Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2018 - IV ZR 159/17

bei uns veröffentlicht am14.03.2018
vorgehend
Landgericht Magdeburg, 11 O 979/16, 22.11.2016
Oberlandesgericht Naumburg, 4 U 38/16, 17.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 159/17
vom
14. März 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:140318BIVZR159.17.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 14. März 2018

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. Mai 2017 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht mehr gegeben.
2
Der Senat hat mit den nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteilen vom 21. Februar 2018 (IV ZR 385/16, juris; IV ZR 304/16, juris), denen im Wesentlichen vergleichbare Sachverhalte wie hier zu- grunde lagen, entschieden, dass der Beginn der Verjährungsfrist für einen Bereicherungsanspruch nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. ebenso wie für einen Rückabwicklungsanspruch nach einem Rücktritt gemäß § 8 VVG a.F. nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage hinausgeschoben war.
3
2. Die Revision hat aus den in den vorgenannten Urteilen im Einzelnen dargelegten Erwägungen, die sich auf den Streitfall übertragen lassen, auch keine Aussicht auf Erfolg.
4
Ein etwaiger Rückgewähranspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB oder ein etwaiger Rückabwicklungsanspruch aus § 346 Abs. 1 BGB war bei Erhebung der Klage im August 2016 verjährt. Die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann mit dem Schluss des Jahres 2007, in dem der Kläger den Widerspruch, der bei einem Vertragsschluss im Antragsmodell auch als Rücktritt ausgelegt werden könnte, erklärte, und lief Ende 2010 ab.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 22.11.2016- 11 O 979/16 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 17.05.2017- 4 U 38/16 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2018 - IV ZR 159/17 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2018 - IV ZR 385/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 385/16 Verkündet am: 21. Februar 2018 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2018 - IV ZR 304/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 304/16 Verkündet am: 21. Februar 2018 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 385/16 Verkündet am:
21. Februar 2018
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 5a (F.: 21. Juli 1994); BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 199 Abs. 1
Der Beginn der Verjährungsfrist für einen Bereicherungsanspruch nach einem Widerspruch
gemäß § 5a VVG a.F. war nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften
Rechtslage hinausgeschoben.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2018 - IV ZR 385/16 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
ECLI:DE:BGH:2018:210218UIVZR385.16.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2018

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 12. Zivilsenat - vom 6. Dezember 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 11.036,45 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin, im Folgenden: d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
2
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Februar 1999 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN keine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F.
3
D. VN zahlte fortan die Versicherungsbeiträge. Im März 2007 kündigte d. VN den Vertrag; der Versicherer zahlte daraufhin den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 erklärte d. VN "den Widerspruch , den Widerruf bzw. die Anfechtung" und zeigte die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag an die p. AG an.
4
Mit der im Januar 2016 eingereichten und im März 2016 zugestellten Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 11.036,45 €.
5
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Da sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden sei, habe sie auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. den Widerspruch noch erklären können.
6
Der Versicherer erhebt die Einrede der Verjährung.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in r+s 2017, 176 veröffentlicht ist, hat die Aktivlegitimation der nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrten VN dahinstehen lassen. Nach seiner Ansicht ist ein etwaiger mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahr 2010 entstandener bereicherungsrechtlicher Anspruch mit Ablauf des Jahres 2013 jedenfalls verjährt. D. VN könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Beginn der Verjährung wegen einer unsicheren Rechtslage bis zur Vorlageentscheidung des Senats vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, r+s 2012, 281) oder der anschließenden Revisionsentscheidung in jener Sache vom 7. Mai 2014 (BGHZ 201, 101) hinausgeschoben gewesen sei. Zwar könne eine unsichere Rechtslage eine Partei von der Geltendmachung eines Anspruchs abhalten und zu einem Hinausschieben des Verjährungsbeginns führen. So liege der Fall hier jedoch nicht. D. VN habe angesichts der ungeklärten Frage der Europarechtswidrigkeit der Regelungen in §§ 5a, 8 VVG a.F. mit der Ausübung des Widerspruchsrechts bis zur höchstrichterlichen Klärung zuwarten können. Durch die Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2010 habe d. VN die in § 199 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Zumutbarkeitsschwelle als Voraussetzung für den Verjährungsbeginn überschritten und die Verjährungsfrist in Gang gesetzt.
10
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
11
Ein etwaiger Rückgewähranspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB war bei Erhebung der Klage im März 2016 verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB abgelaufen. Die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres 2010 und lief Ende 2013 ab.
12
1. Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
13
a) Der auf Rückgewähr der Prämien gerichtete Bereicherungsanspruch entstand mit dem Widerspruch, den d. VN im Jahr 2010 erklärte. Die Widerspruchserklärung ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wie der Senat mit Urteil vom 8. April 2015 (IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat.
14
b) Im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung hatte d. VN auch im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 aaO Rn. 25).
15
aa) Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen , wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (BGH, Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 279/11, NJW 2013, 1077 Rn. 47 m.w.N.). Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverläs- sig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urteile vom 4. Juli 2017 - XI ZR 233/16, WM 2017, 1652 Rn. 94; XI ZR 562/15, WM 2017, 1643 Rn. 86; vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14, WRP 2016, 1517 Rn. 42; vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35; Beschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 516/14, BGHZ 208, 210 Rn. 26; jeweils m.w.N.; st. Rspr.).
16
bb) D. VN war die Erhebung einer Klage nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage unzumutbar, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat. Entgegen der Auffassung der Revision war der Verjährungsbeginn nicht bis zum Vorlagebeschluss des Senats vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, r+s 2012, 281), bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (r+s 2014, 57) und deren Umsetzung in das deutsche Recht durch das Senatsurteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101) oder gar bis zu dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2016 (VersR 2016, 1037) hinausgeschoben.
17
(1) Für eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung genügte es nicht, dass über die Richtlinienkonformität des § 5a VVG a.F. ein Meinungsstreit bestand, über den der Senat im Jahr 2010 noch nicht abschließend entschieden hatte. Anders als die Revision meint, ist eine Rechtslage nicht schon dann im Sinne der genannten Rechtsprechung unsicher und zweifelhaft, wenn eine Rechtsfrage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - IV ZR 208/09, r+s 2010, 364 Rn. 20; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 348/09, NJW 2011, 1278 Rn. 21). Bei einer solchen Konstellation ist dem Gläubiger die Erhebung einer Klage jedenfalls dann nicht unzumutbar , wenn er gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entschei- dung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2009 - EnZR 49/08, BeckRS 2009, 22099 Rn. 7; BAGE 149, 169 Rn. 37). So liegt es hier. D. VN war die Klageerhebung trotz des zur Zeit des Widerspruchs noch bestehenden Meinungsstreits nicht unzumutbar, nachdem sie durch dieErklärung des Widerspruchs und die Rückforderung der Prämien zu erkennen gegeben hatte, dass sie von einem fortbestehenden Lösungsrecht und einem Rückerstattungsanspruch ausging.
18
(2) Dass die obergerichtliche Rechtsprechung noch im Jahr 2010 nahezu einhellig davon ausging, die später vom Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 (r+s 2014, 57) als richtlinienwidrig angesehene Bestimmung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei nicht zu beanstanden (vgl. beispielhaft OLG Köln VersR 2011, 245), machte die Klageerhebung ebenfalls nicht ausnahmsweise unzumutbar. Zwar kann eine entgegenstehende Rechtsprechung ausnahmsweise den kenntnisabhängigen Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben. Dies setzt aber eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung voraus (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35; vom 16. September 2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 232 = juris Rn. 39; Beschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 516/14, BGHZ 208, 210 Rn. 34). Eine solche existierte zu § 5a VVG a.F. nicht.
19
2. Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertigt auch das europarechtliche Effektivitätsgebot keine abweichende Beurteilung.
20
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Unionsregelung Sache der Mit- gliedstaaten, das Verfahren - einschließlich der Verjährungsregelungen - für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen diese Verfahren allerdings nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. EuGH NVwZ 2014, 433 Rn. 23; Slg 2011, I-78919 Rn. 32; Slg 2011, I-4043 Rn. 16 m.w.N.; EuZW 2009, 334 Rn. 48). Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - hier die nationale kenntnisabhängige Regelverjährungsfrist von drei Jahren - wahrt diese Grundsätze und führt nicht dazu, dass die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte dadurch praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde (vgl. EuGH NVwZ 2014, 433 Rn. 29; EuZW 2009, 334 Rn. 48), auch wenn ihr Ablauf naturgemäß die vollständige oder teilweise Abweisung der Klage zur Folge hat (EuGH Slg 2011, I-78919 Rn. 36 m.w.N.).
21
b) Wenn die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Versicherungsnehmer den Widerspruch erklärt hat, bedeutet dies entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass der Versicherungsnehmer in der Ausübung seines Lösungsrechts unzumutbar beschränkt wird. Durch die Entscheidung des Senats, nach der die Verjährung erst nach Erklärung des Widerspruchs beginnt und nicht schon - wie seinerzeit ebenfalls vertreten wurde - mit den einzelnen Prämienzahlungen (Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 18 ff.), ist dem Versicherungsnehmer für die Lösung vom Vertrag eine ausreichende Zeit eingeräumt. Es ist sichergestellt, dass der nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein Lösungsrecht belehrte Versicherungsnehmer von diesem Gebrauch machen kann und vorher die Verjährung nicht abläuft. Durch das Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zum Schluss des Jahres, in dem der Versicherungsnehmer sein Lösungsrecht ausübt, hat der Senat dem Effektivitätsgebot gerade Rechnung getragen.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.08.2016- 8 O 13/16 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.12.2016- 12 U 134/16 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 304/16 Verkündet am:
21. Februar 2018
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Beginn der Verjährungsfrist für einen Rückabwicklungsanspruch nach einem
Rücktritt gemäß § 8 VVG a.F. war nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften
Rechtslage hinausgeschoben.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2018 - IV ZR 304/16 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
ECLI:DE:BGH:2018:210218UIVZR304.16.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2018

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 12. Zivilsenat - vom 29. September 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 10.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer, im Folgenden: d. VN) macht gegen den beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) im Wege der Stufenklage Ansprüche aus zwei Rentenversicherungen und einer kapitalbildenden Lebensversicherungnach Rücktritt geltend.
2
Diese wurden jeweils aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. November bzw. zum 1. Dezember 1997 nach dem so genannten Antragsmodell des § 8 VVG in der seinerzeit gültigen Fassung vom 21. Juli 1994 (im Folgenden: § 8 VVG a.F.) abgeschlossen. D. VN zahlte fortan die Versicherungsbeiträge.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 24. September und vom 25. November 2010 erklärte er den "Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung".
4
Der Versicherer bestätigte die Kündigungen und zahlte d. VN die Rückkaufswerte aus. Mit der Ende Dezember 2015 eingereichten und im Januar 2016 zugestellten Klage verlangt d. VN Auskunft über die Höhe des Kostenanteils der Prämien sowie der hieraus, aus dem Sparanteil und aus dem Risikoanteil gezogenen Nutzungen und die sich hieraus ergebenden Zahlungen.
5
Nach Auffassung d. VN ist er wirksam von den Versicherungsverträgen zurückgetreten. Da er nicht ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt worden sei, habe er auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. den Rücktritt noch erklären können.
6
Der Versicherer erhebt die Einrede der Verjährung.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.
9
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in VersR 2017, 81 veröffentlicht ist, sind Ansprüche des nicht ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrten VN mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt. D. VN könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Beginn der Verjährung wegen einer unsicheren Rechtslage bis zur Vorlageentscheidung des Senats vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, r+s 2012, 281) oder der anschließenden Revisionsentscheidung in jener Sache vom 7. Mai 2014 (BGHZ 201, 101) hinausgeschoben gewesen sei. Zwar könne eine unsichere Rechtslage eine Partei von der Geltendmachung eines Anspruchs abhalten und zu einem Hinausschieben des Verjährungsbeginns führen. So liege der Fall hier jedoch nicht. D. VN habe angesichts der ungeklärten Frage der Europarechtswidrigkeit der Regelungen in §§ 5a, 8 VVG a.F. mit der Ausübung des Rücktrittsrechts biszur höchstrichterlichen Klärung zuwarten können. Durch die Erklärung des Rücktritts im Jahr 2010 habe d. VN die in § 199 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Zumutbarkeitsschwelle als Voraussetzung für den Verjährungsbeginn überschritten und die Verjährungsfrist in Gang gesetzt.
10
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
11
Etwaige Rückabwicklungsansprüche aus § 346 Abs. 1 BGB, deren Durchsetzung mit der Stufenklage vorbereitet werden soll, waren bei Erhebung der Klage im Januar 2016 verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB abgelaufen. Die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres 2010 und lief Ende 2013 ab.
12
1. Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
13
a) Die Rückabwicklungsansprüche entstanden jeweils mit den Rücktrittserklärungen im Jahr 2010 (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, r+s 2015, 60 Rn. 34; vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 24; BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rn. 37).
14
b) Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärungen hatte d. VN auch im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 aaO Rn. 25).
15
aa) Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt , die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urteile vom 4. Juli 2017 - XI ZR 233/16, WM 2017, 1652 Rn. 94; XI ZR 562/15, WM 2017, 1643 Rn. 86; vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14, WRP 2016, 1517 Rn. 42; vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35; Beschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 516/14, BGHZ 208, 210 Rn. 26; jeweils m.w.N.; st. Rspr.).
16
bb) D. VN war die Erhebung einer Klage nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage unzumutbar, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat. Entgegen der Auffassung der Revision war der Verjährungsbeginn nicht bis zum Vorlagebeschluss des Senats vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, r+s 2012, 281), bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (r+s 2014, 57) und deren Umsetzung in das deutsche Recht durch die Senatsurteile vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101) und vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, r+s 2015, 60 Rn. 34) oder bis zu dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2016 (VersR 2016, 1037) hinausgeschoben.
17
(1) Für eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung genügte es nicht, dass über die Richtlinienkonformität des § 5a VVG a.F. ein im Jahr 2010 noch nicht geklärter Meinungsstreit bestand, der sich, wie die Revision geltend macht, gleichermaßen auf § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. übertragen ließ. Anders als die Revision meint, ist eine Rechtslage nicht schon dann im Sinne der genannten Rechtsprechung unsicher und zweifelhaft, wenn eine Rechtsfrage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - IV ZR 208/09, r+s 2010, 364 Rn. 20; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 348/09, NJW 2011, 1278 Rn. 21). Bei einer solchen Konstellation ist dem Gläubiger die Erhebung einer Klage jedenfalls dann nicht unzumutbar, wenn er gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2009 - EnZR 49/08, BeckRS 2009, 22099 Rn. 7; BAGE 149, 169 Rn. 37). So liegt es hier. D. VN war die Klageerhebung trotz des zur Zeit des Rücktritts noch bestehenden Meinungsstreits nicht unzumutbar, nachdem er durch die Erklärung des Rücktritts und die Geltendmachung von Rückgewähransprüchen zu erkennen gegeben hatte, dass er von einem fortbestehenden Lösungsrecht und einem Rückerstattungsanspruch ausging.
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(2) Dass die obergerichtliche Rechtsprechung noch im Jahr 2010 nahezu einhellig davon ausging, die später vom Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 (r+s 2014, 57) als richtlinienwidrig angesehene Bestimmung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei nicht zu beanstanden (vgl. beispielhaft OLG Köln VersR 2011, 245; vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. März 2012 - 20 U 189/11, juris Rn. 11 zu § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F.), machte die Klageerhebung ebenfalls nicht ausnahmsweise unzumutbar. Zwar kann eine entgegenstehende Rechtsprechung ausnahmsweise den kenntnisabhängigen Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben. Dies setzt aber eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung voraus (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35; vom 16. September 2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 232 = juris Rn. 39; Beschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 516/14, BGHZ 208, 210 Rn. 34). Eine solche existierte zu § 5a VVG a.F. ebenso wie zu § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. nicht.
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2. Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertigt auch das europarechtliche Effektivitätsgebot keine abweichende Beurteilung.
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a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Unionsregelung Sache der Mitgliedstaaten , das Verfahren - einschließlich der Verjährungsregelungen - für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen diese Verfahren allerdings nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. EuGH NVwZ 2014, 433 Rn. 23; Slg 2011, I-78919 Rn. 32; Slg 2011, I-4043 Rn. 16 m.w.N.; EuZW 2009, 334 Rn. 48). Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - hier die nationale kenntnisabhängige Regelverjährungsfrist von drei Jahren - wahrt diese Grundsätze und führt nicht dazu, dass die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte dadurch praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde (vgl. EuGH NVwZ 2014, 433 Rn. 29; EuZW 2009, 334 Rn. 48), auch wenn ihr Ablauf naturgemäß die vollständige oder teilweise Abweisung der Klage zur Folge hat (EuGH Slg 2011, I-78919 Rn. 36 m.w.N.).
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b) Wenn die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Versicherungsnehmer den Rücktritt erklärt hat, bedeutet dies entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass der Versicherungsnehmer in der Ausübung seines Lösungsrechts unzumutbar beschränkt wird. Dadurch, dass die Verjährung erst nach Erklärung des Rücktritts beginnt (Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, r+s 2015, 60 Rn. 34), ist dem Versicherungsnehmer für die Lösung vom Vertrag eine ausreichende Zeit eingeräumt. Es ist sichergestellt, dass der nicht oder nicht ord- nungsgemäß über sein Lösungsrecht belehrte Versicherungsnehmer von diesem Gebrauch machen kann und vorher die Verjährung nicht abläuft. Durch das Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zum Schluss des Jahres, in dem der Versicherungsnehmer sein Lösungsrecht ausübt, hat der Senat dem Effektivitätsgebot gerade Rechnung getragen.
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3. Da die Ansprüche, die mit der Stufenklage im Ergebnis verfolgt werden, jedenfalls nicht durchsetzbar sind, war die Stufenklage insgesamt abzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2010 - IV ZR 69/08, VersR 2010, 801 Rn. 25).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.05.2016- 18 O 38/15 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.09.2016 - 12 U 101/16 -

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.