Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2008 - I ZR 94/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
- 2
- 1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der Senat sei nicht darauf eingegangen, dass sie eine Studie vorgelegt habe, aus der sich ergebe, dass der Drucker in durchaus beträchtlichem Maße für die Herstellung von urheberrechtlich relevanten Vervielfältigungsstücken eingesetzt werde. Die vorgelegte Studie betrifft entgegen der Darstellung der Klägerin nicht nur urheberrechtlich relevante Dateien, sondern sämtliche Dateien fremden Inhalts oder Ursprungs und damit beispielsweise auch urheberrechtlich nicht geschütztes Material. Die Studie war im vorliegenden Rechtsstreit daher nicht verwertbar. Deshalb brauchte der Senat sich in seinem Urteil auch nicht mit ihr auseinanderzusetzen.
- 3
- 2. Entgegen der Ansicht der Klägerin musste der Senat ihr schon aus diesem Grunde nicht durch einen Hinweis gemäß § 139 ZPO Gelegenheit geben , im Hinblick auf die sich aus der Studie ergebenden Tatsachen ihr früheres Vorbringen nebst dem Angebot zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu wiederholen.
- 4
- 3. Anders als die Klägerin meint, ergibt sich aus dem Urteil nicht, dass der Senat ihren Vortrag übergangen hat, die Urheber würden weder generell in Vervielfältigungen einwilligen noch auf Vergütungsansprüche verzichten. Das Urteil geht keineswegs von einer generellen Einwilligung der Urheber in Vervielfältigungen oder von einem Verzicht der Urheber auf Vergütungsansprüche aus, sondern davon, dass die von digitalen Vorlagen mittels eines Druckers im Zusammenhang mit einem PC und einem Zugangsgerät hergestellten Ausdrucke überwiegend mit Einwilligung des Rechtsinhabers erfolgen. Der Senat hat mit Rücksicht darauf, dass ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, zumindest damit rechnen muss, dass diese Inhalte heruntergeladen oder ausgedruckt werden, entgegen der Darstellung der Klägerin auch nicht angenommen, es könne von einer konkludenten Einwilligung in Vervielfältigungen ausgegangen werden, sondern er hat lediglich darauf hingewiesen, es könne unter Umständen eine konkludente Einwilligung in Vervielfältigungen anzunehmen sein.
- 5
- 4. Vergeblich macht die Klägerin geltend, die Annahme des Senats, es bedürfe keiner gesetzlichen Lizenz, wenn eine Einwilligung des Rechtsinhabers vorliege, sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin wendet sich damit lediglich gegen die Rechtsansicht des Senats, ohne eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aufzuzeigen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ro7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=15&numberofresults=47&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
- 6
- 5. Entgegen der Auffassung der Klägerin, widerspricht die Annahme des Senats, Drucker würden im Vergleich zu den von der gesetzlichen Regelung erfassten Kopiergeräten nur zu einem wesentlich geringeren Anteil für urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen eingesetzt, nicht der von der Klägerin vorgelegten Studie, da diese sich - wie bereits oben unter 1 ausgeführt wurde - nicht nur auf urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen bezieht. Der Senat musste sich daher auch insoweit nicht mit der Studie auseinandersetzen.
- 7
- 6. Die Klägerin macht schließlich ohne Erfolg geltend, sie habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es Sache des nationalen Gesetzgebers sei, wie er den nach der Richtlinie 2001/29/EG vom 22. Mai 2005 gebotenen gerechten Ausgleich herstelle, zudem habe sie eine Vorlage zum Zweck der Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angeregt. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung http://www.juris.de/jportal/portal/t/ro7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=15&numberofresults=47&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE274599701&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.).
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.12.2004 - 17 O 392/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 11.05.2005 - 4 U 20/05 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.