Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2010 - II ZR 143/09

bei uns veröffentlicht am14.06.2010
vorgehend
Landgericht Aachen, 1 O 414/07, 27.03.2008
Oberlandesgericht Köln, 18 U 78/08, 14.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 143/09
vom
14. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verschließt sich das Berufungsgericht mit einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht
aber den Sinn erfassenden Wahrnehmung dem wesentlichen Kern des Parteivortrags
, verletzt es die betroffene Partei in ihrem durch
Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
BGH, Beschluss vom 14. Juni 2010 - II ZR 143/09 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Juni 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Caliebe, Dr. Reichart,
Dr. Drescher und Dr. Löffler

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 51.622,70 €

Gründe:

1
Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat mit der Abweisung der Klage den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in mehrfacher Hinsicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. Das Berufungsgericht hat eine - mit dem Hilfsantrag geltend gemachte - Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Ausschüttungen verneint, weil sie einen selbständigen Garantievertrag voraussetze, den Prospektangaben jedoch nicht entnommen werden könne, dass die Beklagte zusätzlich zu der übernommenen Platzierungsgarantie gegenüber den an der Kapitalerhöhung beteiligten Anlegern eine weitere Garantie für die Mindestvorzugsausschüttungen habe übernehmen wollen. Mit seiner Annahme, die Beklagte habe nicht für die Zahlung der versprochenen Ausschüttungen einstehen wollen, hat es unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zentralen Vortrag der Kläger übergangen.
3
a) Die Kläger haben sich für ihre Behauptung, die Beklagte habe gegenüber den Anlegern für die Vorzugsausschüttungen eine Garantie übernommen, nicht nur auf die - vom Berufungsgericht isoliert gewürdigten - Prospektangaben bezogen. Sie haben außerdem vorgetragen, dass die Beklagte in dem mit der F. Baubetreuung Immobilien-Anlagen KG (künftig: KG) vereinbarten "Nachtrag zu Vertriebsauftrag und Platzierungsverpflichtung zur Kapitalerhöhung" vom 4. Juli 1997 (Anlage K 7) die bevorrechtigten Ausschüttungen der Teilnehmer an der Kapitalerhöhung garantiert habe, indem sie sich verpflichtet habe, die (Differenz-)Beträge auf erstes Anfordern zu zahlen, wenn die Liquidität der KG zum Fälligkeitszeitpunkt eine Auszahlung nicht gestattete. Dies legt jedenfalls nahe, dass die Beklagte - anders als das Berufungsgericht den Prospekt verstanden hat - außer der Platzierung auch die Ausschüttungen garantieren wollte, da es andernfalls der Nachtragsvereinbarung nicht bedurft hätte.
4
b) Zur Begründung ihres Anspruchs auf Zahlung der garantierten Ausschüttungen haben die Kläger ferner vorgebracht, die Beklagte habe in einem Schreiben vom 10. Juli 1997 (Anlage K 3), in dem sie für die Beteiligung an der Kapitalerhöhung geworben habe, erklärt, dass die Vorzugsausschüttung von 6 % p.a. im Rahmen der von ihr übernommenen Platzierungsgarantie sichergestellt sei; auch in dem auf Seite 2 dieses Schreibens dargestellten Rechenbeispiel werde von einer "garantierten Ausschüttung über 10 Jahre" ausgegangen.
Desgleichen habe die Beklagte in einem weiteren Schreiben vom Juli 1999 (Anlage K 6) eine "garantierte Ausschüttung von 6 % p.a. bis 2007" bestätigt.
5
c) Mit diesem - von der Nichtzulassungsbeschwerde als übergangen gerügten - Vortrag der Kläger und den hierzu vorgelegten Urkunden hat sich das Berufungsgericht bei der Prüfung der Frage, ob die Beklagte außer der Platzierungsgarantie auch eine Garantie für die Vorzugsausschüttungen übernommen hat, in keiner Weise auseinandergesetzt und ihn nicht in seine Würdigung einbezogen , obwohl sich dies angesichts seiner zentralen Bedeutung für das Verfahren aufdrängen musste. Darin zeigt sich, dass es diesen Vortrag der Kläger unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zur Kenntnis genommen haben kann.
6
d) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht, hätte es den übergangenen Vortrag berücksichtigt, zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass die Beklagte eine Garantie für die Vorzugsausschüttungen übernommen hat.
7
Abgesehen von dem vom Berufungsgericht - unter Außerachtlassung entscheidungserblichen Vortrags der Kläger - gewürdigten Prospekt kann sich ein eigener Anspruch der Kläger im Übrigen auch aus dem - als Anlage K 7 vorgelegten - "Nachtrag zu Vertriebsauftrag und Platzierungsverpflichtung zur Kapitalerhöhung" zwischen der KG und der Beklagten ergeben, wenn es sich hierbei - was durch Auslegung der konkreten Vereinbarung festzustellen sein wird - um einen Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) handelt.
8
2. Das Berufungsgericht hat den auf Schadensersatz durch Rückabwicklung der Beteiligung an der KG gerichteten Hauptantrag mit der Begründung abgewiesen, es liege kein Prospektfehler vor. Diese Ansicht beruht auf einer weiteren Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger.
9
a) Das Berufungsgericht hat einen Prospektfehler wiederum mit der Erwägung verneint, ein durchschnittlicher Anleger habe aufgrund der Prospektangaben nicht (einmal) annehmen können, dass die Beklagten gegenüber den Anlegern eine Garantie für die Zahlung der Vorzugsausschüttungen habe übernehmen wollen, mit der es schon einen Garantievertrag verneint hat. Ungeachtet des Umstands, dass gegen die Sichtweise des Berufungsgerichts schon der Wortlaut der Seite 2 des Prospekts spricht, wo es heißt, dass die Kapitalanleger eine jährliche Vorzugsausschüttung von 6 % auf den Nominalbetrag erhalten, "die von der F. garantiert ist", beruht auch diese Würdigung ersichtlich darauf, dass das Berufungsgericht den "Nachtrag zu Vertriebsauftrag und Platzierungsverpflichtung zur Kapitalerhöhung" (Anlage K 7) ebenso wenig zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hat wie die Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 1997 (Anlage K 3) und vom Juli 1999 (Anlage K 6). Nur so ist überhaupt nachvollziehbar, dass das Berufungsgericht auch bei der Prüfung der Frage, ob der Prospekt unrichtig war, diesen auch insoweit zentralen Vortrag der Kläger, der ein gegenteiliges Verständnis des Prospekts nahe legt, nicht einmal erwähnt hat.
10
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe gegenüber den Anlegern die Vorzugsausschüttungen nicht garantiert, gleichwohl stehe den Klägern kein Schadensersatzanspruch zu, beruht zudem auf einem weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
11
Die Kläger haben vorgetragen und durch den Zeugen S. unter Beweis gestellt, dass der Zeuge S. , der ihnen die Anlage vermittelt habe, auf Vertriebsveranstaltungen von der Beklagten dahingehend geschult worden sei, dass die Beklagte die Mindestvorzugsausschüttungen gegenüber den Anlegern garantiere, die sich an der Kapitalerhöhung beteiligen, dass der Zeuge S. deshalb davon überzeugt gewesen sei, dass die Beklagte zu Gunsten der Anleger eine solche Garantieerklärung abgegeben habe, dass er den Klägern in dem Vermittlungsgespräch erläutert habe, dass die im Gesellschaftsvertrag zugesagten jährlichen Mindestausschüttungen von 6 % durch eine Garantieerklärung der Beklagten gegenüber den Anlegern abgesichert seien und dass sie (auch) aufgrund dieser mündlichen Ausführungen des Zeugen die Anlage gezeichnet hätten.
12
Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht mit der Begründung als unerheblich abgetan, dass nach dem weiteren Vorbringen der Kläger die vom Zeugen S. gemachten Angaben zum Inhalt der Schulungsveranstaltungen dem Prospektinhalt entsprochen hätten und dieser gerade nicht den Schluss auf eine selbständige Garantiezusage zulasse. Diese Sinn entstellende, offensichtlich verfehlte Interpretation des Vortrags der Kläger macht deutlich, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Kläger nur bruchstückhaft und allenfalls vordergründig in den Blick genommen hat. Denn mit dem Vortrag, die Erläuterungen des Vermittlers S. seien durch den Prospekt bestätigt worden, konnte erkennbar nur gemeint sein, dass sie dem Prospektinhalt in dem von den Klägern , nicht jedoch in dem vom Berufungsgericht verstandenen Sinne entsprochen haben. Dass die Angaben des Vermittlers zum Inhalt der Schulungsveranstaltungen auch dann mit dem Prospekt übereinstimmen sollten, wenn man den Prospekt so versteht, wie es das Berufungsgericht tut, haben die Kläger ersichtlich nicht behaupten wollen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem - ein anderes Verständnis ausschließenden - Vortrag, der Anlagevermittler S. sei aufgrund der Erläuterungen der Beklagten selbst davon überzeugt gewesen, dass die Beklagte zu Gunsten der Anleger eine Garantieerklärung abgegeben habe und dass er demzufolge den Klägern erklärt habe, dass die Mindestvorzugsausschüttungen durch eine Garantieerklärung abgesichert seien.
13
Mit seiner, allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht jedoch den Sinn erfassenden Wahrnehmung hat sich das Berufungsgericht in nicht mehr nachvollziehbarer Weise dem wesentlichen Kern des Vortrags der Kläger verschlossen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (st.Rspr. vgl. nur BGH, Beschl. v. 12. Januar 2009 - II ZR 27/08, ZIP 2009, 513 Tz. 4; v. 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Tz. 3 f.; v. 28. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4).
14
c) Auch dieser Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht einen Prospektfehler bejaht hätte, wenn es den Vortrag der Kläger in einer den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG genügenden Weise zur Kenntnis genommen und den erforderlichen Beweis erhoben hätte.
15
3. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht den angetretenen Beweis zu erheben und die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, wobei es sich - sofern es darauf ankommen sollte - auch mit den weiteren Einwendungen der Beklagten zu befassen haben wird.
16
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
17
a) Die Erwägung des Berufungsgerichts, bei unvoreingenommener Lektüre des Prospektes sei klar gewesen, dass die Beklagte nicht zusätzlich zu der Platzierungsgarantie von 30 Millionen DM auch noch eine Garantie für die Vorzugsausschüttungen mit einem (weiteren) Risiko von 18 Millionen DM habe übernehmen wollen, ist - wie die Beschwerde zu Recht beanstandet - denkfehlerhaft. Denn eine Inanspruchnahme der Beklagten aus der Platzierungsgaran- tie kommt nur in Betracht, soweit das erforderliche Kapital nicht durch Anleger aufgebracht wird. In diesem Umfang ist jedoch die Garantie für die Ausschüttungen gegenstandslos, weil keine Vorzugsausschüttungen anfallen, für die die Beklagte möglicherweise zusätzlich einstehen müsste.
18
b) Ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn das Berufungsgericht nunmehr zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Beklagte eine Garantieverpflichtung übernommen hat. Ein Prospektfehler könnte nach dem Vortrag der Kläger darin liegen, dass die Beklagte die Garantie im Innenverhältnis eingeschränkt hat, diese Einschränkung in dem Prospekt jedoch nicht offenbart wurde.
19
c) Durch die Neufassung der §§ 195, 199 BGB zum 1. Januar 2002 wurde die Verjährungsfrist auf drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von den - den Anspruch begründenden - Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte , längstens auf 10 Jahre verkürzt (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB). Nach dem bisherigen Parteivortrag ist deshalb nichts dafür ersichtlich, dass die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede gegen einen Anspruch der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsschluss durchgreifen könnte.
20
d) Ansprüche gegen die Beklagte wegen eines Prospektmangels aus Verschulden bei Vertragsschluss sind nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen , weil sich die Kläger nur als mittelbare Kommanditisten an der KG beteiligt haben (BGH, Urt. v. 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912; vgl. auch Urt. v. 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Tz. 27).
Goette Caliebe Reichart Drescher Löffler
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 27.03.2008 - 1 O 414/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.05.2009 - 18 U 78/08 -

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(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. (2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 27/08
vom
12. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen eines unheilbaren
Zerwürfnisses mit einem Mitgeschäftsführer bei einer Zweipersonen-GmbH.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2009 - II ZR 27/08 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Januar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. Dezember 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert: 164.000,00 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet und führt gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
2
Das Berufungsgericht hat, indem es in Abänderung des klageabweisenden Landgerichtsurteils die Unwirksamkeit der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 18. Juli 2006 beschlossenen Abberufung des Klägers und der gleichzeitigen Kündigung seines Anstellungsverhältnisses festgestellt hat, den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
I. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner der Klage stattgebenden Entscheidung im Kern nur mit einem Teil des Beklagtenvortrags, nämlich der Frage befasst, ob die unstreitig gegebene tief greifende Zerrüttung des Verhältnisses der Gesellschafter-Geschäftsführer von dem Kläger maßgeblich verursacht worden ist. Zwar war das Berufungsgericht insoweit grundsätzlich nicht an einer - von dem Landgericht abweichenden - tatrichterlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts gehindert. Jedoch durfte es sich bei seiner die Unwirksamkeit von Abberufung und Kündigung feststellenden Entscheidung nicht darauf beschränken, ein vom Kläger (mit-)verursachtes, unheilbares Zerwürfnis zwischen den beiden Geschäftsführern zu verneinen; es war vielmehr gehalten, wenn es anders als das Landgericht in diesem Sachverhaltskomplex allein keinen wichtigen Grund finden konnte, sich mit den von der Beklagten darüber hinaus dem Kläger vorgeworfenen weiteren "wichtigen Gründen" für dessen Abberufung von seinem Geschäftsführeramt und die gleichzeitige außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise auseinandersetzen.
4
II. Das hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) versäumt, weil es entscheidungserheblichen, unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten im Hinblick auf derartige Pflichtverletzungen des Klägers als für den kaufmännischen Bereich verantwortlicher Geschäftsführer nicht oder allenfalls vordergründig in den Blick genommen und gewürdigt hat.
5
1. So hat die Beklagte u.a. bereits in der Klageerwiderung und nochmals in der Berufungserwiderung dezidiert und unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe als verantwortlicher Geschäftsführer für den kaufmännischen Bereich pflichtwidrig die Jahresabschlüsse 2004 und 2005 nicht beim Finanzamt eingereicht, auch sei der Jahresabschluss 2003 nicht vollständig erstellt wor- den; ferner sei seit Gründung der Gesellschaft im Jahre 2000 niemals ein Jahresabschluss beim Registergericht eingereicht worden.
6
a) Bereits dieses Vorbringen ist entscheidungserheblich, weil nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Buchführungspflichten, insbesondere die Nichteinreichung der Jahresabschlüsse beim Finanzamt, eine schwerwiegende Pflichtverletzung des hierfür verantwortlichen Geschäftsführers darstellt (vgl. Sen.Urt. v. 28. Januar 1985 - II ZR 79/84, GmbHR 1985, 256).
7
b) Das Berufungsgericht war seiner Verpflichtung, diesem eine Abberufung und Kündigung des Klägers aus wichtigem Grund rechtfertigenden Vorbringen der Beklagten nachzugehen, nicht etwa dadurch enthoben, dass es gemeint hat, eine einseitige Zuweisung von Verantwortung zu Lasten des Klägers lasse sich wegen "unerlässlicher Mitwirkung beider Gesellschafter" nicht ohne weiteres feststellen. Mit dieser lapidaren und vordergründigen Erwägung verkennt das Berufungsgericht offensichtlich den Kern des Vorwurfs der Beklagten , die in diesem Zusammenhang auf die insoweit unstreitige interne Ressortzuständigkeit des Klägers verweist.
8
Unstreitig war der Kläger - von Beruf Rechtsanwalt - auf satzungsrechtlicher Grundlage im Wege der internen Geschäftsverteilung bei der Beklagten für den kaufmännischen Bereich und damit sowohl für die Aufstellung des Jahresabschlusses im Sinne der Zusammenfassung der Zahlen der Buchführung zum Ende des Geschäftsjahres nach den Regeln der kaufmännischen Buchführung (vgl. § 41 GmbHG, §§ 242, 264 HGB) als auch für die Einreichung der Jahresabschlüsse beim Registergericht und beim Finanzamt verantwortlich, während die Mitgeschäftsführerin L. , von Beruf Krankenschwester, für den technischen Bereich der Altenpflege im Rahmen des Gesellschaftszwecks zustän- dig war. Diese Aufgabenverteilung bei der Geschäftsführung und damit die interne Verantwortlichkeit des Klägers für die ihm vorgeworfenen Pflichtenverstöße ist unabhängig davon, dass letztlich die abschließende Entscheidung über die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts eine Gesamtgeschäftsführungsmaßnahme darstellt; denn dass etwa die Mitgeschäftsführerin L. ihren Mitwirkungspflichten bei der abschließenden Gesamtentscheidung über die Aufstellung der intern vom Kläger "abschlussfertig" vorzubereitenden Jahresabschlüsse oder gar bei den - den Gesellschaftern obliegenden - Bilanzfeststellungen (§ 46 Nr. 1 GmbHG) nicht nachgekommen wäre, behauptet nicht einmal der Kläger.
9
2. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass nach B. Nr. 1 d der Verlängerung des Pachtvertrages die Abrechnung des Umsatzpachtanteils jährlich nach Vorlage des Jahresabschlusses der Beklagten innerhalb der handelsrechtlichen Frist vorgenommen werden sollte. Aufgrund der - dem Kläger anzulastenden - unterlassenen Vorlage des Jahresabschlusses der Beklagten innerhalb der handelsrechtlichen Frist und verbunden damit der fehlenden Pachtzinszahlung sei es letztlich zur Kündigung des Pachtvertrages durch den Verpächter gekommen; nach dem vorgelegten Schreiben des Zwangsverwalters vom 26. Mai 2006 seien Jahresabschlüsse regelmäßig verspätet vorgelegt worden.
10
Auch diese Vorwürfe betreffen die dem Kläger nach der internen Geschäftsverteilung obliegende kaufmännische Geschäftsführung und stellen - sofern sie sich als zutreffend erweisen sollten - eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht in die gebotene Gesamtwürdigung bei der Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Abberufung bzw. Kündigung des Klägers als Geschäftsführer einbezogen hat.
11
III. Das Berufungsgericht wird in der neuen Berufungsverhandlung hierzu die erforderlichen Feststellungen treffen müssen.
12
Insoweit weist der Senat noch auf Folgendes hin:
13
1. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung können auch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage der unheilbaren Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den beiden Geschäftsführern, insbesondere hinsichtlich der Frage einer mangelnden Kooperationsbereitschaft des Klägers im Verhältnis zu seiner Mitgeschäftsführerin im Zusammenhang mit der Reaktion auf die vom Verpächter ausgesprochene Kündigung, in einem anderen Licht erscheinen. Es liegt auf der Hand, dass die fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses durch den Zwangsverwalter die Grundlagen der Gesellschaft berührte und deshalb - zumal wegen der hierfür ohnehin nach der Satzung geltenden Grundsätze der Gesamtvertretung - eine vorherige ausreichende Information und Beteiligung der Mitgeschäftsführerin im Hinblick auf das weitere Vorgehen gegenüber dem Verpächter geboten war; eine diesbezügliche Pflicht zur Beteiligung der Mitgeschäftsführerin kann der Kläger, der im Übrigen - wie ausgeführt - diese Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrgenommen haben soll, nicht mit dem Hinweis ausräumen, er sei intern grundsätzlich für den kaufmännischen Bereich allein zuständig.
14
In diesem Zusammenhang ist für die Gesamtwürdigung auch die zwischen den Parteien streitige Frage bedeutsam, wer die geplante Besprechung zwischen den Geschäftsführern am 23. Juni 2006 in der Kanzlei des Klägers abgesagt hat. Sollte die Absage vom Kläger ausgegangen sein - wie die Beklagte behauptet -, so könnte sich gerade darin zeigen, dass der Kläger sein Schreiben vom 23. Juni 2006 an den Zwangsverwalter bewusst ohne Abstimmung mit der Mitgeschäftsführerin verfassen wollte. Das kann ein Indiz für sei- ne fehlende Kooperationsbereitschaft und Dialogfähigkeit bei der Gesamtleitung der Beklagten sein, die - neben den weiteren seitens des Klägers gegenüber der Mitgeschäftsführerin erhobenen, nach Behauptung der Beklagten unberechtigten Vorwürfen - zur Zerrüttung des Verhältnisses zu der Mitgeschäftsführerin beigetragen haben.
15
2. Im Übrigen reicht nach der Rechtsprechung des Senats zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen eines unheilbaren Zerwürfnisses mit einem Mitgeschäftsführer aus, dass zwei oder mehrere Geschäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist: In einem solchen Fall kann jeder von ihnen jedenfalls dann abberufen werden, wenn er durch sein - nicht notwendigerweise schuldhaftes - Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat (vgl. Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 - II ZR 79/91, ZIP 1992, 760, 761 m.w.Nachw.). Soweit die Vorinstanzen darauf abgestellt haben, dass der abzuberufende Geschäftsführer zu dem Zerwürfnis "entscheidend" oder "maßgeblich" beigetragen haben müsse , so ist das nur insoweit zutreffend, als damit die "Wesentlichkeit" dieses wichtigen Grundes charakterisiert werden soll. Nicht erforderlich ist demgegenüber , dass etwa der Verursachungsanteil des Abzuberufenden denjenigen des Mitgeschäftsführers überwiegt. Denn - anders als dies teilweise vertreten wird (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 38 Rdn. 13 m.Nachw.) - hat das etwa beiden Geschäftsführern infolge ihres jeweiligen Verhaltens anzulastende tief greifende unheilbare Zerwürfnis nicht zur Folge, dass bei einer Zweipersonengesellschaft nur einer der Geschäftsführer ausscheiden muss, während der andere bleiben darf; vielmehr liegt es in der Konsequenz der ständigen Senatsrechtsprechung, dass - je nach Beschlusslage - jeder der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer den anderen als Geschäftsführer abberuft bzw. ihm kündigt, weil wechselseitig wesentliche Ursachen für das Zerwürfnis gesetzt worden sind.
Goette Kurzwelly Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 02.04.2007 - 8 O 368/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 05.12.2007 - 7 U 86/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 77/08
vom
9. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die
Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den
Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, liegt darin ein Verstoß
des Gerichts gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen
Gehörs.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08 - OLG Jena
LG Erfurt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. Februar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 177.100,00 €

Gründe:

1
I. Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht , wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne von den Beklagten aus der Verletzung gesellschafterlicher Treuepflichten (Beklagte zu 2 und 3) bzw. aus § 826 BGB (Beklagter zu 1) keinen Schadensersatz verlangen, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. a) Das Berufungsgericht hat es zwar nicht für ausgeschlossen gehalten , dass die ARGE B. /K. (nachfolgend: ARGE) die Abnahme des im Rahmen der Liefergemeinschaft (= BGB-Gesellschaft zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3) auf die Klägerin entfallenden Anteils des zu liefernden Frostschutzkieses zu Unrecht abgelehnt hat. Dies ist daher zugunsten der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als richtig zu unterstellen. Das Berufungsgericht hat gleichwohl das klageabweisende Urteil bestätigt, weil es sich aufgrund des Sachvortrags der Parteien und der von diesen vorgelegten Unterlagen nicht davon zu überzeugen vermochte (§ 286 ZPO), dass die Abnahmeverweigerung der ARGE auf einem kollusiven Zusammenwirken zwischen ihr und den Beklagten beruht hat, das das Ziel hatte, die Klägerin zugunsten der übrigen Gesellschafter der Liefergemeinschaft von den Belieferungs - und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten auszuschließen.
3
b) Bei seiner Bewertung des Sachvortrags hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nur unvollständig zur Kenntnis genommen und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hat vorgetragen und durch die Benennung von Zeugen unter Beweis gestellt, dass den - zwischen den Parteien unstreitigen - nächtlichen Schottertransporten aus dem Werk der K. GmbH & Co. KG (= Gesellschafterin der ARGE) an das Werk der Beklagten zu 3 die mit dem Geschäftsführer und Oberbauleiter der ARGE und zugleich leitenden Mitarbeiter der K. GmbH & Co. KG H. getroffene Vereinbarung zugrunde lag, dass diese Lieferungen im Gegenzug "zur Abwehr der Lieferungen der Klägerin" erfolgen sollten und dementsprechend erfolgt seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zwar im Tatbestand kurz erwähnt, er ist ausweislich der Begründung jedoch nicht in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn dieses Vortrags der Klägerin zugrunde gelegt hat. Anders ist nicht erklärlich, dass ein derart wichtiges, für ein kollusives Verhalten sprechendes Indiz unerwähnt geblieben ist.
4
c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (Sen.Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiierung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der ARGE zu Lasten der Klägerin ein Kompensationsgeschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemeinschaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (Sen.Urt. v. 27. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.
5
2. a) Das Übergehen des Vortrags der Klägerin ist entscheidungserheblich. Eine Absprache, wie die von der Klägerin behauptete, ist, wenn es um den Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens geht, an dem der Benachteiligte naturgemäß selbst nicht beteiligt ist und hinsichtlich dessen er daher nur Umstände und Anzeichen aufzeigen kann, die ein solches Vorgehen belegen, eine wichtige, besonders aussagekräftige Indiztatsache. Wäre die Absprache im Berufungsverfahren bewiesen worden, ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht die übrigen von der Klägerin vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Indiztatsachen, anders, d.h. zugunsten der Klägerin, bewertet hätte (§ 286 ZPO).
6
b) Gegen die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung wenden sich die Beschwerdegegner vergeblich mit ihrer Ansicht, die Klägerin könne mangels Vortrags zur Auseinandersetzung der Liefergemeinschaft den Schadensersatzanspruch ohnehin nicht mit Erfolg geltend machen (sog. Durchsetzungssperre ). Zudem sei der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan und die Klage auch deshalb abzuweisen gewesen. Dabei verkennen die Beschwerdegegner , dass das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keinen Anlass hatte, Feststellungen zur Auflösung der BGBGesellschaft , zu einem evtl. trotz noch nicht beendeter Auseinandersetzung bestehenden, isoliert durchsetzbaren Anspruch der Klägerin (siehe insoweit Sen.Urt. v. 10. Mai 1993 - II ZR 111/92, ZIP 1993, 919, 920; v. 24. Oktober 1994 - II ZR 231/93, ZIP 1994, 1846; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1209) und zur Schadenshöhe zu treffen. Es ist nicht ausgeschlossen , dass das Berufungsgericht, wenn es die Beweisaufnahme durchgeführt hätte, bei der anschließenden Bewertung der weiteren Indizien zu der Überzeugung eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin gelangt wäre, und es sich - evtl. auf nach Hinweis (§ 139 ZPO) erfolgtem ergänzenden Vortrag der Parteien - von dem Bestehen eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe überzeugt hätte.
7
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht nach Erhebung der angetretenen Beweise das Vorhandensein eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin erneut unter Einbeziehung des gesamten Sachvortrags und aller in den Akten befindlichen Unterlagen zu würdigen und, soweit danach erforderlich, die Durchsetzbarkeit und die Höhe der Schadensersatzforderung zu prüfen haben. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass für den Fall, dass die Liefergemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt sein sollte, eine Umdeutung des Leistungsantrags der Klägerin in einen Feststellungsantrag in Betracht kommt (st. Sen.Rspr., s. nur Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210 jeweils m.w.Nachw.).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 14.05.2006 - 8 O 13/06 -
OLG Jena, Entscheidung vom 20.02.2008 - 7 U 486/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 207/07
vom
20. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts liegt nur vor, wenn zwischen den Beteiligten
ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist, der jedenfalls die Einigkeit
darüber enthält, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen und diesen durch
vermögenswerte Leistungen zu fördern (Bestätigung Sen.Urt. v. 12. November
2007 - II ZR 183/06, ZIP 2008, 24 ff.).

b) Wird die Klage auf die Rückzahlung eines Darlehens gestützt und bestreitet der
Beklagte nicht nur den Abschluss eines solchen Vertrages, sondern jeglichen
persönlichen Kontakt zu der Klägerin, verletzt die Annahme einer Innengesellschaft
sowohl den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs
als auch den Beibringungsgrundsatz.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Juli 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 42.924,43 €

Gründe:

1
I. Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht , wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne vom Beklagten nach den Grundsätzen des § 738 BGB Auszahlung eines Abfindungsguthabens in Höhe von 42.924,43 € nebst Zinsen verlangen, da zwischen der Klägerin, dem Beklagten, der Tochter der Klägerin und dem Vater des Beklagten bis zu deren Auflösung gemäß § 726 BGB durch Veräußerung des Hauses eine Innengesellschaft bestanden habe, den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. Schon die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien, der Tochter der Klägerin und dem Vater des Beklagten habe eine BGBInnengesellschaft bestanden, stellt eine Rechtskonstruktion ohne hinreichende Tatsachengrundlage dar. Sie beruht darauf, dass das Berufungsgericht den Vortrag beider Parteien, dabei denjenigen des Beklagten unter Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs, in einer auch den Beibringungsgrundsatz verletzenden Weise unrichtig eingeordnet hat.
3
a) Das Berufungsgericht hat gemeint, aus dem Verhalten der Parteien gehe hervor, dass diese sich gemeinsam mit der Tochter der Klägerin und dem Vater des Beklagten wechselseitig verpflichtet hätten, zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks, nämlich des Erwerbs sowie der Renovierung und Nutzung der Immobilie in A. , zusammenzuwirken und hierzu ihre jeweils vereinbarten Beiträge zu leisten. Die Umstände, die nach Ansicht des Gerichts für seine Annahme einer Innengesellschaft sprechen, habe der Beklagte nicht substantiiert bestritten.
4
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt trägt die Annahme einer Innengesellschaft nicht. Das Berufungsgericht lässt völlig außer Acht, dass seine Würdigung zu dem Vortrag des Beklagten und ebenso zu dem - bis zur Erteilung eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht gehaltenen - Vortrag der Klägerin in eklatantem Widerspruch steht. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nur den Schluss zu, dass seine Entscheidung auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Vortrags des Beklagten erfassenden Wahrnehmung und damit auf einem Verstoß gegen Art.
103 Abs. 1 GG beruht. Das Berufungsgericht hat über einen Lebenssachverhalt entschieden, den - bis zu seinem Hinweis - keine der Parteien vorgetragen hat.
5
b) Voraussetzung für die Annahme einer Innengesellschaft ist - wie bei jeder BGB-Gesellschaft - der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen den beteiligten Gesellschaftern, der - jedenfalls - die von den Gesellschaftern erzielte Einigkeit darüber voraussetzt, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen und diesen durch vermögenswerte Leistungen zu fördern (siehe nur MünchKommBGB /Ulmer, 4. Aufl. Rdn. 17 ff., 128 ff., 153 f.).
6
aa) Eine derartige "Einigkeit" lässt sich schon dem Vortrag der Klägerin, insbesondere aber, worauf es im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG ankommt, dem Vortrag des Beklagten nicht ansatzweise entnehmen. Vielmehr hat der Beklagte durchgängig vorgetragen, dass er mit der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kauf des Hauses niemals ein persönliches Gespräch geführt habe, dass ihn vielmehr sein Vater überredet habe, wegen seiner und der finanziellen Schwierigkeiten der Tochter der Klägerin als Käufer des Hauses aufzutreten, und dass sein Vater ihm dabei vorgespiegelt habe, dass das Haus, das sein Vater und die Tochter der Klägerin nutzen wollten, letztendlich der Absicherung des Familienvermögens der Familie E. dienen werde. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, es komme ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis der Parteien in Betracht, hat der Beklagte unverzüglich mit dem Vortrag reagiert, dass eine Innengesellschaft voraussetze, dass alle Beteiligten alle wesentlichen Bedingungen , die zur Erreichung eines angestrebten gemeinsamen Zwecks erforderlich seien, kennen und auch billigen müssten, und dass es daran vorliegend fehle, was er sodann im Einzelnen begründet hat.
7
bb) Der Beklagte hat somit nicht nur das Vorhandensein eines irgendwie gearteten gemeinsamen Zwecks im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hau- ses, sondern insbesondere jede irgendwie geartete Einigung im Sinne eines Vertragsschlusses mit der Klägerin bestritten. Diesen Kern des Vortrags des Beklagten hat das Berufungsgericht ersichtlich nicht zur Kenntnis genommen.
8
2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Recht des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich.
9
a) Hätte das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten zur Kenntnis genommen, ist im vorliegenden Fall nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern mit Sicherheit anzunehmen, dass es nicht von dem Bestehen einer Innengesellschaft und einem angeblichen Ausgleichsanspruch der Klägerin ausgegangen wäre. Die Annahme einer Innengesellschaft steht nämlich bereits in einem völlig unverständlichen, nicht nachvollziehbaren Widerspruch zum Vortrag der Klägerin und der diesen bestätigenden Zeugenaussagen.
10
b) Die Klägerin hat mit ihrer Klage ausdrücklich einen Anspruch "wegen Rückzahlung eines Darlehens" geltend gemacht und hierzu vorgetragen, "der Darlehensvertrag" sei wenige Tage vor dem Notartermin zum Zwecke des Erwerbs der Immobilie in A. in der Wohnung des Vaters des Beklagten zwischen der Klägerin und dem Beklagten vereinbart worden (GA I, 1, 18, 27). Bei ihrer persönlichen Anhörung (GA I, 37 ff.) hat die Klägerin ausdrücklich erklärt , sie habe dem Beklagten 150.000,00 € als Darlehen zur Verfügung gestellt. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob bei dem Treffen der Klägerin mit ihrer Tochter und dem Vater des Klägers sowie dem Beklagten tatsächlich wörtlich über ein Darlehen gesprochen worden sei, hat sie erklärt: "Mir war das damals sehr wichtig mit dem Darlehen, weil das Geld, bei dem es sich ja eigentlich um das Erbe für meine Tochter handelte, nicht direkt an meine Tochter gehen sollte, sondern an den Beklagten. Insofern war es mir wichtig zu sagen, dass es sich dabei nur um ein Darlehen handelte."
11
Im Anschluss hieran hat der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen : "Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, dass es einzig darauf ankommt, ob zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist und ob die Darlehensvaluta an den Beklagten ausgezahlt wurde. … Es kommt vorliegend nur auf das Darlehen und den Anspruch auf dessen Rückzahlung an."
12
Die Tochter der Klägerin hat bei ihrer Zeugenaussage (GA I, 75 ff.) angegeben , dass die Klägerin zunächst angeboten habe, ihr und ihrem Lebensgefährten ein Darlehen dazu, d.h. zu dem von ihnen beabsichtigten Hauskauf, zu geben. Nachdem der Beklagte von sich aus angeboten habe, das Haus wegen der finanziellen Schwierigkeiten seines Vaters und der Tochter der Klägerin auf seinen Namen zu erwerben, habe die Klägerin das Darlehen dann direkt an den Beklagten geben wollen. Auf ausdrückliche Nachfrage hat sie erklärt: "Es wurde dann besprochen, dass, weil der Beklagte der Käufer und Treuhänder sein sollte, das Darlehen seitens meiner Mutter an ihn gehen sollte. … Die Frage nach dem Darlehen meiner Mutter sprach meine Mutter damals selbst an, aber die Tatsache, dass ein Darlehen gegeben werden sollte, stand schon vorher fest wegen der insgesamt auf uns zukommenden Kosten. … Die Klägerin sprach in dem von mir bezeichneten Gespräch auch immer über einen Darlehensbetrag von 150.000,00 €."
13
Der Vater des Beklagten hat bei seiner Zeugenvernehmung (GA I, 80 ff.) ebenfalls ausdrücklich und ständig betont, dass die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen gewährt habe. Auch er hat ausgesagt, dass die Klägerin zunächst ihrer Tochter und ihm angeboten habe, ein Darlehen zur Finanzierung des Hauskaufs zur Verfügung zu stellen, und dass dieses Darlehen sodann, nachdem der Beklagte das Haus in eigenem Namen erwerben sollte, von Seiten der Klägerin dem Beklagten zur Verfügung gestellt worden sei.
14
Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils beginnt mit dem Satz: "Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines Darlehens vom Beklagten". Das Land- gericht hat die Klage abgewiesen, weil die Darlehenshingabe seitens der Klägerin an den Beklagten nicht bewiesen sei. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin, die sie damit begründet hat (GA I, 142): „Das Landgericht ist aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Darlehensvertrag zwischen den Parteien nicht abgeschlossen wurde“.
15
II. In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren wird sich das Berufungsgericht nunmehr mit dem tatsächlich gehaltenen Vortrag der Parteien auseinanderzusetzen haben. Dabei wird auch zu prüfen sein, wie der neue Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz zu verstehen ist, weil sich u.U. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung ergeben könnten.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 21.09.2006 - 314 O 132/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.07.2007 - 8 U 121/06 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.