Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2018 - III ZR 29/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert, die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher
beschlossen:
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte (§ 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 143.489 €
Gründe:
- 1
- Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- 1. Zwar ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten den von ihnen eingeklagten Schaden nicht schlüssig dargelegt (S. 6 des Berufungsurteils ), nicht frei von Rechtsfehlern. Bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile muss berücksichtigt werden, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen. Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, aus denen der Geschädigte Steuervorteile erzielt hat, sind im Jahr ihres Zuflusses steuerpflich- tige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind (Senat, Urteil vom 20. August 2015 - III ZR 57/14, WM 2015, 1803 Rn. 15; BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 - VII ZR 154/10, WM 2012, 1790 Rn. 11; jeweils mwN). Vorstehendes gilt auch für steuerliche Abzüge, die im Rahmen des Erwerbs von zu sanierenden denkmalgeschützten Gebäuden erzielt wurden (BGH, Urteil vom 26.Januar 2012 aaO).
- 3
- Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung derart außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen anrechenbarer außergewöhnlicher Steuervorteile trägt der Schädiger (Senat, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff; BGH, Urteile vom 28. Januar 2014 - XI ZR 495/12, NJW 2014, 994 Rn. 11 und vom 26. Januar 2012 aaO Rn. 23).
- 4
- Diese Grundsätze hat das Berufungsurteil, das den Klägern substantiierten Vortrag zu den von ihnen aus der Denkmaleigenschaft der Wohnanlage erzielten Steuervorteilen abverlangt, nicht beachtet. Der Rechtsfehler ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da das Berufungsgericht - selbständig tragend - einen Anspruch der Kläger aus notarieller Amtshaftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO verneint hat, weil die Kläger nicht die Möglichkeit ausgeräumt haben, dass sie die den Kaufpreis finanzierende Bank mit Erfolg auf Schadensersatz hätten in Anspruch nehmen können. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsurteils lassen im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls, zu denen gehört, dass die Kläger trotz des ihnen in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2017 erteilten Hinweises und des ihnen gewährten Schriftsatznachlasses nicht ergänzend vorgetragen haben, keine zulassungsrelevanten Rechtsfehler erkennen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 07.12.2016 - 84 O 90/15 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.01.2018 - 9 U 1/17 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.
(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.
(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.