Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - IX ZB 67/18

bei uns veröffentlicht am02.05.2019
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 18 O 414/17, 15.03.2018
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 18 W 79/18, 26.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 67/18
vom
2. Mai 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt worden und erfolgt danach die Anzeige
der Masseunzulänglichkeit, ist jedenfalls ein Beschluss, auf dem im Wege der
Zwangsvollstreckung noch kein Sicherungsrecht erwirkt wurde, auf eine sofortige
Beschwerde aufzuheben.
BGH, Beschluss vom 2. Mai 2019 - IX ZB 67/18 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2019:020519BIXZB67.18.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 2. Mai 2019
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2018 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. März 2018 aufgehoben.
Der Antrag des Beklagten vom 28. Februar 2018 wird abgelehnt.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 7.797,48 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger, Verwalter im Insolvenzverfahren über den Nachlass der K. , hat den Beklagten mit Klageschrift vom 21. Dezember 2017 vor dem Landgericht Frankfurt auf Zustimmung zur Berichtigung von Grundbüchern sowie auf Abtretung damit zusammenhängender Rechte in Anspruch genommen. Nach Zustellung der Klage hat der Beklagte die geltend gemachten Ansprüche unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Das Landgericht hat am 22. Februar 2018 ein Anerkenntnisurteil erlassen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
2
Auf den Antrag des Beklagten vom 28. Februar 2018 hat das Landgericht durch Beschluss vom 15. März 2018 die von dem Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 7.797,48 € festgesetzt. Der Kläger hat am 20. März 2018 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit angezeigt und am selben Tag gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihr verfolgt der Kläger sein Begehren, den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben, weiter.

II.


3
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
4
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
5
Der Beklagte habe ein Rechtsschutzinteresse für den Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses , das nicht rückwirkend entfallen sei. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit habe ein Altmassegläubiger kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses, weil er diesen Titel nicht mehr durchsetzen könne. Daraus folge jedoch nicht, dass die Anzeige der Mas- seunzulänglichkeit nach Erlass des noch nicht rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses das Rechtsschutzbedürfnis rückwirkend entfallen lasse. Eine solche Wirkung der nachträglich entstandenen Tatsache ergebe sich nicht aus § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Vorschrift regele nur die Zulässigkeit neuen Vorbringens. Sie sei jedoch von seiner Erheblichkeit zu unterscheiden, die sich auch im Beschwerdeverfahren nach dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden materiellen Recht richte.
6
Nach dem Wortlaut des § 210 InsO entfalte die Anzeige der Masseunzulänglichkeit Wirkung nur für die Zukunft. Die Vorschrift sehe dagegen nicht vor, dass unmittelbar zuvor erfolgte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unwirksam würden. Eine entsprechende Geltung der Rückschlagsperre (§ 88 InsO) sei zwar im Gesetzgebungsverfahren erwogen, die Klärung ihrer Anwendbarkeit aber der Rechtsprechung überlassen worden. Hänge die Möglichkeit einer rückwirkenden Unwirksamkeit von einer analogen Anwendung des § 88 InsO ab, könne jedenfalls im Kostenfestsetzungsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass bereits das Rechtsschutzinteresse für den Kostenfestsetzungsbeschluss rückwirkend entfallen sei. Falls der Kostenfestsetzungsbeschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben werde, entfiele damit die Grundlage sowohl für eine bis zur Unzulänglichkeitsanzeige erlangte Sicherung als auch für eine erlangte Befriedigung. Um das Erlangte nicht erstatten zu müssen, habe der Kostengläubiger weiterhin ein Rechtsschutzinteresse am Fortbestand des Kostenfestsetzungsbeschlusses.
7
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Dem Beklagten ist ein Rechtsschutzinteresse für den Erlass des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses abzusprechen.
8
a) Der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses entbehrt eines Rechtsschutzinteresses, wenn er nicht vollstreckt werden kann.
9
aa) Der Kostenerstattungsanspruch eines gegen den Insolvenzverwalter obsiegenden Beklagten bildet eine Altmasseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO, die nach Erklärung der Masseunzulänglichkeit nicht mehr vollstreckt werden kann. Eine Masseverbindlichkeit ist gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO in dem Zeitpunkt "begründet" worden, in dem der Insolvenzverwalter den Rechtsgrund hierfür gelegt hat. Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten ist mit der Zustellung der Klage und damit vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit aufschiebend bedingt entstanden. Auf den jeweiligen Entstehungszeitpunkt der angefallenen Gebühren kommt es nicht an. Die Vollstreckung wegen des Kostenerstattungsanspruchs ist somit gemäß § 210 InsO unzulässig. Für den Altmassegläubiger besteht daher kein Rechtsschutzinteresse , in Form eines Kostenfestsetzungsbeschlusses einen Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu erlangen, den er von Gesetzes wegen nicht durchsetzen kann (BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, WM 2005, 1036 f).
10
bb) Auch im Kostenfestsetzungsverfahren muss das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers gegeben sein. Insoweit verhält es sich nicht anders als im Klageverfahren. Dort ist anerkannt, dass Forderungen im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden können. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist lediglich ein im Vergleich zu einem klageweisen Vorgehen regelmäßig weniger aufwendiges Verfahren. Das Ziel, in beiden Fällen einen zur Vollstreckung geeigneten Titel zu schaffen, ist jedoch dasselbe. Deswegen müssen die Verfahren auch in dem hier gegebenen Zusammenhang gleich behandelt werden (BGH, Beschluss vom 17. März 2005, aaO; vom 22. September 2005 - IX ZB 91/05, WM 2005, 2239, 2240; vom 27. September 2007 - IX ZB 172/05, WM 2007, 2128 Rn. 5 ff; vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 129/07, WM 2008, 2177 Rn. 6).
11
cc) Diese Grundsätze gelten auch für die Geltendmachung von Neumasseverbindlichkeiten. Wird eine Klage erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit rechtshängig, handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch der gegen den Insolvenzverwalter obsiegenden Partei um eine Neumasseverbindlichkeit (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO), weil der Anspruch erst nach der Anzeige entstanden ist (BGH, Beschluss vom 27. September 2007, aaO Rn. 6; vom 9. Oktober 2008, aaO). Macht der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zulässigen Beweismitteln glaubhaft, dass gegenüber den Neumassegläubigern Masseunzulänglichkeit eingetreten ist, fehlt ebenfalls das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses (BGH, Beschluss vom 22. September 2005, aaO; vom 27. September 2007, aaO Rn. 6 f; vom 9. Oktober 2008, aaO).
12
b) Ein Kostenfestsetzungsbeschluss entbehrt nach diesen Maßstäben auch dann eines Rechtsschutzinteresses, wenn - wie im Streitfall - die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach seinem Erlass verlautbart wird, ohne dass bis dahin eine Vollstreckung erfolgte. Wegen des durch § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots besteht kein Rechtsschutzinteresse für den Fortbestand eines Kostenfestsetzungsbeschlusses, aus dem nicht vollstreckt wurde und aus dem künftig nicht mehr vollstreckt werden darf (OLG Naumburg, ZInsO 2014, 303; OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. November 2018 - 18 W 196/18, Rn. 10 ff).
13
aa) Das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO entfaltet allerdings keine Rückwirkung auf vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit erwirkte Pfändungspfandrechte (LG Berlin, NZI 2008, 108, 109; FG Hannover, ZIP 2014, 2144, 2147; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 3. Aufl., § 210 Rn. 10; Pape in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, 2019, § 210 Rn. 3; HK-InsO/Landfermann, 9. Aufl., § 210 Rn. 4; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 210 Rn. 11; Uhlenbruck/Ries, InsO, 15. Aufl., § 210 Rn. 6; FK-InsO/Kießner, 9. Aufl., § 210 Rn. 4; Henning in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 3. Aufl., § 210 Rn. 7). Diese bleiben vielmehr bestehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2018 - IV AR(VZ) 2/17, WM 2018, 523 Rn. 22; OLG Frankfurt NZI 2017, 733, 735). Allenfalls kommt in Betracht, dass innerhalb des letzten Monats vor der Anzeige erwirkte Pfändungen - wie von dem Gesetzgeber erwogen (BT-Drucks. 12/2443, S. 219), aber der Klärung durch die Praxis überlassen (BT-Drucks. 12/7302, S. 180) - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 88 InsO als unwirksam zu erachten sind (in diesem Sinne HK-InsO/Landfermann, 9. Aufl., § 210 Rn. 4; ablehnend Uhlenbruck/Ries, InsO, 15. Aufl., § 210 Rn. 6 mwN). Diese Rechtsfrage ist im Streitfall mangels einer tatsächlich durchgeführten Vollstreckung nicht entscheidungserheblich und kann darum entgegen der Würdigung des Beschwerdegerichts ein Rechtsschutzinteresse nicht begründen.
14
bb) Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit beeinflusst auch einen schwebenden auf die Erwirkung eines Leistungsurteils gerichteten Rechtsstreit. Da der Kläger ein gegen den Verwalter ergehendes Leistungsurteil nicht mehr vollstrecken kann, hat er seine Klage auf Feststellung der Forderung umzustellen. Dies gilt auch dann, wenn er vorinstanzlich obsiegt hat und erst im Laufe des Revisionsverfahrens vor Erwirkung eines Pfändungspfandrechts die Masseunzulänglichkeit angezeigt wird (BAG, Urteil vom 5. Februar 2009 - 6 AZR 110/08, BAGE 129, 257 Rn. 10 ff). In vergleichbarer Weise verhält es sich im Streitfall. Die gebotene Antragsänderung hat der Beklagte nicht vorgenommen.
15
Der Beklagte hat aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht vollstreckt. Damit steht fest, dass § 210 InsO jede künftige Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss verbietet. Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt worden und erfolgt danach die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, ist jedenfalls ein Beschluss, aus dem im Wege der Zwangsvollstreckung noch kein Sicherungsrecht erwirkt worden ist, auf die sofortige Beschwerde aufzuheben, weil für seinen Fortbestand mangels weiterer Vollstreckbarkeit kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. In Ermangelung erfolgreicher Vollstreckungsmaßnahmen ist nicht die von dem Beschwerdegericht angeführte Gefahr zu besorgen, dass der Gläubiger nach Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses das im Vollstreckungsweg Erlangte zurückerstatten muss. Es wäre unter Gesichtspunkten der Prozessökonomie nicht einzusehen , in einer solchen Gestaltung den Beschluss aufrechtzuerhalten und den Verwalter im Falle einer Vollstreckung auf ein Rechtsmittel zu verweisen. Die Notwendigkeit der Erhebung von Rechtsbehelfen zur Abwehr nach Erklärung der Masseunzulänglichkeit ausgebrachter Pfändungen, die eine Verstrickung auslösen (BGH, Urteil vom 21. September 2017 - IX ZR 40/17, WM 2017, 2037 Rn. 12 ff), könnte zu Kostennachteilen für die bereits völlig unzureichende Masse führen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 11/04, WM 2006, 2090 Rn.15). Um entsprechend dem Verbot des § 210 InsO von vornherein eine Vollstreckung zu verhindern, ist der Kostenfestsetzungsbeschluss mangels eines Rechtsschutzinteresses aufzuheben.
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer

Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 15.03.2018 - 2-18 O 414/17 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 26.06.2018 - 18 W 79/18 -

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(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Proz

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(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. die Kosten des Insolvenzverfahrens;2. die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Ma

Zivilprozessordnung - ZPO | § 571 Begründung, Präklusion, Ausnahmen vom Anwaltszwang


(1) Die Beschwerde soll begründet werden. (2) Die Beschwerde kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Insolvenzordnung - InsO | § 210 Vollstreckungsverbot


Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

Insolvenzordnung - InsO | § 88 Vollstreckung vor Verfahrenseröffnung


(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese

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Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Die Beschwerde kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(3) Der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine Frist setzen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht innerhalb der Frist vorgebracht, so sind sie nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(4) Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann diese zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, wenn die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden darf (§ 569 Abs. 3).

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

5
2. Wie sich aus dem nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2005 (IX ZR 91/05, ZIP 2005, 1983) ergibt, kann der rechtlichen Würdigung des Oberlandesgerichts nicht gefolgt werden.
6
a) Eine obsiegende Partei hat als Altmassegläubiger (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) wegen des in § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses (§ 104 ZPO) gegen den im Rechtsstreit unterlegenen Insolvenzverwalter. Altmassegläubiger ist eine Partei, deren Erstattungsanspruch durch Klageerhebung vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurde (BGH, Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817, 818). Wird eine Klage hingegen erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit rechtshängig, handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch der gegen den Insolvenzverwalter obsiegenden Partei um eine Neumasseverbindlichkeit (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO), weil der Anspruch erst nach der Anzeige entstanden ist. Auch einem Neumassegläubiger, für den das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht unmittelbar gilt (vgl. BGHZ 167, 178, 186 ff Rn. 20 ff), fehlt das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses, sofern der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit glaubhaft macht. Da der Einwand nicht die verbindliche Wirkung einer Anzeige hat (§ 208 InsO), obliegen dem Insolvenzverwalter in einem Urteilsverfahren die Darlegung und der volle Nachweis der Masseunzulänglichkeit. Handelt es sich - wie hier - um ein Kostenfestsetzungsverfahren , hat der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gemäß § 104 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen (BGH, Beschl. v. 22. September 2005 - IX ZB 91/05, ZIP 2005, 1983, 1984; v. 27. September 2007 - IX ZB 172/05, ZIP 2007, 2140, 2141 Rn. 6 f). Die Kosten des Insolvenzverfahrens genießen - was das Beschwerdegericht verkannt hat - gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO absoluten Vorrang auch gegenüber Neumasseverbindlichkeiten (BGHZ 167, 178, 187 Rn. 22).

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

12
b) Das Insolvenzverfahren hat für sich genommen keinen Einfluss auf die Verstrickung. Ein Zugriff auf die von Pfändungsmaßnahmen eines Gläubigers erfassten Gegenstände ist auch im Insolvenzverfahren erst möglich, wenn die Wirkungen der Verstrickung beseitigt sind. Wird die Vollstreckungsmaßnahme nicht von Amts wegen aufgehoben, muss der Insolvenzverwalter die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung bei dem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständigen Vollstreckungsorgan, gegebenenfalls im Wege der Erinnerung geltend machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 11/04
vom
21. September 2006
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
während der Insolvenz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Insolvenzgericht und nicht das Vollstreckungsgericht ist funktionell zuständig,
um über eine auf Massearmut gestützte Erinnerung des Insolvenzverwalters gegen
den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu entscheiden, durch
den ein Kostengläubiger in die Insolvenzmasse vollstreckt.

b) Das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gilt entsprechend, wenn ein Kostengläubiger
nach Eintritt der Massearmut in die Insolvenzmasse vollstreckt.
BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 11/04 - LG Detmold
AG Detmold
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 21. September 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der Zivilkammer 3 des Landgerichts Detmold vom 15. Dezember 2003 und der Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 8. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Zwangsvollstreckung aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen des Amtsgerichts Hildesheim vom 22. Juli 2003 zu 23 M 3157/03 und vom 1. August 2003 zu 23 M 31851/03 wird für unzulässig erklärt.
Die vorbezeichneten Beschlüsse werden aufgehoben und die zugrundeliegenden Vollstreckungsanträge zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Gläubiger auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 48.986,83 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Gläubiger war vorläufiger sowie erster Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Nach seiner Abwahl wurde der Schuldner dieses Verfahrens zum Insolvenzverwalter bestellt (fortan: Insolvenzverwalter). Aus seiner Tätigkeit stehen dem Gläubiger vollstreckbare Vergütungsansprüche in Höhe von (12.389,67 € + 36.597,16 € =) 48.986,83 € zu. Wegen dieses Betrages betreibt er die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse.
2
Mit zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 22. Juli 2003 und vom 1. August 2003 hat der Gläubiger in das bei der Stadtsparkasse Hildesheim geführte Massekonto vollstreckt. Schon zuvor, nämlich mit Schreiben an das Insolvenzgericht vom 19. Juni 2003, hatte der Insolvenzverwalter mitgeteilt , dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Der Insolvenzverwalter hat beim Insolvenzgericht gegen die Vollstreckungsmaßnahmen Erinnerungen eingelegt, die als unbegründet zurückgewiesen worden sind. Das Landgericht hat seine sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Insolvenzverwalter die Aufhebung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Beschwerdegericht hat über die Zulassung der Rechtsbeschwerde in ordnungsgemäßer Besetzung (BGHZ 154, 200, 200 f) entschieden.
4
Rechtsbeschwerde Die ist auch begründet. Den ausgebrachten Pfändungen des Massekontos steht ein Vollstreckungsverbot entgegen.
5
1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden. Mit Recht hat es die funktionelle Zuständigkeit des vom Insolvenzverwalter angerufenen Insolvenzgerichts zur Entscheidung über die Erinnerungen bejaht.
6
a) Gegen unzulässige Vollstreckungsmaßnahmen von Massegläubigern in die Insolvenzmasse steht dem Insolvenzverwalter die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) zu (vgl. Blersch, in Berliner Kommentar zur InsO § 90 Rn. 9; Lüke, in Kübler/Prütting InsO § 90 Rn. 20; MünchKomm-InsO/Breuer, § 90 Rn. 24; Roth, in Festschrift Friedhelm Gaul S. 573, 576; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 90 Rn. 10; Vallender ZIP 1997, 1993, 1998). Gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat über sie das Vollstreckungsgericht zu entscheiden. Nach § 764 Abs. 2 ZPO ist Vollstreckungsgericht grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Danach hätte der Insolvenzverwalter seine Erinnerung an das Amtsgericht Hildesheim und nicht an das Insolvenzgericht Detmold richten müssen.
7
Demgegenüber hat nach § 89 Abs. 3 InsO nicht das Vollstreckungsgericht , sondern das Insolvenzgericht über Einwendungen zu entscheiden, die im Anwendungsbereich dieser Vorschrift gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden. Eine ähnliche Zuweisung an das Insolvenzgericht enthält § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO für die Entscheidung, ob ein Gegenstand nach einer der in Absatz 1 Satz 2 in Bezug genommenen Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt und damit zur Insolvenzmasse gehört. In den genannten Fällen entscheidet das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732; ständig). Der sachliche Grund für die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts liegt in dem engen Sachzusammenhang zwischen der Einzelvollstreckung und dem Insolvenzverfahren (vgl. dazu auch den Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung BT-Drucks. 12/2443, S. 138). Das Insolvenzverfahren ist insoweit unmittelbar durch die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Einzelzwangsvollstreckung betroffen (vgl. BGH, aaO).
8
Die b) Zuweisung vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelfe durch § 36 Abs. 4, § 89 Abs. 3, § 148 Abs. 2 InsO an das Insolvenzgericht ist nicht abschließend. Es entspricht fast einhelliger Auffassung, dass die Insolvenzgerichte und nicht die Vollstreckungsgerichte in entsprechender Anwendung des § 89 Abs. 3 InsO über Erinnerungen zu befinden haben, die sich auf die in § 90 Abs. 1 InsO geregelten Vollstreckungsverbote bei Masseverbindlichkeiten beziehen (vgl. Blersch, in Berliner Kommentar aaO § 90 Rn. 10; HKInsO /Eickmann, InsO 4. Aufl. § 90 Rn. 13; Gerhardt, in Gottwald Insolvenzrechts -Handbuch 3. Aufl. § 33 Rn. 28; Kuleisa, in Hamburger Kommentar zur InsO § 90 Rn. 11; Landfermann, in Kölner Schrift 2. Aufl. S. 159, 174; Lüke, in Kübler/Prütting aaO § 90 Rn. 21; MünchKomm-Inso/Breuer, § 90 Rn. 25; Uhlenbruck , aaO § 90 Rn. 10; Behr JurBüro 1999, 66, 68; Vallender aaO S. 1999).
Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Sie wird von den Beteiligten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auch nicht in Frage gestellt.
9
c) Im Streitfall hat der Insolvenzverwalter die von ihm eingelegten Erinnerungen nicht auf die Verletzung des § 90 InsO, sondern darauf gestützt, dass die Insolvenz bei Einleitung der Vollstreckung schon massearm im Sinne von § 207 InsO gewesen sei und die Pfändungen des Massekontos die Befriedigung in der Rangfolge des § 207 Abs. 3 InsO vereitelten.
10
Auch hierüber haben in entsprechender Anwendung des § 89 Abs. 3 InsO die Insolvenzgerichte als die sachnäheren Gerichte zu entscheiden. Für Vollstreckungsverbote im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 210 InsO ist auch dies überwiegend anerkannt (vgl. LG Trier ZInsO 2005, 221; Breutigam, in Berliner Kommentar aaO § 210 Rn. 7; HK-InsO/Landfermann, aaO § 210 Rn. 4; FK/Kießner, InsO 4. Aufl. § 210 Rn. 7; Pape, in Kübler/Prütting, aaO § 210 Rn. 4a; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 210 Rn. 15; Uhlenbruck, aaO § 210 Rn. 4; a.A. Smid, InsO 2. Aufl. § 210 Rn. 2 und Fn. 4; ders. WM 1998, 1313, 1318 f; Runkel/Schnurbusch NZI 2000, 49, 51). Nicht anders verhält es sich, wenn - wie hier - geltend gemacht wird, das Vollstreckungsverbot erfasse auch die Fälle der Massearmut im Sinne des § 207 InsO. Unterschiedliche Zuständigkeiten für die gerichtliche Durchsetzung von Vollstreckungsverboten, die ihren Grund entweder in der Masseunzulänglichkeit nach §§ 208, 209 InsO oder in der Massearmut nach § 207 InsO haben, würden dem gemeinsamen Sinn und Zweck der Regelung, im Falle unzulänglicher Massen eine bestimmte Befriedigungsreihenfolge verfahrensrechtlich sicherzustellen, nicht gerecht. Auch dies ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr in Frage gestellt worden.
11
2. In der Sache selbst steht der Zwangsvollstreckung des Gläubigers aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen in die Insolvenzmasse in entsprechender Anwendung des § 210 InsO das Vollstreckungsverbot der Massearmut entgegen. Die Vollstreckung ist deshalb für unzulässig zu erklären; zugleich sind die Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben (vgl. Zöller/Stöber, ZPO 25. Aufl. § 766 Rn. 30).
12
a) Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gelte nur für sogenannte Altmassegläubiger nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die titulierten Vergütungsforderungen des Gläubigers gehörten jedoch nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu den Kosten des Insolvenzverfahrens. Ob das Vollstreckungsverbot entsprechend auch auf die Massearmut nach § 207 InsO angewendet werden könne, bedürfe deshalb keiner Entscheidung. Im Erinnerungsverfahren könne auch nicht geprüft werden, ob dem Gläubiger nach § 207 Abs. 3 InsO nur noch ein quotenmäßiger Vergütungsanspruch zustehe. Hierbei handele es sich um eine materiell-rechtliche Einwendung, die im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden müsse.
13
b) Diese Begründung ist nicht tragfähig.
14
aa) Nach der allerdings später als die angefochtenen Beschlüsse ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 22/05, WM 2006, 970, 973, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) ist das Vollstreckungsverbot aus § 210 InsO auf das Rangverhältnis zwischen den im ersten Rang zu berichtigenden Kosten (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und den im zweiten Rang zu berichtigenden Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO) entsprechend anzuwenden, um die vom Gesetz nicht bedachte Lücke zu schließen, dass die im ersten Rang zu berichtigenden Kosten nicht gedeckt wären, falls die Neumasseverbindlichkeiten ausgeglichen würden. Ist die Masse sogar arm im Sinne von § 207 InsO und reichen die Barmittel nicht einmal aus, um die Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 209 Abs. 1 Nr. 1, § 54 InsO zu decken, befindet sich der Insolvenzverwalter in einer ähnlichen Lage. Da er - entgegen der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 22/05, aaO S. 923) - seine Tätigkeit nicht sofort beenden kann, weil § 207 InsO die Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nur in dem in der Vorschrift geregelten Verfahren erlaubt, müsste er ohne eine entsprechende Anwendung des § 210 InsO zusehen, wie andere Kostengläubiger im Wege der Vollstreckung bis zum vorläufigen Ausgleich ihrer Forderungen auf die vorhandenen Barmittel der Masse zugreifen. Dies liefe der in § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO festgelegten Rangfolge zuwider, die eine anteilige Befriedigung vorsieht. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber, der in den §§ 207 ff InsO die massearme Insolvenz nur bruchstückhaft geregelt hat (vgl. BGHZ 154, 358, 368 ff), mit der Vorschrift des § 210 InsO die entsprechende Anwendung über den unmittelbar geregelten Fall hinaus ausschließen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 22/05, aaO S. 973; MünchKomm -InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 68; Pape, in Kübler/Prütting aaO § 207 Rn. 32; a.A. Klopp/Kluth, in Gottwald aaO § 74 Rn. 44).
15
bb) Entgegen der Auffassung des Gläubigers kann der Insolvenzverwalter nicht auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) und die in diesem Klageverfahren möglichen einstweiligen Anordnungen (§ 769 ZPO) verwiesen werden (MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 69; Pape, in Kübler /Prütting aaO § 207 Rn. 32 f; a.A. Klopp/Kluth, in Gottwald aaO § 74 Rn. 44). Mit dem auf die Massearmut gestützten Vollstreckungsverbot wird ein Einwand gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung erhoben, nicht jedoch ein materieller Einwand gegen den Anspruch an sich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Massearmut feststeht und der Insolvenzverwalter die Einstellung des Verfahrens mangels Masse angeregt hat. In einem solchen Fall führte die Notwendigkeit einer Vollstreckungsgegenklage zur Abwehr schon ausgebrachter Pfändungen vor allem zu Kostennachteilen für die bereits völlig unzureichende Masse (vgl. MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 69).
16
Zwar wird eingewandt, im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 210 InsO bestehe im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO keine Möglichkeit, die Anzeige des § 208 InsO auf ihre Richtigkeit hin überprüfen zu lassen, weil das gesetzliche Vollstreckungsverbot des § 210 InsO schlicht an die Anzeige selbst anknüpfe (vgl. Roth, in Festschrift Friedhelm Gaul S. 573, 576). Die rechtsverbindliche Wirkung der Anzeige gilt nach der Rechtsprechung des Senats jedoch nicht ausnahmslos (vgl. BGHZ 154, 358, 369; BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 22/05, aaO S. 973 f). Die Vorschrift des § 207 InsO statuiert allerdings im Unterschied zu § 208 InsO nicht ausdrücklich eine Pflicht des Insolvenzverwalters zur Anzeige der Massearmut. Dies hat seinen Grund darin, dass die Wirkungen der Masselosigkeit - anders als die an die Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO anknüpfenden Rechtsfolgen des § 210 InsO - nicht von einer solchen vorherigen Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht oder einer öffentlichen Bekanntmachung abhängig sind. Vielmehr treten die sich aus der Masselosigkeit ergebenden Rechtsfolgen ein, sobald deren Voraussetzungen vorliegen (vgl. MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 57; Pape, in Kübler/ Prütting aaO § 207 Rn. 11). Obgleich die gerichtliche Verfahrenseinstellung mangels Masse von Amts wegen erfolgt, ist es jedoch nicht Aufgabe des Gerichts , den jeweiligen Stand der Massekostendeckung zu kontrollieren. Vielmehr gehört es zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters, die Kostendeckung zu beobachten , bei Auftreten von Zweifeln eine Überprüfung vorzunehmen und gegebenenfalls dem Gericht hierüber Mitteilung zu machen (vgl. MünchKomm- InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 40; FK/Kießner, aaO § 207 Rn. 17; Pape, in Kübler /Prütting aaO § 207 Rn. 9; Uhlenbruck, aaO § 207 Rn. 4). Es erscheint deshalb gerechtfertigt, jedenfalls die sachlich zutreffende Mitteilung des Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht von der fehlenden Masse einer Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO insoweit gleichzustellen und sie wie diese als Anknüpfungspunkt für das Vollstreckungsverbot ausreichen zu lassen.
17
c) Das Beschwerdegericht durfte deshalb nicht offen lassen, ob Masselosigkeit nach § 207 InsO eingetreten war. Diese kann der Senat selbst feststellen , weil der Sachverhalt insoweit hinreichend geklärt ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Der Insolvenzverwalter hat sich in den Tatsacheninstanzen darauf berufen , dass die Verwertung der Masse abgeschlossen sei, verwertbare Vermögensgegenstände nicht mehr vorhanden und weder Aktiv- noch Passivprozesse anhängig seien. Der Kontostand des Massekontos habe sich im Zeitraum zwischen Januar 2002 und Oktober 2003 auf Beträge zwischen rund 46.700 € und 50.200 € belaufen. Die Kontostände hat der Verwalter durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge belegt. Die Kosten des Insolvenzverfahrens hat er auf 85.592,73 € beziffert, wobei er neben den streitgegenständlichen Kosten des Gläubigers Gerichtskosten allein in Höhe von 12.912,78 € in Ansatz gebracht hat. Der Gläubiger ist diesem Vortrag im Wesentlichen mit dem Hinweis entgegengetreten , dass der insoweit belastete Insolvenzverwalter seinen Darle- gungspflichten nicht genügt habe. Dies trifft nicht zu. Es ist deshalb von der Sachverhaltsschilderung des Insolvenzverwalters auszugehen, nach der Massearmut im Sinne des § 207 InsO gegeben ist.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

Vorinstanzen:
AG Detmold, Entscheidung vom 08.10.2003 - 10c IN 38/01 -
LG Detmold, Entscheidung vom 15.12.2003 - 3 T 355/03 -

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.