Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - I ZB 16/07
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 419,90 €.
Gründe:
- 1
- I. Der Verfügungskläger, ein Wettbewerbsverband, mahnte den Verfügungsbeklagten , der eine Drogeriemarktkette betreibt und eine Kundenzeitschrift herausgibt, mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Januar 2006 wegen Verstößen gegen das Verbot der redaktionellen Werbung ab. Der Verfügungsbeklagte trat der Abmahnung mit Anwaltsschreiben vom 18. Januar 2006 hinsichtlich eines Beitrags mit dem Titel "Mehr Kraft für die Augen" entgegen. Das Landgericht wies den vom Verfügungskläger deshalb gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Urteil vom 21. Februar 2006 kostenpflichtig zurück.
- 2
- Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Verfügungsbeklagte in einem Nachfestsetzungsantrag für das vorgerichtliche Abwehrschreiben eine auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbare 0,65-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV-RVG in Höhe von 419,90 € netto geltend gemacht.
- 3
- Das Landgericht hat die Gebühr antragsgemäß festgesetzt.
- 4
- Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers hat zur Abweisung des Kostennachfestsetzungsantrags des Verfügungsbeklagten geführt (OLG Stuttgart , Beschl. v. 5.2.2007 - 8 W 20/07, juris).
- 5
- Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Verfügungsbeklagte seinen Kostennachfestsetzungsantrag weiter. Der Verfügungskläger beantragt , das Rechtsmittel zurückzuweisen.
- 6
- II. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Umstand, dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 2 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Falle ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGHZ 154, 102, 103), steht dem nicht entgegen. Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren , das als selbständiges Verfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestaltet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; Beschl. v. 19.4.2007 - I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Tz. 8 = WRP 2007, 1205 - Consulente in marchi).
- 7
- III. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass die dem Verfügungsbeklag- ten durch das vorgerichtliche Abwehrschreiben entstandenen Kosten, soweit sie auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbar sind, keine notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung i.S. des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellen und im Kostenfestsetzungsverfahren daher nicht erstattungsfähig sind.
- 8
- Für die Beurteilung des Streitfalls ist es entscheidend, dass ein Abwehrschreiben , auch wenn es die Reaktion auf ein Abmahnschreiben darstellt, nicht anders als dieses auf die Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung abzielt. Kosten, die zur Abwendung eines drohenden Rechtsstreits aufgewendet werden, stellen keine Kosten der Prozessvorbereitung dar, die dann, wenn sie in Bezug auf einen bestimmten Rechtsstreit vorgenommen worden sind, im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind (OLG Schleswig JurBüro 1981, 582; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Vorbereitungskosten"; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 691, 692). Wie der beschließende Senat in der Entscheidung "Geltendmachung der Abmahnkosten" ausgeführt hat, gehören die Kosten einer Abmahnung im Hinblick auf deren Funktionen - Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme der Gerichte und Ausschluss der für den Gegner ohne vorherige Abmahnung grundsätzlich bestehenden Möglichkeit , den gerichtlich geltend gemachten Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anzuerkennen - nicht zu den einen Rechtsstreit unmittelbar vorbereitenden Kosten (BGH, Beschl. v. 20.10.2005 - I ZB 21/05, GRUR 2006, 439 Tz. 12 = WRP 2006, 237). Nichts anderes gilt für die Kosten eines Abwehrschreibens; denn ein solches Schreiben soll einen drohenden Rechtsstreit nach seiner Bestimmung nicht fördern, sondern gerade verhindern.
- 9
- In dieser Hinsicht unterscheidet sich ein Abwehrschreiben auch von einer Schutzschrift. Diese wird bei Gericht eingereicht, um zu verhindern, dass in einem Eilverfahren, dessen Anhängigkeit oder Anhängigwerden der Verfasser der Schutzschrift erwartet, eine Unterlassungsverfügung ergeht, ohne dass die- jenigen Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, die aus der Sicht des Verfassers der Schutzschrift gegen ihren Erlass sprechen. Eine Schutzschrift ist damit auf ein bestimmtes, wenn auch meist nur drohendes gerichtliches Verfahren bezogen, das sie insofern fördern soll, als das Gericht bei seiner Entscheidung bereits die Gründe kennen soll, die nach Auffassung des Antragsgegners gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung sprechen. Die für eine Schutzschrift aufgewendeten Kosten sind deshalb grundsätzlich dann erstattungsfähig, wenn ein Verfügungsantrag eingereicht und damit ein Prozessrechtsverhältnis begründet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2003 - I ZB 23/02, GRUR 2003, 456 = WRP 2003, 516 - Kosten einer Schutzschrift).
- 10
- Der Umstand, dass im Streitfall am Ende des Abwehrschreibens angemerkt war, man gehe davon aus, dass der Abmahnende, sollte er wider Erwarten einen Rechtsstreit einleiten, das Abwehrschreiben von sich aus dem Verfügungsantrag an das Gericht beilegen werde, rechtfertigt es hier ebenfalls nicht, das Abwehrschreiben hinsichtlich der Kostenerstattung wie eine Schutzschrift zu behandeln. Dem Verfügungsbeklagten stand es frei, seinerseits auf die Abmahnung hin bei Gericht eine Schutzschrift einzureichen und auf diese Weise bereits im Voraus auf das drohende Verfahren einen fördernden Einfluss zu nehmen.
- 11
- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 03.11.2006 - 11 O 7/06 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 05.02.2007 - 8 W 20/07 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - I ZB 16/07
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - I ZB 16/07
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - I ZB 16/07 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 3.11.2006
a u f g e h o b e n .
Der Kostennachfestsetzungsantrag der Verfügungsbeklagen vom 6.10.2006 wird
a b g e w i e s e n .
2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 419,90 Euro
Gründe
| ||||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
|
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Januar 2004 betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens 8 W 1358/03 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsbeklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 602,85 ?.
Gründe:
I.
In einem landgerichtlichen Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung lehnten die Verfügungsbeklagten den zur Entscheidung berufenen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Landgericht wies dasGesuch zurück. Die von den Verfügungsbeklagten eingelegte sofortige Beschwerde wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Gegenseite durch das Gericht übersandt, die Verfügungskläger äußerten sich im Beschwerdeverfahren jedoch nicht. Durch Beschluß vom 13. Mai 2003 wies das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde zurück und erlegte den Verfügungsbeklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Auf Antrag der Verfügungskläger hat das Landgericht mit Beschluß vom 30. Januar 2004 die ihnen von den Verfügungsbeklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auf 602,85 ? nebst Zinsen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten hat das Oberlandesgericht mit Beschluß vom 20. April 2004 die Kostenfestsetzung aufgehoben und den Festsetzungsantrag der Verfügungskläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Verfügungskläger.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die von den Verfügungsklägern zur Festsetzung angemeldeten Kosten seien nicht entstanden. Zwar falle die Gebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO grundsätzlich bereits durch die Mitteilung der Beschwerdeschrift an, weil anzunehmen sei, daß der Anwalt anschließend geprüft habe, ob für seinen Auftraggeber im Beschwerdeverfahren etwas zu veranlassen sei. Dieser Grundsatz gelte jedoch nur in kontradiktorischen Verfahren und damit nicht bei der Richterablehnung. Der Prozeßgegner der ablehnenden Partei könne sich an diesem Verfahren zwar beteiligen, infolge des fakultativen Charakters der Beteiligung müsse siejedoch durch Einreichung eines Schriftsatzes gegenüber dem Beschwerdegericht zum Ausdruck kommen.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ihr steht nicht entgegen, daß dem angefochtenen Beschluß ein Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch die §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGHZ 154, 102). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, da es als selbständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004, I ZB 27/03, MDR 2004, 1136 sowie Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 542 Rdn. 9).2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach der Anwalt eines Beschwerdegegners die Gebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (entspricht Nr. 3500 VV-RVG) verdient, wenn er auftragsgemäß im Beschwerdeverfahren tätig geworden ist. Hierzu genügt grundsätzlich die Entgegennahme der von dem Gericht mitgeteilten Beschwerdeschrift, weil als glaubhaft gemacht angesehen wird, daß der Anwalt anschließend pflichtgemäß geprüft hat, ob etwas für seinen Mandanten zu veranlassen ist; die Einreichung eines Schriftsatzes ist nicht erforderlich (OLG Köln, JurBüro 1986, 1663; OLG Düsseldorf, JurBüro 1991, 687; OLG Hamburg, MDR 1994, 522; OLG Stuttgart, JurBüro 1998, 190; Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 61 Rdn. 8.).
b) Die Ansicht des Berufungsgerichts, abweichend von diesem Grundsatz entstünde für den Anwalt des Beschwerdegegners bei einer Richterablehnung die Gebühr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nur, soweit er im Beschwerdeverfahren schriftsätzlich hervortrete, hält demgegenüber rechtlicher Prüfung nicht stand. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, unter welchen Voraussetzungen in diesem Fall eine erstattungsfähige anwaltliche Beschwerdegebühr entsteht. aa) Nach einer verbreiteten Auffassung stellt sich das Richterablehnungsverfahren als Streit einer Partei mit dem Gericht dar, an dem die andere Partei des Rechtsstreits formell nicht beteiligt ist. Für deren Prozeßbevollmächtigten bestünde deshalb in aller Regel keine Notwendigkeit zu prüfen, ob die sofortige Beschwerde der ablehnenden Partei Anlaß zu einer Gegenäußerung gebe. Die Folgerungen, die aus der Einordnung der Richterablehnung als eines nicht-kontradiktorischen Verfahrens gezogen werden, sind unterschiedlich. Teilweise wird angenommen, daß eine Beschwerdegebühr nur anfällt, wenn die nicht ablehnende Partei sich, etwa durch eine schriftsätzliche Äußerung, an dem Beschwerdeverf ahren beteiligt (OLG Stuttgart JurBüro 1984, 566; OLG Schleswig, SchlHA 1989, 131; VGH Mannheim, JurBüro 1999, 362; KG, KGR 2002, 227; Hansens, BRAGOreport 2001, 120, 121). Andere verneinen die Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO auf das Richterablehnungsverfahren und damit die Erstattungsfähigkeit etwaiger auf Seiten des Beschwerdegegners entstandener Gebühren (BayObLG, DAVorm 1992, 229; KG, Rpfleger 1962, 156; OLG Hamm, MDR 1975, 235; OLG Düsseldorf, JurBüro 1975, 1216; OLG Celle, Rpfleger 1983, 173; OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 510; OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 63; OLG München, MDR 1994, 627; OLG Köln, OLGR 1996, 256; OLG Brandenburg,
MDR 2002, 1092; LG Göttingen, Rpfleger 2000, 428; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 97 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 91 Rdn. 70; E. Schneider, JurBüro 1977, 1179, 1183) oder machen die Erstattungsfähigkeit davon abhängig, daß sich die Partei an dem Beschwerdeverfahren beteiligt hat (OLG Frankfurt, OLGR 1996, 261; OLG Schleswig, SchlHA 1989, 131; OLG Nürnberg NJW-RR 2002, 720) oder ausdrücklich zu einer Stellungnahme aufgefordert worden ist (OLG Hamm, MDR 1989, 917) oder davon, daß das Beschwerdegericht ausnahmsweise eine Kostenentscheidung getroffen hat (KG, KGR 1995, 252; OLG Düsseldorf, MDR 1985, 589 für die Kosten des Beschwerdeführers; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rdn. 13 „Richterablehnung“; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 91 Rdn. 70). bb) Die Gegenauffassung hält die Erwägungen über den nichtkontradiktorischen Charakter des Ablehnungsverfahrens für unbehelflich. Sie stellt darauf ab, daß dem Prozeßgegner im Beschwerdeverfahren rechtliches Gehör zu gewähren ist, weil die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch auch seine Belange berührt. Einige Vertreter dieser Auffassung machen die Entstehung der Beschwerdegebühr oder ihre Erstattungsfähigkeit ebenfalls von einer Beteiligung des Beschwerdegegners an dem Beschwerdeverfahren (OLG Frankfurt, NJW-RR 1986, 740; MünchKomm-ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 46 Rdn. 6) oder von der Notwendigkeit dieser Kosten (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 46 Rdn. 9) abhängig. Überwiegend wird aus dem Erfordernis, dem Beschwerdegegner rechtliches Gehör zu gewähren, allerdings der Schluß gezogen, daß eine Beschwerdegebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bereits anfällt, wenn der Prozeßbevollmächtigte des Beschwerdegegners nach Erhalt der Beschwerdeschrift pflichtgemäß geprüft hat, ob im Beschwerdeverfahren etwas für seinen Mandanten zu veranlassen ist (N. Schneider, KostRsp.,
BRAGO § 61 Nr. 57), und daß die Anwaltskosten nach den §§ 91 ff. ZPO erstattungsfähig sind (OLG Stuttgart, DJ 1979, 17; OLG Nürnberg, MDR 1980, 1026; OLG Frankfurt, Rpfleger 1981, 408; OLG Köln, Rpfleger 1989, 427; OLG Koblenz, MDR 1992, 310; OLG Saarbrücken, JurBüro 1992, 742; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 46 Rdn. 10; Lappe, KostRsp., BRAGO § 61 Nr. 43; vgl. auch OLG Hamburg, MDR 1994, 522). cc) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug. Das Richterablehnungsverfahren ist kein auf das Verhältnis zwischen der ablehnenden Partei und dem Gericht beschränktes Verfahren. In ihm wird darüber befunden, ob der zuständige Richter zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen bleibt. Das berührt nicht nur die Interessen der ablehnenden Partei. Ihrem Recht auf Bereitstellung eines unparteiischen Richters steht der Anspruch des Gegners auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) gegenüber, der bei Ersetzung eines tatsächlich nicht befangenen Richters verletzt wird (BVerfGE 89, 28, 37). Demgemäß ist heute anerkannt, daß die Frage, ob Befangenheitsgründe gegen die Mitwirkung eines Richters sprechen, die prozessuale Rechtsstellung beider Parteien berührt und deshalb im Ablehnungsverfahren beiden Parteien rechtliches Gehör zu gewähren ist (BVerfGE 89, 28, 36; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1994, I ZR 121/92, NJW 1995, 1677, 1679). Aus dem Anhörungsgebot folgt zugleich, daß auch der Gegner der ablehnenden Partei Beteiligter des Ablehnungsverfahrens ist (so zutreffend MünchKomm-ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 46 Rdn. 1; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 46 Rdn. 3). Damit steht der nicht ablehnenden Partei hinsichtlich ihrer Anwaltskosten ebenfalls die Stellung eines Verfahrensbeteiligten zu. Das ist auch sachgerecht. Ihr Recht, vor einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde angehört zu werden, verpflichtet den mit ihrer Interessenwahrnehmung beauftragten
Prozeßbevollmächtigten zu prüfen, ob die Beschwerdeschrift eine Gegenäußerung erfordert. Das gilt unabhängig davon, ob das Gericht ihm die Beschwerdeschrift lediglich mitteilt oder darüber hinaus zu einer Stellungnahme auffordert. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht zur Äußerung umfaßt (vgl. BVerfGE 89, 28, 35) und der Anwalt gehalten ist, dieses Recht seiner Partei zu verwirklichen, muß er in jedem Fall prüfen, ob die Beschwerdeschrift eine Stellungnahme erfordert. Damit wird er auftragsgemäß im Beschwerdeverfahren tätig und verdient die Beschwerdegebühr des § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Allerdings setzt die Entstehung dieser Gebühr voraus, daß der Anwalt mit der Vertretung im Beschwerdeverfahren beauftragt worden ist. Hiervon kann jedoch in der Regel ausgegangen werden, wenn der Anwalt die Partei im Hauptsacheverfahren vertritt (a.A. N. Schneider, MDR 2001, 130, 132). Ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis ausnahmsweise etwas anderes, beschränkt sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Entgegennahme und Weiterleitung der Beschwerdeschrift an die Partei, wodurch eine Gebühr nicht ausgelöst wird (vgl. OLG Köln, JurBüro 1986, 1663, 1664; VGH Mannheim, JurBüro 1999, 362; Mümmler, JurBüro 1991, 688; vgl. auch KG, KGR 1995, 252). Ist hingegen von einer Beauftragung des Anwalts auszugehen, sind weder die Entstehung noch die Erstattung der Beschwerdegebühr von dem Nachweis eines besonderen Interesses oder einer erkennbar gewordenen Beteiligung am Ablehnungsverfahren abhängig. Entsprechendes gilt für die Notwendigkeit der Anwaltskosten ; sie wird durch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO fingiert.
IV.
Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO), da weitere Feststellungen zur Entstehung der Beschwerdegebühr nicht erforderlich sind. Daß die Prozeßbevollmächtigten der Verfügungskläger mit deren Einverständnis im Beschwerdeverfahren tätig waren, ergibt sich aus der Erhebung der Rechtsbeschwerde. Eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Verfügungsbeklagten ist in dem Beschluß über die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs vom 13. Mai 2003 enthalten. Das führt zur Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Wenzel Krüger Klein Schmidt-Räntsch Stresemann(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.020,92 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juli 2004 wegen einer Kennzeichenverletzung und eines Wettbewerbsverstoßes ab. Nachdem sich die Antragsgegnerin geweigert hatte, die begehrte Unterwerfungserklärung abzugeben, erwirkte die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung. In dem Beschluss wurden der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
- 3
- Das Landgericht hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen (OLG Hamburg MDR 2005, 898).
- 4
- Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter, die anteilige Geschäftsgebühr von 1.020,92 € festzusetzen.
- 5
- II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 7
- Die Kosten des vorgerichtlichen Abmahnschreibens seien keine Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO, die im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzt werden könnten. Die Zielrichtung des wettbewerbsrechtlichen Abmahnschreibens gehe dahin, den Rechtsstreit im Wege des Vergleichs oder einer freiwilligen Leistung des Gegners zu vermeiden. Der Rechtsfrieden solle ohne Prozess wiederhergestellt oder dem Gegner ein sofortiges Anerkenntnis i.S. des § 93 ZPO verwehrt werden. Bei der Abmahnung gehe es nur darum, die rechtlichen Voraussetzungen einer auch im Kostenpunkt erfolgreichen Klage herzustellen und nicht die Durchführung eines Rechtsstreits vorzubereiten. Der Umstand, dass die Abmahnung auch erfolge, um dem Gegner die Berufung auf § 93 ZPO zu verwehren, führe nicht dazu, dass die Abmahnung aus nachträglicher Sicht als Vorbereitung des späteren Prozesses angesehen werden könne.
- 9
- a) Die Frage, ob die Kosten, die für eine Abmahnung entstanden sind, zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO zählen und im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzt werden können, war bereits vor dem Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 1. Juli 2004 in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: OLG Köln NJW 1969, 935; OLG München JurBüro 1982, 1192; KG WRP 1982, 25; OLG Nürnberg WRP 1992, 588; OLG Dresden GRUR 1997, 318; OLG Düsseldorf AnwBl 2001, 187; Großkomm.UWG /Kreft, Vor § 13 C Rdn. 184; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 191; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 41 Rdn. 90; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 11; Dittmar , NJW 1986, 2088, 2089 f.; Borck, WRP 2001, 20, 23 f.; a.A.: OLG Frankfurt GRUR 1985, 328; OLG Schleswig JurBüro 1985, 1863; OLG Hamburg MDR 1993, 388; OLG Rostock MDR 1996, 1192; OLG Hamm MDR 1997, 205; OLG Karlsruhe AnwBl 1997, 681; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. Rdn. 802). Auch unter Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist die Frage nach wie vor umstritten. Für die anteilige, nicht anrechenbare Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nimmt die überwiegende Ansicht losgelöst von der Frage der Abmahnkosten generell an, diese Gebühr könne nicht im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldet werden, sondern müsse im Klageverfahren eingeklagt werden (OLG Köln RVG-Report 2005, 76; OLG Frankfurt NJW 2005, 759; Schons, NJW 2005, 3089, 3091; Eulerich, NJW 2005, 3097, 3099; vgl. auch Weglage/Pawliczek, NJW 2005, 3100; unter Geltung der BRAGO: OLG Bamberg JurBüro 1991, 704; OLG Karlsruhe MDR 2001, 293; OLG München MDR 2002, 237; OLG Frankfurt JurBüro 2003, 201; a.A. OLG Frankfurt AGS 2004, 276; AG Hamburg ZMR 2005, 79, 80). Teilweise wird die Möglichkeit einer Festsetzung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnkosten im Kostenfestsetzungsverfahren allgemein (Harte/Henning/Brüning, UWG, § 12 Rdn. 87; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 91 Rdn. 286; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rdn. 36) oder jedenfalls der Festsetzung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG bejaht (M. Stöber, AGS 2005, 45, 47), während zum Teil die Möglichkeit der Kostenfestsetzung der Abmahnkosten nach wie vor verneint wird (OLG Frankfurt GRUR 2005, 360; Ahrens/ Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 11 Rdn. 3; Baumbach/Hefermehl /Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 UWG Rdn. 1.91; Gerold/ Schmidt/Madert, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV 2400 Rdn. 253; Stein/ Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 43; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rdn. 21 "Außergerichtliche Anwaltskosten").
- 10
- b) Die für die Abmahnung entstehende Geschäftsgebühr zählt nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO.
- 11
- aa) Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten , die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1986 - III ZR 268/85, WM 1987, 247, 248; Stein/Jonas/ Bork aaO § 91 Rdn. 39). Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH WM 1987, 247, 248; Teplitzky aaO Kap. 41 Rdn. 90; Dittmar, NJW 1986, 2088, 2089 f.; M. Stöber, AGS 2005, 45, 47). Hierzu werden Kosten für Detektivermittlungen (vgl. OLG Frankfurt NJW 1971, 1183), für Testkäufe (KG GRUR 1976, 665) und für Nachforschungen im Zusammenhang mit Patentstreitigkeiten (BPatGE 8, 181; Benkard/Schäfers, Patentgesetz, 9. Aufl., § 80 Rdn. 53) gerechnet.
- 12
- bb) Die Kosten einer Abmahnung gehören nicht zu den einen Rechtsstreit unmittelbar vorbereitenden Kosten. Die Abmahnung hat eine doppelte Funktion. Sie dient der Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme der Gerichte und mit ihr verfolgt der Gläubiger das weitere Ziel, dem Schuldner die Möglichkeit zu verwehren, den gerichtlich geltend gemachten Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anzuerkennen. Auch dieser letztgenannte Zweck hat keine den Prozess unmittelbar vorbereitende Funktion. Zulässigkeit und Begründetheit der Klage hängen nicht von einer vorangegangenen Abmahnung ab (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 15.7.2005 - GSZ 1/04, GRUR 2005, 882, 885 = WRP 2005, 1408 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Soweit der Gläubiger mit der Abmahnung darauf abzielt, die ihm ungünstige Kostenfolge des § 93 ZPO zu vermeiden, kommt diese Funktion auch einer Mahnung zu, ohne dass die Mahnkosten den im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattenden Prozesskosten zugerechnet werden (vgl. Musielak/Wolst aaO § 91 Rdn. 7; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rdn. 8; Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 13, Stichwort "Mahnschreiben"; a.A. Wieczorek/Schütze/Steiner aaO § 91 Rdn. 70). Auch vermögen Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit nach der Neuregelung, die die Geschäftsgebühr durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erfahren hat, eine Festsetzung der Abmahnkosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu rechtfertigen. Zwar erfolgt anders als unter Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, die eine Anrechnung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auf die Gebühren des anschließenden gerichtlichen Verfahrens im vollen Umfang vorsah (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 des VV RVG nur eine anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens. Dadurch hat die Frage der Festsetzung der für eine Abmahnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstandenen Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren aber keine derartige Bedeutung erlangt, dass allein aus Gründen der Verfahrensökonomie eine Festsetzung der nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr gerechtfertigt wäre. Im Regelfall wird ein Unterlassungsschuldner, der eine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 935, 940 ZPO ergangene Verbotsverfügung hinnimmt, die für die Abmahnung entstandenen Kosten begleichen. Akzeptiert der Schuldner die einstweilige Verfügung nicht, kann im anschließenden Hauptsacheverfahren die anteilige, nicht anrechenbare Geschäftsgebühr ohne weiteres mit eingeklagt werden. Die verbleibenden Fälle haben dagegen zahlenmäßig kein solches Gewicht, dass anders als bei den Mahnkosten eine Kostenerstattung der Abmahnkosten im Kostenfestsetzungsverfahren vorzusehen ist. Zudem müssen der materielle und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch keineswegs deckungsgleich sein. So kann der Gläubiger zwar einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG haben, während der prozessuale Kostenerstattungsanspruch wegen eines nur teilweisen Obsiegens im Prozess dahinter zurückbleibt, etwa wenn der Gläubiger nur mit dem Unterlassungsantrag durchdringt, während der Auskunfts- und der Schadensersatzantrag abgewiesen werden.
- 13
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Schaffert
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 05.10.2004 - 312 O 759/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.01.2005 - 8 W 296/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.082,15 festgesetzt.
Gründe:
I. Nach einer Abmahnung durch die Antragstellerin wegen eines behaupteten Wettbewerbsverstoßes reichte die Antragsgegnerin bei dem Landgericht eine Schutzschrift ein, die den Antrag enthielt, einen etwaigen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Das Landgericht wies den tags darauf eingegangenen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung durch Beschluß auf Kosten der Antragstellerin zurück. Der dagegen eingelegten Beschwerde half das Landgericht nicht ab. Nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung durch das Beschwerdegericht nahm die Antragstellerin ihren Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurück.
Für die Einreichung der Schutzschrift hat die Antragsgegnerin die Festsetzung einer 10/10-Gebühr ihrer Verfahrensbevollmächtigten begehrt. Das Landgericht hat nur eine 5/10-Gebühr festgesetzt. Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren auf Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühr in Höhe von 10/10 weiter.
II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, das Begehren der Antragsgegnerin sei gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO nicht gerechtfertigt, da dem in der Schutzschrift gestellten Sachantrag keine Bedeutung beigemessen werden könne und dieser deswegen nicht als notwendig im Sinne des § 91 ZPO zu erachten sei.
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist im Ergebnis zutreffend. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO sind der Antragsgegnerin nur solche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten, die durch Maßnahmen entstanden sind, welche zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Danach hat die Antragsgegnerin für die von ihren Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Schutzschrift nur Anspruch auf Erstattung einer halben Prozeßgebühr (§ 32 Abs. 1 BRAGO).
a) Die Kosten einer Schutzschrift, die vorsorglich zur Verteidigung gegen einen erwarteten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung eingereicht worden ist, sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn - wie hier - ein entsprechender Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bei diesem Gericht ein-
geht, auch wenn der Antrag abgelehnt oder zurückgenommen wird, ohne daß eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat (vgl. dazu u.a. OLG München WRP 1992, 811; OLG Düsseldorf WRP 1995, 499, 500; KG WRP 1999, 547; OLG Bamberg OLG-Rep 2000, 228; OLG Karlsruhe OLG-Rep 2000, 436; OLG Frankfurt a.M. NJWE-WettbR 2000, 149; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 55 Rdn. 56; Pastor/Ahrens/Spätgens, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 13 Rdn. 29, jeweils m.w.N.).
b) Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information ist nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO an sich eine volle Gebühr (Prozeßgebühr) geschuldet. Nach § 32 Abs. 1 BRAGO vermindert sich der Gebührenanspruch aber auf eine halbe Gebühr, wenn der Auftrag - wie hier - endet, bevor der Rechtsanwalt einen Schriftsatz mit Sachanträgen eingereicht oder eine andere der in § 32 Abs. 1 BRAGO genannten Handlungen vorgenommen hat. Die in einer vorsorglich eingereichten Schutzschrift enthaltenen Anträge sind keine Sachanträge im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1988, 201; OLG Bremen JurBüro 1991, 940, 941; OLG Braunschweig JurBüro 1993, 218, 219; KG WRP 1999, 547, 548; v. Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO , 15. Aufl., § 40 Rdn. 30; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 824; a.A. OLG Koblenz JurBüro 1990, 1160 f.; Teplitzky aaO Kap. 55 Rdn. 57 f.; Pastor/Ahrens/Spätgens aaO Kap. 13 Rdn. 39 f.; Deutsch, GRUR 1990, 327, 332, jeweils m.w.N.).
Ein Antrag in einer vorsorglich eingereichten Schutzschrift leitet kein Verfahren ein. Die Schutzschrift bringt kein Verfahren in Gang, sondern äußert sich zu einem erwarteten Verfahren. Der in ihr enthaltene Antrag kann auch kein Sachantrag im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO sein, weil noch kein Verfahren anhängig ist. Ein solcher Antrag "erstarkt" auch nicht zu einem Sachantrag,
wenn später ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gestellt wird. Eine solche Annahme würde zumindest voraussetzen, daß ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß sich der Antrag der Schutzschrift auf denselben Gegenstand wie der spätere Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bezieht. Dies wird jedoch schon deshalb vielfach nicht der Fall sein, weil dieser Antrag bei Abfassung der Schutzschrift dem Antragsgegner in aller Regel noch nicht bekannt ist, so daß sich die Schutzschrift in weitem Umfang nur auf Vermutungen über den späteren Inhalt des erwarteten Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung stützen kann (vgl. dazu auch KG WRP 1999, 547, 548; Deutsch, GRUR 1990, 327, 331, 332). Einen Anhalt dafür wird zwar oft die Begründung einer vorausgegangenen Abmahnung geben; der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann aber aus vielen Gründen von dem Gegenstand der Abmahnung abweichen, etwa im Hinblick auf die Antwort des Abgemahnten oder weitere Ermittlungen des Antragstellers.
Es kommt hinzu, daß auch nach Stellung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zunächst kein Raum für Sachanträge des Antragsgegners ist, solange dieser nicht in das Verfahren einbezogen worden ist. Das Gericht hat zwar auch in diesem Verfahrensstadium Ausführungen, die der Antragsgegner in einer Schutzschrift zu dem erwarteten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gemacht hat, bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen , wenn ihm die Schutzschrift zur Kenntnis kommt (Art. 103 Abs. 1 GG). Dabei kommt es aber allein auf das tatsächliche und rechtliche Vorbringen in der Schutzschrift an. Ob diese bereits einen formulierten "Antrag" enthält, ist für das Verfahren ohne Bedeutung (vgl. OLG Braunschweig JurBüro 1993, 218, 219; Melullis aaO Rdn. 824). Ein Antrag kann in diesem Stadium des Verfahrens nur eine Anregung des Antragsgegners an das Gericht sein, in einer bestimmten Weise zu verfahren oder zu entscheiden.
III. Danach war die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin mit der Ko- stenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)