Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2016 - I ZR 190/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- 1. Es trifft allerdings zu, dass das Berufungsgericht die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 6. August 2015 übergebene Urkunde, mit der die M. AG die Klägerin zur Klage in Prozessstandschaft ermächtigt und Auskunfts- und Schadensersatzansprüche an diese abgetreten hat, nicht berücksichtigt hat. Dieser Umstand rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
- 3
- a) Diese Erklärung spielt keine Rolle, soweit die Klage auf Ansprüche gestützt wird, die sich nach Auffassung der Klägerin aus einer von ihr mit der D. Investment GbR geschlossene Vereinbarung ergeben sollen. Soweit es Ansprüche aus einem rechtsgeschäftlich vereinbarten Wettbewerbsverbot angeht, ist die Klägerin als Vertragspartnerin ohne weiteres aktivlegitimiert.
- 4
- b) Der Umstand, dass das Berufungsgericht die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Urkunde nicht berücksichtigt und die Ermächtigung der Klägerin aufgrund einer Zustimmung der M. AG zur Prozessführung und einer Abtretung von Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen nicht in Erwägung gezogen hat, ist nicht entscheidungserheblich, soweit die Klägerin die Klage auf die §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b, 8, 9 UWG (aF) gestützt hat.
- 5
- aa) Zunächst handelt es sich bei den Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin lediglich um eine Hilfsbegründung. In erster Linie hat es die Abweisung der auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Klage auf die fehlende wettbewerbliche Eigenart des M. -Konzepts gestützt.
- 6
- bb) Im Übrigen kann die Klägerin mit einer in Prozessstandschaft erhobenen und auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Klage jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Klage während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unzulässig geworden ist.
- 7
- (1) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, die Klägerin sei zur Erhebung der Klage auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage in Prozessstandschaft ermächtigt. Die Wirksamkeit der Ermächtigung des Rechtsinhabers ist Grundlage für die Annahme der Prozessführungsbefugnis der klagenden Partei und damit eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Das Vorliegen der Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft ist in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen und festzustellen (BGH, Urteil vom 19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 219; BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, BGHZ 119, 237, 240 - Universitätsemblem ; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 52 = WRP 2012, 824 - CONVERSE II). Dies gilt auch noch in der Revisionsinstanz. Im Rahmen der Prüfung der Prozessstandschaft ist das Revisionsgericht weder an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden noch auf die Tatsachen und Beweismittel beschränkt, die dem Berufungsgericht vorgelegen haben. Das Revisionsgericht hat vielmehr gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz in Abweichung von § 559 Abs. 1 ZPO selbständig festzustellen , ob die Voraussetzungen für eine Prozessstandschaft erfüllt sind (BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738, 739).
- 8
- (2) Die Beklagten haben in der Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde darauf hingewiesen, dass über das Vermögen der die Klägerin zur Prozessführung ermächtigenden M. AG am 29. Januar 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt eine der Klägerin erteilte Ermächtigung zur Prozessführung.
- 9
- In der Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgabe, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen seiner Bestimmung, der Verteilung, entgegenzuführen und es bis dahin nach eigenen Entschlüssen zu verwalten, soll der Insolvenzverwalter nicht durch die Tätigkeit eines Dritten gehindert sein, den der Insolvenzschuldner hinsichtlich eines zur Masse gehörigen Gegenstandes beauftragt hat. Deshalb erlöschen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsprechend § 115 Abs. 1, 116 Satz 1 InsO das der Ermächtigung zugrundeliegende Rechtsverhältnis und entsprechend § 168 Satz 1 BGB die Ermächtigung zur Prozessführung (BGH, NJW 2000, 738, 739 mwN zu § 23 KO, dem § 115 InsO entspricht, vgl. Kießner in Nehrlich/Römermann, Insolvenzordnung, 29. EL Januar 2016, § 115 Rn. 1 f.; Weth in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 51 Rn. 26). Der Auftrag erlischt dabei mit der Insolvenzeröffnung, ohne dass der Insolvenzverwalter hierfür noch etwas tun müsste (Kießner in Nehrlich/ Römermann aaO § 115 Rn. 2).
- 10
- Ist die Ermächtigung zur Prozessführung erloschen, hat der Ermächtigte seine Tätigkeit einzustellen. Er kann sie nur dann, und zwar nunmehr für den Insolvenzverwalter , fortsetzen, wenn dieser ihn seinerseits ermächtigt oder wenn die Prozessführungsbefugnis entsprechend § 115 Abs. 2 und 3 InsO wegen fehlender Kenntnis des Prozessstandschafters von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als fortbestehend gilt (BGH, NJW 2000, 738, 739). Beides ist hier nicht der Fall. Der Insolvenzverwalter hat erkennbar die Klägerin nicht ermächtigen wollen, den Rechtsstreit gegen die Beklagten fortzuführen. Wie sich aus dem mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Bericht des Insolvenzverwalters vom 14. März 2016 ergibt, hat dieser erklärt, dass er gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung des Vertrags ablehne, mit dem die M. AG die Klägerin zur Verteidigung und Durchsetzung des Wettbewerbsverbots gegenüber den Beklagten beauftragt hat. Die Klägerin hat spätestens mit dem Zugang der Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde Kenntnis von der Insolvenz der M. AG erlangt.
- 12
- II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.12.2014 - 11 O 100/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 07.08.2015 - 2 U 3/15 -
moreResultsText
Annotations
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.
(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)