Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2014 - I ZR 30/14

published on 04/09/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2014 - I ZR 30/14
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Landgericht Köln, 33 O 836/11, 07/05/2013
Oberlandesgericht Köln, 6 U 86/13, 17/01/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 30/14
vom
4. September 2014
in der Zwangsvollstreckungssache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014
durch die Richter Dr. Koch, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert und Dr. Löffler und die
Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Januar 2014 einstweilen einzustellen, wird abgelehnt.

Gründe:


1
I. Die Beklagte betreibt einen privaten Fernsehsender. In ihrem Hauptprogramm wird seit dem Jahr 1996 die Serie "Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei" ausgestrahlt. Der Kläger war für diese Serie als Drehbuchautor und als mit der Buchentwicklung und Koordination der Beiträge anderer Autoren befasster "Headwriter" tätig. Für seine Leistungen und die Einräumung von Nutzungsrechten erhielt er Pauschalvergütungen. Mit seiner Stufenklage beansprucht der Kläger eine weitere angemessene Beteiligung an den Erträgnissen und Vorteilen der Beklagten aus der Nutzung seiner Werke.
2
Das Landgericht hat die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte auf der ersten Stufe verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Bruttoeinnahmen , erhaltene Finanzierungshilfen sowie über Daten, Uhrzeiten und Sendeplätze der im einzelnen bezeichneten Sendefolgen (OLG Köln, GRURRR 2014, 323). Es hat der Beklagten gestattet, die Auskunft und Rechnungsle- gung gegenüber einer vom Kläger auszuwählenden und von der Beklagten zu bezahlenden, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Person zu erbringen, die berechtigt und verpflichtet ist, dem Kläger die mit den Serienfolgen erzielten Bruttoeinnahmen der Beklagten mitzuteilen und Fragen zu ihrer Ermittlung und Überprüfung zu beantworten. Das Berufungsgericht hat das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und ausgesprochen, dass die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit leistet.
3
Nachdem die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die vom Berufungsgericht festgesetzte Sicherheit geleistet hatte, hat der Kläger seinerseits die geforderte Sicherheit geleistet und die Beklagte unter Fristsetzung aufgefordert, die ausgeurteilte Auskunft zu erteilen. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist hat der Kläger die Zwangsvollstreckung angekündigt.
4
Die Beklagte, die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht Beschwerde eingelegt hat, beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil.
5
Der Kläger ist dem Antrag entgegengetreten.
6
II. Der Einstellungsantrag der Beklagten ist unbegründet.
7
1. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, Revision eingelegt, ordnet das Revisionsgericht auf Antrag nach § 719 Abs. 2 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Bei Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde ist diese Bestimmung entsprechend anwendbar (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt hiernach nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners in Betracht (BGH, Beschluss vom 25. April 2012 - I ZR 136/11, GRUR 2012, 959 Rn. 5 - Regalsystem für den Ladenbau).
8
2. Die Beklagte hat bereits nicht dargelegt, dass die Vollstreckung des Urteils des Berufungsgerichts für sie einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
9
a) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, ein nicht zu ersetzender Nachteil liege darin, dass die Vollstreckung des Auskunftstenors die vollständige Vorwegnahme der Hauptsache bedeute und ihre Folgen auch bei einem Erfolg der zuzulassenden Revision nicht mehr rückgängig zu machen wäre. Allein der Umstand, dass die Vollstreckung das Prozessergebnis vorwegnehmen würde, ist kein unersetzlicher Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1979 - I ZR 55/79, GRUR 1979, 807 = WRP 1979, 715 - Schlumpfserie; Beschluss vom 9. November 1995 - I ZR 220/95, GRUR 1996, 78 = WRP 1996, 107 - Umgehungsprogramm; Beschluss vom 28. März 1996 - I ZR 14/96, GRUR 1996, 512 = WRP 1996, 743 - Fehlender Vollstreckungsschutzantrag II; Beschluss vom 8. Januar 1999 - I ZR 299/98, NJWE-WettbR 1999, 238, 239).
10
b) Ohne Erfolg macht die Beklagte auch geltend, die geforderten Auskünfte beträfen Geschäftsgeheimnisse der Beklagten. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass einem Geheimhaltungsinteresse der Beklagten durch die Gestattung Rechnung getragen wird, die Auskunft und Rechnungslegung gegenüber einer vom Kläger auszuwählenden zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Person zu erbringen. Ein solcher Vorbehalt ist grundsätzlich hinreichend, um ein Geheimhaltungsinteresse des Schuldners zu wahren (vgl. BGH, GRUR 1997, 807 - Schlumpfserie; BGH, Beschluss vom 15. Mai 1997 - KZR 11/97, NJWE-WettbR 1997, 230, 231; BGH, NJWE-WettbR 1999, 238, 239).
11
c) Die Beklagte hält den vom Berufungsgericht ausgesprochenen Vorbehalt allerdings für unzureichend, weil die Auskunft und Rechnungslegung gegenüber einer vom Kläger auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Person zu erbringen sei. Sie macht insoweit geltend, der Kläger habe eine mit ihm gewiss gut bekannte Rechtsanwältin benannt, zu der sie, die Beklagte, in keinerlei Kontakt oder gar vertraglichen Beziehungen stehe. Nichts gewährleiste ihr, dass ihrem Geheimhaltungsinteresse Genüge getan werde, wenn sie der vom Kläger benannten Rechtsanwältin die gewünschte Auskunft erteile und Rechnung lege.
12
Damit dringt die Beklagte nicht durch. Das Geheimhaltungsinteresse des Schuldners wird durch die Verschwiegenheitsverpflichtung der Empfangsperson gewährleistet. Greifbare Anhaltspunkte, dass die vom Kläger benannte Rechtsanwältin ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung zuwiderhandeln wird, hat die Beklagte weder dargetan noch gemäß § 719 Abs. 2 Satz 2 ZPO glaubhaft gemacht.

Koch Pokrant Schaffert Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 07.05.2013 - 33 O 836/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.01.2014 - 6 U 86/13 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

2 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 25/04/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 136/11 vom 25. April 2012 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 719 Abs. 2 Hat das Berufungsgericht nach § 708 Nr. 11, § 711 ZPO angeordnet, dass der Beklagte die Vollst
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 20/09/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 76/17 vom 20. September 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:200917BXIIZR76.17.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schi
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.