Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2004 - II ZB 14/03

bei uns veröffentlicht am17.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 14/03
vom
17. Mai 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, weil ein Prozeßbevollmächtigter
erst am Tage ihres Ablaufs das Fehlen einer an das Berufungsgericht
"mit der Bitte um Rückgabe" übersandten Abschrift des angefochtenen
Urteils bemerkt hat, ist regelmäßig nicht unverschuldet i.S. von § 233 ZPO.

b) Zum Umfang der Darlegungslast bei einem auf Erkrankung des Prozeßbevollmächtigten
gestützten Wiedereinsetzungsantrag.
BGH, Beschluß vom 17. Mai 2004 - II ZB 14/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Mai 2004 durch
die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Münke, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. April 2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 75.000,00 €

Gründe:


I. Der Kläger hat gegen das am 12. Dezember 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts, durch das seine Klage in einer gesellschaftsrechtlichen Streitigkeit abgewiesen worden ist, rechtzeitig Berufung eingelegt und eine Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils "mit der Bitte um Rückgabe" beigefügt. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2003 beantragte er durch seinen - bereits in 1. Instanz mit der Sache befaßten - Prozeßbevollmächtigten, RA Prof. Dr. S., eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. März 2003 mit der Begründung: "Wegen Arbeitsüberlastung war es bisher leider nicht möglich, die schwierige Angelegenheit mit der nötigen Sorgfalt zu durchdenken". Nach antragsgemäßer Fristverlängerung beantragte er mit Telefax vom 12. März 2003 eine erneute Verlängerung bis 12. April 2003 mit der Begründung, bei Vorlage der Akte am 12. März sei festgestellt worden, daß sich darin kein
Exemplar des erstinstanzlichen Urteils mehr befunden habe, weil die mit der Berufungsschrift übersandte Ausfertigung entgegen seiner Bitte von dem Berufungsgericht nicht zurückgesandt worden sei. Mit gleicher Begründung beantragte RA Prof. Dr. S. am 13. März 2003 "vorsorglich" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, nachdem er zuvor - auf telefonischen Hinweis der Senatsvorsitzenden des Berufungsgerichts - die Beklagten erfolglos um Zustimmung zu der primär beantragten Fristverlängerung ersucht hatte. Am 25. März 2003 beantragte der (in A. ansässige ) RA Prof. Dr. S. erneut Wiedereinsetzung, wobei er nunmehr anwaltlich versicherte, es sei ihm wegen einer Augenerkrankung in den Tagen vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist unmöglich gewesen, Akten zu bearbeiten. Er habe sich deshalb an einen Spezialisten von der C. in B. gewandt, der ihn mit einer - zur Glaubhaftmachung vorgelegten - E-Mail vom 12. März 2003 unter dem Betreff "Re: Hornhautdystrophie" zu einer eventuell in Frage kommenden Laser-Behandlung in seine Privatsprechstunde gebeten habe. Durch Beschluß vom 11. April 2003 hat das Berufungsgericht - nach vorheriger Ablehnung der beantragten Fristverlängerung - die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II. Die gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Es handelt sich um eine der Verallgemeinerung nicht zugängliche Einzelfallentscheidung. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht dar-
getan oder jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, daß sein Prozeßbevollmächtigter , dessen Verschulden er sich zurechnen lassen müsse (§ 85 Abs. 2 ZPO), an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist unverschuldet gehindert gewesen sei (§§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1, 294 ZPO), überspannt unter den vorliegenden Umständen auch nicht die an einen Wiedereinsetzungsgrund zu stellenden Anforderungen.
1. Soweit der Kläger sich darauf beruft, daß sein Prozeßbevollmächtigter wegen des ihm fehlenden erstinstanzlichen Urteils an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen sei, führt das nicht zum Erfolg. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, versteht es sich von selbst, daß ein pflichtbewußter Anwalt sich nicht der Unterlagen begibt, die er zur Fertigung einer Berufungsbegründung benötigt. Unverständlich ist daher schon, daß RA Prof. Dr. S. von den beiden in seinem Besitz befindlichen Urteilsabschriften eine an den Kläger und die andere an das Gericht übersandte, ohne sich eine Kopie für seine Handakten zu fertigen. Das gilt um so mehr, als seine gegenüber dem Gericht geäußerte floskelhafte "Bitte um Rückgabe" nicht erkennen ließ, daß er unverzügliche Rückgabe erwartete und hierauf zur Fertigung der Berufungsbegründung angewiesen sei, zumal er in der Berufungsschrift die Durchführung der Berufung ausdrücklich noch als offen bezeichnet hat. Ob unter diesen Umständen überhaupt ein Mitverschulden des Gerichts an der Fristversäumung anzunehmen ist, erscheint mehr als fraglich, kann aber dahinstehen, weil ein Verschulden des RA Prof. Dr. S. an der Fristversäumung dadurch weder ausgeschlossen würde (vgl. BGH, Urt. v. 5. April 1990 - VII ZR 215/89, BGHR ZPO § 233 - Verschulden 5; Beschl. v. 4. Februar 1992 - X ZB 18/91, NJW 1992, 1700; Beschl. v. 16. Juni 1994 - V ZB 12/94, NJW 1994, 2299; Beschl. v. 19. Oktober 1994 - I ZB 7/94, NJW-RR 1995, 574, 575; Urt. v. 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98, VersR 2000, 515 f.) noch bei wertender Betrachtung in den
Hintergrund träte (vgl. Sen.Beschl. v. 26. April 2004 - II ZB 6/03 z.V.b.). Die bisher fehlende Rücksendung der an das Berufungsgericht übersandten Urteilsausfertigung hätte RA Prof. Dr. S. bereits auffallen und ihn zu einem "Nachhaken" veranlassen müssen, als er seinen ersten - mit der Schwierigkeit der Sache begründeten - Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vom 10. Februar 2003 stellte und ihm die Akten zu diesem Zweck vorgelegt wurden. Er konnte sich unter den gegebenen Umständen nicht ohne eigenes Zutun darauf verlassen, daß ihm die Urteilsausfertigung irgendwann doch noch rechtzeitig vor Ablauf der ggf. verlängerten Berufungsbegründungsfrist zugehen werde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich hier nicht um die Perpetuierung eines anwaltlichen Fehlers durch rechtsfehlerhaftes Unterlassen eines Gerichts (dazu BVerfG, Beschl. v. 12. August 2002 - 1 BvR 399/02, NJW 2002, 2937), sondern umgekehrt um die Perpetuierung eines Unterlassens des Gerichts durch einen anwaltlichen Fehler. Nach allem hat es der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zumindest überwiegend selbst zu vertreten, daß ihm bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist keine Urteilsabschrift zur Verfügung stand.
2. Das von RA Prof. Dr. S. zu vertretende Fehlen der Urteilsabschrift stünde einer Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO allerdings dann nicht entgegen , wenn er ohnehin aus einem anderen Grund, nämlich wegen der von ihm angegebenen Augenerkrankung (Hornhautdystrophie), unverschuldet gehindert war, die Frist einzuhalten (vgl. Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. § 233 Rdn. 22 a m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht hat dies nicht für hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht erachtet. Dabei hat es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht die Erkrankung als solche, sondern die mit ihr begrün-
dete "Unmöglichkeit der Aktenbearbeitung" deshalb in Zweifel gezogen, weil der Klägervertreter sich weder in seinem Fristverlängerungsantrag vom 12. März 2003 noch in seinem ersten Wiedereinsetzungsantrag vom 13. März 2003 noch in der verspätet eingereichten Berufungsbegründung vom 17. März 2003 hierauf berufen, sondern diesen angeblichen Hinderungsgrund erst nachträglich - nach Stellungnahmen der Gegenseite - mit seinem erneuten Wiedereinsetzungsgesuch vom 25. März 2003 geltend gemacht hat, obwohl in Anbetracht des drohenden Rechtsmittelverlustes aller Anlaß bestanden hätte, den angeblich zwingenden Hinderungsgrund, hätte er vorgelegen, sogleich vorzutragen. Weiter hat das Berufungsgericht zu Recht substantiierte Angaben über die Art und das Ausmaß der behaupteten Sehstörungen vermißt und darauf hingewiesen, daß die in der E-Mail des B. Arztes verwendete Bezeichnung "Hornhautdystrophie" (erbliche Hornhauttrübung; vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl.) eine gravierende, zur Unmöglichkeit der Aktenbearbeitung führende Sehstörung nicht belege, zumal Prof. Dr. S. im weiteren Verlauf zur Fertigung von Schriftsätzen durchaus in der Lage gewesen sei.
Insgesamt handelt es sich insoweit nicht um Fragen i.S. von § 574 Abs. 2 ZPO, sondern um die richterliche Würdigung des Klägervorbringens im Rahmen von § 294 ZPO, bei der dem Berufungsgericht keine grundrechtsrelevanten Fehler unterlaufen sind. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers muß das Gericht eine anwaltliche Versicherung nicht ungeprüft hinnehmen, sondern hat sie daraufhin zu prüfen und zu würdigen, ob ihr Inhalt in Anbetracht der sonstigen Umstände des Einzelfalls überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Mai 1976 - IV ZB 49/75, VersR 1976, 928; Zöller/Greger aaO § 294 Rdn. 6).

b) Davon abgesehen bliebe selbst unter Zugrundelegung des Klägervorbringens unklar, ob die angebliche Unfähigkeit des RA Prof. Dr. S. zur Aktenbearbeitung "in den Tagen vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist" auch noch am Tage ihres Ablaufs (12. März 2003) anhielt. Dagegen spricht sein - (nur) auf das Fehlen der Urteilsabschrift gestützter - Fristverlängerungsantrag von diesem Tage. Mit einem Erfolg dieses Antrags ohne Zustimmung der Gegenseite konnte er gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht rechnen. Daß er an diesem Tag gesundheitlich (noch) nicht in der Lage gewesen wäre, statt des erwartbar erfolglosen Fristverlängerungsantrages die verspätet eingereichte, dreiseitige Berufungsbegründung zu fertigen, ist nicht dargetan. Offen ist weiter, ob die anscheinend in den Tagen davor akut aufgetretene Krankheitsphase vorhersehbar zum ersten oder aber zum wiederholten Mal (rezidivierend) aufgetreten ist und RA Prof. Dr. S. es versäumt hat, rechtzeitig für einen Vertreter zu sorgen (vgl. Sen.Beschl. v. 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540). Gegen eine erstmalige Krankheitsphase spricht, daß Prof. Dr. S. sich nicht an einen ortsansässigen Augenarzt in A., sondern an einen Professor für Augenheilkunde in B. gewandt hat und diesem die Diagnose des Grundleidens offenbar bekannt war. Offen ist schließlich, ob Prof. Dr. S. die Zustimmung der Beklagten zu einer nochmaligen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hätte erreichen können, wenn er sich mit deren Anwälten bei Beginn seiner Krankheitsphase unter Hinweis auf diese ins Benehmen gesetzt hätte. All diese Unklarheiten gehen zu Lasten des Klägers, weil er gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO das Fehlen eines (ihm zuzurechnenden) Verschuldens seines Anwalts an der Fristversäumung darzulegen und glaubhaft zu machen hat. Bleibt die Möglichkeit einer verschuldeten Fristversäumung offen, kann Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nicht gewährt werden (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319; Zöller/Greger aaO § 233 Rdn. 22 c m.w.N.).
Goette Kraemer Münke
Strohn Caliebe

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 6/03
vom
26. April 2004
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. April 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Kraemer, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. Januar 2003 aufgehoben.
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Gründe:


I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch aus einem Gesellschaftsvertrag über eine ärztliche Gemeinschaftspraxis geltend. Mit Urteil vom 19. September 2002 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt K., am 24. September 2002 zugestellt worden. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ist der Prozeßbevollmächtigte später von der Geschäftsstelle des Landgerichts erneut aufgefordert worden, den Empfang des Urteils auf einem beigefügten Empfangsbekenntnisformular zu bestätigen. Daraufhin hat er am 7. Oktober 2002 das weitere Empfangsbekenntnis unterzeich-
net. Nur dieses Empfangsbekenntnis und nicht auch dasjenige vom 24. September 2002 ist zunächst zur Gerichtsakte genommen worden.
Ohne Vermittlung seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten hat sich der Kläger persönlich an den bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt S. gewandt und ihn beauftragt, Berufung einzulegen. Dieser hat die Gerichtsakte angefordert und Berufung eingelegt. Nach Einsicht in die Gerichtsakte hat er aufgrund des dort abgehefteten Empfangsbekenntnisses vom 7. Oktober 2002 den 9. Dezember 2002 (Montag) als Ende der Berufungsbegründungsfrist notiert. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2002, eingegangen am selben Tage, hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Mittlerweile war das Empfangsbekenntnis vom 24. September 2002 zur Akte genommen worden. Nachdem der Senatsvorsitzende den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers über dieses Empfangsbekenntnis unterrichtet hatte, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) und begründet. Der Kläger ist durch die Ablehnung seines Wiedereinsetzungsgesuchs und die daran anknüpfende Verwerfung der Berufung als unzulässig in seinem Verfah-
rensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers treffe an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein Verschulden. Er habe zwar dem Kläger mit Schreiben vom 27. September 2002 die richtige Berufungsfrist mitgeteilt. Er habe jedoch nicht sichergestellt, daß dieses Schreiben den Kläger auch erreichen würde, obwohl er gewußt habe, daß bei dem Kläger schon öfters Post abhanden gekommen sei. Deshalb sei er gehalten gewesen, bei der anschließend zusätzlich veranlaßten "Niederlegung" einer Urteilsabschrift in dem Briefkasten des Klägers ein Begleitschreiben beizufügen, in dem nochmals auf die Frist hinzuweisen war. Jedenfalls hätte er sich bei dem Telefonat mit dem Kläger am 8. Oktober 2002 vergewissern müssen, ob dem Kläger die Frist bekannt gewesen sei. Das sei insbesondere deshalb geboten gewesen, weil er durch die zweimalige Unterzeichnung eines Empfangsbekenntnisses eine unklare Lage geschaffen habe, bei der es leicht zu einer Verwirrung über den tatsächlichen Fristbeginn habe kommen können. Als ihm das zweite Empfangsbekenntnis zugesandt worden sei, habe er erkennen müssen, daß er bereits ein Empfangsbekenntnis unterzeichnet gehabt habe und daher kein Anlaß für eine nochmalige Bestätigung bestanden habe.
2. Diese Ausführungen tragen die Ablehnung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht. Zwar mag dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers jedenfalls insofern ein Vorwurf zu machen sein, als er das ihm zugesandte zweite Empfangsbekenntnis unterschrieben hat, anstatt dem Gericht mitzuteilen , daß er den Empfang des Urteils bereits bestätigt habe. Dieses Verschulden hat sich jedoch bei wertender Betrachtung auf die Fristversäumung nicht mehr
ausgewirkt. Entscheidend war dafür vielmehr - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - die fehlerhafte Führung der Gerichtsakte durch das Landgericht. Dieses hätte das erste Empfangsbekenntnis des Prozeßbevollmächtigten des Klägers umgehend zur Akte nehmen müssen. Hätte es das getan, dann hätte der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers bei seiner Akteneinsicht dieses Empfangsbekenntnis vorgefunden und die zutreffende Berufungsbegründungsfrist eingetragen. Nur weil lediglich das zweite - unrichtige - Empfangsbekenntnis in die Akte eingeheftet war, ist die falsche Frist notiert worden. Ein weiterer Fehler ist dem Landgericht unterlaufen, als es festgestellt hat, daß das (erste) Empfangsbekenntnis nicht zur Akte gelangt war. Es hätte dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers dann nicht ein neues Empfangsbekenntnisformular zuschicken dürfen, sondern hätte ihn an die Rücksendung des (ersten) Empfangsbekenntnisses erinnern müssen. Hätte es das getan, hätte der Prozeßbevollmächtigte im Zweifel mitgeteilt, daß er das Empfangsbekenntnis schon mit Datum vom 24. September 2002 zurückgeschickt habe. Auch dann wäre es nicht zu der Fristversäumung gekommen.
Allerdings scheidet eine Wiedereinsetzung grundsätzlich auch dann aus, wenn zu der Fristversäumung neben dem Verschulden der Partei oder ihres Prozeßbevollmächtigten auch ein Mitverschulden des Gerichts beigetragen hat (BGH, Urt. v. 5. April 1990 - VII ZR 215/89, BGHR ZPO § 233 - Verschulden 5; Beschl. v. 4. Februar 1992 - X ZB 18/91, NJW 1992, 1700; Beschl. v. 16. Juni 1994 - V ZB 12/94, NJW 1994, 2299; Beschl. v. 19. Oktober 1994 - I ZB 7/94, NJW-RR 1995, 574, 575; Urt. v. 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98, VersR 2000, 515, 516). Das ist aber dann anders, wenn sich das Verschulden der Partei oder ihres Anwalts aufgrund des Fehlers des Gerichts nicht mehr entscheidend auswirkt , sondern die Fristversäumung bei einer wertenden Betrachtung allein auf den gerichtlichen Fehler zurückzuführen ist. Das hat der Senat im Anschluß an
die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 20. Juni 1995 - BVerfGE 93, 99, 112 ff. = NJW 1995, 3171, 3175) für den Fall angenommen, daß eine Rechtsmittelschrift irrtümlich an das erstinstanzliche Gericht adressiert war und von dort - trotz ausreichender Zeit - nicht an das Rechtsmittelgericht weitergeleitet worden ist (Sen.Urt. v. 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97, NJW 1998, 908; ebenso Beschl. v. 24. September 1997 - XII ZR 144/96, NJW-RR 1998, 354). Gleichermaßen hat der Senat in einem Fall entschieden, in dem von dem Geschäftsstellenbeamten des Gerichts der - unzutreffende - Eindruck vermittelt worden war, eine telefonische Ergänzung der Parteibezeichnungen sei ausreichend (Sen.Beschl. v. 20. Januar 1997 - II ZB 12/96, NJW-RR 1997, 1020). Auch bei einer falschen Rechtsmittelbelehrung hat der Bundesgerichtshof Wiedereinsetzung gewährt, obwohl die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten war (Beschl. v. 23. September 1993 - LwZR 10/92, NJW 1993, 3206), ebenso bei einem offensichtlichen Schreibversehen des Anwalts, das dem Gericht hätte auffallen müssen (Beschl. v. 11. Februar 1998 - VIII ZB 50/97, NJW 1998, 2291, 2292).
So liegt der Fall auch hier. Es geht um mehr als ein mitwirkendes Fehlverhalten des Gerichts. Das Gericht hat den entscheidenden Grund für die Fristversäumung gelegt, den Kläger und seinen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten trifft daran keinerlei Verschulden, und der Fehler des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten tritt bei einer Gesamtwürdigung völlig in den Hintergrund.
3. Der Senat kann gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache entscheiden und dem Kläger Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewähren, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu er-
warten sind. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig ist damit gegenstandslos.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 51.305,48 festgesetzt.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.