Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. hätten sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, ist als solche rechtsfehlerfrei. Dies gilt ebenfalls für die Wertung der Strafkammer, ein Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichten Landfriedensbruchs (§§ 125, 125 a StGB) scheide aus. Schließlich lässt ihre Würdigung, auf der Grundlage der Feststellungen zur Tat II. 2. der Urteilsgründe sei der Angeklagte R. insoweit nicht wegen einer strafbaren Beteiligung an der gewalttätigen Auseinandersetzung zu verurteilen, Rechtsfehler nicht erkennen.
72
IV. Gelangt das neue Tatgericht zu der Auffassung, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. seien der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, u. U. in Tateinheit mit deren Gründung, schuldig und hätten sich daneben in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, wären die Konkurrenzen wie folgt zu beurteilen:
73
Die mitgliedschaftliche Beteiligung der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. an der kriminellen Vereinigung und die von den Angeklagten begangenen gefährlichen Körperverletzungen stünden zueinander jeweils im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB); denn es handelte sich bei den Körperverletzungsdelikten um Straftaten, welche die Angeklagten als Mitglieder der kriminellen Vereinigung in Verfolgung von deren Zielen begingen (BGHSt 29, 288, 290). Da die gefährlichen Körperverletzungen nach § 224 StGB schwerer wiegen als das Vergehen nach § 129 Abs. 1 StGB, würden die einzelnen Gewalt- delikte nicht nach den Grundsätzen der Klammerwirkung durch die Organisationsstraftat zu einer materiellrechtlich insgesamt einheitlichen Tat verbunden (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 28 ff.); sie stünden vielmehr zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).
74
Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls, um das Konkurrenzverhältnis bei gleichartiger Tateinheit im Sinne des § 52 StGB kenntlich zu machen, in der Entscheidungsformel anzugeben haben, wie oft der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung jeweils verwirklicht wurde (vgl. Meyer-Goßner aaO § 260 Rdn. 26).
75
V. Mit Blick darauf, dass die Angeklagten G. und R. mit dem gewaltsamen Vorgehen der Kameradschaftsmitglieder nicht einverstanden waren und der Angeklagte R. sich den Polizeibehörden als Informant zur Verfügung stellte, erscheint jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen die Wertung nicht völlig unbedenklich, beide hätten sich als Mitglied an der Vereinigung beteiligt. Denn dies erfordert, dass der Täter sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der Ziele der Organisation entfaltet (BGHSt 18, 296, 299 f.; BGH NStZ 1993, 37, 38).
Sollte das neue Tatgericht diese Voraussetzungen feststellen und eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 129 Abs. 1 StGB bejahen, wird es bei der Bestimmung der Rechtsfolgen jedenfalls die in § 129 Abs. 5 und 6 StGB enthaltenen Regelungen bzw. die hinter diesen Vorschriften stehen Rechtsgedanken nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 537/14
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:090715B3STR537.14.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27. Januar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall B.VIII. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht Wipperfürth - Strafrichter - zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Körperverletzung (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Fall B.VIII. der Urteilsgründe) zu der Gesamt- geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 € verurteilt. Die auf die Rüge der Ver- letzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts rief der Angeklagte am 1. Mai 2011 zwischen 3.00 und 4.00 Uhr auf einer Maifeier in R. lauthals "Sieg Heil". Als ihn ein Besucher deswegen zur Rede stellen wollte, wiederholte er den Ausruf und "schlug dem Zeugen mit der flachen Hand die Brille aus dem Gesicht, ohne ihm dabei Schmerzen zuzufügen oder die Brille zu beschädigen". Anschließend entfernte sich der Angeklagte (Fall B.VIII. der Urteilsgründe).
3
Am 25. November 2011 kam es in W. außerhalb eines Schnellrestaurants zu einer Schlägerei, weswegen der Filialleiter die Polizei informierte. Als er bemerkte, dass die Kämpfenden den Ort des Geschehens verließen, hielt er den sich ebenfalls entfernenden Angeklagten, der in die Filiale gekommen war und zu einer der Gruppe der Kämpfenden gehörte, am Arm fest, um einen Zeugen vor Ort zu haben. Der Angeklagte riss sich los und rannte zur Tür. Als der Filialleiter ihm folgte, drehte sich der Angeklagte um, versetzte ihm einen Schlag mit der Faust ins Gesicht und floh anschließend vom Tatort (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe).
4
2. Die Verurteilung wegen Körperverletzung hinsichtlich des unter B.VII. 10. der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalts hat Bestand. Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht hätte eine Rechtfertigung des Angeklagten durch Notwehr erörtern müssen, ergeben die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , dass der Faustschlag des sich ohnehin im Gehen befindlichen Angeklagten jedenfalls nicht erforderlich im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB war.
5
3. Demgegenüber wird der Schuldspruch wegen versuchter Körperverletzung hinsichtlich des Geschehens vom 1. Mai 2011 von den Feststellungen nicht getragen. Insofern fehlt es an Ausführungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten. Es mag zwar naheliegen, dass dessen Angriff nicht ausschließlich der Brille, sondern auch der körperlichen Integrität des Geschädigten galt oder dass der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, diesen durch sein Vorgehen zu verletzen und dies billigend in Kauf nahm. Dies festzustellen ist indes Sache des Tatrichters. Darüber hinaus verhält sich das Urteil nicht zum Vorstellungsbild des Angeklagten unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung, welches für die Beurteilung maßgeblich ist, ob der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB von einem etwaigen Versuch strafbefreiend zurückgetreten ist (vgl. zum Rücktrittshorizont BGH, Urteil vom 2. November 1994 - 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 305 f.).
6
Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch das in Tateinheit zur versuchten Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der Einzelstrafe zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
7
Nach Ausscheiden des die Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Var. 2 StGB verweist der Senat das Verfahren im Umfang der Aufhebung an das für das Geschehen in R. örtlich zuständige Amtsgerichts Wipperfürth - Strafrichter - zurück (§ 354 Abs. 3 StPO).
8
4. Darüber hinaus stellt der Senat klar, dass entgegen den Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen des Landgerichts für einen Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Nr. 1 (12) der Anklage) kein Raum war, und sich dementsprechend der ausgeurteilte Teilfreispruch hierauf nicht erstreckt.
9
Allerdings war die Anklage mit Blick auf das Geschehen vom 1. Mai 2011 von zwei Taten (§ 53 StGB) - dem ersten Ruf "Sieg Heil" auf der einen, dem zweiten Ruf sowie dem Schlag gegen die Brille auf der anderen Seite - ausgegangen. In diesen Fällen ist ein Freispruch auch dann angezeigt, wenn das tatmehrheitlich angeklagte, indes nicht als erwiesen angesehene Geschehen mit dem abgeurteilten Teil eine natürliche Handlungseinheit bilden würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 13 mwN). Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie vorliegend - das gesamte angeklagte Geschehen abgeurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Denn in diesen Fällen ist für eine weitere materiellrechtliche Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte, kein Raum mehr.
10
Ein Freispruch unterbleibt des Weiteren, wenn nicht wegen aller Taten verurteilt wird, die nach dem Eröffnungsbeschluss in Tateinheit zueinander stehen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - 5 StR 270/84, NStZ 1985, 13, 15 f. bei Pfeiffer/Miebach). Deswegen kam ein Freispruch vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, der als in Tateinheit zu der Körperverletzung vom 25. November 2011 stehend angeklagt worden war, nicht in Betracht.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 537/14
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:090715B3STR537.14.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27. Januar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall B.VIII. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht Wipperfürth - Strafrichter - zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Körperverletzung (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Fall B.VIII. der Urteilsgründe) zu der Gesamt- geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 € verurteilt. Die auf die Rüge der Ver- letzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts rief der Angeklagte am 1. Mai 2011 zwischen 3.00 und 4.00 Uhr auf einer Maifeier in R. lauthals "Sieg Heil". Als ihn ein Besucher deswegen zur Rede stellen wollte, wiederholte er den Ausruf und "schlug dem Zeugen mit der flachen Hand die Brille aus dem Gesicht, ohne ihm dabei Schmerzen zuzufügen oder die Brille zu beschädigen". Anschließend entfernte sich der Angeklagte (Fall B.VIII. der Urteilsgründe).
3
Am 25. November 2011 kam es in W. außerhalb eines Schnellrestaurants zu einer Schlägerei, weswegen der Filialleiter die Polizei informierte. Als er bemerkte, dass die Kämpfenden den Ort des Geschehens verließen, hielt er den sich ebenfalls entfernenden Angeklagten, der in die Filiale gekommen war und zu einer der Gruppe der Kämpfenden gehörte, am Arm fest, um einen Zeugen vor Ort zu haben. Der Angeklagte riss sich los und rannte zur Tür. Als der Filialleiter ihm folgte, drehte sich der Angeklagte um, versetzte ihm einen Schlag mit der Faust ins Gesicht und floh anschließend vom Tatort (Fall B.VII. 10. der Urteilsgründe).
4
2. Die Verurteilung wegen Körperverletzung hinsichtlich des unter B.VII. 10. der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalts hat Bestand. Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht hätte eine Rechtfertigung des Angeklagten durch Notwehr erörtern müssen, ergeben die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , dass der Faustschlag des sich ohnehin im Gehen befindlichen Angeklagten jedenfalls nicht erforderlich im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB war.
5
3. Demgegenüber wird der Schuldspruch wegen versuchter Körperverletzung hinsichtlich des Geschehens vom 1. Mai 2011 von den Feststellungen nicht getragen. Insofern fehlt es an Ausführungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten. Es mag zwar naheliegen, dass dessen Angriff nicht ausschließlich der Brille, sondern auch der körperlichen Integrität des Geschädigten galt oder dass der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, diesen durch sein Vorgehen zu verletzen und dies billigend in Kauf nahm. Dies festzustellen ist indes Sache des Tatrichters. Darüber hinaus verhält sich das Urteil nicht zum Vorstellungsbild des Angeklagten unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung, welches für die Beurteilung maßgeblich ist, ob der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB von einem etwaigen Versuch strafbefreiend zurückgetreten ist (vgl. zum Rücktrittshorizont BGH, Urteil vom 2. November 1994 - 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 305 f.).
6
Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch das in Tateinheit zur versuchten Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der Einzelstrafe zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
7
Nach Ausscheiden des die Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Var. 2 StGB verweist der Senat das Verfahren im Umfang der Aufhebung an das für das Geschehen in R. örtlich zuständige Amtsgerichts Wipperfürth - Strafrichter - zurück (§ 354 Abs. 3 StPO).
8
4. Darüber hinaus stellt der Senat klar, dass entgegen den Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen des Landgerichts für einen Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Nr. 1 (12) der Anklage) kein Raum war, und sich dementsprechend der ausgeurteilte Teilfreispruch hierauf nicht erstreckt.
9
Allerdings war die Anklage mit Blick auf das Geschehen vom 1. Mai 2011 von zwei Taten (§ 53 StGB) - dem ersten Ruf "Sieg Heil" auf der einen, dem zweiten Ruf sowie dem Schlag gegen die Brille auf der anderen Seite - ausgegangen. In diesen Fällen ist ein Freispruch auch dann angezeigt, wenn das tatmehrheitlich angeklagte, indes nicht als erwiesen angesehene Geschehen mit dem abgeurteilten Teil eine natürliche Handlungseinheit bilden würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 13 mwN). Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie vorliegend - das gesamte angeklagte Geschehen abgeurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Denn in diesen Fällen ist für eine weitere materiellrechtliche Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte, kein Raum mehr.
10
Ein Freispruch unterbleibt des Weiteren, wenn nicht wegen aller Taten verurteilt wird, die nach dem Eröffnungsbeschluss in Tateinheit zueinander stehen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - 5 StR 270/84, NStZ 1985, 13, 15 f. bei Pfeiffer/Miebach). Deswegen kam ein Freispruch vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, der als in Tateinheit zu der Körperverletzung vom 25. November 2011 stehend angeklagt worden war, nicht in Betracht.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

26
Die Beschwerde gegen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes ist nach § 304 Abs. 4 Satz 1 StPO grundsätzlich unzulässig, wenn nicht eine der Ausnahmen nach § 304 Abs. 5 StPO vorliegt. Die Ausnahmeregelung in § 304 Abs. 5 StPO, die die Beschwerde unter anderem gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, ist - ebenso wie diejenigen in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 19. März 1986 - StB 2/86 und StB 3/86, BGHSt 34, 34, 35; vom 20. März 1991 - StB 3/91, BGHSt 37, 347, 348, jeweils mwN) - eng auszulegen; eine Entscheidung, die im Sinne des § 304 Abs. 5 StPO "die Verhaftung" betrifft, liegt deshalb nur vor, wenn von ihr der Bestand oder die Vollziehbarkeit des Haftbefehls abhängen (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 - StB 5/02, BGHSt 47, 249, 250). Dies ist nicht der Fall, wenn der bestehende Haftbefehl nur um einen weiteren Haftgrund erweitert (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 - StB 5/02, aaO), nur wegen eines von mehreren Haftgründen angefochten (BGH, Beschluss vom 19. März 1986 - StB 2/86 und StB 3/86, BGHSt 34, 34, 36) oder wenn die Erweiterung des Tatvorwurfs gegenüber demjenigen in dem bestehenden, die Untersuchungshaft nach wie vor tragenden Haftbefehl erstrebt wird (BGH, Beschluss vom 20. März 1991 - StB 3/91, BGHSt 37, 347, 349). Aus diesen Grundsätzen, an denen trotz der in der Literatur geäußerten Kritik (vgl. LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 114 Rn. 35; Baumann in Festschrift Pfeiffer, 1988, S. 255, 258 ff.) festzuhalten ist (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 - StB 5/02, BGHSt 47, 249, 251), folgt im Umkehrschluss für Fälle wie den vorliegenden, dass die Entscheidung, die die Verhaftung betrifft , diejenige ist, aus der sich der dringende Tatverdacht für eine Straftat ergibt, die den Erlass bzw. die Vollziehung des Haftbefehls rechtfertigt. Liegt eine solche Entscheidung vor und ist sie - wie hier mit Blick auf die Strafbarkeit gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB - zu Recht ergangen, kann die Beschwerde gegen den Haftbefehl verworfen werden, ohne dass abschließend zu entscheiden ist, ob der Beschuldigte durch seine Tathandlungen zugleich einen anderen Straftatbestand erfüllt hat.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht

1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,
2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder
3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.

(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.

(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug

1.
(weggefallen)
2.
bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des Strafgesetzbuches),
3.
bei Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a des Strafgesetzbuches) sowie bei Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes,
4.
bei einem Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 102 des Strafgesetzbuches),
5.
bei einer Straftat gegen Verfassungsorgane in den Fällen der §§ 105, 106 des Strafgesetzbuches,
6.
bei einer Zuwiderhandlung gegen das Vereinigungsverbot des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches,
7.
bei Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches, wenn die Nichtanzeige eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehört und
8.
bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.

(2) Diese Oberlandesgerichte sind ferner für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug zuständig

1.
bei den in § 74a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach § 74a Abs. 2 die Verfolgung übernimmt,
2.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuches) und den in § 129a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten, wenn ein Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung besteht, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
3.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuchs), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuchs), erpresserischem Menschenraub (§ 239a des Strafgesetzbuchs), Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs), schwerer und besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306a und 306b des Strafgesetzbuchs), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuchs), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie in den Fällen des § 307 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Missbrauch ionisierender Strahlen in den Fällen des § 309 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs, Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens in den Fällen des § 310 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Überschwemmung in den Fällen des § 313 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs, gemeingefährlicher Vergiftung in den Fällen des § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr in den Fällen des § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuchs, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist,
a)
den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen,
b)
Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,
c)
die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des Nordatlantik-Pakts oder seiner nichtdeutschen Vertragsstaaten zu beeinträchtigen oder
d)
den Bestand oder die Sicherheit einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
4.
bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie bei Straftaten nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, wenn die Tat oder im Falle des strafbaren Versuchs auch ihre unterstellte Vollendung nach den Umständen
a)
geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, oder
b)
bestimmt und geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
Eine besondere Bedeutung des Falles ist auch anzunehmen, wenn in den Fällen des Satzes 1 eine Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts wegen des länderübergreifenden Charakters der Tat geboten erscheint. Die Oberlandesgerichte verweisen bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Sache in den Fällen der Nummer 1 an das Landgericht, in den Fällen der Nummern 2 bis 4 an das Land- oder Amtsgericht, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht vorliegt.

(3) In den Sachen, in denen diese Oberlandesgerichte nach Absatz 1 oder 2 zuständig sind, treffen sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Sie entscheiden ferner über die Beschwerde gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung) in den in § 304 Abs. 5 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen.

(4) Diese Oberlandesgerichte entscheiden auch über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a zuständigen Gerichts. Für Entscheidungen über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a Abs. 4 zuständigen Gerichts sowie in den Fällen des § 100e Absatz 2 Satz 6 der Strafprozessordnung ist ein nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasster Senat zuständig.

(5) Für den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Vorschriften. Die beteiligten Länder können durch Vereinbarung die den Oberlandesgerichten in den Absätzen 1 bis 4 zugewiesenen Aufgaben dem hiernach zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen.

(6) Soweit nach § 142a für die Verfolgung der Strafsachen die Zuständigkeit des Bundes begründet ist, üben diese Oberlandesgerichte Gerichtsbarkeit nach Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes aus.

(7) Soweit die Länder aufgrund von Strafverfahren, in denen die Oberlandesgerichte in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entscheiden, Verfahrenskosten und Auslagen von Verfahrensbeteiligten zu tragen oder Entschädigungen zu leisten haben, können sie vom Bund Erstattung verlangen.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug

1.
(weggefallen)
2.
bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des Strafgesetzbuches),
3.
bei Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a des Strafgesetzbuches) sowie bei Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes,
4.
bei einem Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 102 des Strafgesetzbuches),
5.
bei einer Straftat gegen Verfassungsorgane in den Fällen der §§ 105, 106 des Strafgesetzbuches,
6.
bei einer Zuwiderhandlung gegen das Vereinigungsverbot des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches,
7.
bei Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches, wenn die Nichtanzeige eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehört und
8.
bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.

(2) Diese Oberlandesgerichte sind ferner für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug zuständig

1.
bei den in § 74a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach § 74a Abs. 2 die Verfolgung übernimmt,
2.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuches) und den in § 129a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten, wenn ein Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung besteht, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
3.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuchs), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuchs), erpresserischem Menschenraub (§ 239a des Strafgesetzbuchs), Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs), schwerer und besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306a und 306b des Strafgesetzbuchs), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuchs), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie in den Fällen des § 307 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Missbrauch ionisierender Strahlen in den Fällen des § 309 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs, Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens in den Fällen des § 310 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Überschwemmung in den Fällen des § 313 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs, gemeingefährlicher Vergiftung in den Fällen des § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr in den Fällen des § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuchs, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist,
a)
den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen,
b)
Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,
c)
die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des Nordatlantik-Pakts oder seiner nichtdeutschen Vertragsstaaten zu beeinträchtigen oder
d)
den Bestand oder die Sicherheit einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
4.
bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie bei Straftaten nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, wenn die Tat oder im Falle des strafbaren Versuchs auch ihre unterstellte Vollendung nach den Umständen
a)
geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, oder
b)
bestimmt und geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
Eine besondere Bedeutung des Falles ist auch anzunehmen, wenn in den Fällen des Satzes 1 eine Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts wegen des länderübergreifenden Charakters der Tat geboten erscheint. Die Oberlandesgerichte verweisen bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Sache in den Fällen der Nummer 1 an das Landgericht, in den Fällen der Nummern 2 bis 4 an das Land- oder Amtsgericht, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht vorliegt.

(3) In den Sachen, in denen diese Oberlandesgerichte nach Absatz 1 oder 2 zuständig sind, treffen sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Sie entscheiden ferner über die Beschwerde gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung) in den in § 304 Abs. 5 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen.

(4) Diese Oberlandesgerichte entscheiden auch über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a zuständigen Gerichts. Für Entscheidungen über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a Abs. 4 zuständigen Gerichts sowie in den Fällen des § 100e Absatz 2 Satz 6 der Strafprozessordnung ist ein nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasster Senat zuständig.

(5) Für den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Vorschriften. Die beteiligten Länder können durch Vereinbarung die den Oberlandesgerichten in den Absätzen 1 bis 4 zugewiesenen Aufgaben dem hiernach zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen.

(6) Soweit nach § 142a für die Verfolgung der Strafsachen die Zuständigkeit des Bundes begründet ist, üben diese Oberlandesgerichte Gerichtsbarkeit nach Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes aus.

(7) Soweit die Länder aufgrund von Strafverfahren, in denen die Oberlandesgerichte in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entscheiden, Verfahrenskosten und Auslagen von Verfahrensbeteiligten zu tragen oder Entschädigungen zu leisten haben, können sie vom Bund Erstattung verlangen.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.