Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2015 - I ZR 275/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:171215BIZR275.14.0
17.12.2015
vorgehend
Landgericht Köln, 3 O 7/07, 18.01.2008
Oberlandesgericht Köln, 18 U 89/08, 06.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 275/14
vom
17. Dezember 2015
in Sachen
ECLI:DE:BGH:2015:171215BIZR275.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Februar 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Der Streitwert wird auf 330.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin wendet sich im Wege der Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einem Beschluss, mit dem das Landgericht Köln gemäß §§ 9, 14 Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) die Vollstreckungsklausel für ein Urteil des Stockholm Tingsrätt (Amts- und Landgericht) erteilt hat.
2
Im Verfahren vor dem Stockholm Tingsrätt begehrte die Klägerin erfolglos die Ungültigerklärung eines Schiedsspruchs des Internationalen Schiedsgerichts Stockholm, demzufolge die Klägerin an den Beklagten 2,35 Mio. USDollar zu zahlen hat. Nach dem Urteil des Stockholm Tingsrätt hat die Klägerin dem Beklagten die Verfahrenskosten in Höhe von 1.641.692 SEK und weiteren 132.483 € sowie 7.415 US-Dollar zu erstatten.
3
Dem Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts Stockholm, der vom Kammergericht für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist (KG-Report 2001, 146), liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4
Die Polizeibehörde der Stadt St. Petersburg und die vom Beklagten geführte S. Group of Companies mit Sitz in den USA hatten im Jahr 1991 die A. K. O. Kompany, eine Aktiengesellschaft russischen Rechts, gegründet. Unternehmensgegenstand waren der Handel mit technischen Geräten, insbesondere Polizeiausrüstungen, sowie Sicherheits- und Bewachungsdienstleistungen. Die Polizeibehörde brachte vereinbarungsgemäß eine Liegenschaft in das Gesellschaftsvermögen ein. Die im vorliegenden Verfahren klagende Russische Föderation beschlagnahmte diese Liegenschaft im Jahr 1996. Daraufhin nahm der Beklagte die Klägerin vor dem Schiedsgericht auf eine Entschädigung wegen Enteignung nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 13. Juni 1989 in Anspruch.
5
Gegen die Vollstreckung aus dem Urteil des Stockholm Tingsrätt wendet die Klägerin - soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung - die Aufrechnung mit einer vom Bezirksgericht St. Petersburg im Juni 2006 rechtskräftig titulierten Schadensersatzforderung wegen Nichtabführung von Steuern in Höhe von 65.612.140 US-Dollar ein.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Gegen die Nichtzulassung der Revision in Bezug auf die Aufrechnung wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
7
II. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , es fehle hinsichtlich der Aufrechnungsforderung an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Die Aufrechnungsforderung sei zwar zivilrechtlich eingekleidet, betreffe aber in der Sache hoheitliche Steuerforderungen. Ausweislich der Urteilsgründe des Bezirksgerichts St. Petersburg habe einer hoheitlichen Verfolgung dieser Ansprüche lediglich ein Fristablauf entgegengestanden. Grundlage der Forderung sei jedenfalls eine Norm des Steuerrechts, nämlich Art. 6 der Vorschrift des staatlichen Steueramtes der Russischen Föderation vom 14. Mai 1993, Nr. 20 "Über die Besteuerung des Einkommens und der Gewinne ausländischer juristischer Personen". Dass die Forderung rechtskräftig festgestellt sei, spiele keine Rolle. Zwar komme es bei einer rechtskräftig festgestellten Gegenforderung an sich auf die internationale Zuständigkeit nicht an. Dies sei aber anders, wenn die Forderung im Inland nicht gemäß § 328 ZPO anerkennungsfähig sei. So liege der Fall hier, weil es sich um eine öffentlich -rechtliche Forderung handele.
8
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen greifen nicht durch und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern auch im Übrigen keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
1. Ohne Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde den Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung im Hinblick auf die Frage geltend, welche Rechtsordnung für die Qualifikation der Rechtsnatur der ausländischen Aufrechnungsforderung maßgeblich ist.
10
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Auffassung, dass die Frage, welches Recht für die Qualifikation heranzuziehen sei, grundsätzliche Bedeutung habe. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung zur Anerkennung einer US-amerikanischen Verurteilung zu "punitive damages" diese Frage offen gelassen (BGH, Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312); sie sei auch seither nicht geklärt worden. Zwar habe der Bundesgerichtshof später ausgeführt, die Frage, ob Ansprüche eines ausländischen Staats als öffentlich -rechtlich zu beurteilen seien, bestimme sich nach inländischem Recht (BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 8/05, WM 2005, 2274); in jenem Fall habe sich der Anspruch aber aus internationalen Verträgen ergeben. In einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei der öffentlich-rechtliche Charakter der Forderungen unstreitig gewesen (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 120/09, WM 2011, 78). Vorliegend sei richtigerweise für die Qualifikation auf das russische Recht abzustellen; dies führe zu einer zivilrechtlichen Einordnung der zur Aufrechnung gestellten Forderung.
11
b) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor.
12
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft , die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26, 29; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 190; Beschluss vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 137).
13
Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig. In der Rechtsprechung wird heutzutage - soweit ersichtlich - einhellig die - auch vom Berufungsgericht vertretene - Auffassung vertreten, dass bei Anwendbarkeit des § 328 ZPO - also bei Nichtbestehen völkerrechtlicher Verträge über die Anerkennung und Vollstreckung - für die Qualifikation einer ausländischen Forderung ausschließlich die lex fori des diese Beurteilung vornehmenden Gerichts maßgeblich ist (BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 9/05, WM 2005, 2274; BSG, Urteil vom 26. Januar 1983 - 1 S 2/82, BSGE 54, 250 = IPRspr 1983, 349, 354; OLG Hamm, RIW 1994, 513). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass über die Frage, ob eine ausländische Forderung im Inland durchsetzbar ist, allein das inländische Recht zu entscheiden hat (Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/1 Rn. 500; Dutta, Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen ausländischer Staaten durch deutsche Gerichte, S. 37 f.). Soweit der Bundesgerichtshof in der von der Nichtzulassungsbeschwerde zitierten "punitive-damages"-Entscheidung (BGHZ 118, 312, 336) die Bestimmung der für die Qualifikation maßgeblichen Rechtsordnung offen gelassen hat, ist dem keine Abweichung von der vorgenannten Rechtsprechungslinie zu entnehmen und ergibt sich auch kein Klärungsbedarf.
14
Nur in Bezug auf Staatsverträge zieht die Rechtsprechung zur Qualifikation die Rechtsordnung des Urteilsstaates heran, um auf diese Weise die möglichst wirksame Anwendung der Staatsverträge sicherzustellen, indem ausgeschlossen wird, dass Urteils- und Vollstreckungsstaat vertragliche Begriffe unterschiedlich auslegen (so zum Übereinkommen der EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 BGH, Beschluss vom 26. November 1975 - VIII ZB 26/75, BGHZ 65, 292, 298; Beschluss vom 10. Oktober 1977 - VIII ZB 10/76, NJW 1978, 1113; Martiny aaO Rn. 500 [bei Fn. 1522]). Diese Rechtsprechung steht aber der Qualifikation einer ausländischen Forderung nach der lex fori im staatsvertragsfreien Bereich nicht entgegen. Gleiches gilt für die autonome Qualifikation des Begriffs der Zivil- und Handelssache im Bereich der unionsrechtlichen Zuständigkeitsordnung (s. nur EuGH, NJW 1977, 489, 490 - Eurocontrol).
15
In der Literatur ist die Auffassung, dass im staatsvertragsfreien Bereich die lex fori für die Qualifikation maßgeblich sei, ganz vorherrschend (Zöller/ Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 328 Rn. 80; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 328 Rn. 57; Staudinger/Spellenberg, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen , 14. Aufl. Rn. 185; Martiny aaO Rn. 500; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht , 6. Aufl., Rn. 909; Dutta aaO S. 37; Vischer, IPRax 1991, 209, 211; vgl. auch Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, 1985, S. 43). Vereinzelt wird vertreten, es müsse eine Doppelqualifikation vorgenommen werden; danach kann eine Zivilsache nur angenommen werden, wenn sowohl nach dem Urteilsstaat als auch dem Anerkennungsstaat eine solche vorliegt (Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozessrecht, 2. Aufl. Rn. 17; ders. in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 328 Rn. 24). Diese Ansicht führt vorliegend zu keinem anderen Er- gebnis, weil es danach auch auf die Qualifikation der Gegenforderung nach deutschem Rechtsverständnis ankommt. Für die Maßgeblichkeit der Rechtsordnung des Urteilsstaats hat im Jahr 1950 allein Beitzke (AcP 151 [1950/1951] 268, 272) plädiert.
16
Angesichts dieses Meinungsbildes in Rechtsprechung und Literatur ist eine Klärungsbedürftigkeit im Sinne der Grundsatzbedeutung nicht gegeben. Es steht praktisch nicht in Frage, dass im - vorliegend im Verhältnis zur Russischen Föderation gegebenen - staatsvertragsfreien Bereich das inländische Recht über die Qualifikation entscheidet.
17
Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der geltend gemachten Aufrechnungsforderung um eine steuerrechtliche Forderung, also eine solche des öffentlichen Rechts handelt, deren Anerkennung nach § 328 ZPO nicht in Betracht kommt.
18
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen
19
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.01.2008 - 3 O 7/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.02.2014 - 18 U 89/08 -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 328 Anerkennung ausländischer Urteile


(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:1.wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;2.wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren

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(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:

1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;
2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist;
5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 120/09
vom
25. November 2010
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Deutsche Vollstreckungsgerichte sind nicht zuständig für die Vollstreckung in
Zoll- und Steuerforderungen der Republik Argentinien.
BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 120/09 - LG Braunschweig
AG Wolfsburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Dr. Eick,
Halfmeier und Leupertz

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 3. Dezember 2009, der Beschluss des Amtsgerichts Wolfsburg vom 10. September 2009 sowie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfsburg vom 29. Januar 2009 aufgehoben , soweit die Pfändung und Überweisung von Steuer- und Zollforderungen gegen die Drittschuldnerinnen 1 und 2 angeordnet worden ist. Der Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird zurückgewiesen, soweit die Pfändung und Überweisung von Steuer- und Zollforderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerinnen 1 und 2 begehrt worden ist. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Gläubigerin; die übrigen Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Gegenstandswert: 46.052,01 €

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin, die Republik Argentinien, die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts F., nach dem die Gläubigerin Zahlung von 46.052,01 € nebst Zinsen beanspruchen kann.
2
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am 29. Januar 2009 die Pfändung von angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerinnen angeordnet und die Ansprüche an die Gläubigerin überwiesen. Im Einzelnen sind, soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Relevanz, folgende Forderungen gepfändet worden:
3
Gegenüber der Drittschuldnerin zu 1: Steuer- und Zollforderungen im Zusammenhang mit Lieferungen von vorgefertigten Komponenten nach Argentinien, insbesondere für die Produktion der Fahrzeugtypen "S." und "F.", für die Produktion von Getrieben am Standort C. und für die Produktion des Fahrzeugtyps "R." am Standort P.
4
Gegenüber der Drittschuldnerin zu 2: Steuer- und Zollforderungen im Zusammenhang mit - Lieferung von Gasturbinen des Typs SGT5-4000F, Dampfturbinen des Typs SST-5000, Abhitzedampferzeugern und von Elektrotechnik für die Kraftwerke in C. in der Provinz B. A. und in T. nahe der Stadt R. in der Provinz S. F. (Kraftwerke: J. und M.), - Lieferungen von vorgefertigten Komponenten im Zusammenhang mit dem Ausbau bzw. Neubau der U-Bahn-Linien A, B, F, G, H und I in B. A., - Lieferungen von Signalisierungs- und intelligenter Systemtechnik für den U-Bahn-Betrieb, wie beispielsweise "Automatic Train Operation", - der Lieferung von Medizintechnik.
5
Die hiergegen gerichtete Erinnerung und die sofortige Beschwerde der Schuldnerin sind erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin die Aufhebung des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses weiter.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der bisher ergangenen Beschlüsse und zur Zurückweisung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
7
1. Das Beschwerdegericht hat sich durch umfassende Bezugnahme die Ausführungen des Amtsgerichts zu Eigen gemacht.
8
Das Amtsgericht sei gemäß § 828 Abs. 2, § 23, § 35 ZPO international zuständig. Nachdem die Schuldnerin keinen allgemeinen inländischen Gerichtsstand habe, richte sich die gerichtliche Zuständigkeit nach § 23 ZPO. Bei Forderungen sei der Ort, an dem das Vermögen sich befinde, der Sitz des Drittschuldners. Hieraus ergebe sich ein hinreichender Inlandsbezug. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die zu pfändenden Steuer- und Zollforderungen der Staatenimmunität unterfielen. Dies sei nicht der Fall.
9
Die Schuldnerin habe in § 12 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Anleihebedingungen unwiderruflich auf ihre Immunität in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen verzichtet.
10
Steuer- und Zollforderungen seien auch nicht nach § 851 ZPO unpfändbar. Nach dieser Norm sei eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Steuern unterlägen keiner besonderen Zweckbindung. Entsprechendes gelte für Zölle. Weder das Recht der Republik Argentinien noch das deutsche Recht enthielten Normen , die die Übertragung von Steuerforderungen ausdrücklich verböten.
11
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
Es kann sowohl dahingestellt bleiben, ob die Immunität der Schuldnerin der Pfändung und Überweisung ihrer Steuer- und Zollforderungen entgegensteht als auch ob argentinische Steuer- und Zollforderungen wegen § 851 ZPO überhaupt pfändbar sind. Die deutschen Gerichte sind jedenfalls für die Zwangsvollstreckung in solche Forderungen international nicht zuständig.
13
a) Das Beschwerdegericht übersieht, dass trotz der Regelung des § 23 ZPO eine internationale Zuständigkeit nicht begründet ist, weil die Zwangsvollstreckung in eine öffentlich-rechtliche Forderung eines anderen Staates erfolgt. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das Zwangsvollstreckungsverfahren setzt voraus, dass die Zwangsvollstreckung in Vermögen erfolgen soll, das sich im Inland befindet, denn nur darauf kann staatliche Zwangsgewalt ausgeübt werden ("Territorialitätsprinzip"). Vollstreckungsmaßnahmen in Gegenstände, die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates liegen, sind hingegen ausschließlich dessen Angelegenheit (BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 9/05, NJW-RR 2006, 198 m.w.N.). Die Verpflichtung der Drittschuldnerin, Steuer- und Zollforderungen der Republik Argentinien zu befriedigen , ist im Hoheitsgebiet der Schuldnerin und nicht in Deutschland zu lokalisieren. Insoweit gilt nichts anderes als für die Verpflichtung einer Drittschuldnerin, öffentlich-rechtliche Gebührenforderungen ausländischer Staaten zu befriedigen (BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 9/05, aaO; kritisch dazu Dutta, IPRax 2007, 109 ff.).
14
b) Es existiert keine zwischenstaatliche Vereinbarung, die der Republik Argentinien die Durchsetzung ihrer Steuer- und Zollforderungen im Bundesgebiet möglich machen würde. Das Abkommen vom 13. Juli 1978 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Argentinischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern von Einkommen und Vermögen (BGBl. II 1979, S. 585 ff.), in Kraft getreten am 25. November 1979 (BGBl. II 1979, S. 1332), geändert durch das Protokoll vom 16. September 1996 zum Abkommen vom 13. Juli 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Argentinien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen (BGBl. II 1998, S. 18 ff.), in Kraft getreten am 30. Juni 2001 (BGBl. II 2001, S. 694) enthält zur Durchsetzung einer argentinischen Steuer- oder Zollforderung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Regelung.
15
c) Es muss nicht entschieden werden, ob die Anleihebedingungen so auszulegen sind, dass sich die Schuldnerin der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch hinsichtlich des Vollstreckungsverfahrens unterworfen hat. Eine solche Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit ist nicht wirksam getroffen. Die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland wird, soweit nicht vorrangig völkerrechtliche Verträge zu beachten sind, indiziert, wenn die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts gegeben ist. Diese ist - wie ausgeführt - nicht gegeben. Eine Prorogation ist gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, weil die Vollstreckungsgerichtsstände ausschließlich sind, § 802 ZPO.

III.

16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Kuffer Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
AG Wolfsburg, Entscheidung vom 10.09.2009 - 11a M 9616/08 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 03.12.2009 - 5 T 947/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 71/02
vom
1. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist die Revision nur in Fällen der Divergenz sowie der
Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr zuzulassen. Darüber hinaus
werden Rechtsfehler im Einzelfall von diesem Zulassungsgrund auch
dann nicht erfaßt, wenn sie offensichtlich oder besonders schwerwiegend
sind oder einen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte enthalten.

b) Grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) kann einer
Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen
des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in
besonderem Maße berühren. Darüber hinaus begründen Rechtsfehler im
Einzelfall ausnahmsweise dann eine grundsätzliche Bedeutung der Sache
, wenn offenkundig ist, daß die angefochtene Entscheidung sich als
objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers
verletzt, und wenn jeweils nicht zweifelhaft erscheint, daß das
Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben
würde.

c) Eine ordnungsgemäße Darlegung (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) setzt vor-
aus, daß der Beschwerdeführer die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde
stützt, benennt und zu deren Voraussetzungen so substantiiert
vorträgt, daß das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung
und des Berufungsurteils die Voraussetzungen der
Zulassung prüfen kann.
BGH, Beschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann
und die Richterin Mayen
am 1. Oktober 2002

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 409.033,50

Gründe:


I.


Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Darlehensforderung in Anspruch.
Mit schriftlichem Vertrag vom 15. November 1992 gewährte die P. GmbH, später unfirmiert in V. für I. GmbH, den Beklagten ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 800.000 DM. Der Darlehensvertrag wurde für die Darlehensgeberin von dem Beklagten zu 1) unterzeichnet, der
zum damaligen Zeitpunkt und noch bis Ende Juni 1998 allein vertre- tungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der P. GmbH war. Gemäß Ziffer 4 des Darlehensvertrages sollte die Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung der Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erfolgen. Die Darlehenssumme wurde im November 1992 und Februar 1993 ausgezahlt. Für die V. für I. GmbH wurde im Juli 1998 Konkursantrag gestellt; dieser wurde mangels Masse abgewiesen.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 28. September 1999 wurde die Darlehensforderung der V. für I. GmbH gegen die Beklagten gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
Die Beklagten berufen sich auf Erfüllung. Sie wenden, gestützt auf vorgelegte Ablichtungen des Buchungsjournals von 1993, auf von dem Beklagten zu 1) für die P. GmbH unterzeichnete Verrechnungsbestätigungen und auf einen in Ablichtung vorgelegten, mit dem Datum 3. März 1997 versehenen und von dem Beklagten zu 1) abgezeichneten "erledigt" -Stempel auf dem Darlehensvertrag, ein, die Darlehensschuld sei durch Verrechnung mit Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erloschen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis der Erfüllung der Darlehensschuld nicht geführt. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten , mit der diese geltend machen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor- derlich; der Sache komme darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beklagten begründen ihren Antrag mit einem Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte , insbesondere gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie meinen, eine einheitliche Rechtsprechung sei nicht mehr gesichert , wenn einem Darlehensnehmer deswegen, weil er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, der Beweiswert von Urkunden abgesprochen werde und diese als "schlichte Parteierklärungen" gewürdigt würden. § 181 BGB, von dem im Rechtsverkehr durchweg Gebrauch gemacht werde, werde dadurch unterlaufen. Das Berufungsgericht habe im übrigen Beweisantritte der Beklagten auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Richtigkeit des vorgelegten Buchungsjournals und auf Vernehmung von Zeugen übergangen und dadurch das Recht der Beweisführung für einen Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens in einer weit über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung eingeschränkt.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, weil es an einer den Anforderungen der § 543 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entsprechenden Beschwerdebegründung fehlt. Es kann daher offenbleiben, ob die Beklagten auch dem aus § 26 Nr. 8 EGZPO sich ergebenden Erfordernis der Darlegung einer mit der beabsichtigten Revision erstrebten Abänderung des Berufungs-
urteils in einem die Wertgrenze von 20.000 (vgl. BGH, Beschluß vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721) mangels ausdrücklicher Angaben zu diesem Punkt nicht nachgekommen sind.
Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Diese Zulassungsgründe müssen gemäß § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. "Darlegen" bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; "etwas darlegen" bedeutet vielmehr soviel wie "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" (so BVerwG 13, 90, 91; BVerwG, Beschluß vom 23. November 1995 - 9 B 362/95, NJW 1996, 1554 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die bloße Behauptung eines Zulassungsgrunds reicht dazu nicht aus (BFH, Beschlüsse vom 14. August 2001 - XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, 52 und vom 21. Februar 2002 - XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Beschwerdeführer hat die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen (vgl. Musielak /Ball, 3. Aufl. ZPO § 544 Rdn. 17). Das Revisionsgericht muß dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen. Es soll davon entlastet werden, die Voraussetzungen der Zulassung anhand der Akten ermitteln zu müssen (so auch BFH, Beschluß vom 17. Oktober 2001 - III B 97/01, BFH/NV 2002, 366, 367 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). In inhaltlicher Hinsicht richten sich die
an den Vortrag zu stellenden Anforderungen nach dem jeweils geltend gemachten Zulassungsgrund.
Die Beklagten haben die Voraussetzungen der von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde nicht ordnungsgemäß vorgetragen.
1. Das gilt zum einen für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; BGHSt 24, 15, 22 zu § 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG).

a) Das kommt zunächst in Betracht bei Divergenz, d.h. wenn in der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811, 1812; Beschluß vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900; zu dem gleichlautenden § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, WM 2002, 1567, 1568 m.w.Nachw., zum Ab-
druck in BGHZ vorgesehen; Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Um eine Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen (so zu § 116 Abs. 3 Satz 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO BFH, Beschluß vom 5. Dezember 2001 - IX B 85/01, BFH/NV 2002, 529 m.w.Nachw.).
Diesem Erfordernis sind die Beklagten nicht gerecht geworden. Sie haben nicht einmal konkrete Entscheidungen anderer Gerichte benannt, von denen das Berufungsurteil abweichen könnte. Erst recht fehlt es an der Herausstellung abstrakter Rechtssätze im Berufungsurteil einerseits und in anderen Entscheidungen andererseits, zwischen denen eine Divergenz bestehen könnte.

b) Eine Revisionszulassung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kommt ferner in Betracht, wenn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen des revisiblen Rechts (§ 545 ZPO) Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, daß eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht - auch ohne daß sich dem angefochtenen Urteil ein divergierender abstrakter Rechtssatz (vgl.
dazu oben unter a) entnehmen ließe - in ständiger Praxis oder in einer Weise, die Wiederholungen oder Nachahmungen besorgen läßt, eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG BGHSt 24, 15, 22). Diese Erfordernisse lassen sich dahin zusammenfassen, daß ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts mit "symptomatischer Bedeutung" die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu rechtfertigen vermag (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO).
Um die Voraussetzungen einer Revisionszulassung unter diesem Gesichtspunkt ordnungsgemäß darzulegen, muß der Beschwerdeführer nicht nur einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts benennen, sondern darüber hinaus auch konkrete Angaben zur symptomatischen Bedeutung des Fehlers machen. Dabei ist darzulegen und zu belegen, daß es sich bereits um eine ständige Praxis des Berufungsgerichts handelt, oder darzulegen, daß und warum eine Wiederholung oder Nachahmung konkret zu besorgen ist. Gegebenenfalls muß auch die geltend gemachte Nichtbeachtung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung mit entsprechenden Entscheidungszitaten konkret dargelegt werden.
Auch diese Erfordernisse haben die Beklagten nicht erfüllt. Zur symptomatischen Bedeutung der von ihnen geltend gemachten angeblichen Rechtsfehler des Berufungsgerichts haben sie nichts vorgetragen.

c) Keinen Grund für die Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bieten dagegen - unabhängig von
Gewicht und Evidenz sowie davon, ob es sich um materielle oder Verfahrensfehler handelt - Rechtsfehler im Einzelfall, die weder eine Divergenz in der Rechtsprechung hervortreten lassen (vgl. dazu oben unter 1. a) noch eine Wiederholungsgefahr oder Nachahmungsgefahr begründen (vgl. dazu oben unter 1. b).
aa) Die Schwere und die Evidenz eines Rechts- oder Verfahrensfehlers , den ein Urteil in einem Einzelfall aufweist, sind nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, aus dem sich der maßgebliche objektivierte Wille des Gesetzgebers ergibt (BVerfGE 11, 126, 130), ohne jede Bedeutung.
(1) Eine Differenzierung nach dem Gewicht des Fehlers, den ein in einem Einzelfall ergangenes Urteil aufweist, ist mit dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, der auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung abstellt, unvereinbar. Der Wortlaut erfaßt auch einfache Rechtsfehler, wenn zusätzlich die Voraussetzungen der Divergenz oder der Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr gegeben sind. Ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht des Rechtsfehlers und seiner Auswirkung auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung besteht nicht. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß ein schwerwiegender Rechtsfehler eher wiederholt wird oder Nachahmung findet als ein leichter. Nach der Lebenserfahrung kann eher vom Gegenteil ausgegangen werden. Auch der Rang der verletzten Norm ist insoweit ohne jede Bedeutung (so zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: Steindorf, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG 2. Aufl. § 80 Rdn. 26). Ebensowenig läßt sich dem Wortlaut eine Differenzierung nach materiellen oder Verfahrensfehlern entnehmen.

(2) Auch eine Differenzierung nach der Evidenz eines Rechtsfeh- lers findet im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO keine Stütze. Daß ein in einem Einzelfall ergangenes evident unrichtiges Urteil die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stärker gefährdet als ein nicht offensichtlich unrichtiges, ist nicht ersichtlich. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dementsprechend zum gleichlautenden Tatbestandsmerkmal der "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" in § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG entschieden, daß eine Fehlentscheidung in einem Einzelfall die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt, auch wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Nichts spricht dafür, daß die insoweit wörtlich gleichlautende Bestimmung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO anders auszulegen wäre.
bb) Insbesondere geben die Materialien des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses dazu keinen Anlaß. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es an einer Stelle zwar, materielle oder formelle Fehler bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts berührten über den Einzelfall hinaus allgemeine Interessen nachhaltig, wenn sie von erheblichem Gewicht und geeignet seien, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dazu gehörten vor allem die Fälle, in denen Verfahrensgrundrechte, namentlich die Grundrechte auf Gewährung des rechtlichen Gehörs und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren, verletzt seien (BT-Drucks. 14/4722, S. 104). Diese Ansicht des Regierungsentwurfs hat aber im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ("Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung") keinen Ausdruck gefunden und ist deshalb für dessen Auslegung unbeachtlich (vgl. BVerfGE 11, 126, 129 f.; 54, 277, 298). Insbesondere stellt § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das in der Gesetzesbegründung er- wähnte Vertrauen in die Rechtsprechung ab, sondern auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung ist vielmehr, wie unten noch darzulegen ist, nur bei der Auslegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung von Belang.
cc) Soweit der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs demgegenüber in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2002 (V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 und V ZB 75/02, WM 2002, 1811, 1812) sowie in einem weiteren Beschluß vom 25. Juli 2002 (V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900) die Ansicht vertreten hat, schwerwiegende offensichtliche Fehler bei der Anwendung revisiblen Rechts, insbesondere eine offensichtliche Verletzung von Verfahrensgrundrechten, machten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision bzw. einer Rechtsbeschwerde erforderlich, weil dadurch über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt würden, vermag der XI. Zivilsenat dem nicht zu folgen. In Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines ebensolchen Verstoßes gegen das Willkürverbot kommt vielmehr ohne eine Divergenz oder Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht.
Anlaß für ein Verfahren nach § 132 Abs. 2 und 3 oder 4 GVG besteht nicht, weil sich die Abweichung in allen entschiedenen Fällen auf die Begründung beschränkt und den von der hier vertretenen Ansicht abweichenden Erwägungen des V. Zivilsenats zur Reichweite des Zulassungsgrundes der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kei-
ne tragende Bedeutung zukam; in allen drei genannten Entscheidungen hat der V. Zivilsenat jeweils die Nichtzulassungsbeschwerde zurückge- wiesen bzw. die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
2. Für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) fehlt ebenfalls der erforderliche substantiierte Vortrag.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811 und V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897; jeweils m.w.Nachw.). Dies entspricht im Grundsatz dem Wortverständnis, das dem bereits in § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 554 b Abs. 1 ZPO a.F. sowie in zahlreichen Vorschriften über die Zulassung der Revision in anderen Verfahrensordnungen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, § 219 Abs. 2 Nr. 1 BEG, § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatentG, § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB) enthaltenen Begriff der grundsätzlichen Bedeutung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beigemessen worden ist (vgl. BGHZ 2, 396, 397; BAG, Beschluß vom 5. Dezember 1979 - 4 AZN 41/79, NJW 1980, 1812, 1813; BVerwGE 13, 90, 91 f.; BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 - 7 B 261/97, NJW 1997, 3328; BFH, u.a. Beschlüsse vom 11. November 1997 - VII B 265/96, BFH/NV 1998, 753, 754, vom 18. Februar 1998 - VII B 253/97, BFH/NV 1998, 990 und vom 30. Juli 1998 - VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204). Die Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO weicht allerdings darin von derjenigen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F., § 72
Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG ab, daß sie die grundsätzliche Bedeutung als eigenen Zulassungsgrund neben die weiteren Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung stellt. Daraus ergibt sich, daß als Kriterien für die Beurteilung der allgemeinen Bedeutung einer Rechtssache nicht lediglich die Gesichtspunkte der Rechtsfortbildung und der Erhaltung der Rechtseinheit, sondern auch weitere Gesichtspunkte in Betracht kommen (Musielak/Ball, 3. Aufl. ZPO § 543 Rdn. 4).

a) Grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtssache zum einen dann zukommen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die nicht nur entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, sondern darüber hinaus auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein (Büttner MDR 2001, 1201, 1203).
Um unter diesem Gesichtspunkt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im einzelnen aufzuzeigen (BVerwGE 13, 90, 91; BFH, Beschluß vom 30. August 2001 - IV B 79, 80/01, DB 2001, 2429, 2431; Beschluß vom 13. September 2001 - IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352,
353). Dabei müssen insbesondere auch Ausführungen darüber gemacht werden, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH, Beschluß vom 30. August 2001 aaO).
Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Beklagten nicht. Die Beklagten haben zwar verschiedene angebliche Rechtsfehler des Berufungsurteils geltend gemacht, aber weder eine durch das Urteil aufgeworfene konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet noch Ausführungen zu ihrer Klärungsbedürftigkeit, insbesondere zu einem sie betreffenden Meinungsstreit, gemacht.

b) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung kann eine Rechtssache auch dann haben, wenn es zwar nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage geht, aber andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen. Dies kann sich insbesondere aus dem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewicht der Sache für den Rechtsverkehr ergeben (BGHZ 2, 396, 397; BAGE 2, 26, 30; BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 105).
Die ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung unter diesem Gesichtspunkt setzt voraus, daß die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit konkret dargestellt werden. Darüber hinaus sind Ausführungen darüber erforderlich, warum das Interesse der Allgemeinheit ein korrigierendes Eingreifen des Revisionsgerichts erforderlich macht.

An den danach erforderlichen konkreten Angaben fehlt es im vorliegenden Fall. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die berufungsgerichtliche Handhabung der Darlegungs- und Beweislast unterlaufe die Vorschrift des § 181 BGB, von der in der Rechtswirklichkeit viel Gebrauch gemacht werde, genügt nicht. Sie vermag die fehlende konkrete Darstellung der angeblichen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit nicht zu ersetzen.

c) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat eine Rechtssache schließlich auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt und jeweils nicht zweifelhaft erscheint , daß das Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde. Daß eine Entscheidung in sonstiger Weise rechtsfehlerhaft ist, genügt allein nicht, auch wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsfehler handelt.
Wie oben dargelegt, folgt aus der anders gestalteten Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Vergleich zu der von § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. sowie des § 72 Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG, daß der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat und die Gesichtspunkte der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ihn nicht ausschöpfen. Dieser Begriff erfaßt nunmehr über die herkömmliche, oben unter 2. a) und b) dargelegte Bedeutung hinaus auch andere Fälle, in denen nicht nur die unterlegene Prozeßpartei, sondern auch die All-
gemeinheit ein unabweisbares Interesse an einer Korrektur des Berufungsurteils hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 4).
Für eine solche Auslegung sprechen auch die Gesetzesmaterialien. Danach soll mit der Erweiterung der Zulassungsgründe und dem damit verbundenen erweiterten Verständnis der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" künftig auch die Zulassung von Revisionen in Betracht kommen, wenn eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts geboten erscheint (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 67).
Das danach unverzichtbare Interesse der Allgemeinheit an einem korrigierenden Eingreifen des Revisionsgerichts kann in der Praxis nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht werden. In aller Regel hat die Allgemeinheit an der Entscheidung eines gewöhnlichen Zivilrechtsstreits kein Interesse. Belange der Allgemeinheit werden auch dann nicht nachhaltig berührt, wenn dieser Streit unrichtig entschieden wurde. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn dem Gericht bei einer Einzelfallentscheidung schwerwiegende Rechtsfehler unterlaufen sind. Nicht offenkundige Fehler sind von vornherein nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung als Ganzes zu erschüttern. Erst ein Urteil, das zweifelsfrei objektiv gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt oder Verfahrensgrundrechte verletzt und darauf beruht , kann das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt beschädigen.
Offenkundig ist ein solcher Fehler nur dann, wenn die Grundrechtsverletzung sich geradezu aufdrängt. Das ist nur bei Rechtsfehlern der Fall, die in wenigen Sätzen zweifelsfrei aufgezeigt werden können.
Eine ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter diesem Gesichtspunkt setzt dabei voraus, daß der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, daß die angefochtene Entscheidung darauf beruht und daß unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zweifelhaft sein kann, daß das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde (so für den in § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ausdrücklich geregelten Rechtsbeschwerdezulassungsgrund der Versagung des rechtlichen Gehörs: BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/König/Seitz, OWiG 13. Aufl. § 80 Rdn. 16 a; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 80 Rdn. 8; jeweils m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier ersichtlich nicht gerecht. Die Beklagten behaupten zwar, das Berufungsgericht habe Beweisantritte übergangen. Das genügt zur Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) aber nicht. Voraussetzung einer solchen Rechtsverletzung wäre vielmehr weiter, daß die Beweisantritte rechtswidrig übergangen worden wären. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nämlich nicht, das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (BVerfGE 60, 96, 100; 60, 305, 310; 63, 80, 85; 70, 288, 294). Das Übergehen von Beweisantritten kann einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG daher nur
dann begründen, wenn die Beweisantritte nach der rechtlichen Lösung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären. Dazu haben die Beklagten nichts vorgetragen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 39/03
vom
11. Mai 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 Alt. 2, § 544 Abs. 2 Satz 3, § 574
Abs. 2 Nr. 1 und 2 Alt. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2

a) Ergibt sich eine Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr aus der rechtlichen
Begründung des Berufungsgerichts, weil diese sich verallgemeinern und auf eine
nicht unerhebliche Zahl künftiger Sachverhalte übertragen läßt, sind entsprechende
Darlegungen in der Beschwerdebegründung entbehrlich (Abgrenzung
zu BGHZ 152, 182, 187).

b) Beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts darauf, daß sie objektiv willkürlich
ist oder Verfahrensgrundrechte einer Partei verletzt, ist ein Eingreifen des
Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Dieser Zulassungsgrund hängt nicht von dem zusätzlichen Erfordernis ab,
daß der Verstoß gegen das Willkürverbot oder das Verfahrensgrundrecht offenkundig
ist (Aufgabe von BGHZ 152, 182, 189 ff., 192 ff.).
BGH, Beschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen
am 11. Mai 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Oktober 2003 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert beträgt 120.000 €.

Gründe:


I.


Der Beklagte zu 2) ist vom Landgericht zur Zahlung verurteilt worden. Sein Prozeßbevollmächtigter hat gegen das am 1. Juli 2003 zugestellte Urteil am 29. Juli 2003 Berufung eingelegt und am 1. September 2003 beantragt, die Begründungsfrist bis zum 1. Oktober 2003 zu verlängern. Nach einem gerichtlichen Hinweis auf die fehlende Begründung des Antrages hat der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) am 23. September 2003 mitgeteilt, er habe die Begründungsfrist aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit und einer Vielzahl fristgebundener Sa-
chen nicht einhalten können. Ferner hat er die Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 2. Oktober 2003 mit der Begründung beantragt, daß er am 23. September 2003 eine unaufschiebbare Geschäftsreise antrete, von der er erst "Anfang kommender Woche" zurückkehre. Am 25. September 2003 hat der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats des Oberlandesgerichts die Begründungsfrist bis zum 1. Oktober 2003 verlängert und den Antrag auf weitergehende Verlängerung abgelehnt, weil die gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO erforderliche Einwilligung des Gegners fehlte.
Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) hat die Berufung am 2. Oktober 2003 begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei erst am 1. Oktober 2003 um 22.00 Uhr von der Geschäftsreise zurückgekehrt und habe das gerichtliche Schreiben vom 25. September 2003 erst am 2. Oktober 2003 vorgefunden. Er habe nicht damit rechnen können, daß seinem Antrag auf Fristverlängerung nur modifiziert entsprochen werde.
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsant rag des Beklagten zu 2) zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) habe nicht darauf vertrauen dürfen, daß die Begründungsfrist bis zum 2. Oktober 2003 verlängert werde, weil für eine Verlängerung über den 1. Oktober 2003 hinaus die gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO erforderliche Einwilligung des Klägers gefehlt habe. Er habe deshalb nicht die Mitteilung der Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag abwarten dürfen, sondern sich rechtzeitig beim Ge-
richt nach dieser Entscheidung erkundigen müssen. Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) habe auch nicht dargelegt, daß er nach der gebotenen Erkundigung nicht rechtzeitig von seiner Geschäftsreise hätte zurückkehren und die Berufung bis zum 1. Oktober 2003 begründen können. Da er noch am 23. September 2003 mitgeteilt habe, er werde "Anfang kommender Woche" zurückkehren, sei bei Reiseantritt eine Rückkehr erst am 1. Oktober 2003 offenbar noch gar nicht geplant gewesen. Zudem habe der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) sein Vorbringen nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 2).

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 N r. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß gewahrt sein müssen (BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22 und BGH, Beschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03, NJW 2003, 2991), sind nicht erfüllt.
1. Die Rechtssache hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen
kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen (Senat, BGHZ 152, 182, 191 f.; BGHZ 153, 254, 256; 154, 288, 291 f.; jeweils zu dem gleichlautenden § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Um dies ordnungsgemäß darzutun, ist es grundsätzli ch erforderlich , die durch die angefochtene Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im einzelnen aufzuzeigen bzw. die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit und das sich daraus ergebende Bedürfnis für ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs darzustellen (Senat, BGHZ 152, 182, 191 f. zu § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). In bezug auf die aufgeworfene Rechtsfrage sind insbesondere auch Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese umstritten ist (Senat, BGHZ 152, 182, 191 und Beschluß vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 162/02, FamRZ 2003, 440, 441; BGHZ 154, 288, 291 und BGH, Beschluß vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02, VersR 2004, 225, 226; jeweils zu § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). An die Darlegung sind aber dann keine besonderen Anforderungen zu stellen, wenn die zu beantwortende Rechtsfrage sowie ihre Entscheidungserheblichkeit sich unmittelbar aus dem Prozeßrechtsverhältnis ergeben; zur Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und der über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache ist ein Hinweis auf Streit in Rechtsprechung und Literatur entbehrlich , wenn der entscheidungserheblichen Rechtsfrage bereits wegen ihres Gewichts für die beteiligten Verkehrskreise grundsätzliche Bedeu-
tung zukommt (BGH, Beschluß vom 18. September 2003 - V ZB 9/03, WM 2004, 491 f.).

b) Gemessen hieran ist eine grundsätzliche Bedeutu ng der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt. Die Rechtsbeschwerde formuliert zwar die "Zulassungsfrage (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)", ob der "Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts den Rechtsmittelführer darauf hinweisen muß, ein von ihm gestellter Rechtsmittelbegründungsfristverlängerungsantrag reiche über die nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO mögliche Frist hinaus, wenn sich ein solcher Hinweis noch rechtzeitig vor Ablauf der bis zu der sich aus § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO ergebenden Höchstgrenze verlängerten Rechtsmittelbegründungsfrist telefonisch unschwer erteilen läßt". Sie begründet aber nicht ansatzweise, warum diese Frage klärungsbedürftig sein soll. Hierzu wären nähere Darlegungen erforderlich gewesen, weil der angefochtene Beschluß dem Grundsatz entspricht , daß ein berechtigtes Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Fristverlängerung zumindest voraussetzt, daß die Verlängerung gesetzlich zulässig ist. Dies war hinsichtlich einer Verlängerung bis zum 2. Oktober 2003, wie die Rechtsbeschwerde selbst einräumt, nicht der Fall.
2. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist au ch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

a) Dieser Zulassungsgrund ist zum einen gegeben, w enn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen Fehler unterlaufen sind, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung
durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, daß eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist (BGHZ 151, 42, 46; BGH, Beschlüsse vom 24. September 2002 - VI ZB 26/02, DAR 2003, 64 und vom 23. September 2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781, 3782; jeweils zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; Senat, BGHZ 152, 182, 187; Beschluß vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, WM 2003, 1346, 1347; BGHZ 154, 288, 294; BGH, Beschlüsse vom 31. Oktober 2002 - V ZR 100/02, WM 2003, 259, 260 und vom 25. März 2003 - VI ZR 355/02, NJW-RR 2003, 1074; jeweils zu dem gleichlautenden § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Eine derartige Wiederholungs- oder Nachahmungsgefa hr ist von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt worden (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Sie ergibt sich auch nicht unabhängig von den Darlegungen in der Rechtsbeschwerde aus der rechtlichen Begründung des angefochtenen Beschlusses. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die Begründung der angefochtenen Entscheidung sich verallgemeinern läßt und eine nicht unerhebliche Zahl künftiger Sachverhalte zu erwarten ist, auf welche die Argumentation übertragen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 31. Oktober 2002 - V ZR 100/02, WM 2003, 259, 260 und vom 18. März 2004 - V ZR 222/03, Umdruck S. 5 f., jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil die Begründung des angefochtenen Beschlusses von den besonderen Umständen des Einzelfalls geprägt ist und nicht verallgemeinert werden kann.

b) aa) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre chung erfordert ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs ferner dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte einer Partei verletzt und die Entscheidung darauf beruht (BGHZ 154, 288, 296 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; vgl. auch BGHZ 151, 221, 226 f.; BGH, Beschlüsse vom 19. September 2002 - V ZB 31/02, WM 2003, 1397, 1399, vom 4. Dezember 2002 - XII ZB 66/02, FamRZ 2003, 856, 857, vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02, FamRZ 2003, 1271 und vom 25. September 2003 - III ZB 84/02, NJW 2003, 3782, 3783 zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811, 1812, vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900, vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02, WM 2003, 992, 993 und vom 25. März 2003 - VI ZR 355/02, NJW-RR 2003, 1074 sowie Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, WM 2004, 46, 47 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Soweit der erkennende Senat in diesen Fällen bislang das Erfordernis einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verneint und statt dessen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache angenommen hat (BGHZ 152, 182, 188 ff., 192 f. und Beschluß vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 162/02, FamRZ 2003, 440, 441, jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO), wird an dieser Auffassung, die lediglich in der Begründung von der Rechtsprechung anderer Senate abwich und nicht zu anderen Ergebnissen führte (BGHZ 154, 288, 299; Senat BGHZ 152, 182, 190), nicht festgehalten.
bb) Dieser Zulassungsgrund hängt nicht von dem zus ätzlichen Erfordernis ab, daß der Verstoß gegen das Willkürverbot oder das Verfah-
rensgrundrecht offenkundig ist (BGHZ 154, 288, 297 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; vgl. auch BVerfGE 107, 395 ff.; BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99, NJW 2003, 3687, 3688 und vom 8. Januar 2004 - 1 BvR 864/03, NJW 2004, 1371, 1372). Soweit der Senat vor diesen Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat (BGHZ 152, 182, 193 f.), wird diese aufgegeben.
cc) Auch unter diesem Gesichtspunkt ist kein Zulas sungsgrund gegeben. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist weder der Anspruch des Beklagten zu 2) auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG noch sein aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgender Anspruch auf ein faires Verfahren (vgl. hierzu BVerfGE 93, 99, 113) verletzt. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten zu 2) nicht schon vor der Bescheidung seines Antrages auf Fristverlängerung darauf hingewiesen hat, daß eine Verlängerung über den 1. Oktober 2003 hinaus ohne die fehlende Einwilligung des Klägers gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO nicht zulässig sei.
Eine Verletzung der aus dem Gebot des fairen Verfa hrens folgenden Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber den Parteien kann zwar dazu führen, daß einer Partei eine schuldhafte Fristversäumnis im Ergebnis nicht angelastet werden kann (vgl. Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. § 233 Rdn. 22 bis 22 b). Davon ist z.B. auszugehen, wenn einem Prozeßbevollmächtigten bei der Angabe des Datums der begehrten Fristverlängerung ein offensichtlicher Fehler unterläuft und das Gericht hierauf nicht hinweist, obwohl ihm dies ohne jede Mühe möglich wäre. Dies gilt insbesondere für den ersten, zu Beginn des gesetzlichen Laufs der Beru-
fungsbegründungsfrist gestellten Antrag, weil dem Prozeßbevollmächtigten hier grundsätzlich keine eigene Erkundigungspflicht obliegt und dem Gericht noch die volle Frist zu einem Tätigwerden zur Verfügung steht (BGH, Beschluß vom 11. Februar 1998 - VIII ZB 50/97, NJW 1998, 2291, 2292).
So liegt es hier aber nicht. Der dem Prozeßbevollm ächtigten des Beklagten zu 2) unterlaufene Fehler war nicht offensichtlich. Erst bei einer genaueren Prüfung seines Antrages anhand eines Kalenders war erkennbar, daß eine Fristverlängerung bis zum 2. Oktober 2003 nur mit der Einwilligung des Klägers möglich war. Da diese Einwilligung nicht vorlag, durfte der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) nicht darauf vertrauen, daß die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß verlängert würde. Er hätte sich vielmehr rechtzeitig vor Fristablauf beim Gericht
vergewissern müssen (vgl. Zöller/Greger, aaO Rdn. 23 Stichwort: Fristverlängerung ). Unter diesen Umständen würde die Annahme einer gerichtlichen Hinweispflicht nicht hinreichend berücksichtigen, daß die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher Belastung geschützt werden muß (vgl. BVerfGE 93, 99, 114).
Bungeroth Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:

1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;
2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist;
5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)