Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2016 - I ZR 233/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin ist die Verbraucherzentrale Sachsen. Die Beklagte befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Lebensmitteln. In ihrem Internetauftritt bewarb sie das Produkt "Almased Vitalkost" mit Aussagen über eine Gewichtsreduktion und über verbesserte Blutzuckerwerte. Auf der Verpackung des Produkts fanden sich Angaben über die Aktivierung des Stoffwechsels und die Regulierung des Blutzuckerspiegels. Die Beklagte warb für ihr Produkt außerdem mit einer Anzeige in der Fachzeitschrift "Ernährungsumschau". Darin finden sich Angaben, mit denen dem Produkt "Almased-Vitalkost" Wirkungen in der Rheumatherapie zugeschrieben werden. Die Klägerin hat diese Angaben als Verstoß gegen § 21a Abs. 7 Satz 2 DiätV sowie Art. 10 Abs. 1 und Art. 12 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
- 2
- Das Landgericht hat die Beklagte mit der Maßgabe antragsgemäß verurteilt , dass es der Beklagten im Hinblick auf die Verpackungsangaben eine Aufbrauchfrist eingeräumt hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Celle, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 13 U 47/15, juris ). Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Mit der erstrebten Revision möchte sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgen.
- 3
- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern auch im Übrigen keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 4
- 1. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Entgegen der Ansicht der Beschwerde stellt sich im Streitfall keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt ist oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
- 5
- a) Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, dem Gerichtshof der Europäischen Union sei die Frage der Anwendbarkeit von Art. 12 Buchst. c [gemeint ist Buchst. b] der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auf "lediglich allgemeine sowie einzelfallbezogene Angaben über Höhe und Zeitraum eines möglichen Gewichtsverlustes" zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die von der Beschwerde formulierte Frage kann nicht abstrakt rechtsgrundsätzlich geklärt werden, sondern hängt von der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall ab. Das Berufungsgericht hat in den streitgegenständlichen Angaben aufgrund rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung zudem gerade keine allgemeinen oder einzelfallbezogenen Angaben gesehen.
- 6
- b) Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft der Streitfall auch nicht die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10 Verordnung (EG) Nr. 1924/ 2006 nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebensmittel gemacht werden dürfen, für den, die oder das sie zugelassen sind, nicht jedoch für das Lebensmittelprodukt, das diese enthält.
- 7
- Es fehlt bereits an der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Verkehr die angegriffenen Werbeaussagen nicht als inhaltlich gleichbedeutend mit den von der Beschwerde angeführten, bereits zugelassenen Claims für Fructose und Zink ansehen wird. Auf die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam geltend gemachte Frage, ob sich die Beklagte außerdem auch deshalb nicht auf die beiden zugelassenen Claims berufen könne, weil diese auf konkrete Inhaltsstoffe ("Fructose", "Zink") abstellten, während die Werbung der Beklagten allgemein dem Produkt "Almased" die beanstandeten Wirkungen beimisst, kommt es im Streitfall also nicht an.
- 8
- Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig ist (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 36 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln). Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Angaben unzulässig, weil diese die Wirkungsaussagen zur Normalisierung des Blutzuckerwertes nicht mit Zink oder Fructose in Verbindung bringen. Der Senat hat das von ihm gefundene Auslegungsergebnis als zweifelsfrei angesehen und deshalb eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht für erforderlich gehalten (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 41 - Repair-Kapseln). Eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist auch im Streitfall nicht erforderlich.
- 9
- c) Im Hinblick auf die Anzeige in der Fachzeitschrift "Ernährungsumschau" stellt sich ebenfalls keine klärungsbedürftige Rechtsfrage.
- 10
- aa) Die Beschwerde macht geltend, es stelle sich vorliegend die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage, ob die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch auf Angaben Anwendung finden, die sich ausschließlich an Fachkreise und nicht direkt den Endverbraucher richten.
- 11
- bb) Diese von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist nicht (mehr) klärungsbedürftig. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im Verlauf des vorliegenden Verfahrens entschieden, dass nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, die - wie im Streitfall - als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, auch dann in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 fallen, wenn sich die Angaben nicht an den Endverbraucher, sondern ausschließlich an medizinische Fachkreise richten (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-19/15, GRUR 2016, 1090 Rn. 54 - Verband Sozialer Wettbewerb/Innova Vital). Der Gerichtshof hat insoweit angenommen, dass sogar medizinische Fachkreise nicht immer in der Lage sind, jederzeit über alle speziellen und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verfügen, die notwendig sind, um jedes einzelne Lebensmittel und die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben, die bei der Kennzeichnung und Aufmachung dieser Lebensmittel oder bei der Werbung für sie verwendet werden, zu bewerten (EuGH, GRUR 2016, 1090 Rn. 43 - Verband Sozialer Wettbewerb/Innova Vital). Da durch die im Streitfall maßgebliche Zeitschrift "Ernährungsumschau" nicht nur - wie im vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall - Ärzte und Apotheker, sondern auch andere Fachkreise im Lebensmittelbereich angesprochen werden, die erheblich geringere Kenntnisse als medizinische Fachkreise haben dürften, sind diese Grundsätze im Streitfall erst recht anzuwenden.
- 12
- cc) Da das Berufungsgericht die Frage richtig entschieden hat, hat die beabsichtigte Revision der Beklagten unabhängig vom Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - I ZR 197/03, GRUR 2004, 712 = WRP 2004, 1051 - PEE-WEE).
- 13
- d) Ohne Erfolg meint die Beschwerde, der Rechtsstreit werfe die klärungsbedürftige und grundsätzlich bedeutsame Frage auf, ob die Übergangsvorschriften des Art. 28 Abs. 5 und Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch auf solche pflanzlichen Stoffe (sog. "Botanicals") Anwendung finden, die bereits Gegenstand einer Überprüfung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit waren.
- 14
- aa) Die Beschwerde legt bereits nicht dar, dass diese Frage umstritten oder sonst klärungsbedürftig ist. Sie ist vielmehr eindeutig zu verneinen. Abweichendes wird - soweit ersichtlich - weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten.
- 15
- Problematisch ist allenfalls, wie Angaben zu "Botanicals" zu behandeln sind, die bislang von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit noch nicht beschieden, sondern deren Prüfung zurückgestellt worden ist (vgl. Erwägungsgrund 5 der Verordnung EU Nr. 536/2013). Um diese Problematik geht es im Streitfall jedoch nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, das hier in Rede stehende Sojaprotein, aus dem das Produkt "Almased-Vitalkost" nach den vom Berufungsgericht unterstellten Vortrag der Beklagten zu 50% besteht, sei kein "Botanical" im vorstehenden Sinne. Vielmehr habe die Kommission der Europäischen Union sämtliche beantragte gesundheitsbezogene Angaben zu Sojaprotein, Soja und Soja-Inhaltsstoffen nicht etwa zurückgestellt, sondern nach Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit umfassend abgelehnt und als "non-authorised" bezeichnet. Diese Feststellungen greift die Beschwerde nicht an. Da es sich im Streitfall mithin nicht um Angaben in Bezug auf ein zurückgestelltes Produkt handelt, stellt sich auch die Problematik der Anwendbarkeit von Übergangsvorschriften nicht.
- 16
- bb) Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist zudem deshalb nicht entscheidungserheblich, weil die konkret angegriffenen Aussagen nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert und deshalb als irreführende Angaben unzulässig sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 Rn. 15 f. = WRP 2013, 772 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil, mwN). Die Beschwerde macht selbst geltend, dass wissenschaftliche Nachweise für Wirkungen pflanzlicher Stoffe nicht erbracht werden können, weil es technisch unmöglich sei, pflanzliche Lebensmittel derart zu standardisieren, dass an ihnen wissenschaftliche Versuche durchgeführt werden könnten. Die angegriffene Werbung lässt solche Vorbehalte jedoch nicht erkennen, sondern verspricht mehrere gesundheitsfördernde Wirkungen ohne jede Einschränkung.
- 18
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Löffler Feddersen
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 02.04.2015 - 7 O 106/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 22.10.2015 - 13 U 47/15 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, die zum Ersatz einer ganzen Tagesration bestimmt sind, dürfen nur mit der Verkehrsbezeichnung "Tagesration für gewichtskontrollierende Ernährung" nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden.
(2) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, die zum Ersatz einer oder mehrerer Mahlzeiten im Rahmen einer Tagesration bestimmt sind, dürfen nur mit der Verkehrsbezeichnung "Mahlzeit für eine gewichtskontrollierende Ernährung" nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden.
(3) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Kennzeichnung außerdem nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1 folgende Angaben enthält
- 1.
die notwendigen Angaben über die richtige Zubereitung des Erzeugnisses, verbunden mit dem Hinweis auf das Erfordernis ihrer Befolgung, - 2.
Angaben über eine mögliche abführende Wirkung des Erzeugnisses, wenn es nach den Verwendungsangaben des Herstellers zu täglichen Einnahmen von mehr als 20 g Polyalkoholen kommt, und - 3.
einen Hinweis auf das Erfordernis einer ausreichenden täglichen Flüssigkeitsaufnahme.
(4) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Kennzeichnung nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1 folgende Angaben enthält
- 1.
den Brennwert in Kilojoule und Kilokalorien sowie den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettgehalt je angegebener Menge des gebrauchsfertigen Erzeugnisses und - 2.
die durchschnittliche Menge der in Anlage 17 Nr. 7 aufgeführten Mineralstoffe und Vitamine je angegebener Menge des gebrauchsfertigen Erzeugnisses.
(5) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, die als Ersatz einer ganzen Tagesration bestimmt sind, dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Kennzeichnung nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1
- 1.
die Angabe, dass das Erzeugnis alle für einen Tag erforderlichen Nährstoffe in angemessener Menge beinhaltet, und - 2.
den Warnhinweis, dass das Erzeugnis ohne ärztlichen Rat nicht länger als drei Wochen verwendet werden darf,
(6) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, die als Ersatz einer oder mehrerer Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind, dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Kennzeichnung nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Nr. 1
- 1.
Angaben über den prozentualen Anteil an der Tagesdosis der in Anlage 17 Nr. 7 aufgeführten Mineralstoffe und Vitamine, soweit in Anlage 1 zur Nährwert-Kennzeichnungsverordnung Tagesdosen genannt sind, und - 2.
den Hinweis, dass das Erzeugnis nur im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung den angestrebten Zweck erfüllt und andere Lebensmittel Teil dieser Ernährung sein müssen,
(7) Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung dürfen nicht gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden mit
- 1.
Angaben über die erforderliche Zeit für eine mögliche Gewichtsabnahme oder - 2.
Angaben über die Höhe einer möglichen Gewichtsabnahme.
(8) § 14a Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 50.000 €
Gründe:
I. Die Klägerin ist seit 1998 Inhaberin der am 18. März 1942 in die Zeichenrolle des Reichspatentamts u. a. für Gewindewalzmaschinen und für Walzen oder Rollen mit Außengewinden eingetragenen Marke 543 428 "Pee-Wee". Inhaber war damals die im Jahr 1939 von W. P. gegründete "PEEWEE -Maschinen- und Apparatebau, Inh. W. P. ". Im Frühjahr 1943 wurde die Produktion der PEE-WEE Maschinen- und Apparatebau von Berlin nach dem im heutigen Bundesland Brandenburg gelegenen Düben (mittlerweile: Bad Düben) verlegt. Dort gründete W. P. zusammen mit anderen
Gesellschaftern die "PEE-WEE Maschinen- und Apparatebau W. P. K.-G.".
Im Jahr 1949 verließ W. P. aufgrund der politischen Entwicklung Bad Düben und gründete in Westdeutschland ein neues Unternehmen. Auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht wurde er enteignet und wurde die PEEWEE Maschinen- und Apparatebau K.-G. in das Eigentum des Volkes überführt, wobei sie in die Rechtsträgerschaft der in C. ansässigen "Vereinigung volkseigener Betriebe, Werkzeugmaschinen und Werkzeuge" überging. Nach einem weiteren Rechtsträgerwechsel im Jahr 1954 lautete die Firma "VEB Werkstattmaschinenfabrik Bad Düben".
Nach der Wende ist die Beklagte in Bad Düben entstanden.
Die Beklagte hat im Internet unter ihrer Internet-Adresse www.profiroll.de mit folgenden Angaben geworben:
"Wir, PROFIROLL TECHNOLOGIES Bad Düben, ein Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern , verfügen über fast 60 Jahre an Erfahrung auf dem Gebiet des Gewinde - und Profilwalzens. Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mit großem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinen- und Apparatebau fort. Maschine - Werkzeug - Verfahren aus einer Hand."
Nach der Auffassung der Klägerin verletzt der Satz "Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mit großem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinen- und Apparatebau fort."
u.a. ihre Rechte an der Marke Pee-Wee. Dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht gefolgt.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht.
II. Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Entgegen der Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde wirft die Entscheidung des Berufungsgerichts weder hinsichtlich der Beurteilung, ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt, noch hinsichtlich der Beurteilung der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Ebensowenig gebietet sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einen Zugriff durch das Revisionsgericht. Von einer Begründung hierzu wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
2. a) Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnung der Anwendung der Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 Abs. 1 lit. b der Markenrechtsrichtlinie entgegensteht, hatte im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung. Diese Frage ist inzwischen durch das auf Vorlage des Senats (Beschl. v. 7.2.2002 - I ZR 258/98, GRUR 2002, 613 = WRP 2002, 547 - GERRI/KERRY Spring) ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Januar 2004 (Rs. C-100/02, GRUR 2004, 234, Tz. 26, 27 - Gerolsteiner Brunnen) geklärt. Die nach § 23 Nr. 2 MarkenG (Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL) gestattete Benutzung der Marke scheitert danach nicht von vornherein daran, daß das Zeichen auch in einer herkunftshinweisenden Weise eingesetzt wird. Ob seine Benutzung den anständigen Gepflogen-
heiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 6 MarkenRL) und nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 MarkenG), ist unabhängig davon, ob die Benutzung ihrer Art nach markenmäßig erfolgt oder nicht. Die Unlauterkeit des die Schutzschranke des § 23 MarkenG (Art. 6 MarkenRL) ausschließenden Verhaltens ist nach eigenen Kriterien zu beurteilen.
b) Der Senat gründet die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den inzwischen erfolgten Wegfall der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung. Der Senat ist in dieser Frage im übrigen der Auffassung, daß die Revision in einem solchen Fall zuzulassen ist, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat (vgl. aber BGH, Beschl. v. 20.11.2002 - IV ZR 197/02, NJW-RR 2003, 352; Beschl. v. 12.3.2003 - IV ZR 278/02, NJW 2003, 1609; Beschl. v. 8.4.2003 - XI ZR 193/02, NJW 2003, 2319, 2320; Beschl. v. 23.9.2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781; hierzu kritisch: Seiler, NJW 2003, 2290) . Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Rechtsmittels der Revision, das es der beschwerten Partei ermöglichen soll, unter Überwindung des Filters der Zulassungsgründe eine Korrektur der angefochtenen Entscheidung zu erlangen, ist es geboten, den erstrebten Rechtsschutz nicht schon deshalb zu versagen, weil in dem vom Rechtsmittelführer nicht allein zu beeinflussenden Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde der bei Rechtsmitteleinlegung gegebene Zulassungsgrund weggefallen ist. Über das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde kommt der beschwerten Partei allerdings nicht dieselbe verfahrensrechtliche Position zu, die ihr zustünde, wenn das Berufungsgericht - wie es geboten gewesen wäre - die Revision zugelassen hätte. Um Ungleichheit bei der Rechtsanwendung zu vermeiden, die in der Versagung der Zulassung durch das Berufungsgericht und im mehr oder weniger zufälligen Zeitpunkt der Klärung der Zulassungsfrage liegt, ist das Revisionsgericht aber nach der Auf-
fassung des Senats bei einer solchen Fallgestaltung gehalten, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebte Revision zuzulassen, wenn sie Aussicht auf Erfolg bietet.
Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht sind vom Revisionsgericht, sofern nicht bereits die Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung der Revision enthält (§ 551 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO), eigenständig Revisionsrügen und deren Erfolgsaussicht zu erwägen. Hierbei gelten die Maßstäbe, wie sie beim Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe anzulegen sind. Im Streitfall führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Mangels Divergenz im Ergebnis bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Falles nicht der Anrufung des Großen Senats in Zivilsachen.
c) Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist im Streitfall zu verneinen. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die angegriffene Werbeaussage beim Durchschnittsleser den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Beklagte führe auch die Produktion von PEE-WEE-Maschinen fort. Die mit der Klage beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist danach mit den guten Sitten in Handel und Gewerbe nicht vereinbar. Das Berufungsgericht hat deshalb die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG im Ergebnis zu Recht nicht zugunsten der Beklagten gelten lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)