Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - IX ZB 30/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 231 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- 1. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich gehaltene Frage, ob das Insolvenzgericht einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan noch zurückweisen kann, nachdem es den Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses hierzu angehört hat, ist nicht klärungsbedürftig. Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 16. Dezember 2010 entschieden, dass es keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung aufwirft, wenn das Beschwerdegericht den vom Schuldner vorgelegte Insolvenzplan mit einer auch auf die im Verfahren bereits erfolgten Stellungnahmen der Gläubiger gestützten Begründung zurückweist, dieser habe offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger (§ 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Zwar sei bei der anzustellenden Prognose in erster Linie der Inhalt des Planes selbst zu berücksichtigen. In die Beurteilung könnten aber die schon vorliegenden Stellungnahmen der Gläubiger einbezogen werden. Diese seien allerdings mit Vorsicht zu bewerten, weil sich die Meinung der Gläubiger bis zur Abstimmung über den Plan noch ändern könne. Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, Äußerungen von Gläubigern dürften in keinem Fall berücksichtigt werden, weil sonst dem Erörterungstermin vorgegriffen werde, treffe offensichtlich nicht zu. Sie stehe im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzes und zu seiner Begründung (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - IX ZB 21/09, ZIP 2011, 340 Rn. 3).
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- Deshalb war das Beschwerdegericht als zweites Tatsachengericht nicht gehindert, bereits vorliegende Stellungnahmen der Gläubiger sowie Äußerungen des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses bei seiner Entscheidung nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu berücksichtigen. Ein Verwertungsverbot besteht insoweit eindeutig nicht. Hat der Ausschuss schon die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen durch den Insolvenzverwalter genehmigt, kann auch bei vorsichtiger Bewertung offensichtlich sein, dass der vom Schuldner vorgelegte Plan keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger hat.
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- 2. Keine grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtsfrage, ob es an der offensichtlichen Aussichtslosigkeit des vom Schuldner vorgelegten Plans we- gen anderweitiger Veräußerung des Unternehmens im Ganzen etwas ändern kann, wenn der Schuldner die Wirksamkeit der Zustimmung des Gläubigerausschusses zur Veräußerung bestreitet. Handlungen des Insolvenzverwalters sind nach § 164 InsO im Außenverhältnis selbst dann wirksam, wenn ein Verstoß gegen die §§ 160 bis 163 InsO vorliegt. Dies gilt auch für die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, sofern diese ohne die Einholung der Zustimmung der Gläubigerversammlung erfolgt. Warum dies anders sein sollte, wenn die Wirksamkeit der Zustimmung des Gläubigerausschusses in Streit steht, legt die Rechtsbeschwerdebegründung nicht dar. Dass Abweichendes von der Rechtslage , wie sie sich nach dem Gesetz darstellt, überhaupt vertreten wird, bringt die Rechtsbeschwerde nicht zum Ausdruck. Die Insolvenzzweckwidrigkeit der beabsichtigten Unternehmensveräußerung, die ausnahmsweise zur Nichtigkeit der Verwertungshandlung führen kann (vgl. Onusseit in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 164 Rn. 2), wird nicht geltend gemacht.
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- 3. Ebenfalls keine Zulässigkeitsrelevanz wird für den von der Rechtsbeschwerde benannten Mangel aufgezeigt, wonach das Beschwerdegericht sich gehörswidrig nicht mit der von der Schuldnerin eingewandten Unwirksamkeit des Beschlusses des Ausschusses befasst und das Zustandekommen des Beschlusses für nicht nachprüfbar gehalten habe. Welche Handhabe das Gericht haben soll, Beschlüsse des Gläubigerausschusses zu korrigieren, und ob etwa § 78 InsO entsprechend anzuwenden sei (vgl. Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2. Aufl., Kap. 16 Rn. 59), führt die Rechtsbeschwerde nicht aus. Allein der Hinweis, dass es möglicherweise Aufsichtmaßnahmen des Insolvenzgerichts geben kann, wenn der Insolvenzverwalter im Innenverhältnis die §§ 160 bis 163 InsO missachtet, genügt nicht, um Vortrag zu der Frage zu ersetzen , ob und wie das Gericht die im Gesetz nicht vorgesehene Möglichkeit haben soll, Entscheidungen des Gläubigerausschusses zu überprüfen.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Magdeburg, Entscheidung vom 24.09.2009 - 340 IN 1178/08 (351) -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 25.01.2010 - 3 T 688/09 (544) -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück,
- 1.
wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt, - 2.
wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder - 3.
wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können.
(2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt.
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück,
- 1.
wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt, - 2.
wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder - 3.
wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können.
(2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt.
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu.
Durch einen Verstoß gegen die §§ 160 bis 163 wird die Wirksamkeit der Handlung des Insolvenzverwalters nicht berührt.
(1) Widerspricht ein Beschluß der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluß aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt.
(2) Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekanntzumachen. Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.