Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - IX ZR 85/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 62.888,90 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Nichtzulassungsbeschwerde Die ist unbegründet. Zwar ist das Berufungsgericht in seiner Auslegung des § 145 Abs. 2 InsO von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 100, 36, 41; BGH, Urt. v. 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178, 2179 Rn. 11; v. 19. Februar 2009 - IX ZR 16/08 unter II. 2. z.V.b.) abgewichen. Seine Entscheidung ist aber im Ergebnis aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO entsprechend).
- 2
- Die Beklagte hatte nach ihrem eigenen Vortrag ihre Tochter als "Treuhänderin" eingeschaltet, um die von dem Schuldner eingezogenen Rückkaufs- werte seiner Lebensversicherungen von diesem entgegen zu nehmen und für sie zu verwalten. Durfte der Schuldner im Innenverhältnis über das gemeinschaftliche Konto mit seiner Ehefrau, der Tochter der Beklagten, nicht mehr verfügen und hatte auch keinen Ausgleichanspruch nach § 430 BGB mehr bei künftigen Verfügungen seiner Ehefrau, wie sich aus dem Vortrag der Beklagten ergibt, so hatte er mit der Buchung der eingezogenen Rückkaufswerte auf jenem Konto alle Rechte auf diese Beträge aufgegeben. Dann müssen die Vereinbarungen der Beteiligten aber so verstanden werden, dass der Schuldner bereits durch die Leistung an seine Ehefrau, welche von der Beklagten dafür als Dritte benannt worden war, seine behauptete Darlehensschuld gegenüber der Beklagten gemäß § 362 Abs. 2 BGB insoweit erfüllt hatte. Für einen solchen Empfangsauftrag der Ehefrau des Schuldners spricht auch, dass es im Blick auf die Darlehenstilgung nicht dem Schuldner zur Last fallen konnte, wenn die Beklagte ihrer Tochter den abgewiesenen Spitzenbetrag der Klage erlassen hat. Die Beklagte hatte schon mit dem Eingang der Rückkaufswerte auf dem Gemeinschaftskonto des Schuldners und seiner Ehefrau gegen diese aus dem als Treuhand bezeichneten Auftragsverhältnis den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB erlangt. Sie war damit unmittelbar Empfängerin der Schuldnerleistungen und Rückgewährschuldnerin gemäß § 143 Abs. 1 InsO, ohne dass es im Verhältnis der Beklagten zu ihrer Tochter auf eine anfechtungsrechtliche Rechtsnachfolge im Sinne von § 145 Abs. 2 InsO ankam.
- 3
- Die Tochter der Beklagten war als ihre Empfangsbeauftragte zugleich Wissensvertreterin für die anfechtungsrechtlich maßgebenden Kenntnisse, die der Beklagten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen waren (vgl. BGHZ 41, 17, 21 f).
- 4
- Die Gehörsrügen der Beschwerde hat der Senat auch vor diesem Hintergrund geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO). Schon nach den revisionsrechtlich bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts war den Beteiligten die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt.
- 5
- Weder der Schuldner noch die Beklagte konnten an eine wirksame Abtretung der Ansprüche des Schuldners aus den Lebensversicherungsverträgen und ein dadurch begründetes Vorzugsrecht (§ 805 ZPO) glauben, nachdem die Versicherungsgesellschaften unter den gegebenen Umständen nur zur Leistung an den Schuldner bereit waren, einen Gläubigerwechsel also verneinten. Die gläubigerbenachteiligende Wirkung, welche der Weiterleitung der vom Schuldner eingezogenen Beträge auf das gemeinschaftliche Konto mit seiner Ehefrau zukam, konnte so gesehen selbst unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten von keinem der Beteiligten verkannt werden.
- 6
- Ein Grund zur Zulassung der Revision gegen das rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstandende Berufungsurteil besteht danach nicht. Soweit sich die Beschwerde darauf beruft, dass das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 133 Abs. 1 InsO abgewichen sei, sind die zur Stützung dieser Zulassungsrüge angeführten Entscheidungen durch die jüngere Rechtsprechung (vgl. BGHZ 155, 75, 85 f; BGH, Urt. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 423 Rn. 36 f; v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10) überholt.
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 18.07.2003 - 9 O 1690/02 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 10.04.2006 - 25 U 158/03 -
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Annotations
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Die Anfechtbarkeit kann gegen den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger des Anfechtungsgegners geltend gemacht werden.
(2) Gegen einen sonstigen Rechtsnachfolger kann die Anfechtbarkeit geltend gemacht werden:
- 1.
wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; - 2.
wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs zu den Personen gehörte, die dem Schuldner nahestehen (§ 138), es sei denn, daß ihm zu dieser Zeit die Umstände unbekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; - 3.
wenn dem Rechtsnachfolger das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Die Anfechtbarkeit kann gegen den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger des Anfechtungsgegners geltend gemacht werden.
(2) Gegen einen sonstigen Rechtsnachfolger kann die Anfechtbarkeit geltend gemacht werden:
- 1.
wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; - 2.
wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs zu den Personen gehörte, die dem Schuldner nahestehen (§ 138), es sei denn, daß ihm zu dieser Zeit die Umstände unbekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; - 3.
wenn dem Rechtsnachfolger das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.
(1) Der Pfändung einer Sache kann ein Dritter, der sich nicht im Besitz der Sache befindet, auf Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts nicht widersprechen; er kann jedoch seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös im Wege der Klage geltend machen, ohne Rücksicht darauf, ob seine Forderung fällig ist oder nicht.
(2) Die Klage ist bei dem Vollstreckungsgericht und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, bei dem Landgericht zu erheben, in dessen Bezirk das Vollstreckungsgericht seinen Sitz hat.
(3) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen.
(4) Wird der Anspruch glaubhaft gemacht, so hat das Gericht die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen. Die Vorschriften der §§ 769, 770 sind hierbei entsprechend anzuwenden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.