Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Aug. 2012 - I ZR 99/11

published on 07/08/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Aug. 2012 - I ZR 99/11
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Landgericht Düsseldorf, 2a O 35/09, 29/09/2010
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 157/10, 10/05/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 99/11
vom
7. August 2012
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof.
Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler
einstimmig beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2011 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:


1
I. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Divergenz zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. März 2010 - 2 U 86/09 (GRUR-RR 2010, 198) zugelassen. Das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart haben die Frage unterschiedlich beurteilt, ob die jeweiligen beklagten Handelsunternehmen die Voraussetzungen der Erschöpfung beweisen müssen. Während das Oberlandesgericht Stuttgart aufgrund der Äußerungen des Geschäftsführers der deutschen Generalimporteurin der Klägerin, ge- gen zu niedrig erscheinende Preise vorzugehen und ein System von Vertragshändlern zu etablieren, von einer Umkehr der Beweislast wegen der Gefahr einer Marktabschottung ausgegangen ist, hat das Berufungsgericht die Äußerungen nicht zum Anlass genommen, von der grundsätzlichen Verteilung der Beweislast bei der Erschöpfung abzuweichen.
2
Die Divergenz besteht nicht mehr. Der Senat ist davon ausgegangen, dass sich aus den fraglichen Äußerungen des Geschäftsführers der deutschen Generalimporteurin der Klägerin keine Gefahr der Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergibt, und hat deshalb das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart aufgehoben (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 37 f. = WRP 2012, 819 - CONVERSE I).
3
II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erschöpfung nach Art. 13 Abs. 1 GMV beweisbelastet ist.
4
1. Die Voraussetzungen der Schutzschranke der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG und Art. 13 Abs. 1 GMV sind nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird. Die Erfordernisse des Schutzes des freien Warenverkehrs nach Art. 34 und 36 AEUV gebieten allerdings eine Modifizierung dieser allgemeinen Beweisregel, wenn sie es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen. Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in Verkehr bringt, der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, wenn der von ihm wegen Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommene Dritte nachweisen kann, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den Beweis der Erschöpfung zu erbringen hat (vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 30 - CONVERSE I; BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 29 = WRP 2012, 824 - CONVERSE II).
5
2. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts besteht keine Gefahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten.
6
a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Klägerin habe ein ausschließliches Vertriebssystem aufgebaut, um in Westeuropa ein hohes Preisniveau sicherzustellen.
7
Das Landgericht ist davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei unstreitig , dass die Klägerin die Waren nicht über ein ausschließliches Vertriebssystem vertreibe. Auch das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe nicht behauptet, dass die Klägerin ihre Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem absetze. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Annahme des Berufungsgerichts unzutreffend ist.
8
Der Revision verhilft in diesem Zusammenhang auch der Vortrag zum Herstellungs- und Warenzeichen-Lizenzvertrag zwischen der CONVERSE Inc. und der CONVERSE Italia S.R.L. nicht zum Erfolg. Es handelt sich um neuen Vortrag in der Revisionsinstanz, der nicht mehr zu berücksichtigen ist (§ 559 ZPO).
9
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich aus den Äußerungen des Geschäftsführers der deutschen Generalimporteurin der Klägerin keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Gefahr einer Marktabschottung ergeben (vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 37 f. - CONVERSE I).
10
c) Die Beklagte hat nicht den Nachweis geführt, dass sich die Gefahr einer Marktabschottung aus dem System offizieller Vertragshändler in Deutschland ergibt. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Belieferung ausgewählter Fachhändler durch die deutsche Generalimporteurin der Klägerin allein auf den deutschen Markt bezieht. Ein Rückschluss auf die Gefahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergibt sich daraus nicht.
11
d) Die Revision kann schließlich nichts für sie Günstiges aus der Entscheidung der Rechtsbank Assen vom 18. Mai 2011 - Az. 73367 ableiten. Diese verhält sich zu der Frage, ob die CONVERSE Inc. dem Inverkehrbringen bestimmter Partien von Schuhen zugestimmt hat. Schlussfolgerungen für die Gefahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergeben sich aus der Entscheidung nicht.
12
3. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, zu der Frage vorzutragen, ob die in Rede stehenden Sportschuhe von der Klägerin oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Die Beklagte hat- te - anders als im der Senatsentscheidung "CONVERSE I" zugrundeliegenden Fall (vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 41) - hinreichend Anlass, in den Tatsacheninstanzen zu den Voraussetzungen der Erschöpfung vorzutragen.
13
III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
14
IV. Streitwert der Revision: 100.000 €.
Bornkamm Büscher Schaffert Kirchhoff Löffler
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden. Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.09.2010 - 2a O 35/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.05.2011 - I-20 U 157/10 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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Tenor I. Die Berufung der Beklagten zu 2. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26. September 2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Betragsangabe in Ziffer I. 4. des Urteils des Landgerichts „986,95
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.